1891 / 211 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Eisenschmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstraße 4/5. 58 1— Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1 Berlin, den 7. September 1891. .

Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung. 8 von Usedom, Oberst und Abtheilungs⸗Chef.

Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von R.

Aichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. September.

Seine Majestät der Kaiser und König trat gestern Vormittag, wie schon telegraphisch gemeldet, die Weiter⸗ reise nach Bayern von Allentsteig aus an. Das Manöver der österreichischen Truppen war, wie noch nachträglich gemeldet wird, gegen 10 Uhr abgeblasen. Alsdann versammelten sich die Corpskommandanten, Generale und Stabsoffiziere unter Führung des Erzherzogs Albrecht vor den Majestäten. Der Kaiser Franz Joseph sprach Seine Anerkennung und Zufriedenheit aus und dankte dem Kaiser Wil⸗ helm Namens der Armee wärmstens dafür, daß Allerhöchstderselbe den Manövern beigewohnt habe. Seine Majestät der Kaiser Wilhelm antwortete dankend und sprach Seine Freude darüber aus, daß Ihm Gelegenheit gegeben worden sei, die Tüchtigkeit der österreichisch⸗ungarischen Armee zu bewundern. Hierauf verabschiedete Sich Seine Majestät der Kaiser Wilhelm herz⸗ lichst von den Erzherzogen und Generalen und begab Sich, begleitet vom Kaiser Franz Joseph, nach der Bahnstation Allentsteig, woselbst Sich die Monarchen ebenfalls in herzlich⸗ ster Weise verabschiedeten.

Die Ankunft Seiner Majestät des Kaisers und Königs in München erfolgte Abends um 9 ½ Uhr. Bei dem Herannahen des Kaiserlichen Sonderzugs er⸗ strahlte der reichgeschmückte Centralbahnhof in elek⸗ trischem Licht und bengalischer Beleuchtung, eine Batterie gab mit 101 Kanonenschüssen Salut, die Kapelle des Leib⸗Regiments intonirte die preußische Nationalhymne und tausendfache begeisterte, jubelnde Hochrufe erschallten. Sobald der Zug hielt, entstieg Seine Majestät der Kaiser in der Uniform des 1. Bayerischen Ulanen⸗Regiments „Kaiser Wilhelm II., König von Preußen“ eilenden Schrittes dem Salonwagen und begrüßte mit wiederholten Umarmungen und Küssen Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten, welcher preußische Artillerie⸗Uniform angelegt hatte. Nachdem Seine Majestät auch die Prinzen des Königlichen Hauses, welche gleichfalls in preußischen Uniformen erschienen waren, begrüßt hatte, erfolgte die Vorstellung des Ge⸗ folges. Seine Majestät der Kaiser schritt alsdann die Front der Ehren⸗Compagnie ab und ließ sie im Parademarsch defiliren. Nach Abhaltung eines kurzen Cercles im Königssalon bestiegen Seine Majestät der Kaiser und der Prinz⸗Regent die sechsspännige offene Hof Equipage und begaben Sich, von je einem Zug der Kaiser⸗Ulanen vor und hinter dem Wagen eskortirt, zu der auf der anderen Seite des Bahnhofs an der Ehrenpforte errichteten Tribüne der städtischen Behörden. Hier wurde Seine Majestät vom Ober⸗ Bürgermeister von Widenmayer Namens der Stadtgemeinde ehr⸗ furchtsvoll bewillkommt, worauf Seine Majestät mit kurzen Worten huldvollst dankte. Bei prachtvollem Wetter erfolgte sodann, unter ununterbrochenem stürmischen Jubel der zahlreich herbei⸗ geströmten Menschenmenge und begleitet von den Klängen der Kapellen der vielen im Spalier aufgestellten Vereine, die Ein⸗ fahrt durch die prachtvoll geschmückte, elektrisch beleuchtete Via triumphalis zum Residenzschloß.

Am großen Hauptportal des Schlosses wurden Seine Majestät der Kaiser und der Prinz⸗Regent von dem Oberst⸗ Hofmeister Grafen zu Castell an der Spitze der uͤbrigen Obersten Hofchargen und des Ehrendienstes empfangen und zu den Gemächern geleitet. Auf den Treppen waren Hartschiere in Gala aufgestellt, zur Seite des Zugs schritten Pagen mit Wachsfackeln. Am Eingange zum Thronsaal kamen Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Leopold und die sämmt⸗ lichen Prinzessinnen des Königlichen und Herzoglichen Hauses Seiner Majestät dem Kaiser entgegen und wurden von Allerhöchstdemselben begrüßt. Nach einem Cercle mit den Hofstaaten im Nebensaale zogen sich der Prinz⸗Regent, sowie die Prinzen und Prinzessinnen zu⸗ rück, da Seine Majestät der Kaiser ein gemeinschaftliches Souper wegen der vorgerückten Zeit dankend abgelehnt hatte. Seine Majestät nahm hierauf in Seinen Gemächern das Souper ein. Während desselben hatte sich eine dichte Menschenmenge vor dem Königlichen Schlosse angesammelt, welche unausgesetzt in enthusiastische Hochrufe ausbrach. Seine Majestät dankte wiederholt vom Fenster aus.

