Lasten weggeworfen hatten, Wahehe, welche dieselben durch⸗ suchten, sterbende Krieger und zurückkehrende vielfach ver⸗ wundete Soldaten.
Nachdem ich die Wahehe durch Schüsse verjagt hatte, be setzte ich die Höhe in einer kreisrunden Stellung, in deren Mitte Träger, Verwundete und unsere Viehheerde.
Ich nahm an, daß rechtsseitlich von mir das Gefecht zum Stehen gekommen sei, und wollte mit meiner Stellung dem Gros als Stützpunkt dienen. Die deutsche Flagge wurde an einem hohen Baum gehißt, und meine Hornisten gaben in kurzen Unterbrechungen unsere üblichen Signale ab.
Das Feuergefecht verstummte etwa nach 10 Minuten bis auf einzelne Salven, welche, wie ich nachher erfuhr, aus der Tembe des Lieutenants von Heydebreck kamen. Auf die Meldung, daß in meiner Nähe ein Europäer mit einem Geschütz sei, sandte ich diesem durch eine Patrouille den Befehl, sich an mich heranzuziehen. Dieser Befehl erreichte Lieutenant von Heydebreck, welcher um 8 Uhr 30 Minuten Vormittags selbst, durch zwei Speerstiche hinter dem rechten Ohr verwundet, blut⸗ überströmt bei mir eintraf. In seiner Begleitung waren Unteroffizier Wutzer, Murgan Effendi und 12 Mann. Von diesen hörte ich, daß unsere drei Geschütze vom Feinde ge⸗ nommen seien und daß unsere Verluste, namentlich bei der Artillerie und der 5. Compagnie, sehr beträchtlich seien.
Ich beschloß hierauf, meine Stellung auf der Höhe zu halten, in der Hoffnung, daß sich Versprengte unserer Ex⸗ pedition, die, wie ich jetzt annehmen mußte, vollständig auf⸗ gerieben war, bei mir einfinden würden.
Auf allen Seiten in dem mich umgebenden Gestrüpp waren Wahehegruppen sichtbar, welche durch unsere Kugeln verscheucht wurden. Die Wahehe hatten ringsumher das dichte, eben nicht hohe Gras in Brand gesteckt. Die Flammen wurden uns durch heftigen Wind näher gebracht und ge⸗ stalteten unsere Lage zu einer recht bedenklichen. Unsere Verwundeten waren dem Flammentode preisgegeben. Um 9 Uhr Vormittags wurde Sergeant Thiedemann, mit einem schweren Speerstiche im Unterleibe und durch Brand⸗ wunden verletzt, herbeigeschafft. Wir legten ihm einen Noth⸗ verband an und betteten ihn in einem Zelt, auch wurden nach Möglichkeit unsere schwarzen Verwundeten verbunden.
Auf mein fortgesetztes Signalblasen hatten sich bis 4 Uhr Nachmittags etwa 60 Soldaten und 70 Träger eingefunden. Da mein Rückzug immer gefährdeter werden mußte, je mehr die von der Verfolgung zurückkehrenden Feinde sich zu sammeln begannen, marschirte ich in eine über unser am Tage vorher aufgeschlagenes Lager hinausliegende Tembe, nahe am Wasser, und befestigte mich hier.
Noch immer war ich der Ansicht, hier in der Nähe (1 Stunde) des Gefechtsfeldes auf der einzigen Rückzugslinie mit meinem endgültigen Abmarsch warten zu sollen, obgleich mir meine beiden schwarzen Offiziere Murgan und Gaber Effendi riethen, soweit als möglich abzumarschiren. Es gab doch noch eine Möglichkeit, daß sich kleine Abtheilungen und vereinzelte Europäer im Busch versteckt hielten, denen nur mit meiner Hülfe ein Entkommen möglich gewesen wäre.
Ich beschloß demgemäß, den nächsten Tag, den 18. August, noch hier auszuhalten.
Die Wahehe griffen mich weder in der Nacht noch am folgenden Tage an, sondern zogen sich in größeren Massen seitlich in der Richtung auf Mage vorbei.
Es erschien mir nunmehr bedenklich, auf dem alten Wege über Mage abzumarschiren, und ich beschloß, über das steile Gebirge im Südosten von Lula auf den Ukose, und längs dieses den Ruaha erreichend, abzuziehen. Auf diesem Wege durfte ich nach Aussage eines angeblich ortskundigen Führers hoffen, auf keine feinbliche Bevölkerung zu stoßen.
Nach diesem Plane brach ich am 18. August um 9 Uhr Abends auf, marschirte vielfach des Nachts und ohne Weg durch die Wildniß, überschritt am 27. August, 4,30 Vormittags, den Ruaha ungefähr hart nördlich der Mwega⸗Mündung, jachdem ich muthmaßlich Ikula und Mdene passirt hatte.
Da der Marsch meiner Karawane ziemlich wenig bekannt wurde und ich fast stets wegen meiner Nachtmärsche und Ge⸗ schwindigkeit überraschend auftrat, wurde ich von der uns wenig freundlich gesinnten Bevölkerung wenig gestört und erreichte am 29. August, Nachmittags um 3 Uhr, den Mjombo⸗ Fluß, wo ich von der Bevölkerung freundlich empfangen wurde. Nach Aussage von Einwohnern sind gestern hier dreizehn Soldaten von uns durchgekommen und nach Kondoa weitergegangen.
Ich marschire morgen nach Kondoa, verbleibe dort so lange, bis ich die in Mywapwa liegenden, für die Karawane bestimmten Lasten herangeholt habe, und breche dann nach Dar⸗es⸗Salam auf.
