1891 / 197 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

der Mangel an Lebensmitteln und an Heizmaterial sich immer mehr fühlbar machte, auch die Beschießung einzelner Forts der Südfront in äußerst wirksamer Weise erfolgt war. Den Schluß des meisterhaft geschriebenen Werkes bildet die Kapitulation von Paris, der durch die Operationen des Generals von Manteuffel veranlaßte Uebertritt der 80 000 Mann starken Bourbaki’'schen Armee auf Schweizer Gebiet, der Waffenstillstand, der Einzug in Paris, ein kurzer Rückblick auf den Aufstand der Kommune und der Rückmarsch der deutschen Truppen. Ueber die Leistungen und die Opfer der Deutschen äußert sich der Feldmarschall folgendermaßen: „Der mit Aufbietung gewaltiger Kräfte von beiden Seiten geführte Krieg war bei rastlos schnellem Verlauf in der kurzen Zeit von sieben Monaten beendet. Gleich in die ersten vier Wochen allen acht Schlachten, unter welchen das französische Kaiserthum zusammenbrach und die französische Armee aus dem Felde ver⸗ schwand. Neue massenhafte, aber geringwerthigere Heeresbil⸗ dungen glichen die anfängliche numerische Ueberzahl der Deutschen aus, und es mußten noch zwölf neue Schlachten geschlagen werden, um die entscheidende Belagerung der feindlichen Haupt⸗ stadt zu sichern. Zwanzig feste Plätze sind genommen worden, und kein Tag ist zu nennen, an welchem nicht größere oder kleinere Gefechte stattgefunden haben. Den Deutschen hat der Krieg große Opfer gekostet, sie verloren: 6247 Offiziere, 123453 Mann, 1 Fahne und 6 Geschütze. Der Gesammtverlust der Franzosen entzieht sich der Berechnung, aber allein an Ge⸗ angenen befanden sich in Deutschland 11 860 Offiziere, 371 981 Mann, in Paris 7456 Offiziere, 241 686 Mann, entwaffnet in der Schweiz 2192 Offiziere, 88 381 Mann, im Ganzen 21 508 Offiziere, 702 047 Mann. Erobert wurden 107 Fahnen und Adler, 1915 Feldgeschütze, 5526 Festungsgeschütze. Straß⸗ burg und Metz, in Zeiten der Schwäche dem Vaterlande ent⸗ fremdet, waren wieder zurückgewonnen und das „deutsche Kaiserthum war neu erstanden.“

Eine dem Werke beigegebene Uebersichtskarte ermöglicht es genau die Operationen zu verfolgen. Für das ein⸗ ehendere Studium der Schlachten und Gefechte wird die Benutzung der Karten des Generalstabswerkes über diesen Feldzug anheimgestellt.

Der Aufsatz „Ueber den angeblichen Kriegsrath in den Kriegen König Wilhelm's I.“ beseitigt ein für alle Mal in der bestimmtesten Weise die früher weit ver⸗

breitete Ansicht, daß den größeren Kriegshandlungen stets ein Kriegsrath vorangegangen sei. Zum Beweise dafür schildert der Feldmarschall die Ereignisse, die zu dem Beschluß, die Schlacht on Königgrätz zu schlagen, geführt haben. Prinz Friedrich Carl, der am 2. Juli 1866 den Befehl hatte, etwaige größere Streitkräfte des Feindes vorwärts der Elbe unverzüglich anzu⸗ reifen, ließ am Abend dieses Tages um elf Uhr dem General on Moltke, der sich schon zur Ruhe begeben hatte, durch den General von Voigts⸗Rhetz in Gitschin die Mittheilung machen, das ganze österreichische Heer an der Bistritz aufmarschirt ehe und er die Versammlung der ersten und Elb⸗Armee nahe em Feinde gegenüber in aller Frühe des folgenden Morgens ngeordnet habe. General von Moltke ging sofort zum König, er auch bereits ruhte und nach höchstens zehn Minuten dauernder Unterredung sich mit dem Vorschlage, am folgenden Tage mit Heranziehung aller drei Armeen die Schlacht zu schlagen, inverstanden erklärte. Auch während des deutsch⸗französischen Krieges von 1870/71 at nach der Versicherung des Feldmarschalls niemals ein Kriegsrath stattgefunden. Seinem Vortrag bei Seiner Majestät haben zwar der Chef des Militärkabinets, der Kriegs⸗ Minister und in Versailles, solange das Hauptquartier der III. Armee dort lag, auch der Kronprinz, alle jedoch nur als

Zuhörer beigewohnt. Graf Moltke sagt darüber wörtlich: „Der König forderte von ihnen zuweilen Auskunft über das Eine oder das Andere; aber ich erinnere mich nicht, daß er sie jemals um Rath gefragt hätte, die Operationen oder die von mir gemachten Vorschläge betreffend.“

Den weiteren Veröffentlichungen der Denkwürdigkeiten des Feldmarschalls Moltke, welche in „Briefen“ und „Ver⸗ mischten Schriften“ bestehen, wird man mit um so größerer Spannung entgegensehen, als der vorliegende Band ein glänzendes Zeugniß ist für die universelle Bildung, den feinen Takt, das lebhafte Interesse für alle Zeit und Menschen be⸗ wegenden Interessen und den köstlichen Humor, welche den großen Mann auszeichneten.

Revisionsentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts, Abtheilung für Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

