1.“
8 EEbb—
Zeit als völlig abgeschlossen noch nicht betrachtet werden kann, so haben doch die inzwischen eingetretenen Verhältnisse, insbesondere die in Folge der andauernd nassen Witterung sich ungünstiger gestaltenden Ernteaussichten und das Seitens der russischen Regierung erlassene Ausfuhr⸗ verbot für Rogaen die Staatsregierung veranlaßt, mit der Einführung von Ermäßigungen für die Besörderung von Ge⸗ treide und Mühlenfabrikaten in der Form von Staffel⸗ tarifen auf den Staatsbahnen alsbald — und zwar zu⸗ nächst versuchsweise — vorzugehen, um eine unter den zeitigen Verhältnissen etwa zu befürchtende Schwierigkeit in der Ernährung der Bevölkerung abzuschwächen. Der be⸗ schlossene Tarif wird die gegenwärtigen Normalfrachtsätze bis zur Entfernung von 200 km unberührt lassen, und von da ab mit der Entfernung fortschreitende erhebliche Frachtvortheile gewähren.
Der Tarif umfaßt nicht allein Weizen, Roggen, Gerste und Hafer, sondern bezieht sich auch auf Hülsenfrüchte und auf Mais — als nothwendiges Ersatzmittel für die Ernährung von Menschen und Vieh und für Brennereizwecke — sowie auf Mehl aus Getreide und Hülsenfrüchten, auf Graupen, Gries und andere Mühlenfabrikate.
Nähere amtliche Bekanntmachung wird demnächst folgen. 8
8
Auf den Vorschlag des Ministers der öffentlichen Arbeiten hat das Königliche Staats⸗Ministerium sich damit einverstanden erklärt, daß versuchsweise mit einer Reform der Per⸗ sonentarife für den Verkehr Berlins mit seinen Vororten, insofern derselbe durch besondere Vorortzüge ver⸗ mittelt wird, vom 1. Oktober d. J. ab — dem Termin für die Eröffnung des dritten und vierten Geleises der Wannsee⸗ bahn — vorgegangen wird.
Die Reform bezweckt in erster Linie eine angemessene Vertheilung der Wohnplätze Berlins über ein größeres Ge⸗ biet, zugleich aber auch eine Erleichterung für den Er⸗ holungsverkehr herbeizuführen.
Der neue Tarif wird so gebildet sein, daß die Fahrpreise für eine Entfernung
bis 7 ½ km in II. Kl. 15 ₰ in III. Kl. 10 ₰
2 15 22 22 2 30 22 2 7/ 20 2
2 20 „ 2 2 45 , „ 7. 30 “ 8 betragen. Ueber 20 km hinaus werden diesen Saätzen in III. Klasse für jedes Kilometer 3 ₰ angestoßen und die Preise der II. Klasse durch Annahme des 11 ⁄½ fachen Betrages der III. Klasse gebildet.
Neben den auf diese Weise berechneten bleiben nur die⸗ jenigen ermäßigten Fahrkarten bestehen, welche tarifmäßig allgemein eingeführt sind, also Zeitkarten, Schülerkarten, Arbeiter⸗Wochenkarten und Arbeüter⸗Rückfahrkarten. Alle anderen bisher im Vorortverkehr allgemein oder auf einzelnen Strecken verausgabten Fahrkarten, wie insbesondere die Tages⸗ karten (für Sonntage, Wochentage) und Arbeiter⸗Tageskarten werden aufgehoben.
Die neu eingeführten ermäßigten Fahrkarten gelten in beiden Richtungen, sodaß gleichzeitig mehrere Fahrkarten im Voraus gelöst werden.
Die mit normal berechneten Fahrkarten ausgerüsteten Reisenden können auch die Vorortzüge benutzen. Das Nähere werden die amtlichen Bekanntmachungen der Eisenbahnbehörde
ergeben.
Der Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf zu Solms⸗Sonne⸗ walde hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Deutschland angetreten. Während seiner Abwesenheit von Rom fungirt der Erste Sekretär bei der dortigen Botschaft, Legations⸗Rath von Mutzenbecher als Geschäftsträger.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayeri⸗ scher Oberst von Haag und Königlich sächsischer Oberst von Schlieben, sind in Berlin wieder eingetroffen.
Der General⸗Lieutenant von Versen, General Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs und kommandirender General des III. Armee⸗Corps, der General⸗Lieutenant Jacobi, Inspecteur der Feld⸗Artillerie, und der General⸗ Lieutenant von Rosenberg, à la suite des Husaren⸗ Regiments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3 und In⸗ der 2. Kavallerie⸗Inspection, haben Dienstreisen an⸗ getreten
Potsdam, 14. August. Ihre Majestät die Kaiserin hat an die hiesige Stadtverordneten⸗Versammlung nachstehendes Schreiben gerichtet:
„Ich spreche den städtischen Behörden Potsdams Meinen herz⸗ lichen Dank dafür aus, daß sie durch die unentgeltliche Ueberweisung eines Grundstücks in der verlängerten Moltkestraße den Neubau der Kleinkinder⸗Pflegeanstalt „Krippe“ ermöglicht und dadurch abermals einen schönen Beweis ihrer Opferwilligkeit für die Hebung des Wohles Unserer ärmeren Mit bürger gegeben haben.
Ich erkläre hierbei, den Wünschen der städtischen Behörden gern entsprechend, daß das Grundstück, bei dem etwaigen Aufhören seiner Benutzung für die Kleinkinder⸗Pfleganstalt oder ähnliche mildthätige Zwecke, an die Stadt zurückfallen soll, und bin ferner damit ein⸗ verstanden, daß die; Stadtgemeinde Potsdam bei dem Bezirks⸗ ausschusse daselbst Mich als die Empfängerin des geschenkten Erund⸗ stückes bezeichnet.
