Dder Chef des Generalstabes der Armee, General⸗Lieutenant Graf von Schlieffen II. hat sich auf Dienstreisen begeben.
Der Chef der Landesaufnahme, General Lieutenant
Schreiber ist vom Urlaub zurückgekehrt. Der General⸗Stabsarzt der Armee Dr. von Coler, Wirklicher Geheimer Ober⸗Medizinal⸗Rath, Chef des Sanitäts⸗ Corps und der Medizinal⸗Abtheilung im Kriegs Ministerium, ist von der Dienstreise nach London hier wieder eingetroffen.
Der Geheime Ober Regierungs⸗Rath Spinola, Ver⸗ waltungs⸗Direktor der Charité und technischer Kurator des
Augusta⸗Hospitals, hat einen dreiwöchigen Urlaub nach dem
Rhein angetreten.
Posen, 26. August. Das Ansiedelungswerk in Westpreußen und Posen wird in diesem Sommer wieder ein gutes Stück vorwärts gebracht werden. In der letzten gemeinschaftlichen Sitzung der Kommission, Ende Juni d. J., sind die vorgelegten Besiedelungs⸗ pläne von fünf Gütern genehmigt worden. Es ist selbst⸗ verständlich, daß nicht alle fünf Güter in diesem Jahre auch pollständig besiedelt werden müssen. Das Gegentheil ist viel⸗ mehr sehr wahrscheinlich, da das Hauptprinzip der Ansiedelungs⸗ Kommission dahin geht, das Werk langsam, aber stetig fort⸗ zuführen. Denn nur so können Fehler, die möglicherweise Mizßerfolge nach sich ziehen könnten, vermieden werden. Andererseits hängt der Umfang der jährlichen Besiedelung sehr wesentlich ab von dem Angebot annehmbarer Be⸗ werber um Ansiedelungsstellen. In dieser Hinsicht beob⸗
achtet die Kommission bekanntlich die größtmögliche Vorsicht. Von dem bevährhen Grundsatze, Ansiedelungsparzellen nur an landwirthschaftlich hinreichend erfahrene Arbeiterfamilien
nit hinlänglichen Mitteln zu vergeben — außer wenn
die Bewerber kleine west⸗ oder süddeutsche Bauern sind, die jedenfalls den Vorzug verdienen —, wird neuerdings unter keinen Umständen abgewichen. Aus diesem Grunde pflegt die
Kommission alle Anträge früherer Landwirthe, namentlich wenn sie auf größeren Besitzungen bereits Schiffbruch erlitten haben, ausnahmslos zurückzuweisen. Auf kiesem Wege hat sich die
Kommission bisher vor materiellen Verlusten zu bewahren gewußt, und es wird ihr dies auch in Zukunft sicherlich gelingen. Eine besonders eifrige Thätigkeit entfaltet in diesem Sommer die Bau⸗ abtheilung der Kommission. Die erste evangelische Kirche zu Lubowo im Kreise Gnesen wird im Herbst d. J. ihrer Be⸗ stimmung übergeben werden. Außerdem befindet sich eine statt⸗ liche Anzahl von Schulhäusern — etwa zehn bis zwölf — theils im Bau, theils in der Vorbereitung zu demselben. Es ist nämlich das Bestreben der Kommission, neben der wirthschaftlichen Kräftigung der fertigen Ansiedelungsgemeinden
auch für die Befriedigung ihrer religiösen und geistigen Bedürfnisse zu sorgen, damit sich die oft ungleichen Elemente recht bald als Glieder einer Gemeinde fuͤhlen lernen, Gerade dieser Umstand bietet einen wirksamen Schutz gegen eine zwangsweise Aufgabe der religiösen, nationalen und po⸗ litischen Eigenheiten, die immerhin befürchtet werden muß, wenn deutsche Ansiedler mitten unter die polnische Bevölke⸗ rung versetzt werden. Wie schnell sich die Bildung einer deutschen Ansiedelung übrigens vollziehen kann, zeigt recht drastisch das Gut Milostowo im Kreise Birnbaum in der Provinz Posen. Im vorigen Jahre aufgetheilt, bildet Milo⸗ siowo heute eine neue Ortschaft mit 50 Ansiedlern. Das Werk der deutschen Ansiedelung schreitet somit auch unter der jetzigen Leitung in den bisher bewährten Bahnen sicher fort.
Sachsen.
Dresden, 27. August. Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg ist, wie das „Dr. J.“ meldet, von seiner Reise zu Truppenbesichtigungen in Schlesien gestern früh hier wieder
ingetroffen. Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 27. August. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin werden der „Th. C.“ zufolge in der ersten Septemberwoche auf der Wartburg er⸗
Wie aus Eisenach gemeldet wird, wird Ihre
1 ü die Kaiserin zum 13. September auf der Wartburg erwartet und Sich von dort am 14. mit er Großherzogin zur Parade des IV. Armee Corps begeben. Gestern Abend ist nach längerem Leiden der Geheime Staatsrath Guyet, Chef des Departements des Großherzog⸗ lichen Hauses und des Kultus, gestorben. Derselbe wurde 1868 zum Geheim⸗Referendar im Ministerium. in welcher Stellung er dem Großherzog 1870/71 nach Versailles folgte, und später zum vortragenden Rath, dann zum Ministerial⸗Direktor im Kultus⸗Departement ernannt. Als 1890 der Staats⸗Minister Stichling aus dem Staatsdienst schied, ward Guyet an seiner Stelle Chef des obengenannten
OesterreichUngarurlrn.