Ueber den Verbleib der Europäer vermag ich Folgendes zu berichten: Unteroffizier Thiedemann erlag seinen schweren Verletzungen in der Nacht vom 17. zum 18. und wurde in der Tembe, der Sicht der uns stets umspähenden Wahehe ent⸗ ogen, begraben. “ 16% Rach Aussage einiger Schwarzen, welche sich bei Beginn des Ueberfalls in der Nähe des Commandeurs befanden, soll derselbe, sowie Dr. Buschow und Lieutenant von Pirch, noch auf den Eseln sitzend, durch viele Speerstiche niedergemacht worden sein. 1
” den übrigen Europäern ist mit absoluter Bestimmt⸗ heit nichts zu sagen; doch kommen die Aussagen der wenigen, aus dem vorderen Gefecht Entkommenen dahin überein, daß sie sämmtlich den Tod gefunden haben.
—Bei mir befinden sich: Lieutenant von Heydebreck, dessen
Munden fast geheilt, Feldwebel Kay und Unteroffizier Wutzer, Murgan Effendi, Gaber Effendi und 62 Soldaten, von denen 11 verwundet, 74 Träger, von denen 7 verwundet; außer⸗ dem 4 Esel, einige Lasten. Unser Verlust beläuft sich auf 10 Europäer (4 Offiziere, 6 Unteroffiziere), etwa 250 Soldaten, ebensoviel Gewehre und 3 Geschütze, 23 Esel und 96 Träger und den Haupttheil unseres Gepäcks.
Die Anzahl unserer Angreifer dürfte mit 3000 nicht zu och geschätzt sein, wovon vielleicht 700 getödtet worden sind. hr Häuptling Kuawa und Führer Marawatu sind gefallen.
Nur dem Umstande der Führerlosigkeit unserer Feinde schreibe ich unser glückliches Entkommen zu. Eure Excellenz bitte ich ganz gehorsamst, im Falle bereits die irrthümliche Nachricht vom Tode der geretteten Europäer die Küste ver⸗ lassen haben sollte, hochgeneigtest veranlassen zu wollen, daß dieselbe in einer deutschen Zeitung richtig gestellt wird.
G von Tettenborn, Lieutenant. einer Excellenz dem Kaiserlichen Gouverneur, Herrn Freiherrn von Soden.
“ 8 “
neuerer Zeit ist es öfters vorgekommen, daß zweifel⸗ hafte Londoner Firmen durch Inserate in deutschen, ins⸗ besondere ostpreußischen Zeitungen oder durch Versendung von gedruckten Cirkularen sich gegen Vorauszahlung eines be⸗ stimmten zur Deckung der Unkosten bezw. als Provision geforderten Betrages zur Gewährung von Darlehen erboten haben. Es kann nur dringend empfohlen werden, solchen Offerten gegenüber große Vorsicht zu gebrauchen, denn es kommt nur zu häufig vor, daß es hierbei nur darauf abgesehen ist, das Publikum durch Einbehaltung der erforderten Vorschüsse auszubeuten. 1““
Der General⸗Lieutenant Edler von der Planitz I., Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der hiesige brasilianische Gesandte Baron Itajuba hat seinen Posten auf einige Wochen verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt bis auf Weiteres der zweite Legations⸗Sekretär A. de Paiva als Geschäftsträger.
Salzwedel, 5. Oktober. Das Ulanen⸗Regiment Hennigs von Treffenfeld (Altmärkisches) Nr. 16 feierte vorgestern das Jubiläum seines fünfundzwanzigjährigen Be⸗ stehens. Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen, Chef des Regiments, wohnte der Feier bei.
Sigmaringen, 8. Oktober. Ihre Königliche Hoheit die Gräfin von Flandern ist, wie die „Köln. Ztg.“ er⸗ fährt, heute hier eingetroffen. “ 8
Bayern. 16““ 8
München, 8. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend nach Stuttgart abgereist, um im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten den Beisetzungsfeierlichkeiten da⸗ selbst beizuwohnen. Eine Deputation des in Metz garni⸗ sonirenden 4. bayerischen Infanterie⸗Regiments König Karl von Württemberg hat sich ebenfalls nach Stuttgart begeben.
Württemberg.
Stuttgart, 9. Oktober. Die Sektion der Leiche Seiner Majestät des hochseligen Königs Karl wurde, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, am vorgestrigen Tage von Mittags 12 Uhr an ausgeführt und hiermit die Einhbalsamirung verknüpft. Hierauf wurde die Leiche in das Sterbezimmer zurückgebracht und der Anordnung des Verewigten ent⸗ sprechend mit der Generals⸗Uniform bekleidet. Gestern Mittag 12 Uhr fand ein Trauergottesdienst im Sterbezimmer im Kreise der Königlichen Familie statt. Gegen 1 Uhr erschien der Präsident des Staats⸗Ministeriums, um am Sarge des entschlafenen Königs Namens der Mitglieder des Staats⸗ 1 und des Geheimen Raths einen Kranz nieder⸗ zulegen. ¹ gcgestern Abend 1 ¾ Uhr traf Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Michgel Nikolajewitsch von Rußland, Bruder Ihrer Majestät der Königin⸗Wittwe, hier ein und wurde von Seiner Majestät dem König auf dem Bahnhofe empfangen. Zu den Beisetzungsfeierlichkeiten sind serner ein⸗ getroffen: Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden, Seine Königliche Hoheit der Herzog Philipp von Württemberg und der Fürst von Teck.
Die Beeidigung der Königlich vürttembergischen Truppen auf Seine Majestät den König Wilhelm fand gestern Mittag 12 Uhr in allen Garnisonen statt. Die hiesigen Truppen wurden im Hofe der Infanteriekaserne I durch den General⸗Lieutenant von Gleich, Kommandanten von Stuttgart, beeidigt. Die Fahnen und Standarten wurden zu diesem Zweck durch eine Compagnie des Infanterie⸗Regiments Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, ohne daß das Spiel gerührt wurde, aus dem Königlichen Residenzschloß abgeholt.
