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8 durch einzubüßen.
Ehrensaal des Hauptgebäudes Kefhilt nicht weniger als sechszehn der belgischen und holländischen Schule angehören. Weniger die Zahl, als der Umstand, daß diese sechs⸗ zehn Bilder ohne Ausnahme wirklich ihren Ehren⸗ platz verdienen, sichert der niederländischen Abtheilung unserer Ausstellung die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Besucher. Dazu kommt, daß, wie an anderer Stelle jüngst betont wurde, auch in der Münchener Ausstellung dieses Jahres die belgische Schule einen hervorragenden Platz behauptet. Frelic hat uns Belgien heute nicht mehr, wie vor einem
alben Jahrhundert, das Evangelium einer neuen malerischen Richtung zu verkünden, aber eine ansehnliche Schaar bedeu⸗ tender künstlerischer Individualitäten tritt uns dafür entgegen, die mit feinem Sinn für koloristische Wirkungen eine solide Schulung verbinden, selbständige, geistvolle Auffassung auch in der Stoffwahl bekunden und auch da, wo sie uns nichts Neues zu sagen haben, uns Achtung abnöthigen.
Die staatliche Kunstpflege in Belgien ist eine überaus rege, was für die Ausbildung der Künstler begreiflicher Weise von größter Bedeutung ist. In dem großen Reichthum an Museen, welche nicht nur die unerschöpflichen Schätze der ruhmreichen künstlerischen Vergangenheit des Landes als Vorbilder der Gegenwart sammeln, sondern auch der zeitgenössischen Pro⸗ duktion bereitwillig ihre Pforten öffnen, liegt allerdings für das unbefangene Schaffen des Nachwuchses — so seltsam es klingen mag — eine gewisse Gefahr. Uns begegnen in der belgischen Abtheilung der Ausstellung eine Reihe Bilder, welchen man ihre Bestimmung für öffentliche Sammlungen allzu deutlich anmerkt. Der Künstler scheint unter dem Drucke der äußeren Veranlassung oder Bestimmung eher etwas von seiner Schaffensfreude und Freiheit ein⸗ gebüßt als gewonnen zu haben. So leiden die Geschichts⸗ bilder des ungemein beanlagten Antwerpener Malers Albrecht de Priendt an einer gewissen Befangenheit. Es kommt hinzu, daß de Vriendt, welcher der von Hendrik Leys angebahnten archaisirenden Richtung der Kostüm⸗
alerei mit gebundener Marschroute folgt, schließlich in den für das Brügger Rathhaus bestimmten Schilderungen aus der Geschichte der Stadt völlig in der spielerischen Nachahmung des strengen Stils des fünfzehnten Jahrhunderts seine Selb⸗ ständigkeit preisgiebt, um nur dekorativ seine Malereien dem Stil der Umgebung völlig anzupassen. Und de Vriendt steht mit dieser Auffassung, die auch aus dem großen Bilde des Ehren⸗ saales „die Genter huldigen dem in der Wiege liegenden Karl V.“ zu uns spricht, in Belgien keineswegs vereinzelt da. Théo⸗ phile Lybaert erweist sich vielmehr in seinen beiden Madonnenbildern direkt als Kopist, dessen Geist und Begeiste⸗ rung völlig in den Kinderschuhen des fünfzehnten Jahrhunderts stecken geblieben ist. Daß die Schöpfungen der damaligen flandrischen Schule unsere höchste kunsthistorische Bewunderung
erdienen, ändert an unserem Urtheil über eine noch so treue, aber niemals die Naivität jener Zeit ersetzende Nachahmung derselben nichts. Dieser Widerspruch zwischen modernem Geist und archaischer Formensprache beeinträchtigt auch den Genuß der Arbeiten Edmond van Hove’s, welcher in einem den Gedankeninhalt mittelalterlicher Geistesrichtungen, der Scho⸗ lastik, Alchymie und des Hexenglaubens, in modern reflek⸗ tirender gelehrter Allegorie festzuhalten sucht. Und doch fällt die Gestalt der in jugendlicher Schönheit prangenden Hexe volig aus dem Rahmen der van Eyck'schen Formensprache heraus. Wie viel liebenswürdiger und lebensvoller erscheint da der Namensvetter des Künstlers, Victor van Hovoe, in seinen Beguinenschwestern, die sich an geistlicher Lektüre erbauen!
in seinem großen Bilde „Der letzte Tag von Pompeji“, den genialen Phantastereien von Antoine Wiertz nachstreben, zeigen vielmehr nationales Wesen und Temperament. So be⸗ weist Gustave Vanaise’'s „Gesang“, daß man von den alten Meistern sehr viel lernen kann, ohne sie schlechtweg zu kopiren. Auch Julian de Vriendt in seinen zwei großen Historienbildern, von denen das feingestimmte „die heilige Cäcilie“ vor der „Erweckung des Töchterleins Jairi“ mit seiner gezierten Christusgestalt den Vorzug verdient, steht durchaus auf eigenen Füßen, ohne an historischer Haltung da⸗ Henry Luyten mit seiner „Sitzung eines Antwerpener Künstlerklubs“ erhebt sich, gleich den großen holländischen Meistern in ihren Schützenversamm⸗ lungen, durch die lebensvolle Haltung und die scharfe Charakteristik seiner Gestalten vom Gruppenporträt zum Historienbilde, und das „große Manöver“ L. Abry's, ein dem belgischen Staat gehörendes Gemälde, beweist, daß auch das zeitgenössische Leben an historischen Motiven keinen Mangel leidet. Freilich wäre diesem Bilde eine kräftigere Betonung der bei so großen Kompositionen unerläßlichen Gegensätze in Farben und Massen zu wünschen.
