mitteln und deren sparsamer Beschaffung und Verwendung bekannt zu machen, im schulmäßigen Experimentiren zu üben und auch zu “ einfacher physikalischer und chemischer Apparate an⸗ zuleiten sind;
c. Methodik des landwirthschaftlichen Unterrichts, wobei die Seminarmitglieder in die bezügliche Literatur einzuführen, mit den zweckmäßigsten Modellen, Abbildungen und anderen Lehrmitteln für den Unterricht in der Pflanzen⸗ und Thierproduktionslehre und deren sparsamer Beschaffung bekannt zu machen; sowie zur schulmäßigen Töhätigkeit auf den Versuchs⸗ und Demonstrationsfeldern der Anstalt anzuleiten sind.
§. 12.
Die Behandlung dieser Gegenstände erfolgt theils in Vorträgen und Anweisungen der leitenden Lehrer oder in kurzen Referaten der Seminarmitglieder über bestimmte Themata, Schriften und Ab⸗ schnitte aus solchen, mit nachfolgender Diskussion; theils in Er⸗ läuterungen der Musterlektionen und in Besprechungen der Probe⸗ lektionen, welche in vorhergehenden Seminarsitzungen vorbereitet, in nachfolgenden beurtheilt werden, wobei stets zuerst das betreffende Seminarmitglied zu einer b“ das Wort erhält.
Außerdem hat jedes Seminarmitglied circa drei Monate vor Schluß seines Seminarjahres (am Ende der Sommer⸗ bezw. Weih⸗ nachtsferien) eine schriftliche Arbeit über ein von dem Direktor gestelltes konkretes pädagogisches Thema zu liefern, welche dann in den Seminarsitzungen zu
Sobald ein Seminarmitglied einige Einsicht in die Theorie des Lehrverfahrens erlangt und in den Probelektionen einiges Geschick im Unterrichten gezeigt hat, wird ihm mit Rücksicht auf seine Neigung und Befähigung ein Lehrgegenstand in einer Klasse zu selbständiger Behandlung überwiesen, unter Leitung und Verantwortlichkeit des damit beauftragten Lehrers, welcher die Vertheilung des Lehrstoffes auf die verfügbare Zeit mit ihm zu besprechen, seine schriftliche Vor⸗ bereitung für jede Lehrstunde einzusehen und wenigstens ⅛ seiner Lehr⸗ stunden zu besuchen hat. Hierzu werden besonders die Lehrgegenstände der mit der betreffenden Landwirthschaftsschule verbundenen landwirth⸗ schaftlichen Winterschule oder Ackerbauschule gewählt, außerdem die Fächer des naturwissenschaftlichen Anfangsunterrrichts und einzelne Zweige der speziellen Pflanzen⸗ und Thierproduktionslehre, welche gesondert behandelt werden 8
Die Seminarmitglieder sind thunlichst an der Leitung der an der Anstalt eingeführten Jugendspiele zu betheiligen, sowie zu dem Turn⸗ unterricht und den E1 IFärinesehen.
Im Sommer wird jedem Seminarmitgliede eine Anzahl von Schülern zugetheilt, deren Anbauversuche auf dem Versuchsfelde es zu leiten und zu überwachen hat.
§. 17.
Außerdem werden die Seminarmitglieder in die landwirthschaft⸗ lichen Vereine der betreffenden Gegend eingeführt und haben hier Gelegenheit, sich in Vorträgen und sonstiger populärer Belehrung für Erwachsene zu üben, wobei ihnen der Landwirthschaftslehrer der Anstalt mit seinem Beispiel und 85 zur Seite steht.
Zu den Verhandlungen der Lebrerkonferenz sind in der Regel
auch die Seminarmitglieder als Zuhörer zuzuziehen; soweit Schüler
dabei in Betracht kommen, welche sie unterrichten, haben sie auf Er⸗ fordern Auskunft zu geben. §. 19
Die sonstigen Anordnungen für die Ausführung der vorstehenden Bestimmungen hat der Direktor zu treffen, welchem die Gesammt⸗ leitung des Seminars obliegt. 8
0
Vier Wochen vor Ablauf jedes Semesters erstattet der Direktor auf Grund seiner eigenen Beobachtungen und der Urtheile der beauftragten Lehrer an das Ministerium für Landwirth⸗ schaft, Domänen und Forsten einen Bericht über die Führung der ausscheidenden Seminarmitglieder, ihre Tyätigkeit während des Jahres, das von jedem Einzelnen bekundete Streben und die erreichte Stufe der pädagogischen Ausbildung. In diesem Bericht sind be⸗ sondere Beweise der Thätigkeit der Kandidaten eben so wenig zu ver⸗ schweigen, wie auffallende Mängel der Führung, des Strebens und der Leistungen. „Dem Berichte sind die pädagogischen Arbeiten der Seminar⸗ mitglieder (§. 13) mit dem Frte ges Direktors beizufügen.
Das Ministerium stellt demnächst auf Grund hiervon, sowie auf Grund etwaiger Beobachtungen des die betreffende Landwirthschafts⸗ schule beaufsichtigenden Regierungs⸗Schulraths oder Ministerial⸗ Raths, das Urtheil über den Verlauf und Erfolg des Seminarjahres fest und erklärt den Kandidaten entweder für getignet oder nicht geeignet zur Anstellung. Auch kann gleichzeitig der Kandidat von dem sonst vorgeschriebenen Probejahr disgenfärs werden.