Wien, 27. August. Der Ausmarsch der Truppen zu den Kaisermanövern im Waldviertel hat bereits be⸗ gonnen. Sowohl aus Niederösterreich als auch aus dem süd⸗ lichen Böhmen und Mähren befinden sich die hierzu komman⸗ dirten Truppenkörper auf dem Wege nach dem Manöver⸗ terrain. Von Landwehrtruppen nehmen an den Uebungen Theil: die Bataillone 1, 2, 18 (Landwehr⸗Regiment Ne. 1), 3, 4, 5 (Landwehr⸗Regiment Nr. 21), 12, 13, 14 (Landwehr⸗ Regiment Nr. 14), die Bataillone 28, 33, 45, 46, 41, 50, 51, 34, 35, 36, 37. Die genannten Landwehr⸗Truppen bilden die 41., 42. und 43. Landwehr⸗Brigade. 1 Die im Verlaufe des gestrigen Nachmittags in Prag auf das Rascheste bekannt gewordene Nachricht von der bevor⸗ stehenden Ankunft Seiner Majestät des Kaisers rief dort, wie das „Pr. Abendbl.“ schreibt, überall die größte Freude hervor. Für den festlichen Empfang des erhabenen Monarchen in der Landesausstellung werden jetzt schon die umfassendsten Vorbereitungen getroffen, und Alles wetteifert in dem Bestreben, diesen Empfang so ggllänzend wie möglich zu gestalten. Der Landesausschuß faßte gestern den Beschluß, in den nächsten Tagen an alle Bezirks⸗ vertretungen einen Aufruf zu erlassen, durch welchen die⸗ selben eingeladen werden, sich durch ihre Obmänner an der feierlichen Audienz auf dem Prager Schlosse zu betheiligen, woselbst am 27. September diese Reprä⸗
Der ‚„Schles. Ztg.“ wird geschrieben:
Führung des Fürsten Georg Lobkowicz vorgestellt werden
soll. Gleichzeitig wurde beschlossen, zur Feier der Anwesenheit
Seiner Majestät in beiden Landestheatern Festvorstellungen
u veranstalten. Heute findet eine außerordentliche Sitzung
es Prager Stadtrathes statt, um über die anläßlich der An⸗ kanft Seiner Majestät des Kaisers Seitens der Landeshaupt⸗ stadt zu veranstaltenden Feierlichkeiten zu berathen.
Das heutige „Fremdenblatt“ lenkt die Aufmerksamkeit auf eine heute erscheinende, ‚die gegenwärtige Lage Europas und oas Kriegsbudget Oesterreich⸗Ungarns“ betitelte Broschüre, welche für eine Erhöhung der Forderungen des Kriegs⸗Ministers an die Delegationen eintritt. Der Verfasser, ausgehend von dem Gesichtspunkte, daß nur derjenige Recht erhalte, der bei Zeiten dafür sorge, daß die Wehrmacht für die ihr zufallende Aufgabe aus⸗ reichend sei, meint, die Monarchie dürfe im Ausbau der Wehrmacht anderen Mächten keinen Vorsprung einräumen. Das gegenwärtige Kriegs⸗Ordinarium reiche nach seiner Mei⸗ nung nicht aus, vielmehr hält er einen Mehraufwand von 16 bis 18 Millionen Gulden für nothwendig zu einer Vervoll⸗ kommnung der Armee, die in der Erhöhung des Mannschafts⸗ und Offizierstandes, einer besseren Ausbildung der Landwehr, einer Erhöhung der Schlagsertigkeit der Kavallerie und Ar⸗ tillerie, sowie einer Verbesserung des Verpflegungs⸗ und Train⸗ wesens liegen soll. Die Monarchie dürfe nicht still stehen, sondern müsse in einem schnelleren Tempo wie bisher vor⸗ wärts gehen. Die Broschüre schließt mit dem Hinweis auf einen unvermutheten Krieg, wo zwischen der Mobilmachung und der ersten Schlacht nur wenige Wochen liegen und mit der Betonung, daß die österreichisch- ungarische Armee nie aggressiv wirken und nur eine nachdrückliche Vertheidigung führen solle. (Vgl. die Depeschen nach Schluß der Redaktion auf der letzten Seite des Hauptblatts.)
Man schreibt der „N. Fr. Pr.“ aus Orsova: Bei gün⸗ stigem Wetter und Wasserstand gehen die Arbeiten am Eisernen Thor flott und erfolgreich von Statten. Der beim Greben errichtete kolossale Felsendamm, welcher den Zweck hat, das hier von 450 m auf 1400 m sich verbreiternde Fluß⸗ bett einzuengen, ist bereits sichtbar und die Arbeit wird hier mit Hülfe der auf den fertigen Partien niedergelegten Schienen⸗ geleise ununterbrochen fortgesetzt. Mit womöglich noch größerm Kraftaufwande, wenn auch nicht so sichtbaren Ergebnissen geht die Bohrung, Zerschmetterung und Sprengung der submarinen Felsenriffe vor sich, wobei eigens für diesen Zweck kon⸗ struirte Maschinen in Anwendung kommen. Die Leitung dieser Arbeiten ist dem Ober⸗Ingenieur Georg Rupeic anvertraut, der über 3000 Arbeiter verfügt. In den mittels Sprengungen aufgedeckten Steinbrüchen arbeiten 2500, auf den sechs Bohrschiffen je 30, auf den 30 Stein⸗ transportschiffen je zwei bis drei und in den Maschinen⸗ werkstätten etwa fünfzig Menschen. Aus allen Gegenden des In⸗ und Auslandes strömen ununterbrochen Fremde herbei, um die Arbeiten zu besichtigen, doch ist dies durch das strenge Verbot des Ministers Baroß sehr erschwert, der sich das Recht, die Erlaubniß zur Besichtigung zu ertheilen, vor⸗ behalten hat.
Bei einem gestern in Agram zu Ehren der dalma⸗ tinischen Besucher der dortigen Ausstellung veranstalteten Festessen kam es in Folge der auf Starcevic und Stroß⸗ mayr ausgebrachten Toaste zu Meinungsdifferenzen und Zwistigkeiten, welche fast zu Thätlichkeiten ausarteten un mit Mühe beigelegt werden konnten.