Eine ganz moderne Physiognomie zeigt die belgische Kunst auf dem Gebiet des Sittenbildes, das von allen Schulen mit besonderer Vorliebe als Versuchsfeld für neue technische Experimente ausersehen ist. An erster Stelle verdient hier H. van Leemputen's „Palmsonntag“ genannt zu werden. Die das Gotteshaus einer belgischen Provinzial⸗ stadt verlassende Schaar der Kirchgänger, in deren Ge⸗ sichtern sich die Wirkung der eben gehörten Predigt sehr mannigfach widerspiegelt, fesselt nicht nur durch diese reiche Charakteristik des Ausdrucks, sondern ebenso sehr durch die Klarheit der Farben und Linien, unter welcher die Stimmung des durchaus en plein air gemalten Bildes keineswegs leidet, wie die Impressionisten anzunehmen scheinen, denen jede scharfe Contour aus tiefster Seele verhaßt ist. Anspruchslose Aufrichtigkeit bei tüchtiger Schulung verräth auch das kleinere
ildchen Leemputen’'s „Im Felde“, das zugleich von der land⸗ schaftlichen Befähigung des Künstlers ein beredtes Zeugniß ablegt. Pessimistische Tendenz und ihr angepaßte trübselige malerische Haltung spricht aus den von der Arbeit heimkehren⸗ den Bergleuten “ deren fahle Physiognomien als charakteristische Illustration der strikesüchtigen Arbeiterstimmung ö dienen können. Auch die von Carpentier geschilderte stark theatralische Scene „ein Drama im Dorfe“ — Polizisten dringen in die Hütte eines Dorfbewohners, der zur Gegen⸗ wehr gerüstet ihnen entgegenstürzt und nur durch seine vom Krankenstuhl aufgesprungene abgehärmte Frau von Thätlich⸗ keiten zurückgehalten wird — bewegt sich in sozialistischem Fahrwasser, während aus dem Bilde desselben Malers „die Rüben“ der nüchternste Verismus ohne Nebengedanken —
r vielmehr ohne jeden Gedanken überhaupt — zu uns
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spricht. Fast durchgängig setzen sonst die belgischen Sitten⸗ maler eine grämliche Miene auf, wenn sie das Volk bei der Arbeit schildern, so Verheyden in seiner „Holzsammlerin im Walde“, dessen herbstliches Laub nur eine Schattirung zu roth gerathen ist, oder Léon Frédéric, der das Elend der Kreidefabrik⸗ arbeiter in drei ganz impressionistisch eha keign Bildern schildert, unter welchen das ungünstig gehängte Mittelbild „Mittagsmahl“ am Krassesten sich in pessimistischer Haltung gefällt, zugleich auch malerisch geringwerthiger erscheint als die Flügelbilder, die deutlich die Pariser Schulung des Malers erkennen lassen; stimmungsvoll und ohne sentimentales Pathos schildert dagegen Verstraete ein greises Bauern⸗ paar, das am Spätabend eines Novembertages noch seiner ländlichen Arbeit nachgeht. Die große goldene Medaille hat Alexander Struys mit seinem schon von der vorjährigen Münchener Ausstellung bekannten Bilde „die Betrübten trösten“ errungen, das im Motiv — ein katholischer Seel⸗ sorger spricht einer Arbeiterwittwe Trost zu — glücklich, in der malerischen Behandlung dagegen mit seinen braunen Fleischtönen und den nicht recht plastischen Gestalten etwas gar zu trübselig wirkt. Daß die Heiterkeit auf flämischem Boden nicht ganz verstummt ist, bezeugt uns Gaston Linden in seinem köstlichen kichernden Buben mit schalkhaft zwinkern⸗ dem Blick, gleichzeitig eine hervorragende technische Leistung, deren Werth sich namentlich an der geschickten Ablösung der weißen Kleidungsstücke von dem ebenfalls weißen Hinter⸗ grunde ermessen läßt. Auch Oskar Halle schlägt in seiner „Vergeblichen Mühe“, einem Mädchen, das den Porträtirungs⸗ versuchen eines Malers durch ihre unwillkürlich ausbrechende Heiterkeit unüberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzt, einen heitern Ton an, während die sehr flott gemalte „Bibellesung im Alt⸗ männerhaus“in ihrer geschickten Behandlung an Liebermann’'s Ar⸗ beiten erinnert. Daß Alfred Stevens in der Ausstellung mit seinen etwas verblaßten Salonporträts, deren Empfindungs⸗ inhalt leider auch in einer „Ophelia“ keine nennenswerthe Vertiefung erfährt, ebensowenig fehlt, wie die ihm gespendete ehrenvolle Anerkennung, ist begreiflich, aber die ausgestellten Proben hinterlassen den Eindruck, als habe seine Kunstweise an pikantem Reize wesentliche Einbuße erlitten.
Zwei absonderliche Erscheinungen der belgischen Künstler⸗ welt stehen mit ihren ausgestellten Werken auf der Grenze zwischen Porträt und Allegorie: es ist Fernand Khnopff und J. Leempoels. Ersterer hat zwei Bilder ausgestellt: das Porträt eines ganz in schwarz gekleideten Knaben, der vor einem dunkeln Vorhang steht, über welchen eine weiße Gipsbüste herüberblickt, — überaus fein gemalt, aber den Beschauer wie ein unheimliches Räthsel anmuthend sowohl in der ängstlich zusammengezogenen Gestalt, von der nur der Kopf aus der schwarzen Kleidung hervortritt, wie auch in der wunderlichen Umgebung. Völlig im Mysticismus verliert sich der Künstler aber in der „Einsamkeit“ genannten Porträtstudie in Pastell, einer in modernes schwarzes Gewand gekleideten Dame mit unverständlichen Attributen in einen beängstigend schmalen Raum hineingezwängt, den der Kopf sprengen zu wollen scheint. Derartig bizarre Launen vermögen dem Beschauer, der keine Oedipusnatur in sich verspürt, nur ein Lächeln des Bedauerns abzu⸗ gewinnen, daß einanscheinend reiches Talent an solche Träumereien vergeudet ist. J. Leempoels ist der Wirklichkeitssinn keineswegs in dem Maße abhanden gekommen wie Khnopff, aber die Art, wie er die Porträts der Familienangehörigen in einem Triptychon ohne Raumsinn zur Huldigung für