1891 / 208 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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entnehmen, folgender Antrag des Stadtv. Singer zur Berathung:

„Die Versammlung wolle beschließen: Angesichts der von Tag steigenden Preise für die nothwendigsten Lebensmittel Brot Kartoffeln Fleisch —, sowie der stetig zunehmenden Arbeitslosigkeit iu Berlin, ersucht die Stadtverordneten⸗Versammlung den Magistrat, mit ihr in gemischter Deputation darüber in Berathung zu treten, welche Mittel, Maßregeln und Einrichtungen in Anwendung zu bringen sind, um dem in Berlin fortdauernd wachsenden Nothstand wirksam entgegenzutreten. Als solche Mittel empfiehlt die Ver⸗ ammlunzg in erster Linie: 1) Schleunige Inangriffnahme städtischer Arbeiten Hoch⸗ und Tiefbau, Straßenpflasterung, Vermehrung der bei der Straßenreinigung beschäftigten Arbeiter in großem Um⸗ fange, um der Arbeitslosigkeit zu steuern. 2) Aufkauf von Lebens⸗ mitteln und Heizungsmaterial im Großen und Abgabe derselben in kleineren Quantitäten zum Selbstkostenpreis. 3) Organisation einer wo nöthig unentgeltlichen Vertheilung von Lebensmitteln, Heizungsmaterial und Kleidung. 4) Errichtung von Wärmestuben, in denen warme Getränke Kaffee, Thee, Milch u. s. w. unentgelt⸗ lich verabreicht werden. 5) Vertheilung von warmem Frühstück in den Gemeindeschulen.“

Zu diesem Antrag war von dem Vorsteher⸗Stellvertreter Dr. Langerbans und den Stadtverordneten Meyer I., Dr. Gersten⸗ berg, Beelitz und Friederici nachstehender Antrag eingebracht worden:

„1) über den Antrag Singer und Genossen zur Tagesordnung überzugehen, 2) zu beschließen: Die Stadtverordneten⸗Versammlung ersucht den Magistrat, mit ihr in gemischter Deputation darüber zu berathen, welche Mittel anzuwenden sind, um der wachsenden Noth in Berlin wirksam zu begegnen bezw. vorzubeugen.“

Zur Begründung seines Antrages wies der Stadtv. Singer auf die Vertheuerung der Lebensmittel durch die Getreidezölle hin. Der Antrag gebe zugleich die Mittel an, weil ihm und seiner Partei stets vorgeworfen werde, daß sie nur Reden hielten, um dadurch agitatorisch zu wirken, niemals aber Vorschläge machten. Die vorgeschlagenen Mittel seien wohl ausführbar. Das Volk leide Noth und fordere nur Arbeit, und die Stadt könne den Arbeitslosen wohl solche geben, eine Reihe städtischer Bauten könne in Angriff genommen werden. Die Stadt müsse Anstrengungen machen, um die Hunderttausende, die um Arbeit bitten, nicht Hungers sterben zu lassen.

Stadtv. Meyer]I. erklärte, daß der Antrag Langerhans möglichst genau dem Antrage Singer angepaßt und nur das Unmög⸗ liche weggelassen sei. Der Antrag Langerhans unterscheide sich von dem Antrage Singer im Wefentlichen darin, daß er der Kommission keine Direktive geben, sondern es ihr überlassen wolle, die geeigneten Mittel zur Abstellung eines Nothstandes selbst ausfindig zu machen.

Stadtv. Bailleu bemerkte, daß er gerade wegen der all⸗ gemeinen Fassung für den Antrag Langerhans stimmen werde. Er persönlich könne der Ansicht Singer’'s nicht beitreten, daß ein außer⸗ gewöhnlicher Nothstand bestehe. Der Nothstand scheine ihm schon überwunden zu sein. Man könne bereits einen Rückgang der Ge⸗ treidepreise feststellen. Die Regierung sei keineswegs passiv gewesen, denn die Handelsverträge, welche sie angeknüpft, würden der Industrie zu Gute kommen und durch Anbahnung neuer Handels⸗ beziehungen den Wohlstand wieder heben. Wenn der Antrag Singer durchginge, so möchte er es sich nicht ausmalen, wie es im nächsten Winter hier aussehen würde. Die ländliche Bevölkerung würde alsdann in hellen Schaaren nach Berlin strömen, wo man um⸗ sonst speisen könne und warm gekleidet werde. Man würde Berlin in ländlichen Kreisen für ein Schlaraffenland halten müssen. Viel mehr haben wohl die kleinen Beamten und Handwerker unter dem Nothstande zu leiden, als diejenige Klasse, welche der Stadtverordnete Singer vertritt.

Bei der alsdann stattfindenden Abstimmung wurde der Antrag Singer abgelehnt und der Antrag Langerhans ange⸗ nommen.

In der vergangenen Nacht um 3 Uhr 25 Minuten entstand ein nicht unbedeutendes Feuer in dem an das Kultus⸗Ministerium anstoßenden „Restaurant Schultheiß“, Unter den Linden 4a. Bald nach 4 Uhr Morgens gelang es der Feuerwehr, der Flammen Herr zu werden. Der Minister für geistliche ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz⸗Trützschler war zu dieser Zeit wegen der das Gebäude des Kaltus⸗Ministeriums bedrohenden Gefahr auf der Brandstelle anwesend. Ein bald darauf in der Kriegs⸗Akademie ausgebrochener Brand konnte von der frei gewordenen Feuerwehr gelöscht werden größeren Umfang angenommen hatte. ““

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Die „Post“ berichtet: Der Commandeur des Garde⸗Jäger⸗ Bataillons, Oberst⸗Lieutenant Graf von der Goltz, ist vor⸗ gestern im Manövergelände schwer gestürzt. Als der Graf in der Nähe der Ortschaft Kaltenborn an der Spitze seines Bataillons ritt, sprang plötzlich ein Hund an dem Pferde boch. Hierdurch scheu ge⸗ macht, sprang das Pferd zur Seite und schleuderte den völlig über⸗ raschten Reiter herab. Unglücklichermweise schlug Graf Goltz mit dem Kopf auf einen Stein und zog sich einen Schädelbruch zu. Nachdem man den Verunglückten in dem nahen Orte Kaltenborn untergebracht hatte, wurde der Geheime Medizinal⸗Rath Professor Dr. von Bergmann telegraphisch herbeigerufen. Wenn die ärztliche Diagnose zunächst auch nicht günstig lauten konnte, da der Graf noch immer bewußtlos war, so trat doch gestern eine merkliche Besserung ein, das Bewußtsein fängt an wiederzukehren und die Aerzte: hoffen auf eine verhältnißmäßig baldige Genesung. Seine Majestät der Kaiser gab, wie dasselbe Blatt mittheilt, gestern beim Manöver Allerhöchstsein lebhaftestes Interesse an dem Ergehen des Grafen kund.

