1891 / 238 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

1

Die Recitative von F. Wüllner.

Loosen zu je 3 bestehen. beträgt 375 000 in Gewinnen zu 90 000 bis zu 15

merik

Vereinigte Staaten. In Chicago ist am 7. d. M. das Denkmal des Generals Grant feierlich enthüllt worden. Das Monument stellt den General zu Pferde dar. Zur Feier

des Tages waren alle Geschäfte geschlossen. China. Ein Telegramm der „Times“ aus Singapore esagt: Nachrichten aus Amoy vom 27. September zufolge habe in einem etwa vierzig (engl.) Meilen von Amoy ent⸗ fernten Distrikt ein Aufstand stattgefunden. Die chinesische Bevölkerung, gereizt durch fiskalische Mißbräuche bei der Liefe⸗ rung von Salz, habe mehrere Mandarinen getödtet. Der Auf⸗ stand sei durch eine von Amoy entsandte Truppenabtheilung

von etwa 1000 Mann unterdrückt worden.

Kunst und Wissenschaft.

Seine Majestät der König hat dem Verein für die Herstellung und Ausschmückung der Marienburg die Erlaubniß ertheilt, fünf weitere Geldlotterien zu veranstalten und die Loose im ganzen Bereiche der Monarchie zu vertreiben. Jede Ziehung wird aus 350 000 ie Gesammtsumme der Prämien

Seine Majestät der Kaiser und König hat dem Münsterbau⸗Verein zu Freiburg im Breisgau mittels Aller⸗ höchster Ordre vom 11. Auguster. die Erlaubniß ertheilt, zu denmit Genehmigung der Großherzoglich badischen Landesregierung in den Jahren 1891 bis 1896 zu veranstaltenden Geldlotterien Behufs Gewinnung der Mittel zur Wiederherstellung und Freilegung des dortigen Münsters auch im preußischen Staats⸗ gebiete und zwar in seinem ganzen Bereiche Loose zu ver⸗

8e11“

Theater und Mufik.

Wallner⸗Theater. 1

Die erste Aufführung der dreiaktigen Posse mit Gesang Telephon⸗Amt VII“ von Antony Mars und Maurice esvallidres fand gestern Abend unter reichem Beifall des gut esetzten Hauses statt. Außer den beiden genannten Verfassern der Posse sind noch als Mitarbeiter Hermann Hirschel, der Ueber⸗ tzer, und Gaston Serpette, der Komponist der musi⸗ kalischen Begleitung, zu nennen. Der Gedanke, welchen die lutoren der Posse zu Grunde legen, ist lustig, die Durchfüh⸗ rung erscheint aber zu oberflächlich und zum Theil gedankenarm. Der erste Akt, der das Telephon⸗Amt VII mit seiner Beamten⸗

ein, und der Erfolg der Musik wäre sicherlich noch bedeutender ge⸗ wesen, wenn der Vortrag des Textes überall klar und deutlich gewesen wäre; das bewies Hr. Meißner, der mit seinem Antrittsliede, dessen Text in jeder Silbe ver⸗ ständlich zu Gehör gebracht wurde, stürmischen Beifall und Dacaporufe erzielte. Frl. Glöckner entwickelte in der Rolle der Agathe kecken Uebermuth und viel anmuthige Fröhlichkeit, die nur hier und da etwas erkünstelt erschien. Trefflich bewährten sich die Herren Gimnig als reicher Amerikaner, Guthery als gestrenger Telephon⸗Inspektor, dessen Ernst dem Anblick der hübschen Tele⸗ phonistinnenschaar nie Stand hält, und Hr. Mülle in der Rolle

des Telephonboten. Sing⸗Akademie.

Der stets willkommene Gast aus London, der ausgezeichnete Violinvirtuose Hr. Waldemar Meyer gab gestern mit dem Philharmonischen Orchester ein Concert, in welchem er das Beethoven'sche Concert (D-dur), drei Theile aus der für Violine allein komponirten Suite von Bach: Gavotte, Bourrée und Presto, die Romanze aus Joachim's ungarischem Concert und ein neues Scherzo von dem in Berlin als Königlicher Kammermusiker thätigen Hrn. A. Böhmer vortrug. In der Ausführung sämmtlicher Werke bewährten sich die stets an dem Künstler gerühmten Vorzüge seines Spiels wiederum aufs Glänzendste: zarte Tonbehandlung, eminente technische Fertigkeit und verständnißvolle Ausdrucksweise, die sowohl den klassischen Werken wie den neueren sehr zu Statten kam, wenn wir auch nicht verschweigen wollen, daß dem Vortrage des Larghetto von Beethoven etwas mehr Wärme zu wünschen gewesen wäre. Das Philharmonische Orchester unter Leitung des Kapellmeisters Hrn. Herfurth leistete in der „Hebriden⸗Ouvertüre“ von Mendelssohn, in dem Largo (Fis- dur) aus dem Streichquartett von Haydn sowie in der Bepleitung des Solisten wiederum Ausgezeichnetes.

In der Vorstellung des „Tannhäuser“ am Sonntag im König⸗ lichen Opernhause sind die Damen Sucher und Hiedler, die Herren Gudehus, Stammer, Ernst, Bulß und Krolop beschäftigt.

Im Königlichen Schauspielhause nimmt Frl. Lindner, von ihrem Unfall wieder hergestellt, am Montag im „Kaufmann von Venedig“ als Porzia ihre künstlerische Thätigkeit von Neuem auf.

