1891 / 243 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Kommissare der Staatsregierung hingewiesen worden, durchaus rechtzeitig, um die Klärung der Meinungen und Wünsche für die Zeit, wo es auf die Ausführung ankam, sicherzustellen. Die endgültige Stellungnahme der Staatsregierung mußte auch zu der Zeit noch, als im Herrenhause die Wahrscheinlichkeit ausgesprochen wurde, daß einem Kanal im Weichbild der Stadt der Vorzug werde gegeben werden bis zur Vollendung von Vor⸗ arbeiten ausgesetzt werden, welche auf die verschiedenen Lösungen der wichtigen Frage ausgedehnt und erst vor Kurzem zu Ende geführt worden sind. 8

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Der Kaiserliche Botschafter am österreichisch⸗ ungarischen

Hofe Prinz Reuß hat einen ihm Allerhöchst bewilligten

kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von

Wien fungirt der Erste Sekretär, Legations⸗Rath Prinz von Ratibor als Geschäftsträger.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Staatsrath von Moser ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Heute Nacht verstarb unerwartet in einer hiesigen Klinik in Folge einer schweren, von dem Geheimen Medizinal⸗Rath Professor von Bergmann vollzogenen Operation der Kaiserliche Gesandte bei den Vereinigten Staaten von Amerika, Graf Ludwig Arco⸗Valley, Königlich bayerischer Kämmerer, im Alter von 46 Jahren. 1

Der Verewigte, geboren zu München am 4. August 1845 als Sohn des erblichen Reichsraths der Krone Bayern, Grafen Maximilian Arco⸗Valley und dessen Gemahlin Anna, geb. Gräfin Marescalchi, trat nach Absolvirung seiner Studien in München 1867 in den bayerischen Justiz⸗ und diplomatischen Dienst, in welchem er bis zum Jahre 1871 verblieb, und machte den Feldzug nach Frankreich als Corpsdelegirter der frei⸗ willigen Krankenpflege des I. und II. bayerischen Corps mit, bei welcher Gelegenheit er in französische Gefangenschaft gerieth und mit dem Eisernen Kreuze 2. Klasse am weißen Bande dekorirt wurde. ““

In den diplomatischen Dienst des Reichs übernommen, fungirte Graf Arco zunächst als Attaché in Washington, wurde am 30. November 1871 zum Legations⸗Sekretär ernannt und als solcher nach Wien versetzt. 8

Wegen Gesundheitsrücksichten 1873 bis 1875 aus dem Reichs⸗ dienst ausgeschieden, trat der Verewigte 1875 als Legations⸗ Sekretär in Madrid wieder in den Reichsdienst und fungirte in gleicher Eigenschaft in Paris und London, woselbst am 14. Januar 1880 die Ernennung zum Legations⸗Rath erfolgte. Als solcher in Brüssel und Rom bei der Kaiserlichen Botschaft am italienischen Hofe verwandt, wurde Graf Arco am 30. August 1886 zum General⸗Konsul für Egypten und am 13. Februar 1888 zum Kaiserlichen Gesandten in Washington ernannt und daselbst 1889 mit dem Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse dekorirt.

Vermöge hervorragender Begabung, mannigfacher Talente und feinen Taktgefühls hat sich Graf Ludwig Arco⸗ Valley in allen seinen verschiedenen Stellungen wohlbewährt und großer Beliebtheit erfreut.

Seine Majestät der Kaiser und König hat in dem Ver⸗ ewigten einen treuen und bewährten Diener, der diplomatische Dienst des Reichs ein begabtes Mitglied verloren, dessen An⸗ denken im Auswärtigen Amt ebenso wie an allen Orten, wo derselbe sungirte, wie in seiner bayerischen Heimath treu und hoch in Ehren gehalten werden wird.

