1891 / 234 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

der Belagerung von Viana gefallenen Sohnes Alexander's VI. zu thun haben, während die malerische Ausführung mit der⸗ jenigen Raffael's in seiner römischen Epoche in unverein⸗ barem Widerspruch steht. Man hat das Bild bald dem als Porträtmaler geschätzten Florentiner Angelo Bronzino, mit dessen Colonna⸗Porträt im Palazzo Sciarra es einige Aehnlichkeit hat, bald dem noch manierir⸗ teren Francesco Parmeggianino zuschreiben wollen, die koloristische Haltung desselben spricht indeß mehr für vene⸗ zianische Herkunft. Man wird übrigens in diesem Winter die Gemälde des Fürsten Borghese nicht mehr in den ungünstig beleuchteten Zimmern des Fürst⸗ lichen Palastes an der Piazza Borghese, sondern in der bekannten, vor der Porta del Popolo gelegenen Villa aufzusuchen haben. Schon früher waren hier in dem oberen Geschoß des Kasinos einige, freilich meist werthlose Gemälde untergebracht, während das Erdgeschoß bekanntlich die berühmte Antikensammlung des Fürstenhauses beherbergt. In die durch den Verkauf des Pseudo⸗Raffael entstandene Lücke sollen vier bisher in den Privatgemächern des städtischen Palastes aufbewahrte, kunstgeschichtlich hochinteressante Werke Lorenzo Lotto's, Francesco Francia's, Lorenzo di Credi's und Fiorenzos di Lorenzo's eintreten, so daß die bisher nur dürftig vertretenen älteren Kunstschulen des fünfzehnten Jahrhunderts eine dankenswerthe Verstärkung er⸗

halten.

In Bellinzona im Kanton Tessin starb am 3. Ok⸗ tober der durch seine reiche bildnerische Thätigkeit in Turin bekannte Bildhauer Vincenzo Vela im Alter von neun⸗ und ⸗sechzig Jahren. Als Steinmetzlehrling in das Atelier Cacciatori''s in Mailand aufgenommen, machte er den piemon⸗ tesischen Feldzug des Jahres 1848 mit, um dann nach Turin überzusiedeln. Hier schuf er das Denkmal Victor Emanuel'’s für das Rathhaus der Stadt 1860 sowie das der sardinischen Armee errichtete Denkmal vor dem Palazzo Madama, die Statue Karl Albert's im Königlichen Schloß sowie das Stand⸗ bild des Ministers Balbi. Donizetti's Grabmal in Sa. Maria Maggiore zu Bergamo entwarf er 1855, die Gestalt des sterbenden Napoleon in Versailles 1867 sowie ein Denkmal Corregio's für den Marktplatz seiner Vaterstadt im Jahre 1880. Unter seinen allegorischen Gestalten und Gruppen

eine 15 qm große Wand mit seinem „Stucco Die Vor⸗ schrift fuür die Anfertigung der Wandbekleidung behandelt der Er⸗ finder begreiflicherweise als sein Geheimniß; er giebt an, daß die be⸗ züglichen Mittheilungen Overbeck's, Zahn's u. A. zwar werthvoll seien, aber die Sache doch nicht vollständig träfen. Es lassen sich ein⸗ farbige Flächen in lebhaften Tönen und ohne alle Flecken herstellen; ihre Oberfläche hat den Glanz polirten Marmors; ornamentale und bildliche Zuthat wird, wie dies nachgewiesenermaßen in Pompeji ge⸗ schehen, entweder gleich den Flächen al fresco hergestellt oder nach⸗ träglich enkaustisch aufgetragen. Der Preis einfacher, aber in mehreren Farben mit Friesstreifen und Linien behandelter Flächen beträgt Alles in Allem, aber ausschließlich der von jedem beliebigen Maler anzufertigenden dekorativen Malerei, 8,00 pro Quadratmeter.

FTheater und Musik.

Philharmonie.

Das Eröffnungs⸗Concert des Philharmonischen Orchesters, welches gestern unter Leitung des engagirten Kapell⸗ meisters Hrn. Rudolf Herfurth aus Lausanne stattfand, war sehr zahlreich besucht. Daß die alte heimathliche Kunststätte auch die alte Liebe den Künstlern bewahrt hatte, ging aus den lauten Empfangsbegrüßungen hervor. Das Programm enthielt meist be⸗ kannte und beliebte Musikstücke. Mit der Ouverture zu „Euryanthe“ von Weber beginnend, folgten die Variationen aus dem „Kaiser⸗Quartett“ von Haydn, das Vor⸗ spiel zu „Lohengrin“ von Wagner und Rubinstein's Walzer⸗Caprice (Es-dur), die ursprünglich für Klavier geschrieben ist. Der zweite Theil brachte die „Tannhäuser⸗Ouvertüre“ von Wagner und zwei Violinvorträge des Hrn. Kapellmeisters Ludwig Bleuer: Chopin’s Es⸗-dur-Nocturne und den Elfentanz von Popper, denen das so schnell beliebt gewordene Intermezzo aus „Cavalleria rusticana“ von Mascagni und die Ungarische Rhapsodie (Nr. II) von Lißzt folgten. Die „Tell⸗Ouvertüre’“ von Rossini eröffnete den dritten Theil, der mit einer Phantasie für Harfe von J. Thomas, ausgeführt von Hrn. O. Müller, und einer aus drei Abschnitten bestehenden Suite aus dem Ballet „Sylvia“ von Délibes abschloß. Aus dem letzten Theil des Programms ist als Novität eine melodisch und rhythmisch recht originell erfundene Ouvertüre zum „Karneval von Venedig“ von dem Overnkomponisten A. Thomas hervor⸗ zuheben. Die Leistungen der Kapelle unter Leitung ihres Dirigenten, des Hrn. Herfurth und der Solisten erfreuten sich der günstigsten Aufnahme. Das nächste Concert, ein Symohonie⸗Concert, findet morgen, Dienstag, 6. Oktober, statt.