Neues Palais, den 7. August 1891. Auguste Victoria, Kaiserin und Königin.“
Kiel, 14. August. Anläßlich des heutigen Geburtstages Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich haben die städtischen, fiskalischen und viele Privathäuser Flaggen⸗ schmuck angelegt. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich gedenken sich nach der „Köln. Ztg.“ mit ihrem Sohne Waldemar etwa vierzehn Tage am eng⸗ lischen Hof aufzuhalten und alsdann Ende des Monats nach Kiel zurückzukehren.
Wilhelmshaven, 13. August. Heute Nachmittag 4 Uhr traf die norwegische Korvette „Nornen“ (Schul⸗ schiff), Kommandant Kapitän Krogh, von See kommend, auf hiesiger Rhede ein und ging zu Anker. Die „Nornen“ be⸗ grüßte die vom Fort Heppens wehende Kriegsflagge mit dem üblichen Salut, welcher gleich darauf von der hiesi Nähe
des alten Vorhafens placirten Salutbatterie erwidert wurde. Die
Korvette ist dem „Hamb. Corr.“ zufolge das älteste Kriegs⸗ schiff der norwegischen Marine. Aus Holz gebaut, hat es eine Länge von 53 m, eine Breite von 11 und einen Tiefgang von 4,80 m. Das Devplacement ist 959 t. Die Maschine ist nur klein (240 indicirte Pferdekräfte) und entwickelt daher auch nur eine Fahrgeschwindigkeit von 7 Seemeilen. Die Armirung der Korvette besteht aus 8 16 cm Kakonen mit Stahlkernrohr, 4 12 cm Hinterladern und 2 leichten Geschützen.
Nachdem nunmehr unter Aufsicht des stellvertretenden Hafenbau⸗Direktors, Marine⸗Bauinspektors Bieske die Ver⸗ senkung des 51 km langen Kabels Wilhelmshaven — Helgoland erfolgt ist, werden heute, morgen und über⸗ morgen Seitens der Marinestation der Nordsee Versuche an⸗ gestellt werden, ob und in welcher Weise das Kabel funktio⸗ nirt. Zu diesem Zweck ist nach dem „Hann. Cour.“ zunächst das Panzer⸗Fahrzeug „Bremse“ in See gegangen. Dasselbe wird zwischen hier und der Insel Wangeroog, die bisher schon telegraphisch mit dem hiesigen Platz verbunden war, und andererseits zwischen Wangeroog und Helgoland kreuzen, um die Versuche zu überwachen und event. die Ver⸗ ständigung herzustellen. Da die Experimente vorwiegend zur Nachtzeit angestellt werden, so ist für die drei in Betracht kommenden Nächte im Bureau der hiesigen Marinestation ein besonderer Nachtdienst eingerichtet worden.
Fulda, 14. August. Auf der gestern Abend beendeten Bischofs⸗Konferenz ist, wie nach der „Madb. Ztg.“ ver⸗ lautet, über die Bekämpfung des Sozialismus, die Ver⸗ theilung der Sperrgelder und das Volksschulgesetz berathen worden. Ein gemeinsamer Hirtenbrief soll besonders den ersten Gegen⸗ stand behandeln.
Bayern.
München, 14. August. Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich traf, wie „W. T. B.“ meldet, unvermuthet heute Nachmittag von Feldafing hier ein und reiste Abends mittels Extrazuges über Simbach nach Ischl.
Sachsen.
Dresden, 14. August. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, die Prinzen Johann Georg, Max, Albert und die Prinzessin Mathilde sind heute Vormittag von Lindau in der Villa zu Hosterwitz wieder eingetroffen.
Württemberg.
Stuttgart, 14. August. Der Königliche Hof legt wegen des (wie bereits gemeldet) zu Carlsruhe in Schlesien erfolgten Ablebens Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin Mathilde von Württemberg auf zwei Wochen Hoftrauer an. Die Herzogin Mathilde Auguste Wilhelmine Caroline von Württemberg hat ein Alter von 72 Jahren erreicht. Die Verewigte, geboren am 11. September 1818, war eine Prinzessin von Schaumburg⸗KLippe, Schwester des regierenden Fürsten Adolf und des Prinzen Wilhelm, Vaters Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Wilhelm von Württemberg. Sie vermählte sich am 15. Juli 1843 mit dem verewigten Herzog Eugen von Württemberg, der am 8. Januar 1875 starb. Im Tode ging ihr auch voraus im Jahre 1877 ihr Sohn Herzog Eugen, Gemahl Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Herzogin Wera von Württemberg. Die „Schles. Ztg.“ widmet der Entschlafenen einen Nachruf, in welchem es heißt: „Der stille Ort unserer Provinz, an welchem sie einst glückliche Tage gesehen hatte, war ihr so lieb geworden, daß sie ihn auch nicht verließ, als ihr hoher Gemahl am 8. Januar 1875 dort seine Augen schloß. Ihr theilnehmendes Herz schlug für alle Nothleidenden, und so stellte sie ihre Kraft und ihre Mittel in den Dienst der Liebe. So hat sie die von ihr gegründete und unterhaltene Klein⸗ kinderschule mit vieler Hingebung gepflegt; unter ihrem Pro⸗ tektorat wurde ferner ein vaterländischer Frauenverein gegründet, der nun segensreich für Carlsruhe und Umgegend wirkt. In den letzten Jahren besaß sie eine seltene Rüstigkeit und Frische, im April aber erkrankte sie an einem Leberleiden, dem sie nach unsäglichen Schmerzen erlegen ist.“
Hessen.