x49) Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in einer Revisions⸗ entscheidung vom 4. Juli 1891 den Grundsatz aufgestellt, daß der Vorstand einer Versicherungsanstalt nicht berechtigt ist, gegen ein ihn nicht beschwerendes Urtheil des Schiedsgerichts zu Gunsten des Ver⸗ sicherten Revision einzulegen. In den Gründen heißt es: Es läßt sich vielleicht geltend machen, daß der Wortlaut des §. 79 des In⸗ validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes dem Vorstande der Ver⸗ sicherungsanstalt ohne Einschränkung das Recht der Revision gebe, und daß in der Stellung dieser Behörde kein Hinderniß liege, von diesem Recht auch zu Gunsten des Ver⸗ sicherten Gebrauch zu machen; denn es höre der Vorstand auch nach Anstrengung eines Prozesses nicht auf, ein öffentlichrechtliches Organ zur Wahrung der Rechte der Versicherten zu sein. Dem gegenüber ist aber hervorzuheben, daß, wenn man dem Anstaltsvorstande das Reocht zur Revisionseinlegung zu Gunsten des Versicherten, also seines Gegners im Streitverfahren, vergleiche §. 8 der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung vom 1. Dezember 1890 gewähren wollte, dies die Ein⸗ führung eines durchaus neuen, jedem sonstigen Prozeßverfahren fremden Rechtsmittels bedeuten würde. Schon bei Durch⸗ führung der Unfallversicherung ist darauf hingewiesen worden, daß für das dort in Betracht kommende, ebenfalls öffentlichrechtliche Gebiet die Zulassung der Rekurseinlegung zu Gunsten des Versicherten umsoweniger geboten erscheine, als die Be⸗ rufsgenossenschaft als Träger der Unfallversicherung trotz des Vor⸗ liegens eines schiedsgerichtlichen Urtheils nicht behindert sei, in der Sache selbst einen dem Rentenberechtigten günstigeren neuen Bescheid dann zu erlassen, wenn sie annimmt, daß thatsächlich Anlaß zur Ge⸗ währung einer höheren Rente vorliegt (zu vergleichen Bescheid 660, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 140). Zu dieser auch für den Bereich der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung zutreffenden Erwägung kommt aber hier noch der weitere Grund, daß gemäß §§. 63, 77, 79 des Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesetzes in dem Staatskommissar eine behördliche Stelle geschaffen ist, welcher das Recht zusteht, zu Gunsten des Versicherten, auch ohne dessen Zuthun, Rechtsmittel einzulegen. In dieser Hinsicht führen die Motive zum Gesetzentwurf (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 7. Legislaturperiode IV. Session 1888/89 4. Band Seite 82) aus, es sei Aufgabe des Staats⸗

22. Februar 1875 bekannt gemachten Ausführungsbestimmungen des Bundesraths zum Militärpensionsgesetz vom 27. Juni 1871 („Justiz⸗ Ministerialblatt“ Seite 175), wie auch unter Ziffer 5 der Anlage zur Ministerialanweisung vom 10. April 1883, betreffend die

Ministerialblatt“ Seite 139), die Beamteneigenschaft der dauernd beschäftigten Lohnschreiber im Sinne der vorbezeichneten Gesetze ausdrücklich anerkannt. Im Anschluß bieran bat endlich der preußische Justiz⸗Minister, unter besonderer Berücksichtigung der Frage der Versicherungspflicht nach dem Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ gesetz, durch Runderlaß vom 22. Dezember 1890 bestimmt, daß die bei den Justizbehörden beschäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreiber) als Justizbeamte jedenfalls dann anzusehen sind, wenn sie zur Be⸗ friedigung eines dauernden Bedürfnisses und mit der Aussicht auf dauernde Beschäftigung angenommen sind, daß dagegen diejenigen Lohnschreiber, welche nur vorübergehend und aushülfsweise bei den Justizbehörden beschäftigt werden, zu den Beamten im Sinne des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes nicht gerechnet werden sollen. Dieser Ministerialerlaß bildet nach den obigen Ausführungen die Grundlage für die Beurtheilung der Beamteneigenschaft des Klägers, und es kommt lediglich darauf an, zu welcher der beiden in dem Erlaß bezeichneten Arten von Lohn⸗ schreibern er nach den obwaltenden Verhältnissen thatsächlich gehört. Da diese Verhältnisse bisher nicht genügend aufgeklaͤrt sind, so hat das Reichs⸗Versicherungsamt die Sache, unter Aufhebung des auf der unrichtigen Anwendung bestehenden Rechts beruhenden schiedsgericht⸗ lichen Urtheils, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Schiedsgericht zurückverwiesen. 8

forderliche Lebensalter oder die Erwerbsunfähigkeit, anerkannt sind,

dasjenige in vollem Umfange gewährt wird, was sie auf Grund des Gesetzes zu fordern haben.“ So hätte auch im vorliegenden Falle die in der Revisionsschrift erörterte Rechtsfrage außer von dem Kläger selbst durch eine Revision des Staatskommissars zur Ent⸗ scheidung des Reichs⸗Versicherungsamts gebracht werden können; die von dem Vorstand der Versicherungsanstalt eingelegte Revision aber mußte als unzulässig zurückgewiesen werden.