Von der Einzugsstraße giebt die Münchener „Allgem. Ztg.“ folgende Schilderung. Die reichgeschmückte via trium- phalis beginnt am Königsalon des Centralbahnhofs und führt über den Bahnhofsplatz, wo zwei kleine Triumph⸗ bogen mit dem bayerischen Wappen und ein größerer Triumphbogen mit dem deutschen Reichsadler sich aus⸗ spannen. Eine mächtige Kaiserkrone ruht auf dem großen Triumphbogen, zu dessen Seiten dichte Tannen⸗ gruppen die Breite der Schützenstraße füllen. Bahnhofpla und Einzugsstraße bis zur Königlichen Residenz hin waren burc elektrisches Licht taghell erleuchtet. Vom Hofgartenthor herab strahlte aus einem sogenannten Gasbecken ein wundervolles rothes Licht, die architektonischen Linien der Feldherrnhalle waren mit einigen hundert Glühlichtern markirt, während dazwischen eine Krone und ein Stern in verschiedenen Farben flammten. In der Residenzstraße bildeten die farbigen Glühlichter reiche Guirlanden Bogenlampen verstärkten den Eindruck; am Max⸗Josephplatz, vor den Gemächern des Kaisers, leuchteten 22 große Bogenlampen.

Heute Vormittag gedachte Seine Majestät der Kaiser das Rathhaus zu besuchen. Aus dem reichhaltigen Stadtarchiv sind, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, im Saale der Gemeinde⸗ kollegien die seltensten, meist prachtvoll ausgestatteten Urkunden der Stadt München aus der Zeit des Mittelalters aufgelegt, darunter eine, welche die eigenhändige Unterschrift Kaiser Rudols's von Habsburg trägt. In einem reichgeschmückten, goldenen Pokal, einem Meisterwerk der Münchener Goldschmiedekunst, wird nach alter deutscher Sitte dem Kaiser der Ehrentrunk kredenzt, auch wird Allerhöchstdemselben das goldene Buch der Stadt gereicht, damit Seine Majestät zum

Gedächtniß an hohe Ehre, die der Stadt und

Bürgerschaft Münchens durch den Besuch des Rathhauses

widerfahren, Seinen erlauchten Namen auf die Blätter des⸗ selben eintrage. Um 2 Uhr Mittags sollte in der Königlichen Residenz Hoftafel stattfinden. . .

Die Münchener Blätter widmen dem Kaiser herzliche Begrüßungen. So schreibt die Allgemeine Zeitung“:

Die diesmalige Anwesenheit des Kaisers in München ist ein Augenblick von geschichtlicher Bedeutung; die Tage, welche jetzt an uns vorübergehen, werden in Deutschlands Entwickelung lange nach⸗ klingen. Der Glanz der Treue für das Reich, welche den erlauchten Herrn des bayerischen Landes in den Junitagen des Drei⸗Kaiser⸗ Jahres bewog, in Berlin an der Seite des Kaisers mit den anderen deutschen Fürsten vor dem versammelten Reichstage zu er⸗ scheinen und dadurch zu bekunden, daß der Reichsgedanke bei Fürst und Volk in Deutschland hoch über jedem Wechsel der Zeiten stebt, der Glanz dieser Treue umleuchtet in fleckenloser Reinheit Kaiser Wilhelm II. auch heute nach drei Jahren hier in München wieder, leuchtet hinauf bis zur fernen Königsau und den Gestaden der deut⸗ schen Meere als Symbol und Ausdruck der Gewißheit, daß Deutsch⸗ lands Fürsten und Stämme in der Treue um Treue unerschütterlich und unzertrennlich verbunden sind....

Der Friede, welchen zu wahren Kaiser Wilhelm seit seiner Thron⸗ besteigung unablässig bemüht gewesen ist, beruht nicht zum Wenigsten auf der Tüchtigkeit des deutschen Heeres. Der Kaiser wird in diesen Tagen die Ueberzeugung gewinnen, daß Bayerns Truppen hinter ihren deutschen Kameraden nicht zurückgeblieben sind in Allem, was die Kriegstüchtigkeit der Gesammtheit und die Durchbildung des Einzelnen erfordert; möge der Hohe Herr ebenso die Gewißheit empfangen, daß in Bayern Fürst und Volk hinter keinem deutschen Stamme zurück⸗ stehen in der Treue und Ergebenheit für Kaiser und Reich. Mrböge es dem Kaiser hier in München wohlgefallen. Sein Er⸗ scheinen wird dazu dienen, den Bund der Herzen noch inniger zu knüpfen, welcher in der Reichsverfassung nur seine äußere Form ze⸗ funden hat, wird im deutschen Süden den Kaisergedanken noch wärmer und lebendiger aufleuchten lassen. Was dabei auch an Eigenart hier hervortreten mag im gesammten bayerischen Volke lebt doch das Bewußtsein, daß der bayerische Löwe auf ewige Zeit dem Hohen⸗ zollern⸗Aar fest verbunden ist für die Wacht an des Reiches Grenzen, und nur dem Reich dient die Fülle der Kraft, welche in Bayerns Söhnen lebt.

Die „Neuesten Nachrichten“ feiern den Kaiser als Friedensfürsten und Schirmherrn des Friedens und sprechen das Gelöbniß aus, daß in der Stunde der Gefahr die Bayern in 8n ersten Linie der deutschen Vaterlandskämpfer stehen würden.

Das „Fremdenblatt“ bemerkt, der Kaiser werde finden, daß die Reichsidee allzeit einen sicheren Hort in Bayern finde, welches mit unverwüstlicher Energie seine Pflichten gegen Kaiser und Reich erfüllen werde.

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Das Comité für die Niederlegung der Schloß⸗ freiheit zu Berlin hat aus den überschießenden Mitteln der Schloßfreiheit⸗Lotterie 210 000 Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin zur Verwendung für kirchliche und wohlthätige Zwecke überwiesen. Ihre Majestät bestimmte von dieser Summe 100 000 ℳ, zum Bau einer Heimstätte für arme verheirathete Wöchnerinnen in Berlin, 100 000 für den Bau einer evangelischen Kirche in einer armen Massen⸗ gemeinde des Ostens von Berlin und 10 000 zur Be⸗ der Orgel für die katholische St. Sebastiankirche zu Berlin.