Zehlendorf. Der „N Pr. Z.“ wird geschrieben: In der Glockengießerei von Gustav Collier wurden am Sedantage zwei größere Kirchenglocken im Gesammtgewicht von 100 Centnern gegossen. Die größere, 70 Centner schwer, hat die Stadt Staßfurt bestellt. Sie trägt die Inschriften und zwar im Bande: „Gegossen 1657, umgegossen von Gustav Collier: Zehlendorf 1891“; im Avers: „Wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter umsonst“. In der Mitte dieser Worte befindet sich das Stadtwappen mit dem flammentragenden St. Johannes. Der Revers zeigt die Bildnisse der drei Kaiser: Wilhelm I., Friedrich III. und Wilhelm II., darunter stehen die Worte: „Gottes Wort Deutschlands Hort Staßfurt blühe Fort und fort“. Die andere Glocke kommt nach Fahrland (Havel). Sie trägt die Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen“. Die andere Seite der Glocke enthält die Namen des zeitigen Geistlichen und der Kirchen⸗ ältesten. Der Guß gelang aufs Beste. Am Montag werden die Formen zerbrochen und die Glocken aus der Dammgrube gehoben werden.

Strzalkowo, 1. September. Eine sehr hellleuchtende Sternschnuppe konnte, wie dem „Pos. Tgbl.“ berichtet wird, am vergangenen Montag gegen 9 ½ Uhr Abends beobachtet werden. Das Meteor durchbrach eine dünne Wolkenschicht im Osten ungefähr 60 Grad über dem Horizont und fiel in einem flachen nach Süden gerichteten parabolischen Bogen mit nicht zu großer Geschwindigkeit zur Erde. Die Helligkeit des im grünlichen Licht erstrahlenden Meteors übertraf bei Weitem die Lichtstärke der hellsten Planeten. Die Sternschnuppe hinterließ auf dem Hintergrunde der Wolke einen farbigen, deutlich sichtbaren Schweif, welcher erst nach etwa einer Minute gänzlich verschwand. An demselben Abend hatte man über⸗ haupt Gelegenheit viele Sternschnuppen am Himmel zu beobachten.

Breslau. Der „Voss. Z.“ wird geschrieben: Am verganzenen Seonntag wurde von Mitgliedern des Havptvorstandes des schlesischen und des Central⸗Ausschusses des österreichischen Riesengebirgs⸗Vereins ein neu geschaffener Touristenweg (von der Elbquelle nach der Elbfallbaude und weiter nach der Kesselkoppe) dem Verkehr übergeben. In der Elbfallbaude hatten sich die Theilnehmer zusammengefunden und an der Elbquelle fand der Festakt stott. Nach dem verdienstvollen Mitgliede des österreichischen R.⸗G.⸗V, Hrn. Fabrikbesitzer Piette⸗Marschendorf, wurde der neue Weg „Pietteweg“ getauft. Die Vorstände der beiden freundnachbarlichen Gebirgsvereine hielten bei dieser Gelegenheit auch eine gemeinschaftliche Sitzung ab. Dabei wurde der Wunsch geäußert, die Elbquelle mit einer schönen Halle einzuwölben. Die Genehmigung dazu wird von dem Grundbesitzer Grafen Harrach eingeholt werden. Man giebt sich in den Kreisen der Riesengebirgs⸗Vereine der Hoffnung hin, daß alle Städte an der Elbe ein Scherflein zu dem Bau der Halle beitragen und einen Baustein liefern werden. Weiterhin kamen hauptsächlich die Schüler⸗ und Studentenherbergen im Riesengebirge zur Besprechung. Auf österreichischer Seite ist man schon lange mit der Errichtung solcher Herbergen, welche den auf Gebirgsreisen begriffenen Gymnasiasten und Studenten freies Nachtquartier beziehungsweise auch Abendbrot und Früh⸗ stück gewähren, vorgegangen. Namentlich ist es auch hier wieder Hr. Piette, welcher durch hochherzige Spenden dies Werk unterstützt; er hat schon reichlich 10000 Gulden für die Herbergen geopfert. In diesem Jahre sind in den österreichischen Schüler⸗

herbergen bereits 380 Schüler, die von der deutschen Seite herüber⸗ kamen, beherbergt worden, und es ist daher für den schlesischen Verein Ehrensache, auch diesseits solche Herbergen zu errichten. Für dieses Jahr ist es damit freilich schon zu svät, aber im nächsten Jahre werden einstweilen zwei, vielleicht auch bald noch mehr solcher Herbergen ins Leben gerufen werden.

Liebichau, Kreis Sprottau, 31. August. Auf Feldern, Wiesen und Wegen hiesiger Gegend zeigen sich nach Mittheilung der „Schl. Z.“ jetzt Kreuzottern in so großer Zahl, daß an manchen Tagen zehn bis zwanzig Stück getödtet werden. Die daselbst be⸗ scäftigten Leute müssen mit größter Vorsicht ihre Arbeit verrichten. Manche Kreuzotter ist über einen Meter lang.

Glauchau, 2 Sepfember. Die Feier der Enthüllung unseres Kaiser Wilhelm⸗Denkmals ist, wie dem „Ch. Tgbl.* berichtet wird, heute unter allgemeiner Betheiligung der Bevölkerung vor sich gegangen.

Madrid, 3. September. Bei Medina del Campo stieß laut Meldung des „W. T. B“ heute ein Expreßzug mit einem Güterzuge zusammen. Nach den vorliegenden Meldungen wurden acht Wagen zertrümmert und gegen achtundvierzig Personen mehr oder weniget schwer verletzt.