Darmstadt, 14. August. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich gestern Abend 10 ½ Uhr nach Bam⸗ berg begeben, um daselbst das Königlich bayerische Infanterie⸗ Regiment Nr. 5, dessen Inhaber Seine Königliche Hoheit ist, zu besichtigen, und wird heute Abend von dort wieder zurück⸗ kehren. In Begleitung Seiner Königlichen Hoheit befinden sich der General⸗Adjutant General⸗Major Wernher und der Flügel⸗Adjutant Major Freiherr von Grancy.
Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein nebst Prinzessin⸗Tochter Victoria und Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Victoria, Prinzessin Ludwig von Battenberg, nebst den beiden Prin⸗ zessinnen⸗Töchtern Alice und Louise sind gestern Mittag von Schloß Heiligenberg in Jagdschloß Wolfsgarten angekommen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 14. August. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog hat sich, der „Weim. Ztg.“ zufolge, heute Abend zur Abhaltung von Jagden nach Eisenach begeben, wo Höchstderselbe im Großherzoglichen Schlosse absteigen und voraussichtlich den größten Theil kommender Woche ver⸗ bleiben wird. “
6 Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 13. August. Die heute Nr. 15 des Gesetzblatts für Elsaß⸗Lothringen veröffentlicht eine Verordnung, betreffend Abänderung des Regulativs vom 27. Januar 1882 über die juristischen Prüfungen und die Vorbereitung zum höheren Justizdienst.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 14. August. Die „Budapester Correspondenz“
berichtet über eine Unterredung, welche der Herauegeber der Correspondenz mit dem serbischen Minister⸗Präsidenten Pasitsch gehabt habe. Das Wiener „Frdbl.“ theilt folgende Bemerkungen des Minister Präsidenten mit:
Wir können mit dem Erfolg der Reise unseres Königs sehr zufrieden sein. Namentlich ist der Empfang, dessen der junge König in Wien und in erster Reihe in Ischl theilhaftig wurde, die so v man könnte sagen V78.n Freundlichkeit,
aufnahm, geradezu
.“
ausgegebene
berehrten Kaiser und König zu sehen und zu sprechen, und ich gestehe, ich bin entzückt. Die Reise Seiner Maj stät des Königs ist asc 3 und ausschließlich eine Erholungs⸗ und Studienreise. Wir glauben, daß es bei diesen Reisen auch gelungen ist, Sympathien für den jungen serbischen Monarchen zu gewinnen TDTie
schaft sowie die Reaicrung ist sorgsam bestrebt,
bis zu seiner Grofjährigkeit von jeder Politik
politischen Frage fernzuhalten. Es war avnch bisher während der ganzen Reise nirgends von Politik, ja auch nicht einmal von volks⸗ wirthschaftlichen Fragen irgendwo die Rede. In Rußland haben wir hierzu jetzt noch keine konkrete Veranlassung, da Serbien in erster Reihe das Zustandekommen eines Zoll⸗ und Handels⸗ vertrages mit Oesterreich⸗Ungarn anstrebt, und wir glauben ouch, daß dies ohne größere Schwierigkeiten gelingen wird. Es sällt der serbischen Regierung nie ein, irgend einem Staat auch nur in einem einzigen Purkte eine größere Begünstigung als Oester⸗ reich⸗Ungzrn zuzugestehen. Alles dies läßt das Zustandekommen dieses Vertrages sicher voraussetzen. In 20 Tagen trifft der König wieder in Belgrad ein. Die Nachricht, daß sich der König auch nach Konstantinopel begeben wird, ist unrichtig. —
Mittheilung von einer Correspondenz der „Tagespost“
Oberleitung der österreichischen Kriegs⸗Marine eintreten werden. Admiral Freiherr Sterneck werde in den Ruhestand treten und sein Posten im Marine⸗ Kommando und in der Leitung der Marine⸗Sektion streng ge⸗ theilt werden; das Marine⸗Ober⸗Kommando solle Erzherzog Karl Stephan erhalten, der demnächst Contre⸗Admiral wird
nd auf den die Marinekreise große Hoffnungen setzen; Chef der Marine Sektioa solle der gegenwärtige Präses des marine⸗ technischen Comités Freiberr Spaun werden.
Im ungarischen Unterhause gelangte gestern, wie aus Budapest gemeldet wird, der Bericht des Iämmunitäts⸗ Ausschusses über die Angelegenheit Ugron⸗Uzelac zur Ver⸗ handlung. Der Bericht veranlaßte eine längere lebhafte Debatte, an welcher sich auch der Justiz- Minister Szilägyi be⸗ theiligte. Die Verhandlung wurde heute fortgesetzt und das Unterhaus nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, die Anträge des Immunitäts⸗Ausschusses in der Affaire Ugron⸗Uzelac an und verwarf den Minoritätsbeschluß der Opposition. In der nächsten Sitzung, welche Montag stattfindet, wird über die Ferien entschieden werden.
Heute Nachmittag fand zwischen den Abgg. Rohonczy und Gajary in der National⸗Reitschule ein Säbelduell statt, bei welchem Rohonczy leicht verletzt wurde.
Wie der „Voss. Ztg.“ aus Lemberg telegraphirt wird, wurde der Gehülfe des Moskauer General⸗Gouverneurs Gurko, Oberst Dmytrowicz⸗Sonzow am Bahnhofe von Belzec (Galizien) verhaftet. Auf Anordnung einer besonderen Untersuchungskommission aus Lemberg wurde er der Bezirks⸗ hauptmannschaft von Rawa eingeliefert.