Im Berliner Theater wird außer der Neueinstudirung des Richard Voß'schen Schauspiels „Schuldig“, das, wie schon mitge⸗ theilt, mit Nuscha Butze, Agnes Sorma, Ludwig Barnay, Ludwig Stahl, Arthur Kraußneck und Ferdinand Suske in den Hauptrollen morgen, Sonnabend, zum ersten Male in dieser Spielzeit in Scene geht, noch ein anderes Drama vorbereitet, das dem Reper⸗ toire dieser Bühne bisher noch nicht angehörte. Es ist dies Albert Lindner's „Bluthochzeit“. In der am Sonntag Nachmittag stattfindenden Aufführung von „Wilhelm Tell“ wird neben Ludwig Barnay, der die Titelrolle darstellt, Carl Sauermann in der Rolle des Melchthal debütiren.

Mannigfaltiges.

erhält, Hamburger Blättern zufolge, Maschinen von 1000 Pferde⸗ b

kräften, während der zweite für die Offenhaltung der Häfen bestimmte Dampfer eine Maschine von 300 Pferdekräften erhält Die Dampfer sind nach dem Baukontrakt am 1. September 1892 abzuliefern.

Madrid. Anläßlich der vierhundertjährigen Gedenkfeier der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus veranstaltet die spanische Regierung, wie schon gemeldet, im Jahre 1892 in Madrid eine Ausstellung aller auf Amerika sich beziebenden Objekte, welche geeignet sind, die Kulturverhältnisse der neuen Welt von den ältesten Zeiten bis zur ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu illustriren. Gleichzeinig findet, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, eine zweite retrospektive Ausstellung statt, welche Kunst⸗ und kunst⸗ gewerbliche Gegenstände aus dem 15, 16. und aus der ersten Hälfte des 17. Jabrhunderts umfassen und den Kulturzustand Europcs, speziell Spaniens und Portugals, zur Zeit der Eotdeckung und Er⸗ oberung Amerikas veranschaulichen soll. Die beiden Ausstellungen, welche die offiziellen Titel „Exposicion Histõrica-Americana“ und „Exposicion Histörica-Europea“ führen sollen am 1. September 8 eröffnet und am 31. Dezember desselben Jahres geschlossen werden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Stuttgart, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Trauer⸗ feierlichkeiten für den hochseligen König nahmen um 10 Uhr im Marmorsaal des Königlichen Residenzschlosses mit einem Gottesdienst ihren Anfang. Demselben wohnten Ihre Majestäten der Kaiser, der König Wilhelm II, die Königin Olga, Seine Königliche Hoheit Prinz Hein⸗ rich sowie sämmtliche zu der Beisetzung hier eingetroffenen Fürstlichkeiten bei. Um 11 Uhr setzte sich der Zug unter dem Geläut sämmtlicher Glocken in Bewegung. Der König ging zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und dem Großherzog von Baden. Es folgten alsdann die übrigen hier anwesenden Fürstlichkeiten; dann folgte der Leichenwagen. Der Trauerrede lag der Text zu Grunde: „Der Herr Dein Gott ist bei Dir, Dein starker Heiland!“ Die Beisetzung des Sarges in der Gruft erfolgte unter Kanonendonner.

Die Trauerfeier verlief bei prachtvollem Wetter. Hierauf fand ein Déjeuner im Schlosse statt, an welchem alle fremden WE Theil nahmen. Um 5 Uhr folgt ein großes

iner.

Der König hat für den 18. d. M. eine allgemeine Todtenfeier angesetzt.

Florenz, 9. Oktober. (W. T. B.) Der geodätische Kongreß wählte endgültig Faye zum Präsidenten und Ferrero

ggeringem Maße beeirflussen, sodaß für ganz Deutsch⸗ land ziemlich heiteres, theilweise nebliges Wetter

Mädchenschaar in Thätigkeit vorführt, wirkt am Gefälligsten.

Agathe erfährt dankenaustausch lebenden Dame. 1 wechselungen, der Rollentausch der beiden der Originalität und wirken wegen der gezeichneten nebensächlichen Details

Scherz erkennen läßt.

ihres Bräutigams mit einer auf etwas freiem Fuße

Die aus dieser Voraussetzung abgeleiteten Ver⸗ Damen, Weitschweifigkeit der um so weniger unterbaltend, als der Dialog auch keinen besonderen Aufwand an Geist, Witz und Zierlich und ansprechend, öfter auch belebend, griff die musikalische Begleitung in den matten Lauf der Handlung

Frl.

ermangeln G und die Bürgerschaft die ohne Weiteres bewilligt,

Arbeit gegeben werden können.

Hamburg, 6. Oktober. Die Eissperre, welche der Hamburger in ihrem Amt als Telephonistin den zärtlichen Ge⸗ Hafen im verflossenen Winter Monate lang auszuhalten gehabt, hat die Behörden veranlaßt, rechtzeitig Maßnahmen zu treffen, um einer Wiederkehr solcher Zustände vorzubeugen. . dessen den Bau zweier neuer Eisbrecherbampfer beschlossen für dieselben sodaß dieselben k 1 stieg⸗Schiffswerft und Maschinenfabrik⸗Aktiengesellschaft haben in Der eine der beiden Eisbrecher und zwar derjenige, welcher für die Aufeisung der Unterelbe bestimmt ist,

Der Senat hat in Folge

Bausumme

erforderliche der Reiher⸗

heute

zum Vize⸗Präsidenten.

Buenos⸗Aires, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Senats⸗ kommission, welche mit der Prüfung der Vorlage, be⸗ treffend die Einführung des Zwangscourses für Papier⸗ geld, beauftragt war, beantragt in ihrem lehnung der Vorlage.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

Wetterbericht vom 9. Oktober, Morgens 8 Uhr.

8

Temperatur —— in °˙ Celsius

Stationen.

8 8⅔ S 8 . 38 82 AE

red. in Millim.

Wind. b Wetter.

5 heiter 4 halb bed. 4 heiter

S 5 C. = 40 R.