Brüssel, 1. September. Das Bureau „Veritas“ veröffent⸗ licht soeben die Liste der Seeschiffe, welche im Monat Juli untergegangen sind. Hiernach beträgt die Zahl der unter⸗ gegangenen Segelschiffe 49, von denen 16 englische, 11 nordameri⸗ kanische, 8 norwegische, 4 französische, 2 schwedische und je 1 belgische, dänische, spanische, griechische, hawaiische, holländische, russische und italienische Schiffe waren. Dampfer gingen insgesammt 13 unter, nämlich 7 englische, 3 deutsche, 1 spanischer, 1 norwegischer und 1 japanischer.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene⸗ Depeschen.

Frankfurt a. M., 4. September. (W. T. B.) Von dem General⸗Direktor der Württembergischen Telegraphen⸗Verwaltung ist gestern ein Telegramm an den Vorstand der internationalen elektro⸗ technischen Ausstellung eingegangen, nach welchem die gestrigen Versuche in Laufen zu voller Befriedigung ausgefallen sind und dem Betriebe der Anlage Seitens Württembergs kein Hinderniß entgegensteht. In dem Telegramm wird der Wunsch ausgedrückt, daß der Triumph, welchen die Wissenschaft und das Genie durch das Ge⸗ lingen dieses großartigen, bis jetzt einzig dastehenden, dem Vaterlande zum Ruhm gereichenden Unternehmens der elektrischen Kraftübertragung auf eine so weite Entfernung er⸗ rungen hat, ein Sporn zu weiterem Vordringen auf diesem Gebiet des geistigen Schaffens, sowie ein glückverheißendes Vorzeichen für weitere Erfolge der deutschen Elektrotechniker sein möge. Ein Danktelegramm des Ausstellungsvorstandes und der an der Kraftübertragung betheiligten Firmen betont, daß das Ge⸗ lingen des Unternehmens, bei welchem vier Länder betheiligt sind, nur dem warmen Interesse der Behörden zu danken sei.

Bremen, 4. September. (W. T. B.) Hier ist folgendes Telegramm von der Spitzbergen⸗Expedition aus Bergen eingegangen: Kapitän Bade theilt mit, daß die Spitzbergen⸗Expedition die Lofoten und die norwegische Küste besucht habe und daß die Resultate auf Spitzbergen, wo Bellsund, die Eisfjorde und die Kingsbai besucht wurden, gute waren. Alles wohl, Ankunft in Bremerhaven Sonntag.

New⸗York, 4. September. (W. T. B.) Telegramm des „New⸗York Herald“ aus Valparaiso vom 3. d. M. Da die Junta Garantien bezüglich des Prozesses der politischen Flücht⸗ linge, die sich auf die ausländischen Kriegsschiffe begeben hatten, abgelehnt hat, so werden diese sämmtlich auf Befehl der Admirale nach Peru geschickt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 4. September, rung. In Berlin und Breslau liegt die Tempe⸗ von Max Kraemer. Musik von Bogumil Zepler⸗ or fratur 6, in Chemnitz 7 Grad über dem Mittel⸗ Anfang 7 Uhr. Sonntag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Morgens 8 Uhr.

werthe.

Deutsche Seewarte.

Stationen. Wetter.

Temperatur in ° Celsius

50 C. = 40 R.

Bar. auf 0 Gr.

u. d. Meeressp red. in Millim.

4 bedeckt

Mullaghmore 759 Aberdeen 761 1 wolkig Christiansund 763 O 2 wolkig Kopenhagen. 759 SO 3 wolkig Stockholm . 766 still bedeckt Haparanda —. 764 NW 2 wolkenlos St. Petersburg 766 NNW 2 bedeckt Moskau. 768 W 1 wolkenlos

Cork, Queens⸗ Fbq111 Cherburg .. 764 SSW 2 beiter ö 2 wolkig 758 1 Dunsti) Hamburg. . 760 3 heiter Swinemünde 760 4 halb bed. Neufahrwasser 764 1 wolkenlos Memel 760 3 wolkenlos F— stil Regen ünster . 762 3 bedeckt2) Karlsruhe .. 763 beiter Wiesbaden. 764 still wolkigz) München .. 766 Z heiter ⁴) Chemnitz . 762 1 wolkenl. ³) Verlin 1761 4 heiter Wien 764 1 wolkenlos Breslau 164 2 wolkenlos 19 Ile d'Aix.. 764 NNO 2 wolkig 16 izx.. . 17985 O 4 wolkig 20 Triest 764 still wolkenlos 26

1) Nachts Gewitter. 2) Nachts Geywitter. ³) Abends Wetterleuchten. ¹) Nachts Regen. ⁵) Abends Wetterleuchten.

Uebersicht der Witterung.

Eine flache Depression, welche sich über Frankreich Tessing gebildet zu haben scheint, ist über Westdeutschland Heilige.

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von Hrn. Kahle.

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Paul Taglioni.

WSW 4 wolkig

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Anfang 7 Uhr.

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zum Herzen.

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der Westhälfte Deutschlands zahlreiche Gewitter ver⸗ ursacht, welche im westdeutschen Küstengebiete von Regenfall begleitet waren. Auf Helgoland sind 19 mm Regen gefallen. Bei schwacher, meist süd⸗ östlicher bis südwestlicher Luftströmung ist das Wetter Volkesstück in 3 in Deutschland vorwiegend heiter und warm, nur an Hierauf: Zum

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ r Zell i 9 ch sp Zur Feier des hundert⸗ F. von Suppé. Regie: Hr. Binder.

haus 170. Vorstellung, Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 ½ Uhr.

jährigen Geburtstages Meyerbeer's: QOuvertüre zu „Struensee.“ Prolog von E. Taubert, gesprochen Hierauf: Neu einstudirt: Robert der Teufel. Große Oper in 5 Akten von Meyer⸗ beer. Nach dem Delavigne, übertragen von Theodor Hell. Ballet von

gartner. Anfang 6 ½ Uhr Schauspielhaus. Julia. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Shakespeare,

DBeutsches Theater. Sonnabend: Der Weg Abenks bei

Sonntag: Wildfener. Montag: Die Stützen der Gesellschaft.

Berliner Theater. Sonnabend: Ein Tropfen Gift. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachm. 2 ½ Uhr. Goldsische.

Abends 7 ½ Uhr.

Montag: Ein Tropfen Gift.