Ein unlängst in Tuska abgehaltener ruthenischer Parteitag, auf welchem nur wenige Theilnehmer erschienen waren, beschloß, wie der Wiener „Presse“ aus Lemberg geschrieben wird, eine Resolution, in welcher ausgesprochen wird, daß die Ruthenen sämmtlicher Parteischattirungen mit Beiseitesetzung der literarisch⸗nationalen Kontroversen gemein⸗ sam zum Wohle ihrer Nation wirken und sich zur Abwehr aller gegen ihr Volksthum gerichteten Anschläge vereinigen müßten. Die leidenschaftliche und gehässige Polemik, welche beide ruthenischen Fraktionen bisher gegen einander geführt haben, sei einzustellen. Mit vereinten Kräften habe man auf die Ruthenisirung sämmtlicher Schulen und Lehr⸗ anstalten in Ostgalizien, für deren Erhaltung der Staat sorgen soll, sowie auf eine den praktischen Zwecken mehr ent⸗ sprechende Reform der Volksschulen und auf die Vermehrung der Ackerbau und Gewerbeschulen zu dringen. Dem Lehr⸗ stande sei insbesondere durch die Verbesserung seiner materiellen Lage eine unabhängige Stellung zu sichern. Zugleich mit der Justizreform solle die Einführung des Ruthenischen als Amts⸗ sprache bei den ostgalizischen Gerichten durchgesetzt werden, und überhaupt sei in Ostgalizien die vollständige Gleichberechtigung des ruthenischen Elements anzustreben.
Großbritannien und Irland.
Die englische Landarmee wird sich, wie die „A. C.“ meldet, an den Festlichkeiten zum Empfange des fran⸗ zösischen Geschwaders nicht betheiligen. Nur der Herzog von Connaught wird als Ober⸗Befehlshaber des süd⸗ lichen Mili ärdistrilts den böchsten Offizieren des Ge⸗ schwaders ein Diner geben. Man hatte davon gesprochen, zu Ehren der französischen Gäste eine Truppenschau abzuhalten; das Programm ist jedoch schon so überfüllt, daß man davon absehen mußte Vielleicht wird ein großer Zapfenstreich, an dem die Musikkapellen aller in Portsmouth liegenden Truppencorps theilnehmen, stattfinden. Dem Ad⸗ miral Gervais wird die Nacht „Wildfire“ zur Verfügung ge⸗ stellt werden.
Ein bedeutendes Hinderniß, mit welchem das englische Kriegs⸗Ministerium bisber zu kämpfen hatte, war der Mangel an Pferden im Kriegsfalle. Wie der Kriegs⸗ Minister Stanhope neulich auf einer Fohlenausstellung er⸗ klärte, sind jetzt Arrangements abgeschlossen worden, durch welche nicht allein der jährliche Bedarf an Pferden, sondern auch der außergewöhnliche im Mobilisationsfall von den englischen Märkten gedeckt werden kann.
Dem „Dublin Expreß“ zufolge ist Parnell gegenwärtig mit der Ausarbeitung eines Manifestes an die Iren der ganzen Welt beschäftigt. Im ersten Abschnitt werde Parnell um Gelder bitten, damit eine unabhängige irische Partei in das Parlament gesandt werden könne. Im zweiten Abschnitt des Manifestes werde er eine Geschichte aller irischen Zwangs⸗ gesetze liefern und sich dann an den radikalen Flügel der irischen Partei mit der Frage wenden, ob etwas Gutes von Hawarden kommen könne.
Die irische nationale Föderation, die Organisation der Anti⸗Parnelliten, hielt am 12. d. M. unter dem Vorsitz Dillon's ihre halbmonatliche Versammlung in Dublin ab. Eine ganze Anzayl Parlamentsmitglieder waren zugegen und ebenso nicht wenige katholische Priester. Mit den Einnahmen der Föderation steht es nicht minder schlecht als bei der Parnelliten⸗Nationalliga. Dillon hielt eine lange Rede, in welcher er sich gegen Dieses und Jenes verwahrte, die hnds ration für das richtige Organ der öffentlichen Meinung Irlands erklärte und Parnell beschuldigte, seinen Kollegen bewußt eine Falle gestellt zu haben. Parnell habe sich in der letzten Zeit der allergrößten Inkonsequenz schuldig gemacht. Jetzt ver⸗ lange er unbedingt, daß die irische Konstablerschaft der in Dublin zu gründenden irischen Legislatur unterstellt werde, während er früher Gladstone zugestanden habe, daß erst eine
Anzahl Jahre verstreichen solle, ehe die Neuorganisation der
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rührend gewesen. Ich babe das erste Mal Gelegeaheit gehabt, Ihren 8
Ein Telegramm der „Köln. Ztg.“ aus Graz macht
aus Pola, derzufolge demnächst Veränderungen in der
Truppe eintrete. Dil Parlamentarier, daß die letzte Stunde der irischen Kämpfe ge⸗
Dillon glaubt, wie die meisten irischen
schlagen und Irland seine dauernde Erlösung gefunden haben werde, sobald die Liberalen an das Ruder gelangen. Daß dieses bei den nächsten Wahlen geschehen werde, gilt ihm als selbstverständlich.
Frankreich. Paris, 14. August. Der König von Griechenland
ist heute in Begleitung des griechischen Gesandten De⸗
lyannis und des Ministers des Auswärtigen Ribot in Fontainebleau eingetroffen und im Schlosse mit militärischen Ehren empfangen worden. Später folgte der König, wie ein Wolss'sches Telegramm berichtet, einer Einladung des Präsi⸗ denten Carnot zum Dejeuner. 1 1“
Die unerwartete Abreise des russischen Botschafters Barons
von Mohrenheim aus dem Bade Cauterets hatte zu dem
Absicht gehabt habe, sich in Privatgeschäf
Gerücht Veranlassung gegeben, der Botschafter sei von dem Kaiser von Rußland nach St. Petersburg berufen worden. Nach einer Wolff'schen Meldung widerspricht die russische Botschaft in Paris dieser Nachricht, indem sie bemer kt, daß der Botschafter, der morgen abreisen wird, schon längere Zeit die
ten in die Heimath zu begeben. B
In einer Petition, welche gegenwärtig hier in Umlauf gesetzt ist, wird nachgesucht, den Boulevard Sebastopol in Boulevard Kronstadt umzutaufen.