Mullaghmore 742. Aberdeen .. 7742 Christiansund 755. V r Kopenhagen. 762 1 Dunst Stockholm. 763 2 Nebel

aparanda 765 still bedeckt

t. Petersburg 770 1 Nebel Moskau .. 773 still Nebel

—— 0Soo do

Cork, Queens⸗ town 1749 8 3 halb bed. Cherburg.. 756 5 Regen elder. ... 758 3 wolkig ylt 760 1 Dunst amburg.. 762 1 Nebel winemünde 762 3 bedeckt Neufahrwasser 762 2 wolkig Memel .. 764 3 wolfenlos

Pari⸗ LE1161668 Zshalb bed. ünster.. 761 S 2 wolkenlos 7 Karlsruhe.. 764 still wolfenlos 7 Wiesbaden. 764 stil Nebel 9 München 765 SO wolkenlos 9 Chemnitz. 764 SW wolkenios 9 Berlin. 763 W Nebel 11 Wien 763 W bedeckt 12 Breslau. 763 W. bedeckt 13 S. d'Aix .. 759 SW bedeckt 17 761 ”— heiter 15 Triest 761 ONO bedeckt 17

Uebersicht der Witterung. Eine tiefe Depression ist westlich von Schottland

—,— —,—;F—ꝛP— - OS0o2—89⸗ d0

erschienen, welche nordostwärts fortzuschreiten scheint,

ein barometrisches Maximum sich über Bayern ausgebreitet hat. Die trübe Witterung mit Regenfällen, welche gestern in Westdeutschland herrschte, hat sich weiter ostwärts fortgepflanzt, dagegen ist im Westen vielfach wieder heiteres oder

während

neebliges, sonst trockenes Wetter eingetreten, wobei

die Temperatur ziemlich erheblich gesunken ist. Die Depression im Nordwesten dürfte die Witterungs⸗ verhältnisse des nordwestlichen Deutschland nur in

Moskau meldet minus 2 Grad. Deutsche Seewarte

wahrscheinlich ist.

Theater⸗Anzeigen.

2 . 8

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 203 Vorstellung. Oberon. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik von C. M. von Weber. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetz⸗ laff. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus 212. Vorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von

Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 204. Vorstellung. Tann⸗ häuser und der Sängerkrieg auf der Wart⸗ burg. Romantische Oper in 3 Akten von R. Wagner. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 213. Vorstellung. Zriny. Trauer⸗ spiel in 5 Aufzügen von Theodor Körner. In Funhe gesetzt vom Ober⸗Regisseur Grube. Anfang

r.

Beutsches Theater. Sonnabend: Neu ein⸗ studirt. Nathan der Weise. (Saladin: Hermann Nissen. Sittah: Marie Frauendorfer. Nathan: Max Pohl. Recha: Teresina Geßler. Daja: Paula Carlsen. Tempelherr: Alexander Barthel. Derwisch: Gustav Kadelburg. Patriarch: Max Pategg. Kloster⸗ bruder: Georg Engels.) v“

Sonntag: Nathan der Weise.

Montag: Die Kinder der Excellenz.

Verliner Theater. Sonnabend: Schuldig.

Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachm. 2 ½ Uhr: Wilhelm Abends 7 ½ Uhr: Der Garnisonsteunfel bath des Herzeers.

Montag: Schuldig.

Tell.

Tessing- Theater. Sonnabend: Zum 1. M.: Eine Geldheirath. Schauspiel in 3 Akten von Fu Schwarzkopf und C. Karlweis. Anfang 7 ½ p.

Sonntag: Eine Geldheirath.

Montag: Sodoms Ende. Drama in von Hermann Sudermann. 1b

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 3. Male: Telephon, Amt VII. Posse mit Gesang in 3 Akten von Antony Mars und Maurice Desvallidres. Deutsch von Herm. Hirschel. Musik von Gaston Serpette. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag und die folxgende Telephon, Amt VII.

5 Akten 8

8 8

Tage:

Friedrich- Wilhelmstädtisches Theater. Sonnabend: Der arme Jonathan. Operette in 3 Akten von Wittmann und Bauer. Musik von C Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche Dirigent: Hr. Kapellmeister Karpa. An⸗ fang 7 Ubr.

Sonntag: Der arme Jonathan.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

berg. Sonnabend: Zum 11. M.: Besuch nach der Hochzeit. Lustspiel in 1 Akt von Alexander Dumas. Deufsch von Paul Block. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg Hierauf, zum 11. Male: Von Dreien der Glücklichste. Schwank in 3 Akten von Labiche und Gondinet. Regie: Emil Lessing. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung

sspiel

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum

72. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗ siten, Beleuchtungseffecten ꝛc. Jung⸗Deutschlaud zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten (7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Wirk⸗ liches Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 40. Male: Der großze Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Masik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Seene gesetzt von Adolph Ernst.

Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30.

Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Zum 16. Male, mit vollständig neuer Ausstattung: Mädchenschule. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten (4 Bildern) von Alexander Bisson. Musik von

Louis Gregh. Frei bearbeitet von Richard Genée.

In Scene gesetzz vom Direktor Emil Thomas. Sämmtliche neuen Costüme sind aus den Ateliers des Kaiserbazars. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Montag: Wohlthätigkeitsvorstellung zum Besten des unter dem Proteftorat Seiner Majestät Kaiser Wilhelm's II stehenden Nationaldanks für Veteranen. Zum 1. Male: Herr und Frau Doktor. Lust⸗ in 4 Akten von H. Heinemann. Hierauf: Der Präsident. Lustspiel in 1 Akt von W. Kläger.

Sing-Akademie. Sonnabend, Abends 7 Uhr: Concert von Emma Plüddemann (Sopran) und Dr. Karl Päsle Klavier).

Concert-Haus. Sonnabend: Karl Mevder⸗

Concert. Ouv. „Rosamunde' von Schubert. „Tell“ von Rossini; „Dichter und Bauer“ von Suppé. Ungar. Tänze 5 u. 6 von Brahms. Phantasie a. d. Ovp. „Faust“ von Gounod. „Un premier Bouquet“, Walzer von Waldteufel. „Das Grab auf der Haide“ für Trombone von Heiser (Hr. Vogel). Phantasie aus „Der Mikado“ von Sullivan. Anfang 7 Uhr.

Alrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im L1.““ Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends 7 ¼ Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“, gr. hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abthei⸗ lungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. Dampfschise⸗ und Bootfahrten, Wasserfällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Knunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außer⸗ dem: Zyszka, Zante, Dubosz u. Bravo, arabische Vollbluthengste, zusammen vorgeführt v. Hrn. Franz Renz. Colmar, geritten von Frl. Clot. Hager. Kandelaber, geritten v. Hrn. Ernst Renz (Enkel). Amerikanerinnen Sisters Lawrence am fl. Trapez. 4 Gebr. Briatore, weltberühmte Acrobaten. Auf⸗ treten der Reitkünstlerinnen Mlle. Adele und Frl. Elly, sowie der Reitkünstler Herren Fascio, Pierre u. Adolf Delbosg ꝛc. Komische Entrées u. Inter⸗ mezzos v. sämmtl. Clowns.

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): „Aschenbrödel“ (Ballet⸗Einlage: Frühlingsreigen⸗Walzer). Abends 7 ½ Uhr: „Auf Helgoland“.

Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Margarethe von Steinberg⸗Skirbs mit Hrn. Gymnasiallehrer Dr. Ernst Mevyer (Münster i. W Königsberg i. P.). Mimi Freiin von Hanstein mit Hrn. Lieut. Hans von Selle (Besenhausen bei Arenshausen Torgau). Frl. Margarethe Selle mit Hrn. Unter⸗Lieut. z (Jätschau bei Glogau— Wilhelms⸗ aven). Verehelicht: Hr. Prem.⸗Lieut. Joachim Graf von Oriola mit Adele Gräfin von Wengersky (Pschow), Hr. Lieut. Otto Graf von Schwerin mit Miß Florence Wann (Oldenbürg i. Gr.). Hr. Regierungs⸗Assessor Ernst Frhr. von der Reck mit Ada Gräfin Baudissin (Magdeburg). Pr. rhr. Schenck zu Schweinsberg mit Freiin von auchnitz (Schloß Klein⸗Zschocher bei Leipzig). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieut. Grafen Günther Schulenberg (Grimma). Hrn. Pfarrer R. Gareis (Buch). Eine Tochter: Hrn. Land⸗ gerichts⸗Direktor Lindner (Oppeln). 858 Hauptmann Reimer (Königsberg). Hrn Haupt⸗ mann Hans Frhrn. vog der Goltz (Metz). Hrn. Regierungs⸗Rath Schwabach (Köln). Gestorben: Hr. Lieut. Willy Kiesel (Schweidnit) Verw. Fr. Amtsgerichts⸗Rath Elise Thomas, geb. Brachvogel (Kempen i. P). Fr. Major Lili von der Wense, geb. Mascher (dannover), 3 tiftsdame Frl. Auguste Trützschler von Falken stein (Kaiserswerth).

—2

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: 1“ Verlag der Expedition (Scholz). 8 8 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Ver a Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)

““

Bericht die ub

7

Berlin, Freitag, den 9. Oktober

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

Die Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt Schleswig⸗ Holstein hat, wie die „Nord⸗Ostsee⸗Ztg.“ berichtet, im Monat September 345 Anträge auf Bewilligung von Altersrente anerkannt und 66 Anträge zurückgewiesen. Sechs Anträge sind auf andere Weise zur Erledigung gelangt, somit insgesammt 417 An⸗ träge erledigt worden. Am Schluß des Monats August war ein Bestand von 288 unerledigten Anträgen vorhanden, im September wurden 265 Ansprüche neu erhoben. Auf den Monat Oktober sind hiernach 136 unerledigte Anträge übernommen worden. Seit 1. Januar 1891 sind im Ganzen 5199 Altersrenten zur Bewilligung gekommen, und zwar im Januar 325, im Februar 712, im März 438, im April 850, im Mai 912, im Juni 814, im Juli 484, im August 319, im September 345. Der Jahresbetrag sämmtlicher Altersrenten stellt sich auf ca. 690 000 Eine größere Zahl der neuerdings bewilligten Renten entfällt auf die Kreise Flensburg (Land) und Steinburg.

Die Familienbudgets, die Methoden ihrer Gewinnung und ihre statistische Tragweite.

Die Familie und ihr häusliches Budget mit der gehörigen Buchung aller Einnahmen und Ausgaben sind für die wirthschaftliche Entwickelung der Völker von höchster Bedeutung. Der bekannte Statistiker Dr. Engel hat jüngst dem internationalen statistischen Institut in Wien einige Mittheilungen über die von ihm auf die Haushaltungsrechnungen der Familien gestützten Untersuchungen ge⸗ macht. Dieselben erstrecken sich auf etwa 18 000 Personen und 3278 Familien, die unter einjähriger Beobachtung gestanden haben. Diese Beobachtungen beruhen auf solchen Haushaltungsrechnungen, die ihm von vielen Familien aller Stände vertrauensvoll für seine Untersuchungen zur Benutzung überlassen worden sind. Sie erstrecken sich über Haushaltausgaben von jährlich 300 bis ca. 300 000 Und manche dieser Budgets umfassen viele auf einander folgende Jahre, sodaß sich darin in Wirklichkeit das wirthschaftliche und soziale Leben der einzelnen Familien und ihrer Glieder mit voller Treue abspiegeln.