Von 2 Uhr ab war gestern Gelegenheit geboten, im Marmor⸗
saal des Königlichen Schlosses den Katafalk mit dem Sarge
des Königs Karl zu sehen. In dem Raumse vor der Kette, die den inneren Schloßhof vom Schloßplatz abschließt, harrte die Menge. Tausende wurden durch den von berittenen Schutzleuten bewachten Eingang eingelassen. Um 4 ½ Uhr wurde der Einlaß in den Schloßhof abgesperrt; die Letzten der Zugelassenen waren geschlossene Infanterie⸗Abtheilungen.
Das Wetter ist heute prachtvoll, auf den Straßen bewegt
sich bereits eine Kopf an Kopf gedrängte Volksmenge, da der
Leichenkondukt auf den kleinen Raum zwischen dem Residenz⸗
schloß und dem alten Schlosse beschränkt ist.
Baden.
Karlsruhe, 8. Oktober. Seine Königliche Hoheit der
Kronprinz von Schweden und Norwegen ist, dem
„W. T. B.“ zufolge, von Stockholm kommend, heute Nach⸗
mittag in Baden⸗Baden angekommen; derselbe gedenkt,
mehrere Wochen daselbst zu verbleiben. Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 8. Oktober. Die Fortschritte in der Ge⸗ nesung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs sind nach einem heute in Cannes ausgegebenen Bulletin sehr er⸗ freuliche. Der Appetit ist dauernd gut, das Körpergewicht nimmt stetig zu, die Bewegungen der Hände werden sicherer und freier, sodaß Höchstderselbe seit mehreren Tagen Schreib⸗ versuche macht. Auch an den Füßen ist eine langsame aber sichere Rückbildung der Lähmungen zu konstatiren. Die ner⸗ vösen Anfälle treten seltener und nur in geringer Heftig⸗
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 9. Oktober. Ihre Majestät die Kaiserin beab⸗ sichtigt, wie das „Prag. Abdbl.“ erfährt, von Korfu in nächster Zeit verschiedene Ausflüge nach dem Orient zu unternehmen. Aus diesem Anlasse befindet sich die Kaiserliche Nacht „Mira⸗ mar“ bereits im Hafen von Korfu zur Verfügung Ihrer Majestät. 1 “
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Friedrich ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in Be⸗ gleitung des Obersthofmeisters Grafen Herberstein gestern Nachmittag nach Stuttgart abgereist, um der dortigen Leichenfeier beizuwohnen; vor der Abreise stattete der Erz⸗
herzog dem Minister des Auswärtigen Grafen Ka lnoky ine
4 8 *
längeren Besuch ab. Die Offiziers⸗Deputation des 6. Husaren⸗ Regiments hat sich ebenfalls nach Stuttgart begeben.
Dem ‚Fremdenblatt“ zufolge hat der württembergische Gesandte von Maucler dem Ministerium des Auswärtigen angezeigt, daß der von der Gesandtschaft beabsichtigte Trauer⸗ gottesdienst unterbleiben werde, da der verstorben König Karl gewünscht habe, daß seine Beerdigung möglich einfach sei und von besonderen Trauerfeierlichkeiten Abstan genommen werde.
Der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses, welche von dem Präsidenten Smolka eröffnet wurde, wohnten
Ministerbank sämmtliche Minister mit de
auf der Grafen Taaffe bei.
Minister⸗Präsidenten Jacques und Genossen, des Staats zur Leistung entsprechender Entschädigung für ungerechtfertigt erlittene Strafen fest⸗ gesetzt wird, wurde angenommen. Das Gesetz hat ruͤck⸗ wirkende Kraft. — Der Jungczeche Tilscher und Genossen brachten eine Interpellation ein wegen der Vorgänge in Reichenberg bei dem Empfange des Kaisers, bei dem die czechische Bevölkerung von den Behörden zurückgesetzt worden sei.
Nach einer Meldung der „Presse“ hat der volkswirth⸗ schaftliche Ausschuß des Abgeordnetenhauses beschlossen, die Regierung aufzufordern, den Bau des Donau⸗Oderkanals ohne Verzug in Angriff zu nehmen, erventuell die Initiative wegen Ausführung des Unternehmens durch Privat⸗ kapital zu ergreifen.
Die gestrige Berathung der technischen Mitglieder der Kommission für die Wiener Verkehrsanlagen ergab Uebereinstimmung Betreffs Vertheilung der einzelnen Bahn⸗ linien auf verschiedene Bauperioden, sowie Betreffs des Pro⸗ jektes der Regulirung des Wienflusses.
Am 7. d. M. wurde in Reichenberg, wie die ,Presse“ mittheilt, die gerichtliche wo der Anschlag auf den Eisenbahnzug verübt worden ist, unter Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen. Die Bomben enthielten Dynamit, nicht Nitroglycerin. Es wurden neuerlich corpora delicti gefunden und ge⸗ richtlich in Verwahr genommen. Das Ausschreiben einer Belohnung für die Ermittelung des Urhebers des Rosen⸗ thaler Bahnfrevels ist gestern auch an den Wiener Straßen⸗ 1 in deutscher und tschechischer Sprache angeschlagen worden.
Der Finanzausschuß des ungarischen Unterhauses nahm gestern die Vorlage, betreffend das fünfmonatliche Budgetprovisorium, an. Der Minister⸗Präsident Graf Szapary hatte hervorgehoben, daß ein fünfmonatliches Budget⸗ provisorium schon deswegen nothwendig sei, weil die Berathung des Budgets kaum vor dem 15. Januar 1892 beginnen werde, und eventuell auch hinsichtlich der Handelsverträge gewisse Verfügungen erfolgen müßten.