Die „Köln. Ztg.“ berichtet nach französischen Blättern, der Kommandant des englischen Mittelmeergeschwaders, der nach einem Besuch in Villefranche nach Gibraltar gehen wird, habe dem französischen Admiral Duperré den Wunsch ausgesprochen, ihm vor seiner Abfahrt einen Besuch abzustatten. Um diesem Wunsch zu entsprechen, wird Duperré mit zwei oder drei Schiffen seines Geschwaders nach Villefranche gehen. (Vgl. die gestrige Nr. 190 d. Bl.)
Wie dem „D. B. H.“ aus Vichy berichtet wird, hat sich das Fußübel des Kaisers Dom Pedro nicht gebessert; der Kaiser ist genöthigt, beständig das Zimmer zu hüten.
Der italienische Minister des Innern Nicotera hat heute Vichy verlassen und sich über Lyon nach Rom zurück⸗ begeben. 11“
MRiußland und Polen.
Zum Getreideausfuhrverbot wird der „A. R. C.“ aus St. Petersburg geschrieben: „In dem Allerhöchsten Ukas über das Verbet der Ausfuhr von Roggen, Noggenmehl und Kleie jeder Art ist Finnland nicht erwähnt worden. Es ist jedoch der finnländische Senat durch den Staatssekretär, General von Dehn darauf aufmerksam gemacht worden, daß derselbe Schritte thun möchte, um einen solchen, die Volksernährung sichernden Ukas auch für Finnland bis zum 15. August bewilligt zu erhalten. Sollte der finnländische Senat dieses bis zum 15. August nicht gethan haben, so wird am 15. die Ausfuhr von Getreide aus Rußland nach Finnland verboten werden. Eine Handhabe hierfür bietet Punkt 4 des Allerhöchsten Ukases, welcher lautet:
„Dem Finanz⸗Minister anbeimzustellen, endgültig alle Zweifel zu entscheiden, welche im Firam⸗Ministerium bei Ausführung Unseres gegenwärtigen Ukases aufstoßen können.⸗ 8
Da nun Finnland von der Einfuhr russischen Mehles in hohem Grade abhängig ist, so läßt sich erwarten, daß der finn⸗ ländische Senat, dem Wunsche Rußlands gemäß, auch die finn⸗ ländischen Häfen der Ausfuhr von Roggen, Roggenmehl und Kleie verschließen wird. Dem direkten Erlasse eines solchen Ukases von St. Petersburg aus steht ein altes finnländisches Gesetz entgegen, nach welchem derartige Maßregeln erst drei Jahre vorher kund zu thun sind. 8b
Das von einer besonderen Ministerial⸗Kommission aus⸗ gearbeitete Projekt eines neuen Einbürgerungsgesetzes enthält der „Pol. Corr.“ zufolge in mehrfacher Beziehung nicht unerhebliche Verschärfungen. Unter Anderem werden sich die Kandidaten in der Kenntniß der russischen Sprache und der Staatseinrichtungen in Rußland auszu⸗ weisen haben. Der Gesetzentwurf wird in der nächsten Session des Reichsraths zur Verhandlung kommen.
Die russische Südwestbahn, für deren Aus⸗ gestaltung seit einigen Jabren namhafte Beträge verwendet wurden, wird derselben Quelle zufolge neuerlich eine in wirthschaftlicher gleichwie in strategischer Beziehung wichtige Ergänzung bezw. Vervollständigung erfahren. Es wurde nämlich der Betrag von sieben Millionen Rubel für eine Reihe von Bauten bestimmt, welche theilweise bereits begonnen worden sind, theilweise in nächster Zeit in Angriff genommen werden sollen. Hiernach wird das zweite Geleise auf den Linien Koziatyn —Zmerinka — Proskurow, Rownow-—Rozyszeze, Brzesc — Bialystok, Zzalbunowo — Dubno, Kiew —Fastow und Brzesc —Rozysczcze hergestellt werden. Dieses Arbeitsprogramm wird einschließlich der Herstellung . neuer Brücken und der Erweiterung der Kiewer Station
is Ende 1892 ausgeführt werden. Außerdem werden in den westlichen Gouvernements drei Zweigbahnen, Bialystok —Lomza n. Ostroleka, Ostrow —-Lomza und Kowel— Dabrowica aus⸗ gebaut werden. 8
FIFItalien. 8
In dem gestern an dieser Stelle erwähnten Artikel des „Osservatore Romano“ gegen den Dreibund heißt es, wie wir aus der „Germania“ ersehen:
Man könne nicht begreifen, wie die deutschen Katholiken von einigen Auslassungen des Blattes über den Dreibund einen so schlechten Eindruck hätten empfangen können. Der Papst habe den deutschen Katholiken viel zu hobe Beweise seiner Fürsorge gegeben, als daß sie auch nur einen Augenblick an seiner väterlichen Liebe, Milde und Gerechtigkeit zweifeln könnten. Der Papst habe dem Kulturkampf ein Ende ge⸗ macht, und genau dasselbe thue er jetzt für die Katholiken Frankreichs, welche sich in der gleichen schwierigen Lage befänden wie ehedem sie selbst. Was aber den Dreibund angehe, so sei es kein Wunder, wenn die vatikanischen Blätter ihn als eine Frucht der feindlichen Bestrebungen — die Kirche betrachteten. Crispi und die ganze dem Dreibund -F Presse hätten dafür gesorgt, daß darüber kein Zweifel ob⸗ 15 ten könne. Der Dreibund könne also für die italienischen Katho⸗ 7 Pichas Anderes als eine Beleidigung des heiligen Stuhles bedeuten. Ihe. eutschen Katholiken hätten keinen Grund, hierüber sich zu er⸗
Der Artikel ist offenbar eine Erwid
X . erung auf den Protest, den jüngst Freiherr von Schorlemer⸗Alst gegen die Hal⸗ tung des „Osservatore Romano“ erhoben hat.