2
Für nicht geeignet zur Anstellung wird ein Kandidat insbesondere dann erklärt, wenn er nach seiner bisherigen Thätigkeit wegen großen pädagogischen Ungeschicks oder fortgesetzten Unfleißes unter Nicht⸗ begchtung erfolgter Warnungen oder wegen erheblicher sittlicher Mängel oder wegen körperlicher Gebrechen zur Bekleidung des Amts eines Jugendlehrers unbrauchbar erscheint. Eine dahingehende Ent⸗ scheidung des Ministeriums wird dem Kandidaten sammt den Ent⸗ scheidungsgründen mitgetheilt. 8
23.
Dem für geeignet zur Anstellung erklärten Kandidaten wird über seine pädagogische Ausbildung ein, nach einem besonderen Formular auszufertigendes Zeugniß ausgehändigt, worin nur enthalten ist: das National des Kandidaten mit Angabe der Konfession oder Religion, der äußere Verlauf seiner pädagogischen Vorbildung und die Be⸗ merkung, daß er zur Anstellung geeignet sei, eventl. mit dem Zusatz: besonders zur Anstellung an Landwirthschaftsschulen.
Dies Zeugniß ist bei jeder Bewerbung um eine Lehrerstelle mit vorzulegen. “
Berlin, den 2. Juni 1891. 8
Der Minister für Lan e . Domänen und Forsten. von Heyden
Dem bisherigen Dirigenten des Brandenburgschen Land⸗ gestüts, Gestüt⸗Direktor Freiherrn von Stenglin ist die 19.S-r des Hannoverschen Landgestüts zu Celle übertragen worden.
Der zur Zeit als Hülfsarbeiter im Ministerium für Land⸗ wirthschaft, Domänen und Forsten beschäftigte Regierungs⸗ Baumeister Recken ist mit der kommissarischen Verwaltung der Stelle des Meliorations⸗Baubeamten für die Provinz Hannover beauftragt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Bei dem Gymnasium zu Wiesbaden ist der ordentliche er August Fritze zum Oberlehrer befördert worden.
Leh Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Der Kreis⸗Bauinspektor Peter Schmitz zu Hoyerswerda
ist in gleicher Amtseigenschaft nach Karthaus W.Pr. versetzt worden.
2 ngek om men: Seine Excellenz der Unter⸗Staatssekretär im Staats⸗Ministerium, Wirkliche Geheime Rath Homeyer, von Harzburg.
in der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird ein Privilegium wegen Ausgabe von auf den Inhaber lautenden Anleihe⸗ scheinen der Stadt Wandsbek zum Betrage von 5 000 000 ℳ veröffentlicht. “ 1
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 28. September.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin traf am Sonnabend, Abends um 7 ½ Uhr, von Homburg zurück⸗ kehrend, wieder in Wilhelmshöhe ein. Gestern wohnte Ihre Iöö Gottesdienst in der Hof⸗ und Garnisonkirche zu Kassel bei.
Heute Morgen um 7/½ Uhr begab Sich Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria zu Schaumburg⸗Lippe und Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Margarethe von Homburg zu Wagen nach Friedberg und von dort mit der Bahn nach Kassel resp. Wilhelmshöhe, um Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin einen Gegenbesuch abzustatten. Heute Abend um 7 ½ Uhr wird die Rückkehr Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich nach Homburg erfolgen.
Der Reichskanzler, welcher sich zur 25jährigen Jubel⸗ feier des Infanterie⸗Regiments Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig (Ostfriesisches) Nr. 78, dessen Chef er ist, nach Osnabrück begeben hat, besuchte dort gestern einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, auf Einladung der Stadt den Friedens⸗ saal des Rathhauses, in welchem 1648 der Westfälische Friede verhandelt wurde. Auf die Begrüßung des Bürgermeisters erwiderte der Reichskanzler mit einer Ansprache, in welcher er nach einem Berichte der „Kölnischen Zeitung“ zunächst die Freude äußerte, daß seine militärische Stellung ihm Gelegenheit gebe, im Friedenssaale zu sein. Der Rückblick in die Vergangenheit zeige, was die Gegenwart errungen; die Befürchtungen, ob der gegenwärtige erhalten werde, seien nicht begründet. Keiner der
egierenden habe den Wunsch, den Frieden zu stören und einen europäischen Krieg hervorzurufen. Auch die An⸗ näherungen der Staaten in der neuesten Zeit gäben keinen Grund zu Befürchtungen; dieselben seien nur der Ausdruck schon vorhandener Verhältnisse; vielleicht seien dieselben nichts Anderes als die Feststellung eines europäischen Gleichgewichts, wie es früher bestanden habe. Keine der europäischen Regierungen wolle, soweit er es zu übersehen vermöge, den Krieg, der in seinen Leiden und Folgen alle früheren Kriege voraussichtlich übertreffen würde. Auch die Verhältnisse im Inneren, um welche Seine Majestät der Kaiser stets bemüht sei, würden zu einem befriedigenden Abschluß führen, wenn schon vielleicht erst nach Jahrzehnten. In der wichtigsten Frage sei die Regierung sowohl eine Re⸗ gierung der Arbeiter als eine der Arbeitgeber. Wenn es den Arbeitgebern schlecht gehe, hätten die Arbeiter zunächst darunter zu leiden. Es werde auch unter der Osnabrücker Stadtvertretung Männer geben, denen die Ueberleitung in die jetzigen Verhältnisse schwer geworden sei; allein diese Herren dürften nicht mit ihrem Herzen, sondern müßten mit dem Ver⸗ stande rechnen und dann die Nothwendigkeit der jetzigen Ver⸗ hältnisse erkennen. Schließlich wies der Reichskanzler auf die⸗ jenigen Männer hin, die sich um die Ueberleitung in der Gegenwart verdient gemacht hätten, und hob insbesondere die Verdienste des anwesenden Ober⸗Präsidenten von Bennigsen hervor. Der Reichskanzler schloß alsdann mit dem Ausdruck des Dankes für die Einladung. 8 8
Dem „Hamb. Corr.“ wird aus Berlin gemeldet: 168“
Die in Börsenkreisen verbreitete Nachricht, daß die deutsche Regierung zur Auflegung der neuen russischen Anleihe in Berlin ihre „Zustimmung“ ge⸗ geben oder gar einen diesbezüglichen „Wunsch“ aus⸗ gesprochen habe, ist unbegründet. Richtig ist lediglich die Thatsache, daß einem hiesigen Bankhause, welches sich vertraulich beim Auswärtigen Amt über die Stellung der Reichsregierung zu der projektirten An⸗ leihe erkundigte, die Antwort ertheilt wurde, die gegenwärtige politische Lage biete keinen Anlaß, um regierungsseitig in irgend einer Form nach der einen oder anderen Richtung hin in die Angelegenheit einzugreifen.