das Elternpaar zur silbernen Hochzeitsfeier zusammenstellt, hat darum gleich⸗ wohl einen absonderlichen Beigeschmack. Das auf dem linken Flügel angebrachte Selbstporträt des Malers in seinem mystisch verinnerlichten Ausdruck und der asketischen Tracht, sowie die dem Gemälde beigefügten Worte der Widmung geben einiger⸗ maßen Au schluß über die Stimmungswelt, der dieses merk⸗ würdige Bild entstammt. Weit erfreulicher sind die Leistungen der eigentlichen Bildnißmalerei. Nicht weniger als fünf Porträls von der Hand Emile Wauter's zieren den Ehrensaal der Ausstellung. In allen tritt uns eine geistreiche Auf⸗ fassung, gepaart mit eminentem technischen Können, entgegen; namentlich die Pastellbildnisse in vornehmer lichter Farben⸗ stellung und sorgfältigster Durchführung verdienen lebhafteste Anerkennung. Freilich haben die Arbeiten Wauters' nicht den hinreißenden Zug, wie etwa ein Lenbach'sches Porträt; eine gewisse kühle Zurückhaltung läßt sich nicht verkennen, sie steigert aber, dem Charakter der Dargestellten angepaßt, den vornehmen Gesammteindruck ungemein. Und doch sind diese Arbeiten weit von der faden Eleganz eines Stevens, die auch unter den deutschen Bildnissen oft genug ihre Analogien findet, entfernt. Man möchte vielmehr aus ihnen auf die gesellschaftliche Gleichstellung des Malers mit seinen Modellen schließen. Die gleichen Vorzüge zeichnen auch das Porträt des Obersten O'Sullivan von Léon Herbo aus, wäh⸗ rend A. Cluysenaer in dem lebhaft aufgefaßten Kopf des greisen Senators van Schoor und dem Porträt einer Mutter mit ihrer Tochter die Pose nicht ganz überwinden kann. Sehr flotte und frische Porträtstudien hat auch Herman Richir ausgestellt; namentlich das Bild seines Lehrers Hermans, der auf der Palette die Farben zu mischen scheint, um den Beschauer, den sein lebhafter Blick fixirt, selbst zu porträtiren, ist glücklich gerathen. Ein Kinderporträt in Wasserfarben von Louis Ludwig, das leider ziemlich ungünstig in einem der Nebensäle hängt, verdient dieser Aus⸗ vo der großen Zahl belgischer Bildnisse hinzugefügt zu werden.
Auch von den zahlreichen Landschaftsbildern wollen wir an dieser Stelle nur die hervorragendsten erwähnen. Es ist nament⸗ lich die Vereinigung von Landschaft und Thierstück, die uns oft begegnet; so in Courten’'s meisterhaftem, wenn auch in der Formengebung, besonders im Baumschlag etwas manierirtem „Auszug der Heerde“, dem breitgemalten, an Verlat's Schöpfungen im Antwerpner Museum erinnernden „Ochsengespann“ von A. Ver Wee und der durch ihren origi⸗ nellen Beleuchtungseffekt überraschenden Viehheerde im Mond⸗ sche in den Polders, jenen von Deichen umsäumten flachen
arschen der holländischen Küstenniederung, von Léon Massaux. Vorzüglich ist die Spätherbststimmung einer Landschaft im ersten Schnee von Denduyts festgehalten, auch in der perspektivischen Vertiefung der von kahlen Stäm⸗ men eingefaßten Landstraße ein Meisterstück. Daß gerade die erspektivische Wirkung für den Gesammteindruck einer Land⸗ schoft von einschneidender Bedeutung ist, lehrt die sonst trefflich gemalte große Leinwand von J. T. Cooseman's „Oktober⸗Nachmittag im Park des Grafen von Stolberg⸗ Wernigerode bei Tervueren“, deren Feübig 51— Baum⸗ massen durchaus flächenhaft wirken und in Folge dessen dem Bilde die rechte Tiefe nehmen. Mit weniger starken Mitteln, dafür aber außerordentlich zart gestimmt, wirkt die Flachland⸗ 8 11“ 1“ “
schaft von F. Lamorinidre, der durch Verleihung des Ehrendiplomes zwölf Jahre nach ihrer Entstehung — sie wurde im Jahre 1879 gemalt — ein unwiderlegliches Ehren⸗ zeugniß ausgestellt ist.
Auch Marine⸗ und Architekturmalerei sind in der belgischen Abtheilung gut vertreten durch die Arbeiten Le Mayeur's und die hier und da etwas harten aber gleichwohl 1“ gezeichneten Ansichten von F. Stroobant, denen si noch zahlreiche andere anreihen ließen, wenn wir nicht die Aufmerksamkeit des Lesers durch Aufzählen von Namen zu ermüden fürchten müßten. Denn das
ist der gemeinsame Charakter aller in der belgischen Abtheilung vereinigten malerischen Schöpfungen, daß sie nicht sowohl durch besonders ins Auge fallende Eigenschaften sich
dem Beschauer aufdrängen, sondern, daß sie ein feinfühliges Organ voraussetzen, welches den oft unscheinbaren Spuren künstlerischer Selbständigkeit folgt, um dann allerdings um so reicher belohnt zu werden.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Kohlengewinnung 8 im Halleschen Ober⸗Bergamtsbezirk hat sich im zweiten Quartal wie folgt gestellt:
An Steinkohlen sind neu gefördert worden 4849 t (210 mehr als im 2. Quartal 1890) bei 128 Arbeitern mittlerer Belegschaft, so daß auf den Mann 38 (im Vorjahr 34) t entfallen; der durchschnitt⸗ lice. Iun für eine Tonne betrug 10,12 ℳ (gegen 10,48 ℳ im
orjahr).
An Braunkohlen sind neu gefördert worden 3 570 882 t (gegen 3 182 021 im Vorjahre), also 388 861 mehr als im Vorjahre. Die mittlere Belegschaft betrug 24 086 (im Vorjahre 22 206); auf den Mann kamen 148 t (gegen 143 im Vorjahre). Der Preis stellte sich für die Tonne auf 2,62 ℳ (gegen 2,59 im Vorjahre).
e.
Salzgewinnung. Im Halleschen Ober⸗Bergamtsbezirk wurden im zweiten Quartal 82 534 (gegen 53 661 im Vorjahr), also 28 873 t Steinsalz mehr als im Vorjahr, an Kalisalz 225 353 t (230 641 im Vorjahr), also 5287 t weniger als im Vorjahr, an Speisesalz 26 192 t (23 275 im Vorjahr), also 2916 t mehr als im Vorjahr, und an Vieh⸗ und Gewerbesalz 2615 t (gegen 2334) gefördert.