Anläßlich der Feier des 6. Oktober, des Todestages der dreizehn Arader Märtyrer, ist, dem „Fremdenbl.“ zufolge, in Pest ein neuer Zwischenfall entstanden. Der Gymnasial⸗Direktor Lutter verbot den Schülern, den Trauergottesdiensten beizu⸗ wohnen. Lutter hatte auch im Vorjahre in den Zeugnissen mehrerer Schüler die Anmerkung angebracht, daß die Schüler einer ähnlichen Feier beigewohnt hatten, was der Gegenstand einer Interpellation im Abgeordnetenhause war. Vorgestern fo derten nun drei Abgeordnete der äußersten Linken den Minister Grafen Csaky auf, Lutter sofort des Amts zu entheben, da sie sonst Lutter insultiren müßten. Der Minister versprach eine rasche Verfügung.
In Folge eines gegen den „Magyar Hirlap“ verfügten Verbots des Verkaufes auf den Staatsbahnhöfen kam es vor⸗ gestern Abend in Pest zu Studentenkundgebungen gegen den Handels⸗Minister Baroß, welche auch Abends ihre Fortsetzung fanden. Eine Schaar Studenten wollte über die Kettenbrücke vor das Palais des Handels⸗Ministeriums, um gegen Baroß zu demonstriren. Die Polizei gestattete keine Passage. Vor dem Liberalen Klub erfuhren die Stu⸗ denten, daß das Gebäude im Umbau begriffen sei, weshalb sie fortzogen und vor die „Magyar Hirlap“⸗Redaktion gingen, von wo die Polizei sie verjagte. b
Großbritannien und Irland.
Die Königin wird nach den vorläufigen Anordnunge am 23. November von Schottland nach Windsor übersiedeln. Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein wird bis zur Wiedergenesung der Prinzessin Heinrich von Batten⸗ 8 bei ihrer erlauchten Mutter in Schloß Balmoral ver⸗ bleiben.
Bei der gestrigen Neuwahl zum Unterhause im Wahlkreise Manchester⸗Nordost erhielt der neue General⸗ Postmeister Sir James Fergusson (konservativ) 4058, Sanah 7eeeha coer gec) 3908 Stimmen. Ersterer ist somit ewählt.
b Eine Depesche des „W. T. B.“ aus Brighton sagt, das Leichenbegängniß Parnell's werde ein öffentliches sein. Die Ehegattin Parnell's hat, den Wünschen der Freunde des Verstorbenen nachgebend, auch ihre Zustimmung zu einer öffentlichen Leichenfeier in Ir land ertheilt. Die Vorbereitungen zu derselben werden von dem Lord⸗ mayor von Dublin und den nationalistischen Deputirten getroffen. Den im Sterbehause versammelten parnellitischen Deputicten machte der Arzt über die Ursachen des Todes Parnell's Mittheilung; hiernachtrat nach voraufgegangenem rheu⸗ matischen Fieber der Tod in Folge Herzschlags ein. Der Munizipalrath von Dublin nahm eine Resolution an, in welcher dem tiefsten Bedauern über das Hinscheiden Parnell Ausdruck gegeben wird. Der Lordmayor von Dublin und die Mitglieder des Munizipalraths werden offiziell der öffentlichen Leichenfeier beiwohnen. Allgemein wird ange⸗ nommen, daß der Tod Parnell's zu einer Vereinigung der verschiedenen Gruppen der irischen Partei führen werde. 8 „A. C.“ entnehmen wir über den Eindruck, den der Tod 8 irischen Agitators in England und Amerika hervorgerufen hat, noch folgende Mittheilungen: ven
Selten ist die Nachricht von dem Tode eines hervorragenden Mannes so unerwartet gekommen, als die Kunde vom Abg 88 Parnell's. Wenige haben gewußt, daß er überhaupt krank war. 68 noch hat er schon einige Wochen gelitten. Bei seinem letzten 5 88 lichen Auftreten in Creggs in der irischen Grafschaft Galway, wan letzten Sonntag vor acht Tagen, trug er den linken Arm Feg. gichtischer Anschwellungen in der Binde und sah sehr bleich Ur blen seiner Ansprache sagte er, daß sein Arzt ihm eigentlich Piihe hang habe, das Zimmer zu hüten, daß er aber dennoch na I“ gereist sei, nur um die Wähler in Galway nicht zu enttäuschen agen damit die Gegner nicht aus seiner Ahwesenheit Kapital 6 daß
Das Bett hat Parnell nur vier Tage gehütet. Es heißt,
Der Antrag nach welchem die Pflicht
Besichtigung der Oertlichkeit,
er sich letzte Woche eine Erkältung zugezogen hat. Am Freitag legte er sich und in der Dienstag Nacht ist er in seiner Privatwohnung in Walsingham Terrace in Brighton entschlafen. Das Ende trat so plötzlich ein, daß Niemand an seinem Lager stand, als er seinen letzten Athemzug aushauchte. Seine Gattin, welche ihm erst vor einigen Monaten in gesetzlicher Ehe angetraut wurde, ist von Schmerz ge⸗ en. 1i Dublin gerieth in eine fieberhafte Aufregung, als die Nachricht vom Tode seines „ungekrönten Königs“ kurz vor 1 Uhr eintraf. Tausende versammelten sich vor den Zeitungsgebäuden, die Geschäfte ruhten. Niemand legte mehr Hand an. Parnell’s jäher Tod verschlang alle anderen Interessen und viele sah man in Thränen. Seine Dubliner Freunde versammelten sich am Mittwoch im Gebäude der Nationalligag. Die Versammlung war geheim, doch heißt es, daß die Abgg. Mahony und Redmond nach Brighton geschickt worden sind, um die Anordnungen für die Ueberführung der Leiche nach Irland zu treffen, damit dem irischen Führer ein öffentliches Begräbniß zu Theil werde. Die irische nationale Föderation der Mac Carthyaner hielt am Mitt⸗ woch ihre halbmonatliche Sitzung ab. Auf