1891 / 219 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Der Königlich großbritannische Botschafter Sir Edward B. Malet hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Erste Botschafts⸗Sekretär Le Poer Trench als interimistischer Geschäftsträger.

Der hiesige Königlich serbische Geschäftsträger, Legations⸗ Sekretär Pavlovitch ist vom Urlaub nach Berlin zurück⸗ gekehrt und hat die Führung der gesandtschaftlichen Geschäfte wieder übernommen.

Der hiesige siamesische Geschäftsträger Nhr Suriya Nuvatr hat Berlin verlassen und sich nach London begeben.

S. M. S. „Sophie“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän

Kirchhoff, ist am 16. September in Coquimbo an⸗ gekommen. Das Kreuzer⸗Geschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Leipzig“ (Flaggschiff) und „Alexandrine“, Geschwader⸗Chef Contre⸗Admiral Valois, ist am 15. Sep⸗ tember von Valparaiso nach Coquimbo in See gegangen.

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Görlitz, 17. September. Auf das von der 45. Haupt⸗ versammlung des Gustav⸗Adolf⸗Vereins an Seine Majestät den Kaiser gesandte Begrüßungstelegramm ist folgende Antwort eingegangen: Dem Vorsitzenden des Gustav⸗Adolf⸗Vereins. Mühlhausen, den 16. September 1891. Seine Majestät dankt für das Begrüßungs⸗Telegramm und wünscht dem Verein ferneres Gedeihen.

Kiel, 16. September. Ueber die Außerdienststellung der Schiffe ist nach dem ‚„Kiel. Tgbl.“ Folgendes bestimmt: Von den Schiffen des Manöver⸗Geschwaders verbleiben die Panzerschiffe „Baden“, „Bayern“ und „Oldenburg“ im Dienst. Letzteres geht in nächster Zeit nach Wilhelmshaven. Das Panzerfahrzeug „Siegfried“ geht gleichfalls nach Wilhelmshaven und stellt dort außer Dienst. Der Aviso „Zieten“ verbleibt in Kiel und wird hier ab⸗ gerüstet und außer Dienst gestellt. Die Zusammensetzung des Uebungs⸗Geschwaders erfährt insofern eine Abänderung, als die Panzerschiffe „Kaiser“ und „Preußen“, welche sich sogleich nach Wilhelmshaven begeben, dort zur Außerdienststellung gelangen. An ihre Stelle treten die Panzerschiffe „Friedrich der Große“ und „Kronprinz“ in den Verband des unter dem Kommando des Contre⸗Admirals Köster stehenden Uebungs⸗Geschwaders. Den Dienst als Flaggschiff wird das Panzerschiff „Friedrich Karl“ übernehmen. Nach Wilhelms⸗ haven begeben sich ferner das Panzerschiff „Deutschland“, der Aviso „Pfeil“, die Kreuzer⸗Korvette „Prinzeß Wilhelm“ und nach Erledigung von Einzelübungen das Panzerschiff „Friedrich Karl“. Die Torpedobootsflottille, bestehend aus dem Aviso „Blitz“, den Torpedodivisionsbooten D 3 und D 6 sowie die Torpedoboote S 50, 51, 52, 53, 55, 56, S 33, 34, 35, 38, 40, 41, das Kadetten⸗Schulschiff „Stosch“, die Schiffs⸗ jungen⸗Schulschiffe „Luise“, „Nixe“ und „Musquito“, sowie der Aviso „Grille“ beginnen sofort mit der Abrüstung und stellen in der hiesigen Werft Ende September außer Dienst. Ihnen folgt das Vermessungs⸗Fahrzeug „Nautilus“, welches zuerst den Vermessungskursus mit den Theilnehmern des 2. Coetus der Marine⸗Akademie zu absolviren hat.

Bayern.

München, 17. September. Der Kultus⸗Minister Dr. von Müller giebt, dem „W. T. B.“ zufolge, heute zu Ehren der Mitglieder der Reichs⸗Schulkommission ein Fest⸗ diner. Der Abschluß der Verhandlungen der Kommission er⸗ folgt morgen.

Bei der am letzten Sonntag erfolgten Frier der Fahnen⸗ weihe des katholischen Arbeitervereins zu Zwiesel in Niederbayern hielt der Ehren⸗Präsident des Vereins, Reichs⸗ tags Abgeordneter Graf Konrad von Preysing, eine längere Ansprache, in welcher er, wie die Münch „Allg. Ztg.“ berichtet, die Arbeiterfrage und die Stellung des Christenthums einerseits, der Sozial⸗ demokratie andererseits zu jener Frage erörterte und schließlich auf die Verdienste Serner Majestät des Kaisers und des Reichstages um die Besserung der Verhältnisse der Arbeiter hinwies. Man werde zugeben müssen, sagte der

„Redner, daß die ernstesten Bestrebungen überall hervortreten,

parteien dankbare Empfindungen wachzurufen...

um die Lage des Arbeiterstandes zu bessern. „Ich sage nicht, daß die Gesetze, welche erlassen wurden, in jeder Beziehung das Wünschenswerthe ausfüllen, sie sind eben ein Versuch. Aber, meine Herren, denken wir an die Krankenkassen, die Arbeiterunfallversicherung, an die Invaliditäts⸗ und Altersversorgung, an die Arbeiterschutzgesetzgebung, an die Bemühungen, die heute der Staat und die parlamentarischen Körperschaften für die arbeitenden Klassen aufwenden, dann muß man sich doch sagen, was denn eigentlich, wenn heute die Sozialdemokratie an die Reihe käme, diese zur Zeit Erhebliches noch weiter in diesem Sinne erbringen önnte?“ Der Redner betonte dann das wohlbegründete Vertrauen des bayerischen Volkes zu seinem Königshause und zuletzt, von Bayern zum Deutschen Reich übergehend, das nicht minder begründete Vertrauen zu Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm II., der es verstanden habe, durch zahlreiche Beweise der ernstesten Auffassung seiner Herrscherpflichten, namentli