Die wirthschaftliche Lage im Jahre 1890.
Ueber die allgemeine Lage von Handel und Industrie im Jahre 1890 äußert sich der Jahresbericht der Handelskammer zu Saar⸗ brücken folgendermaßen: Die dreijährige allgemeine Blütheperiode der deutschen Gewerbe⸗ und Handelsthätigkeit, welche Mitte 1887, begann, hat Mitte 1890 mit einer ziemlich plötzlich eingetretenen Ruhepause einen vorläufigen Abschluß gefunden. Soweit die Montan⸗ und Hüttengewerbe in Betracht kommen, hat nur im Kohlen⸗ bergbau die günstige Lage in Bezug auf Nachfrage und Verkaufs⸗ preise sich von längerer Dauer erwiesen. Die Ursachen, welche nach verhältnißmäßig so kurzer Zeit zu einem Stillstande des wirthschaftlichen Aufschwunges beigetragen haben, sind hauptsächlich in den zahlreichen theils sehr umfangreichen, theils sehr hartnäckigen Arbeiterausständen zu suchen, welche das Vertrauen auf die Beibehaltung gesunder Zustände untergruben, zu einer überstürzten Ausnutzung von augenblicklich vorhandenen, günstigen Konjunkturen verleiteten und zur raschen Beendigung vieler Unternehm ungen im Gebiete des Bauwesens führten, wodurch die Preise und Löhne unverhältniß⸗ mäßig gesteigert wurden. Auch die Ungewißheit über die schließliche Ge⸗ staltung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung wirkte in ähnlichem Sinne. In Folge Mangels an neuen machte sich in der ersten Jahreshälfte, als die Be⸗ triebe meistens mit der Beendigung noch schwebender Auf⸗ träge angespannt zu thun hatten, eine Abnahme der Bestellungen fühlbar, welche sich im zweiten Halbjahr immer weiter verbreitete und einen fortgesetzten Fall der Verkaufspreise für Hüttenerzeugnisse nach sich zog. Der matte Geschäftsgang vertiefte sich gegen den Jahresschluß immer mehr und mehr; verschont davon blieben nur einzelne Betriebszweige, wie die Schienenwalzwerke, welche in Folge von umfangreichen Eisenbahn⸗Neubauten im In⸗ und Auslande gut beschäftigt waren, Maschinenfabriken, Chamottefabriken und Ziegeleien, soweit derartige Betriebe den Verschleiß an Maschinen und Fabrikationsanlagen, wie er nach mehr⸗ jähriger starker Abnutzung eintritt, zu ersetzen hatten. Wenn trotz dieses Rückschlags, welcher nach der als ungesund zu be⸗ zeichnenden Steigerung des Geschäftsganges von Vielen erwartet wurde, der im Berichtsjahre von den meisten Werken erzielte Ge⸗ winn als ein guter bezeichnet werden muß, so liegt das wesentlich daran, daß frühere, zu hohen Preisen aufgegebene Bestellungen erst im Laufe des Jahres zum Abschluß gelangten. Dafür ist auf eine erhebliche Gewinnreduzirung im neuen Jahre mit Sicherheit in den meisten Fällen zu rechnen. — Was den Steinkohlenbergbau anbetrifft, so hat die För⸗ derung der staatlichen Saargruben im Berichtsjahre eine Steigerung von 2,1 % gegen 1889 erfahren, immerhin aber die Höhe der Förderung von 1888 noch nicht wieder erreicht, obwohl die Belegschaft um mehrere Tausend Köpfe vermehrt worden ist. Die nach dem Ausstande von 1889 eingeführte Herabsetzung der Arbeitszeit auf neun Stunden einschließlich Ein⸗ und Ausfahrt hat also die Be⸗ hauptung der Strikeführer nicht bestätigt, daß in der verkürzten Arbeitszeit in Folge besserer der Kräfte dasselbe geleistet werde, wie in der zehn⸗ bis zwölfstündigen Schicht. Der sehr erhebliche Ausfall in der Förderung hatte zur Folge, daß die Kohlennachfrage stark hervortrat und zum Theil nicht befriedigt werden konnte, zumal als der Winter 1890/91 sehr zeitig und mit großer Strenge dülee Die Preise für Saarkohlen, welche dem Aufschwunge der Industrie und den durch höhere Löhne und verkürzte Arbeitszeit gesteigerten Selbstkosten der Gruben anfänglich langsam gefolgt waren, erfuhren für das erste Halbjahr
1890 eine ganz beträchtliche Erhöhung, von der sie auch im zweiten Halbjahr, in welchem fast alle Industriezweige bereits einen er-
lahmenden Geschäftsgang zu verzeichnen hatten, nicht wieder herab⸗ gingen. Erst für das I. Semester 1891 stellte die Königliche Berg⸗ werks⸗Direktion eine Preisermäßigung in Aussicht, und auf Ver⸗ anlassung des Handels⸗Ministers wurde für die Eisen⸗, Glas⸗ und Koksindustrie eine weitere Ermäßigung bewilligt. Einen wesentlichen Rückhalt fand der allgemeine hohe Preisstand der Kohlen in der Thatsache, daß die Ruhrzechen im Herbst 1890 ein
fast sämmtliche Zechen Westfalens umfassendes Verkaufssyndikat 1
bildet
“
Zur Arbeiterbewegung.