Antrag des Vorsitzenden, des Abg. Sheehy, wurde dieselbe jedoch alsbald vertagt. In New⸗York traf die Nachricht vom Tode Parnell's um 7 Uhr in der Frühe ein. Sie kam so unerwartet, daß am Anfang Niemand daran glauben wollte. Es dauerte aber nicht lange, so theilten Extrablätter die näheren Einzelheiten mit. Der Eindruck, den das jähe Ende des vor Kurzem noch all⸗ mächtigen Führers in Amerika machte, war tief und nach⸗ haltig. Der leicht erregbaren Iren bemächtigte sich eine edle Rührung. Seine Gegner begruben ihren Haß über dem Ge⸗ danken an seine Verdienste um die gemeinsame Sache, und seine ameri⸗ kanischen Freunde, welche auch in der letzten Periode seiner politischen Laufbahn unbeirrt zu ihm gestanden hatten, drückten ihren Zweifel aus, ob ein solcher Mann zu ersetzen sei. Im Allgemeinen herrscht in Amerika die Ansicht, daß die Sache der Iren durch das Hinscheiden Parnell's an Stärke gewinnen und die beiden Parteien unter dem heilenden Einfluß der Zeit sich wieder vereinigen werden. Parnell's betagter, in Bordentown (New⸗Jersey) in beschränkten Verhältnissen lebenden Mutter wurde die Nachricht von dem Tode ibres Sohnes von einem Berichterstatter der Presse mitgetheilt. Der chmerz der Greisin war herzzerreißend. „Die Verfolgung Davitt's und der anderen Politiker hat ihn gemordet,“ rief sie aus; „Ich wußte es schon, daß das so endigen würde.“ Justin Mac Carthy, der Führer der irischen parlamentarischen Partei, hält es für unmöglich, die Folgen des Abscheidens Parnell's zu berechnen, hofft jedoch, daß die beiden irischen Parteien sich nun ergleichen werden Die versöhnende Gewalt des Todes werde sicher⸗ lich alle feindlichen Gefühle gegen den Verstorbenen unterdrücken. Die Home Rule⸗Frage werde nicht berührt. Daß Irland Home Rule bekommen werde, sei so sicher, wie irgend etwas. Chamberlain äüußerte sich über die Folgen des Todes Parnell's wie folgt: „Man kann nicht sagen, was sich ereignen wird. Viel⸗ leicht legt die Regierung auf Grund ihrer bisherigen Wirksamkeit Berufung an das Land ein. Wahrscheinlich aber wird sie erst ver⸗ suchen, ihre irische Lokalverwaltungsbill durchzusetzen. Die Aussichten sind dafür nicht schlecht. Die Opposition wird gegen die Maßregel wahrscheinlicherweise dieselbe Haltung einnehmen, wie gegen die Volks⸗ unterrichtsbill. Geschieht es, so wird es am Ende des Jahres zu
MNeuwahlen kommen.“
Das Organ der Mac Carthyvaner, die in Dublin erscheinende „National Preß“, schreibt: „Jetzt, wo die Nachricht kommt von dem Tode eines Mannes, welcher so viele Jahre hindurch eine Macht ohne Gleichen unter der irischen Race ausgeübt hat, möge
in neulicher Verrath vergessen sein lund allein seiner früheren Verdienste gedacht werden. Sollte jedoch die Erinnerung an din bittern Kampf und die furchtbare Feuerprobe, durch welche Irland gegangen ist, selbst Angesicht des Todes nicht sterben, so möge sie die Form edelmüthigen Mit⸗ eids annehmen, daß eine so aroße Laufbahn so getrübt wurde, daß o glänzende Verdienste durch so rücksichtslosen Verrath umwölkt wurden. Wir wollen den Geist zu dem Parnell der alten Tage
wenden, dem praktisch wirkenden Patrioten, dem kühlen, furchtlosen,
unbezwingbaren Manne, ehe der Krebs schuldhafter, von göttlichem und menschlichem Gesetz verbotener Leidenschaft sich in sein Herz fraß.“ Der „Standard“ sagt: „Auf den ersten Blick möchte es scheinen, daß der Tod Parnell's der liberalen Opposition nützen wird. Es wird sich aber bald zeigen, daß diese Ansicht unrichtig ist. So lange es Parnelliten und Anti⸗Parnelliten in Irland gab, mußten die Letzteren sich den Anstrich der Einigkeit geben. Jetzt wird in Kurzem unter den Anti⸗Parnelliten Uneinigkeit ausbrechen. Es giebt unter ihnen keinen Mann, der die Uebrigen um Haupteslänge überragt. Persönliche Rivalität und Leidenschaft wird bald zu Tage treten. Jetzt wird es noch klarer werden, wie unerläßlich Parnell der irischen Agitation war, und das englische Volk wird einsehen, daß Gladstone viel mehr als die irischen Home Ruler eine sterile Obstruk⸗ tion fortzusetzen wünschen. Für die Regierung und die unionistische Partei macht der Tod Parnell's keinen Unterschied. Sie werden Irland gerecht und rücksichtsvoll behandeln, aber auf Loßreißung nicht eingehen, welche in Parnell ihren bedeutendsten Vorkämpfer besaß. Er war vielleicht der einzige Irländer, welcher eine Zeit lang das Unheil hätte abwehren können, das aus einem so unvernünftigen und unnöthigen Experiment erwächst.“
Noch ein anderer vielgenannter Home Ruler Sir John Pope Hennessy, Abgeordneter für den irischen Wahlkreis Kilkenny, ist am 7. Oktober auf Schloß Rostillan bei Queens⸗ t wn gestorben. Er war im Dezember v. J. als Anti⸗Parnellit in das Parlament gewählt worden. Es heißt, daß die An⸗ strengungen des Wahlfeldzuges seine Gesundheit gebrochen haben. Sir John Pope Hennessy Hat eine Anzahl hoher Aemter bekleidet; er ist Gouverneur von Mauritius, Hongkong, Barbados, Natal und Labuan gewesen.