Diese Antwort entspringt der Auffassung, daß für die Regierung vom Standpunkte der auswärtigen Politik aus kein Bedürfniß besteht, bei ausländischen Anleihen jedes Mal be⸗ stimmte Stellung für oder gegen die Betheiligung der deutschen Kapitalisten zu nehmen, die letzteren vielmehr in sehr vielen Fällen selbst in der Lage sein werden, die in Betracht kommenden Verhältnisse zu überschauen und danach zu handeln.
Die im Reichs⸗Eisenbahnamt cußfestent⸗ in
„Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat August d. J. ergiebt für die 70 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betrieb waren und zur Vergleichung ge⸗ zogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 776,31 km, Folgendes: Im August d. J. war die Einnahme aus allen Verkehrszweigen auf ein Kilometer Betriebslänge bei 45 Bahnen mit zusammen 31 128,62 km höher und bei 25 Bahnen mit zusammen 5647,69 km (darunter 3 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende August d. J. war dieselbe auf ein Kilometer
der Ersten bezw. Zweiten Beilage zur Fenti ummer des
darunter 2 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) ge⸗ ringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden . bahnen, ausschließlich der vom Staat für eigene
echnung verwalteten Bahnen, betrug Ende August d. J.
das ge⸗
aktien und 5 000 000 ℳ Prioritäts⸗Obligationen) und die
bahnen betrug Ende August d. J. das nirte Stammaktien, 70 307 000 ℳ Prioritäts⸗Stammaktien und 182 389 329 ℳ Prioritäts⸗Obligationen) und die Länge
55,04 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Bromberg).
Der Kaiserliche Konsulatsdienst hat durch das unerwartete Dahinscheiden eines treu bewährten Vertreters einen schweren Verlust erlitten.
Am 25. d. M. starb der Kaiserliche General⸗Konsul in Stockholm Wilhelm von Redlich selbst er, auf einer Urlaubsreise des vorigen Monats erkrankt war. Seit 1864 dem aus⸗ wärtigen Dienste angehörig, bekleidete er bis 1872 den früheren preußischen General⸗Konsulposten in Hamburg, war demnächst mit der Vertretung der deutschen Interessen in Christiania betraut und fungirte seit 1875 als Konsular⸗ vertreter des Reichs in Stockholm. Dem Verewigten, welcher sich in seiner gesammten dienstlichen Wirksamkeit durch treff⸗ liche Befähigung sowie besondere Pflichttreue ausgezeichnet hat, wird ein ehrendes Andenken dauernd gesichert bleiben.
begriffen, gegen Ende
Der General⸗Lieutenant Andreae, Inspecteur der 1“ ist von Dienstreisen hierher zurück⸗
1 8 “
S. M. Kreuzer „Bussard“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Gertz, ist am 25. September in Colombo (Ceylon) eingetroffen und beabsichtigt, am 1. Oktober nach Batavia in See zu gehen.
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, ist am 27. September in Hankow ein⸗ getroffen.
Der Dampfer „Kriemhild“ ist mit den abgelösten Be⸗ satzungen S. M. S. S. „Alexandrine“, „Leipzig“ und „Sophie“ unter Führung des Kapitän⸗Lieutenants von Usedom am 26. September in Wilhelmshaven eingetroffen.