e erste Aufführung des dreiaktigen Schauspiels „Das goldene Buch“ von Franz von Schönthan statt. b Aus dem Berliner Theater wird gemeldet, daß Agnes Sorma demnächst in einer großen tragischen Rolle neben Nuscha Butze und Ludwig Barnay auftreten wird, und zwar in dem Voß'schen Schauspiel „Schuldig“, das Sonnabend, den 10. d. M., zum ersten Male in dieser Spielzeit in Scene geht. Die übrigen größeren Rollen sind wie früher mit den Herren Kraußneck, Stahl, Suske, Jacobi, Stockhausen und Weiß besetzt. Die Erstaufführung der Novität des Wallner⸗Theaters „Telephon⸗Amt VII“ ist vom Mittwoch auf Donnerstag verlegt.

Elise Schmidt stand am Sonnabend, nach mehrwöchiger Leidens⸗ zeit endlich genesen, im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater wieder in Reih und Glied und hatte sich selbstverständlich bei ihrem ersten Erscheinen auf der Scene im „Armen Jonathan“ als „Bemoostes Haupt“ der wärmsten und herzlichsten Kundgebungen zu erfreuen. Der neu einstudirte „Arme Jonathan“ durfte sich des vollen frischen Humors der Genesenen rühmen, der auch bei dem Publikum ein fröhliches Echo fand. Die prächtige amüsante Operette Mil- löcker's hatte von Neuem großen Erfolg und trug den Hauptdar⸗ stellern, den Damen Offeney, Lind u. Schmidt und den Herren

Steiner, Hanno, Binder, Broda, Schulz reichen Beifall ein. Leider ist in dem Zeitpunkte, in welchem Elise Schmidt ihre Genesung

anmeldete, Jenny Stubel wiederholt erkrankt. Im Concerthause wird morgen u. A. die stets mit großem Beifall aufgenommene Phantasie aus der Maseagni'sche

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Sigmaringen, 5. Oktober. von Hohenzollern ist zum Besuch des Rumänien nach Pallanza abgereist.

München, 5. Oktober. (W. T. B.) Der Ober Landes⸗ gerichts⸗Präsident Schmidt in Nürnberg sidenten des Obersten Landesgerichts

Königs von

in München

ernannt worden. Der spanische Botschafter Banue⸗ eingetroffen, um

der Königin Isabella einen Besuch abzustatten, und begiebt

Berlin hier

los ist gestern von

sich von hier aus nach Baden⸗Baden, um dem Großherzog von

Oper „Cavalleria rusticana“ mit Orgel wieder zur Aufführung kommen.

(W. T. B.) Der Fürst

ist zum Prä⸗

seien „Die Hoffnung und Entsagung“,

genannt.

Die Technik der pompejanischen Wandmalerei, welche bekanntlich seit langen Jahren wiederholt Gegenstand lebhaften Meinungsaustausches und eingehender praktischer Versuche gewesen ist, glaubt der italienische Maler und Stuckateur A. Valentino aus St. Joseph (Provinz Novara) wiedergefunden zu haben. hafte Interesse an der Sache hat die Königliche Ministerial⸗Bau⸗ dem Wiedererfinder heit zu ausgedehnter Vorführung seines Verfahrens indem sie ihm dazu einen Raum im Erdgeschoß des Abgeordneten⸗ Verfügung gestellt hat. In

kommission in Berlin veranlaßt,

hauses am Dönhofsplatze zur

einem dort neben dem Eingangsflur belegenen

wie das „Centralbl. der Bauverw.“ schreibt, Hr. Valentino

ung 1 „Frankreich und Italien“, „Der Frühling“ sowie „Columbus und Amerika“

Sucher und Staudigl Oberhauser beschäftigt.

Rothmühl, Mödlinger, Krolop,

Das leb- Philipp auf.

Wiederaufnahme, Scene geht,

Gelegen⸗ zu geben,

8 Teresina Geßner; Zimmer bruder: Georg Engels.

In der Vorstellung von „Tristan und Isolde“ am Mittwoch im Königlichen Opernbhause (Anfang 6 ½ Uhr) sind die Damen die Herren Gudehus, Betz, Mödlinger und

In der Aufführung der „Zauberflöte“ am Donnerstag treten die Damen Leisinger, Herzog, Kopka, Rothauser, Lammert, Staudigl, Hiedler, Weitz und Dietrich sowie die Herren

Im Deutschen Theater hat „Nathan der Weise“ für die welche am nächsten Sonnabend, 10. d. M., in folgende neue Besetzung erhalten: Saladin: Hermann Nissen; Sittah: Marie Frauendorfer; Nathan: Max Pohl; Recha: Daja: Paula Carlsen; hat, Barthel, Derwisch: Gustav Max Pategg, Kloster⸗

m darau

Wien,

Betz, Lieban, Fränkel und

übermitteln. Wien, 5. Tempelherr: Alexander

folgenden Sonnabend,

Fragen erörtert.

Baden sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. 5. Oktober. heute Vormittag den Bürgermeister Dr. Prix empfangen, ihm von Neuem huldvollst für den überaus herzlichen Empfang bei seiner Ankunft in Wien seinen Dank ausgesprochen und sodann alle zur Zeit in Verhandlung stehenden kommunalen Am Nachmittage wird eine Kundgebung des Bürgermeisters der Bevölkerung den Dank des Kaisers

(W. T. B.) Der Kaiser hat

Oktober. (W. T. B.)