“
Großbritannien und Irland.
London, 27. August. Die amtliche „London Gazette“ veröffentlicht die Ernennung des Prinzen George von Wales zum Commandeur in der Marina.
Nach den von dem Reuter'schen Bureau eingezogenen weiteren Erkundigungen liegt der gestrigen Meldung von einer Zusage des kommandirenden Admirals des englischen Geschwaders, einen Besuch in Cherbourg abstatten zu wollen, eine irrthümliche Auffassung zu Grunde. Der Admiral Gervais und seine Offiziere hätten vor der Abreise einstimmig den Wunsch ausgesprochen, daß das englische Geschwader einen Besuch in Cher⸗ bourg abstatten möge. Es sei darauf eine entsprechend höfliche und verbindliche Antwort ertheilt worden, definitiv und offiziell sei aber keine Zusage erfolgt. Auch nach den aus französischen Regierungskreisen her⸗ rührenden Mittheilungen ist in Paris von einem beabsich⸗ tigten Besuch der englischen Flotte in Cherbourg nichts bekannt; ebensowenig hätten Verhandlungen über eine Ein⸗ ladung zu einem Besuch stattgefunden.
In einem Leitartikel über den B such der französischen Flotte in Portsmouth betont die „Morningpost“, in dem Austausche internationaler Höflichkeiten zu Spithead habe die Politik keine leitende Rolle gespielt. Jeden⸗ falls sei es sicher, daß eine Schwächung der herz⸗ lichen Freundschaft, welche Großbritannien mit Deutsch⸗ land, Oesterreich und Italien verknüpfe, nicht unter dessen Ergebnisse gezählt werden könne. Der dem Deutschen Kaiser bereitete warme Willkommen vertrete die Stimmung Englands heute ebenso sehr, wie zur Zeit, wo derselbe ihm mit jedem Umstande, der dessen Bedeutung habe betonen können, dargebracht worden sei. England und Deutsch⸗ land seien merkwürdig glücklich in der gegenseitigen Abwesen⸗ heit aller Quellen eines Zerwürfnisses und in der wachsenden Neigung ihrer Unterthanen, in allen Welttheilen in Ein⸗ tracht mit einander zu leben. Die maßvolle Sprache der Presse werde in Berlin wie in den übrigen europäischen Hauptstädten vermerkt werden und dort den endgültigen Beweis liefern, daß die Freundschaft Englands für seinen alten Bundesgenossen sich, seitdem Kaiser Wilhelm die Gestade Englands verlassen, nicht um Haaresbreite verändert habe.
Ueber den bereits gemeldeten Tod des General⸗Postmeisters Raikes meldet die „Köln. Ztg“: Raikes starb an den Folgen einer Gehirnentzündung, die durch Ueberarbeitung und einen leichten Blitzschlag veranlaßt sein soll, der ihn im Hyde Park auf einem Spazierritte getroffen hatte. Sein Tod erledigt den Parlamentssitz für die Universität Cambridge, als Kandidaten nennt man den irischen Staatssekretär Balfour.
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Paris, 28. August. Der Prinz Damron des Königs von Siam, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend hier eingetroffen und am Bahnhofe von den Vertretern der Regierung Siams zu Paris, London und Berlin empfan⸗ gen worden. Der Prinz überbringt dem Kaiser von Ruß⸗
sentanz der autonomen Körperschaften zugleich mit den Mit⸗ gliedern des Landesausschusses Seiner Maäjestät unter der
land, welcher dem König von Siam wegen des dem Großfürsten⸗
den Andreas Orden verliehen hatte, den Orden der Großen Krone (Maha⸗Chakri). Der Prinz wird sich sofort nach der Rückkehr des Kaisers von Rußland nach St. Petersburg be⸗ geben und inzwischen den Höfen von London, Wien und Berlin einen Besuch abstatten.
Den von General Saussier herausgegebenen Manöver⸗ bestimmungen für die großen Uebungen im Osten ent⸗ nimmt die „Köln. Z“ folgende Bemerkungen: Den nächt⸗ lichen Unternehmungen ist große Bedeutung beizu⸗ legen. Der Sicherheitsdienst in den Ortschaften ist die ganze Nacht hindurch aufrechtzuerhalten und so oft wie möglich müssen die Truppen den nächtlichen Angriff sowohl als die nächt⸗ liche Vertheidigung üben; denn oft kann nur unter dem Schutze der Nacht der Angriff auf die feindliche Vorpostenstellung vor⸗ bereitet oder auch ausgeführt werden, weil nur so die großen Ver⸗ luste, die der Angriff bei Tage mit sich bringt, vermieden werden. Sobald auf dem Marsche die normale Marschordnung verlassen wird, haben die Truppenführer ihre Beobachtung über die Kolonnenausdehnung, die erzielte Marschgeschwindigkeit und die Ermüdung der Truppen sorgfältig aufzuzeichnen, damit diese Beobachtungen später verglichen werden können. Als Formation zur Vorbereitung des Kampfes sind tiefe Sturmkolonnen zu empfehlen (Bataillonstafferle und Doppelkolonnen mit verschiedenen. Abständen). Während der Bewegung sind möglichst wenig Hornsignale zu geben, in der Schützenlinie und auf dem Rückzuge sind sie unter allen Umständen verboten. Schließlich wird den Truppen der ein⸗ zelnen Waffengattungen die Pflege einer guten Kameradschaft ans Herz gelegt: „Sie ist das Unterpfand, daß wir am Tage der Gefahr Hand in Hand marschiren.“
Ueber die Ergebnisse des Ersatzgeschäftes in Frank⸗ reich für 1890 erfährt die „Nat. Ztg.“: Von den 310 275 Ausgehobenen des Jahrgangs 1889 und den 50 988 Zurück⸗ gestellten aus den Jahrgängen 1887 und 1888 sind für taug⸗ lich befunden und zum Dienst herangezogen worden: 134 056 auf drei, 10 315 auf zwei, 60 502 auf ein Jahr. Freiwillig sind eingetreten 888 auf fünf, 317 auf vier, 31 553 auf drei Jahre Der gesammte Zugang berechnet sich also für 1890/91 auf 237 631. Nach Maßgabe der Verpflich⸗ tung dieser Mannschaften auf 1 bis 5 Jahre ergiebt sich hieraus ein Friedenskontingent von 583 607 Mann, und zwar sind den Marinetruppen und Flottenequipagen 57 273, dem Landheer 526 334 Mann zuzurechnen. Den Ab⸗ gang im Verlauf der mehrjährigen Dienstzeit (durch Todesfall, nachträglich eintretende Untauglichkeit 2c.) wird man auf 3 Proz., den Abgang an Einjährig⸗Verpflichteten auf 1 Proz. schätzen dürfen. Somit ergiebt sich thatsächlich eine Friedenspräsenz des Landheeres von rund 512 000 Mann, das sind immer noch 3000 bis 4000 mehr, als die französische Regierung angenom⸗ men hatte. 1
Rußland und Polen. W
St. Petersburg, 26. August. Nach einer Meldung der „Pol. Corr.“ wird der Minister des Auswärtigen von Giers demnächst einen zweimonatigen. Urlaub an⸗ treten und sich in ungefähr 14 Tagen nach Oberitalien begeben. Der Minister dürfte den größeren Theil seines Urlaubs am Lago⸗Maggiore und Comersee verbringen.
