S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, ist am 10. September in Port Arthur (Nord⸗China) angekommen und beabsichtigt heute (am 11. Sep⸗ tember) nach Wai⸗hai⸗wai (China) in See zu gehen.
S. M. Kreuzer „Habicht“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän von Dresky, ist am 10. September in St. Thomé angekommen und beabsichtigt, am 14. September wieder in See zu gehen. S. M. Kreuzer⸗Korvette „Sophie“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Kirchhoff, ist am 10. September in Mollenda angekommen und beabsichtigt, heute (am 11. Sep⸗ tember) nach Coquimbo in See zu gehen.
S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Graf von Moltke I., ist am 10. September in Konstantinopel eingetroffen. 8
Kiel, 10. September. Wie das „Kiel. Tgbl.“ mittheilt, haben sämmtliche Geschwader mit der Torpedo⸗ Flottille heute die Danziger Rhede verlassen und sind nach Gothland in See gegangen.
Kassel, 10. September. Ueber die Ausschmückung der Stadt zu Ehren der Anwesenheit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten wird der „Magd. Ztg.“ be⸗ richtet: Auf dem großen, von stattlichen Gebäuden, mit Rosen und Blumenbeeten umgebenen Platz vor dem Ausgang des Centralbahnhofes ist eine dichte Reihe hoher weiß⸗ gestrichener Flaggenmasten errichtet, von deren Spitzen buntfarbige Wimpel wehen. Unter einander sind diese Masten durch doppellinige Guirlanden verbunden, die von großen Rosetten in den preußischen und deutschen Farben aus⸗ gehen. Die erste mächtige Ehrenpforte, die das Kaiserpaar durchfahren wird, ist am Eingange in die Museumstraße er⸗ richtet, wo dieseaus dem Bahnhofsplatz ausmündet. Diese wird von vier Thürmen mit obeliskenförmigem Unterbau flankirt, deren jeder außen Fahnen und Flaggen, zur Linken das Stadtwappen, ein durch einen silbernen Streifen getheiltes blaues Schild mit elf silbernen Lilien, darunter ein blau und weiß gestreiftes Schild, zur Rechten den hessischen Löwen mit roth und weißen Quer⸗ streifen, darunter ein roth und weiß gestreiftes Schild trägt. Zwischen den Thürmen steigt das Dach steil empor und endigt in eine Spitze mit einem Flaggenmast, auf dem die deutschen Farben wehen. An der vorderen und hinteren Seite prangt der preußische Adler, von der Kette des Schwarzen Aoler⸗Ordens umrahmt, mit der Krone darüber; große Kränze und Laubgewinde be⸗ decken die Zwischenräume und ziehen sich an den Masten ent⸗ lang. Die untere Halle, mit Velourstoffen drapirt, enthält eine Tribüne, von der die städtischen Behörden die Majestäten bei Ihrer Einfahrt in die Stadt be⸗ grüßen werden. Recht festlich präsentirt sich der Friedrich Wilhelmsplatz, und weiter über die Kölnische⸗ straße hinweg der große Königsplatz mit seinen ersten Gast⸗ höfen und dem Postgebäude. Mast an Mast reiht sich die Obere Königstraße entlang bis an den Friedrichsplatz, in dessen Mitte sich das Standbild des Landgrafen Fried⸗ rich's II. erhebt. An der nordwestlichen Seite dieses Platzes liegen das ehemalige kurfürstliche Palais mit dem sogenannten „Rothen Palais“ zur Seite, in dem der Kaiser die Paradetafel abhalten wird, sowie das durch sein Säulenportal hervortretende Museum Friederi⸗ cianum. Die Südseite schließt das schöne Auethor, mit einem zum Fluge ausholenden Adler gekrönt; zwei für die Kaiser⸗ tage mit Kränzen geschmückte Bronzereliefs mit Soldaten⸗ figuren bilden gleichzeitig das Siegesdenkmal für 1870 71. Di anderen beiden Seiten des Platzes sind mit
Linden bestanden, von denen sich Guirlanden
z und quer über die Straßen zu den Häusern hin⸗ ziehen. Um diesen ganzen weiten Platz, auf dem am Sonn⸗ abend Abend der große Zapfenstreich stattfinden wird, ziehen sich häuserhohe Masten, an deren Spitzen elektrische Lampen hängen, die ein feenhaftes Licht verbreiten werden. Eine zweite große Ehrenpforte ist an dem Schnittpunkt der Hohenzollern⸗ und Victoria⸗Straße errichtet, von wo die Feststraße nach Schloß Wilhelmshöhe weiter geht. Vier mächtige Obelisken tragen ein großes viertheiliges Dach aus Eisenkonstruktion, das, wundervoll drapirt, einen herrlichen Laub⸗ und Fahnenschmuck trägt. Auf dem rothen Grunde der Obelisken erheben sich graue, goldgerandete Schilde mit aller⸗ hand Wappen und Rosetten, von Tannengrün und Eichenlaub umkränzt. 5 8
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen begab sich heute nach Immenhausen und wohnte dort, wie die „Darmst. Ztg.“ berichtet, der Gefechtsübung der 22. Di⸗ vision bei.
4 Bayern.
München, 10. September. Das heute ausgegebene „Amtsblatt des Kultus⸗Ministeriums“ veröffentlicht die König⸗ liche Allerhöchste Verordnung, d. d. 3. September l. J., betreffend die Schulordnung für die Realgymnasien in Bayern. Diese Schulordnung für die Realgymnasien tritt mit dem Beginne des Schuljahres 1891/92 in Wirksamkeit. Gleich⸗ zeitig verlieren die bisherigen, in die neue Schulordnung über⸗ nommenen oder derselben entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere auch die Bekanntmachung vom 28. Januar 1891, die Schulordnung für die Realgymnasien im Königreich Bayern betreffend, ihre Geltung. Die erforderlich werdenden Ueber⸗ gangsbestimmungen hat das Staats⸗Ministerium des Inner für Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten zu erlasen.