aber durch kräftiges Anfassen der Arbeiterfragen und dur

keineswegs kleinliche Behandlung der sogenannten Dpisg e. „Hier so chloß der Redner in der Tannennacht des bayerischen Waldes rufen wir es aus: Wir stehen in angestammter Unter⸗ hanentreue zu unserem Prinz⸗Regenten, treu zur Verfassung nd darum treu zu Kaiser und Reich.“ Stürmischer minuten⸗

anger Beifall folgte diesen Schlußworten des Grafen P eysing. e EE11“ . E11““

Stuttgart, 17. September. Seine Majestät der König wird sich nach einer Meldung des „W. T. B.“ am 19. d M. on Friedrichshafen nach Bebenhausen begeben.

Deutsche Kolonien. Im Auftrage der Ausführungs⸗Kommission der Deutschen Antisklaverei⸗Lotterie hat am 16. September die Ukerewe⸗ Vorexpedition von Hamburg aus mit dem Dampfer

„Kaiser“ ihre Ausreise angetreten.

Die Expedition hat, wie das „Deutsche Col. Bl.“ mit⸗ theilt, zunächst den Auftrag, in Eilmärschen an den Ukerewe

dem Königreich Bayern besitzt, soweit er in das deutsche Gebiet fällt, also südlich des ersten Grades südlicher Breite) auf seine Tiefenverhältnisse zu untersuchen und vor Ankunft der von Wissmann'schen Karawane in Tabora ein wissen⸗ schaftliches Gutachten darüber aufzustellen, ob der Wissmann⸗ Dampfer, der einen Tiefgang von 2 m besitzt, für seine Auf⸗ gabe, aef diesem See den Sklavenraub zu unterdrücken, ge⸗ eignet ist.

Des Weiteren wird diese Expedition ein geographisches Bild des Sees aufnehmen, die wichtigsten Punkte astronomisch festlegen, allgemein wissenschaftliche (meteorologische, physi⸗ kalische, ethnelogische u s. w.) Beobachtungen anstellen und praktische Fragen, wie Wegebau, die Anlage von Häfen und Stationen und die Ansiedelung von Europäern in klimatisch geeigneten Gegenden ins Auge fassen.

gu den Vermessungen auf dem See führt die Expedition zwei hölzerne, ganz eisenfreie Life⸗Boote sammt den nöthigen Kompassen, Logs und Senklothen mit sich.

Diese Boote wurden in Hamburg angekauft, ganz zerlegt und in je 20 Trägerlasten zu 50 Pfund in Holzwolle, in Oel getränktem, dünnem Baumwollenstoff und getheerter Segel⸗

leinwand verpackt, nachdem die Holztheile zuvor mit einem

zwe fachen Talkanstrich versehen waren.

Für die Peilungsarbeiten und die astronomischen Beob⸗ achtungen zu Orts⸗ und Zeitbestimmungen, für Höhen⸗ bestimmungen und meteorologische Beobachtungen hat sich die Expedition mit zwei Sextanten, einem kleinen Universal⸗ instrumente, einem Fernrohr, mehreren Ankeruhren bester Qualität, zwei Quecksilber⸗Barom tern, vier Aneroid⸗Baro⸗ metern, einem Hypsometer, Maximum⸗ und Minimum⸗Thermo⸗ metern., Piychrothermometern und einem Aßmann'’schen Aspirations⸗Psychrometer sammt den übrigen kleineren Hülfs⸗ instrumenten versehen.

Mit der Leitung dieser Expedition wurde der Königlich württembergische Bauinspektor und Premier⸗Lieutenant der Landwehr⸗Kavallerie, Emil Hochstetter aus Stuttgart betraut.

Zu seiner Unterstützung und persönlichen Vertretung bei den wissenschaftlichen Beobachtungen ist der Kaiserlich⸗König⸗ liche Ober⸗Lieutenant der Reserve Baron von Fischer Nagy Szalatnya aus Oesterreich als freiwilliges Mitglied in die Expedition eingetreten. Derselbe hat zugleich die Aufgabe, die Länderstrecken im Westen des Ukerewe kartographisch auf⸗ zunehmen.

Außerdem wurde dem Leiter der Expedition Hr. Ludwig Meyer aus Wittstock, welcher ein und ein halbes Jahr in der von Wissmann’'schen Truppe als Offizier gedient hat, als erster Offizier zur Führung der bewaffneten Mannschaft und der Träger, Hr. August Blatt aus Wick auf Darß, welcher die Kapitänsprüfung bestanden hat, als Steuermann zur Führung des Bootes bei den Beobachtungen und Vermessungen auf dem See beigegeben.

Hr. Ludwig Meyer, der sich schon auf der Reise nach Ost⸗Afrika befindet, wird noch Ende dieses Monats in Baga⸗ moyo eintreffen, um dort die nöthigen Träger und Soldaten anzuwerben, damit die Expedition möglichst kurze Zeit nach Eintreffen des Hrn. Hochstetter in Ost⸗Afrika ihren Marsch nach dem Ukerewe antreten kann.