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

☚ᷓ̃rmmammmłᷓnsᷓ.,—— ————,

Wetterbericht vom 5. Oktober, Morgens 8 Uhr.

Temperatur

in Celsius

—,— —8 bo 8 6oSeSbo E50 C. = 40 R . Ir.

sp.

red. in Millim.

Wind. Wetter.

Stationen.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres

Mullaghmore 750 SO 6 bedeckt Aberdeen .. 756 SSO A halb bed. Christiansund 762 W 1 heiter Kopenhagen. 768 NW 1 bedeckt Stockholm. 769 still Nebel aparanda. 767 stil! halb bed. öt. Petersburg 771 still wolkenlos Moskau . . 771 1 wolkenlos

Cork, Queens⸗

town.. 752 762 765 767 767 768 Neufahrwasser 769 Memel 769

111“ ünster. 764 Karlsruhe. 764 Wiesbaden. 764 München. 763 Chemnitz 766 Berlin. . .. 767 Breslau. 1768. Fle d'Aix . . 760 heiter Hia N.... 763 wolkig

Uebersicht der Witterung.

Am höchsten ist der Luftdruck über dem nordwest⸗ lichen Rußland, am niedrigsten westlich von Groß⸗ britannien, wo das Barometer rasch gefallen ist und die südlichen Winde stark aufgefrischt sind. Valencia meldet Sturm aus Süd⸗Süd⸗Ost. In Deutsch⸗ land dauert die stille, theils heitere, theils neblige Witterung ohne nennenswerthe Niederschläge fort, die Temperatur ist durchschnittlich etwas gestiegen, liegt indessen noch vielfach unter dem Mittelwerthe, insbesondere im nordwestlichen Binnenlande. Mullagh⸗ more meldet 37, Stornoway 38, Valencia 39 mm.

Regen. Deutsche Seewarte.

wolkig bedeckt wolkenlos halb bed. Nebel bedeckt heiter Nebel

bedeckt wolkenlos bedeckt bedeckt Dunst halb bed. bedeckt bedeckt

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Theater⸗Anzeigen

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 199. Vorstellung. Don Iunan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus: 208. Vorstellung. Zum 1. Male: Der Glückstister. Drama in 4 Aufzügen von Hans Olden. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 200. Vorstellung. Tristan und Isolde in 3 Akten von Richard Wagner. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 209. Vorstellung. Zum 1. Male

In Sceene gesetzt vom

zügen von Hans Olden. Anfang 7 Uhr.

Ober⸗Regisseur Max Grube.

Beutsches Theater. Dienstag zum 1. Male:

Die Eine weint, die Andere lacht. Schau⸗ spiel in 4 Aufzügen von Dumanoir und Keranion. Hierauf: Quintus Horatius Flaceus. Mittwoch: Faust.

Donnerstag: Die Eine weint, die Andere lacht. Quintns Horatius Flaceus. Sonnabend: Neu einstudirt. Nathan der Weise.

Verliner Theater. Dienstag: Väter und

Söhne. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Der Garnisonsteufel. Vorher: Sabbath des Herzens.

Donnerstag: Withelm Tell.

Tessing-Thrater. Dienstag: Falsche Heilige. Lustspiel in 4 Akten nach A. W. Pinero von Oscar Blumenthal.

Mittwoch: Sodoms Ende. Drama in 5 Akten von Hermann Sudermann. .

Wallner-Theater. Dienstag: Zum vorletzten Male: Der Mann mit hundert Köpfen. Posse in 3 Akten von Henri Moulin und Edmond Delavigne. Hierauf: Musikalisch⸗deklamatorische Abendunterhaltung. Gesangs⸗Burleske in 1 Akt von D. Kalisch. Neu bearbeitet von H. Graef. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Donnerstag: Z. 1. Male: Telephon, Amt VII. Posse mit Gesang in 3 Akten von Antony Mars und Maurice Desvallières. Deutsch von Herm. Hirschel. Musik von Gaston Serpette.

Friedrich- Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Der arme Jonathan. Operette in 3 Akten von Wittmann und Bauer. Musik von C. Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Ubr.

Mittwoch: Der arme Jonathan.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ berg. Dienstag: Zum 7. Male: Besuch nach der Hochzeit. Lustspiel in 1 Akt von Alexander Dumas. Deutsch von Paul Block. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Hierauf, zum 7. Male: Von Dreien der Glücklichste. Schwank in 3 Akten von Labiche und Gondinet. Regie: Emil Lessing. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch u. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Zum 68. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗ siten, Beleuchtungzeffectenꝛc. Jung⸗Deutschlaud

(7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Wirk⸗ liches Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Zum 36. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfong 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Voestellung. 8

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Emil Thomas. Dienstag: Zum 12 Male, mit veollständig neuer Ausstattung: Mädchenschule. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten (4 Bildern) von Alexander Bisson. Musik von Louis Gregh. Frei bearbeitet von Richard Genée. In Scene gesetzt vom Direktor Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr. 8 Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Concerte.

Concert-Haus. Dienstag: Karl Mevder⸗Concert. Ouv. „Maximilian Robespierre“, Littolf. „Rübe⸗ zahl“, Flotow. Introduktion z. O. Loreley“ von Bruch. Phantasie c. d. Op. „Cavalleria rusticana“ rvon Mascagni. „Ave Maria“ (mit Orgel) von Bach⸗Gounod. Walzer „Tout Paris“ von Wald⸗ teufel. Zigeunerweisen f. d. Violine von Sarasate (Hr. Concertmeister Hellriegel). Anfang 7 Uhr.

Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr: Concert von Elise Leutheuser und Dr. Franz Krükl, unter gütiger Mitwirkung des Großherzogl. Bad. Kammervirtuosen Herrn Florian Zajic.

Arania, Anstalt ür volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Circus Nenz. Karlstraße. Dienstag, Abends 7 ¼ Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“, gr. hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abthei⸗ lungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. Dampfschift⸗ und Bootfahrten, Wasserfällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc, arrangirt und inscenirt vom Dir. . Renz. Knunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außer⸗ dem: 4fache Fahrschule, geritten von 4 Herren mit 8 Schulpferden. Zyszka, Zante, Dubosz u. Bravo, arab. Vollblut⸗Schimmelhengste, zusammen vorgef. von Hrn. Franz Renz Schulpferd Negro, ger. von Mlle. Vidal. Sisters Lawrenz am fl. Trapez.

zu Pferde ꝛc. Komische Entrées ꝛc. Mittwoch: „Auf Helgoland“.

Familien⸗Nachrichten.

Frn

Am 30. September verschied zu Düssel⸗ dorf der Herr Rittergutsbesitzer Julius Wolters, seit 1877 Mitglied unsers Ver⸗ waltungsraths.

Die Gesellschaft verliert in ihm einen treuen, eifrigen Mitarbeiter, wir aber einen hochgeschätzten, gegen Jedermann stets liebens⸗ würdigen Freund, dem wir immer ein ehrendes Andenken bewahren werden.

Berlin, den 1. Oktober 1891. Vorsitzender des Verwaltungsrath der Norddeutschen Hagel Versicherungs⸗

[38225] Gesellschaft.

27 8 2197

,J6. 92.

von Hammerstein⸗Loxten . Abentheuer). Frl. Stephanie von Below mi Hrn. Prem.⸗Lieut. Richard von Heinz (Paderborn)

Stein bei Rybnik O/S.). F

mit Hrn. Predigtamts⸗Kandidat Rudolf Oettinger

(Leipzig Prauss). Verehelicht: Hr.

Regierungs⸗Assessor Max Rötger mit Frl.

Wedemeyer (Schönrade). Hr. Professor F Schaper mit Frl. Helene Ritterhaus (Berlin- Barmen).

lau) Hr. Pastor Paul Scholz mit Frl Müller (Gießmannsdorf, Kreis Bolkenhain). Geboren:

Intendantur⸗Assessor Rachner r

Hrn. Franz von Aulock (Kochelsdorf). Gestorben: Hr. Geheime Regierungs⸗ und Pro⸗

vinzial⸗Schulrath Dr. Bernhard Todt (Magde

Hr. Oberst z. D. Edwin von Ohlen und Adlers⸗ kron (Breslau).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ ¹*Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen

wiederholt: Der Glückstifter. Drama in 4 Auf⸗

zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten

Mlle. Adele, Parforcereiterin. Mlle. Theresina

(einschließlich Börsen⸗Beilage),

Der neunte öster⸗ reichische Advokatentag wurde heute Vormiktag im alten Universitätsgebäude eröffnet.

auf frab. Pferde. Mr. F. Chiarini, Jockeyreiter ersten Ranges. Mr. Alex. Briatore, Saltomortal

wiesen, 18 anderweitig erledigt, 25 noch unerledigt.

Verlobt: Frl. Lina Böcking mit Hrn. Freiherrn (Abentheuerhütte

Frl. Agathe Behrensen mit Hrn. Ritterguts⸗

b ul Ekert (Paruschowitz bei Rybnik O. /S. eer ed, 3 rl. Rosa Richter

Rechtsanwalt von der Lühe mit Frl. Adele von Restorff (Güstrow). Hr.

Helene Wien (Königsberg i/Pr.). Hr. Hauptmann Graf Anatol Bredow mit Frl. Gertrud von

Hr. Hauptmann Ferdinand von

Schlutterbach mit Frl. Anni von Briesen (Bres⸗ Frl. Marie

C as gehhhe dr. Geöt Sa- iesen⸗Leysser (Friedrichsthal). Hrn. Milifar⸗- ö (Karlsruhe i. B.).

burg). Hr. Friederich von Dresky (Schweidnitz). Hr Professor Dr. E. J. Magnus (Breslau).

chs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeige

. 8 3 ““

Der einem „Gefälligkeitswechsel“ gegebene Schein eines ogenannten Kundenwechsels oder Waarenwechsels, um so den Wechsel leichter begeben zu können, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 14. Mai 1891, nicht ohne Weiteres als eine strafbare Betrugshandlung gegen den geschädigten Wechselnehmer zu erachten. „Es bedarf keiner Ausführung, daß weder Rechtswirksamkeit noch Werth eines Wechsels im Geringsten dadurch bedingt wird, ob derselbe seiner Ent⸗ stehung nach materiell dieses oder jenes Rechtsgeschäft zu erledigen bestimmt ist, ob er also beispielsweise als Rimesse zur Bezahlung einer Waarenschuld oder ohne solche Transaktion ausschließlich für die Vermittelung einer Kreditoperation dient. Entscheidend für Werth und Werthbeurtheilung eines Wechsels kann seiner inneren Natur nach vielmehr nur die Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit der aus dem Wechsel verpflichteten Personen sein. Sind diese Personen solvent und kreditwürdig, dann ist es vollkommen gleichgültig, ob die Wechselverpflichtung aus sog. Gefällig⸗ keit wecks freiwilliger Uebernahme einer Bürgschaft, zur Begleichung einer Schuld oder aus irgend einem anderen Beweggrunde übernommen wor⸗ den ist. Denn diese Momente berühren in keiner Weise die Gerechtsame des Wechselnehmers, die Güte oder Sicherheit der Wechselforderung. Auch ist es offenkundige Thatsache, daß täglich im legitimen Handels⸗ verkehr zur Vermittelung und Begleichung großer, wie kleiner Kreditoperationen Wechsel ohne jede Unterlage eines Waaren⸗ geschäfts gegeben wie genommen werden. Deshalb erscheint es auch verfehlt, mit dem Urtheile von einer Rechtspflicht des Wechsel⸗ gebers, den Wechselnehmer über die dem Wechsel zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte aufzuklären und von „dolosem Verschweigen“ des wirklichen, nicht auf eine Waarenschuld, sondern auf Bürgschaft oder dgl. zurückzuführenden Ursprungs des Wechsels zu reden. Nur mittelbar kann, wie gelegentlich vom Reichsgericht anerkannt worden ist, unter Umständen der einem schlechthin werthlosen, von schlechthin zahlungsunfähigen Per⸗ sonen ohne jede geschäftliche Basis ausgestellten Wechsel (Keller⸗ wechsel) trügerisch und künstlich gegebene Schein eines sog. Kunden⸗ oder Waarenwechsels geeignet seig, den Wechselnehmer über die gänzliche Insolvenz der Wechselverpflichteten und die Werthlosigkeit des Wechselpapiers in Irrthum zu ver⸗ setzen. Ob, dies im vorliegenden Falle zutrifft... bedarf er⸗ neuter Prüfung. Sodann kommt es für die Feststellung des