-Theater. Schauspiel in 4 Akten, nach A. W. hinaus nach Dänemark fortgeschritten und hat über Pinero frei bearbeitet von Oskar Blumenthal. Sonntag: Falsche Heilige.

Wallner-Theater. Sonnabend: Ihre Familie.

9 Male: Cavalleria Bero-

Sonnabend: Boccaccio.

Sonntag: Boccaccio. Der Co geöffnet.

ranzösischen von Scribe und

Dirigent: Kapellmeister Wein⸗

178. Vorstellung. Wilhelm

brillanter

Saison.

Belle-Alliance-Theater.

Der Hüttenbesitzer.

Sonnabend:

8 7 ¼ Uhr. Aen von Stiehe and Cewele⸗ Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

der westdeutschen Grenze herrscht meist trübe Witte⸗! Iina. Musikalisch⸗parodistischer Scherz in 1 Akt

*8

Triedrich - Wilhelmstödtisches Komische Operette in 3 Akten von F. Zell und R. Genée. Musik von Anfang 7 ½ Uhr.

t⸗Park bleibt den Theat besuchern Direktion: Emil Thomas.

Sonntag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Kroll’s Theater. Sonnabend: Lakme.

Sonntag: Vorletzte Sonntags⸗Vorstellung. Gast⸗ sriel des Hrn. Emil Götze. Esmeralda. Oper in 4 Akten von A. Goring Thomas.

Täglich: „Großes Concert“ im Sommergarten, elektrischer Beleachtung desselben. Anfano 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr

Sonntag, den 13. September: Schluß der Opern⸗

Sonnabend: Zum

37. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Hesgeftenen⸗ vie e. 8 deae zt⸗

en, Beleuchtungseffecten ꝛc. ung⸗Deu an 8 3 zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten Gestorben: Fr. Oberförster Emma Schulgze, geb, (7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Zum ersten Male in Deutschland: Großes Pferderennen auf der Bühne von lebenden Pferden.

Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor⸗ nehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz): Großes Doppel⸗Concert. Auftreten sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements.

Anfang des Concerts 6 Uhr. Anfang des Theaters

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 5. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen Threater sind aus dem Atelier der Herren Wagner und

Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Thomas-Theater. Alte

Dirigent:

Sonnabend: Zum 37. Male: Im siebenten Himmel. Posse mit Gesang in 3 Akten (4 Bildern) von Jean Kren. Musik von Jobannes Doebber. In Scene gesetzt

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ vom Direktor Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.

3 burg. Sonnabend: Zum 8. Male: Frou⸗Frou. 177. Vorstellung. Romeo und Pariser Sittenbild in 5 Aufzügen von Henry Meilhac und Ludovic Halsvy. Deutsch von Eduard übersetzt von Schlegel. (Julia's Amme: Fr. Anna Mauthner. In Scene gesetzt von Sigmund Lauten⸗ Am Landes⸗Ausstellungs⸗ Park (Lehrter Bahnbos). Schramm, als Gast.) In Scene gesetzt vom Ober⸗ burg. Anfang 7 ½ Uhr. Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 171. Vorstellung. Der fliegende Holländer. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im Theater. Näheres die Anschlag⸗ zette

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Magdalene Helm mit Hrn. Regie⸗ rungs⸗Referendar Rudolf Pitsch⸗Schroener (Halle a. S. Posen). Frl. Clara Strauch mit Hrn. Pastor Siegfried Klippel (Ohlau Pfarr⸗ haus Wederau). 1

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. Kalau vom 85 (Königsberg i. Pr.). Eine Tochter: Hrn. Leopold von Plessen (Althoff). Hrn. Amts⸗

verwalter Carl von Abercron (Testorf in Holstein).

Hrn. Prediger Gauer (Kraupischken). Hrn.

Gerichts⸗Assessor Alexander Hempel (Berlin).

Hrn Amtmann Wernicke (Fischbach).

Zwez (Lauenau). Hr. Kreiswundarzt Dr. Ernst Dyrenfurth (Spandau).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Vier Beilagen . (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Jakobstraße 30.

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zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen S

No. 208

Rekursentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts.

(1010.) Durch Rekursentscheidung vom 6. Oktober 1890 ist, in Uebereinstimmung mit dem in dem Bescheide 820 („Amtliche Nach⸗ richten des R.⸗V.⸗A“ 1890 Seite 194) ausgesprochenen Grundsatze, anerkannt worden, daß die in einer Naturalverpflegungsstation be⸗ herbergten Wanderer, sofern sie als Entgelt für die ihnen gewährte Beherbergung und Beköstigung Arbeiten verrichten, als Arbeiter im Sinne der Unfallversicherungsgesetze anzusehen sind. Da im vor⸗ liegenden Falle auch feststand, daß der Kläger die Arbeit, bei welcher er verletzt wurde, in einem versicherungspflichtigen und thatsächlich auch bei der beklagten Berufsgenossenschaft versicherten Betriebe ver⸗ richtet hatte, so mußte seinem Entschädigungsanspruche stattgegeben werden. (Auch zu vergleichen die Rekursentscheidung 891, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1890 Seite 512, sowie der Bescheid 1008, a, a. O. 1891 Seite 233.)

(1011.) Eine Berufsgenossenschaft hatte den Entschädigungs⸗ anspruch der Wittwe eines Kontor⸗ und Kassenboten, welcher bei einem aus dienstlicher Veranlassung unternommenen Gange einen Unfall er⸗ litten hatte, aus dem Grunde zurückgewiesen, weil der Verunglückte nicht zu den nach §. 1 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes ver⸗ sicherten Personen gehört, und zudem die Ausführung des Ganges wesentlich nur dem kaufmännischen Interesse des Betriebes gedient habe. Dem gegenüber hat das Reichs⸗Versicherungsamt durch Rekurs⸗ entscheidung vom 11. Mai 1891 in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht den Entschädigungsanspruch als begründet anerkannt, nachdem durch die Beweisaufnoahme festgestellt worden war, daß die Beschäftigung des Ehemannes der Klägerin vorzugsweise in solchen Verrichtungen bestanden hat, welche dem eigentlichen gewerbstechnischen Betriebe zuzurechnen sind, wie in der Abnahme und Ausgabe von Futter für die Fabrikpferde, in der Abnahme verschiedener ankommender Materialien, in der Aufsichtsführung bei Verladung von Maschinen und Maschinentheilen, in der Uebermittelung von Aufträgen aus dem Kontor zur Werkstatt u. dergl. m. Der Verunglückte war daher gemäß §. 1 a. a. O. als versichert anzusehen, und da auch der Gang, bei welchem er den Unfall erlitt, mit dem versicherten Betriebe in Verbindung stand, so war die Entschädigungs⸗ verbindlichkeit der Berufsgenossenschaft auszusprechen. Daß die Aus⸗ führung des Ganges mehr oder minder auch dem kaufmännischen Theile des Unternehmens zu gute kam, erschien nach Lage des Falles unerheblich. Zu vergleichen die Bescheide 11 und 68 Nr. 2, sowie die Rekurzentschetidung 893, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1885 Seite 3 und 343, 1890 Seite 513, auch die Rekursentscheidungen 587 und 892, a. a. O. 1888 Seite 301 und 1890 Seite 512.