Zum Schutz der Expedition wird dieselbe von etwa 30 mit Hinterladern bewaffneten Soldaten begleitet werden, wegen deren Einstellung aus der Schutztruppe oder Anwerbung der Kaiserliche Gouverneur Anordnung treffen wird.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 17. September. Der Kaiser traf gestern Vor⸗ mittag, wie „W. T. B.“ berichtet, in Temesvar ein und wurde von den Spitzen der Behörden, von der Geisttlichkeit und der Generalität empfangen und von der zahlreich ver⸗ sammelten Menschenmenge jubelnd begrüßt. Allerhöchstderselbe begab sich vom Bahnhof in Begleitung des Minister⸗Präsi⸗ denten Grafen Szapary in das Bischofspalais, von der Volksmenge überall mit begeisterten Kundgebungen em⸗ pfangen. Um 10 Uhr empfing der Kaiser Depu⸗ tationen der Geistlichkeit aller Konfessionen, des Komitats, der Städte und der Handelskammer, welche ihre Huldigungen darbrachten, und versicherte dieselben in Beantwortung ihrer Ansprachen seiner Gnade und seines Wohlwollens. Am Nach⸗ müttag besichtigte der Kaiser die Ausstellung, über welche Allerhöchstderselbe sich in sehr lobender und anerkennender Weise aussprach. Die Abreise erfolgte gestern Abend. Der Kaiser begiebt sich zunächst nach Pest und von dort nach Miramare.

Gegenüber einer vor einiger Zeit verbreiteten Meldung,

daß auf einem österreichischen Schiffe 4000 Gewehre und

700 Revolver mit einer großen Menge Pulver und Munition aus Ragusa verladen worden seien, stellt das „Fremdenblatt“ auf Grund der angestellten Erhebungen fest, daß es sich nur um 300 Gewehre und 130 Revolver älterer Systeme gehandelt habe, welche von einem türkischen Trabakel auf schmugglerischem Wege nach Korfu ausgeführt worden seien. Das „Fremden⸗ blatt“ spricht sich auf das Schärfste gegen die tendenziöse Aufbauschung und Verdrehung des wahren Sachverhalts von Seiten der montenegrinischen Regierung aus und konstatirt, daß der montenegrinische Geschäftsträger in Kon⸗ stantinopel die aufgebauschte Darstellung des übrigens in Albanien gewöhnlichen Vorfalls, unter Abweichung von dem herkömmlichen Geschäftsgange, über die Pforte hinweg direkt im Kaiserlichen Palast mitgetheilt habe. Es sei daher schwer, an eine harmlose Absicht zu glauben, vielmehr liege die Annahme nahe, daß es sich bei dieser auffallenden montenegrinischen Denunziation um ein tendenziöses Vorgehen handle, welches Oesterreich⸗Ungarn feindseliger Absichten gegen die Türkei oder gegen die Ruhe Albaniens habe verdächtigen sollen. Das „Fremdenblatt“ hebt noch hervor, daß sich der Fürst Nicolaus von Montenegro während des fraglichen Zwischenfalles in Wien befunden und erst dort von den Schritten der montenegrinischen Regierung Kenntniß erhalten habe. 1 5

8 Großbritannien und Irland.

London, 16. September. Der heute von Montevideo in Southampton eingetroffene Dampfer „Mosel“ hat nach einem Telegramm des „R. B.“ die Silberbarren im Werthe von 145 000 Pfd. Sterl. an Bord, welche das englische Kriegsschif „Espiègle“ auf Veranlassung Bal⸗ maceda's von alparaiso nach Montevideo gebracht

zu marschiren, diesen Binnensee (der eine Quadratfläche gleich

hatte.

Paris, 17. S⸗ptember. Der Präsident der Republik, Carnot, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Chalons sur Marne eingetroffen. Zum Empfange hatten sich die Spitzen der Behörden eingefunden. Das zahlreich versammelte Publikum bereitete dem Präsidenten eine sympathische Auf⸗ nahme. Heute wohnte der Präsident der Truppenrevue bei Vitry⸗le⸗Francois bei.

Bezuͤglich des Verhaltens der Regierung hierbei beabsichtigten Skandal (vgl. den Bericht über die am Mittwoch erfolgte Aufführung unter „Theater und Musik“) hat sich der Minister des Innern Constans, wie die „Nat. Ztg.“ mittheilt, folgendermaßen geäußert:

„Der Minister der schönen Künste hat uns im Minister⸗ rathe mitgetheilt, daß er die Aufführung der Oper gestattet habe. Der Ministerrath hat diese Entscheidung gutgeheißen. „Lohengrin“ wird demnach aufgeführt werden, was auch kommen möge. Die sogenannten Patrioten sind garnicht berechtigt, sich auf Rußland zu berufen, um die Aufführung der Wagner'schen Oper zu verhindern. Man ist im Gegen⸗ theil auf der russischen Botschaft durch diese Dummheiten sehr und wünscht dringend, daß dieselben ein Ende nehmen.“

Die französische Regierung ermächtigte ihren Agenten in

Valparaiso, die provisorische Regierung in Chile

anzuerkennen.

Ihn Algier wurde vorgestern in dem Regentschaftshotel ein Banket zu Ehren Rußlands von früheren Sol⸗ daten aus dem Krimfeldzug, welche in Algier wohnen, veranstaltet. Zum Schluß des Bankets wurden mehrere Toaste ausgebracht. Ein Funktionär des russischen Konsulats nahm an der Festlichkeit Theil.

Ueber das in der Nacht vom 12. zum 13. d. M. ab⸗ gehaltene Manöver der vier Armee⸗Corps unter dem General Saussier wird der „Köln. Ztg.“ berichtet: In der ersten Hälfte der Nacht wurden häufig Schüsse zwischen den Vorposten gewechselt. Die Soldaten lagen neben ihren Gewehren und die Offiziere schliefen neben ihren Compagnien. Da jedoch die Nacht kalt war, zündeten die Soldaten Feuer an, um Kaffee zu kochen und sich zu er⸗ wärmen. Andere Feuer erleuchteten von weit her die Stel⸗ lungen für die Artillerie, die bereits aufzufahren begann. Um 3 ³¾ Uhr wurde das Vorpostengefecht lebhafter und um 4 Uhr 10 Minuten fiel der erste Kanonenschuß von Chalette her. Alsbald entspann sich der Kampf auf der ganzen Linie. Der General Saussier versuchte den Uebergang über die Voire zu erzwingen, und zwar sollte ein Theil den Uebergang von Chaleite angreifen, die Hauptmacht aber Feft eh bei Magnincourt geschlagenen Brücke den Fluß passiren und den rechten Flügel des Gegners umfassen. Wie es möglich war, daß man die Brücke von Chalette kaum besetzt fand und eine ganze Brigade trotz der elektrischen Scheinwerfer ungesehen dorthin gelangen konnte, ist unklar, auch scheint General Boisdeffre sich zu sehr an den Buch⸗

staben seiner Weisungen gehalten zu haben, da er mit dem markirten Feind seine vorzügliche Stellung viel zu früh auf⸗

gab. General Saussier ließ den Kampf bereits um 7 Uhr

Morgens einstellen, um seinen Mannschaften nach den An-:

strengungen der Nacht die Sonntagsruhe zu gönnen.