Tachsen.
Dresden, 10. September. Einer Einladung Seiner Majestät des Kaisers folgend wird sich, wie das „Dr. J.“ meldet, Seine Majestät der König morgen, Freitag, den 11. d. M., Vormittags, nach Kassel und später
8
nach Erfurt begeben, um den Paraden des XI. und IV.
Armee⸗Corps anzuwohnen. 8 Baden.
Karlsruhe, 10. September. Zu dem gestrigen Ge⸗ burtsfeste Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs hatte, wie „W. T. B.“ berichtet, das Staats⸗Ministerium ein Glückwunschschreiben gerichtet, in welchem unter Bezugnahme auf die fast vierzigjährige Regierungsthätig⸗ keit des Landesherrn ein Ueberblick über die innere Entwicke⸗ lung des Großherzogthums und über die gegenwärtige politische Lage gegeben war. Auf dieses Schreiben hat der Groß⸗ herzog erwidert
fcf
er befinde sich in erfreulicher Uebereinstim⸗
mung mit den Grundsätzen, welche die Regierung in der Aus⸗ übung ihrer Pflichten geleitet hätten, und wünsche die fernere Fortdauer ihrer festen und sicheren Handhabung. Gleich⸗ zeitig befiehlt der Großherzog die Veröffentlichung des Schrei⸗ bens der Minister, damit weiten Kreisen Gelegenheit gegeben werde, die Absichten seiner Regierung ganz zu erkennen und sich dieser Arbeit helfend und vertrauensvoll anzuschließen; er hoffe, es werde dadurch erreicht werden, daß manche Irrthümer beseitigt, eine friedfertigere Stimmung gefördert werde und Stetigkeit in der Entwickelung des politischen Lebens im Lande erhalten bleibe.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 10. September. Das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs ist nach dem neuesten Bulletin gestern ungestört geblieben. Die Nacht verlief ziemlich ruhig. Bei gutem Appetit ist die Ernährung merklich fort⸗ geschritten. Die Schmerzen in Händen und Füßen treten noch periodisch auf, indessen ist die Gebrauchsfähigkeit etwas besse geworden. “
1“ Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 9. September. Am 24. September tagt hier dem „Hann. Cour.“ zufolge die Linien⸗Kommission, welche von Vertretern der höheren Militär⸗Kommandos und der Direktionen der Staats⸗ und Privatbahnen des Deutschen Reichs beschickt sein wird. Der Kommission liegt es ob, die Fahrpläne für die Truppen festzustellen.
Reuß ä. L.
(+) Greiz, 10. September. Der Zustand Ihrer Durchlaucht der Fürstin hat sich seit gestern leider ver⸗ schlimmert. Der heute Morgen 8 Uhr ausgegebene Kranken⸗ bericht lautet:
Ihre Durchlaucht die Fürstin verbrachte keine gute Nacht, häufige Anfälle von Athemnoth und neuralgische Schmerz⸗ empfindungen störten die Ruhe. Die Respirationsbeschwerden steigerten sich am Morgen in beunruhigender Weise. Die Affektion der linken Lunge hat nicht abgenommen, da wiederholt Herzschwäche auftrat. Letztere ist die Ursache der Lungen⸗ symptome, daher ist die Temperatur nur wenig gesteigert. .
Ein zweiter Bericht von heute Mittag lautet leider noch bedenklicher: 8
Die Herzschwäche hat sich seit Morgens bedenklich gesteigert. Das Bewußtsein ist zeitweilig benommen, der Zustand ernst.
.“
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 10. September. Der Kaiser wohnte heute Vormittag dem Manöver bei Galgocz bei. Zu dem Hof⸗ diner am Nachmittag waren zahlreiche Gäste geladen, darunter die Minister Graf Szapary, Freiherr v. Fejervary und Frei⸗ herr Szoegyenyi. “
Die Statthalterei in Prag veröffentlicht ein ein⸗ gehendes Programm für die Anwesenheit des Kaisers Franz Joseph in Prag und Reichenberg vom 26. Sep⸗ tember bis zum 2. Oktober d. J. Die deutsche Parteileitung fordert sämmtliche deutsche Bezirksobmänner auf, sich sofort Behufs Theilnahme an der Audienz beim Kaiser am 27. Sep⸗ tember zu melden.