Der Entwurf zu einem neuen Programm der sozialdemokratischen Partei Deutschlands bildete in den letzten Tagen wieder den Gegenstand der Verhandlung in zahlreichen großen Versammlungen hier in Berlin und auswärts. Die werlannangen pflegen dann in Resolutionen sich mit den wesentlichen Elementen des Entwurfs einverstanden u erklären. Eine Versammlung in Leipzig, in welcher der sozialdemokratische Reichstags⸗Abgeordnete Liebknecht sprach, nahm einstimmig folgende, vom „Vorwärts“ mitgetheilte Re⸗ solution an:
Die Versammlung stimmt mit dem vom Parteivorstand aus⸗ gearbeiteten Programmentwurf im Großen und Ganzen überein und erwartet, 1ap durch den Erfurter resr. etwaige Mängel aus⸗
emerzt werden. Es ist Pflicht der Leipziger Parteigenossen, dafür zu forgeßne daß zum Parteitag Vertreter entsendet werden, welche dafür bürgen, daß ein der Parkei würdiges Programm zu Stande kommt.
mitglieder Thome und Berwanger anwesend. lung hatte nach der „S.⸗ u. Bl.⸗Ztg.“ zeitweise einen unruhigen Ver⸗
Unternehmungen
„*
Aus der Rede Liebknecht's seien nach dem „Gen⸗Anz.“
. folgende Bemerkungen angeführt:
Die deutsche sozialdemokratische Partei könne nicht vom Aus⸗ lande aus gelenkt werden, wenn auch eine Person in geistiger Beziehung och so hoch stehe. Die deutsche sozlaldemokratssche Arbeiterpartei erde sich nur selbst regieren und, wenn sie auch international sei,
sicch nicht von auswärts lenken lassen. Die Marx'schen Befürchtungen
in Folge der vollzogenen Einigung der beiden Richtungen hätten sich
“ nicht bewahrheitet. Von der von den Gegnern so gern betonten Spal⸗ tung der Partei, bemerkte Liebknecht weiterhin, könne keine Rede sein.
Sobald sich eine Partei auf die Wissenschaft stütze, könne eine Spaltun nie eintreten. Eine Partei ohne Opposition müsse versumpfen; da die Sozialdemokraten alle einig seien, wenn es gegen den Feind gehe, darüber bestehe kein Zweifel. Es existirten allerdings einige faule Elemente in Berlin, die indes mit der Partei nichts zu thun und andere Interessen im Auge hätten. Zu schaden vermöchten dieselben
aber der Partei nicht.
In einer Bergarbeit er⸗Versammlung in Schiff⸗ weiler (Saarrevier), welche zur Besprechung der Lage des Rechtsschutzvereins resp. zur 2öö gegen den derzeitigen Vorstand enf kletzten Sonntag einberufen war, waren etwa hundert Personen, darunter auch die Vorstands⸗ Die Versamm⸗
lauf, zumal im Anfang. Während ein Vertrauensmann für den beschuldigten Vorstand eintrat, richtete ein anderer wegen des sonderbaren Ausganges des Prozesses Wunn und vor Allem wegen der sozialdemokratischen Haltung von „Schlägel und Eisen“ heftige Angriffe gegen denselben, lebhaft unterstützt von einem dritten Bergmann, der über das eigenmächtige Ver⸗ fahren des Vorstandes bei der Gründung und Fortführung von „Schlägel und Eisen“ klagte. Das Vorstandsmitglied Ber⸗ wanger suchte in längerer Rede die Vorwürfe zu widerlegen und betonte namentlich, daß die Verwaltung in reinen Händen liege, die Kasse stimme und die behaupteten Mißstände nicht beständen. Die Versammlung ließ sich nach längerer Debatte zu dem Beschlusse bewegen, daß der jetzige Vor⸗ stand auch künftig im Amte bleiben soll. Auf einer anderen Versammlung ging es stürmischer zu. Auch hier wurde gegen die sozialdemokratische Leitung von „Schlägel und Eisen“ Protest erhoben und die weitere Unterstützung des Blattes verweigert. Aber auch hier kamen die Anfangs beabsichtigten Beschlüsse gegen den Vorstand nicht zu Stande; nur der Wunsch wurde ausgesprochen, daß die allgemeine Vertrauens⸗ männer⸗Versammlung demnächst „zur Abstellung der Miß⸗ stände“ einberufen werde.
Aus Weißenfels wird der „Ger. Ztg.“ unter dem 11. d. M. ö Die sozialdemokratischen Bemühungen, die Arbeiterschaft durch häufige Veranstaltung öffentlicher Versammlungen in steter Bewegung zu erhalten, schießen entschieden über das Ziel hinaus und erreichen deshalb erfreulicherweise zumeist den entgegen⸗ gesetzten Erfolg. So war eine dieser Tage hier einberufene Ver⸗ sammlung des „Vereins deutscher Schuhmacher“ nur von fünfundzwanzig Personen besucht und eine der „‚Deutschen Taback⸗ arbeiter“ gar nur von fünf Arbeitern, sodaß die letztere Versamm⸗ lung vertagt werden mußte.
In Leipzig beschäftigte sich am Mittwoch eine Versammlung der Töpfergehülfen mit dem Ausstand. Der Vertrauensmann theilte, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, mit, daß in 10 Ge⸗ schäften mit 100. Gehülfen der’ 1888 er Tarif wieder ein⸗ geführt worden sei, während 11 Geschäfte mit 33 Gehülfen noch Widerstand leisteten. Von den ausständigen Gehülfen wären 27 abgereist, während 8 noch keine anderweite Beschäftigung ge⸗ funden hätten und unterstützt werden müßten. Ferner wurde ein Schreiben des Vereins der Arbeitgeber verlesen, in dem dieser
ar die Wiedereinführung des 1888er Tarifs ablehnt, dagegen vergleichsweise die Erhöhung einzelner Sätze des Arbeitgebertarifs von 1891 vorschlägt. Dieser Vorschlag wurde von der Ver⸗ sammlung einmüthig abgelehnt und beschlossen, den Strike bis zur allgemeinen Wiederanerkennung des 1888er Tarifs fortzusetzen. Die von den Arbeitgebern bei mehreren eingesandte und von diesen abgedruckte Darlegung der streitigen Lohnverhältnisse wurde in
mehgeeee wesentlichen Punkten als unrichtig bezeichnet. (Vgl. Nr. 188
Hier in Berlin haben, wie der „Vorwärts“ mittheilt, die
Justirer der Nähmaschinen⸗Fabrik von Lämmerhirt u. Com p. wegen Lohnabzugs die Arbeit niedergelegt. „Wie der „Köln. Ztg.“ aus Brüssel telegraphisch gemeldet wird, überbrachten Abgesandte englischer Grubenarbeiter am Dienstag 17 000 Fr. als Ergebniß einer freiwilligen Sammlung der Grubenarbeiter Lancashires zur Unterstützung der belgischen Gruben⸗ arbeirer, die durch den Ausstand gelitten haben. — Der „Madb. Z.“ wird aus Brüssel telegraphirt, daß der belgische Bergmanns⸗ bund beschlossen hat, am I. Oktober einen neuen allgemeinen Grubenausstand zu beginnen.
ck. Zur hamburgischen Volkszählung vom Dezember 1890.