Wie das „Echo de Paris“ erfährt, ist der Kriegs⸗

Minister noch nicht sicher darüber, ob sich bei den neu⸗ geschaffenen gemischten Infanterie⸗Regimentern die Zusammenwirkung von Offizieren des aktiven Heeres, der

Reserve und der Landwehr in einem gemeinsamen Rahmen

bewähren wird. Er wird daher im nächsten Monat eine Rund⸗: reise unternehmen, um sich von der Regelmäßigkeit des Dienstes

in den betreffenden Regimentern zu überzeugen. Er hat dabei zu untersuchen, ob der Offiziersrahmen dieser für die Reserve⸗ Armee⸗Corps bestimmten Truppen überall vollständig ist und ob alle seine Glieder wirklich diensttüchtig sind. Während der Uebungen des XVIII. Corps wurde in aller Stille eine Probe der „Einrahmung“ der kriegsmäßig zu bildenden Ersatztruppen⸗ körper vorgenommen. Das 34. Linien⸗Regiment wurde in Mont de Marsan gelassen und in der 71. Brigade der 36. Division unerwartet durch die vier Rahmen der vier Ergänzungs⸗Ba⸗ taillone des 18., 31., 49. und 53. Linien⸗Regiments ersetzt. Die Offiziere und Unteroffiziere dieser Cadres bildeten vor vierzehn Tagen das provisorische Regiment „Nr. 34 bis“. Ganz aus Reservisten bestehend und jede Compagnie 1 von zwei Reserve⸗Offizieren geführt, steht dieses Regiment in keiner Hinsicht den drei übrigen Infanterie⸗Regi⸗

mentern der Division Bayonne nach. Bei den übrigen

im unteren Navarra führte das provisorische

Regiment die verschiedenen taäktischen Umbildungen ohne Zögern aus. Es leistet dasselbe wie die alten Regimenter der Division, so erklärte wenigstens der General Munier seinen Untergebenen nach dem Einmarsch in Saint⸗Palais. Der Versuch mit dem Regiment „34 bis“ bildet für die im Oktober stattfindende Einrichtung der gemischten Regimenter

und für die großen Uebungen, an denen nächstes Jahr eine große Zahl dieser Reservetruppen theilnehmen werden, ein günstiges Vorzeichen. 1“ 11“

Rußland und Polen. 1

St. Petersburg, 17. September. In einem heute im „Regierungsboten“ veröffentlichten Kaiserlichen Ukas, be⸗ treffend das Verbot der Weizenausfuhr von Trans⸗ kaspien nach Persien und die Aufhebung der Accisevergütung auf exportirten Spiritus, wird dem Finanz⸗Minister anheimgestellt, diese zur Sicherung der Volksverpflegung erlassenen Verordnungen sofort auszuführen. Die den Spiritus betreffende Verord⸗ nung ist auf sämmtliche Spiritustransporte anzuwenden, welche nicht im Laufe desjenigen Tages, an welchem der Minister den Ukas an die Zollämter zur Erfüllung mitgetheilt hat, die erforderlichen Besichtigungsdokumente erhalten haben.

Italien.

Rom, 16. September. Einer Meldung der „Agenzia Stefani“ zufolge hat Italien die neue chilenische Re gierung anerkannt.

Bei der heute erfolgten Abreise des Königs und der Königin von Rumänien von Venedig nach Pallanza waren Vertreter der Staats⸗ und Kommunalbehörden zur Verabschiedung am Bahnhofe anwesend. Die Königin sah leidend aus und wurde auf einem Tragsessel in den Eisen⸗ bahnwagen gehoben. Bei der Ankunft in Pallanza war das Befinden der Königin, trotz der Anstrengungen der Reise, ein gutes.

Uebungen

„Lohengrin⸗Aufführung“ und zu dem von den Patrioten

wird der Kaiser von

v““ Ostende, 16. September. .

den Afrikareisenden Oscar Borchert in längerer Audienz. Türkei.

Konst antinopel, 16. September. Wie die „Agence

de Constantinople“ in der Angelegenheit der angeblichen Be⸗ setzung der Insel Sigri durch die Engländer weiter meldet, ließ der englische Botschafter White die bereits mit⸗ getheilten Erklärungen über die Landung einer Abtheilung des englischen Geschwaders auf der Insel Sigri (Fehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. t.⸗A.“) der Pforte

mündlich abgegeben, worauf der Minister des Auswärtigen Said Pascha an den Botschafter White eine Note richtete

mit dem Ersuchen, seine Auseinandersetzungen s chriftlich zu übersenden. Der englische Botschafter hat bisher keine Ant⸗ wort ertheilt; man nimmt an, daß er den Bericht des Admi⸗ rals Kerr abwarten wolle.

Aus Aden meldet eine Depesche des „Bureau Reuter“, daß der türkische Truppenkommandant Mustapha Bey die Rebellion in Huggah, Amran, Zabel Bani, Nazeed, Bani Soreh und Hamdan unterdrückt und in allen diesen Distrikten wieder völlige Ruhe hergestellt habe.