Osnabrück, 28. September. Die 25jährige Jubel⸗ feier des Infanterie⸗Regiments Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig (Ostfriesisches) Nr. 78 wurde nach „W. T. B.“ vorgestern Abend durch einen Kommers ehemaliger Angehöriger des 78. Regiments ein⸗ geleitet, welchem der Reichskanzler General von Caprivi beiwohnte. Der Reichskanzler brachte dabei das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. In seiner Rede erinnerte er an Scharnhorst's Schöpfung der allgemeinen Wehrpflicht, hob den Zusammenhang zwischen den Aktiven und den Reserven, dem Heer und dem Volke hervor und fuhr dann, wie die „Osnabrücker Zeitung“ meldet, fort: „Ich hoffe, daß das Regiment nach 25 Jahren auf eine ebenso glorreiche Geschichte zurückblicken wird. Das Dichten und Trachten Seiner Majestät des Kaisers ist auf das Wohl des Landes und auf die Erhaltung des Friedens gerichtet. Gegenwärtig ist nicht der geringste Grund vorhanden, an dem Frieden zu zweifeln. Keine Wolke trübt den politischen Horizont“. Der Toast schloß mit einem
och auf Seine Majestät den Kaiser, den Erhalter des
riedens. Im Verlaufe des Kommerses wurde eine Festrede gehalten, ebenso fanden patriotische Auf⸗ führungen statt; der Reichskanzler war etwa eine Stunde anwesend. Der gestrige Jubiläumstag wurde mit einer Reveille eingeleitet. Um 10 Uhr fand Regiments⸗ Appell statt, welchem der Reichskanzler als Chef des Regi⸗ ments mit den sämmtlichen Offizieren des Regiments bis 11 Uhr beiwohnte. Von da aus begab sich der Reichskanzler in das Rathhaus, wo die städtischen Kollegien im Friedenssaal ein Frühstück vor⸗ bereitet hatten. Bei dieser Gelegenheit hielt der Reichs⸗ kanzler die bereits nach dem Bericht der „Kölnischen Zeitung“ unter Berlin mitgetheilte Rede. Um 4 Uhr Nachmittags fand ein Festmahl des Offiziercorpvs im Kasino statt. Nach dem Festmahl begab sich General von Caprivi mit der Festgesellschaft nach dem „Schwarzen Platz“ und dem „Lustgarten“, wo für die Mannschaften Volksbelustigungen mit darauf folgendem Tanz veranstaltet waren. ei allen Veranstaltungen hatte sich ein sehr zahlreiches Publikum in festlichster Stimmung eingefunden, die Stadt und die Festplätze waren reich geschmückt, das Wetter war zumeist heiter, nur von kurzen Regenschauern unter⸗ brochen. Der Ober⸗Präsident von en, der bereits vorgestern hier eingetroffen ist, stattete dem Reichskanzler einen Besuch ab und begleitete denselben nach dem Rathhaus. Unter den anwesenden Gästen besfi det sich auch der Commandeur der 34. Div sion, General Lieutenant von Bartenwerfer. — Das Ehrengeschenk der Stadt, bestehend in einem großen silbernen Tafelaufsatz und einer vergoldeten Schaale, wurde im großen Klub durch den Bürgermeister Moellmann und den Vorsteher Dr. Klußmann überreicht. 1“
Bayern.
München, 27. September. Der preußische Gesandte beim Vatican von Schloezer stattete gestern Nachmittag dem päpstlichen Nuntius Agliardi einen Besuch ab, welchen der⸗ selbe alsbald erwiderte. Hr. von Schloezer folgte Abends einer Einladung zum Souper in der Nuntiatur und setzte heute Mittag seine Reise nach Rom Der päpstliche Nuntius
Betriebslänge bei 56 Bahnen mit zusammen 30 180,18 kmü.
fort. war nach einer Meldung des „W. T. B.“ zum Abschied auf dem Bahnhofe anwesend. .“
peher und bei 14 Bahnen mit zusammen 6596,13 Lee
sammte konzessionirte Anlagekapital 22 859 900 ℳ (15 405 000 ℳ Stammaktien, 2 454 900 ℳ Prioritäts⸗Stamm⸗
Länge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 118,83 km, sodaß auf je 1 km 192 375 ℳ entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat⸗ gesammte konzessio⸗ Anlagekapital 510 333 829 ℳ (257 637 500 ℳ
derjenigen Strecken, für welche dies Kapital bestimmt ist, 2938,53 km, sodaß auf je 1 km 173 670 ℳ entfallen. Er⸗ öffnet wurde am 1. August die Strecke Heinrichswalde —Labiau
in Luzern, wo⸗
Zu den “ mit
ien bemerkt die „Allg. Ztg.“: Italic den hier zwischen den Delegirten Oesterreich⸗Ungarns, Deutsch⸗ lands und Italiens schwebenden Handelsvertragsverhandlungen ist wieder eine kurze Unterbrechung eingetreten, die jedoch weder unerwartet gekommen ist, noch eine ungünstige Bedeutung hat. Das Material, über welches sich auf Grund der nach der ersten Lesung erhaltenen In⸗ struktior en eine Einigung erzielen ließ, ist eben aufgearbeitet; die streitigen Punkte haben sich wesentlich vermindert, aber, wie das ganz natürlich, die wichtigsten bieten die meisten Schwierigkeiten, und ihre Entschei⸗ dung bleibt deshalb bis zuletzt vorbehalten. Somit können und werden voraussichtlich von nun an solche Pausen in den gemeinsamen Verhandlungen — die immer noch unter den Delegirten Oesterreich⸗ Ungarns und Italiens, sowie denjenigen Deutschlands und Italiens getrennt geführt werden — zur Eiaholung neuer Instruktionen und Berathung der Delegirten der einzelnen Staaten unter sich häufiger eintreten. Derartige Weiterungen waren von Anfang an zu erwarten und sind bekanntlich in reichem Maße auch bei den Wiener Verhand⸗ lungen zwischen Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn eingetreten. Bezüglich desselben Gegenstandes schreibt das Wiener
emdenblatt“: „Fr Was den Stand der Verhandlungen mit Italien anbelangt, so kann man wohl von einer Beendigung der zweiten Lesung des Vertrages nicht gut reden, da dann eben alle die wäh⸗ rend derselben zu Tage getretenen Differenzen bereits ihren Ausgleich gefunden hätten und bekanntlich die dritte Vertrags⸗ lefung einen rein formalen und redaktionellen Charakter hat. Haben auch während des bisherigen Verlaufes der zweiten Lesung in einer beträchtlichen Anzahl von Positionen Annäherungen stattgefunden, und ist auch meist eine Uebereinstimmung erzielt worden, so sind noch immer differirende Punkte vorhanden, deren Beseitigung wohl zu erwarten ist, die aber immer noch geeignet siad, den Abschluß der Verhandlungen etwas zu verzögern. .