u den Handelsvertragsverhandlungen mit Italien wird dem „Fremdenbl.“ geschrieben: 1
„Die Vertragsverhandlungen zwischen Oesterreich Ungarn, Deutsch⸗ land und Italien haben ihr erstes Stadium durchlaufen, vor einigen Tagen wurden die ersten Lesungen beendet. Im Laufe dieser Ver⸗ handlungen wurden Seitens der Delegirten der drei Reiche alle jene Positionen, für welche Konzessionen verlangt wurden oder gewährt werden sollen, sofort ausgeschieden und zur weiteren Behand⸗ lung für die zweite Lesung vorbehalten Hierbei verdient hervorgehoben zu werden, daß bezüglich dieser Posten von keiner Seite irgend welche Unannehmbarkeit hinsichtlich der zu erlangenden Kon⸗ zessionen konstatirt wurde, daß also bis zur Stunde priniivpielle Schwierigkeiten gegen die Gewährung von Zugeständnissen überhaupt nach keiner Richtung erhoben wurden, sodaß sich bei der Berathung der zweiten Lesung nur über die Höbe dieser Konzessionen Mei⸗ nungsverschiedenheiten ergeben können. Es ist zu erwarten, daß diese Letzteren behoben werden, da die Intentionen der Vertreter der drei vertragschließenden Reiche die konziliantesten sind, doch dürften noch immer einige Wochen vergehen, vdevor das Endresultat erreicht sein wird. Die Verhandlungen selbst finden zumeist getrennt statt, d. h. die österreichisch⸗ungarischen Kommissäre verhandeln mit den italieni⸗ schen über den österreichisch⸗ungarisch⸗italienischen Vertrag separat und die deutschen Kommissäre über den deutsch⸗italienischen Handelsvertrag; in allen Fragen jedoch, welche alle drei vertragschließenden Staaten betreffen, werden gemeinsame Sitzungen abgehalten.“ 8
Großbritannien und Irland. Die „Morning Post“ schreibt: 1““ „Es mürde schwierig sein, eine vollere Bestätigung der Solidarität zu finden, welche zwischen den Fürsten und Staaten des neuen Deutschen Kaiserreichs besteht, als den berzlichen Empfang, welchen
München Kaiser Wilbelm bereitet hbat. Diese spontane Kundgebung des deutschen Patriotismus folat sehr passend dem Besuche Kaiser Wilhelm's in Schwarzenau. Sie liefert der Welt einen neuen Be⸗ weis von dem ungeheueren nationalen wie internationalen Impuls, welcher dem Dreibund zu Grunde liegt, wie von den immensen Hülfs⸗ mitteln, über welche dieser verfügt. Daß man sich über diesen Punkt weder in Paris noch in St. Petersburg falschen Anschauungen hin⸗ giebt, dürfte kaum der Fall sein. Dagegen gewiant die Annahme, welche sich als richtig erweisen mag, mehr und mehr Boden, daß die jetzt in Konstantinopel im Werden begriffenen politischen Bewegungen in ihrem Endziel weniger gegen den Dreibund selbst oder die direkten Interessen des britischen Reichs, als vielmehr auf Trennung der kontinentalen Mächte von ihrem großen Bundesgenossen zur See gerichtet sind. Wenn sich erweisen ließe, daß ein gemeinschaftliches Handeln nicht stattfinden könnte und jeder Zeit die Isoltrung Eng⸗ lands möglich wäre, dann müssen, so glaubt man, ein oder zwei Dinge eintreten: England läßt sich entweder zu Ver⸗ trägen zwingen, welche gegen die Tradition seiner Politik sind und inneren Zwiespalt hervorrufen könnten, oder aber es mißt der Freundschaft der Staaten, welche seine Stellung in Egvpten und seine Dardanellenfrage nicht unterstützen, geringen Werth bei. Nichts ist sicherer, als daß England im Stande sein wird, in dieser Frage seine völlige Unabhängigkeit zu behaupten. Es wird gleich unmöglich sein, unser Land zu einem Bund zu zwingen oder aber von dem Bei⸗ tritt zu einem solchen abzuhalten. Es ist ebensowenig wahrscheinlich, daß Deutschland, Oesterreich und Italien sich mit England streiten werden, als daß England von seiner wohlverstandenen Politik gegen sie abweicht. Ganz Europa weiß, daß bei der Regelung des Gleichgewichts der Macht die Eigenthümer der ersten Flotte der Welt ebenso wie die Herren vieler Legionen zu berücksichtigen sind. Auch nicht die geschickteste Diplomatie wird die Bande zwischen England und den Centralmächten zu lockern ver⸗ mögen. Was auch die Zukunft uns im östlichen Europa bringen mag, so wird zu ihren Ueberraschungen keinesfalls eine Minderung des uten Einvernehmens Englands mit den C ören.“
9
Frreaankreich. Paris, 11. Se ber.
8
wird gemeldet, daß die Papiere des verstorbenen Präsi⸗
denten Grévy unter Siegel gelegt wurden. Ueber die letzten Stunden des Verstorbenen vernimmt man noch, daß derselbe bereits seit seinem Eintreffen daselbst, Mitte Juni, leidend war, daß er aber erst am Sonnabend früh ernst⸗ lich erkrankte, und daß von diesem Augenblick an, un⸗ geachtet der energischsten Bemühungen der Aerzte, der Zustand des Kranken sich beständig verschlimmerte; derselbe behielt sein ungetrübtes Bewußtsein bis zum letzten Augenblick und ver⸗ schied sanft und ohne Todeskampf. Der Munizipalrath von Mont sous Vaudrey hat 6000 Fr. für die Betheiligung an der Leichenfeier votirt.