50) In einem Fall, in welchem es sich um den Altersrenten⸗ anspruch eines bei einem Königlich preußischen Amtsgericht be⸗ schäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreibersz) handelte, hat das Reichs⸗Versicherunggamt in der Revisionsentscheidung vom 12. Juni 1891 über die Gesichtspunkte, welche für die Beurtheilung der Frage, ob eine Petson zu den im §. 4 Absatz 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes bezeichneten Reichs⸗ oder Staatsbeamten gehört, maßgebend sind, unter besonderer Erörterung der Verhältnisse der bei den preußischen Gerichtsbehörden beschäftigten Lohnschreiber Folgendes ausgeführt: Nach §. 4 Absatz 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes unterliegen Beamte des Reichs und der Bundesstaaten und die mit Pensionsberechtigung angestellten Beamten von Kommunalverbänden der Versicherungspflicht nicht. Der Wortlaut dieser Bestimmung ergiebt, daß bei Beamten der beiden erstgenannten Arten die Versicherungspflicht nicht von der Frage nach der Berechtigung zum Pensionsbezuge abhängig ist, daß diese Beamten vielmehr in allen Fällen, gleichviel ob pensions⸗ berechtigt oder nicht, von der Versicherung ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber ist hierbei, wie die Motive (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 7. Legislaturperiode IV. Session 1888/89 4. Band Seite 67) erkennen lassen, von der Erwägung ausgegangen, daß das Reich und die Bundesstaaten in der Regel auch bei ihren nicht pensionsberechtigten Beamten die Fürsorge für den Fall des Alters und der Invalidität zu übernehmen pflegen. Hängt hiernach die Entscheidung im vorliegenden Falle von der Beantwortung der Frage ab, ob der bei einem Königlich preußischen Amtsgericht beschäftigte Kläger preußischer Staatsbeamter ist, so erscheint es ferner unbedenklich, daß für die Beurtheiluug der Beamtenqualität einer Person das öffentliche Recht desjenigen Staats maßgebend ist, in dessen Diensten sie steht, und daß ferner in den Staaten, in welchen es an allgemeinen, für sämmtliche Ressorts gleichmäßig geltenden festen Merkmalen fehlt, die dienstvragmatischen Vorschriften, das heißt die von den zuständigen Stellen für die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung ausdrücklich Peeet. Normen, von entscheidender Bedeutung sind. Denn zum Begriffe des Beamten gehört unstreitig seine „Anstellung“ auf Grund öffentlichen Rechts, und es muß daher, soweit nicht besondere Gesetze, namentlich die Verfassungen, Platz greifen, dem Staate und seinen Centralorganen die freie Bestimmung darüber vorbehalten bleiben, ob die zur Verrichtung gewisser Dienste zu berufenden Personen auf Grund einer folchen öffentlichrechtlichen Anstellung oder nur in Kraft eines privatrechtlichen Vertragsverhältnisses anzunehmen sind und ob die in Dienst getretenen Personen sei es nach bestimmten Klassen, sei es im Falle des Zutreffens gewisser allgemeiner Momente die Eigenschaft von Staatsbeamten haben sollen oder nicht. Nach diesen Regeln der Dienstpragmatik haben sich nicht nur die den ein⸗ zelnen Ressort. Chefs unterstellten Behörden zu richten; sie sind auch, als dem öffentlichen Recht angehörig, für die mit der Entscheidung von Verwaltungsstreitigkeiten betrauten Gerichtshöfe derart bindend, daß insbesondere auch die Frage, ob eine von der Staatsbehörde be⸗ schäftigte Person von der Versicherungspflicht gemäß § 4 Absatz 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes und damit von der Er⸗ langung einer Altersrente ausgeschlossen ist, von dem Inhalt der einschla⸗ genden dienstpragmatischen Bestimmungen abhängt. Was den vor⸗ liegenden Fall anlangt, so kommen, da es an diesbezüglichen generellen Normen in der preußischen Staatsverwaltung fehlt, die besonderen Vorschriften in Betracht, welche von dem Königlich preußischen Justiz⸗ Minister über die Beamteneigenschaft der bei den Justizbehörden beschäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreiber) erlassen sind. Solche finden sich zunächst in dem Kanzlei⸗Reglement vom 23. März 1885 (ZJustiz⸗Ministerialblatt“ Seite 120) vor: danach werden die für ein dauerndes Bedürfniß angenommenen Kanzleigehülfen nach den für Staatsbeamte bestehenden Vor⸗ schriften vereidigt (§. 3); es kann ihnen nach längerer Dienst⸗ zeit ein Mindesteinkommen bewilligt werden (§. 7), welches sie auch während einer Krankheit fortheziehen (§. 12) und welches im Falle ihres Todes den Hinterbliebenen für ein Gnadenquartal gewährt wird (§. 13). Ferner ist sowohl nach Nr. VI 2 der unter dem

Ausführung des Reliktengesetzes vom 20. Mai 1882 (,.Justiz⸗

nach §. 96 des Unfallversicherungsgesetzes für vorsätzliche bezw. fahr⸗ lässige Herbeiführung eines Unfalls der Genossenschaft oder der Krankenkasse für alle Aufwendungen haftet, ist, nach einem Ur⸗ theil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats vom 4. Juni 1891, nur ein solcher Betriebsbeamter zu verstehen, welcher vom Betriebsunternehmer angestellt ist und bestimmte Pflichten in dessen Betriebe zu erfüllen hat. Ein von dritter Seite, insbesondere von dem Bauherrn mit Zustimmung des Bau⸗ unternehmers aufgestellter Aufsichtsbeamter (der selbstverständlich nicht unter die Kategorien des §. 9 des Unf.⸗Vers.⸗Ges. fallen darf) ist als Betriebzsbeamter im Sinne des §. 96 nicht anzusehen.

von der Staatsregierung nicht bestätigter Nachtwächter ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 5. Juni 1891, kein Beamter im Sinne des Strafgesetzbuchs.

Entscheidungen des Reichsgerichts. Unter dem „Betriebs⸗ und Arbeitsaufseher“, welcher

Ein in Preußen von einer Gemeindebehörde angestellter, aber

Statistik und Volkswirthschaft.

Statistisches Jahrbuch. Der soeben erschienene 12. Jahrgang (1891) des vom Kaiserlichen

kommissars, auch darüber zu wachen, „daß den Berechtigten, sobald die thatsächlichen Voraussetzungen ihres Anspruchs nämlich das er⸗

Statiftischen Amt herausgegebenen Statistischen Jahrbuchs für das Deutsche Reich (. Seiten nebst 3 graphischen Dar⸗

reizungen der herr die Arbeiter der ganzen Welt, allen Kriegsbestrebungen und Bündnissen entgegenzuwirken und durch eine Weiterentwicke⸗ lung der internationalen Organisation des Proletariats den Sieg des Sozialismus zu beschleunigen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen von sämmtlichen Theilnehmern an dem Kongreß mit Ausnahme der holländischen.

stellungen, Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht in Berlin, 2 ℳ) enthält in 17 Hauptabschnitten Nachweisungen über

wesen und Preise, bringt die Ergebnisse der Berechnung es Verbrauchs einer größeren Anzahl von Waaren, theilt die Resultate der Reichstags⸗ wahlen mit und giebt Nachrichten über das Jastiz⸗ Medizinal⸗, Kriegs⸗ und Finanzwesen, über die Kranken⸗ und Unfallversicherung der Arbeiter sowie über die öffentliche Armenpflege. Diese gedraͤngten Uebersichten bilden zum größten Theil Auszüge aus den vom Statistischen „Amt herausgegebenen Quellenwerken „Statistik des Deutschen Reichs“ und „Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“, stammen aber theilweise, wie namentlich in den Abschnitten über den Post⸗ und Telegraphenbetrieb, über die Eisenbahnen, über das Geld⸗ und Kreditwesen. über Medizinal⸗, Kriegs⸗ und Finanzwesen, aus anderen amtlichen Quellen. Ueber die Herkunft ist bei jeder Nachweisung unter der Ueberschrift ein genauer Vermerk gegeben, womit zugleich der Ort bezeichnet wird, an welchem die zur weiteren Erforschung des Gegenstand

lichen spezielleren Daten zu finden sind.

Zur Arbeiterbewegung.