Die „Now. Wr.“ meldet, daß im Reichsrath in der bevorstehenden Session das Projekt über die Assehte bes und die Verwaltung der Seehandelsschiffahrt, das die Ministerien der Finanzen, des Innern und der Marine gemeinsam ausgearbeitet haben, zur Durchsicht gelangen soll.
Eine Regulirung der Pferdeausfuhr bezw. eine Beschränkung derselben wird vom Kriegs⸗Ministerium geplant. Anlaß hierzu hat, wie die „Pet. Wed.“ berichten, der Umstand gegeben, daß diese Ausfuhr von Jahr zu Jahr ö Es handelt sich dabei hauptsächlich um donische
erde.
Wie dasselbe Blatt mittheilt, steht die strenge Anwendung des Gesetzes über Ausländer vom Jahre 1887 für das Weichselgebiet unmittelbar bevor. Auf den Fabriken und industriellen Etablissements des Weichselgebiets, besonders in den Rayons von Lodz und Sosnowice, werde ein besonderer Andrang von Ausländern bemerkt, die sich für technische Bei⸗ räthe und Agenten ausgeben. Es würde nun eine strenge Prüfung dieser Persönlichkeiten auf ihre technischen Kenntnisse hin stattfinden, und die diese Kenntnisse nicht Besitzenden würden nach dem Auslande zurückgesandt werden.
Die „Nowosti“ beschäftigen sich heute abermals mit dem Ausfuhrverbot für russischen Roggen. Das Roggen⸗ ausfuhrverbot bedeute eine Steuer auf die Landwirthschaft, von welcher besonders die kleinen Wirthschaften am meisten betroffen würden. Natürlich würde mit dem Ausfuhr⸗ verbot der Roggenpreis auf den inneren Märkten ein billigerer werden, aber auch das käme gerade den ärmsten Bevölkerungsschichten nicht zu Gute, die überhaupt keine Kauf⸗ kraft hätten. Durch die neue Maßregel würde nur der Süden Rußlands gewinnen, der nun für seinen Weizen noch bessere Preise als früher erziele.
Spanien. Nach einer Mittheilung der „Köln. Ztg.“ wird Groß fürst Alexis der Königin von Spanien in San Sebastian einen Besuch abstatten. Jedenfalls würde ein solcher Besuch, wie das Blatt meint, einen ganz privaten Charakter und keineswegs die politische Bedeutung haben, die man ihm auf einer gewissen Seite beilegen möchte.
Nach einer Meldung Wiener Blätter aus Madrid ent⸗ behrt die Ankündigung, daß Aenderungen in der Zusammen⸗ setzung des spanischen Kabinets bevorstehen, und daß speziell der Minister des Innern Herr Silvela durch den Präsidenten der Deputirtenkammer in der abge⸗ laufenen Session Marquis Pidal ersetzt werden soll, jeder Grundlage. An den Rücktritt des Herrn Silvela, der neben Herrn Canovas als die hervorragendste Persönlichkeit des gegenwärtigen Kabinets anzusehen ist, sei zur Zeit über⸗ haupt nicht zu denken, und was Marquis Pidal betrifft, wünsche er vielmehr, die Präsidentenwürde auch in der nächsten Session der Kammer zu bekleiden.
Rumänien.
Das Befinden der in Venedig weilenden Königin von Rumänien hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, plötzlich verschlimmert, das Leiden derselben soll in einer fortschreitenden Lähmung bestehen. Professor Charcot aus Paris ist an das Krankenbett berufen worden. (Vgl. die Depesche auf der letzten Seite d. Bl.)
STerbien. Belgrad, 27. August. Der Finanz⸗Minister Vuic soll
Thronfolger bei dem Besuche von Siam bereiteten Empfangs
dem „W. T. B.“ zufolge seine Entlassung eingereicht
en, doch würde eine Eatscheidung darüber erst erfolgen, — die Mitglieder der Regentschaft sämmtlich zurückgekehrt wären. Inzwischen habe Vuic heute eine längere Urlaubsreise angetreten. 1 Bei den im Kreise Toplica angesiedelten Montene⸗ grinern sind, wie von dort berichtet wird, Fälle von Auf⸗ kehnung gegen die Behörden vorgekommen. Der Minister des Innern empfing heute eine Deputation der Ansiedler, nahm deren Beschwerden entgegen und ordnete eine Untersuchung derselben an. X“
Schweden und Norwegen.