Schweden und Norwegen. (F) Christiania, 14. September. Die Königin

1 Sofie kommt morgen Nachmittag mit Sonderzug von Skangum

hier an und reist sogleich nach Stockholm weiter. 8 Der frühere Staats⸗Minister Spverdrup hat sich gegen das ganze Wahlprogramm der ministeriellen Partei erklärt. Er verwirft die Forderung wegen eines eigenen norwegischen Ministers des Aeußern, denn es sei zu wenig zu gewinnen und zu viel zu wagen, wenn diese Frage auf die Spitze getrieben werde. Die Union sei für die Zu⸗ kunst des ganzen Nordens von der größten Bedeutung, ihre Sprengung würde sowohl Norwegen als Schweden zu großem Schaden gereichen. Die unionelle Frage könne aber zur Zu⸗ friedenheit Norwegens auch ohne eigenen Minister des Aeußern

gelöst werden. Schweden könne jetzt schen⸗ daß in Norwegens

Forderung wegen voller unioneller Gleichstellung Ernst und Die Einführung des allgemeinen Wahlrechts

Stärke liege. noch nicht für an⸗

und direkter Steuern hält Sverdrup gebracht. Dänemark.

16. September. Dem Vernehmen nach Rußland am 30. d. M. oder am 1. Oktober die Rückreise nach Rußland antreten. Di Prinzessin Maud, jüngste Tochter des Prinzen von Wales, welche heute Abend hier eintrifft, wird nach einer Meldung des „W. T. B.“ in Schloß Amalienborg über⸗ nachten und morgen nach Fredensborg weiterreisen.

(F) Kopenhagen, 15. September. Auf Veranlassung der norwegischen Regierung werden hier jetzt Verhandlungen über ein gemeinschaftlich dänisch⸗norwegisches Nachdruckgesetz geführt. Von norwegischer Seite ist der Redacteur der amt lichen norwegischen Zeitung Dr. Bätzmann delegirt, Seitens der dänischen Regierung der Bureauchef im Kultus⸗Ministerium Stemann, sowie Professor Dr. Torp. Den Verhandlungen dient als Grundlage der Gesetzentwurf über das literarische und künstlerische Eigenthumsrecht, den die dänische Regierun in der letzten Tagung dem Reichstage vorlege.

Kopenhagen,

Amerika. 14“ Vereinigte Staaten. Eine gestern in Saratoga abgehaltene allgemeine Versammlung der Demokraten des Staates New⸗York bezeichnete laut Meldung des „W. T. B Roswell Flower als Kandidaten für den Posten eines Staatsgouverneurs. Außerdem nahm die Versammlung eine Resolution an, in welcher eine Mißbilligung gegen das neue Silbergesetz Sherman's ausgesprochen wird. Chile. In Paris eingetroffenen Meldungen aus Buenos⸗Aires zufolge wäre Balmaceda in Mendoza in Argentinien angekommen.

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Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach §. 110 der Civilprozeßordnung erfolgt die Bewilligung des Armenrechts für jede Instanz besonders, in der höheren Instanz bedarf es aber des Nachweises des Unvermögens nicht, wenn das Armenrecht in der vorherigen Instanz bewilligt war. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, VI. Civilsenat, durch Beschluß vom 11. Juli 1891 ausgesprochen, daß nichtsdestoweniger das Gericht höherer Instanz zu der Prüfung berechtigt ist, ob die in der vorherigen Instanz als vorliegend angenommene Voraus⸗ setzung des Armenrechts noch vorhanden ist und event. die Einreichung eines neuen Armuthszeugnisses vor der Bewilligung des Armenrechts verlangen kann.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernte.

(W) Detmold, 17. September. Fürstenthum ist befriedigender ausgefallen, als man vor Wochen hoffen

1

Die diesjährige Ernte im durfte. müssen, dagegen ist das Sommerkorn um und hat stellenweis einen Ertrag geliefert, tungen übertrifft, Dies gilt auch von den Futterkräutern, Klee, Luzerne, Esparsette ꝛc., und wenn die Qualität des ersten Schnitts hier und da erbeblich gelitten, so ist der zweite Schnitt um so schöner geworden. Sehr besorgt war man auch hier wegen der Kartoffeln. Das trockene Wetter der hss Wochen ist indeß den späten und mittelspäten Sorten sehr günstig gewesen, sodaß der Ertrag binsichtlich der Quantität wie Qualität nicht hinter dem des Vor⸗ jahres zurücksteht.

Das Winterkorn hat zwar größtentheils umgepflügt werden so besser gerathen der alle Erwar⸗

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Jeddah, 24. August. Die diesjährige Cholera⸗Epidemie ist, wie das „R. B.“ meldet, mit außerordentlicher Stärke, so namentlich in Mekka aufgetreten, wo die Zahl der Opfer in den ersten Tagen nach Ausbruch der Epidemie eine in der Geschichte des muhameda⸗ nischen Pilgerverkehrs ganz beispiellose war. Die Behörden schätzen die allein im Verlauf der jetzigen Saison an der Cholera gestorbenen Personen auf mehr als 11 000. Die Krankheit ist jeg jedoch, sowohl hier wie in Mekka, thatsächlich verschwunden. Die Quarantäne wird indeß noch eine Zeit lang beobachtet werden, wie es auch im vorigen Jahre der Fall war.

b Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 16. d. M. gestellt 10 489, nicht recht⸗ jeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 15. d. M. gestellt 3571, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. “.“

Subhastations⸗Resultate. .