Gestern Vormittag fand in Vendeuvre bei dem Kriegs⸗ Minister de Freyecinet zu Ehren der Generale und der aus⸗ wärtigen Militär⸗Attaches ein Dejeuner statt. Gegen den Schluß desselben hielt der Minister eine Ansprache, in welcher er darauf hinwies, daß der Zweck der gegen⸗ wärtigen Manöver der sei, einen Nachweis über das Funktioniren der obersten Kommandostellen zu liefern. Durch das Ergebniß sei der Beweis erbracht, daß diese Kommandostellen auf sicheren Grundlagen ruhten, und er begrüße dies mit Genugthuung. Im nächsten Jahre sollten zum ersten Male Manöver der Territorial⸗Truppen statt⸗ finden. Freycinet forderte sodann die Generale auf, an der Vervollkommnung der Armee weiter zu arbeiten, welcher Frankreich seinen Einfluß in der Welt ver⸗ danke. Niemand zweifele heute daran, daß Frankreich stark sei; es müsse jetzt auch bewiesen werden, daß Frank⸗ reich klug sei und auch in seiner neuen Lage die Ruhe, die Würde und das Maßhalten zu bewahren wissen werde, welche in schweren Tagen seine Wiedererhebung vorbereitet hätten. Freycinet begrüßte alsdann die fremden Militär⸗Attachés, deren Anwesenheit ein aufmunternder Sporn für k gleichzeitig aber auch ein Zeugniß ablege für die friedlichen Dispositionen, welche bei den Anordnungen für die großen Manöver maßgebend gewesen seien. Der Minister schloß mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die fremden Militär⸗ Attachés von der ihnen entgegengebrachten herzlichen Gast⸗ freundschaft befriedigt sein und daß sie die gewonnenen guten Eindrücke zur Kenntniß ihrer Regierungen bringen würden. Er trinke auf das Wohl des Präsidenten Carnot und des Ober⸗Kommandirenden, Generals Saussier, sowie seiner Mit⸗ arbeiter und der Armee. Nach ergriff der General Saussier das Wort und sprach seinen Dank für die schmeichelhaften Worte Freycinet's aus. Er wie die Armee würden dieselben zu rechtfertigen wissen. Der General schloß mit einem Toast auf die Armee und den Kriegs⸗Minister. Im Namen der auswärtigen Militärbevollmächtigten erhob sich alsdann der russische General Fredericks und brachte in warmen Worten einen Toast auf den Kriegs⸗Minister, den General Saussier, die schönen französischen Truppen und ihre tapferen Anführer, welche ihre Gäste mit so viel Herzlichkeit und Courtoisie auf⸗ genommen hätten, aus. Die Trinksprüche wurden stehend angehört.
In der „Nat.- Ztg.“ lesen wir: Von den Reservisten, die an den gegenwärtigen französischen Manövern theil⸗ nehmen, ist eine größere Anzahl „Figaro“ führt diese Krankheitsfälle auf die erdrückende Hitze während der Manöver zurück, während von anderer Seite behauptet wird, die schlechten Kantonnementsquartiere seien Schuld. Die Bevölkerung benimmt sich allem An⸗ schein nach gegenüber den im Manöverterrain befindlichen Truppen wenig entgegenkommend. Insbesondere werden die Soldaten von den Händlern mit Lebensmitteln ausgebeutet, während es andererseits an Wasser und den zum Transport derselben nothwendigen Utensilien fehlt. Gegen den Maire von Troyes Bouillier wird denn auch im „Figaro“ Beschwerde erhoben, daß er nicht einmal für die Unterbringung der Truppen ausreichend Sorge getragen habe.
Der Marine⸗Minister hat an die Mitglieder des Flotten⸗ und des Budgetausschusses beider Kammern eine Denkschrift
über den Stand der französischen Streitkräfte zur See vertheilen lassen. Dem „Matin“ zufolge weist der Minister
darin zunächst auf die Umwälzung hin, welche die Seewehr durch
die Fortschritte der Metallurgie, der Anwendung des Dampfes
und der Elektrizität ꝛc. seit 20 Jahren erfahren hat, und welche zu einer wiederholten raschen Anschaffung neuen Geräthes
zwängen. Diese Umwandlung sei nothwendig, wenn Frank⸗ reich seine Flottenausrüstung auch nur auf der gleichen Höhe mit derjenigen der übrigen Mächte halten wolle. Einige der
Letzteren besäßen eine jüngere Flotte; sie hätten daher die
erlangten Erfahrungen benützen und sich ein möglichst neues und vervollkommnetes Geräth anschaffen können; die anderen aber hätten nicht gezögert, mit den größten Opfern ihre ganze Artillerie zu erneuern und auf alle ihre zwar noch guten, aber überholten Geschütze zu verzichten. Das⸗
selbe, was für die Geschütze gelte, gelte in noch höherem Diese seien in Folge der Umgestal⸗ sie beständen, von 9000
Maße von den Schiffen. tung aller Elemente, aus denen Tonnen im Jahre 1870 auf 12 — 13 000 Tonnen im Jahre 1890 gestiegen. Bezüglich der Torpedoboote bemerkt die Denkschrift, bei der Sorge um den Bau neuer Panzer⸗ schiffe habe man den der kleinen Fahrzeuge nicht ver⸗ nachlässigt. 18 Kreuzer seien im Bau oder nahezu versuchsbereit und 42 neue Torpedoboote diesem Jahre oder Anfangs 1892 vollendet sein. 50 weitere, die 1886 in Bau gegeben worden seien, aber 1890 hätten umgewandelt werden müssen, würden in einigen Monaten ebenfalls fertig sein. Außer diesen 92 Torpedo⸗ booten, über welche die Flotte binnen Jahresfrist verfügen werde, seien noch 31 des größten Modells bestellt, um die älte⸗ ren und nicht schnell genug fahrenden zu ersetzen. Im Verlaufe von 10 Jahren würden 81 Fahrzeuge verschiedener Größe aus⸗ gereiht, zu ihrem Ersatz müßten also jährlich 10 neue auf den Werften begonnen werden. Der Minister lenkt besondees auf diesen Punkt die Aufmerksamkeit der Kammerausschüsse und bemerkt: „es würde eine unverzeihliche Unvorsichtigkeit sein, wollte man der Flotte die Mittel versagen, die Rolle zu spielen, die ihr im Augenblick des Entscheidungskampfes zufällt; noch bedenk⸗
licher würde aber der Fehler sein, die Summen, welche mit
eifersüchtiger Fürsorge auf den Bau wirklicher Kampfschiffe
verwendet werden müßten, für hastige und werthlose Bewaff⸗ Lage habe vor zwei
Eine ähnliche bestanden. Das englische Parla⸗ zur sofortigen Schaffung einer die zu der schon vorhandenen 700 Millionen
auszugeben.