(F) Stockholm, 25. August. Der ö und die Kronprinzessin mit ihren Kindern werden Anfangs nächsten Monats wieder im hiesigen Königlichen Schlosse Wohnung nehmen. Auf Anrathen der Aerzte wird die Kron⸗ prinzessin Mitte September nach dem Auslande abreisen, um den kommenden Herbst und Winter in südlicheren Gegenden zuzubringen. 3
Die Stadtbevollmächtigten von Malmö haben beschlossen, wegen des Planes zu den beabsichtigten Hafenbauten einen Wettbewerb anzuordnen. Drei Preise von resp. 8000, 5000 und 3000 Kronen sind für die in technischer und praktischer Hinsicht verdienstvollsten Entwürfe, die in Uebereinstimmung mit dem Programm für die Hafenbauten ausgearbeitet sind, ausgesetzt. “
88 Dänemark. “
Kopenhagen, 27. August. Die Kaiserin von Ruß⸗ land sowie der König und die Königin von Griechen⸗ land wohnten laut Meldung des „W. T. B.“ heute mit den Mitgliedern der Königlichen Familie der Vorstellung im Königlichen Theater bei und wurden beim Eintritt in das Theater vom Publikum und auf der Rückfahrt vom Theater durch die in den Straßen versammelte Bevölkerung enthu⸗ siastisch begrüßt. b b
() Auf Anordnung des Kriegs⸗Ministers sollen die Dienstpflichtigen statt zum 2. September erst zum 9. Sep⸗ tember einberufen und die ausstationirten Dienstpferde statt am 2. und 3. September erst am 9. und 10. September ge⸗ stellt werden.
Die erste Sendung von Zubehör zu den beiden Wander⸗ panzerthürmen in dem großen Fort der Kopenhagener Befestigungslinie bei Gamle Mosegaard, deren Bau der fran⸗ zösischen Gesellschaft Chatilloao u. Commenttoy übertragen worden ist, ist hier angekommen; die Panzerthürme selbst werden demnächst nachfolgen. Die Montirung wird gleich nach der Ankunft begonnen, und so dürfte das Fort zu Anfang nächsten Jahres vollständig fertig sein. Die Bestückung wird aus sieben schweren 15 Centimeterkanonen, zwei schnellfeuernden 7, Centimeter⸗Kanonen und einer 10 läufigen Mitrailleuse, alle in Panzerthürmen untergebracht, bestehen, außerdem werden die Flankirungsthürme mit zehn schnellfeuernden Kanonen und Mitrailleusen versehen. „Dieses besonders kräf⸗ tige Fort, Eah die „Nat. Tid.“, das sich vollkommen mit den kräftigsten Forts messen kann, die in Belgien und Ru⸗ mänien gebaut sind, wird also bald fertig dastehen; es ist in der Hauptsache in der kurzen Zeit von ca. 1 ½ Jahren erbaut — und wird im Ganzen ca. 1 ½ Millionen Kronen osten.“ 8
Amerika.
Chile. Den chilenischen Gesandtschaften in Berlin, Paris und Washington ist die offizielle Nachricht zugegangen, daß die Regierungstruppen einen vollständigen Sieg errungen hätten. Am 25. d. M. habe eine Division der Regierungs⸗Armee bei Viüa del Mar die Verbindung der Kongreßtruppen mit ihren Schiffen abgeschnitten. Dadurch zwischen zwei Feuer gebracht, seien die Kongressisten gezwungen gewesen, sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Dagegen erklärt der Vertreter der chileni⸗ schen Kongreßregierung in Paris die Meldungen von einem Siege Balmaceda’s über die Kongreßtruppen für unrichtig und theilt Depeschen aus IJquique und Buenos⸗Aires mit, nach denen das Heer Balmaceda'’s von den Kongreßtruppen geschlagen sein solle; der Ober⸗ Befehlshaber der Kongreßtruppen, General Canto habe die Höhen von Quilpue und Penablanca besetzt, Bal⸗ maceda nehme mit seinem Heer die Gegend von Quillotta und Vina del Mar ein. Aus Jquique werde bestätigt, daß die Truppen Balmaceda's am 22. d. M. bei Concon eine Niederlage erlitten hätten. Von der argen⸗ tinischen Regierung sei die Anwerbung von Mann⸗ schaften für die Marine der chilenischen Regierung ver⸗ boten worden.
Die Nachrichten des Vertreters der Kongreßpartei scheinen durch das folgende, dem „N. Y. Herald“ aus Valparaiso vom 27. August zugegangene Telegramm bestätigt zu werden: „Abermals ein Tag und keine entscheidende Schlacht. Die militärischen Operationen beschränken sich auf lebhafte, aber bedeutungslose Scharmützel. Die Aufständigen haben ihre Stellungen auf den Hügeln oberhalb der Renn⸗ bahn von Vina del Mar befestigt.“
Nr. 33 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundbeitsamts vom 18. August hat folgenden Inhalt: Personal⸗ Nachricht — Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Ein⸗ wohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Er⸗ rankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Sterblichkeit in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern 1890. 4. Vierteljahr. — Desgl. in größeren Verwaltungsgebieten des In⸗ und Auslandes. — Witterung. — Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München,
Zuli. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. — Thier⸗
seuchen in Rußland, 1. Vierteljahr 1891. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. — Medizinalgesetzgebung u. s. w. (Preußen. Provinz Osüpreußen.) Untersuchung von Pferden Gewerbetreibender. — (Württemberg.) Milzbrand. — (Desgl.) Influenza der Pferde. — (Hamburg.) Beförderung von Personen mit ansteckenden Krankheiten. — Rechtsprechung. Impfweigerung.