Frankreich.
8 Paris, 9. Oktober. Der Präsident Carnot empfing grstern Vormittag, wie „W. T. B.“ berichtet, den russischen General Annenkow, welcher aus Biarritz kommend, nach Rußland zurückkehrt. 1 Die Budgetkommis sion genehmigte gestern den Be⸗ Nicht über die Ermäßigung der Passagier⸗ und Gütertarife ben Schnellzügen. Die von der Regierung und den Eisen⸗ behngesellschaften bewilligten Reduktionen der Passagiertarife 18 gen für die erste Klasse 9 Proz., für die zweite Klasse bül Pro. und für die dritte Klasse 27 Proz. Bei Retour⸗ 1 8. tritt eine Ermäßigung von 20 Proz. ein. Für Waaren⸗ Rungen ist ⅛ weniger als für sonstige Frachtgüter zu auf 8 Der daraus resultirende Verlust der Regierung wird e 11 Millionen, derjenige der Eisenbahngesellschaften auf 42 Millionen Francs geschätzt. Ro Den Ministern de Freycinet, Constans, Guyot, seich⸗ und Rouvier wurden bei ihrer Ankunft in Mar⸗ 1n † wohin sie sich, wie gestern gemeldet, zur Einweihungs⸗ han r Assanirungsarbeiten begeben hatten, von der Bevöl⸗ d ftee lebhafte Ovationen bereitet. Einige Personen, welche selegenwabden verhaftet. Nachmittags fanden wiederholt feind⸗ die göraundgebungen gegen die Minister statt, als dieselben Manräfektur verlassen hatten. Bei dem gestern Abend von der jeitvechelitqt zu Ehren der Minister veranstalteten Bankett hervorh Lonseil⸗Präfident de Freyeinet eine Rede, in welcher er Grundio „ daß die Republik nunmehr auf unerschütterlichen er Nagen ruhe und Dank der Armee, sowie der Weisheit iplomatie zu einem Faktor des europäis
gewichts geworden sei. Es gelte jetzt, die nach Außen ge⸗ wonnene Situation zu konsolidiren und im Innern an die Lösung der sozialen Probleme heranzutreten. Die Verbesserung der Lage der unteren Klassen müsse die Aufgabe sein, welche die Republik beherrsche; die Regierung arbeite unablässig daran. Der Minister wies auf die spontane Bewegung hin, welche gegenwärtig alle Franzosen ergriffen habe und zur Republik hinziehe; die neu zu derselben Hinzutretenden seien willkommen, würden es aber natürlich und begreiflich finden, wenn die Regierung fortfahre, die Freiheit und die Reformen zu vertheidigen, für welche sie gekämpft habe. Nach dem Bankett wurden die Minister von einer großen Volksmenge mit Pfeifen und Zischen verfolgt. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Wie es heißt, wäre man in Marseille darüber aufgebracht, daß die Regierung keinen Staatszuschuß für die Assanirungsarbeiten beantragt haqbe.
Rußland und Polen.
Bezüglich der mehrfach erwähnten Konsular⸗Reform theilen die „Pet. Wed.“ mit, daß dieselbe sich auch auf den Orient beziehen werde. Unter Anderem soll die Zahl der russischen Konsulate in der Türkei vermehrt werden.
Die „Mosk. Wed.“ berichten, daß in der Kanzlei des General⸗Gouverneurs von Finnland das Projekt einer Reorganisation des Finnländischen Senats aus⸗ gearbeitet worden ist. Die Frage wurde auf Kaiserlichen Befehl bereits im vorigen Jahre in Angriff genommen. Es handele sich namentlich um eine Erweiterung der Macht⸗ vollkommenheiten des General⸗Gouverneurs, der jetzt ohne den Senat eigentlich nichts zu thun vermöge.
In Sachen der Sibirischen Bahn melden die Pet. Wed.“, daß diese Angelegenheit dem Reichsrath aufs Neue vorliegen werde. Insbesondere soll das Bahnprojekt der Strecke Ostufer des Baikalsees⸗Ssretensk geprüft werden. Dasselbe ist vom General⸗Gouverneur des Amur⸗Gebiets bereits 1886 vorgelegt worden und besonders für die Gold⸗ industriellen im Bezirk Nertschinsk von Wichtigkeit.
Den „Daily News“ wird aus Odessa berichtet:
Während der vergangenen Woche sind 120 Juden aus Palästina und anderen Gegenden der Türkei — selbstverständlich nur gänzlich mittellose Auswanderer — nach Odessa zurückgekommen. Die russischen Behörden gestatten ihnen zu landen und nach ihrer früheren Heimath zurückzukehren, wodurch die ohnehin schon beschränkten Mittel der lokalen jüdischen Wohlthätigkeits⸗ gesellschaften auf das Aeußerste angespannt werden. Gleich⸗ zeitig setzten die im Besitze geringer Mittel befindlichen Juden ihre Auswanderung fort, und fast alle Nachtzüge nach der westlichen Grenze sind von ihnen angefüllt. Der Aufruf des Barons Hirsch, in dem er seine Glaubensgenossen in Südrußland ermahnte, die Entwickelung seines Auswanderungsplans abzuwarten, scheint wenig oder gar keinen Eindruck auf sie gemacht zu haben.
Italien.
Der italienische Delegirte für die Handelsvertrags⸗ Verhandlungen in München, General⸗Sekretär Malvano ist geftekn Nachmittag von Rom wieder nach München zurück⸗ gereist.