Die beiden letzten Volkszählungen ergaben für das hamburgische Staatsgebiet eine ortsanwesende Bevölkerung von 518 620 bezw. 622 530 Seelen. In dem dazwischen liegenden Jahrfünft hat sich demnach dieselbe um 103 910 Seelen = 20,04 % oder um rund ein ““
8 a en in der vierten Ausgabe des „Statistischen Jahrbuchs für den Hamburgischen Staat“ mitgetheilten Hauptergebnissen der vorjährigen Volkszählung berechnet sich der Prozentantheil des männ⸗ lichen Geschlechts an der Bevölkerung auf 49,6, derjenige des weib⸗ lichen auf 50,4, während dies am 1. Dezember 1885 mit 48,8 bezw. 51,2 der Fall war; somit hat seitdem in dem numerischen Verhältniß der beiden Geschlechter zu einander eine Verschiebung zu Gunsten des männlichen stattgehabt.
Dem Religionsbekenntniß nach sind von der Bevölkerung 89,8 % evangelisch⸗lutherisch, 1,4 % reformirt, 3,7 % katholisch, 1,3 % anderen christlichen Bekenntnisses, 2,9 % jüdisch, 0,1 % Mitglieder anderer Bekenntnisse, 0,5 % religionslos, Atheisten u. dergl. und endlich 0,3 % ohne Angabe des Religionsbekenntnisses.
Hinsichtlich der Gebürtigkeit sind unter der Bevölkerung 50,01 % Einheimische, d. h. im hamburgischen Staat Geborene, und 49,09 % Fremde, d. h. außerhalb des hamburgischen Staats Geborene; es ist mithin das fremde Element nur um einen verschwindend kleinen Bruchtheil weniger zahlreich vertreten als das einheimische.
Der Antheil der einheimischen Bevölkerung ist in Folge des ge⸗ steigerten Zuzuges in stetiger Abnahme begriffen. Im Jahre 1871, für welches zum ersten Male die Gebürtigkeit der Bewohner fest⸗ gestellt wurde, waren noch 59,04 % derselben im bamburgischen Staat selbst geboren, 1880 sank der Prozentsatz auf 55,35, 1885 auf 53,80 und 1890 sogar auf 50,01.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. „An der Ruhr sind am 13. d. M. gestellt 10 281, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 3947, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Der Aufsichtsrath der Westfälischen Draht⸗Industrie hat nach Vorlegung der Bilanz per 30. Juni bei reichlichen Ab⸗ schreibungen die Dividende unter Vorbehalt der Prüfung durch die Revisoren und der Genehmigung der Generalversammlung auf 7 ½ % wie im Vorjahre festgesetzt.
— Der Aufsichtsrath der Rositzer Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft zu Rositz bei Altenburg hat beschlossen, der Generalversammlung für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 6 % bei reichlichen Abschreibungen vorzuschlagen.
— Der „Köln. Ztg.“ zufolge erzielte die Rheinisch⸗ Nassauische Bergwerks⸗ und Hütten⸗Aktien⸗Gesell⸗ schaft in Stolberg im ersten Halbjahr einen Reingewinn von 330 000 ℳ gegen 678 490 ℳ im ganzen Vorjahre.
Köln, 13. August. (W. T. B.) Eisenmarkt. Die in Düssel⸗ dorf bestehende Verkaufsstelle für Thomaseisen verkaufte in den letzten Tagen, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, 130 000 Tons Thomaseisen; über weitere Posten wird unterhandelt. Aus dem Siegerlande werden bedeutende Verkäufe an Spiegeleisen für den Inlandbedarf gemeldet.
Leipzig, 13. August. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per August 4,10 ℳ, per Sep⸗ tember 4,12 ½ ℳ, per Oktober 4,15 ℳ, per November 4,17 ½ ℳ,
.Untersuchungs⸗Sachen.
1 Fafacbote. ustellungen u. deg
.Unfall⸗ und Invaliditäts⸗ ꝛc. Versicherung. . Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc. .Verloosung ꝛc. von Werthpapieren.
per Dezember 4,17 ½ ℳ, per Januar 4,15 ℳ, per Februar 4,15 ℳ, per März 4,15 ℳ, per April 4,15 ℳ Umsatz 105 000 kg. Ruhig.
Hamburg, 13. August. (W. T. B.) Der Senat hat das am 2. Januar 1888 erlassene Verbot der Einfuhr von Keh⸗ richt und Abfällen mit den aus schwedischen, norwegischen und dänischen Häfen ankommenden Schiffen wieder aufgehoben.
London, 13. August. (W. T. B.) An der Küste 17 Weizen⸗ ladungen angeboten.
Bradford, 13. August. (W. T. B.) Wolle fest, ruhig. Garne ruhig, stetig; Stoffe ruhig.
Warschau, 13. August. (W. T. B.) Die Einnahmen der Warschau⸗Wiener Eisenbahn⸗Gesellschaft betrugen im Juli 58 000 Rbl. weniger als in demselben Monat des Vorjahres.