Jahren in England ment habe nicht gezögert, Kriegsflotte zu beschiießen roßartigen hinzutrete und nicht weniger als
nungen
Aus Mont sous Vaudrey
für Frankreich sei,
dem Kriegs⸗Minister
erkrankt. Der
würden in
Francs koste. Sogar Italien werde trotz der Finanfgrißze⸗ die
ss durchmache, nachdem es die prachtvollen Panzerschiffe von 14 000 t, die „Sardegna“, „Sicilia“ und den „Roê Umberlo“, vom Stapel gelassen, drei neue Geschwader⸗Panzerschiffe auf die Werft legen. Bekanntlich spare auch Deutschland keine außer⸗ ordentlichen Kredite, wenn es sich darum handele, seine See⸗ kräfte zu vermehren.“ Der Minister hofft daher, die Kam⸗ mern würden ihn in den Stand setzen, den vom Ober⸗Flotten⸗ rath angenommenen Bauplan auszuführen. b Die hiesigen Blätter veröffentlichen folgende halbamtliche Notiz: Mehrere Zeitungen haben die Meldung gebracht, die italienische Regierung sei geneigt, sich bei der Enthüllung des Garibaldi⸗Denkmals vertreten lassen, Falls die französische Regierung amtliche Einladung an sie ergehen lassen Dieser Nachricht gegenüber scheint angebracht, zu erklären, daß die Enthüllung eine rein örtliche Feier ist. Die französische Regierung ist selbst nur von der städtischen Verwaltung von Nizza, welche diese Angelegenheit allein an⸗ geht, eingeladen worden. Eine Depesche aus Libreville vom 9. d. M. besagt der „K. Z.“ zufolge, de Brazza sei Tags zuvor nach Loango und in das Innere aufgebrochen. Mittheilungen aus Brazza⸗ ville besagen, es sei noch unmöglich, ganz Bestimmtes über den Tod Crampel's zu melden, dagegen Ermordung Biscarrats sicher. —
Rußland und Polen. 8
St. Petersburg, 9. September. Auswärtigen Herr von Giers kommt am 15. September von seinem Sommeraufenthalt in Finland nach St. Petersburg zurück und reist, wie die „A. R. C.“ mittheilt, am 22. Sep⸗ tember direkt und ohne Aufenthalt nach Ober⸗Italien.
Der Berner „Bund“ hatte gemeldet, daß ein Bataillon italienischer Soldaten die Grenze im Bedrettothal, allerdings unbewaffnet, überschritten und in All’' Aqua gefrühstückt habe. Die Offiziere seien mit ihren Fernrohren nach Villa hinuntergegangen, um sich die Gotthardbefestigungen anzusehen. Vom Departement des Auswärtigen wird dem „W. T. B.“ zufolge jetzt mitgetheilt: Laut einem Berichte des Gemeinderaths von Airolo sollen diese Gerüchte völlig grundlos sein.
1 Belgien. Inl der gestrigen öffentlichen Sitzung des Katholiken⸗ kongresses verlas, wie „W. T. B.“ aus Mecheln meldet, der Sekretär Fris eine an den Papst zu richtende Adresse, in welcher der Kongreß dem Wunsche auf Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes Ausdruck giebt. Vorträge hielten Cochin (Paris), Winterer (Mülhausen), Tondini (Italien), Dechamps und David (Belgien). Letzterer sprach über die muthmaßlichen Erfolge der Civilisirung von Afrika und pries das Werk, das der König von Belgien begonnen habe. Die soziale Sektion des Kongresses sprach sich zu Gunsten der Errichtung von Arbeiterbörsen aus. Eine lebhafte Debatte fand anläßlich der Besprechung über das Genossenschaftswesen statt, es wurde der Wunsch ausgesprochen, daß in dieser Beziehung ein Einver⸗ nehmen zwischen den Handelstreibenden und den Arbeitern erzielt werde. Die literarische Sektion hat den Antrag gestellt, daß der Staat die Verbreitung unsittlicher Bücher und Zeitschriften unterdrücke.
Türkei.
Konstantinopel, 10. September. Der Arbeits⸗Minister Mahmud Pascha ist laut Meldung des „W. T. B.“ zum General⸗Gouverneur von Kreta und Teofik Pascha zum Arbeits⸗Minister ernannt worden.
Eine der „Pol. Corr.“ „von besonderer türkischer Seite“ zugehende Zuschrift tritt der Anschauung, als ob die Berufung eines neuen türkischen Ministeriums und speziell der Rücktritt Kiamil Pascha's einen Systemwechsel in Bezug auf die auswärtige Politik der Türkei be⸗ deuten würde, mit großem Nachdruck entgegen. Dem Kabinetswechsel komme eine derartige politische Trag⸗ weite durchaus nicht zu, und es sei insbesondere völlig irrig, wenn man von dem neuen Kabinet eine Schwenkung der Türkei zu Gunsten Rußlands erwarten zu sollen glaube. Es erscheine auch die Auffassung völlig unzulässig, als ob die auswärtige Politik der Türkei innerhalb der letzten Jahre auf den Augen Kiamil Pascha's beruht habe. Die Bedächtigkeit und Korrektheit, welche seit geraumer Zeit die auswärtige Politik der Türkei kennzeichnen, sei auf die Person des Sul⸗ tans zurückzuführen, und die anerkannte Weisheit desselben, welche zur Erhaltung des europäischen Friedens in so hohem Maße beigetragen habe und andauernd beitrage, bilde eine Gewähr für die Stabilität des bisherigen politischen Systems in der Türkei. Die Annahme, daß die Berufung eines neuen Kabinets das Signal einer neuen politischen Richtung bedeute, sei um so übereilter, als die neuen Mitglieder der Pforte für die Türkei selbst und umsomehr für das Ausland politisch unbestimmbare Faktoren seien. Die Aktion der neuen Minister würde erst durch den Sultan ihr politisches Gepräge erhalten und Dschevad Pascha werde ebenso Vollstrecker der politischen Grundsätze des Großherrn sein, wie Kiamil Pascha es war. Die öffentliche Meinung in Europa sollte sich, wie die Zuschrift betont, diese entscheidende Bedeutung der Persön⸗ lichkeit des Sultans für die auswärtige Politik der Türkei vor Augen halten und sich von dem Irrthum, als ob der Kabinetswechsel in Konstantinopel einen Umschwung der Politik des Reichs und eine Annäherung der Türkei an Rußland ankündigen würde, gründlich befreien.