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des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten ist die Einfuhr lebender Schweine aus Italien und aus den Mastanstalten zu Wiener⸗Neustadt, Bielitz⸗Biala und Steinbruch nach dem öffentlichen Schlacht⸗ hause zu Eschwege widerruflich gestattet worden.

Der kommandirende General des III. Armee⸗Corps, General⸗Lieutenant von Versen, General⸗Adjutant Seiner Maäajestät des Kaisers und Königs, hat sich mit seinem Stabe in das Manövergelände begeben.

S. M. S. „Moltke“, Kommandant Kapitän zur See Freiherr von Erhardt, ist am 6. September in St. Vin⸗ cent (Kap Verdische Inseln) eingetroffen und beabsichtigt, am 18. September nach St. Jago (Kap Verdische Inseln) wieder in See zu gehen.

8 Bayern. München, 7. September. Der General⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal und der preußische Kriegs⸗Minister General⸗Lieutenant von Kaltenborn⸗Stachau trafen, wie „W. T. B.“ berichtet, heute hier ein und wurden vom Bahnhof in Hof⸗Equipagen nach dem Palais des Prinzen Luitpold abgeholt. 3

Der Landtag ist auf den 29. September einberufen worden.

8 Baden.

Karlsruhe, 7. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog traf vorgestern von den Manövern der 29. Division wieder in Schloß Mainau ein. Gestern begab sich der Großherzog nach Schliengen, um, wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, daselbst am 7. und 8. d. M. den Manövern der 28. Division beizuwohnen.

Durch einen Erlaß des Ministeriums des Innern ist die Vornahme der Wahlmännerwahlen für die Landtags⸗ wahl auf den 24. September cr. angeordnet worden.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 7. September. Das Befinden Seiner König⸗ lichen Hoheit des Großherzogs ist, nach dem heute aus⸗ gegebenen Bulletin, nach einer im Ganzen ruhig verbrachten Nacht, wieder ein etwas besseres. Die mit Erregung und großer Unruhe verbundenen nervösen dnfch. der letzten Tage sind seit gestern Mittag nicht wiederge ehrt. Appetit, Kräftezustand und Stimmung haben sich von Neuem gehoben.

8 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. September. Das Großherzogliche Haus ist, wie die „Th. C.“ schreibt, durch den am Sonnabend in Baden⸗Baden erfolgten Tod des Prinzen Alexander

etrübniß versetzt worden. des Prinzen Herm

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stand im fünfunddreißigsten Lebensjahre und war Rittmeister im 2. Königlich Sächsischen Husaren⸗Regiment Nr. 19.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin begaben sich heute von der Wartburg nach Ettersburg, um Ihrer Königlichen Hoheit der Erbgroßherzogin anläßlich des Todes ihres Bruders ihr Beileid auszusprechen. Verewigte besaß u. a. Orden die Königlich preußische Rettungs⸗ medaille. Die Beisetzung findet dem Vernehmen nach hier statt. Für die Neuwahl des Landtages des Großherzog⸗ thums, die jetzt vorgenommen wird, ist von der frei⸗ sinnigen Partei in Weimar ein Programm aufgestellt worden, das von dem künftigen Landtage fordert: Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahl⸗ rechts für die Landtagswahlen an Stelle des derzeitigen Wahlgesetzes, dem zufolge 21 Abgeordnete aus indirek⸗ ten Wahlen hervorgehen, Schaffung eines unabhängigen Verwaltungsgerichtshofs für das Großherzogthum, Einführung einer Städteordnung für die vier größeren Städte des Groß⸗ herzogthums, stärkere Progression der Einkommensteuer von 6000 Einkommen an zum Zwecke der Entlastung des Mittel⸗ und Arbeiterstandes, gesetzliche Regelung der Ent⸗ schädigung unschuldig Verurtheilter und Verhafteter.

Sachsen⸗Meiningen. 1

†† Meiningen, 6. September. Seine Hoheit der Herzog hat heute die Sommerresidenz Altenstein verlassen, um längeren Aufenthalt in der Schweiz zu nehmen, woselbst Höchstderselbe auch am 20. d. M. verweilen wird.

8 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. September. Der Kaiser Franz Joseph traf

laut Meldung des „W. T. B.“ heute Nachmittag 5 Uhr 20 Minuten in Begleitung des Ministers des Auswärtigen Grafen Kälnoky und mit dem übrigen Gefolge hier ein und

wurde auf dem Bahnhofe von dem zahlreich versammelten Publikum auf das Enthusiastischste begrüäßt. Der König und der Prinz Georg von Sachsen sind heute nach herzlichster Verabschiedung von dem Kaiser von Schwarzenau nach Dresden zurückgekehrt.

Das „Fremdenblatt“ dementirt auf das Entschiedenste die von dem Pariser „Soir“ aus einem slavischen Blatt repro⸗ duzirte Meldung, daß über die Annexion Bosniens und der Herzegowina zur Zeit Erörterungen stattfänden und daß die Annexion im nächsten Jahre durchgeführt werden solle. Das „Fremdenblatt“ fügt hinzu: Da es scheine, daß durch diese Meldung in Konstantinopel Anlaß zu Verdächtigungen geboten gewesen sei, so könne es auf das Bestimmteste versichern, daß an der ganzen Meldung kein wahres Wort sei. In hiesigen maßgebenden Kreisen beschäftige man sich überhaupt nicht mit derartigen

bosnischen Fragen.

Großbritannien und Irland.