Die Berliner „Germania“ weist den Ideengang des römischen Blattes über den Dreibund entschieden zurück und tritt namentlich dem Bestreben entgegen, „mit seinen Aus⸗ lassungen den Papst mehr oder weniger zu verquicken und den Anschein zu erwecken, als habe es die Ansicht des Papstes
in der beregten Frage wiedergegeben.“ An einer anderen Stelle schreibt die „Germania“:
Die deutschen Katholiken weisen ganz entschieden jede Gemeinschaft und Uebereinstimmung mit den gegen den Dreibund gerichteten Aus⸗ lassungen des „Osservatore“ zurück, und ebenso einstimmig legen sie Verwahrung dagegen ein, wenn der Versuch gemacht wird, jene Aus⸗ lassungen als den Ansichten des heiligen Vaters entsprechend oder gar als von ihm beeinflußt hinzustellen und so eine Art Gegensatz zwischen dem Pavpst und den deutschen Katholiken zu konstruiren.
Nach einem Telegramm der „Nat. Ztg.“ aus Rom soll Freiherr von Schorlemer⸗Alst (wohl aus Anlaß der Artikel des „Osservatore Romano“) an den Kardinal⸗Staats⸗ sekretär Rampolla geschrieben haben.
Das Militär⸗Verordnungsblatt vom 14. d. M. veröffent⸗ licht die Versetzung eines Oberst Leutenants, eines Majors, eines Hauptmanns, dreier Lieutenants und eines Second⸗ Lieutenants des 50. Infanterie⸗Regiments zu anderen Regi⸗ mentern. Die Versetzung erfolgte in Folge der jüngst in
Bologna stattgehabten Vorfälle.
Bezüglich der Verminderung der Präturen (Bezirks⸗ gerichte) liegt den Präfekten gegenwärtig, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, die umfangreiche Arbeit des betreffenden Aus⸗ schusses vor, die in einem Riesenbande statistische Angaben über die Wuksamkeit der Präturen und die Vorschläge zur Neu⸗ begrenzung derselben enthält. Danach bestehen in den 69 Pro⸗ vinzen 1819 Präturen, die im letzten Jahre insgesammt 451 983 Ur⸗ theile fällten. Nach den Vorschlägen des Ausschusses würden 599 Präturen aufgehoben, sodaß die neue Eintheilung nur noch 1220 enthalten würde. Die größte Zahl von überflüssigen Präturen scheint sich in Piemont, Ligurien und der Lombardei zu⸗ befinden, denn für die Provinz Turin sind 43, für Alessandria 37, Cuneo 32, Novara 25, Genua 19, Pavia 17, Mailand 17 Präturen auf den Aussterbe⸗Etat gesetzt, während die Durchschnittsziffer für die einzelne Provinz knapp 9 beträgt.
Schweiz.
Nach in Bern eingegangener amtlicher Anzeige treten die australischen Kolonien: Neu⸗Südwales, Viktoria, Queens⸗ land, West⸗Australien, Süd⸗Australien, Tasmanien, Neu⸗See⸗ land und Britisch⸗-Neuguinea vom 1. Oktober d. J. ab dem Weltpostverein bei.
Hr. Bundes⸗Rath Frey erlitt in Folge eines Sturzes vom Pferde eine Rückenmarkerschütterung und muß deshalb das Bett hüten. Immerhin scheint glücklicher Weise die Be⸗ schädigung keine schwere zu sein und die „N. Zürch. Ztg.“ hofft, in einigen Tagen von gänzlicher Genesung berichten zu können.
Luxemburg.
Luxemburg, 13. August. Seine Königliche Hoheit der Großherzog beabsichtigt, wie die „Luxbg. Ztg.“ vernimmt, mit der Großherzoglichen Familie morgen die Stadt Echter⸗ nach mit einem Besuche zu beehren. Bei günstiger Witterung dürfte mit dieser Fahrt ein Abstecher ins Müllerthal verbunden werden. 11A11“
Belgien. “ Die Deputirtenkammer hat in ihrer gestrigen Sitzung die von der Regierung für die Maas⸗Forts geforderten Kredite mit 64 gegen 31 Stimmen genehmigt; vier Ab⸗ geordnete enthielten sich der Abstimmung. Hierauf vertagte sich die Kammer auf unbestimmte Zeit. “ Türkei. Nach einer der „Pol. Corr.“ aus Konstantinopel zu⸗ gehenden Meldung lauten die daselbst von der albanesisch⸗ montenegrinischen Grenze einlaufenden Berichte an⸗ dauernd ungünstig. Es werden unaufhörlich Grenz⸗ verletzungen begangen und die blutigen Zusammen⸗ stöße zwischen den Montenegrinern und den albanesischen Stämmen mehren sich von Tag zu Tage. Man neigt sich in der türkischen Hauptstadt der Ansicht zu, daß die Lokal⸗ regierung in Albanien nicht die erforderliche Energie und Um⸗ sicht zur Beseitigung dieser bedauerlichen Zustände entwickele, und es verlautet, daß die Pforte beabsichtige, den gegen⸗ wärtigen General⸗Gouverneur von Scutari durch eine andere Persönlichkeit zu ersetzen. “ Serbien.