durch die Wechselbegebuna den Wechselnehmern zugefügten Schadens

auch nicht darauf an, ob die Letzteren in den Wechseln die von ihn

erwartete Sicherheit erhielten, oder ob sie schließlich blieben sind, sondern lediglich darauf, ob die fraglichen Wechsel zur Zeit ihrer Begebung objektiv weniger werth waren, als die Wechselnehmer dafür zahlen, und ob der mit Wissen und Willen der

Beschwerdeführer von dem Hauptthäter H. erregte Irrthum kausal

gewesen ist für den Glauben der Wechselneh ie 2 ig⸗ bübeser Weflfeh⸗ echselnehmer an die Vollwerthig

——— Beim Enteignungsverfahren ist nach einem Uetheil d

Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 24. Juni 1891, in Phtthe füß die Werthsermittelung der Zeitpunkt mafgebend, in welchem der die Entschädigung feststellende Beschluß der Regierung (§. 29 des Preußischen Enteignungsgesetzes) erfolgt, selbst wenn die that⸗ sächliche Entziehung des in Anspruch genommenen Grundstückes längere

Zeit vorher geschehen ist.

Statistik und Volkswirthschaft. Invaliditäts⸗ und Altersversicherung. 8

„Es ist vorgekommen, daß Arbeitgeber, ehe sie die uittunge für die Invaliditäts⸗ und dhte gbersheberne. 1 v ae ö das Feld für die Marken mit einem Vermerk resp. Stempel bezeichnen, um einen späteren Nachweis für das Einkleben der Marken erbringen zu können. Dieses Verfahren ist nach §. 108 des Gesetzes vom 22. G CC1’6

ei der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt Berli sind im Laufe des Monats September rsgsc 90 anstar 8 18n währung von Altersrente eingegangen und 16 unerledigte aus dem Monat August er. übernommen. Von diesen 106 Anträgen sind 48 anerkannt, 32 zurückgewiesen und einer auf andere Weise erledigt. Die Entscheidung über 25 Anträge steht noch aus. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 22. Juni 1889, also vom 1. Januar 1891 ab sind bis Ende September d. J. insgesammt 1649 Anträge auf Altersrente eingegangen und hiervon 1105 anerkannt, 501 abge⸗ b Von den 501 abgewiesenen Anträgen sind auf Grund des Gesetzes vom 8. Juni 1891 67 von Neuem erörtert und demnächst 52 anerkannt, 12 noch⸗ mals abgewiesen, 2 anderweit erledigt, 1 noch unerledigt.

5 Wohlthätigkeit. Chef der Cigarrenfabrik von Leopold Engelhardt u. Bier⸗ Hr. F. L. Biermann in Bremen, hat, wie der „Hann. Fenf berichtet, aus Anlaß des fünfundzwanzigjährigen Bestehens der Shctn 1. Oktober seinen Arbeitern ein Geschenk von 100 000 Füeachg, welches zunächft den Grundstock einer Stiftung für Er⸗ ss 1”” Eö114“ bilden soll. Die genannte Firma, ie der ersten und größten des Kontinents dieser B äfti 13“ ebgrö Kontinents dieser Branche, beschäftigt

Die Irrenanstalten im preußischen Staat. Das kürzlich ausgegebene Heft 111 der „Preußischen Statistik“ Nachrichten über die Geisteskranken für die Jahre 1886, 1887 und zwar berichteten 173 bezw. 175 und 183 An⸗

im Jahre

; 1886 sonen

Krankheitsfälle 8 37892 1887 39 571 S . 41 529 1 Kictene Unterscheidung zwischen Fällen der Geisteskrankheit und enaäß ranken Personen ist durch den Umstand geboten, daß erfahrungs⸗ ü8 1g gewisser Theilbetrag z. B. im Jahre 1888 rund 20 % mstanfgenommenen Geisteskranken während eines Berichtsjahres die e wechselt und dadurch Doppelzählungen veranlaßt. Heisteekee Perhältniß zwischen den beiden Geschlechtern unter den 98 ranken zeigt nur geringe Schwankungen in den einzelnen 8 durchschnittlich waren unter 100 Verpflegten 54 männliche bes Personen. Die allgemeine Aufmerksamkeit verdient Uga Rübes⸗ die Thatsache, daß der Bestand im Verhältnisse zum seeigt 8Deer Geisteskranken in den Irrenanstalten von Jahr zu Jahr anstalt gleich in der Zeit von 1880 bis 1888 die Zahl der Irren⸗ een von 154 auf 183 stieg, entfielen Prozent auf den