In der vorgestrigen Nachmittagssitzung trat der inter⸗ nationale Arbeiterkongreß in Brüssel in die Ver⸗ handlung über die Strike⸗ und Boykottfrage ein. Es wurde eine Resolution von den deutschen Delegirten ein⸗ gebracht, die gestern angenommen wurde und nach der Ber⸗ liner „Volksztg.“ im Wesentlichen folgenden Wortlaut hat:

Unter den heutigen ökonomischen Verhältnissen sind Strikes und Boykotts eine unumgängliche Waffe für die Arbeiterklasse, einmal, um die auf ihre materielle oder politische Schädigung gerichteten Be⸗ strebungen ihrer Gegner zurückzuweisen, dann aber auch, Bum ihre soziale und politische Lage nach Msboglichkeit innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zu verbessern. Da aber Strikes und Bopykotts zweischneidige Waffen sind, die, am unrechten Orte oder zur unrechten Zeit angebracht, die Interessen der Arbeiterklasse mehr schädigen als fördern können, empfiehlt der Kongreß den Arbeitern sorgfältige Erwägung der Um⸗ stände, unter welchen sie von diesen Waffen Gebrauch machen wollen. Insbesondere betrachtet es der Kongreß als zwingende Nothwendig⸗ keit, daß die Arbeiterklasse zur Führung solcher Kämpfe sich gewerk⸗ schaftlich organisire, um sowohl durch die Wucht der Zahl, wie auch der materiellen Mittel die beabsichtigten Zwecke erreichen zu können. Von diesen Auffassungen ausgehend, empfiehlt der Kongreß allen Arbeitern kräftige Unterstützung der gewerkschaftlichen Organisation, zugleich erhebt er Protest gegen alle Versuche der Regierungen und der Unternehmerklasse, das Recht der Vereinigung der Arbeiter irgendwie zu beschränken. Zur Sicherung des Koalitions⸗ rechts verlangt der Kongreß: Beseitigung aller Gesetze, welche ge⸗ eignet sind, dem Koalitionsrecht irgend welche Schranken zu ziehen, desgleichen Bestrafung aller Derjenigen, welche die Arbeiter in der Ausübung dieses Rechts verhindern. Der Kongreß macht es allen Arbeitern zur Pflicht, in diesem Sinn kräftig zu wirken. Da eine gesetzliche inter⸗ nationale Verbindung der Organisationen der verschiedenen Länder unter den heutigen Gesetzen nicht möglich ist, so empfiehlt der Kongreß den Orga⸗ nisationen der einzelnen Länder, ihr Solidaritätsgefühl im Bedarfsfalle durch gegenseitige materielle und moralische Unterstützung zu beweisen. Die Form muß den einzelnen Ländern überlassen werden. So wünschens⸗ werth eine internationale Organisation auch sein mag, so stehen ihr doch Hindernisse entgegen. Der Kongreß empfiehlt daher überall, wo es möglich ist, die Errichtung eines internationalen Sekretariats, welches bei Konflikten zwischen Arbeitern und Unter⸗ nehmern Behufs gegenseitiger Verständigung einzugreifen hat. 1

In der gestrigen Sitzung sprach der deutsche Delegirte Liebknecht über die Stellung und Pflichten der Arbeiterklassen zum Militarismus. Er bemerkte u. A. nach der Wiedergabe eines Berichterstatters Folgendes:

. ... Es ist allerdings der Vorschlag gemacht worden: bei Aus⸗ bruch eines Krieges eine Grsve zu veranstalten, d. h. die Soldaten zu veranlassen, sich zuzweigern, gegen den Feind zu marschiren; anderer⸗ seits wurde der Vorschlag gemacht: die Soldaten zu veranlassen, sich bei Beginn jeder Schlacht sofort dem Feinde zu ergeben und sich gefangen nehmen zu lassen, doch es ist sofort eingewendet worden, daß diese Vorschläge unausführbar und deshalb ab⸗ zulehnen seien. Es ist alsdann weiter der Vorschlag gemacht worden: neben dem 1. Mai noch einen Feiertag festzusetzen, an dem eine Demonstration für die Völkerverbrüderung stattzufinden hätte. Es wurde jedoch erklärt, daß in Deutschland am 1. Mai keine Versammlung statt⸗ gefunden habe, in der nicht neben der Demonstration für den Achtstunden⸗ tag eine Demonstration für die Völkerverbrüderung stattgefunden habe. Eine übereinstimmende Erklärung wurde auch von den fran⸗ zösischen und den Delegirten aller andern Länder abgegeben. Aus diesem Grunde wurde auch dieser Vorschlag abgelehnt. Daß der Militarismus eine soziale Frage sei, beweise der Umstand, daß die

liberale Bourgeoisie, die früher den Militarismus heftig bekämpft

habe, jetzt für denselben eintrete. Die⸗Bourgeoisie wisse, daß das viele Militär nicht dazu da sei, um gegen den äußeren Feind

sondern gegen die Sozialdemokraten zu marschiren. Das Proletariat

der ganzen Welt sei einig und kenne keinen äͤußeren Feind. Das⸗ selbe sei in allen Ländern der Fall. Es sei nothwendig, schon heute gegen den Krieg zu protestiren. Vaillant (Paris) äußerte sich ganz im Sinne Liebknecht's.

Wie ein Wolff'sches Telegramm berichtet, wurde von der

Kommission eine Resolution beantragt, in welcher es heißt, der Kongreß betrachte es als die Pflicht und das Interesse aller Derjenigen, welche dem Kriege entgegenwirken wollen, in die sozialistische Partei einzutreten, welche einzig und allein eine Partei des Friedens sei. An⸗ gesichts der 8 Lage Europas und der Auf⸗

chenden Klassen appellire der Kongreß an

In Herford tagte, wie der „Vorwärts“ berichtet, am 16. August

eine sozialdemokratische Konferenz zur Besprechung der länd⸗ lichen Agitation, welche aus verschiedenen Orten der Wahlkreise Bielefeld⸗Wiedenbrück, Herford⸗Halle, Minden⸗Lübbecke, Lippe⸗Letmold und Schaumburg⸗Lippe von im Ganzen 36 Delegirten besucht war; diesen hatten sich aus Herford und Bielefeld noch andere „Ge⸗ nossen“ angeschlossen, sodaß an den Berathungen über 100 Per⸗ sonen theilnahmen. Die Nothwendigkeit einer svstematisch betriebenen Agitation unter der ländlichen Arbeiterbevölkerung wurde anerkannt und als zweckmäßigstes Mittel die Verbreitung von Flug⸗ blättern bezeichnet. Man beschloß, daß die Parteigenossen in jedem Wahlkreis für sich den örtlichen Verhältnissen entsprechend die Agitation betreiben sollen und in jedem Ort, wo die Partei eine geschlossene Anhängerschaft besitzt, der Vertrauensmann sich der Auf⸗ gabe zu unterziehen hat, die geschäftliche Seite der ländlichen Agita⸗ tion zu regeln.