(1012.) In einer Rekurssache war es streitig, ob Personen des Soldatenstandes, welche während ihrer Militärdienstzeit beurlaubt worden waren, um bei Kasernenbauarbeiten thätig zu sein, die für Rechnung eines Baugewerbetreibenden ausgeführt wurden, und bei denen sie von diesem den Lohn bezogen, nach Maßgabe des Reichs⸗ beamten⸗Fürsorgegesetzes vom 15. März 1886 (Reichs⸗Gesetzbl. Seite 53) oder nach den allgemeinen Unfallversicherungsgesetzen für die Folgen der bei diesen Arbeiten sich ereignenden Betriebsunfälle zu entschädigen seien. In einer Rekursentscheidung vom 20. Oktober 1890 ist die letztere Auffassung deshalb für zutreffend erachtet worden, weil die betresfenden Personen ebenso, wie gegebenenfalls z. B. zu Ernte⸗ arbeiten beurlaubte Personen des Soldatenstandes, die Unfälle nicht „im Dienste“ erlitten haben (§. 1 des Gesetzes vom 15. März 1886). Giebt auch der Wortlaut des §. 11 g. a. O., ebenso wie derjenige des §. 4 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes, des §. 1 Absatz 3 des Bauunfallversiche⸗ rungsgesetzes, des §. 1 Absatz 3 des Seeunfallversicherungsgesetzes und namentlich des §. 4 des Ausdehnungsgesetzes zu Zweifeln Anlaß, in⸗ sofern dort die im §. 1 des Gesetzes vom 15. März 1886 bezeichneten Personen mithin auch Personen des Soldatenstandes, welche in reichsgesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben be⸗ schäftigt werden —, und im §. 4 des Ausdehnungsgesetzes sogar „Per⸗ sonen des Soldatenstandes“ schlechthin als von den betreffenden allge⸗ meinen reichsgesetzlichen Bestimmungen über die Unfallversicherung ausgeschlossen bezeichnet werden, so geht doch aus der Entstehungs⸗ geschichte der Vorschriften als zweifellos hervor, daß man darin die Ausschließung der betreffenden Personen des Soldatenstandes nur in⸗ soweit hat vorschreiben wollen, als dieselben in den gedachten Betrieben dienstlich beschäftigt werden.

(1013.) Ein Sattler hatte von einer Bergwerksverwaltung die Ausbesserung der schadhaft gewordenen Treibriemen vertragsmäßig über nommen, eine Arbeit, welche an der Betriebsstätte selbst vorzunehmen war. Während der Ausführung einer solchen Reparaturarbeit rief ihn ein Waschmeister des Kohlenbergwerks, da kein anderer Arbeiter zur Stelle war, zur Hülfe herbei, um einen von der Transmission soeben abgesyrungenen Riemen, welcher zur Reparatur nicht bestimmt war, wieder aufzulegen. Hierbei erlitt der Sattler einen Unfall, indem er von dem eisernen Träger, den er bestiegen hatte, auf den Fußboden herabstürzte. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in der Rekursent⸗ scheidung vom 21. April 1891 anerkannt, daß ein von der Knapp⸗ schafts Berufsgenossenschaft zu entschädigender Unfall vorliegt. Der Kläger war allerdings, soweit er als selbständiger Unternehmer thätig war, nicht versichert; auch wurde die Versicherung für ihn nicht da⸗ durch begründet, daß ihn seine Beschäftigung möglicher Weise mit den Gefahren des Bergwerksbetriebes in nabe Berührung brachte (zu vergleichen die Rekursentscheidung 694, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 192). Diejenige Hülfeleistung jedoch, bei der er den Unfall erlitt, lag außerhalb des Kreises der Thätigkeit, zu welcher er sich als „Unternehmer vertragsmäßig verpflichtet hatte, und er mußte während dieser Hülfeleistung als ein in den Betrieb der Zechenverwaltung übergetretener Arbeiter gelten. Denn sein Eingreifen geschah in einer dem Betriebe förderlichen und dem zu vermuthenden Willen des Betriebsunternehmers ent⸗ sprechenden Weise, da der auf der Zeche beschäftigte Waschmeister außer Stande war, allein und ohne fremde Hülfe den Riemen wieder aufzulegen. Eine solche Mitwirkung, welche lediglich im Interesse des Betriebes und für denselben erfolgt, unterliegt, sofern den Zwecken der Versicherungsgesetzgebung Genüge geschehen soll, auch dann der Versicherung, wenn ein eigentlicher Arbeitsvertrag im privatrecht⸗ 1“ öö EE1

603, 862 un „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 316, 326, 1890 Seite 495 und 496).