im Jahre Bestand Zugang

1880 69,9 80,1

27,4

Berlin, Montag, den 5. Oktober

8

Die Erklärung für'diese Erscheinung liegt in dem zeitlichen Verlaufe der Geisteskrankheit. Durch den Tod sind mit geringen rund 8 % der in den Anstalten Verpflegten jährlich dahingerafft, während die Heilungen und Besserungen der Geisteskrankheit an Zahl verhältnißmäßig kleiner werden. Nicht mit Unrecht wird der Grund für die jährliche Verminderung des Abgangs in dem Umstande gesehen, daß die Erkrankten nicht sofort, sondern erst, nachdem die Geisteskrankheit schon „Monate oder Jahre bestanden hat, den Anstalten zugeführt werden. Durch diese Verzöge⸗ rung der Aufnahme in die Irrenanstalten wird erfahrungs⸗ gemäß die Aussicht auf Heilung der Geisteskrankheit oft ver⸗ mindert oder aufgehoben, mindestens aber der Verlauf der Krankheit in die Länge gezogen. Ein solches Verfahren findet nicht allein bei wohlhabenden, sondern auch bei armen Geisteskranken statt, bei Letzteren wahrscheinlich verhältnißmäßig noch öfter, da wegen der Aufbringung der Kosten für die Verpflegung in den Irrenanstalten Seitens der betheiligten Gemeinden bezw. Armenverbände mannig⸗ fache Verzögerungen einzutreten pflegen. Dabei ist die Zahl der auf öffentliche Kosten verpflegten Geisteskranken schon jetzt recht erheblich, wie folgende Angaben aus dem Jahre 1888 erkennen lassen. Es wurden verpflegt: 3

auf öffentliche Kosten 4* theils auf öffentliche, theils auf eigene 8 1111556““ uf Kosten der Wohlthätigkeit...... 68 5 66 ohne Angabe der Träger. 4 920 zusammen. 41 529 100.0

Wahrscheinlich wird der Unterhalt für rund 75 % aus öffent⸗ lichen Mitteln bestritten, da die Zahlen der Gruppe „ohne Angabe der Träger“ größtentheilz den bezüglichen Nachrichten aus der Königlichen Charité in Berlin entnommen sind, wo die Verpflegung der Geistes⸗ kranken auf öffentliche Kosten die Regel bildet.

Abgesehen von dem nachtheiligen Einflusse, den die Verzögerung der Aufnahme in eine Irrenanstalt auf den Verlauf und Ausgang der Geisteskrankheit ausüben kann, fallen außerdem die Störungen, welche der Geisteskranke inzwischen durch seine Beziehungen zu anderen Menschen hervorruft, bedeutend ins Gewicht. Ueber die Beun⸗ ruhigungen von Angehörigen, über die Störungen in ihren Erwerbs⸗ verhältnissen, über die Aufregungen und Erregungen, welche ein Geisteskranker in der Familie zu veranlassen pflegt, statistische Nachrichten beizubringen, ist naturgemäß unmöglich. Der Familienstolz verhindert, so gut es geht, das Bekanntwerden derartiger Ereignisse, weil das Vorurtheil, welches Geisteskrankheit eines Familiengliedes als eine Schmach ansieht, noch immer vtelfach verbreitet ist. Manche Konflikte der Geisteskranken mit dem Straf⸗ gesetze außerhalb der Anstalt werden auf diese Weise verdeckt und gelangen nicht zur Kenntniß der Behörden. Aber die Zahl derjenigen Vergehen oder Verbrechen, welche Geisteskranke vor Gericht führen, ist trotzdem nicht klein, wie folgende Zusammenstellung lehrt. Es

betrug: die Zahl F“ mit dem Strafgesetze in Konflikt Gerathenen bestraften 614 400 605 437 611 191 J 639 419 mithin waren durchschnittlich von den in den genannten Jahren auf⸗ genommenen Geisteskranken rund 6 % von den Männern rund 8 bis 9, von den Frauen etwa 3 % mit dem Strafgesetze in Konflikt gerathen und von diesen letzteren 65,1 bis 72,2 % bestreft worden. Allen diesen Uebelständen kann nur abgeholfen werden, wenn die Unterbringung der Geisteskranken in Irrenanstalten frühzeitig erfolgt. Diese Forderung soll durch das Gesetz über die außerordent⸗ liche Armenlast erfüllt werden, welches dafür sorgt, daß die Verhandlungen wegen der Uebernahme der Verpflegungskosten für unterzubringende Geisteskranke die Ueberweisung in eine Irrenanstalt nicht aufhalten.

überhaupt 10 154

Prozent 8 62 0.

die Zahl der von diesen

die Gesammtzahl der aufgenommenen

im Jahre Geisteskranken

Zur Arbeiterbewegung.