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München, 14. Oktober. Zu den Handelsvertrags⸗ verhandlungen schreibt die „Allgemeine Zeitung“:

„Die nach der Rückkehr des Staatsraths Malvano wieder auf⸗ genommenen Handelsvertragsverhandlungen mit Italien neigen sich ihrem Ende zu, und es ist begründete Hoffnung vor⸗ handen, daß die Feststellung der den Parlamenten vor⸗ zulegenden Vertragsentwürfe noch im Laufe des Monats Oktober möglich sein werde, wenngleich noch keineswegs alle Differenzen beglichen, sondern gerade einige der schwierigsten noch in der Schwebe sind. Es finden gegenwärtig nicht mehr, wie in den früheren Stadien der Verbandlungen, täglich Sitzungen der Delegirten statt, sondern es werden Konferenzen nur nach Maßgabe des jeweils sich ergebenden Bedürfnisses abgehalten. In diesen Konferenzen werden lediglich jene Punkte verhandelt, bezüglich deren bei den voran⸗ gegangenen zwei Lesungen eine Einigung nicht erzielt werden konnte und demgemäß neue Informationen bei den Regierungen eingeholt werden mußten. Den Meldungen einiger Blätter gegenüber, daß die Handelsvertragsaussickten bezüglich der Schweiz in der letzten Zeit eine Verschlechterung erfahren haben, sind wir in der Lage, festzustellen, daß in Bezug auf die Chancen der Vertragsaktion mit der Eidgenossenschaft absolut keine Veränderung in einem oder dem anderen Sinne eingetreten und vor der am 18. d. M. in der Schweiz stattfindenden Volksabstimmung eine solche auch nicht zu er⸗ warten ist.“

Ueber denselben Gegenstand sagt die Wiener „Presse“:

„Die Frage des Schauplatzes und des Beginnes der Vertrags⸗ verhandlungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Serbien ist nach wie vor eine offene, und es konnte darüber bisher schon mit Rücksicht auf die schwebenden Verhandlungen mit Italien und deren noch nicht genau festzustellende Dauer kein entscheidender Beschluß gefaßt werden. Ebenso steht es noch dahin, ob es möglich sein wird, die Handelsverträge im Laufe dieses Jahres zum Abschluß zu bringen. Wir haben bereits hervorgehoben, daß, im Falle dies nicht möglich sein sollte, die legislative Ermächtigung zur provisorischen Verlängerung einiger Handelsverträge eingeholt werden müßte, auf welche Eventualität jüngst Graf Szapäry im Finanzausschusse des ungarischen Abgeordnetenhauses hingewiesen hat. In Betreff des Handelsvertrages mit Deutschland, bezüglich dessen Ablaufs kein Termin festgesetzt ist, und des Handelsvertrages mit Serbien, der auf Grund der erfolgten Kündigung am 16. September 1892 zu Ende geht, besteht die Nothwendigkeit einer provisorischen Ver⸗ längerung nicht. Letztere würde sich daher erforderlichenfalls nur auf die Verträge mit der Schweiz, Spanien und Portugal, welche auf Grund erfolgter Kündigung mit 1. Februar 1892 ablaufen, zu beschränken haben.“

1 In der heutigen Abendsitzung des Finanzausschu ss es der Kammer der Abgeordneten besprach dem„W. T. B.“ zufolge der Staats⸗Minister Freiherr von Crails heim auf eine An⸗ regung der Abgg. von Schauß und Soden die öglichkeit, den Ersatz des Eisenbahn⸗Fahrmaterials im jeweiligen Budget festzustellen, vielleicht einen gewissen Prozentsatz einzu⸗ 8 und dem Wagenmangel vorzubeugen ohne übermäßige Ausnützung des Fahrmaterials. Der Minister erklärte, er

stehe der Herabsetzung der Personentarife nicht ablehnend

gegenüber und würde die einheimische Industre, thunlichst bevorzugen. Der Regierungs⸗Kommissar legte sodann gegen⸗ über Artikeln in der Presse die volle Diensttüchtigkeit der zuletzt beschafften 269 Lokomotiven eingehend dar und führte rücksichtlich der Verwendung der Personenwagen zu Sanitätszwecken im Kriege aus, die Höhe der Waggons sei nach amerikanischem System projektirt. Schließlich wurde die Gesammtvorlage im Betrage von 40 Millionen zur Her⸗ stellung von Doppelgeleisen und Beschaffung von Fahrmaterial genehmigt. 8 88 16 Sachsen.