London, 7. September. Die Königin gedenkt der „A. C.“ zufolge bis Ende November in Balmoral zu bleiben,

wenn nicht inzwischen ein freudiges Ereigniß in der Familie des Prinzen Heinrich von Battenberg eine Verlegung des Hofes

nach einer südlicheren Gegend gebieten solle.

Frankreich. 8

Paris, 8. September. Der Kriegs⸗Minister de

Freyeinet empfing gestern Abend, wie „W. T. B.“ berichtet, die sämmtlichen fremdländischen Militär⸗Attachés, welche heute

früh zu den großen Manövern reisten, und lud sie zu dem Dejeuner ein, welches am Donnerstag für die an den Manövern betheiligten Generale veranstaltet wird.

Den Mittelpunkt der gestrigen Manöver bildete die Position von Colombey les deux Eglises, welches vom General 8 angegriffen und vom General Davout vertheidigt wurde.

Der Bischof von Chalons hat der „Köln. Ztg.“ zu⸗

folge in einem Rundschreiben an seine Geistlichen die bei der Anwesenheit des Präsidenten der Republik in dem Departement der Marne zu beobachtende Haltung folgendermaßen erläutert: Die Geistlichkeit werde Herrn Carnot ihre Huldigungen darbringen und glücklich sein, ihn wegen seines Patriotismus zu beglückwünschen. Die Regierung der Republik sei durch die Haltung Europas belohnt worden, das durch

alänzende Kundgebungen Frankreich eine Ehrenstellung in der 8 l Das französische Volk sei dafür dankbar, und der Klerus theile dessen Gefühle und habe

Völkerfamilie wieder zuerkenne.

das Vertrauen, daß das Staatsoberhaupt, ohne die verfassungs⸗ mäßigen Wege zu verlassen, durch seinen hohen Einfluß die religiösen Freiheiten wieder herstellen werde.

Bei einer Festlichkeit, welche vorgestern zu Ehren des russischen Botschafters von Mohrenheim in Lourdes stattfand, wurde ihm in einer Ansprache der Dank für seine Mitwirkung zu der zwischen Frankreich und Rußland hergestellten innigen Verbindung ausgesprochen. Der Bot⸗ schafter erwiderte, er habe nur den Willen des Czaren zur Ausführung gebracht.

Das Panzer⸗Geschwader in Cherbourg unter Admiral Gervais hat den Besehl erhalten, nach Quiberon abzugehen, Die Offiziere des

wo eine Besichtigung stattfinden soll. „Marceau“ gaben vorgestern ihren russischen Kameraden vom „Admiral Nachimow“ ein Mahl. Nachmittags spielte di

Kapelle des „Nachimow“ im Stadtgarten; viele Häuser waren

mit russischen Fahnen geschmückt. Die Einnahmen aus den indirekten Steuern und

Monopolen überstiegen im August den Voranschlag um

7 Millionen Francs und die bezüglichen Einnahmen im August des Vorjahres um 6 700 000 Francs. Die Zölle ergaben ein Mehr von 3 Millionen Francs.

Rußland und Polen.

P(L) Auf Ersuchen des norwegischen Departements des Innern hat die

schwedisch⸗norwegische Gesandtschaft in St. Petersburg telegraphisch mitgetheilt, daß die russische Regierung nicht die Absicht habe, das Roggen⸗Ausfuhr⸗ verbot auf die Hafen am Weißen Meere auszudehnen. Eine solche Maßnahme halte die russische Regierung auch nicht für nothwendig, insofern nicht unvorhergesehene Umstände ein⸗ treten sollten. Italien.

Rom, 7. September. Der König hat, wie „W. T. B.“ meldet, den Afrikareisenden Professor Dr. Schweinfurth zum

Offizier der italienischen Krone ernannt

Der

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Cetinje, 7.

Staatseisenbahnen

Wie verlautet, wird der König von Rumänien noch einige Tage hier verweilen. Die Königin von Rumänien wird, wie es heißt, nach der Abreise des Königs noch einige Zeit hier verbleiben und dann wahrscheinlich nach Salerno reisen, um dort Winteraufenthalt zu nehmen.

Niederlande.

Amsterdam, 6. September. Der Gegenbesuch der beiden Königinnen am Berliner Hofe wird, wie jetzt halbamtlich im Haager „Dagblad“ angezeigt wird, nicht vor dem nächsten Frühjahr stattfinden, nachdem die frühere Absicht, den Besuch bereits im August abzustatten, in Folge des dem Kaiser zugestoßenen Unfalls aufgegeben werden mußte.

88 Montenegro.

September. Der Fürst von Monte⸗ negro ist laut Meldung des „W. T. B.“ mit seiner Ge⸗ mahlin und dem Erbprinzen hier wieder eingetroffen.

Schweden und Norwegen. (P) Christiania, 5. September. Die Einnahmen der im Finanzjahre 1890/91 betrugen 7476 540 Kronen gegen 7 276 620 Kronen im Finanzjahre

Kopenhagen, 7. September. Zu Ehren des Geburts⸗ tages der Königin waren nach einer Meldung des „W. T. B.“ das auf der Rhede liegende dänische Geschwader, sowie das russische Geschwader, die englische Nacht „Osborne“ und das französische Kriegsschiff „Chateau Regnault“ glänzend illuminirt. Von allen Schiffen wurden zahlreiche prachtvolle Feuerwerkskörper abgebrannt. Dicht gedrängte Menschen⸗ massen wohnten an den Ufern dem prachtvollen Schauspiel bei.

Asien.