(1014.) Einer der acht Theilhaber einer Lohndampfdrescherei büsts die Bedienung der Dampfdreschmaschine als Heizer gegen einen bestimmten Tagelohn übernomn en, und sein Verdienst war seit dem F“ 1885 in der an den Vorstand der zuständigen Eisen⸗ und S ahl⸗Berufsgenossenschaft alljährlich eingereichten Arbeiter⸗ und Lohn⸗ nachweisung aufgeführt worden. Als derselbe bei der Bedienung der Rascine von einem Unfall betroffen wurde, lehnte die Berufs⸗ Fönaffenschaft die Gewährung einer Entschädigung ab, weil ihm als 1 g ernehmer des Betriebes ein Anspruch auf Grund des §. 1 des 88 versicherungsgesetzes nicht zustehe. Das Reichs⸗Versicherungsamt fh urch Rekursentscheidung vom 23. Februar 1891 diefer Auffassung 8- gegengetreten und hat die Berufsgenossenschaft zur Gewährung der Unfallrente verurtheilt. Die Entscheidung ist auf die thatsächliche Feststellung gegründet, daß der Kläͤger zur Bedienung der Maschine durch den Gesellschaftsvertrag nicht verpflichtet, sein Lohnanspruch von der Gewinnbetheiligung als Mitunternehmer, insbesondere von der Erzielung eines Reingewinns völlig unabhängig war, und daß er nur

Berlin, Freitag, den 4. September

deshalb Miteigenthümer der Maschine geworden war, um sich als Bedienungsmann gegen verbältnißmäßig hohen Lohn beschäftigen zu lassen. Diese Absicht des Klägers ergab sich daraus, daß einerseits die Gesellschafter ausweislich des Ver⸗ trages darauf Werth legten, daß die Bedienung aus der Zahl der Theilhaber genommen werde, andererseits der Kläger durch seinen Beruf als Weber und seine sonstigen Lebensverhältnisse zu der Be⸗ theiligung an dem Unternehmen nicht veranlaßt sein konnte, insbeson⸗ dere der Dreschmaschine nicht, wie die übrigen Theilhaber, auch für den eigenen landwirthschaftlichen Betrieb benöthigte. Bei dieser Sach⸗ lage mußte der Kläger als ein in der Lohndampfdrescherei beschäf⸗ tigter Arbeiter angesehen werden. Wenngleich freilich ein Abhängig⸗ keits⸗ und Lohnverhältniß, soweit sein eigener Antheil am Unternehmen in Frage kam, thatsächlich nicht bestand, so bestand doch ein solches gegenüber den anderen sieben Unternehmern, und es konnte ihm des⸗ halb der Schutz, welchen der §. 1 des Unfallversicherungsgesetzes den in versicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Arbeitern gegen die Folgen der Betriebsunfälle gewährt, nicht versagt werden. (Auch zu vergleichen die Rekursentscheidung 921, „Amtliche Nachrichten des R⸗V.⸗A.“ 1890 Seite 600.)

(1015.) Ein Maurerpolier hatte mit einer Brauerei ein Ueber⸗ einkommen dahin getroffen, daß er das Brechen und Aufladen des Eises von theils der Brauerei gehörigen, theils von ihr gepachteten Gewässern gegen eine im Voraus für den Centner gebrochenen Eises vereinbarte Vergütung durch von ihm angenommene Leute zu besorgen übernahm. Der Transport des Eises in die Keller der Brauerei geschah dagegen durch deren eigene Wagen und Gespanne. Nachdem der Genannte bei dem Eisbrechen verunglückt war, hat das Reichs⸗Versicherungsamt durch Rekursentscheidung vom 28. April 1890, entgegen den Vor⸗ instanzen, die Brauerei⸗ und Mälzerei⸗Berufsgenossenschaft für ver⸗ pflichtet erklärt, wegen der Folgen des Unfalls Entschädigung zu ge⸗ währen. Die Entscheidung beruht auf der Annahme, daß das Eis⸗ brechen dem Brauereibetriebe zuzurechnen, der Verunglückte mithin bei dem Brauereibetriebe welcher der genannten Berufsgenossenschaft angehört zu Schaden gekommen sei. In den Gründen ist hierzu Folgendes ausgeführt: Nach §. 9 Absatz 2 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes ist Unternebmer eines Betriebes im Sinne dieses Gesetzes Der⸗ jenige, für dessen Rechnung der Betrieb erfolgt, Derjenige mit anderen Worten, welcher Hert der darin geleisteten Arbeit, an ihrem Ergebniß wirthschaftlich in erster Linie interessirt ist. Dies trifft aber hier nicht für den Verunglückten, sondern für die Brauerei zu: der ganze Be⸗ trieb der Eisgewinnung hat seinen Bestimmungsgrund lediglich in den Zwecken der Brauerei; sie ist es, die des Eises zur Bierbereitung fortlaufend bedarf und sich deshalb die rechtliche Verfügung über be⸗ stimmte Gewässer gesichert hat; sie bestimmt die Zeit, wann, die Menge, in welcher Eis gebrochen werden soll, und das Ergebniß der Eisgewinnung kommt unmittelbar ihr zu Gute. Wie der Brauerei⸗ betrieb selbst, so ist hiernach auch die in solcher Weise diesem Betriebe eingefügte Eisgewinnung im Sinne des §. 9 Absatz 2 a. a. O. ihr Unternehmen, und als wesentlicher Bestandtheil des Brauereibetriebes gemäß §. 9 Absatz 3 a. . O. bei der beklagten Berufsgenossenschaft mitversichert. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß die Brauerei die bei der Eisgewinnung geleistete Arbeit nicht im Stunden⸗ oder Tagelohn, sondern nach der Menge des gebrochenen Eises vergütet hat (zu vergleichen Entscheidungen 668, 774, „Amtliche Nachrichten des R⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 156, 414 und die in der ersteren angezogenen früheren Ent⸗ scheidungen). Vollends die Auffassung, welcher das Schiedsgericht zu sein scheint, daß Jeder, der im Akkordlohn arbeitet, Unternehmer sei, weil es sich dann nicht um Leistung von Arbeit, sondern um Liefe⸗ rung eines Arbeitsprodukts handle, ist, zumal in dieser Allgemeinheit, nicht zu billigen. Ihre Anwendung im vorliegenden Fall trifft aber auch deshalb nicht zu, weil hier keineswegs die Brauerei dem Kläger das gebrochene Eis gewissermaßen als Waare abgekauft hat, ihr selbst vielmehr vor wie nach dem Brechen in gleicher Weise die rechtliche Verfügung darüber zustand. Es handelte sich für den Kläger wie für die Brauerei nur um Leistung von Arbeit, welche die Brauerei nur nicht, wie ihre anderen Betriebsarbeiten, durch ihre ständigen Arbeiter, sondern sei es wegen Unabkömmlichkeit derselben oder aus anderen Gründen durch besondere Leute unter Leitung des Klägers ausführen ließ. Auch das Vorhalten der zur Eisgewin⸗ nung nöthigen Geräthschaften machte den Kläger ebensowenig zum Unternehmer der Eisgewinnung, wie sonst das Mitbringen des Handwerkszeuges dem Arbeiter die Eigenschaft eines solchen nimmt. Das Ergebniß der vorstehenden Ausführungen entspricht ferner auch der natürlichen Zugehörigkeit des Unfallrisikos. Es ist nur billig. daß die Gefahren der Eisgewinnung derjenigen Berufsgenossenschaft zur Last fallen, welcher der Betrieb ö der jene Gefahren nicht zufällig, sondern in Erfüllung eines natürlichen Betriebsbedürf⸗ nisses erzeugt. Daß schließlich im wirthschaftlichen Leben selbst⸗ ständige Unternehmungen vorkommen, deren Gegenstand im Wesent⸗ lichen lediglich die Bearbeitung oder Verarbeitung fremden Materials bildet, ist der Beklagten zuzugeben. Indessen handelt es sich dabei um organisirte Betriebe mit ständigen Einrichtungen, wie z. B. Färberei⸗ oder Müllereibetriebe, oder um solche, deren Arbeitsleistung nicht auf einen einzigen Abnehmer beschränkt zu sein pflegt, wie es hier beim Kläger der Fall war (zu vergleichen Entscheidung 773, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 398).