Die vollständigen Haushaltungsrechnungen gehen in der Regel aus zwei Haushaltungsbüchern hervor. Das eine wird vom Haus⸗ herrn geführt, das andere von der Hausfrau. In das erste trägt der Hausherr gewöhnlich die Ausgaben ein, die auf einmal große Summen verschlingen: die Miethe, die Steuer, die Brennstoffe, die Versicherungsprämien ꝛc. Die Hausfrau führt Rechnung über das vom Manne gegebene Wirthschaftsgeld und bestreitet daraus vorzugs⸗ weise die Ausgaben für Nahrung, Wäsche, Licht ꝛc. Es giebt jetzt fast überall für die Einträge vorbereitete Haushaltungsbücher. Dr. Engel hat gefunden, daß sie zu vielen Verirrungen Veranlassung geben, und hat die unsystematisch⸗chronologischen Aufzeichnungen besser für seine Zwecke gefunden, allerdings erst nach einiger Bearbeitung. Die durch solche Bearbeitung der ein⸗ zelnen Positionen der Einnahmen und Ausgaben gewonnenen Tabellen ordnet Dr. Engel nach den Beträgen für die Familien⸗ einheit. Er schuf sich, da die Familien nach Zahl der Personen, nach Alter und Geschlecht verschieden sind und da die Personen kommen und gehen, künstliche Zähleinheiten nach deren Verbrauch, nach der Person und nach der Zeit. Nach Engel's Annahme ist die Person 1,00 der neugeborene Mensch, der Verbrauch 1,00 ist der Verbrauch eines Jahres, die Zeit 1,00 ist der Zeitraum eines Jahres. Engel bemerkte, daß die Veränderung bis zu einem gewissen Grade wenigstens den Veränderungen oder der Zunahme der Länge und des Gewichts der Menschen entspreche. So repräsentirt z. B. ein Knabe oder ein Mädchen von 5 Jahren 1,5 Einheiten, ein Knabe oder ein Mädchen von 10 Jahren 2,0 Einheiten, ein Mann von 25 Jahren 3,5 Einheiten, eine Jungfrau oder Frau von 20 Jahren 3,00 Einheiten.

Aus der tabellarischen Bearbeitung dieser Familieneinheiten nach Ordnungen, Klassen, Gruppen ergiebt sich nach Engel nun gleichsam von selbst das auf den großen Zahlen beruhende Gesetz der Ausgaben, welches er dem internationalen statistischen Institut in graphischer Darstellung vorführte. Er bemerkte, daß dieses Gesetz zugleich lehre, wie viel bei gegebenen Mitteln für jedwede Familie von einer oder der anderen Einheitenzahl für die verschiedenen Bedürfnisse des Lebens ausgegeben werden könne und dürfe. Nicht minder gebe dieses Gesetz Aufschluß, welche Kosten die Erziehung und Auferziehung der einzel⸗ nen Menschen in den verschiedensten Vermögensklassen verursache. Dr. Engel hofft, die Ergebnisse seiner Untersuchungen bald in der b des internationalen statistischen Instituts veröffentlichen zu können.

Zur Wohnungsfrage.

„Zur Lösung der Wohnungsfrage für den Mittelstand, namentlich für Beamte, Kaufleute, Lehrer, überhaupt für Leute, welche auf ein bestimmtes Einkommen angewiesen sind, hat sich, wie der „Wes. Ztg.“ geschrieben wird, am 5. Oktober in Hamburg eine „Hamburger Vereinigung zur Erleichterung des Erwerbes von Grundhesitz“ unter dem Namen „Eigenheim“ gebildet. Es handelt sich in diesem Falle nicht um eine Erwerbsgenossenschaft, sondern um ein menschenfreundliches Unternehmen, bei welchem jede Dibvidenden⸗ erzielung ausgeschlossen ist. Die Gesellschaft hat zwischen Hamburg und Bergedorf, an einer 13 Minuten von Hamburg entfernten Halte⸗ stelle, genannt „Mittlerer Landweg“, ein Terrain von 600 000 qm erworben und erbaut dort Villenhäuser für 1200 Familien unter dem Namen einer kleinen Stadt „Eigenheim“, sodaß jeder Eigenthümer ein eigenes Häuschen, nach besonderem Stil, mit einem Garten hat. In ühnlicher Weise sollen demnächst auch Kolonien in der weiteren Umgebung Hamburgs und Altonas erbaut werden. Die Baukapitalien werden durch Lebensversicherungen beschafft und durch Hergabe von Kapitalien zu einem billigen Zinspreise. Die Miethen werden kapitalisirt, sodaß nach 30 Jahren dem Erwerber, resp seiner Wittwe das Haus zins⸗ frei und unbeschwert gehört. Das Arrangement erfreut sich der Gunst der Behörden wie vieler Wohlthäter, welch letztere bereitwillig ein be⸗ deutendes Kapital eingeschossen haben. Es sind bereits vier Millionen

ark gezeichnet und schon haben sich über 300 Familien zur Ueber⸗ nahme von Häusern gemeldet.

ZZur Arbeiterbewegung. Die Verhandlungen der seit Dienstag in Leipzig agenden Tarifkommission der deutschen Buchdrucker sind, wie ein Wolff'sches Telegramm mittheilt, gestern abge⸗ hcdches worden, weil die Anträge der Gehülfen abgelehnt Hutden. „Nach dem Abbruch der Verhandlungen erklärte

Vorsitzende Klinkhardt im Namen der Prinzipale, der jetzige Tarif bis auf Weiteres Geltung habe eder nach demselben zahlende Prinzipal als tariftreu

ucd Der Vorsitzende des Unterstützungs⸗Vereins deutscher deuchdrucker Döblin erklärte, daß auch die Gehülfenschaft anarbestehenden Tarif fernerhin als Grundlage der Entlohnung die Prinen, gegen Entlassungen von Vereinsmitgliedern durch I Hafipale. aber ihre Maßnahmen treffen werde. Ueber 88 isherigen Gang der Verhandlungen entnehmen wir m Bericht des „Lpz. Tgbl.“ Folgende