China. Ueber die den Europäern feindselige Stimmung sind, wie wir der „A. C.“ entnehmen, die folgenden Nachrichten mit der Post in San Francisco eingetroffen. Ein Bewohner von Wuchang schreibt der „North China News“ unter dem 3. August: „Die Geduld der ausländischen Einwohner ist fast erschöpft, so saumselig gehen die chinesischen Be⸗ amten an die Bestrafung der Ruhestörer von Wusueh. Endlich sind wieder acht von ihnen wegen Mordes, thätlichen Angriffs und Raubes zu lebenslänglicher 312* lebenslänglicher Verbannung und Brandmarkung auf dem Gesicht und Rücken verurtheilt. Der Zollbeamte Mr. Green und der Missionar Argent wurden getödtet. Auf Mrs. Boden, Mrs. Prothero und Mrs. Warren nebst deren Kindern wurde ein Mordversuch am 5. Juni gemacht. Der oberste Mandarin weigerte sich einfach, einen einzigen Mann zur Be⸗ schützung der Ausländer zu senden. Vom 5. Juni bis zum 8. wurden etwa dreißig Personen verhaftet, schließlich aber alle bis auf fünf wieder freigelassen. Der auf die Behörden ausgeübte Druck veranlaßte dieselben schließlich, am 4. Juli fünf andere zu verhaften. Zwei Mörder wurden schließlich in Kuangchi enthauptet. Ein Untermandarin wurde seines Amtes entsetzt, weiter aber nicht bestraft. Die Behörden erklärten darauf, daß sie die Sache bis auf die Geldentschädigung für abgethan hielten. Erst als Chang Chi Tung die ernsthaftesten Vor⸗ stelungen gemacht worden waren, beschloß er, die Ge⸗ richtsverhandlungen wieder zu eröffnen. Am 29. Juli gestan⸗ den drei Leute, daß sie die Hrrn. Green und Argent ermordet hätten, zwei andere, daß sie die Damen geprügelt und Häuser geplündert, drei weitere, daß sie geplündert hätten. An dem⸗ selben Tage, 54 Tage nach dem Aufruhr, wurden durch Mauer⸗ anschläge zuerst Belohnungen für Mittheilungen über die Aufrührer versprochen. Der oberste Mandarin blieb ruhig im Amt, obgleich man dem britischen Konsul seine Ab⸗ setzung versprochen hatte. Den Anreiz zu den Ruhestörungen in Wusueh und anderswo bildeten Maueranschläge, die gegen die Fremden gerichtet waren. Die Behörden wurden mehrere Male darauf aufmerksam gemacht, ehe der Aufruhr be⸗ gann, Niemand aber ist deswegen bestraft worden. Am 30. Juli erhielt der amerikanische Admiral ein Telegramm von Foochow, worin es hieß, daß dort Gefahr drohe. Er möge deshalb ein Kanonenboot und einen Kreuzer absenden, was er auch that. Am nächsten Tage erhielt der Admiral ein zweites Telegramm, worin ihm mitgetheilt wurde, daß die Chinesen Anschläge in der Stadt verbreitet hatten mit der Ueberschrift: „Rottet die Fremden aus!“ 3000 Honan⸗ Soldaten würden sich wahrscheinlich den Aufrührern an⸗ schließen. Das russische Kanonenboot „Siovotch“ traf am 25. Juli in Hongkong ein und sollte nach Hankow weitersegeln.

Nach einer dem „N. Y. Herald“ zugegangenen Nachricht aus Shanghai vom 5. d. M. hat der chinesische Pöbel die Kirche, sowie das Schul⸗ und Waisenhaus der französischen Nonnen niedergerissen und seine Wuth auch noch an anderen Europäern gehörigen Gebäuden ausgelassen. Das fran⸗ zösische Kanonenboot „Aspic“ ist aus Kinkiang nach dem Schauplatz der Unruhen abgedampft. Der Com⸗ mandeur hat die weitgehendsten Weisungen empfangen. Die Zollbeamten bereiten sich auf die ertheidigung der französischen barmherzigen Schwestern vor, welche noch glück⸗ lich ihrer Niedermetzelung entgangen sind. Es heißt, daß die Entführung eines Kindes und seine Auslieferung an das Kloster Seitens einer nicht zu ermittelnden Person den Anlaß der neuen Unruhen bildeten.

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Kunst und Wissenschaft.

9 Nach den „Sitzungsberichten der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ hat die pbysikalisch⸗ mathematische Klasse zur Ausführung wissenschaftlicher Arbeiten neuer⸗ dings bewilligt: 2500 zur Fertigstellung der Werke Jacobi's; die philosophisch⸗bistorische Klasse: 600 an die G. Reimersche Verlagsbuchhandlung zur Drucklegung von Euting's sinaitischen In⸗ schriften, 5000 zur ferneren Herausgabe der Kommentatoren des Aristoteles, 3000 zur Fortführung der Supplemente zum Corpus inscriptionum Latinarum, 3000 zur Fortsetzung der Arbeiten an der Sammlung gricchischer Inschriften, 6000 zur ferneren Heraus⸗ gabe der polgischen Korrespondenz König Friedrich’'s II., 1000 der Hinrichs'schen Verlagsbuchhandlung in Leipzig zur Drucklegung der Schwartz'schen Publikation gnostischer Werke und 750 dem Oberlehrer Dr. Gustav Bauch in Breslau zur Fortführung seiner Studien für die Geschichte der Universität Wittenberg. Zu den Kosten der Publikation der antiken Münzen von Moesien, Tbracien und Macedonien hat das Königliche Ministerium der geistlichen, Schul⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten einen außerordentlichen Zuschuß t