Der russische Minister des Auswärtigen von Giers hat sich gestern Nachmittag von Mailand nach Pallanza begeben.
An einem von dem früheren Unter⸗Staatssekretär Bonghi nach Rom eingeladenen sogenannten eann de aß⸗ kongreß“ wollen auch etwa zwölf deutsch⸗freisinnige Ab⸗ geordnete, darunter der Abg. Rickert, theilnehmen. Vor einigen Tagen suchte Bonghi die Bedenken der Deutschen wegen Betheiligung durch einen an das „Berl. Tabl.“ gerichteten Brief zu zerstreuen, worin er sich dafür verbürgte, daß die sogenannte „elsaß⸗lothringische Frage“ auf dem Kongreß nicht erörtert werden würde. Jetzt hat nun der Abg. Rickert an Bonghi ein Schreiben gerichtet, worin er erklärt, daß nur unter der gedachten Voraus⸗ setzung eine Betheiligung Deutscher an dem Kongreß möglich sei, und worin er unter Hinweis auf die jüngste Erklärung des Abg. Petri in der „Straßb. Post“ (vgl. Nr. 236 des „R.⸗ u. St.⸗A.“) die irrthümlichen Auffassungen Bonghi's, die er in dem gedachten Schreiben über die bisherigen Erfolge Deutschlands in Elsaß⸗Lothringen äußerte, zu widerlegen sucht. Zum Schluß spricht Abg. Rickert seine Sympathie mit dem dem Kongreß zu Grunde liegenden Gedanken aus, indem er hinzufügt, es wäre sehr zu wünschen, daß nicht in irgend einer Form Erörterungen angeregt würden, welche dazu führen müßten, die Sympathien für diese Bestrebungen in Deutsch⸗ land abzukühlen. ierzu bemerkt die Berliner „National⸗ Ztg.“: „Der Erfolg muß lehren, ob Hr. Rickert und seine Freunde sich nicht in eine für sie und für ganz Deutschland peinliche Situation begeben, wenn sie an dem Kongreß Theil nehmen.“ — Zu dem Kongreß haben sich bis jetzt außer 260 Depu⸗ tirten und 90 Senatoren aus Italien aus allen Parteien, darunter auch Crispi und Rudini, 60 französische, 40 österreichisch⸗ ungarische, 40 rumänische und 40 englische Parlaments⸗ mitglieder angemeldet; dazu etwa zwölf deutsch⸗freisinnige deutsche Reichstagsabgeordnete.
Das nächste Konsistorium, welches im November statt⸗ finden sollte, ist auf Ende Dezember vertagt.
Der „Fanfulla“ meldet, gestern früh sei mit dem Lesen der Messe im Pantheon wieder begonnen worden. Die „Italie“ ergänzt diese Meldung dahin, daß die Schließung des Pantheons am Mittwoch Abend auf Befehl des Papstes aufgehoben worden sei, und daß die italienische Regierung davon verständigt wurde. Die kirchlichen Embleme sind auf ihren früheren Platz in der Kirche gebracht.
Ueber Nachklänge vom 2. Oktober wird der „FKöln. Ztg.“ unter dem 6. d. M. aus Rom berichtet, daß eine Sub⸗ scription eröffnet worden ist, um einen Kranz von Bronze als nationale Huldigung am 9. Januar 1892 auf das Grab Victor Emanuel's niederzulegen. Hier und da, in Versamm⸗ lungen und Theatervorstellungen, dauern die Einspruchskund⸗ gebungen gegen die That der französischen Pilger noch fort. Von den drei Verhafteten sind zwei am Sonntag Abend nach der Grenze gebracht worden; der Hauptschuldige befindet sich noch im Polizeigewahrsam, doch glaubt man, daß der König das Verfahren gegen ihn niederschlagen werde. Inzwischen hat mit anerkennenswerther Schnelligkeit das Gericht bereits der⸗ jenigen sich angenommen, die bei den nationalen Gegen⸗ kundgebungen vom 2. Oktober über die gesetzlichen Schranken hinausgegangen waren. Ein Buchdrucker, der einen gewalt⸗ thätigen Angriff auf das französische Priesterseminar gemacht hatte, indem er das päpstliche Wappen abreißen wollte, wurde zu drei Tagen Gefängniß, in die Kosten und zum Schaden⸗ ersatz verurtheilt. Die korrekte Haltung der Sicherheitsbehörden in den kritischen Faßs wird überhaupt allgemein anerkannt. 18 französische Botschafter hat füh besonderen Auftrag von
nalcenn
einer Regierung erhalten, 5 Regierung für den
Schutz des Botschaftsgebäudes und der Pilger gegen die auf⸗ geregte Menge zu danken. Der Dank gebührt aber auch der Bevölkerung selbst, die bei aller Aufwallung des nationalen Zornes doch Maß zu halten verstand. Zu den offiziellen Entschul⸗ digungen gesellt sich nun auch noch ein Schreiben des Marquis de Roquefeuille, Vorsitzenden der französischen Jünglings⸗ vereine, an den Quästor, welches die Thorheit der drei Pantheonshelden bedauert und versichert, daß die katholische Jugend bei ihrer Pilgerfahrt in der That nicht die Absicht hatte, Italien und Rom zu beleidigen.
Spanien.
Die Königin⸗Regentin gedenkt, wie man der „Köln. Ztg.“ aus San Sebastian meldet, sich am 12. Oktober Morgens nach Burgos zu begeben, dort drei Tage zu ver⸗ weilen und dann am 16. d. früh nach Madrid zurückzukehren. Die Kosten der Reise bestreitet die Königin; jeder Aufwand ist verbeten. Ihre Majestät wird in der Kathedrale einer Seelenmesse für die bei dem Eisenbahnunglück Getödteten bei⸗ wohnen und die Verwundeten besucen.