Belgrad, 14. August. Die Meldung, General Tschernajew habe den Takowo⸗Orden mit Stern in Brillanten erhalten, wird laut Meldung des „W. T. B.“ an kompetenter Stelle für vollständig unbegründet erklärt. Tschernajew habe überhaupt keine serbische Auszeichnung erhalten.
Schweden und Norwegen.
(P) Stockholm, 12. August. Der Kaiserlich deutsche Gesandte Dr. Busch nebst Gemahlin sind heute nach Tull⸗ garn abgereist, woselbst sie auf Einladung des Kronprinzen und der Kronprinzessin einige Tage verweilen werden.
(F) Christiania, 12. August. Die Einnahmen der Staatseisenbahnen im Juli, dem ersten Monat des laufenden Finanzjahres, betrugen 693 000 Kronen gegen 677 800 Kronen im gleichen Monat des Vorjahres.
Der Kronprinz von Italien wird auf seiner Reise von Bergen nach Drontheim, die am 17. d. M. mit dem Schiff „Neptun“ angetreten wird, den Sognefjord, den Geirangerfjord und den Romsdalsfjord besuchen.
Nach einem Telegramm aus Christianssand war das französische Geschwader heute Mittag dort angekommen und im Einsegeln begriffen. Morgen Abend wird der französische Konsul für die Offiziere einen Ball geben, zu welchem viele Damen und Herren aus der Stadt eingeladen sind; am folgenden Tage soll ein Fest für die Unteroffiziere ver⸗ anstaltet werden. Der Hafen und die Stadt sind reich mit Flaggen geschmückt.
Dänemark.
Kopenhagen, 14. August. Der König von Griechen⸗ land wird nach amtlicher Mittheilung am nächsten Dienstag oder Mittwoch hier erwartet. König n wird bei dem König und der Königin auf Schloß Bernstor f Aufenthalt nehmen. Ueber den Zeitpunkt der Ankunft der russischen Kaiser⸗ familie und der Prinzessin von Wales liegt bis heute noch keine endgültige Mittheilung vor. Die Ankunft wird dem „W. T. B.“ zufolge voraussichtlich nicht vor der letzten Woche des August stattfinden, zu scher Zeit die Residenz nach Fredensborg verlegt sein wird. 1““
Afrika. “ Egypten. Einer Meldung des „R. B.“ aus Alexan⸗ drien zufolge ist das englische Geschwader am 14. d. M.
von dort nach Lemnos abgegangen.
Congostaat. Wie das „Journal de Bruxelles“ erfährt, hat die Regierung des Congostaats zur Hebung des Handels im Gebiete des Letzteren durch Erlaß vom 4. August bestimmt, daß die im Juli 1890 eingeführte Licenzsteuer auf den Ver⸗ kauf von Spirituosen vom 1. Januar 1892 wegfallen soll. Die erwähnte Steuer hatte den Zweck, den durch den Verkauf von Branntwein an die Eingeborenen entstehenden Mißbräuchen zu steuern, indeß wurde dieser Zweck nicht erreicht, weil eine internationale Verständigung nicht zu Stande kam. Da die Spirituosen auf dem rechten Ufer des Untern Congo, wo die Licenzsteuer nicht besteht, billiger verkauft wurden als auf dem linken, so war die Folge des Erlasses nur eine Verschiebung des Handels, ohne daß die Menge der verkauften alkoholischen Getränke abgenommen hätte. Jenseits des Inkissi, also im ganzen Gebiet des Obern Congo und selbst für Stanley⸗Pool bleibt die Einfuhr von Spirituosen gänzlich untersagt.
Kunst und Wissenschaft.
Zur Betheiligung an einem Wettbewerb um das in Ruhrort am Rhein zu errichtende Denkmal Kaiser Wilhelm'sI. ladet das dortige Comité sämmtliche deutschen Künstler ein. Für die Ausführung des Werkes stehen, wie die „Mgdb. Ztg.“ erfährt, 100 000 ℳ zur Verfügung; zur Prämiirung der besten Entwürfe ist ein Betrag von 6000 ℳ ausgeworfen. Die Bedingungen des Wett⸗ bewerbes sind von dem Vorsitzenden des Comités, dem Amtsgerichts⸗ Rath Carp in Rubrort, zu bezieben.