Der „N. Fr. Pr.“ zufolge verlautet, die serbische Regierung habe dem Wiener Kabinet die Bereitwilligkeit erklärt, Delegirte zu den Verhandlungen über die Erneuerung des Handelsvertrages nach Wien zu senden, es dagegen abgelehnt, Delegirte nach München
behufs gleichzeitiger Verhandlungen mit Deutschland
zu schicken. 8 8 Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 27. Seplember. Seine Königliche Hoheit der
Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin
sind, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Nachmittag in Cannes eingetroffen. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗
Mutter ist aus Doberan hierher zurückgekehrt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 27. September. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin haben nach der „Weim. Ztg.“ gestern Schloß Ettersburg verlassen, um sich zunächst nach Frankfurt a. M. zu begeben, woselbst Höchstdieselben mit den Prinzlichen Söhnen zu mehrtägigem Aufenthalt zusammentreffen. Von Frankfurt begiebt sich die Erbgroßherzogin über Stuttgart nach Sorrent am Golf von Neapel, während der Erbgroßherzog mit seinen Söhnen sich nach dem Rhein begeben wird. 8
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 26. September. Die 16 allgemeinen Wahlen zum Landtag sind, wie die „Magdeb. Ztg.“ erfährt, wegen einiger erforderlichen Stichwahlen noch nicht zum völli⸗ gen Abschluß gekommen. In Saalfeld haben die Sozial⸗ demokraten gesiegt, in Salzungen der Deutschfreisinn, der den Schuldirektor Ullrich gegen den bisherigen Abgeordneten Amts⸗ richter Höfling durchgebracht hat. Die Mehrzahl der Mandate gehört jedoch wiederum den Nationalliberalen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 27. September. Ihre Kaiserliche Lopeit die Herzogin von Edinburg und die Prinzessinnen Maria und Victoria, Höchstwelche gestern Nacht aus
Friedrichshafen hier wieder eintrafen, haben sich dem „W. T. B.“ 88 8
zufolge heute Abend nach St. Petersburg begeben.
(J) Greiz, 26. September. Nach dem heutigen Bulletin ist der Zustand Ihrer Durchlaucht der Fürstin ein un⸗ günstiger. Die Benommenheit des Bewußtseins dauert an. Die Stauungserscheinungen in Folge mangelnder Herzkraft find gesteigert. Bremen.
Bremen, 27. September. Die 25jährige Jubiläums⸗ feier des 1. Hanseatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 75 wurde dem „W. T. B.“ zufolge gestern Abend mit Zapfenstreich von den prächtig geschmückten und illuminirten Kasernen aus cröffnet. Im Offiziers⸗ kasino fand Seitens des Offizier⸗Corps die Begrüßung der fremden Gäste statt, worunter sich verschesdene Generale, Obersten ꝛc., welche früher dem Regiment angehörten, befanden. Um 8 ½ Uhr begann der von dem Comité ehemaliger Angehöriger des Regiments arrangirte Kommers in der Tonhalle, woran sich der Senat, die Bürgerschaft, das Offizier⸗Corps sowie die ehemaligen Regimentsangehörigen, im Ganzen ca. 3000 Personen, betheiligten. Nach der Begrüßungs⸗Ansprache des Vorsitzenden des Ausschusses Hrn. Gerh. Bollmann und Gesangsvor⸗ trägen hielt Senator Albert Gröning die Festrede und schloß dieselbe mit einem brausend aufgenommenen Hoch aufSeine Majestät den Kaiser. Den Toast auf das Regiment brachte der Bürgermeister Pauli in schwungvollen Worten und den Toast auf die ehemaligen Regimentskameraden Bürgerschafts⸗ Präsident Claussen aus. Der Oberst von Garnier sprach dem Comité Namens des Regiments seinen Dank aus für die Stiftung der Ehrentafeln zum Andenken an die im letzten Kriege gefallenen Kameraden des Regiments sowie für die Einladung des hiesigen Bataillons zu den vom Comité arrangirten Feierlichkeiten. Lebende Bilder und Vorträge aller Art beschlossen diesen Theil der erhebenden Feier. Im Laufe des Kommerses wurde an Seine Majestät den Kaiser nachfolgendes Huldigungstelegramm gesandt:
„Euerer Mafestät erlauben sich die zur Feier des 25 jährigen Be⸗ stehens des 1. Hanseatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 75 versam⸗ melten früheren Angehörigen desselben, an diesem Ehrentage des Regiments hierdurch ihre unwandelbare Liebe und Treue zu Kaiser und Reich ehrerbietigst aufs Neue zu bekräftigen. Gerhard Boll⸗ mann, Vorsitzender des Festausschusses.“
Heute, als am Haupttage der Feier, begann um 11 Uhr Vormittags der Gottesdienst, an welchem sich die gesammte Garnison, das Offizier⸗Corps, die Gäste sowie ehemalige Kameraden des Regiments betheiligten. Sodann fand auf dem Domshof gemeinsamer Appell des 1. Bataillons und der ehe⸗ maligen 75er statt. Der Oberst von Garnier hielt eine kurze Ansprache und brachte zum Schlusse das
Hoch auf Seine Majestät den Kaiser
welches wurde von den den weiten Platz füllenden Tausenden mit enthusiastischem Jubel aufgenommen wurde. Hier⸗ auf setzte der Festzug unter Vorantritt mehrerer Militärkapellen durch die reich mit Flaggen geschmückten Straßen der Stadt nach dem Krieger⸗Denkmal in Bewegung. Dort hielt der Vorsitzende des Ausschusses der ehemaligen 75er, Kamerad Gerhard Bollmann eine Ansprache, worauf die Niederlegung der Lorbeerkränze erfolgte. Nachmittags fand ein Bankett im Museum und allgemeines Volksfest auf dem prächtig dekorirten Schützenhofe, Abends Illumination des Festplatzes und Feuerwerk und zum Schluß ein Ball statt.