In Plauen i. V. haben nach demselben Blatte die Stein⸗

metzgehülfen der Firma Beyers Wittwe u. Co. wegen rück⸗ ständigen Lohnes die Arbeit niedergeleat.

Im Zusammenhang mit der Berliner Arbeiterinnen⸗

bewegung ist, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, in den führenden Kreisen angeregt worden, auch die weiblichen Dienstboten zu „organisiren“. Es wird beabsichtigt, Versammlungen zum Zweck dieser Organisation des Sonntags Nachmittags abzuhalten.

Der Ausstand im Isergebirge (vergl. die gestrige Nr. 196

d. Bl) ist der Berliner „Volksztg.“ zufolge vorläufigz beigelegt. Die Glasarbeiter verlangen binnen vierzehn Tagen endgültige Rege⸗

8 ben übrer Lobaverbärtiff e 88

. veitsei rfo 8 Landwirthschaft und Gewerbe, Handel und Verkehr, über Geld und Kredit⸗ Arbeitseinstellung e 4 ausständige Erdarbeiter gestern im Bo

beiter, nacgen g verleßten mehrere derselben schwer. Die Polizei

mußte einen harten Kamp gelang,

genommen

Iu. 1

1 *

widrigenfalls aufs Neue die allgemeine

aris meldet, griffen is de Bonlogne Ar⸗ lche sich nicht an dem Ausstand betheiligten, mit Steinen

Wie ein Wolff'sches Telegramm aus

mit den Ausständigen bestehen, ehe es sie zu zerstreuen. Zahlreiche Verhaftungen wurden vor⸗

Kunft und Wissenschaft.

Internationale Kunstausstellung in Berlin. VIII. 1 h“ 8 mes gälte, den Eindruck schmetternden Fanfaren⸗ dNenn 88 Ephäre des Gehörs in diejenige des Gesichts⸗ sinnes zu übertragen man müßte einen der heutigen

italieni aler mit dieser Aufgabe betrauen. Blendender 8 ie begrüßt uns gleich einer prächtigen Girandola

Srritalienischen Ausstellungssaale. Es scheint, als befänden sich in offener Opposition zu der leider sonst sich überall verbreiteten Auffassung, als sei in der modernen Farbenwelt nur Platz für trübselig graue oder im besten Falle gleichgültig unbestimmte Tonwerthe. Die Thatsache, daß die hesperische Sonne reiches und kräftiges Farbenleben weckt, läßt allein schon das jetzt von den nordischen Künstlern zu⸗ meist stolz verschmähte Italien noch immer als eine Stätte künstlerischer Verjüngung und Kräftigung erscheinen. Die Jüngsten unter den Modernen, welche die sentimentale Italien⸗ schwärmerei älterer Geschlechter für abgethan erklären und ausschließlich ihre Blicke nach der Dunstsphäre von Paris wenden, müssen sich die beschämende Lehre gefallen lassen, daß die Kunstgenossen jenseits der Alpen dem noch nicht gegen jeden kräftigen Farbenreiz abgestumpften Auge weit mehr zu bieten haben, als sie. Darum ist ihre Kunst keineswegs in der technischen Vervollkommnung zurückgeblieben; aber das füdländische Temperament hat sich mit den neuen Problemen anders abgefunden, als nordische Blasirtheit und Tüftelei. Daß hier und da diese Auffassung für den be⸗ dächtigen Deutschen etwas spielerisch und grell erscheint, darf nicht Wunder nehmen, aber da sie sich fast durchweg auf die Darstellung der italienischen Natur und des einheimischen Volkslebens beschränkt, bleibt sie durchaus immer in den Grenzen ihrer Berechtigung. Von der faden Süßlichkeit, mit der man früher die Typen des südlichen Volkslebens zu parfümiren liebte, hat sich die italienische Kunst in den letzten Jahrzehnten glücklich emanzipirt. Das lehrt ein Vergleich der noch in der alten Eleganzsteckengebliebenen beiden Bilder von Francesco Vinea, historisches Genre ohne rechte Kraft und Saft, sowie der „Grasmücke“ Pennacchini's mit den Schöpfungen eines Micchetti, Segantini u. A. Freilich ganz ist die Liebhaberei für das Zierlich⸗Empfindsame noch nicht geschwun⸗ den. Das beweisen außer den schon genannten Arbeiten Vinea's und Pennacchini's auch die „Wäscherinnen am Garda⸗ see“ von Ettore Tito, die gleichwohl dem modernen Empfin⸗ den weit mehr Konzessionen machen, als seine „Venezianerin“, die in einem der engen Gäßchen ihrer Vaterstadt Einlaß in ein Haus begehrt (2377a), sowie das technisch sehr gewandte Aquarell Augusto Corelli's, der ein jugendliches musika⸗ lisches Genie, umringt von seinen bäuerischen Genossen, sich

vor einem nachdenklich dreinblickenden Kenner produziren läßt, sowie die Aquarelle von Simoni und Bompiani, die in einem Nebensaal ihre Aufstellung gefunden haben. Auch die wenigen