von 1400 bewilli

Die erste öffentliche Sitzung des „Kongresses für Internationales Recht“ wurde laut Meldung des „W. T. B.“ gestern Nachmittag 2 Uhr in Hamburg durch den Vorsitzenden, Professor von Bar⸗Göttingen, mit einer Ansprache eröffnet, in welcher er darauf hinwies, daß Hamburg als alte Hansastadt ein ganz besonders günstiger Boden für die Ten⸗ denzen des Kongresses sei. Senator Dr. Hertz erwiderte Namens des Senats, indem er den Kongreß herzlich willkommen hieß. Zur Berathung gelangte nur der Bericht des Berichterstatters Professors Lyon⸗Caen (Paris) über das Thema: „Les conflits des lois relatives aux sociétés par actions.“ Besonders eingehend war die Besprechung über den Artikel 5 der vorgeschlagenen Resolution, welcher lautet: „Man muß als Heimatbhsstaat einer Aktiengesellschaft mit Rücksicht auf die Anwendung der speziellen Gesetze auf die Gesell⸗ schaften das Land betrachten, in welchen. die Gesellschaft ihren Haupt⸗ sitz hat. Jedenfalls kann der Staat, in welchem die Gesellschaft ihren rechtsgültigen, nicht bloß scheinbaren Wohnsitz hat, als Ursprungs⸗ land betrachtet werden, wenn die Statuten auf die Gesetze dieses Landes Bezug nehmen’ An der Besprechung betheiligten sich u. A. Ascher⸗Amsterdam, Senator Hugo Pierancori⸗Rom und Professor Goldschmidt⸗Berlin. Eine Einigung wurde vorläufig nicht erzielt, und die Besprechung auf beute vertagt.

Der französische Maler Jules Elie Delaunay, geboren zu Nantes am 12. Juli 1828, ist in der Nacht vom 4. zum 5. d. M. gestorben. Unter seinen sich durch dramatisch lebensvolle Wahrheit auszeichnenden Bildern sind hervorzuheben: Die Kommunion der Apostel, die Pest in Rom und der Tod des Nessus, sämmtlich im Luxembourg. In letzter Zeit malte Delaunay fast ausschließlich Porträts, welche sich durch ihre lebenswahre Ausführung auszeichneten.

Land⸗ und Forstwirthschaft. 8

Forstwesen.

Die Ergebnisse der Königlichen Forstverwaltung im Reg.⸗ Bez. Arnsberg für das Etatsjahr 1890/91 sind als verhältniß⸗ mäßig günstige zu bezeichnen. Der Bruttoertrag ergab für das Hektar des zur Holzzucht benutzten Bodens 31,55 ℳ, der Nettoertrag 11,55 Die erhöhten Geldergebnisse sind vornehmlich in dem Be⸗ streben höherer Nutzholzausbeute, der Msöglichkeit dessen Absatzes, namentlich auch in weniger guten Buchenhölzern, sowie in den seit längerer Zeit herrschenden hohen Kohlenpreisen zu suchen, welch den Absatz des Brennholzes zu guten Preisen gestatteten.

Ernte. 1e“

Nach dem offiziellen Saatenbericht für das ganze König⸗ reich Bayern pro August sind, wie „W T. B.“ berichtet, die Getreidearten trotz der Regenfülle meistens befriedigend eingebracht; die Qualität und die Quantität sind zum Theil ausgezeichnet; Kar⸗ toffeln, in Tieflagen krank, werden in Trockenlagen gelobt. Der Wiesenschnitt, Kleeernte und Futterrüben sind gut; Hopfen verspricht eine Mittelernte. Taback ist vortrefflic. Weinreben schlecht entwickelt. Obst sehr verschieden. Die Landwirthschaft ist überall durch Regen stark zurückgehalten. Neben dem Roggen be⸗ findet sich viel Mutterkorn.

(F) Der Gothenburger Kaufmannsverein hat in diesen Tagen von seinen Vertretern in mehreren Läns des südlichen und mittleren Schwedens Berichte über den bisherigen Ausfall der Ernte sowie über die Aussichten für den noch nicht eingeheimsten Theil derselben erhalten. Nach diesen Berichten ist die Heuernte durchschnittlich eine gute gewesen, nur in einigen Distrikten haben die anhaltenden Nieder⸗ schläge beträchtlicheren Schaden verursacht. Die Weizen⸗ und Roggen⸗ ernte wird in den meisten Berichten als eine mittelmäßige, theilweise gute bezeichnet, nur in Schonen und Kronobergs Län war sie recht dürftig. Der Hafer, der noch auf vielen Stellen ungemäht steht, wird kaum eine Durchschnittsernte ergeben. Mit der Kartoffelernte sieht es in mehreren Län sehr trübe aus, in einigen wird vollständiger Mißwachs befürchtet.

Handel und Gewerbe.

agliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 10 016, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) Bhf. hat der ug 11 Verviers⸗Köln in Köln den Anschluß an Zug 91. öln Osnabrück nicht erreicht. Grund: längerer Aufenthalt

in Hohenthal und Ronheide.

Die zweite englische Post über Ostende vom 7. d. hat in Köln den Anschluß an Zug 31 nach Berlin über Hildesheim nicht erreicht. Grund: Verspätetes Landen des Dampfers in Ostende.

Bremen, 7. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Hohenstaufen“ ist vorgestern in Bremerhaven angekommen. Der Dampfer „Stuttgart“ hat heute Lizard passirt. Die Dampfer „Oldenburg“, „Saale“ und „Aller“ sind gestern Nachmittag von Southampton ab⸗ gegangen. Der Dampfer „Straßburg“ ist gestern Nachmittag in Rio de Janeiro angekommen. Der Dampfer „Hannover“ hat gestern Las Palmas passirt. Der Dampfer „Neckar“ ist gestern in Colombo angekommen. Der Schnelldampfer „Ems“ hat vorgestern Vormittag die Heimreise von New⸗York angetreten. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ ist vorgestern Vor⸗ mittag in New⸗York angekommen.