Schweiz.
Anläßlich des Hinscheidens des Königs von Württem berg hat der Bunde srath, wie der Berner „Bund“ meldet das schweizerische Konsulat in Stuttgart telegraphisch an⸗ gewiesen und den deutschen Gesandten in Bern gebeten, dem Königlichen Hause und der Regierung Württembergs seine aufrichtige Theilnahme auszudrücken.
Im Genfer Kantonsrath betonte Fazy, wie man der „Frkf. Zig.“ aus Bern meldet, der Simplon⸗ Durchstich habe für Genf keinen Werth, solange der Col de la Faucille (im Jura nordwestlich von Genf) nicht durch stochen sei. Finanz⸗Direktor Ador erwiderte, Genf werde an das Simplon⸗-Unternehmen erst eine Subvention entrichten, wenn Genfs Interessen durch die Sicherstellung des Faucille⸗ Durchstichs gewahrt seien.
Belgien.
Der Kronprinz von Italien ist gestern Mittag in Ostende eingetroffen und am Bahnhofe von dem König, der vom General Nicaise begleitet war, herzlich begrüß worden. Um 1 Uhr fand Dejeuner zu 20 Gedecken statt.
RNumänien. Das Befinden der Königin ist, den aus Pallanz eingetroffenen Meldungen zufolge, ein befriedigendes. Die Schmerzen traten in den letzten Tagen weniger heftig au die Nächte waren ruhiger.
im Königlichen Schlosse ei
Serbien Belgrad, 8. Oktober. Die Regierung beschloß, lau Meldung des „W. T. B.“, das Demissionsgesuch de Unterrichts⸗Ministers Nicolic nicht anzunehmen, fi bielmehr mit demselben solidarisch zu erklären. Die Frage wegen Bestätigung des zum Bischof von Zajeczar gewählten Stockic bleibt in suspenso.
Bulgarien.
Spobfia, 8. Oktober. Wie die „Pol. Corr.“ erfährt, die Handelskonvention zwischen England und Bul 1hen auf ein Jahr, bis zum 1. Februar 1893, verlänge worden. 88
Montenegro. Cetinje, 8. Oktober. Der fünfzigste Geburtstag de Fürsten Nicolaus wurde dem „W. T. B.“ zufolge gester im ganzen Lande festlich begangen.
Schweden und Norwegen.
(P) Stockholm, 6. Oktober. In einer heute unter Vorsitz des Königs abgehaltenen Staatsrathssitzun berichtete der Finanz⸗Minister, daß 78 Petitionen seinem De⸗ partement zugegangen seien, in denen verlangt werde, daß die Regierung die Verwendung von Brodgetreide und Ka toffeln zur Fabrikation von Branntwein verbiete. Der Finan Minister gab nach längerer Darlegung anheim, die einge⸗ gangenen Petitionen unberücksichtigt zu lassen, da so außer ordentlich wichtige Umstände nicht vorlägen, wie die Verfassung verlange, um ein Verbot des Branntweinbrennens zu rech fertigen. König Oscar stimmte diesen Ausführungen zu. Christiania, 8. Oktober. Von den insgesammt 114 Neuwahlen zum Storthing sind jetzt 74 Resultate b kannt; davon entfallen, wie „W. T. B.“ meldet, 49 auf di Linke, 13 auf die Moderaten und 10 auf die Rechte; bei zwe Neugewählten ist es zweifelhaft, ob sie der Linken oder de Moderaten zuzuzählen sind. Die betreffenden Wahlkreise waren bisher durch 35 Mitglieder der Linken, 22 Moderate und 17 von der Rechten vertreten.
Dänemark. b (F) In dem Finanzgesetzentwurf für das nä
Jahr sind, wie schon mitgetheilt, die Ausgaben des müachs Ministeriums zu 15 002 467 Kronen berechnet, nämlich die ordentlichen zu 10 767 167 und die außerordentlichen zu 4 235 300 Kr.; ferner die ordentlichen Ausgaben des Marine⸗ Ministeriums zu 6 802 808 Kr. und die außerordentlichen zu 1 595 000 Kronen. Der größere Theil der außerordentlichen Aus hn steht mit der Befestigung Kopenhagens im Zu ammenhang. Da die Befestigungslinien nach der Landseite zu nur noch Ergänzungsanlagen erfordern, so werden auch nur für die Anlagen auf dem Gladsaxe⸗Plateau 500 000 Kronen und zu Positionsgeschützen 360 000 Kronen gefordert. Das Haupt⸗ interesse der Kriegsverwaltung ist dagegen auf die Verstärkung der Seebefestigung Kopenhagens gerichtet. Zur Vollendung des Mittelgrundforts werden 2 500 000 Kronen eingestellt, für transportables gepanzertes Geschütz 200 000 Kronen 8 für passive Seeminen 50 000 Kronen, zur Vervollständigung der vorhandenen Minensperren bei Kopenhagen 200 000 Kronen zur Anschaffung von Granaten mit brisanten Sprengladungen 1 100 000 Kronen, zur Anschaffung von schnellfeuerndem Geschütz fuür die Seebefestigungen 130 000 Kronen. Bezüglich der letzteren Bewilligung heißt es in der Begründung: „Da in Folge der Anlage des Mittelgrundforts die Torpedosperren und Minenlinien vor den Forts weiter in das Fahrwasser hinaus verlegt werden müssen, so müssen die Charlottenlund⸗ batterie (Nordfront am Sunde) und die Kastrupbatterie (Süd⸗ front auf Amager) mit einigen leichteren Geschützen versehen werden, um an der Vertheidigung der vorgeschobenen Minen⸗ sperren Theil nehmen zu können.“ Schließlich werder 40 000 Kronen zur Einrichtung eines elektrischen Signal⸗ dienstes auf den Seeforts verlangt.