Nr. 34 vom 25. August hat folgenden Inhalt: Gesundheits⸗ stand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Gefundheitsverhältnisse im Reg.⸗Bez. Stralsund 1886,88. — (Baden.) Aus dem statistischen Jahrbuch für 1887 und 1888. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten.
Thierfeuchen in Ungarn. 2. Vierteljahr 1891. — Viehseuchen in Holland. — Niederländisch⸗Indien. 2. Vierteljahr 1891. — Veterinär polizeiliche Maßregeln. — Medizinalgesetzgebung u. s. w.
Wien am 15. März 1813 an überall verweilte.
(Preußen. Reg.⸗Bez. Liegnitz.) Ausstellung von Leichen. — (Baden.) Maul⸗ und Klauenseuche. — (Desgl.) Schafräude. — (Oesterreich.) Anzeigen von Geburten. — (Algier.) Steuerfreiheit von Alkohol. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Kon⸗ gressen u. s. w. 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Natur⸗ forscher und Aerzte. — Vermischtes. (Frankreich.) Hogienische Tages⸗ fragen. — (Belgien.) Ansteckende Krankheiten. — Beilage. Gerichtl. Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz (Rothlauf, Trichinen).
Nr. 15 des Archivs für Post und Telegraphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts) hat folgenden Inhalt: I. Aktenstücke und Aufsätze: Die Ergebnisse des Wiener Weltpost⸗Kongresses. — Das Fernsprech⸗ wesen und die Fernsprechtarife in Dänemark, Schweden und Nor⸗ wegen (Schluß). — Der Suezkanal und die Nachtschiffahrt auf dem⸗ selben bei elektrischem Lichte. — II. Kleine Mittheilungen: Elektrische Postbeförderung. — Das Postwesen der Republik San Domingo im Jahre 1888. — Neue Bestimmungen für die Postsparkasse in Canada. — III. Literatur des Verkehrswesens: Beiträge zur Geschichte des Postwesens im ehemaligen Hochstifte Paderborn. Herausgegeben von Bernh. Stolte, Postsekretär. Paderborn. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1891. Zweigniederlassungen: Müaster i. W., Osnabrück und Mainz. 61 Seiten. 80, 1 ℳ
Kunst und Wissenschaft.
S. Dem Körner⸗Museum zu Dresden ist soeben ein überaus werthvolles Geschenk zugegangen, nämlich die für verloren oder doch verschollen gehaltene Driginal⸗Hand⸗ schrift von „Leyer und Schwext“. Schenkgeber ist Graf August Fries auf Schloß Czernahora in Mähren. Von seiner Großmutter mütterlicher Seits, der Gräfin Pe⸗ reira, hatte er ein Büchlein in klein Oktav, in grüne Seide steif gebunden, überkommen. Auf der Vorder⸗ seite ist eine Leyer, mit grünen Zweigen geziert, auf der Rückseite eine Vase, gelb und blau gestickt. Auf dem ersten der Blätter beginnt unter der Aufschrift „Mein Feldzug“ ein Verzeichniß der Orte, wo Körner von seiner Iö
ie letzte Eintragung ist vom 22. August und die letzte Ortsangabe „Buchenhain“ (ein Dorf oder Flecken dieses Namens ist nicht bekannt; es wird also ein Buchenwald gemeint sein). — Nun folgt unter der Aufschrift „Tagebuch“ ein kurzes Verzeichniß dessen, was sich seit dem Abschied von Wien zutrug. Es ist kaum leserlich mit Bleistift geschrieben, sehr summarisch ab⸗ gefaßt und reicht unr bis zum 6. April; an diesem Tage früh traf Theodor Körner im Elternhause ein. Unter einer Ueberschrift, die vielleicht „der Heerzug“ zu lesen ist, folgen zwei Seiten sehr schwer zu entziffernder Bleistiftnotizen. Ein grünseidenes Band liegt dabei. Hierauf folgen, sämmtlich von Körner's Hand geschrieben, rasch und flüchtig hingeworfen, oft nur schwer leserlich, theils mit Tinte, noch öfters aber mit Bleistift geschrieben, die in der Sammlung Leyer und Schwert enthaltenen Gedichte, zuerst „Der preußische Grenzadler am 18. Mäcz 1813“ (mit Tinte); zuletzt „Das Schwertlied“ (mit Bleistift ge⸗ schrieben). Hier finden sich aber auch eine Reihe Gedichte, die bisher überhaupt noch nicht ver⸗ öffentlicht sind. Dabei liegt noch ein steifes Blättchen, worauf, wie es scheint, von fremder Hand verschiedene Namen zu grüßender Personen verzeichnet sind, darunter Parthey, Rittmeister Pfeil, Marckwarth, Tet endlich ein eigenhändiger Brief von Theodor Körner’s
utter an die Baronin von Pereira vom 15. Juni 1835 in dem u. A. folgende Stelle vorkommt: „So nehmen Sie au meiner Hand daß Gedenk Buch zurück, daß Sie mit freud⸗ lichem Wohlwollen einst unser Theodor gaben. Es beglückt mich es in Ihren Händen zu wissen. Es kann ja bald auch mir die Stundte schlagen, die mich zu meinen Lieben trägt“ u. s. w. — Das hochherzige Geschenk des Hrn. Grafen Fries gehört fortan zu den größten Schätzen, die das Körner⸗Museum in Dresden besitzt.
— Die Meteorologen⸗Konferenz in München wählte laut Meldung des „W. T. B.“ gestern mittelst Akklamation Dr. Lang (München) zum Präsidenten, Mascart (Paris) und Harrington (Washington) zu Vize⸗Präsidenten und Dr. Erk (München), Scott (London) und Teisserene de Bort (Paris) zu Sekretären.