Historienbilder, wie die trotz aller Sorgfalt oberflächliche Madonna

Barabbino's, die ehrenwerthen aber durchaus langweiligen

Arbeiten von Guglielmo de Sanctis und Jacovacci in Rom, die grell theatralische und doch innerlich leblose Dar⸗ stellung des gewaltsamen Todes der Virginia von Camillo Miola, und die in Ansehung des Stofflichen virtuos gemalte Ausstellung der Leiche Maria Spinelli's von Eroli verleihen der Physiognomie des italienischen Saales keine sonderlich her⸗ vorstechenden und sich lebhaft einprägenden Züge. Wir müssen die Schilderer der Landschaft und des Landlebens aufsuchen, um über das Können der modernen italienischen Maler uns ein richtiges Urtheil zu bilden. Am Selbständigsten erscheint

hier der Mailänder Giovanni Segantini, dessen ausgestellte elf Bilder zugleich einen ausreichenden Ueberblick über den Umfang seiner Fähigkeiten gewähren. Sein Farbensinn hat sich in dem reinen und kalten Licht der Hochalpen gebildet, deren Landleben er mit Vorliebe schildert. Eine breite Pinsel⸗ führung, belebt durch kleine in die Hauptmassen hineingesetzte Lichter und Farbenstrichelchen, Vorwiegen blaugrauer Töne und ein ungewöhnlich sicheres Formgefühl zeichnen seine Bilder aus. Wir fühlen in dem großen Bilde aus dem Engadin, das in vielen Stücken an ein auf der internationalen Aus⸗ stellung zu Paris 1889 ausgestelltes Bild erinnert, die schnei⸗ dend kalte Luft der von Schneebergen umsäumten Hoch⸗ gebirgsthäler aus diesen Farbentönen von unerbittlicher Schärfe und Härte heraus; der Künstler verschmäht jede Vermittelung, wie auch in den Typen der Menschen und Thiere, welche er in diese Umgebung gestellt hat. Die in dieser Beherrschung des ungewöhnlichen Farben⸗ problems sich aussprechende Sicherheit empfinden wir auch in den übrigen Schilderungen schweizerischen Landlebens, wie in der „Rückkehr in den Schafstall“, die nur durch das Ueber⸗ wiegen graublauer Töne etwas einbüßt, in der „braunen Kuh⸗, „Winter im Engadin“ und dem „Mädchen an der Quelle“, einer sehr keck gemalten Studie. Wo sich der Künstler da⸗ gegen von der Wiedergabe der Natur abwendet und sich ins Mystische verliert, sind seine Leistungen weit weniger er⸗ freulich. Das ganz licht gehaltene „Ave Maria“, die Madonna mit dem Christuskinde in einer Frühlingslandschaft, auf einem Baumstamm ausruhend, zeigt sehr störende Härten in der Karnation und eine keineswegs tiefe Auffassung; in dem „Nirwana“ genannten Bilde stellt er ein Hochalpenthal dar, hinter dessen Schneebergen die Sonne versunken ist, während sich die aufsteigenden Wölkchen des Abendnebels, noch theilweise von den letzten Strahlen des Tagesgestirns beschienen, zu Jung⸗ frauengestalten in langwallenden Gewändern verdichten, die in seliger Ruhe dahinschweben. Bei dieser an sich sinnig er⸗ dachten Aufgabe versagen dem Maler derb realistischer Motive durchaus die Kräfte, und die Allegorie verflüchtigt sich gleich jenen Nebelwölkchen vor dem Blick des Beschauers, ohne einen tieferen Eindruck zu hinterlassen. Paolo Michetti kennt die Grenzen seiner Kraft weit besser und bewegt sich innerhalb derselben mit einer Sicherheit und Frische, die ihm allseitige Bewunderung einträgt. Die Freuden der heimath⸗ lichen Bevölkerung am Abhang der Abruzzen, jenes schönen, leichtsinnigen und abergläubischen Volksstammes, der die besten

r die italienische Reiterei liefert, und doch nur

888

ungern seine Freiheit dem Kriegsdienste opfert, sind es, die Michetti mit unerschöpflicher Lustigkeit und einem verblüffen⸗ den Farbenreichthum zu schildern unternimmt. Auch Michetti hlich von dem Han durch zierliche Feinmalerei gewissermaßen mach Die drei kleinen Bildchen, welche die Königliche Gemäldegalerie zu Monza für die diesjährige Ausstellung her⸗ gegeben hat, „Hirtin mit Truthühnern“, „Hirtenmädchen mit Schafen“, „Bauern und Bäuerinnen in den Abruzzen“, be⸗ Die Gesichter scheinen in die keck, aber in zarten Tönen gemalte Umgebung wie Emailplättchen eingesetzt. Sozierlich vertrieben ist die Pinselführung, so glatt und gläsern die Modelli⸗ rung. Aber schon die 1878 gemalte „Serenade“ bezeichnet einen bemerkenswerthen Fortschritt zu freierer Farben⸗ und Formen⸗ gebung. Auf einer unmittelbar über der Stadt gelegenen An⸗ höhe, wo sich der Blick auf das weite tiefblaue Adriatische Meer öffnet, hat sich am Spätnachmittag eine Schaar von Burschen und Dirnen zusammengefunden, die den zur Mandoline er⸗ klingenden Gesang mit lebhaften charakteristischen Geberden Ein schlichtes Alltagsbild, und doch von so er⸗ frischender Leuchtkraft der Farben, die in kecksten Kombinationen zusammengestellt sind, daß man die frohe Stimmung wie die eines Festtages, zu dem Natur und Menschen sich besonders Der originelle, einen Eisenbeschlag zum Ueberfluß in die klare

e, diese Volkstypen alonfähig zu machen,

jsich erst allmä

frei gemacht.

weisen das.

geschmückt, mitempfindet. imitirende Rahmen Noten der übermüthigen . südliche Luft hinausklingt. Die Fronleichnamsprozession in einer kleinen Landstadt de n Francavilla a Mare, dem Wohnsitze des Künstlers selbst schildert uns das daneben hängende Bild Michetti's: Aus dem Portal der Kirche wird das Sakrament unter prächtigem Baldachin herausgetragen, ihm voraus schreitet eine Schaar nackter, nur mit Goldketten und anderm Flitter behangener Bambini die breite Freitreppe herab, auf der links die wenig disziplinirte Musikbande, rechts die Schaar der Weiber er⸗ wartungsvoll dem Umzuge des Allerheiligsten entgegensieht, während ein Feuerwerker eine Rakete zur Feier des böchsten Festes abbrennt. Das Alles ist in ein schwirrendes Farben⸗ geglitzer aufgelöst, welches den Festjubel doch zu verwirren oder

verzeichnet Canzonetta,

der Abruzzen

direkt in Far⸗ die Klar⸗

ben umsetzt 6 beeinträchtigen.