Die Lohnbewegung unter den deutschen Buch⸗ druckern beschäftigt die Prinzipalität wie die Gehülfenschaft fortdauernd in hohem Grade, hat aber auch für fast alle Kreise der Bevölkerung“eine hexvorragende Bedeutung, da fast das gesammte Handels⸗ und gewerbliche Leben seit langer Zeit auf eine continuirliche Thätigkeit der Buchdrucker angewiesen ist, ganz abgesehen von dem Interesse an der ununterbrochenen Erhaltung der Tagespresse für alle gemeinsamen öffent⸗ lichen Angelegenheiten. Die Leipziger Buchdruckereibesitzer, die sich dem Anschein nach von dem geplanten Ausstand in erster Linie bedroht sehen, haben bereits eine Darlegung der gespannten Lage der Bewegung veröffentlicht, in der sie gleich⸗ zeitig ihre Stellungnahme zu derselben begründen (Vgl. Nr. 232 d. Bl.). Die „Leipz. Ztg.“, welche diese Darlegung mit⸗ theilt, knüpft an sie folgende Bemerkungen:

Wir bedauern, uns ihr (der Zuschrift der Buchdruckereibesitzer) anschließen zu müssen. Der Gehülfenverein leistet mit der Forderung, die er jetzt aufstellt, Vorspanndienste für eine Sache, die seinem ursprüng⸗ lichen Wesen fremd ist. Bisher der bestgeleitete unter den deutschen Ge⸗ werkvereinen, hat er im Geiste der alten englischen Gewerkvereine sich ge⸗ hütet, unerfüllbare Forderungen aufzustellen, erf üllbare aber mit Geschick, guter Disziplin und Ausdauer durchgeführt. Mit der Forderung

des Normalarbeitstages, die den sozialdemokratischen Stempel auf der

Stirn trägt, verläßt er diese Bahn. Nicht zu seinem Vortheil, wie wir glauben. Denn der Schritt, den er jetzt unternimmt, wird ihn nicht nur materiell, sondern auch moralisch schädigen. Materiell, weil er mit dieser Forderung, so weit wir sehen, nicht durch⸗ dringen wird. Das wird zur Folge haben, einmal, daß bedeutende Mittel umsonst ausgegeben werden, zum Anderen, daß nach Beendigung des Kampfes eine Verbitterung zurückbleibt, die auch auf das spätere Verhältniß von Person zu Person zurückwirken muß. Der moralische Erfolg aber wird sein, daß auch viele Nichtbetheiligte, die dem Verein bisher Freund waren, weil sie in ihm einen hoffnungsvollen Ansatz zu friedlichem Austrag der Interessengegensätze erblickten, sich von ihm abwenden werden. Die Frage der Arbeitsdauer kann nach Ansicht dieser Nichtbetheiligten nicht für das Reichsgebiet und nicht auf unbegrenzte Zeit, sondern nur von Fabrik zu Fabrik, höchstens von Ort zu Ort, und nur nach der jeweiligen Lage des Geschäftszweiges geregelt werden. Das ist es, was die Sozialdemokratie nicht übersieht, sondern übersehen will. Eben die bewußte Unausführbarkeit der Forderungen giebt ihr das sozialistische Gepräge. Der Verein vollzieht, indem er sich ihr anschließt, bewußt oder unbewußt, seinen Uebergang ins sozialdemokratische Lager. „Inzwischen versendet der Lokalausschuß der Buchdruckerei⸗ besitzer Leipzigs eine für die Oeffentlichkeit bestimmte Mit⸗

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theilung, die die gewerblichen Einrichtungen im Buchdruck⸗ gewerbe behandelt, und der wir Folgendes entnehmen:

„Die gewerblichen Einrichtungen im Buchdruckgewerbe, die zur Zeit wohl einzig dastehen in Deutschland und anderen Gewerben zum Vorbild dienen können, laufen Gefahr, durch den von den Gehülfen geplanten Ausstand stark geschädigt, ja vernichtet zu werden. Zunächst erwähnen wir die mustergültige Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsverhältnisse. Ein für das ganze Deutsche Reich gültiger Lohntarif regelt in genauer Weise die Preise der im Buchdruckgewerbe gar sehr verwickelten Stückarbeit und bestimmt nach Unten hin die Grenze für die Höhe des festen Lohnes, während nach Oben hin die Lohnhöhe natürlich nur von der Leistungsfähigkeit der Arbeiter bedingt ist. Im Weiteren regelt dieser Tarif die Feiertags⸗ und Nebenarbeit, die tägliche Arbeitsdauer (10 Stunden), den Anfang und Schluß der Arbeitszeit, die Arbeitspausen, die Kündigungsfristen und die Lohnzahlung. Der Tarif bestimmt ferner auch allgemeinverbindlich die Lehrlings⸗ verhältnisse, indem er das Verhältniß der Setzer⸗ und Drucker⸗ lehrlinge zu den Gehülfen ordnet. Diese Bestimmungen über die Lohn⸗ und Lehrlingsverhältnisse bilden zugleich einen Regulator für die Konkurrenz, wie ihn kein zweites Gewerbe besitzt. Endlich regelt der näm⸗ liche Tarif auch die Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Lohn⸗ und Arbeitsverhältnisse durch Schiedsgerichte. Alles dies wird durch einen unnöthigerweise vom Zaune gebrochenen Ausstand zerstört werden! Aber nicht nur das allein. Auch die Buchdruckergehülfen haben für sich allein in ihren Unterstützungskassen für Invalidität, Arbeits⸗ losigkeit und Reise segensreiche Einrichtungen geschaffen, die auch die ungetheilte Anerkennung der Arbeitgeber genießen, und diese Einrichtungen werden durch den Ausstand aufs Aeußerste gefährdet, weil die Gehülfenvereinigung sie als Mittel zu benutzen gedenkt, um ihre Angehörigen (durch Androhung des Ausschlusses aus diesen Kassen) zur Theilnahme am Ausstand zu zwingen.