— In einem Aufsatz über „Elektrizitäts⸗Aeußerungen in der Sahara“, den Gerhard Rohlfs in der „Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie“ veröffentlicht, spricht er den Wunsch aus, daß die Reisenden in den Tropen und auch in unserer westafrika⸗ nischen Kolonie sich künftig besser mit Instrumenten versehen möchten, um über die auffallenden Elektrizitätserscheinungen in der Wüste ge⸗ naue Beobachtungen anstellen zu können. Biesher liegen nur wenige Mittheilungen darüber vor. Der englische Kapitän Lyon, welcher zuerst auf die elektrischen Erscheinungen in der Sahara aufmerksam gemacht hat, sowie Henri Duveyrier berichten über die Entladung elektrischer Funken in den Hemden und Kleidern, sowie aus den Schwänzen der Pferde, wenn sie damit Fliegen verjagen, und Nachtigal beobachtete das Erscheinen von knisternden Funken beim Streicheln eines Hundes. Die Trockenheit der Luft begünstigt außerordentlich die Elektrizitätserzeugung. Man findet nach Rohlfs namentlich nach einem heftigen Samum, daß alle Gegenstände mit Elektrizität geladen sind. Auf der Reise nach Kufra befand sich unser Forscher am 14. Fe⸗ bruar 1879 in Sokna. Sein Begleiter, Dr. Stecker, hatte mit seinem Diener einen Ausflug nach einem benachbarten Orte gemacht. Es herrschte starker Samum, so daß Stecker und sein Gehülfe nur mit Mühe das Zelt aufrecht erhalten konnten. Die Elektrizitätsanhäufung war so bedeutend, daß die fast einen Decimeter langen Haare Stecker's wie Borsten zu Berge standen und sein Diener ihm mehrere Centi⸗ meter lange Funken aus dem Körper lockte, ja, daß Stecker an der dem Sandsturm ausgesetzten Wand des Zeltes durch Harüberstreichen mit dem Finger feurige Schriftzüge hervorbrachte. Während des Sturmes
efanden sich Rohlfs und sein Diener in ihrer Wohnung in Sokna;
der feine Staub durchdrang Alles, obschon die Beiden unmittelbar wenig vom Sturme bemerkten, da die Wohnung fest ein⸗ gekeilt zwischen anderen Häusern lag. In der Nacht konnten sie nicht eine Minute schlafen; ebenso erging es den meisten eingeborenen Dienern. Rohlfs bringt diese Schlaflosigkeit mit der Elektrizität in Verbindung; er habe häufig genug unter den Tropen auch in nicht wüstenhafter Gegend die VBeolachtung gemacht, daß Schlaflosigkeit fast immer in Begleitung von beftigen Tornados oder Gewittern auftritt. — Mit den großen Elektrizitätsmengen steht jedenfalls auch der starke Ozongehalt der Wüstenluft in Verbindung w B
— Während des vorjährigen Gefängnißkongresses in St. Petersburg wurde zum Andenken an den vor hundert Jahren auf einer Reise in Rußland verstorbenen englischen Philanthropen John Howard ein internationaler Wettbewerb für das beste Werk über das Leben und Wirken Howard's ausgeschrieben und als Preise die große goldene Medaille nebst 2000 Franken, die kleine goldene Medaille nebst 1000 Franken, die silberne Medaille und eine „ehrende Anerkennung“ festgesetzt. Nunmehr ist, wie die „Köln. Z.“ erfährt, die Ent⸗ scheidung und Preisvertheilung über die im Ganzen fünfzehn eingelaufenen Werke erfolgt, es wurden ausgezeichnet: mit der kleinen goldenen Medaille und 1000 Franken der englische Gefängniß⸗Inspektor Arthur
Griffith und das Mitglied des französischen G Conseils Albert
Riviers. Die silberne Medaille erhielt der Engländer Kasalet, welcher
sein Wekk zudem in russischer Sprache geschrieben, und eine ehrende Anerkennung wurde dem Russen Dolmatow und dem Engländer Behn zu Theil. Mit der großen goldenen Medaille wurde keins der ein⸗ gelaufenen Werke ausgezeichnet. 88 — In der gestrigen Sitzung des Kongresses der Internationalen kriminalistischen Vereinigung in Christiania wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, die Herausgabe eines Werkes: „Die Straf⸗ gesetzgebung der Gegenwart in rechtsvergleichender Darstellung“ beschlossen. Das Werk soll in sechs Jahren fertig gestellt werden, gleichzeitig in französischer und deutscher Sprache erscheinen und zehn Bände umfassen. Der Verlag wurde der Buchhandlung von Otto Liebmann in Berlin übertragen und ein Redaktionsausschuß unter die Leitung des Professors von Liszt (Halle) gestellt. Bei der Berathung der Frage über die Entschädigung des Verletzten wurden mehrere An⸗ träge angenommen, welche eine weitergehende Berücksichtigung des Verletzten bezwecken. — Bei der Verhandlung über die Frage, be⸗ treffend unverbesserliche Verbrecher, wurde der Ausschuß be⸗ auftragt, die Regierungen zu einer Neuregelung der Statistik der Rückfälligen zu ersuchen. Hierauf wurde der Kongreß geschlossen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ein internationaler landwirthschaftlicher ee findet vom 7. bis 12. September d. J. im Haag statt. Der Kongre zerfällt in sieben Sektionen, in welchen über Folgendes verhandelt werden wird: Sektion 1) Landwirthschaftliches Unterrichtswesen. 2) Land⸗ wirthschaftliches Kreditwesen und Wohlfahrtseinrichtungen auf dem flachen Lande. 3) Landwirthschaftlicher Betrieb. 4) Meliorations⸗ wesen. 5) Agrarpolitik. 6) Legislative Fragen. 7) Definitive Or⸗ ganisation der künftigen landwirthschaftlichen Kongresse.