Hamburg.
Hamburg, 27. September. Zur Feier des 25jährigen Bestehens des 2. Hanseatischen Infanterie⸗Regi⸗ ments Nr. 76 fand gestern Nachmittag 4 ½ Uhr am Krieger⸗ Denkmal in der Esplanade eine Gedenkfeier statt, welcher Senat, Bürgerschaft, Militärbehörden, die Kriegervereine, eine Ehren⸗Abtheilung des 76. Regiments und die männlichen An⸗ gehörigen der Gefallenen beiwohnten. Ansprachen hielten Pastor Vett und Bürgermeister Dr. Petersen, welcher mit einem jubelnd aufgenommenen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß. Am Denkmal wurden viele Kränze nieder⸗ gelegt. Die Gesänge wurden von 850 Civilsängern und 150 Soldaten ausgeführt. Heute hatten nach einer Meldung des „W. T. B.“ viele Gebäude der Stadt und die Schiffe im Hafen Flaggenschmuck angelegt. Um 8 Uhr Morgens versammelten sich die ehemaligen Angehörigen des Regi⸗ ments auf der Moorweide vor dem Dammthor und mar⸗ schirten nach dem Heiligengeistfelde. Hier fand im Bei⸗ sein der Generale Graf von Waldersee und von Kottwitz sowie von Senatoren und Mitgliedern der Bürger⸗ schaft ein Feldgottesdienst, sodann Regimentsappell und Parade statt. Zum Schlusse hielt der Oberst des 76. Regiments eine Ansprache, in der er dem Senat und den früheren Regimentsangehörigen seinen Dank für ihr Erscheinen aussprach. An dieser Feier nahmen etwa 4000 jetzige und frühere Soldaten des Regiments sowie 120 von auswärts eingetroffene Offiziere Theil. Sodann erfolgte der Abmarsch nach der Kaserne. Auf dem freien Platz vor der Kaserne wurde dem Regiment ein von den früheren und jetzigen An⸗ gehörigen des Regiments gestiftetes künstlerisch ausgeführtes Album überreicht, welches eine mit fast 5000 Unterschriften bedeckte Adresse enthielt. Der Senat schenkte zwei Oelgemälde, die Kaiser Friedrich und Wilhelm II. in Lebensgröße darstellend. Hierauf marschirte das Regiment nach dem Zoolo⸗ gischen Garten, inszdessen großem Saale Festtafel der Offiziere war. Morgen Abend findet in den großen Sälen des Sagebül'schen Etablissements ein Kommers mit Auffüh⸗ rungen statt.
Eilsaß⸗Lothringen.
Metz, 27. September. Bei der heutigen Wahl zum Bezirkstage für die Stadt Metz wurde laut Meldung des „W. T. B.“ Heister (Altdeutscher) gegen Lallemant (Ein⸗ heimischer) mit 200 Stimmen Mehrheit wiedergewählt.
1“
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 28. September. Der Kaiser traf, wie „W. T. B.“ aus Prag meldet, am Sonnabend Nachmittag 2 Uhr unter enthusiastischen Kundgebungen in der Landesaus⸗ stellung ein, woselbst die Komités, die Würdenträger, der Klerus, zahlreiche Abgeordnete und die Aussteller ver⸗ sammelt waren. Auf die Ansprache des Vorsitzenden der Ausstellungs⸗Kommission, Grafen Kinsky, welcher den Gefühlen der Huldigung und Loyalität in böhmi⸗ scher und dann in deutscher Sprache Ausdruck gab, erwiderte der Kaiser ebenfalls in deutscher und dann in böhmischer Sprache, er sei gern nach Prag gekommen, um sich von den erfreulichen Fortschritten in seinem geliebten Königreich Böhmen zu überzeugen; der Erfolg der Ausstellung möge den gesunden Sinn der ganzen Bevölkerung aufmuntern, alle Kräfte für das Aufblühen des herrlichen Landes ein⸗ zusetzen, welches nur durch ein einträchtiges Zusammen⸗ wirken beider Volksstämme zum vollsten Aufschwunge ge⸗ langen werde. Abends 6 Uhr fand ein Hofdiner zu 55 Ge⸗ decken statt. Im böhmischen Landestheater war eine Fest⸗ vorstellung vor geladenen Gästen. Der Kaiser sowie der Erzherzog Franz Ferdinand wurden bei ihrem Erscheinen mit der Nationalhymne begrüßt, welche von den Anwesenden stehend angehört wurde. Nach Absingen derselben erschollen fortwährende Slava⸗ und Hochrufe.