— Die zehn Sektionen des Kongresses für Hygiene und Demographie hielten, wie aus London berichtet wird, am Donnerstag sämmtlich Sitzungen ab, in denen nachstehende Vorträse ge⸗ balten wurden. In der Sektion für Präventivmedizin sprachen über „Ein⸗ fluß des Alkoholismus auf die öffentliche Gesundheit und die Methoden zur Verhütung desselben“ Sir Dyce Duckworth aus London und Professor Westerguard aus Kopenhagen. An der sich entspinnenden Debatte nahmen Dr. Milliet, Bern, Dr. Norman Kerr, London, Dr. Rochard, Paris und Dr. Hewitt aus Minnesota Theil. In der Sektion für Kinder sprach der Prä⸗ sident des Glasgower Schulraths William Mitchell über „Die Ver⸗ nachlässigung der Kinder in den Städten“. Er schilderte, in welchen verkommenen Wobhnungen solche Kinder zumeist leben, und erklärte, daß derartige Zustände ein dunkler Fieck auf unserer vielgepriesenen Civilisation seien und jede soziale Wiedergeburt unmöglich machten. Man könne auf gesetzgeberischem, sozialem oder individuellem Wege dagegen einschreiten. Von den gesetzgeberischen Mitteln müsse sich eines mit der Einzimmerfrage befassen. Jeder Vater sollte dafür sorgen, daß seine Kinder in einer anständigen Wohnung lebten. Wäre er dazu nicht im Stande, so müßten eben die Behörden dafür sorgen. Auf keinen Fall sollten Mädchen im Alter von 12 Jahren und Knaben über 13 Jahre mit ihren Eltern in einem Zimmer schlafen. In der Sektion für Gewerbeschulen hielt der Vorsitzende des Ausschusses für die Londoner Gewerbeschulen, Oberst Lennox Prendergast einen Vortrag über „Hebung des eng⸗ lischen Systems der Besserungs⸗ und Gewerbsschulen“. Wolle man, so führte er aus, die Armenbevölkerung Englands aus ihrem traurigen Zustande in die Höhe heben, so müsse man bei der Jugend den Anfang machen. Wenn man von den 2 000 000 £, welche jetzt alljährlich für unentgeltlichen Volksschul⸗ unterricht ausgegeben werden sollen, nur einen Theil zum Besten der Gewerbsschulen verwenden würde, so würden die Folgen bei der auf⸗ wachsenden Generation sofort bemerkbar sein. In der Sektion für das Verhältniß der Architektur zur Hygiene trat Dr. Wilberforce Smith lebhaft für das „flache Dach als Erholungsplatz in der Stadt“ ein. In der Sektion für staatliche Gesundheitspflege bielt Sir Henry Thompson einen hochinteressanten Vortrag „über die Vorschläge der letzten Zeit in Bezug auf Feuerbestattung und die Nothwendigkeit, die Körper der an ansteckenden Krankheiten gestorbenen Personen zu des infiziren.“ Von allen Todesfällen, sagte Redner, würden etwa ein Achtel durch ansteckende Krankheiten veranlaßt. Es sei dringend nothwendig, ein Weiterverbreiten der Krankheit durch die Leichen zu verhindern. Dies könne in zweckentsprechender Weise einzig auf dem Wege der Feuerbestattung erfolgen.
— Aus Witebsk wird der „St. Pet. Z.“ unter dem 12. August gemeldet: Das Mitglied der Moskauischen Archäologischen Gesell schaft Hr. Romanow entdeckte beim Ausgraben einer vorgeschicht lichen Grabstätte in der Stadt Ljuzin einige Gräber, wobei eine Menge bronzener Gegenstände, Kopfputz, Ketten, Kämme, massioe Armspangen bemerkenswerther Arbeit, Schnallen und Ringe und ferner viele eiserne Lanzenspitze schiedenartigster Form, Bei und Messer gefunden wurden. b
Mufik.
Der Spielplan der Königlichen Oper für die Zeit vom 19. bis 23. August lautet: Mittwoch: „Die Zauberflöte.“ Donnerstag „Der Widerspänstigen Zähmung.“ Freitag: „Lohengrin.“ Sonnabend Auf Allerhöchsten Befehl: „Der Seeräuber.“ Sonntag: „De Trompeter von Säkkingen.“
Das Lessing⸗Theater bringt am nächsten Mittwoch ein Wiederaufnahme von Victorien Sardou's Schauspiel „Thermidor“ in welchem Hr. Oscar Sauer die Rolle des Martial Hugon spiele wird. Die nächste Aufführung von P. K Rosegger's Volksschauspie „Am Tage des Gerichts“ findet am Freitag statt. Das Schauspie ⸗Gleiches Recht“ von Reinhold Ling wird morgen sowie am Dienstag und Donnerstag wiederholt.
Das Residenz⸗Theater eröffnet seine Saison Ende dieses Monats mit dem bewährten trefflichen Ensemble, das durch einig neue Kräfte verstärkt ist. Als neu verpflichtet treten hinzu die Dame Marie von Moser⸗Sperner, Agnes Drucker, Emmy Neumann, Gret Risa und lga Blume und die Hrrn. Carl Beese, Josef Jarno Alexis Schönlank, Hermann Werner und Richard Alexander.
Gounod's „Margarethe“ mit Emil Götze als Faust geht am Dienstag im Kroll'schen Theater in Scene, während Francesc d'Andrade am Mittwoch nochmals als „Don Juan“ auftreten wird Die Margarethe wird von Frl. Gadski, die Marthe von Fr. Hein gesungen; die Partie des Mephisto ist durch Hrn. Riechmann ver⸗ kreten. Eine Wiederholung der Gounod'schen Oper findet nicht statt 85 singt Hr. Götze nochmals den „Propheten“ (Fides: Ernestin
eink). 8 Die nächste Novität des Adolph Ernst⸗Theaters, eine vieraktige Gesangsposse von Leon Treptow, betitelt sich: „Der große Prophet“. Die Musik ist von dem neu verpflichteten Kapellmeiste Gustav Steffens komponirt, welcher das Werk selbst leiten wird; di Couplets sind von Gustav Görß verfaßt. .
Mannigfaltiges.
Nachdem sich die Kaiserliche Ober⸗Post⸗Direktion mit der Er weiterung der elektrischen Beleuchtungsanlagen in der Post straße, in der Straße „An der Stadtbahn“ und am Köllnische Fischmarkt einverstanden erklärt hat, ist Seitens der Berliner Elek trizitätswerke auch die Genehmigung der städtischen Bau⸗Deputation zu diesen Anlagen nachgesucht worden.
Aus den für das Etatsjahr 1891/92 der städtischen Baudeputation zur Verfügung gestellten 80 000 ℳ zur Errichtung von Straßen⸗ brunnen sollen an folgenden Stellen Brunnen errichtet werden In der Straße „An der Stadtbahn“, zwischen Kaiser Wilhelm⸗ un Rochstraße; vor den Grundstücken Bebrenstraße 21, Winterfeld⸗ straße 10, Potsdamerstraße 82 a, Kaiserin Augustastraße 70 und