(1016.) Die Mitglieder einer Arbeiterkolonne (Quartiersleute) besorgen vorzugsweise für eine bestimmte Firma das Löschen von Kohlenschiffen, sowie den Transport und das Abtragen der Kohlen zu den Kunden der Firma, übernehmen aber zugleich auch von anderen Auftraggebern in ihr Arbeitsfeld einschlagende Arbeiten. Sind zur Ausführung der übernommenen Arbeiten Hülfskräfte erforderlich, so werden diese lediglich von den ständigen Mitgliedern der Kolonne an⸗ geworben und bezahlt. Auch besteht noch insofern ein engeres wirth⸗ schaftliches Band, eine Art kaufmännischer Vereinigung unten den stän⸗ digen Kolonnenmitgliedern, als dieselben durch gemeinschaftliche Bei⸗ träge und unter buchmäßiger Verrechnung das für ihre Arbeiten er⸗ forderliche Geschirr (Trittleitern, Waagen, Maße, Schaufeln u. s. w.) gemeinsam beschaffen und die verdienten Akkordlohnsummen, welche von den Auftraggebern an den jeweiligen Vormann ausgezahlt werden, nach Abzug der für die Hülfskräfte aufzuwendenden Beträge wöchentlich zu gleichen Theilen unter einander vertheilen. Durch Rekursentscheidung vom 1. Dezember 1890 hat das Reichs⸗Versicherungsamt ausgesprochen, daß die Mitglieder der Kolonne nicht als Arbeiter der auftraggeben⸗ den Firmen, sondern als selbständige, wenn auch wirthschaftlich den Arbeitern nicht fern stehende Unternehmer eines auf das Auf⸗ und Abladen von Kohlen und anderen Waaren gerichteten Betriebes (Stauerei) anzusehen sind. Nach den thatsächlichen Feststellungen, wie sie insbesondere von der den Verhältnissen nahestehenden unteren Verwaltungsbehörde und dem Schiedsgericht beurtheilt werden, lassen die Beziehungen des Klägers und seiner Genossen zu der Eingangs gedachten Hauptfirma lediglich eine dauernde Geschäftsverbindung, aber nicht die Begründung eines Arbeitsverhältnisses erkennen. Dem Um⸗ stande, daß jene Firma die für die Kohlentransporte erforderlichen Wagen und Gespanne gestellt hat, kann gegenüber der im Uebrigen unabhängigen Stellung der Kolonne eine ausschlaggebende Bedeutung nicht beigemessen werden. Zu vergleichen Bescheid 83 (⸗Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1885 Seite 364), auch Rekursentschei⸗ dung 894 (daselbst 1890 Seite 513), und andererseits die Rekurs⸗ entscheidungen 671 und 921 (daselbst 1889 Seite 161 und 1890

Seite 600) sowie die dort angeführten Vorentscheidnngen und die vorstehende Entscheidung 1015.

(1017.) Der Kläger, der von einer Nähmaschinenhandlung sowohl in der Werkstätte bei Reparaturarbeiten als auch als Handlungs⸗ reisender beschäftigt wurde, erlitt, als er auf dem von ihm selbst ge⸗ leiteten Geschäftswagen einige Nähmaschinen zum Verkauf ohne vor⸗ herige Bestellung fuhr, dadurch einen Unfall, daß das Pferd den Wagen in den Chausseegraben drängte. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in der Rekursentscheidung vom 17. November 1890 die gegen die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik erhobenen Entschädigungs⸗ ansprüche zurückgewiesen, da der Kläger bei Ausübung des den Unfall⸗ versicherungsgesetzen nicht unterfallenden⸗Gewerbebetriebes im Umher⸗ ziehben verunglückt ist (zu vergleichen Entscheidung 587, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 301)

Statistik und Volkswirthschaft.

Roggen, Weizen und Kartoffelnl. „Das Statistische Amt hat in dem neuesten Monatsheft (Juli) eine kartographische Darstellung veröffentlicht, durch welche die Pro⸗ duktion von Roggen, Weizen und Kartoffeln, wie sie sich im Durch⸗ schnitt der Jahre 1880/89 gestellt hat, veranschaulicht wird.