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 16. September 1891 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteige⸗ rung: Dresdenerstraße 35 und Kaiser Franz Grenadier⸗ Platz 8a, der Handelsgesellschaft H. L. Schultze gehörig; Nutzungswerth 17 910 bezw. 29 290 ℳ; für das Meistgebot von zusammen 737 000 wurde die Frau W. E. Schultze, geb. Becker, Korneliusstraße 6, Ersteberin. Ferner Pflugstraße, dem A. E. Sommer hierselbst gehörig; das geringste Gebot wurde auf 186 360 festgesetzt; für das Meistgebot von 190 000 wurde der Kaufmann Hermann Jakosby zu Berlin Erstehber. Leipzig, 16. September. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per September 3,67 ½ ℳ, per Oktober 3,67 ½ ℳ, per November 3,70 ℳ, per Dezember 3,70 ℳ, per Januar 3,75 ℳ, per Februar 3,80 ver März 3,80 ℳ, per April 3,80 ℳ, per Mai 3,80 ℳ, per Juni 3,82 ½ ℳ, per Juli 3,82 ½ ℳ, per August 3,82 ½ Umsatz 440 000 kg. Ruhig.

London, 16. September. (W. T. B.) Wollauktion. Leb⸗ haftere Betheiligung, Preise unverändert. An der Küste b Weizenladungen angeboten. Paris, 16. September. (W. T. B.) In den ersten acht Monaten dieses Jahres betrug der Import Frankreichs 3 195 000 000 Fres. gegen 2 985 000 000 Frces in dem gleichen Zeit⸗ raum des Vorjahres; der Export 2 297 000 000 Fres. gegen 2 419 000 000 Frcs. im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Mailand, 16. September. (W. T. B.) Der hiesige Appell⸗ hof bestätigte den in erster Instanz verhängten Konkurs der Sekundärbahn Novara⸗Seregno, und verwarf den gegen dieses Erkenntniß eingelegten Rekurs des Aufsichtsraths.

New⸗York, 16. September. (W. T. B.) Nach sehr fester und lebhafter Eröffaung der Börse gaben später die Course nach. Der Schluß blieb schwach. Der Umsatz der Aktien betrug 493 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 4 500 000 Unzen geschärt Die Silberverkäufe betrugen 100 000 Unzen, die Silberkäufe für den Staatsschatz 400 000 Unzen zu 97,00 à 97,20

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Köln (rechts⸗ rheinische) macht Namens aller betheiligten Verwaltungen bekannt, daß, soweit die Anwendung der für die Beförderung von Stein⸗ kohlen u. s. w. von rheinisch ⸗westfälichen Stationen nach Stationen der Belgischen und Niederländischen Bahnen, der Dänischen Staats⸗ bahnen, des Deutsch Nordischen Lloyd, der Eutin⸗Lübecker, Lübeck⸗ Büchener Mecklenburgischen Friedrich⸗Franz⸗, Mecklenburgischen Süd⸗, Paulinenaue ⸗Neuruppiner, Prignitzer und Witten⸗ berge⸗Perleberger Eisenbahn, sowie nach Station Belfort transit (nach letzterer auch von Lauterburg Hafen, Ludwigs⸗ hafen und Mannheim) bestehenden Ausnahmetarife an die Bedingung der gleichzeitigen Aufgabe von mindestens 50 000 kg ge⸗ knüpft ist, die betreffenden Frachtsätze vom 1. November d. J. ab für alle diesen Tarifen angehörigen Artikel bereits bei gleichzeitiger Anlieferung von mindestens 45 000 kg gelten. Für Steinkohlen, Braunkohlen, Stein kohlen⸗ und Braunkohlenbrikets sowie ab Lübeck für überseeische Eisenerze und Eisen⸗ schlacken (auf sonst leer zurückgehenden Kohlenwagen) wird jedoch zur Erzielung einer bessern Ausnutzung des an den Wagen vermerkten Ladegewichts von demselben Tage ab die Fracht auf Grund jener Tarife für das Gesammtladegewicht der gestellten Wagen mit der Maßgabe berechnet, daß die Fracht für das wirklich verladene Gewicht mindestens aber 10 000 kg für den Wagen zu den Sätzen für Einzelsendungen erhoben wird, wenn diese sich niedriger stellt. Be⸗ züglich des Artikels „Koks“ verbleibt es einstweilen noch bei der bisher igen Frachtberechnung für das wirklich verladene Gewicht (mindestens aber für 10 000 kg für den Wagen).

Bremen, 16. September. (W. T., B.) Norddeutscher vloyd. Der Schnelldampfer „Spree“ ist heute Vormittag 8 Uhr

in New⸗York angeko vmen in New⸗Pork ang T. B.) Der Schnelldampfer

17. September. (W. „Lahn“, nach New⸗York bestimmt, ist am 16. September, 11 Uhr Der Schnelldampfer

Vormittags, Beachy Head peassirt. „Trave“ ist am 15. September, 3 Uhr Nachmittags, von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“, vom La Plata kommend, ist am 16. September, 9 Uhr Vormittags, in Vigo angekommen.

Hamburg, 17. September. (W. T. B.) Hamburg⸗ Amerikanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Fürst Bismarck“ ist, von New⸗York kommend, gestern Abend 9 Uhr Secilly passirt. Der Postdampfer „Wieland“ ist heute Vormittag 10 Uhr, von New⸗York kommend, auf der Elbe eingetroffen.

London, 17. September. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Moor“ ist gestern auf der Hiimreise von Capetown abgegangen

11““ Theater und Mufik.

Zu der am 23. September im Berliner Theater statt⸗ findenden Körnerfeier hat Ernst von Wildenbruch einen auf Theodor Körner bezüglichen Prolog geschrieben, welcher von Ludwig Barnay gesprochen wird. Diese Vorstellung wird zum Besten des Denkmal⸗ fonds für die deutschnationalen Dichter gegeben werden.

Frl. Leopoldine Augustin tritt am Sonnabend ihr neues Engage⸗ ment am Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater als Gabriele, die kleine Handschuhmacherin, in Offenbach's „Pariser Leben“ an. Suppé's „Boccaccio“ wird morgen zum letzten Mal wiederholt.