Komposition

gezeichnete Bild erworben und damit seinen Sammlungen ein überaus charakteristisches Bild italienischen Lebens zugleich mit einer hervorragenden Leistung italienischer Kunst einverleibt. Zarter in der Stimmung und noch feiner empfunden ist der „Kirchgang“ Michetti's: ein junges Paar, das von neugieriger Begleitung bestaunt, bei seinem ersten Kirchgang am Portal des Gotteshauses von dem Küster und einer Musikbande empfangen wird, deren Clarinettist Mühe hat, den vorlaut dem Zuge vorauseilenden Hund durch sein Blasen vom Eintritt Die feinsinnige Abwägung der Tonwerthe in diesem Bilde ist nicht weniger bewundernswerth, als die scharfe Beobachtung und Wiedergabe der dargestellten Hoffentlich begegnen wir diesem Künstler aus den Abruzzen noch recht oft in unseren deutschen Ausstellungen, wo ihm eine freundliche Aufnahme Seitens des Publikums nach der diesmal abgegebenen Empfehlungskarte sicher ist. Ein phantastischer, die Erinnerung an Böcklin wachrufender ug zeichnet die Eberjagd eines Kentauren, der über ein kes Gräberfeld dahinstürmt, von Marius de Maria Die vom letzten Sonnenstrahl beschienenen Cypressen des Friedhofes geben einen wirkungsvollen Hintergrund für den abenteuerlichen Vorgang ab. In dem von dem Katalog etwas räthselhaft benannten Bilde „Alte Sachen von der Sonne erneut“, das der Künstler selbst als „Frati che burlano“ i. „Scherzende Mönche“ bezeichnet, kommt der Humor ein Bettelmönch trollt mit seiner den Abhang eines trefflich charak⸗

in die Kirche abzuhalten.

Charaktere. originellen

Naria’s zu seinem Rechte: seinen Brüdern verspottet Franziskanerklosters herab. Physiognomien der · fällt besonders die Meisterschaft ins Auge, mit der die breiten Massen der Klosterarchitektur wiedergegeben sind. Mit derberen Mitteln, arbeitet Angelo dall: „Frühling“ genannter Marktplatz in Verona, von liebens⸗ würdigen Marktgängerinnen belebt, bei dem großen Publikum reichen Beifall findet, während er bei öfterer Betrachtung eine gewisse Oberflächlichkeit offenbart, von der auch die ihm ver⸗ wandten Schöpfungen Favretto's nicht ganz frei sind. Dem Marktbilde des Letzteren schadet insbesondere die Nachbar⸗ schaft von Michetti's oben gewürdigtem Kirchgang. Gebiet der

Neben den

teristischen wohlgenährten

ohne Geschmack,

Oca Bianca, dessen großer

i- schmutzi eöne in ihrer vollen Wirkung beeinträchtigten ö h Seemaler h der 1 Galerie zu Rom gehörigen Mavrine glücklicher er⸗ Peahans 8* 1ecg „Maisernte zu Chioggia⸗ sicht über die lombardische Ebene“, und die in vollem Sonnenlicht gemalte „Rückkehr der Reser⸗ visten von Lojacono, welche von ihren bei der Angehörigen empfangen werden, italienischen Landschaften mit Ausnah r Segantini's leidet an einer gewissen Aengst! führung, für welche d Ersatz bietet. Veduten Ciar

eigentlichen Landschaft

Bilder Carcano’'s,

scheint, als in seiner schm und der eintönigen „Fern

Ernte beschäftigten Die Mehrzahl der me der schon geschilderten ichkeit in der Aus⸗ ie zarte Stimmung nicht immer vollen namentlich von den venezianischen di's und den neapolitanischen Carlo Bran⸗ caccio's, der vor nicht langer Zeit in einer Sonderausstell bei Gurlitt ein besseres Bild seiner Fähigkeiten entrollte, als die drei Proben auf unserer Ausstellung zu geben ve Bezzi's „Sonnenuntergang an den Ufern einer süßlichen Sentimentalität ebenfalls nicht Naturstimmung geben einem Vergleich Abtheilung aus⸗ der impressionistisch zarte „Walwreiher wogegen sich

ern der Etsch“ auch Petiti’'s

Delleani irn zu kräftigerer Haltung auf⸗ ontinischen Sümpfe im Um den Leistungen Frfer escs Ferfche zu

kandschaftsstudien in 3 1“ gefühl für Farben⸗ Aquarell aus⸗ andschaften von Cipriani heran⸗

alienische Malerei ein Bild dar, rnen italienischen chen weichlicher

von Calderini 9 seinen „hundertjährigen Schatten“; chille Vertunni die

rafft und A unn 1 chen Landschaftsstil auffaßt.

ohen historis 3 88 italienischen Künstler auf muß man auch die za farben von Sartorio, wirkungen verrathen, und geführten etwas derberen L

die ein großes die ebenfa

So bietet uns denn die it das sich in mehr als einer Beziehung der mode

elassenheit; Fehlen eines wirklich großen, durchgebildeten Erac whüßt; wir hier wie dort, und doch ist die italienische Kunst auf beiden Gebieten eines Erfolges sicher durch die Liebenswürdigkeit des füdländischen Temperaments, das die Klippen der Flachheit und Brutalität mit sicherem Takt zu vermeiden versteht.

Haäandel und Gewerbe.

6“ 11 Fondsbörse, Geld⸗ und Kapitalsmarkt. 3 Seit einer langen Reihe von Monaten hatten die Börsen,

und zwar nicht nur die deutschen, unter einer nur zeitweise unterbrochenen rückläufigen Tendenz gestanden, als durch das

Roggen⸗Ausfuhrverbot der russischen Regierung ein erneuter

Beweggrund für die Spekulation à la baisse gegeben wurde.