Nach diesen Darstellungen treten als Gebiete mit einer starken Roggenproduktion die Kreishauptmannschaften Dresden, Bautzen und Leipzig (mit 20 t und mehr auf 1 qkm Gesammtfläche) hervor. Daran schließen sich der Regierungsbezirk Merseburg und das Herzogthum Anhalt, ferner im nordwestlichen Deutschland Braun⸗ schweig, Regierungsbezirk Hannover, beide Lippe, Minden, im Norden Mecklenburg⸗Schwerin und im Westen Rkeinhessen und Düsseldorf. Alle diese Gebiete erzeugen durchschnittlich 15 t Roggen und darüber auf 1 qkm. Am Schwächsten ist dagegen die Roggenproduktion in mehreren südwestlichen Gebietstheilen des Reichs: in Elsaß⸗Lothringen, Baden, Württemberg, Schwaben und im Regierungsbezirk Trier ist die Roggenproduktion eine sehr schwache; sie beträgt unter 6 t auf den Quadratkilometer. Zwischen 6 und 9t produziren die Regierungsbezirke Gumbinnen, Lüneburg, Stade Arnsberg, Kassel, Wiesbaden, Koblenz, ferner Oberhessen, Unter⸗ franken, Oberbayern. Eine Mittelstellung nehmen mit einer Produktion von 9 —- 12 t Königsberg, Danzig, Marienwerder, Köslin, Frankfurt, Potsdam, Schleswig, Oldenburg, Osnabrück, zum Theil Thüringen, Aachen, Mecklenburg⸗Strelitz, die Rheinpfalz, Ober⸗ und Mittelfranken und die Oberpfalz ein. Eine noch stärkere Produktion mit 12 15 t haben die Provinzen Posen und Schlesien, die Regierungsbezirke Stettin und Stralsund, Magdeburg, Hildesheim, Münster, Köln, Zwickau und Niederbayern.

Die stärkste Produktion an Weizen (und Spelz) mit 9 t und mehr auf 1 akm hat das südwestliche Deutschland, und zwar Elsaß⸗ Lothringen, der größte Theil des badischen, hessischen und württem⸗ bergischen Staatsgebiets, Hohenzollern, Schwaben und Niederbayern in Norddeutschland treten mit derselben reichen Weizenproduktion hervor der Niederrhein (Düsseldorf und Köln), ferner einige Gebiete zwischen Elbe und Weser (Braunschweig, Schaumburg⸗Lippe, Hildesheim, Magdeburg und Leipzig). Sehr gering ist die Weizenproduktion mit 3; t und darunter auf den Quadratkilometer an der Mosel (Trier, Koblenz), in nordwestlichen Theilen Deutschlands (Aurich, Osnabrück, Olden⸗ burg, Bremen, Stade, Lüneburg), ferner in Reuß ä. L. und Zwickau und in einem ausgedehnten Theille des Ostens (Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Stettin, Köslin, Posen und Gumbinnen).

An Kartoffeln haben die stärkste Produktion (60 t und mehr auf 1 qkm) die mittelrheinischen Gebiete und mittlere und südöstliche Theile von Norddeutschland, nämlich Braunschweig, Magdeburg, Merse⸗ burg, Anhalt, Königreich Sachsen, Sachsen⸗Altenburg, Frankfurt, Regierungsbezirke Posen, Breslau und Oppeln. Die geringste Pro- duktion (30 t und darunter) haben der Südosten: Hohenzollern, Jagst-⸗ und Donaukreis, Schwaben, Ober⸗ und Niederbayern; der Nordwesten: Aurich, Osnabrück, Münster, Oldenburg, Regierungsbezirke Hannover, Stade, Lüneburg, Waldeck, Schleswig, Lübeck; außerdem Stralsund; ferner der Nordosten: Provinz Ostpreußen, und zwar besonders der 1““ Gumbinnen, der auf 1 qkm weniger als 20 t produ irt.

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Die überseeische Aus andevang aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam betrug im

1891 1890 1889 1888 8 . .“ Von den im laufenden Jahre ausgew 18 kamen aus der Provinz Posen 13 964, Westpreußen 10 229, Pommern 7133, aus Bayern rechts des Rheins 5445, dem Königreich Württem⸗ berg 3805, aus der Provinz Hannover 3727, Brandenburg mit Berlin 3207, Schleswig⸗Holstein 2786, Rheinland 2466, aus dem Groß⸗ herzogthum Baden 2361, dem Königreich Sachsen 2142, der Pro⸗ vinz Hessen⸗Nassau 1728, Schlesien 1608, Ostpreußen 1236, aus der Rheinpfalz 1231, der Provinz Westfalen 1220, dem Großherzogthum Hessen 1101, der Provinz Sachsen 1087. Der Rest von 5215 Per⸗ sonen vertheilt sich auf die übrigen Gebiete des Reichs. 11“

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Oranienburg wird dem „Vorwärts“ berichtet, daß die dortigen Tischler die zehnstündige Arbeitszeit errungen haben; bis jetzt war eine elfstündige und darüber üblich. Die Meister hatten sich anfänglich entschieden gegen die Verkürzung der Arbeitszeit erklärt und bei 30 Konventionalstrafe beschlossen, die elfstündige Arbeitszeit beizubehalten; jetzt haben sie mit Ausnahme eines Meisters nachgegeben.

Hier in Berlin ist in der Musikinstrumenten⸗Fabrik von Pitschmann u. Söhne, Aktiengesellschaft in Berlin, wegen Lohn⸗ differenzen ein Strike der Bälgemacher und Stimmer ausgebrochen. Hr. A. Hamann stellt in einer Zuschrift an den „Vorwärts“ die Darstellung des Blattes über den Hergang bei dem in seiner Werkstatt ausgebrochenen Ausstand der Stockarbeiter richtig. (Vgl. Nr. 206 d. Bl.) 8 3

In Krakau ist ein Ausstand der Droschkenkutscher ausgebrochen. Keine einzige Droschke ist gestern auf den Standplätzen erschienen. Die Polizei verhängte über die Wagenbesitzer hohe Geldstrafen.

Der „Köln. Ztg.“ wurde unter dem 2. d. M. aus Lille ge⸗ schrieben, unter den Ausständigen in Wignehies beginne es bedenklich zu gähren. Schaaren von Feiernden, darunter viele Weiber, zogen lärmend und singend vor das Rathhaus und verlangten von der Ortsbehörde Brot. 160 Weber der Firma Boussu u. Legros wurden endgültig entlassen. Der Deputirte Baudin traf, wie die Berliner „Volksztg“ berichtet, an diesem Tage in Wignehies ein und versuchte vergebens, die aufgeregte Volksmenge zu beruhigen. Die Bevölkerung, besonders die Berg⸗ leute, sind außerordentlich gereizt gegen das Militär. Gestern haben nun einer Wolff'schen Meldung zufolge die Wollengarn⸗ Arbeiter zu Wignehies und Fourmies den allgemeinen Ausstand beschlossen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind Seitens der Behörden die erforderlichen Maßregeln getroffen worden.