Die Schriftgießergehülfen Leipzigs beendeten, wie die „Lpz. Ztg. berichtet, in einer von etwa 150 Personen besuchten Ver⸗ sammlung am Freitag die Ausarbeitung ihres neuen Lohntarifs, der vom 1. Januar 1892 an in Kraft treten soll. Der neue Tarif unterscheidet sich von dem jetzigen darin sehr wesentlich, daß er die neunstündige Arbeitszeit und die Gewichtsberechnung an Stelle der Stückherechnung (Berechnung des Lohns nach dem Gewicht, nicht mehr nach der Tausendzahl der gegossenen Schriftzeichen) ein⸗ fhea, g 8

us Bochum berichtet das „D. B. H“., daß der Vorstand des Verbandes der deutschen Bergleute in den eaethh Ver⸗ sammlungen die Agitation für den Achtstundentag und den Minimallohn sowie gegen die prozentuale Lohnerhöhung be⸗ dder Zwich

„Der Ausstand der Zwicker in der Weißenfelser Se fabrik von Arsand muß, wie der Eb Jk s beendigt angesehen werden, da der Inhaber dieser Firma andere Zwicker, welche zu den von ihm festgesetzten Bedingungen bei ihm arbeiten wollen, in genügender Zahl gefunden hat.

Aus Wien wird der „Voss. Ztg.“ telegraphirt, daß Anfangs S der Arbeiter der Glas⸗, Porzellan⸗ nd onindustrie Oesterreichs in Stei 5 6 Rafnbet s chs in Steinschönau (Böhmen)

Aus Lemberg und Krakau wird dem „Vorwärts' mitgetheilt daß die dortigen Buchbinder⸗Arbeiter, da ihre denehsag nicht bewilligt wurden, in den Ausstand eingetreten sind.

—Internationales Statistisches Institut. Die diesjährige Session des Internationalen Statistischen Instituts in Wien ist am Sonnabend geschlossen worden. Für den Tagungsort der nächsten Session im Jahre 1893 lagen zwei Ein⸗ ladungen vor, von der Regierung der Vereinigten Staaten nach Chicago und von der russischen Regierung nach St. Petersburg. Nach längerer Debatte wurde in schriftlicher Abstimmung mit 32 gegen 17 Stimmen Chicago gewählt, aber für die Session im Jahre 1895 St. Petersburg in Aussicht genommen. Im Verlaufe der Sitzung wurden der Kultus⸗Minister Dr. Freiherr von Gautsch, Sir ecer, und ECEE14“ ernannt und eder, darunter Kantschull, L M oski Mischler und von Scheel erwählt. ““

Versicherung der Seeleute in England

Der Exekutivrath des Rhederbundes hat Ie einen Plan für die Versicherung aller in den Diensten der Mitglieder des Bundes stehenden Seeleute genehmigt. Der Plan soll am 1. Januar 1892 in Kraft treten. Die Versicherung ist sowohl für Unfall wie für Todesfall und Erwerbsunfähigkeit. Bei Tod und Erwerbsunfähigkeit erhalten die Schiffsführer 100 Pfd. Sterl., der erste Offizier, der erste Ingenieur, der Schiffsarzt und der Zahlmeister 75 Pfd. Sterl der zweite Offizier und der zweite Ingenieur 50 Pfd. Sterl., alle übrigen Offiziere 40 Pfd. Sterl., Unteroffiziere und andere über den ge⸗ wöhnlichen Matrosen und Heizer stehende Seeleute 35 Pfd. Sterl., Ma⸗ trosen, Heizer und sonstige Mannschaften 25 Pfd. Sterl. Für Unfälle zahlt der Rhederbund 13 Wochen lang, d. h., wenn der Betreffende keine Arbeit verrichten kann und keinen Lohn erhält. Der Schiffs⸗ führer bekommt 40 Sh. die Woche, der erste Offtzier, der erste In⸗ genieur, der Schiffsarzt und der Zahlmeister bekommen 30 Sh. die Woche, der zweite Offizier und der zweite Steuermann 20 Sz. die Woche, alle übrigen Offiztere 16 Sh. die Woche, Unteroffiziere und die übrigen über den gewöhnlichen Seeleuten Stehenden 14 Sh. die Woche, Matrosen und Heizer 10 Sh. die Woche. Berechtigt zu diesen Vergünstigungen sind Alle, welche sechs Monate auf den Schiffen des Bundes gedient haben. Der Anspruch geht verlustig durch Meuterei, Desertion, wenn sie mit Gefahr für Leben und Eigenthum verbunden war, Nichterscheinen bei der Abfahrt, nach⸗ dem schon Anzahlung in Empfang genommen war. Er wird suspen⸗ dirt im Falle von Nichterscheinen, wenn dadurch Verzug herbeigeführt wird, Ungehorsam und grober Pflichtvernachlässigung. Die Versiche⸗ rung wird dem Bunde 20000 Pfd. Sterl. jährlich kosten. Der Bund hofft, durch seinen Versicherungsplan insbesondere der Allmacht der Gewerkvereine einen Riegel vorzuschieben. Was den Beitrag der Angestellten betrifft, so scheint sich derselbe auf die Lösung einer soge⸗ nannten Bundeskarte, welche 1 Sh. kostet, zu beschränken.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts de tadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Ier ge bohe 20. September bis inkl. 26. September cr. zur Anmeldung gekommen: 8 Ceeeceltefess, 1073 Lebendgeborene, 25 Todtgeborene, 684

erbefälle. 6

Literatur.

Von dem großen bei E. S. Mittler u. Sohn erscheinenden Wer „Gesammelte Schriften und Den Fohe scheinender General⸗Felomarschalls Grafen Helmuthvon Moltke“, von welchem der dritte Band „Geschichte des deutsch⸗französischen Krieges 1870/71“ bereits kürzlich erschienen ist, wird demnächst der vierte Band zu Ausgabe gelangen. Dieser soll, nach einer Mit⸗ theilung der Nerlagshandlung, die Sammlung der Briefe des Generxal⸗Feldmarschalls eröffnen, und zwar