In der Veateekesssttgf am Dienstag wurden die Berichte der Kreisvertreter über die Tarifverhältnisse entgegengenommen, welche ergeben, daß sowohl die Lobn⸗ wie die Lehrlingsverhältnisse sich unter dem Wirken der Tarifgemeinschaft in den letzten zwei Jahren fast überall gebessert hätten, daß dagegen die Konkurrenzverhältnisse überall zu wünschen lassen. In der Nachmittagssitzung wurde in die Berathung der Abänderungs⸗ anträge zum Tarif eingetreten und zunächst eine allgemeine Besprechung über die Hauptforderungen der Gehülfen, die Verkürzung der Arbeits⸗ zeit und die Erhöhung der Grundpositionen für das Berechnen, vorgenommen. In mehr als vierstündiger Debatte versuchten die Parteien einander zu überzeugen, und insbesondere führten die Prinzipalvertreter ein Uebermaß von schwerwiegen⸗ den Gründen ins Feld, um die Gehülfenvertreter zu bestimmen, von der Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit abzustehen. Alles ver⸗ geblich! Die Gehülfen waren allen Vorstellungen unzugänglich. Am Mittwoch früh wurde in die Einzelberathung der Abänderungs⸗ anträge eingetreten und dieselbe bis Nachmittags gegen 5 Uhr bis zu dem die Arbeitszeit regelnden Tarifparagraphen erledigt. Da hier, ebenso wie vorher schon bei dem die Grund⸗ positionen des Berechnens betreffenden §. 2 die Forderungen der Gehülfen mit Stimmengleichheit abgelehnt und laut Geschäftsordnung zu nochmaliger Abstimmung zurückgestellt wurden, drohten die Ge⸗ hülfen mit Abbruch der Verhandlungen. Nach einstündiger Ver⸗ tagung der Sitzung stellte sich heraus, daß die Gehülfen ein Entgegen⸗ kommen nicht zu bieten gewillt waren, und es wurden deshalb die Verhandlungen nochmals, und zwar auf Donnerstag vertagt.

„In der „Voss. Ztg.“ werden noch folgende Einzelheiten über diese Berathungen mitgetheilt:

Die Prinzipale schlugen eine Erhöhung der Grundpositionen um 7 ½ %, die alte Arbeitszeit, dreijährige Gültigkeit des Tarifs und eine neue Eintheilung ver Tarifgemeinschaft vor. Die bisherigen Löhne, welche das Minimum überschreiten, sollten hiervon unberührt bleiben. In kleinen Städten sollten Lohnabschläge gestattet sein. Zur Be⸗ rathung dieser Vorschläge wurde eine Unterkommission gewählt. Letztere schlug neun Stunden Arbeitszeit mit einer viertelstündigen Pause vor. Der Vorschlag wurde nicht angenommen In Folge dessen wurden die Verhandlungen als aussichtslos abgebrochen. In den späteren Nachmittagsstunden sollte eine Versammlung der Dele⸗ girten stattfinden, um über weitere Schritte zu berathen.

Gestern Abend fand in Leipzig eine Buchdrucker⸗ Versammlung statt, welche nach einem Telegramm des „Vorwärts“ von 2500 Gehülfen besucht war und folgende von den Gehülfenvertretern empfohlene Resolution einstimmig annahm: „Die allgemeine Buchdrucker⸗Versammlung, welcher als Gäste die Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen an⸗ wohnen, erklärt im Anschluß an die Berichterstattung Seitens des Referenten über die Verhandlung der Tarifkommission, nach wie vor an den aufgestellten Forderungen festzuhalten, behält sich aber zur Durchführung dieser Forderungen die weiteren Schritte vor und setzt in die örtlichen leitenden Personen das Vertrauen, daß sie die Inter⸗ essen der Versammelten auch ferner voll und ganz wahr⸗ nehmen werden“. Am Mittwoch Abend hatte bereits eine Versammlung der in den Buchdruckereien und Schriftgießereien beschäftigten Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen statt⸗ gefunden, über welche die „Lpz. Ztg.“ berichtet:

Es mochten sich 16—1800 Personen eingefunden haben, deren Mehrzahl dem weiblichen Geschlechte angehörte. Zweck der Versamm⸗ lung war die Heranziehung der Versammelten zur Lohnbewegung der Buchdruckergehülfen. Hr. Wittich forderte als Referent in einem Vortrage zur Betheiligung an dieser Bewegung auf. Eine von der Versammlung angenommene Resolution sprach sich in diesem Sinne aus. Hierauf wurden die von einer Kommission formulirten besonderen Forderungen der Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen des Buchdrucker⸗ und Schriftgießergewerbes bekannt gegeben. Sie be⸗ stehen in: neunstündiger Arbeitszeit, einem Mindestwochenlohn von 13 für Punktirerinnen, 10 %ℳ für Einlegerinnen, 7 für Auslegerinnen im Alter von unter 16 Jahren, 10 für ältere Auslegerinnen, 13 für Handschleiferinnen und 10 für Auf⸗ setzerinnen. Der etwa vereinbarte Accordlohn soll mindestens die Hoöhe des Wochenlohnes erreichen. Dieser Tarif wurde von der Versammlung gutgeheißen und der Kommission mit dem Auftrage übergeben, ihn den Prinzipalen zu unterbreiten. 8

Aus Paris wird der „Voss. Ztg.“ telegraphirt, daß sämmtliche 42 Glashüttenbesitzer der französischen Pro⸗ vinzen ihre Fabriken geschlossen haben und äihre Oefen löschen werden, wenn die Glasarbeiter ihren begonnenen Ausstand fortsetzen. Auch die Pariser Fabrikanten wollen diesem Beispiel folgen, wenn ihre Arbeiter die 2200 Provinz⸗ ausständigen unterstützen. (Vgl. das in der gestrigen Nr. 237. d. Bl. mitgetheilte Telegramm.)