Bei dem gestrigen gleichzeitigen Empfange des Lan⸗ desausschusses, der Bürgermeister von Prag und Reichenberg sowie sämmtlicher 220 Obmänner der Bezirks⸗ vertretungen beider Nationalitäten unter Führung des Oberst⸗Landmarschalls Fürsten Lobkowitz richtete letzterer eine Ansprache an den Kaiser erst in böhmischer, dann in deutscher Sprache. Der Oberst⸗Landmarschall pries darin die Gewährung der Landes⸗ und der Gemeinde⸗Autonomie als eine der segensreichsten von den vielen Reformen des Kaisers, sprach hierfür den wärmsten Dank aus und schloß mit der Erneuerung des Gelöbnisses der Treue. Der Kaiser antwortete zunächst in deutscher Sprache, gab nochmals dem wärmsten Danke für den herzlichen Empfang in der Hauptstadt des geliebten Königreichs Ausdruck, die zu besuchen ihm lebhafte verih denes bereite, und schloß daran die Versicherung, daß die Entwickelung und Förderung des geistigen und materiellen Wohles dieses Landes Gegenstand seiner dauernden Kaiserlichen Fürsorge bilde. Hierauf fuhr der Kaiser in böhmischer Sprache fort und drückte die Hoffnung und Erwartung aus, daß die unausgesetzten Be⸗ mühungen, den für das Wohl des geliebten Königreichs Böhmen und das Reichswohl gleich nothwendigen innern Frieden in Böhmen zu erreichen, die hingebungsvolle und selbstlose Mitwirkung aller patriotischen Männer finden möchten. Der ‚„Politik“ zufolge äußerte der Kaiser dem Bürgermeister gegenüber seine große Freude über den schönen Empfang, be⸗ merkte indeß gleichzeitig, wie die seiner Zeit vorgekommene unpatriotische Demonstration auf dem Bahnhofe ihn sehr ge⸗ schmerzt habe, und wie er wünsche, daß sich solche Dinge nicht wiederholten. — 8 1
Mittags begann der Kaiser die Rundfahrt durch die festlich geschmückten Straßen unter den begeisterten Ovationen der unabsehbaren Menschenmenge, besuchte die Lehrerinnen⸗ Bildungsanstalt, das Rudolphinum, das Rathhaus, den neuen
Stadttheil Holeschowitz, Bubna und die neue Belvedereschule.
aus,
Hierauf fand eine Hoftafel statt, zu der die Metglieder des böhmischen Adels, mehrere Landesaus’chas⸗Beisitzer sowie die Landtagsabgeordneten Schmeykal und Rieger Einladungen er⸗ halten hatten. Später besuchte der Kaiser die Ausstellung, zu welcher der Andrang so bedeutend war, daß Nachmittags 5 Uhr die Zahl der Besucher die zweite Million erreichte. Sämmtliche Lokalitäten in der Ausstellung waren prächtig dekorirt; der Kaiser⸗Pavillon erstrahlte in elektrischem Lichte. Der Kaiser wurde unausgesetzt mit lebhaften Ovationen begrüßt. Abends fand ein Rout bei dem Oberst⸗Landmarschall Fürsten Lobkowitz statt, zu welchem 300 Einladungen ergangen waren, unter denen sich auch die Abgg. Schmeykal und Rieger befanden. Der Kaiser erschien um 9 Uhr und ver⸗ weilte ungefähr eine Stunde.
Nach dem Bulletin über das Befinden des Minister⸗ Präfidenten Grafen Taaffe, nach welchem sich vorgestern der Kaiser und die Erzherzöge Albrecht und Wilhelm erkun⸗ digen ließen, ist der Puls normal, die entzündliche Geschwulst verschwunden; das sonst gute Allgemeinbefinden ist noch durch leichte Darmkoliken gestört.
Ueber das Budget pro 1892 wird aus Budapest be⸗ richtet, daß das Mehrerforderniß für das Heeresbudget vorwiegend nicht organischen Neueinführungen entspringt, son⸗ dern zum größten Theile durch außerordentliche Aus⸗ gaben für die Heeresausrüstung bedingt ist. Des Ferneren ist mitzutheilen, daß im gemeinsamen Budget die Zoll⸗ einnahmen und das Agio mit größerer Genauigkeit präliminirt werden sollen, um dem Budget den Charakter der größten Reellität zu geben. Was speziell das ungarische Budget betrifft, werden die Ausgaben auf dem Gebiete des Unterrichtswesens, des Justizwesens, sowie der Verwaltung eine bedeutende Erhöhung erfahren. Die Erhöhung der Bezüge der Beamten allein wird zwei Millionen erfordern; diese Forderung bildet zwar den Gegenstand eines besonderen Gesetzentwurfs, der Betrag ist aber pauschaliter in den Vor⸗ anschlag eingestellt.
Großbritannien und Irland.