Man darf das langdauernde vorherige Sinken des all⸗ emeinen Coursniveaus nicht durch eine einzelne That⸗ ache begründen wollen; die allgemeine Werthverminderung stellt sich vielmehr dar als das Resultat aller wirth⸗ schaftlichen Vorgänge der letzten Jahre, sie bildet die Reaktion gegen die stürmische Aufwärtsbewegung auf allen Gebieten des Handels und der Industrie, gegen die Ueberspekulation in Effekten und die Ueberanspannung des Kredits am Ende der achtziger Jahre, und sie wurde genährt von all den historisch auf einander folgenden einzelnen Katastrophen und Kalamitäten, welche bald die Finan⸗ zen eines ganzen Landes, bald den Bestand von Welthandelshäusern in Frage stellten. Nach dieser Auffassung konnte die langdauernde Baisseperiode als eine normale Er⸗ scheinung betrachtet werden; denn in der wirthschaftlichen Ent⸗ wicklung kann eine Wellenbewegung zu allen Zeiten beobachtet werden, kleine Schwankungen in kleinen, große Bewegungen in langen Zeiträumen; es bedurfte nur der Entscheidung der Frage, wann der tiefste Punkt des wirthschaftlichen Rückganges erreicht sein würde, um zugleich den Zeitpunkt zu erkennen, von dem an alle Gebiete des Handels und der Industrie sich aus jungen Trieben neu beleben würden. Noch in der letzten Zeit erfuhr der Gesundungsprozeß durch mancherlei kleine Vorkomm⸗ nisse auf dem engeren Handelsgebiet, durch Insolvenzen, Beamten⸗ untreue und ähnliche Einzelheiten unwillkommene Unter⸗ brechungen; aber schärfer wirkt auf die gesammte wirthschaft⸗ liche Lage die Ungunst der Witterung, die die Ernten weiter Gebiete beeinträchtigt und die nächste Veranlassung zu der er⸗ wähnten Maßnahme der russischen Regierung war. Es ist natürlich, daß das Roggen⸗, Roggenmehl⸗ und Kleie⸗Ausfuhr⸗ verbot sehr bedeutende Wirkungen auf den gesammten Handel Deutschlands haben wird und namentlich in seinen Folgen für den Geld⸗ und Kapitalsmarkt vorläufig noch garnicht zu übder⸗ sehen ist. 8 Soweit die Börse was bei normaler Entwickelung eine ihrer Aufgaben ist als ein Gradmesser des gleich⸗ zeitigen wirthschaftlichen Gesammtzustandes des staatlichen Gemeinwesens auch gegenwärtig gelten kann, hat sie den Druck, der auf Handel und Gewerbe lastet, sehr scharf zum Ausdruck gebracht. Denn abgesehen von den aus inneren Gründen berechtigten Preisrückgängen solcher Papiere, welche industrielle Unternehmungen zur Grundlage haben, zeigte sich auch in der Bewerthung aller Bankpapiere und der eigentlichen Anlagewerthe bis zu den vornehmsten und in ihrer Rente unanzweifelbaren ein ernster Coursdruck. Die Preisentwickelung der wenigen folgenden Werthpapiere genügt ö der großen Bewegung. an notirte an der Berliner Börse: 8 Aktien Ende 1889 Ende 1890 31. Juli 1891 der Laurahütte . . 173 25 139,00 115,75 des Hibernia⸗Bergw. 244,50 193,75 159,10 der Darmstädter Bank 155 40 131,10 .Disconto⸗ 1“ 213,40 170,30

ZEA““ Aktien

der Ostpreußischen

Südbahn ... der Lübeck⸗Büchener Se

114*“ 6 148,75 4 % Reichs⸗Anleihe 1 105,30 106,00 3 ½ % Preuß. Consols 98,10 98,60 3 % Preuß. Consols 87,00 88 84,90

Das russische Roggenausfuhrverbot setzte die Spekulation in

eine aufgeregte Thätigkeit; großen Steigerungen des Getreide⸗ preises an der Produktenbörse entsprachen starke Blanco⸗Abgaben der Contremine an der Fondsbörse. Naturgemäß wurden von dieser ebenso heftigen wie plötzlichen Bewegung in erster Linie die Eisenbahnwerthe betroffen, denen der Getreide⸗ Export aus Rußland obliegt; demnächst aber konnte ein Einfluß auf die russische Valuta und damit zugleich auf alle russischen Werthpapiere nicht ausbleiben, endlich mußte aber auch der Werth der Bankpapiere in Mitleidenschaft gezogen werden, da jene Maßregel in ihren Folgen den gesammten Geldverkehr in seinen gewohnten Bahnen zu stören und zu hemmen droht. Erfahrungsgemäß schießt die Spekulation bei solchen un⸗ vorhergesehenen, das wirthschaftliche Leben stark nach einer be⸗ stimmten Richtung hin beeinflussenden Nachrichten und Ereig⸗ nissen in ihren Unternehmungen zunächst über das Ziel hinaus, weil die Zeit zur fehlt und weil Jeder aus der neu geschaffenen Lage so schnell und so viel als möglich Nutzen ziehen will. Es pflegt dann aber sehr bald auch die Korrektur des Uebereifers einzutreten. Auch das Roggen⸗ ausfuhrverbot wurde in seiner Tragweite zunächst offenbar überschätzt; man brachte nicht die bis zum Beginn der Wirksam⸗ keit des Verbots mögliche vermehrte Ausfuhr aus Rußland in Rechnung, man unterschätzte wohl auch wegen der damals noch fortdauernden Ungunst der Witterung die Leistungsfähig⸗ keit des eigenen Landes, und man würdigte nicht hinreichend die Erleichterung der Versorgung Deutschlands mit Brotkorn, eventuell Weizen, welche durch die ungewöhnlich gute Ernte anderer Getreide exportirender Länder, namentlich Amerikas, dargeboten wurde. An der Berliner Börse kam das Aus⸗ fuhrverbot am 12. August zuerst zur Wirkung; der Preis des „lieferbaren“ Roggens stieg von 226 am 11. d. M. auf 255 am 15. August, der Preis des Weizens von 226 am 11. auf 250 am 17. d. M. Inzwischen sind beide Getreidearten schon wieder wesentlich im Preise ge⸗ sunken. Die Wirkung auf die Fondsbörse wurde durch den Umstand verschärft, daß das Verbot nicht ledig⸗ lich auf wirthschaftliche Beweggründe zurückgeführt wurde und so ein gewisses Mißtrauen in die Gesammt⸗ lage zum Ausdruck kam; aber auch am Werthpapiermarkt hat sich inzwischen eine wesentliche Besserung vollzogen, weil jenes

vergleichen Schwanken zwis

Empfindung und lebhafte

nicht gerade vornehmer Aus⸗

Mißtrauen schnell geschwunden ist und durch den über Er⸗