New⸗York, 13. August. (W. T. B.) Die Börse verkehrte bei lebhaften Umsätzen in fester Haltung. Der Umsatz von Aktien betrug 207 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 5 000 000 Unzen geschätzt, die Silberverkäufe betrugen 85 000 Unzen. 8
3 Mannigfaltiges.
Bremen, 14. August. Zu dem in Nr. 189 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ gemeldeten Unfall des Hansadampfers „Trifels“ erfährt die „Wes.⸗Z.“ noch, daß die Strandung während Nebels bei Pierres Noires, Insel Molsne, erfolgte. Die Insel Molsne liegt zwischen der von Seefahrern gefürchteten Insel Quessant und der Nordwest⸗ spitze Frankreichs. Das Schiff, welches von Kapitän Mevyerdierk geführt wird, war am 13. Juli von Bombay nach Ham⸗ burg ⸗Bremen abgegangen und hatte am 7. August Gibraltar passirt. Der Dampfer „Trifels“, 2785 Registertons⸗Brutto, ist im Jahre 1888 in Sunderland aus Stahl erbaut worden. Nach den letzten Meldungen des!. W. T. B. ist es noch nicht gelungen, den Dampfer durch Schlepper loszubringen, der Maschinenraum und das Vorder⸗ theil des Schiffes sind voll Wasser. Der Kapitän hegt wenig Hoff⸗ nung auf Rettung des Dampfers. Die Seepräfektur beorderte gestern hundert Arbeiter, um den gestrandeten Hansadampfer wieder flott machen zu helfen. Vier Torpedoboote wurden am Abend abgesandt, um die Arbeiten mit elektrischem Lichte zu erhellen.
Toulon, 13. August. Der Waldbrand im Devpartement du Var (vergl. Nr. 189 d. Bl.) ist laut Meldung des „W. T. B.“ nunmehr gelöscht. Die Truppen sind hierher zurückgekehrt. Der sehr beträchtliche Schaden läßt sich bis jetzt noch nicht berechnen.
Konstantinopel, 11. August. Die „Agence de Constantinople“ meldet folgende Details zu dem bereits erwähnten räuberischen Ueberfall bei Heraklea: Zwei Franzosen, Namens de Ray⸗ mond, Verwalter des Pachtguts Sultan⸗LTschiflich bei Omurdje in der Nähe von Rodosto (am Marmarameer), und dessen Bediensteter Rouffier, wollten Sonnabend den Pachthof verlassen, um die Kulturen zu besichtigen, auf welchen sämmtliche Arbeiter des Gutes beschäftigt waren. Der Meierhof war somit ganz verlassen. Plötzlich wurden die Genannten von einer aus sechs Räubern bestehenden Bande angegriffen. Als sie sich energisch zur Wehre setzten, erhielt de Raymond einen starken Schlag mit einem Gewehrkolben auf den Kopf, während Rouffier von einem Flintenschuß in die Brust getroffen wurde. Die Ueberfallenen wurden geknebelt, in einen Wald geschleppt und vor den Anführer der Bande gebracht, der Kapitän Thomas nannte, aber, wie es (den Gefangenen schien, Niemand anders als der bekannte Athanasius ist. Thomas fragte die Gefangenen nach deren Namen, Vornamen, Nationalität und der Höhe ihrer Be⸗ züge. Als de Raymond sein monatliches Einkommen mit 10 türki⸗ schen Pfunden und Rouffier das seinige mit 3 Pfunden angaben, be⸗ stritt Thomas die Höhe dieser Ziffern, indem er behauptete, daß ihre Einkünfte gerade das Dreifache der genannten Summen betrügen, was, wie man sagt, auch thatsächlich der Fall ist. Auf die Ver⸗ sicherung der Gefangenen, daß man für sie Mangels jeglichen Ver⸗ mögens kein Lösegeld erhalten könnte, erwiderte Thomas, daß das Lösegeld von anderer Seite aufgebracht werden würde. Hierauf wurde Rouffier in Freiheit gesetzt und beauftragt, sich nach Rodosto zu begeben und den französischen Konsul zu benachrichtigen, daß man ein Lösegeld von 5000 Pfund, das sind 115 000 Fr., verlange, widrigenfalls de Raymond getödtet würde; außerdem ertheilte Thomas die üblichen Mahnungen in Betreff der Absendung von Truppen. Ueber die Schritte des französischen Botschafters Grafen zur Befreiung des Gefangenen ist bereits berichtet worden.
Oeffentlicher Anzeiger.
6. Kommandit⸗Gesellschaften auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsc. 7. Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genossenschaften 8. Niederlassung ꝛc. von Rechtsanwälten.
9. Bank⸗Auswe 8.
10. Verschiedene Bekanntmachungen.
1) Untersuchungs⸗Sachen.
[29070] Steckbriefs⸗Erneuerung.
Der gegen die unverehelichte Johanne Juliane Hoffmann, geboren am 1. April 1844 zu Schicho⸗ gora, Kreis Posen, wegen Vollstreckung einer Ge⸗ fängnißstrafe von einer Woche unter dem 27. April 1880 in den Akten H. 682/73 rep. erlassene und
flüchtigen Rekruten Florenz Froesch, geboren am 28. Oktober 1863 in Schweinheim, für den Militärfiskus mit Beschlag belegt. an die S
Zabern, den 29. Juli 1891. 8 über die Ertheilung des Zuschlags wird am im hiesigen Amtsgerichtsgebäude statt. Auslage der
Kaiserliches Landgericht, Ferienkammer. gez. Munzinger. Fürst. Aron. Für richtige Ausfertigung. (L. S.) Der Landgerichtssekretär: Hoffmann.
Berlin, den 3. August 1891.
zuletzt unterm 4. Oktober 1886 erneuerte Steckbrief — — — —— — ictü Mmsse res tüse
wird hiermit wiederum erneuert. Berlin, den 4. August 1891. Staatsanwaltschaft beim Königlichen Landgericht. I.
2) Aufgebote, Zustellungen 12Rng heute erlassenem, seinem ganzen Inhalte nach
durch Anschlag an die Gerichtstafel bekannt gemachtem
fahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach Pölsen. Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den telle des Grundstücks tritt. Das Urtheil
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 53.
desselben gehörenden Gegenstände am Mitt⸗ nspruch woch, den 30. September 1891, Vor⸗ mittags 10 Uhr,
13. Oktober 1891, Nachmittags 12 ½ Uhr, Verkaufsbedingungen vom 5. Oktober d. J. an auf an obenbezeichneter Gerichtsstelle verkündet werden.
der Gerichtsschreiberei und bei dem zum Segquester bestellten Konkursverwalter Herrn Rentner A. Burg⸗ sdorf zu Boizenburg, welcher Kaufliebhabern nach vorgängiger Anmeldung die Besichtigung des Grund⸗ stücks mit Zubehör gestatten wird. b Boizenburg, den 6. August 1891. Großherzogliches Amtsgericht.