Durchschnittlich werden, wie aus Philadelphia berichtet wird, 800 000 Bushel Weizen täglich in den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten zur Ausfuhr nach Europa verladen. Man berechnet, daß bis Ende September noch 40 000 000 Bushel nach Europa geschickt werden. In Kansas City sind ungeheure Weizentransporte angekommen. Die Eisenbahnen sind mit langen Weizenzügen bedeckt und die Getreideelevatoren mit Weizen gefüllt. Am 24. d. M. kamen 667 mit Weizen beladene Eisenbahnwagen in Kansas City an. 2300 Wagen harren der Entladung.
Die tunesische Post vom 27. d. M. berichtet, die Getreide⸗ preise auf sämmtlichen Märkten seien sehr beträchtlich ge⸗ stiegen; die Transaktionen seien in Folge Weigerung der Ein⸗ geborenen, ausländisches Geld anzunehmen, lahm gelegt.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Frankreich. Der Präsident der Französischen Republik hat das unter dem 20 Juni 1890 erlassene Verbot der Einfuhr von Lumpen und Hadern, sowie von Wäschegegenständen, wie Matratzen, Decken u. s. w. aus Spanien nach Frankreich („Reichs⸗Anzeiger Nr. 160 vom 4. Juli 1890) durch Verfügung vom 18. August 1891 aufgehoben.
Griechenland. Die Königlich griechische Regierung hat über alle Schiffe, welche von der Küstenstrecke zwischen Mersina und Tripolis in Syrien an- kommen (beide Häfen ausgeschlossen) eine achttägige Quarantäne ver⸗ hängt, welche in der auf der Insel Delos eingerichteten Anstalt ab⸗ zuhalten ist. Cypern.
lossder Ober⸗Kommissar von Cypern hat folgende Vorschriften erlassen:
Die aus Hedschas ankommenden Schiffe werden auf Cypern nur in den Hafen von Larnaca eingelassent, woselbst sie einer Quaran⸗ täne von zehn vollen Tagen zu unterwerfen sind. Passagiere und Waaren dürfen nur unter Quarantäne gelandet werden. Schiffe, welche in einem Zwischenhafen Quarantäne abgehalten haben und mit reinem Gesundheitspasse versehen sind, unterliegen diesen Be⸗ schränkungen nicht.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 27. August. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“ ist gestern Nachmittag von Southampton nach New⸗York weitergefahren. Der Schnell⸗ dampfer „Trave“ ist von New⸗York heute früh in Nordenham eingetroffen. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ hat auf der Reise nach New⸗York heute Vormittag Dover passirt. Der Schnelldampfer „Fulda“ hat gestern Nachmittag von New⸗ Vork die Heimreise nach der Weser angetreten. Der Schnell⸗ dampfer „Lahn“ ist gestern Nachmittag in New⸗York ange⸗ kommen.
— 28. August. (W. T. B) Der Postdampfer „Hannover“, nach dem La Plata bestimmt, und der Postdampfer „Graf Bismarck“, nach Brasilien bestimmt, sind am 27. d. M. in Ant⸗ werpen angekommen.
Hamburg, 27. August. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Suevia“ ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in New⸗York eingetroffen. Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ hat, von New⸗York kommend, heute Morgen Seil ly
passirt.
— 28. August. (W. T. B.) Die Postdampfer „Scandia“ und „California“ sind gestern Nachmittag in New⸗York ein⸗ getroffen. Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ ist, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag in Southampton eingetroffen.
London, 27. August. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Nubian; ist heute auf der Heimreise in Southampton ange⸗ kommen. Der Castle⸗Dampfer „Grantully Castle“ hat gestern auf der Ausreise Madeira, der Castle⸗Dampfer „Lismore⸗Castle“ die Canarischen Inseln passirt. Der UÜUnion⸗Dampfer „Mexikan“ ist gestern auf der Ausreise von Madeira abgegangen. 1
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Fr. Moran⸗Olden, den Berlinern schon aus ihrem mehr⸗ monatigen Gastspiel im Königlichen Opernhause während des vorigen Winters bekannt, eröffnete gestern ein Gastspiel bei Kroll als Fidelio. Die außerordentlichen Vorzüge ihrer Stimme traten auch hier in das bellste Licht: sowohl die dramatische Kraft, wie die Kunst, zarteren Empfindungen einen weichen Ausdruck zu geben, sind ihr eigen und werden stets an ihr besonders gerühmt werden müssen. Der Vortrag der großen Arie „Abscheulicher, wo willst Du hin“ trug ihr lebhaften, wohlverdienten Beifall ein; ebenso trat ihre Stimme in den Ensemble⸗ sätzen wie in dem Duett mit Florestan wirkungsvoll hervor. Auch dem Spiel ist volle Anerkennung zu zollen. Wenig glücklich war die Leistung des Hrn. Friedrich Herrmann als Florestan; er stand hinter seiner Partnerin gesanglich weit zurück und brachte seine Stimme nur mit Mühe zur Geltung; auch entsprach sein Aeußeres nicht der Vor⸗ stellung, die man sich von dem zu Tode gequälten Florestan machen muß. Frl. Schacko als Marzelline und Hr. Dreßler als Rocco unterstützten die Künstlerin auf das Beste.
1 In der Vorstellung der Oper „Die Hugenotten“ am Sonntag im Königlichen Opernhause sind die Damen Pierson und Herzog, die Hrrn. Rothmühl, Bulß, Krolop und Stammer be⸗ schäftigt. Frl. Dietrich wird die Partie der Margarethe von Valois singen. — Das Königliche Schauspielhaus eröffnet seine
Vorstellungen am 1. September mit Kleist's „Käthchen von Heil⸗