11““ 8 Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Bombay vom 27. d. M. gemeldet wird, sammeln die Russen in Shikh⸗ junid am Kushk⸗Flusse Vorräthe und richten Truppen⸗ quartiere ein. Die Garnison von Mulatan soll ebenfalls vermehrt worden sein. Nach einer Meldung der „Times“ aus Kalkutta herrscht dort große Beunruhigung wegen der russischen Bewegungen auf den Pamirs. Gerüchtweise ver⸗ lautet, Lieutenant Davison sei gefangen genommen. Aus Canada wird berichtet, daß die Enthüllungen über die Bestechlichkeit der dortigen höchsten Regierungsbeamten immer weitere Kreise ziehen. Jetzt wird auch Mr. Mercier, der Premier⸗Minister der Provinz Quebec, beschuldigt, und ebenso Mr. Bradley, der Sekretär des Ministeriums für Eisen⸗ bahnen und Kanäle. Der Premier⸗Minister Mercier leugnete indeß seine Schuld aufs Entschiedenste und fügte sich schließ⸗ lich der Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungs⸗ kommission, der die ganze Sache unterbreitet werden soll. — Im canadischen Kabinet sind der „A. C.“ zufolge einige Ministerwechsel zu erwarten. Es heißt, Hr. Peter White, der Sprecher des Hauses, werde Nachfolger von Sir Hector Langevin, Hr. Wood Brockville von Ontario der des Hrn. White und Hr. Hugh Macdonald, Sohn des verstorb Premiers, laddwirthschaftlicher Minister werden. 1
Frankreich.
Paris, 28. September. Bei der Enthüllung des Denkmals für den General Faidherbe hielt gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Minister des Auswärtigen Ribot in Bapaume eine Rede, in welcher er zunächst auf die militärischen Tugenden hinwies, von denen der General Faidherbe ein Beispiel gegeben habe und die sich in der Armee wie in der Marine wiederfänden, sodann aber der Besuche gedachte, welche die französische Flotte ab⸗ gestattet habe. Europa habe Frankreich endlich Gerechtig⸗ keit widerfahren lassen. Ein Souverän, vorausschauend und fest in seinen friedlichen Absichten, wie dies auch Frankreich selber sei, habe öffentlich die tiefen Sympathien be⸗ lundet⸗ die sein Land mit Frankreich verbänden. (Lebhafter Beifall und Rufe: „Es lebe e Czar!“ „Es lebe Frankreich!“) Die russische Nation habe sich ihrem Kaiser angeschlossen, um Frankreich herzliche Freundschaft zu bezeugen. Jedermann wisse, wie die Gefühle erwidert worden seien. Die Vorgänge von Kronstadt hätten in den kleinsten Ortschaften Frankreichs Widerhall gefunden. Unvergessen dürfe aber auch nicht bleiben weder das, was vorausgegangen, noch das, was darauf gefolgt sei. Ueberall hätten die französischen Matrosen den Namen Frankreichs höher geachtet, ja geliebt gefunden, und in Dänemark, Schwe⸗ den und Norwegen die rührendsten Kundgebungen erlebt. In Portsmouth, wo die Königin selbst die französische Flotte habe Revue passiren lassen, sei der Flotte die großartigste und lie⸗ benswürdigste Aufnahme zu Theil geworden. Alle Welt habe einen Eindruck bekommen, der nicht erlöschen werde. (Lebhafter Beifall.) Es ergebe sich hieraus, daß sich Frankreich in einer neuen Lage befinde, was aber nicht etwa bedeute, daß es sich einer neuen Politik anzupassen habe. Die bisher befolgte Politik sei eine so günstige gewesen, daß man sie nicht aufgeben dürfe an dem Tage, wo ihr Werth vor aller Augen zu Tage trete und wo Frankreich beginne, die Früchte derselben einzuernten. In dem Augenblicke, wo es mit der größten Würde in Frieden leben könne, werde es sich nicht dem aussetzen, den Frieden zu gefährden. Frankreich, im Bewußtsein seiner Stärke und voll Vertrauen auf die Zukunft, werde fortfahren, die Klugheit und das kalte Blut zu zeigen, die ihm die Achtung der Völker verschafften und dazu beitrügen, ihm den Rang wieder zu geben, den es in der Welt einnehmen müsse. — Die Rede Ribot's wurde mit fast ununterbrochenem Beifall und mit Hochrufen auf Ribot, auf die Republik, auf Frank⸗ reich und auf Rußland aufgenommen. 1
Der Bischof von Bayeux hat an die Priester seiner Diözese ein Rundschreiben versandt, worin es der „Allg. Ztg.“ zufolge heißt: 8
„Auch Sie, meine Herren, konnten bemerken, daß es unsere christliche Bevöͤlkerung sehr ungern sieht, wenn sich ein Priester in politische Kämpfe einläßt. Ein Priester, der sich mit Politik be⸗ schäftigt, flößt ihr, ich weiß nicht welch' geheimes Mißtrauen ein. Man verdächtigt ihn gewöhnlich, aus zu menschlichen Gründen zu handeln. Diesem ersten Gefühl fügt sich sodann ein anderes weniger delikates, jedoch desto energischeres hinzu, nämlich die Furcht, ich möchte beinahe sagen der Schrecken vor der Einflußnahme des Priesters auf Dinge, die außerhalb seines ihm gesteckten Wir⸗ kungskreises liegen. Es ist dies ohne Zweifel ein starkes, absurdes Vorurtheil, doch ist es eine unbestreitbare Thatsache, zum Mindesten
in der Diözese von Bapeux. Nicht alle haben die gleiche Furcht vor der Einflußnahme des Klerus in der Politik, alle jedoch weisen sie