Ueber den Ausstand auf den Londoner Werften be⸗ richtet die Londoner „Allg. Corr.“:

Unter starkem polizeilichen Schutz ging am Mittwoch die Arbeit an der Carron⸗ und der Hermitage⸗Werft einigermaßen von Statten. Hunderte von Schutzleuten sind aus anderen Londoner Polizei⸗ distrikten nach Wapping geschickt worden, wo die beiden Werften liegen. Die Besitzer bieten jetzt folgende Bedingungen an: auf der Werft beschäftigte Arbeiter sollen 30 Sh. die Woche erhalten, anf dem Schiffe beschäftigte 35 Sh., wenn sie sich auf 6 Monate ver⸗ pflichten. Die Mittagspause dauert 1 ½ Stunde. Die Arbeitszeit beginnt um Uhr Morgens und endigt um 6 Uhr Abends. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt somit 63 Stunden. Ueberzeit, d. h. Arbeit zwischen 6 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens soll mit 8 Pence die Stunde berechnet werden. Den Ausständigen wurde am Mittwoch der Strikezuschuß von 10 Sh. per Mann aus⸗ gezahlt; sie erhielten aber 13 Sh., weil eine nichr unbedeutende Summe auf den Straßen und in den Häusern zu ihrem Besten gesammelt worden war. Tom Mann, der Präsi⸗ dent des Gewerkvereins der Dockarbeiter, erklärte am Dienstag auf dem Jahresessen des Gewerkvereins der Seeleute und Heizer: man befinde sich am Vorabend einer großen Katastrophe. Die Gründung des Rhederbundes habe die Gründung des Bundes der Gewerkvereine zur Folge gehabt. Der letztere sei den Kapita⸗ listen gewach en, dennoch mahne er zur Mäßigung und zum Vergleich.

Die belgische Arbeiterpartei hat, wie der „Hamb. Corr.“ berichtet, eine cooperative Genossenschaft mit 50 000 Francs gegründet, um neben ihrem bisherigen kleinen Organ „Peuple“ ein täglich in Brüssel erscheinendes großes politisches Parteiblatt heraus⸗ zugeben. Tausend Antheilscheine von je 50 Francs werden zur Unterzeichnung gestellt.

Aus Ottawa (Canada) wird der Londoner „Allg. Corr.“ unter dem 7. d. M. telegraphirt, daß der Ausstand der Arbeiter in den Holzsägewerken von Buell, Orr und Hardman beendet und die Arbeit wieder aufgenommen ist. (Vgl. Nr. 225 d. Bl.) Die Firma bewilligte die Forderung der Ausständigen nach einem Arbeitstag von 10 anstatt 11 Stunden, lehnte die verlangte Wochenzulage von 50 Cents jedoch ab. Der Ausstand beschränkt sich nunmehr nur noch auf drei Holzsägewerke, in denen allerdings in der Regel nicht

weniger als 3000 Mann thätig sind und deren Eigenthümer, wie sie s n. nicht daran denken, den Forderungen ihrer Arbeiter nach⸗ zugeben.

Bekämpfung der Trun ’sucht.

Wie aus London gemeldet wird, gab in der am Dienstag dor abgehaltenen Vierteljahrsversammlung der „Gesellschaft zum Studium der Trunksucht“ der Vorsitzende, Dr. med Norman Kerr, seiner Zu⸗ friedenheit über den Umschwung Ausdruck, welcher in der öffent⸗ lichen Meinung zu Gunsten einer radikaleren gegen die Trunksucht gerichteten Gesetzgebung eingetreten sei. Man se allgemein zu der Ansicht gelangt, daß Trinker, welche di Macht über sich verloren hätten, freiwillig um Aufnahme i ein Trinkerasyl einzukommen, zwangsweise dazu angehalten werdern müßten. Schon hätten verschiedene britische Kolonien, dem von andere Ländern gegebenen Beispiel folgend, Zwangsgesetze für Trinker ein geführt. Es sei an der Zeit, auch in England entschlossen dahin z agitiren, daß der ursprünglich von ärztlicher Seite ausgegangene Vor schlag, Gewohnheitstrinker zwangsweise in Trinkerasyle überzuführe und bis zu ihrer Genesung dort zu halten, zum Gesetz erhobe werde. Auf Vorschlag des Redners faßte der Kongreß den Beschluß Petitionen in diesem Sinne cirkuliren zu lassen und sie, mit de Unterschriften von Privatpersonen, Medizinern und Vereinsvorstände bedeckt, dem Parlament zu überreichen. Dem Redner folgte Dr. W Wynn⸗Westcott, Leichenbeschauer für Central⸗London und Middlesex mit einem Vortrag über „Alkoholvergiftung in London und darau resultirende Herzkrankheit“, in welchem er sich über 1900 von ihr selbst abgehaltene Leichenbeschauungen ausließ. Zwei Fünftel hier von entfielen auf Kinder und junge Personen unter 16 Jahren, di nicht in Betracht kommen könnten. Unter den übrigen drei Fünfteln, also unter 1150, hätten sich 255 Fälle befunden, in denen die Aerzte als direkte Todesursache Alkoholvergiftung angegeben. Unte 4,5 Todesfällen sei mithin ein Fall von Alkoholvergiftung. Von de erwähnten 255 Personen hätten 38 Selbstmord begangen, 47 ihre Tod zufällig gefunden und 170 seien aus natürlichen oder unnatür lichen Ursachen, davon 73 an Herzverfettung, gestorben.

Kunst und Wissenschaft. 1“

I. Im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum ist kurze Zeit die Gl ückwunschadresse ausgestellt, welche di in Moskau ansässigen Deutschen dem russischen Kaiser paar zur Silberhochzeitsfeier am 9. November d. J. zu über reichen gedenken. Die Ausführung der Pergamentadresse i einem kostbaren Rahmen aus farbigem Ledermosaik ist de Königlichen Hof⸗Buchbinderwerkstatt von Collin übertragen der zu ihrer Aufbewahrung aus Ebenholz und Rosenholz mi reichen Silberbeschlägen hergestellte Schrein ist in den Werk stätten von Riezelmann, Feldmann und E. Holmi gearbeitet worden.