„Jung⸗Deutschland

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zur See“ wird morgen im Belle⸗ Alliance⸗Theater zum fünfzigsten Male aufgeführt.

Im Thomas⸗Theater findet morgen die fünfzigste Auf⸗ führung der Posse „Im siebenten Himmel“ statt. Sämmtliche Couplets sind zu dieser Vorstellung durch neue Verse ergänzt worden. Mit der vierten Auflage der bis jetzt im Druckerschienenen Gesangs⸗ stücke wird auch das große Duett„ eerlin und Wien“ herausgegeben werden.

Gestern Abend ist in der Großen Oper in Paris Wagner's „Lohengrin“, wie „W. T. B.“ meldet, mit glänzendem Erfolge in Scene gegangen; alle drei Akte wurden mit lebhaftestem Beifall auf⸗ genommen, die Darsteller wiederholt gerufen. Die Inscenirung war eine außerordentlich prachtvolle. Wir fügen hieran die telegraphischen, so zu sagen bulletinartigen Mittheilungen über die äußeren Umstände, unter denen die Aufführung sich vollzog:

Bereits um 5 Uhr Nachmittags fanden auf dem Opernplatz und in den benachbarten Straßen große Ansammlungen statt.

Um 6 Uhr rückten einige hundert Polizisten an, welche die ganze Umgebung des Opernhauses räumten und zablreiche Personen, welche sich widersetzlich zeigten, verhafteten. Vor der Freitreppe des Opern⸗ hauses war ein starkes Detachement berittener Munizipalgarde stationirt.

Gegen 7 Uhr machte sich in der Umgebung des Opernhauses er⸗ neut ein lebhaftes Treiben bemerkbar, an den Ecken der Avenue de 1'Opéra und den Straßen de la Paix und du Quatre Septembre bildeten sich ziemlich zahlreiche Gruppen, die Bürgersteige füllten sich mit Neugierigen. Auf den Terrassen der Cafés auf den Boulevards waren keine Tische aufgestellt, um den Verkehr nicht zu behindern.

Als um 7 ½ Uhr die Volksmenge immer mehr anwuchs, und es den Anschein gewann, daß gewisse Gruppen derselben eine

Manifestation veranstalten wollten,

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die dastehenden Neußterihen zum Weitergehen auf. Hierbei kamen wiederholt Ausschreitungen vor. Die Menge verhöhnte die Polizei, lärmte und johlte, sodaß die Polizei einschritt, die zusammengerottete Menge vor sich hertrieb und gegen 60 Personen verhaftete. Unter der Menge befanden sich die Deputirten Laguerre und Mermeix. Von Zeitungsverkäufern wurden zahlreiche Hetzblätter feilgeboten.

Gegen 9 Uhr stimmten einige junge Leute vor dem Café de la Paix die Marseillaise an, die Polizei trieb die Manifestanten trotz ihres Protestes zurück und nahm mehrere Verhaftungen vor. Etwa eine halbe Stunde später wurde die Volksmenge, welche sich aufs Neue angesammelt hatte, von den Polizei⸗ agenten, denen berittene Mannschaften der Garde républicaine folgten, zurückgetrieben. Der Opernplatz und die Zugänge zu demselben wurden vollständig frei gemacht. Von den nach allen Seiten Flüchtenden kamen mehrere zu Fall, unter den Manifestanten, welche sich widersetzlich zeigten, oder vermischt mit Hochrufen auf Frankreich lärmten und schrien, wurden zahlreiche Verhaftungen vor⸗ genommen. 1

Gegen 10 Uhr warf sich eine 200 bis 250 Köpfe zählende Menge gegen das in der Rue neuve St. Augustin belegene „Café de Hanovre“ und zertrümmerte durch Steinwürfe und Stockhiebe dessen Schaufenster. Das Café wurde sofort geschlossen.

Gegen 10 Uhr 30 Minuten schien die Erregung der Volksmenge noch im Wachsen begriffen zu sein. Dieselbe sang fortgesetzt die Marseillaise und rief „Es lebe die Republik, es lebe Frankreich!“ Vereinzelt wurde der Ruf laut: „Nieder mit Wagner!“ Die Polizei schien vorübergehend der Uebermacht weichen zu müssen, wiederholt gelang es der erregten Menge, auf den Opernplatz zu dringen.

Nach 11 Uhr begann die Volksmenge sich langsam zu zerstreuen. Die Kandgebungen dauerten zwar fort, beschränkten sich jedoch auf das Absingen der Marseillaise und die Rufe „Hoch lebe Frankreich!“ Die Mehrzahl der Manifestanten und Verhafteten sind ganz junge Leute, die Zahl der Verhafteten belief sich auf mehr als 1000. Nach 12 ½ Uhr trat allmähliche völlige Ruhe ein.

Was die Vorstellung im Opernbause selbst anbetrifft, so vollzog sich der Eintritt der Zuschauer ohne Schwierigkeit und ohne Zwischen⸗ fall. Der Zuschauerraum war bis auf den letzten Platz besetzt, nur die offiziellen Logen waren (nach der „Nat.⸗„Ztg.“) leer. Das Publikum konnte die Oper nach Schluß der Vorstellung unbehelligt verlassen.

Aus Paris wird ferner gemeldet: Mit Ausnahme einiger Hetz⸗ blätter konstatirt die gesammte Presse die glänzende Aufnahme des „Lohengrin“ und giebt ihrer Befriedigung darüber Ausdruck, daß die

olizei die Manifestationsversuche so entschieden unterdrückt hat. Die

lätter sprechen gleichzeitig die Hoffnung aus, daß die gestrigen Vor⸗ kommnisse für die Tumultuanten eine Warnung sein würden. Von den Verhaftungen wurden fünfzig aufrechterhalten

Adelina Patti wird, wie die „A. C.“ mittheilt, auf ihrer bevorstehenden amerikanischen Kunstreise 5000 Doll. für den Abend und außerdem einen Antheil an dem Reinertrag bekommen. Keine Sängerin hat wohl jemals eine gleich hohe Gage erhalten.