Nach einer Mittheilung des „Standard“ aus Batum haben im Laufe dieses Jahres elf russische Schiffe mit Kriegs⸗ material die Dardanellen passirt. Alle Kreuzer der Frei⸗ willigenflotte nahmen schwere Geschütze für die neuen Festungs⸗ werke von Wladiwostok mit; da die Flottille für den Kanonen⸗ transport nicht ausreichte, wurden ehrere fremde Dampfer gemiethet. ““
Serbien.
„Der Beginn der Handelsvertrags⸗Verhandlungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Serbien ist, wie der Pol. Corr.“ aus Belgrad gemeldet wird, endgültig auf Mitte Oktober anberaumt worden. Die Verhandlungen würden alsdann ihren Anfang nehmen ohne Rücksicht darauf, ob die Unterhandlungen mit Italien und der Schweiz ab⸗ eschlossen seien oder nicht
sei die
Der Minister des
Schweden und Norwegen.
(P) Stockholm, 8. September. König Oscar ist heute
von seiner Reise nach der Westküste hierher zurückgekehrt. Dänemark.
Kopenhagen, 11. September. Heute findet, wie „W. T. B.“ meldet, anläßlich des Namenstages des Kaisers von Rußland in der russischen Kirche Messe statt. Das Dejeuner wird auf dem „Polarstern“ eingenommen, die Tafel ist in Fredensborg. — Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland trafen gestern Nachmittag hier ein, dinirten bei dem Prinzen Waldemar und übernachteten an Bord des „Polar⸗ stern“. Die übrigen Mitglieder des Hofes werden erst heute hier erwartet.
Amerika.
Chile. Der „New⸗York Herald“ meldet aus Valpa⸗ raiso vom 11. d. M.: Die Mitglieder der Junta hätten zu wiederholten Malen mit hervorragenden Kaufleuten und Banquiers konferirt bezüglich der von Balmaceda ausgegebe⸗ nen 27 Millionen Dollarsnoten. Die Hauptbanken würden bis zum endgültigen Abschluß der Verhandlungen geschlossen bleiben. Uebrigens herrsche allgemein die Ueber⸗ zeugung vor, daß die Regierung das Papier anerkennen müsse, denn die Nichtanerkennung würde für den Stand des Handels und der Banken von sehr ernsten Folgen sein. Man glaube deshalb, daß die Junta die Verantwortlichkeit für den ganzen Betrag übernehmen werde. Gegenwärtig sei sie mit einem Gesetzentwurf beschäftigt, betreffend den Rückkauf innerhalb 5 Jahren, sobald die Zahlungen in Metall wieder aufge⸗ nommen sein würden. 8
Nach einer Meldung desselben Blattes aus Santiago vom 10. d. M. ist Augustin Edwardes zum Minister der öffentlichen Arbeiten und Manuel Alatta zum Minister des Auswärtigen ernannt. Man glaubt, Ramon Barros Lucos würde als Präsidentschaftskandidat aufgestellt werden.
Im Staatsschatze wurden Tratten zu Gunsten der balmacedistischen Minister auf London im Betrage von 3 Mil⸗ lionen Dollars aufgefunden und annullirt.
Afien.
China. Aus Shanghai, vom 10. d. M., wird dem „Standard“ gemeldet, daß die in Itschang, wo, wie ge⸗ meldet, am 2. d. M. Unruhen stattgehabt haben, wohnenden Ausländer nach Hankow geflüchtet seien. Nur die Konsuln seien daselbst zurückgeblieben. Die im Nan⸗The⸗Kiang stationirten Kanonenboote könnten sich, weil das Wasser im Flusse zu seicht und flach sei, der Stadt nicht nähern. Der Kommandant des englischen Panzerschiffes „Archer“ habe eine Anzahl Matrosen mit mehreren Mitrailleusen ans Land gesetzt und den abermaligen Ausbruch von Ruhe⸗ störungen dadurch verhindert.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die Roggenernte in Preußen. Das Ergebniß der diesjährigen Roggenernte in Preußen wird aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich: Anbauflächen Nach den Juni⸗Erhebungen für Winter⸗ und Sommerroggen wurden im sind von den zusammen: Frühjahr umgepflüg⸗
1 ten Flächen
1888 1889 1890 bestellt mit Sommer⸗
roggen
Hekt.
55 425
umgepflügt Winter⸗ roggen Hekt. 421 734 Der Hektar⸗Ertrag wurde nach den Einzeln⸗ berichten der landwirth⸗ schaftlichen Vereine im Durchschnitt der Kreise berechnet für die Hekt. Monarchie pro Hekt. 4 050 451 1152 kg
Im Jahre 1890 wurden geerntet: 49 640 427 D.⸗Ctr. Winterroggen, 729 207 „ Sommerroggen, zusammen 50 369 634 D.⸗Ctr. Roggen, d. h. etwa 4 Millionen Doppel⸗Centner mehr als 1891. 1.“
in Hektaren
4 416 340 4 399 107 4 416 760
Danach er⸗ giebt sich ein Gesammtertrag an Roggen für
den ganzen
Staat
in D.⸗Ctr.