Das Königliche Kunstgewerbe⸗Museum veranstalte wie in den vergangenen Jahren in den Monaten Oktober und No vember wiederum zwei Reihen von öffentlichen Vorträgen, di am 12. bezw. 13. d. M. beginnen und im nächsten Quartal fortgesetzt werden. Es werden sprechen: Montags: Dr. A. G. Meyer über Deutschland, Kulturleben im Mittelalter; Dienstags: Dr. Max Schmid über Technik und Geschichte der graphischen Künste. Die Vorträge finden wie bisher Abends von 8 ½⅞ bis 9 ½ Uhr im Hör saal des Königlichen Gewerbe⸗Museums statt; der Zutritt ist un entgeltlich. Von Januar 1892 an werden zwei weitere Reihen vo Vorträgen eröffnet werden. Ausführlichere Programme der Vortr werden im Bureau des Museums ausgegeben.

Der vorgeschichtlichen Abtheilung des Museums Völkerkunde sind, wie die „N. Allg. Ztg.“ mittheilt, interessant Funde aus Westpreußen als Geschenke zugegangen. Ritterguts besitzer A. Treichel auf Hoch⸗Paleschken, Kreis Berent, hatte in de letzten Jahren auf seinem Grunde mehrere Steinkistengräber geöffne und ausgegraben und dabei eine Reihe größerer Urnen zu Tage ge fördert, die er bei einem Besuch des Konservators des genannte Museums, E. Krause, dem Museum als Geschenk überwies. Unter diese Gefäßen befinden sich seltene Formen, die um so erwünschtere Zuwachs bilden, da diese Gegend in dem Museum noch schwach ver treten ist. Hr. Treichel schenkte ferner einen aus einem Eichenstamm gefertigten Einbaumkahn, der in einem Bruche gefunden wurd ferner einen Mahlstein aus Granit, sogenannte „Hunenhacke“, welche er auf der Chaussee bei Grenzmühle zwischen Groß⸗ und Klein⸗Klinc Kreis Berent, fand. Der Vermittelung desselben Herrn verdank das Museum als Geschenk des Lehrers Bensch in Neu Barkoschin, Kreis Berent, eine Urne mit sehr ei artigem Stöpseldeckel. Der Deckel hat die Gestalt einer die Urne gestülpten tiefen Deckelschale, hat jedoch innen eine breiten, ringförmigen Ansatz, welcher stöpselartig tief in den Hals de Gefäßes eingreift. Das Gefäß ist unweit Neu⸗Barkoschin in eine Steinkistengrab gefunden. Der genannte Museumsbeamte besucht mit Hrn. Treichel die sehr interessante Fundstelle. Die Urnen stehe in Steinkisten, d. h. in etwa 1 m großen vierkantigen Hohlräumen welche aus flachen Steinen hergestellt und mit gleichen Steinen bedeck sind. Ueber diesen Steinkisten sind aus größeren und klelneren Steine Hügel aufgeführt bis zu 10 m Durchmesser und 1 ½ m Höhe. Ei Kranz sehr großer Steine umgiebt jeden Hügel. Das Gräberfel ist so groß und so reich an Feldsteinen, das es jetzt als Steinbruch benutzt wird, zu welchem Zwecke ein Unternehmer eine eigene Feld bahn von weit über ein Kilometer Länge gebaut hat. In den bishe zerstörten Gräbern wurden meist durch den Druck der Steine zerstört Gefäße gefunden, darunter aber schön geformte und reich verzierte zum Theil mit schwarzer blanker Oberflaͤche.é In den Leichenbrand resten in den Urnen wurden nur sehr wenige Beigaben, einige Bronze Ohrringe und ein kleiner Bronze⸗Armring entdeckt. Kleine Nach grabungen durch die oben genannten Forscher mit den Hrrn. Pfarrer Dedlow und Lehrer Bensch ergaben ähnliche Funde, besonders ein zweites Exemplar eines Stöpseldeckels, sowie verzierte Scherben. Die Fundstücke gehören etwa dem 3. bis 4. Jahrhundert vor Christo an Für die Bergung weiterer Funde ist Vorsorge getroffen.

Der Alterthumsverein in Kempten läßt auf dem Linden berg, am rechten Illerufer, der Stadt Kempten unmittelbar gegenüber liegend, neue Ausgrabungen vornehmen, die abermals sehr er⸗ folgreich sind. Auf der weiten Hochplatte des Lindenberg waren be⸗ reits früher die Grundmauern des Forums und verschiedener dara 8 angrenzender Gebäude der Römerstadt Campodunum aufgedeckt wor⸗ den. Die neuen Ausgrabungen haben, wie das „Chm. Tabl.“ meldet, den Plan der alten Stadt wieder beträchtlich erweitert, und man hofft, mit der Zeit das Bild einer römischen Stadtanlage zu gewinnen, wie es diesseits der Alpen nicht leicht anderswo hergestellt werden kann. Es ist dies dem glücklichen Zufall zu danken, daß die spätere Stadt Kempten nicht über den Resten der römischen Niederlassung erbaut wurde, sodaß man also die Grundlagen der letzteren im Zusammen hang ausgraben und deren Grundrisse aufnehmen kann. Kleinfund sind auch bei diesen Ausgrabungen nur wenige gemacht worden. 8

8. Am Dome zu Freiberg i. S. hat die Königlich sächsische Baubehörde jetzt Arbeiten begonnen, um die berühmte Goldene Pforte gegen die Bodenfeuchtigkeit zu schützen. Dabei wird u. A. der Sockel der Pforte aus Grüllenburger Sandstein hergestellt. Beim Entfernen der alten westlichen Sockelsteine hat man nun am 5. d. M.