Ham burg, 8. September. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rhaetia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Nachmittag in New⸗York eingetroffen.

Triest, 7. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Urania“ ist gestern Nachmittag von Konstantinopel hier ein⸗ getroffen

London, 7. September. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Melrose“ ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal) an⸗ gekommen. Der Castle⸗Dampfer „Dune⸗Castle“ ist am Sonnabend auf der Heimreise von Capetown abgegangen. „Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist gestern auf der usreise in Capetown, der Union⸗Dampfer „Athenian“ Sonnabend

auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

G Ibsen's „Stützen der Gesellschaft“ fanden gestern bei vortrefflicher Besetzung aller Rollen aufs Neue den Beifall des Publikums, obgleich dies Schauspiel wohl unter allen Ibsen schen Dramen die höchsten Ansprüche an den guten Glauben der Zuschauer stellt. Da die „Stützen der Gesellschaft“ bereits früher eingehender an dieser Stelle besprochen sind, haben wir nur der Leistung einer Debütantin, Frl. Marie Wolff, welche die Lona Hessel gab, besondere Erwähnung zu thun. Die Darstellerin besitzt eine angenehme Erscheinung, ungezwungenes Wesen auf der Bühne und ein lebendiges Spiel. Gestern Abend erschien die Stimme etwas rauh und heiser, wohl in Folge einer körperlichen Indisposition; nichtsdestoweniger war auch

estern zu erkennen, daß Frl. Wolff mit Verständniß wirkungsvoll pricht, daß sie den leichten Konversationston wohl zu treffen weiß und auch für schwere Gemüthsregungen ein kräftiges Ausdrucks⸗ vermögen besitzt. Ein Endurtheil über die künstlerische Individualität der Darstellerin muß allerdings vorbehalten Fleiben. Wir können auch diesmal die Bemerkung nicht unterdrücken, daß Hr. Pohl die innerlich und aͤußerlich unglaub⸗ würdige Gestalt des Bernick überaus geschickt gab und die Wandlung

des großen Sünders zum Guten im letzten Akt überraschend natur⸗

stellung bei. 8.

wahr zu gestalten wußte. Ganz prächtig war auch wieder die komische Gestalt Hilmar's, welche Hr. Gustav Kadelburg verkörperte, und sehr sympatisch gab Frl. Heins dorff die kleine Naivenrolle

der Dina. Residenz⸗Theater

Das Pariser Sittenbild von Henry Meilhac und Ludovic Halsvy „Frou⸗Frou“ wurde gestern Abend mit theilweise neuer Besetzung gegeben und hatte denselben günstigen Erfolg wie bei der ursprünglichen Besetzung. Wenn dieser Erfolg auch in erster Linie dem hoch dramatischen Spiel des Hrn. Emanuel Reicher, in dessen Händen die schwierige Rolle des Herrn von Sartory geblieben war, zu verdanken ist, so gebührt doch auch dem Frl. Emmy Neumann, die in der Titelrolle als Gilberte Hrn. Reicher ebenbürtig zur Seite stand, vollste Anerkennung. Voll übermütbiger Laune als junges Mädchen und als junge Frau, führte sie auch in der leidenschaftlichen Scene vor ihrer Flucht aus dem Hause ihres Gatten die ihr vom Dichter gestellte Aufgabe geschickt dur h. Ebenso erwies sie sich nach ihrem Fall als zärtlich liebende Mutter wie als Verzeihung erflehende Gattin als eine Darstellerin von hoher Begabung. Die zeitweise mit athem⸗ loser Spannung lauschenden Zuhörer zollten dem Spiel dieser beiden Hauptpersonen wiederholt den wohlverdienten Beifall. Rosa Bertens und Josef Jarno, welche in den Rollen der Louise und des Grafen Paul von Valreas neu auftraten, leisteten gleichfalls Tüchtiges und trugen dadurch wesentlich zum Gelingen der Vor⸗

In der Vorstellung der „Minna von Barnhelm“ am Don⸗ nerstag im Königlichen Schauspielhause wird Hr. Kahle den Just, Hr. Grube den Riccaut spielen.

Wegen einer Verletzung am Bein, die sich Georg Engels zuge⸗ zogen hat, muß im Deutschen Theater die erste Aufführung des neuen Lustspiels „Der blaue Brief“ von Freitag auf die künftige Woche verschoben worden. Dafür wird „Wildfeuer“ am Freitag und Sonntag wiederbolt werden.

In der ersten Aufführung des Schauspiels „Francillon“ am Freitag im Lessing⸗Theater wird, wie schon erwähnt, Marie Reisenhofer die Titelrolle spielen. Die beiden anderen weiblichen Hauptrollen werden von Johanna Minow und Hermine Reichenbach dargestellt. Im Uebrigen sind mit den Aufgaben des Stückes die Hrrn. Oscar Sauer, Franz Schönfeld, Theodor Brandt, Carl Waldow und Wilbhelm Rieckhoff betraut, welch Letzterer nach seinem glücklichen ersten Auftreten in „Cyprienne“ für das Lessing⸗Theater dauernd verpflichtet worden ist.

Im Wallner⸗Theater findet am Donnerstag die Erst⸗ aufführung der Posse: „Der Mann mit 100 Köpfen“ von Moulin und Delavigne statt. Den Beschluß der Vorstellung bildet die Kalisch'sche Burleske: „Musikalisch⸗deklamatorische Abendunterhaltung“, welche Harald Gräf ganz im Kalisch’schen Stil vollkommen neu be⸗ arbeitet und mit Gesangstexten versehen hat.