Ein unternehmender Londoner Theaterdirektor hat nach einer Mittheilung der „A C.“ für März nächsten Jahres das ganze Ensemble des ersten chinesischen Theaters in San Francisco engagirt. Mit der Pracht und dem Reichthum der chinesischen Kostüme soll keine europäische Theatergarderobe es aufnehmen können.

Sport.

Distanzritt i Frankfurt a. M. und zurück. Das in Berlin erscheinende Sportblatt „Turf“ schreibt die Proposition aus für einen Distanzritt von Berlin nach Frankfurt a. M. und zurück circa 1200 km für Pferde aller Länder, zu reiten im März 1892. Ehrenpreis gegeben vom „Turf“ für den siegenden Reiter und 100 000 ℳ, davon 60 000 dem ersten, 25 000 dem zweiten, 10 000 dem dritten und 5000 dem vierten Pferde. Einsatz 300 ℳ, halb Reugeld. welche Pferde zu nennen beabsichtigen, können das Näͤhere vom Verlag des „Turf“ Berlin Lindenstraße 53, erfahren. vW 16

111““ Mannigfaltiges. Die 2,50 m hohe Krone, welche auf der Kuppel des neuer Reichstagsgebäudes am Sedantage enthüllt wurde, kostet, wie die „N. A. Ztg.“ erfährt, rund 6000 Die Vergoldung ist mit

reinem 24 karätigem Blattgolde vorgenommen, während gewöhnlich nur 6 karätiges gebraucht wird.

Als Gesammtresultat der Haupt⸗Veranlagung zur Gemeinde⸗ Einkommensteuer in Berlin für das Verwaltungsjahr 1890/91 ergiebt sich: 1) Klassensteuerzahler 398 007 Personen mit 5 389098 ℳ, 2) zur klassifizirten Einkommensteuer herangezogene Personen 41 308 mit 11 455 290 ℳ, zusammen 439 315 Personen mit 16 844 388 Dies Staatssteuer⸗Soll vermindert sich bei der Gemeinde⸗ Einkommensteuer durch die gesetzlichen Befreiungen und Er⸗ mäßigungen um 1 890 642 ℳ, es bleiben somit 439 315 Per⸗ sonen mit 14 953 746 Hierzu treten noch 3) juristische Personen und Gesellschaften 649 Personen mit 3 207 257 ℳ, 4) Forensen 3345 Personen mit 512 133 ℳ, 5) Militärpersonen 550 mit 78 327 und 6) Schiffer 23 mit 684 ℳ, macht zusammen 443 882 Personen mit 18 752 147 ℳ, gegen 1889/90 mehr 73 131 Personen mit 2 012 922 Dieses Resultat hat durch er⸗ gangene Entscheidungen auf Reklamationen und Rekurse Abänderungen erfahren in zusammen 50 422 Fällen mit einem Steuerausfall von 824 903,56

Im ersten Vierteljahr 1891 sind in Berlin 35 468 besteuerte Hunde gezählt worden. An steuerfreien Hunden waren zu derselben vorhanden: 1556 Kettenhunde, 1080 Zughunde, 57 Hunde, welche taubstummen oder schwerhörigen und zugleich mittellosen Personen an⸗ gehörten, 60 Hunde öffentlicher Wächter, 15 Treibhunde und 66 Hunde im Besitze des Personals der auswärtigen Gesandtschaften, zu sammen 2834 Freihunde.

Die Direktion der Großen Berliner Pferde⸗Eisen⸗ bahn, Aktiengesellschaft, theilt Folgendes mit: In einem großen Theil der hiesigen Presse ist darüber Klage geführt worden, da hinsichtlich der Beförderung von Gepäckgegenständen neuerdings dahin gebende Bestimmungen getroffen sein sollen, daß nur ganz kleines Gepäck in die Pferdebahnwagen mitgenommen werden darf, größere Gepäckstücke dagegen von der Beförderung ganz ausgeschlossen seien. Dies entspricht jedoch nicht dem wahren Sachverhalt. Es ist vielmehr aus dem Um⸗ stande, daß einzelne Schaffner die Mitnahme sehr umfangreicher Gegenstände geduldet haben, Veranlassung genommen, die alte Be⸗ stimmung der Polizei⸗Verordnung vom 27. Mai 1865 (§. 22) dem Personal in Erinnerung zu bringen, nach welcher „der Schaffner die Mitnahme von solchem Gepäck nicht gestatten darf, welches durch Umfänglichkeit, üblen Geruch oder schmutzige Beschaffenheit den Fahrgästen lästig werden könnte.“ Es kann nur angenommen werden, daß diese Erinnerung einzelne Schaffner veranlaßt at, in zu weitgehender Weise auch die Mitnahme kleinerer Gepäckstücke zu ver⸗ weigern; wir bemerken zur Vermeidung von Mißverständnissen dem gegenüber, daß die Mitnahme von Handkoffern und ähnlichem Gepäck, welches die Mitfahrenden nicht belästigt, nach wie vor auf unseren Wagen gestattet ist.

Die von den Architekten Cremer und Wolffenstein erbaute Synagoge in der Lindenstraße wird, wie der „N., A. Z.“ mit⸗ getheilt wird, am 26. d. M. eingeweiht werden. Die Synagoge, welche von der Straße her durch ein Schulgebäude zugänglich ist, stellt sich als ein Centralbau romanischen Stils dar, dessen inneres Acht⸗ kant zwischen den Emporen von einem Sterngewölbe mit einem Halb⸗

forderten die Polizeiagenten!

sser von 11,80 m überspannt wird. Der höchste Punkt der Wölbung