(100 kg)
46 673 806
Mithin verbleibt 1891 Anbaufläche für Winter⸗ und Sommerroggen zusammen
Obstmarkt in Berlin.
Die Einrichtung des Obstmarktes in Berlin, 29. September bis 1. Oktober d. J., wird in den Kreisen der Obstzüchter weit und breit freudig begrüßt. Das Obstmarkt⸗Comité ist bemüht, die erfolgreiche Beschickung auch allen Denen zu ermöglichen, welche in der vortheil⸗ haften Verwerthung des Obstes keine Erfahrung haben. In diesem Sinne hat der Geschäftsführer, Ober⸗Gärtner C. Junge, jetzt eine Anleitung zum Pflücken, Verpacken des Obstes xu. s. w. ausgearbeitet und drucken lassen. In dieser Anleitung wird dargelegt, daß der Preis und die Verkäuf⸗ lichkeit wesentlich davon abhängt, wie das Obst behandelt wird. Das Hauptgewicht liegt darin, daß die Früchte gut sortirt und auf dem Transport nicht verletzt werden, sodaß sie sich dem Käufer möglichst vortheilhaft präsentiren. Wir empfehlen allen Denen, welche sich für den Obstmarkt interessiren, sich diese Anleitung vom Geschäftsführer des Obstmarktes, Ober⸗Gärtner C. Junge, Berlin NW. 21, Spener⸗ straße 47, senden zu lassen. Sie wird kostenfrei verschickt.
Ernte in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Nach dem Bericht des Ackerbau⸗Ministeriums vom Sep⸗ tember beträgt, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, der Durchschnittsstand der Baumwollernte 827⁄10. Eine Verminde⸗ rung der Ernte hat in Folge heftigen Regens an der atlantischen Küste stattgefunden, während die Ernte in Alabama und in den West⸗ staaten durch die Trockenheit und durch den Bollworm stark ge⸗ schädigt wurde. Der Stand des Mais beträgt 911⁄10, im Durch⸗ schnitt also 21 mehr als nach dem Sevptemberbericht des Jahres 1890, des Weizens 968]910, des Roggens 951⁄10,„ des Hafers 907-⁄0o und der Gerste 94 /10.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks . an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 10. d. M. gestellt 10 525, nicht recht⸗
zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 4250, nicht
rechtzeitig gestellt keine Wagen.
1 Subhastations⸗Resultate.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand am 10. September 1891 das Grundstück des Maurermeisters Hermann Zimmermann, in der Schulzendorferstraße 172a belegen, zur Versteigerung. Das geringste Gebot wurde auf 820 ℳ festgesetzt. Für das Meistgebot von 190 000 ℳ wurde der Kaufmann Salo⸗ mon Haberland, Steglitzerstraße 12, Ersteber.
— Die Nachrichten über eine neue russische Anleihe, welche auf den französischen Markt gebracht werden soll, treten mit immer größerer Sicherheit auf. Nach einer Pariser Correspondenz der „Nat.⸗Ztg.“ vom 8. d. M. konnte die Unterzeichnung der zwischen dem russischen Finanz⸗Minister und dem Crédit Lyonnais abge⸗ schlossenen Vereinbarung betreffs der Uebernahme und der Emission einer Anleihe von 500 Millionen Francs 3 % Goldrente (keine Konvertirungs⸗Operation, sondern eine wirklich neue Anleihe) an diesem Tage noch nicht erfolgen, weil das Datum einer seit längerer Zeit ver⸗ breiteten Emission von Obligationen des Pariser Crédit Foncier vorher bestimmt sein mußte, damit es möglich wurde, den Zeitpunkt der russischen Emission festzusetzen. Nachdem nun der Verwaltungs⸗ rath des Credit Foncier den 6. Oktober als Emissionstag bestimmt hat, dürfe man annehmen, daß die Zeichnung auf die neue russische Anleihe gegen Ende Oktober oder in der ersten Hälfte des Monats November stattfinden werde. Nach dep der „Frkf. Ztg“ vorliegenden Nachrichten war am 10. d. M. über den wesentlichsten Punkt der Verhandlungen, den Uebernahmepreis, noch keine Einigung erzielt. Das Blatt schreibt: Anfangs hatten Pariser Blätter die Uebernahme zu 83 bis 84 % in Aussicht gestellt. Jetzt verlautet indeß, daß das ge⸗ gemachte Gebot noch unter 80 % geblieben sei. Auf welchem Preise schließlich die Verständigung erfolgen wird, das bleibt abzuwarten, ebenso ob, wie die Financiers Anfangs meinten, 50 % fest, der Rest in Option übernommen, oder etwa schließlich auf den Gedanken einer kommissionsweisen Emission zurückgegriffen werden wird.
— In der Aufsichtsratbs⸗Sitzung der Chemnitzer Werkzeug⸗ maschinen⸗Fabrik (vorm. Joh. Zimmermann) vom 10. September d. J. gelangte der Abschluß pro 1890/91 zur Vorlage, welcher einen Bruttogewinn von 843 702 ℳ ergiebt. Die Ab⸗ schreibungen wurden nach den bisherigen Sätzen mit ℳ 162 244 ℳ bemessen. An Dividende sollen der Generalversammlung 8 % vor⸗ geschlagen und ferner einem zu bildenden Dividenden⸗Reservefonds 162 000 ℳ = 3 % des Aktienkapitals zugewiesen werden. Der ordentliche Reservefonds, der im vorigen Jahre 500 000 ℳ betrug, wird auf die statutenmäßige Höhe von 540 000 ℳ = 10 % des Aktienkapitals gebracht. Die auf dem Grundstück haftende bis zum 30. Juni 1899 zu tilgende 4 ½ % Hypothek im Betrage von 582 705 ℳ gelangt bereits am 30. September cr. zur Rückzahlung, sodaß das Unternehmen dann vollständig schuldenfrei ist.