Die Winter⸗Spielzeit wird im Friedrich⸗Wilhelm⸗ städtischen Theater am 21. September mit der ersten Auf⸗ führung der Vaudeville⸗Operette „Onkel Cyprian“ von Audran er⸗ öffnet. In dieser Aufführung werden sich eine Reihe neuer Mitglieder dem Publikum vorstellen, da wegen der Erkrankung der Damen Stubel und Elise Schmidt eine Verstärkung des Personals vor⸗ genommen werden mußte. Es sind zu diesem Zweck Unterhandlungen mit der hier schon vortheilhaft bekannten Operettensängerin Frl. Augustin und der Wiener Soubrette Frl. Anatour eingeleitet.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 2. Klasse 185. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Vormittags⸗Ziehung: 3

1 Gewinn von 15 000 auf Nr. 109 095. 1 Gewinn von 500 auf Nr. 90 486. 12 Gewinne von 300 auf Nr. 42 692. 48 28. 93 653. 115 068. 116 478. 120 146. 131 7

875 3. 82 176. 183 553.

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Mannigfaltiges.

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Die Leiche des Landrichters Holst, der bei einem ohne Führer unternommenen Aufstieg auf die Höhe des Triglav verunglückt ist, ist, wie der „Voss. Ztg“ berichtet wird, am Sonntag in Langenfeld, einem an der Kronprinz Rudolphbahn als Station belegenen Pfarr⸗ dorfe unter großer Theilnahme der Bevölkerung zur letzten Ruhe be⸗ stattet. An der Suche nach dem Verunglückten hatte mindestens je eine Person aus jedem Hause des Dorfes Theil genommen, aus einzelnen Ge⸗ höften waren sogar drei bis vier Mann erschienen, ebenso betheiligten sich die Forstbeamten aus der ganzen Umgegend und die Mitglieder des dortigen Alpenvereins an der Unternehmung. Ein Gebirgsführer fand endlich die Leiche. Hr. Holst ist vermuthlich beim Abstieg in Folge der Loslösung von Geröll zum Absturz gebracht worden, denn sein Kopf und seine Beine waren unter Steingeröll begraben.

Der Magistrat hat, wie die „N. Pr. Z.“ erfährt, die Stadt⸗ verordneten⸗Versammlung nunmehr ersucht, sich mit der Erhöhung der Hundesteuer auf zwanzig Mark für den Hund vom 1. April k. J. ab und mit dem ibr vorgelegten Entwurf zu einer anderweiten Fassung des Regulativs für die Erhebung der Hundesteuer einverstanden zu erklären. Der Vorlage entnehmen wir die folgenden Stellen: „Das zur Zeit hierorts geltende Hunde⸗ steuer⸗Regulativ vom 27. Juni 1867 steht abgesehen von der jetzt beabsichtigten Erhöhung des Steuerbetrages auch bezüglich seiner sonstigen Fassung mit der inzwischen veränderten Gesetzgebung und den zur Zeit bestehenden Verwaltungs⸗Einrichtungen nicht mehr überall im Einklang. Wir baben desbalb eine Durchsicht und neue Fafsung desselben vorgenommen und dabei sind namentlich die §§. 16 24 und 27 (jetzt. 26), welche die Steuerfreiheit der Hunde und das Aufgreifen derselben betreffen, einzelnen nicht besonders erheblichen Abänderungen unterzogen worden. Wir bemerken hierzu, daß die Abänderungen, soweit sie nicht lediglich die Fassung betreffen, auf der Erwägung beruhen, daß die Hundesteuer nach der Absicht der ihr zum Grunde liegenden Gesetze die Luxushunde zu treffen, die einem wirk⸗ lich vorhandenen wirthschaftlichen Bedürfniß dienenden Hunde aber freizulassen hat, und daß es vor Allem darauf ankommt, die Straßen und Plätze vor frei umherlaufenden Hunden soweit als irgend möglich

zu sichern.“

Die Friedrichsbrücke wird, wie die „N. Pr. Ztg.“ mittheilt, in kurzer Zeit abgetragen werden, um alsdann vollständig neu und breiter als bisher zu erstehen. So ist der Fußgängersteg, der aus Anlaß des Neubaues hergestellt wird, nahezu vollendet und dürfte in etwa vierzehn Tagen dem Verkehr geöffnet werden, da man zur eit bereits mit dem des hölzernen Oberbaues beschäftigt ist. Der Fußgängersteg mündet auf einer Seite in die Säulenhalle der Na⸗ tionalgalerie ein, so daß eine der Sandsteinbrüstungen entfernt werden muß, um den Verkehr zu ermöglichen.

An der Sommerstraße, gegenüber dem Reichstagsneubau, hat die Baugesellschaft „Eigenhaus“ durch Baumeister C. Bauer ein Musterhaus auffüͤhren lassen, das für eine Arbeiterfamilie berechnet ist; bei dem Bau sind weniger Schönheitsrücksichten, als praktische Gesichtspunkte maßgebend gewesen. Das Erdgeschoß enthält eine mittelgroße, aber nur mit einem Fenster verfehene Stube, die mit dem nur durch einen gewölbten Bogen ge⸗ trennten kleinen Küchenraum in Verbindung steht. Der Kochherd soll zugleich die Stube heizen. Unter der nach dem Obergeschoß führenden Treppe liegt noch eine kleine Kammer, die als Vorrathsraum dienen

kann. Im Obergeschoß liegen eine Stube und eine Kammer.)