[29069] Steckbriefs⸗Erneuerung. Der gegen den Webergesellen Wilhelm Döring aus Zinna wegen dringenden Verdachts des Ver⸗ brechens wider die Sittlichkeit nach §. 176 ³ Straf⸗ gesetzbuchs unter dem 4. Juli 1891 erlassene Steck⸗ brief wird erneuert. Potsdam, den 11. August 1891. Der Untersuchungsrichter im Königlichen Landgerich
Nach Einsicht des Ersuchens des Gerichts der Königlichen 33. Division zu Metz vom 23. Juli 1891, Nach Einsicht des Antrages der Kaiserlichen Staatsanwaltschaft hierselbst vom 24. l. M. wird das gegenwärtige und künftige im Deutschen Reiche befindliche Vermögen des fahnenflüchtigen Rekruten Franz Cremmel, geboren am 29. Ja⸗ nuar 1862 in Zabern, für den Militärfiskus mit Beschlag belegt. “ Zabern, den 29. Juli 1891. G“ Kaiserliches Landgericht, Ferienkamme gez. Munzinger. Fürst. Aron 8 Für richtige Ausfertigung: (L. S.) Der Landgerichtssekretäar: Hoffmann.
(29072] B
eschluß. Nach Einsicht des Ersuchens des Gerichts der Keniol cn 33. Diaifion su Net vom 28. Zne 2 a mn e ntrages d ’1 Staatsanwaltschaft hierselbst . 24, 1. Wüser he; wird das gegenwärtige und künftige im Deut⸗ schen Reiche befindliche Vermögen des fahnen⸗
und dergl.
[29299] Zwangsversteigerung.
Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von den Invalidenhausparzellen Band 11 Blatt Nr. 387 auf den Namen der Ehefrau des Maurermeisters Liebert, Agnes, geborenen Maschner, hier eingetragene, in der Wöhlertstraße angeblich Nr. 18 belegene Grundstück am 13. Oktober 1891, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht, an Gerichtsstelle, Neue Friedrichstraße Nr. 13, Hof, Müger C., Erdgeschoß, Saal Nr. 40, versteigert werden.
as Grundstück ist für das Rechnungsjahr 1892/1893 mit 15 000 ℳ Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grund buchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, seri besondere Kaufbedingungen können in der Gerichts⸗ chreiberei ebenda, Flügel D., Zimmer Nr. 42, eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des 5g rungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von K. „ Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungs⸗ termin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗ boten anzumelden und, falls der betreibende Gläubi⸗ ger widerspricht, dem Gerichte Aanbbaß zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des Feringfen Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Ver⸗ veuuge des Kaufgeldes gegen die berü 2 rüche im Range zurücktreten. we be das Eigenthum des Grundstücks anspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Ver⸗
Proklam finden zur Zwangsversteigerung des dem verstorbenen Maurer Johann Neumann jun. hieselbst gehörigen, an der Bahnhofstraße hieselbst belegenen Wohnhauses Nr. 751 mit Zubehör Termine 1) zum Verkaufe nach Hüvafbger endlicher Re⸗ gulirung der Verkaufsbedingungen am Montag, den 26. Oktober 1891, 2) zum Ueberbot am Montag, den 16. No⸗ vember 1891, jedes Mal Vormittags 10 ½ Uhr, statt.
Auslage der Verkaufsbedingungen vom 12. Ok⸗ tober d. J. an auf der Gerichtsschreiberei und bei dem zum Secguester bestellten Herrn Rechtsanwalt Monich hieselbst, welcher Kaufliebhabern nach vor⸗ gängiger Anmeldung die Besichtigung des Grundstücks mit Zubehör gestatten wird.
Grevesmühlen, den 10. August 1891. Großherzoglich Mecklenb.⸗Schwerinsches Amtsgericht.
[29081]
Nach heute erlassenem, seinem ganzen Inhalte nach durch Anschlag an die Gerichtstafel bekannt gemachten Proklame finden zur Zwangsversteigerung der zur Konkursmasse des Erbpächters Luhmann zu
mit Zubehör Termine
1) zum Verkaufe nach zuvoriger endlicher Regu⸗ lirung der Verkaufsbedingungen am Mon⸗ tag, den 19. Oktober 1891, Vormit⸗ tags 11 Uhr,
2) zum Ueberbot am Sonnabend, den 14. November 1891, Vormittags 11 Uhr,
3) zur Anmeldung dinglicher Rechte an das
Schwanheide gehörigen Erbpachthufe Nr. 6 daselbst
[29080]
In Sachen des Lederhändlers Heinrich Wiedefeld in Alfeld, Gläubigers, vertreten durch den Rechtsanwalt von Harlessem daselbst, wider den Bergmann Heinrich Sturm zu Grünenplan, als Kurator der minder⸗ jährigen Alma Blinne, Tochter des Schuhmachers Friedrich Blinne zu Grünenplan, Schuldnerin, wegen Hypothekzinsen, wird, nachdem auf Antrag des Gläubigers die Beschlagnahme des der Schuld⸗ nerin gehörigen Antheils zu ⅛6 an dem sub No. ass. 77 zu Grünenplan belegenen Wohnhause nebst Garten, zum Zwecke der Zwangsversteigerung durch Beschluß vom 10. August cr. verfügt, auch die Ein⸗ tragung dieses Beschlusses im Grundbuche am 10. August cr. erfolgt ist, Termin zur Zwangsversteige⸗ rung auf Dienstag, den 6. Oktober 1891, Nach⸗ mittags 2 ½ Uhr, vor Herzoglichem Amtsgerichte Eschershausen in der Lampe’'schen Gastwirthschaft zu Grünenplan angesetzt, in welchem die Hypothek⸗ gläubiger die Hypothekenbriefe zu überreichen haben.
Eschershausen, den 11. August 1891. 8
Herzogliches Amtsgericht. ““
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[29082] Bekanntmachung.
Das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Busch'sche Grundstück, Tegelerstraße 2/3, Grund⸗ buch von den Umgebungen im Kreise Niederbarnim Band 28 Nr. 1478 und die Termine am 7. Oktober 1891 werden aufgeboben.
Berlin, den 8. August 1891.
Grundstück und an die zur Immobiliarmasse
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 52. “ 8 8 . —