Leipzig, 10. September. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per September 3,82 ½ ℳ, per Oktober 3,85 ℳ, per November 3,87 ½ ℳ, per Dezember 3,87 ½ ℳ, per Januar 3,92 ½ ℳ, per Februar 3,92 ½ ℳ, per März 3,92 ½ ℳ, per April 3,95 ℳ, per Mai 3,95 ℳ, per Juni 3,95 ℳ, per Juli 3,95 ℳ, per August 3,95 ℳ Umsatz 155 000 kg. Ruhig.
London, 10. September. (W. T. B.) Wollauktion. Preise stetig.
An der Küste 5 Weizenladungen angeboten.
Bradford, 10. September. (W. T. B.) Wolle Garne fester, für Stoffe besserer Begehr.
Mailand, 10. September. (W. T. B.) Die „Società di Credito e Industria Edificio“ in Mailand, welche ursprünglich mit der neuen englisch⸗italienischen Baubank vereinigt werden sollte, beschloß in ihrer gestern stattgehabten Haupt⸗ versammlung, hiervon Abstand zu nehmen, die Gesellschaft vielmehr zu rekonstruiren und das Aktienkapital zu diesem Zwecke auf 16 Millionen Lire zu erhöhen und sich der von der englisch⸗ italienischen Baubank repräsentirten Finanzgruppe anzuschließen.
New⸗York, 10. September. (W. T. B.) Nach fester lebhafter Eröffnung war die Börse später abgeschwächt, schloß aber fest. Der Umsatz der Aktien betrug 293 000 Stück. Der Silber⸗ vorrath wird auf 4 700 000 Unzen geschätzt. Die Silberver⸗ käufe betrugen 83 000 Unzen,
ruhig,
Verkehrs⸗Anstalten.
Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion Magdeburg erläßt jetzt die Bekanntmachung bezüglich der auf den Verkehr über die Wannseebahn vom 1. Oktober ab gültigen Bestimmungen. Nach diesen Bestimmungen wird der Verkehr auf der neuen Bahn ein Zwanzig⸗Minutenverkehr sein, und darüber hinaus werden in den Stunden zwischen 7 bis 9 Morgens, 12 ½ bis 2 ½ Mittags und 4 ½ bis 5 Abends die Züge in Zwischenräumen von 10 Minuten einander olgen.
Bremen, 10. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Sachsen“ ist heute von Southampton abgegangen. Der Schnelldampfer „Werra“ ist heute Morgen in Southampton angekommen. Der Schnelldampfer „Spree“ ist gestern Nachmittag von Southampton abgegangen. Der Dampfer „Köln“ hat gestern Santa Cruz passirt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ hat gestern Morgen die Heimreise an⸗ getreten.
— 11. September. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Werra“, von New⸗York kommend, hat am 10. September Morgens Lizard, der Reichspostdampfer „Sachsen“, von Ost⸗Asien kommend, am 9. September Nachmittags Quessant passirt. Der Postdampfer „Dresden“, am 27. August von Bremen abgegangen, ist am 10. September Morgens in Baltimore, der Reichspostdampfer „Preußen“, von Ost⸗Asien kommend, am 10. September Nachmittags in Colombo angekommen.
Hamburg, 10. September. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Schnell⸗ dampfer „Columbia“ ist, von New⸗York kommend, heute Morgen in Southampton angekommen.
— 11. September. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Columbia“ ist, von Hamburg kommend, heute Vormittag auf der Elbe eingetroffen.
London, 10. September. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Mexican“ ist heute auf der Ausreise in Capetown an⸗ gekommen. Der Union⸗Dampfer „Athenian“ ist auf der Ausreise heute von Madeira abgegangen. 8
Theater und Mufik.
Wallner⸗Theater. b Der gestrige Abend brachte zwei Novitäten, welche von den Zu⸗ schauern mit lauten Beifallsäußerungen begleitet wurden und somit einen zweiten glücklichen Erfolg der neuen Direktion bedeuten. Zur Aufführung gelangten eine französische Posse „Der Mann mit hundert Köpfen“ von Henry Moulin und Edmond Delavigne und eine Gesangsburleske „Musikalisch⸗dekla⸗ matorische Abendunterhaltung“ von D. Kalisch, welche von H. Graef neu bearbeitet, d. h. mit neuen Witzworten und Scherzen und modernen satirischen Anspielungen ausgestattet wurde. Die französische Posse ist auf der tollen Voraussetzung aufgebaut, daß ein Verwandlungskünstler, welcher mit Hülfe einiger Kunstgriffe und Kunstmittel seinem Kopfe hundert verschiedenartige Physiognomien zu geben vermag, in der Wohnung des verliebten Advokaten Brisson einen Abend und eine Nacht den Hausherrn vorstellt, um an Brisson’s Stelle die beredten Angriffe der Schwiegermutter zu erdulden. Aus dieser, auf moderne Art begreiflich gemachten romantischen Doppelgängerei werden die kecksten Schlüsse gezogen und die gewagtesten Voraus⸗ setzungen nicht nur angedeutet, sondern derb ausgesprochen; und diese stark gewürzten Cynismen, welche freilich oft genug einer dreisten Komik nicht entbehren, schreiten unter dem Mantel bürgerlicher Gesittung
einher, ein Kunststück, welches in solcher Vollendung nur die Fran⸗ osen fertig zu b vermögen. Die Exposition erregt, wie bei