Ueber das Ergebniß der vorgestrigen Landtagswahlen bringt die „Leipz. Ztg.“ einen längeren Artikel, dem wir Nach⸗ stehendes entnehmen:

Stellt man die Ergebnisse für die dreißig Wahlkreise, um die es sich jetzt handelt, mit denen der letzten Wahlen in diesen dreißig Kreifen zusammen, so ergeben sich folgende Annäherungswerthe, die sich voraussichtlich nicht wesentlich ändern werden:

182 Ih vom frühere Wahl

Zahl der abgegebenen Stimmen.. 97 250 66 130 Darunter sozialdemokratische. . 18 280 hbbe freisinnige (fortschrittliche). 12 650 nationalliberale.... 8 850

Die sozialdemokratische Partei bat somit zum ersten Male die höchste Stimmenzahl erhalten. Während die Zahl aller abgegebenen Stimmen um 50 % wuchs, stieg die der sozial⸗ demokratischen Stimmen um 95 %, also nahezu um das Doppelte, die der nationalliberalen um 40, die der konservativen um 33, die der freisinnigen um 8 %. Der sozialdemokratischen Partei an Zahl der abgegebenen Stimmen zunächst, vielleicht auch gleich, stebt die konservative; in weitem Abstand folgen dann die freisinnige und mit der kleinsten Ziffer die national⸗ liberale Partei. Bei keiner Partei war der Abstand zwischen der Zunahme der Gesammtstimmenzahl (50 %) und der der Parteistimmen (8 %) so bedeutend, wie bei der freisinnigen Partei. Wären in der Zahl ihrer Stimmen nicht die konservativen und nationalliberalen Stimmen enthalten, die den Kandidaten des alten Kammerfortschritts und einigen Freisinnigen nicht Richter'scher Observanz zufielen (namentlich im 1. Chemnitzer, 24. städtischen und 11. ländlichen Wahlkreis), so würde die Stimmenzahl der freisinnigen Partei keine Zunahme, sondern sogar absolut einen Rückgang aufweisen.

In erster Linie erklärt sich die ungeheure Zunahme der sozial⸗ demokratischen Stimmen durch ihre regelmäßige Taktik, fast in jedem Wahlkreise, auch dem aussichtslosesten, Zählkandidaturen aufzustellen und so die Kraftprobe zu stellen. Die Zahl der Abgeordneten, welche die Sezialdemokratie wirklich durchbrachte, entspricht daher dem Stimmapparat, den sie in Bewegung setzte, nicht entfernt. Vielmehr stellt sich die Zahl der Abgeordneten folgendermaßen:

Am 13. Okt. 1891 Bei der früheren 1891 mehr gewählt Wahl gewählt oder weniger

Konservative DZ“ 14 —1 Sozialdemokraten 3 Nationalliberale

Freisinnige 7 1

Die Konservativen verloren zwei Kreise (10. und 16. ländlichen) und gewannen einen (den 2. städtischen). Die Sozialdemokraten ver⸗ loren keinen Kreis und gewannen drei (den 10., 16. und 24. länd⸗ lichen). Die Nationalliberalen gewannen zwei Kreise (den 15. und 23. städtischen) und verloren einen (den früher 24. ländlichen). Die Freisinnigen endlich gewannen keinen Kreis und verloren drei (den 2., 15. und 23. städtischen Kreis).

Faßt man die Ergebnisse derjenigen Partei ins Auge, welche mit der höchsten Stimmenzahl auftritt, der sozialdemokratischen, so scheint sie ihren stärksten Zuwachs in den beiden Kreisen erzielt zu haben, die früher zusammen den 10. ländlichen Kreis bildeten und jetzt in den 10. und 24. ländlichen zerfallen. In beiden Kreisen zu⸗ sammen hat es die Partei auf rund 6000 Stimmen gebracht gegen nur 1727 bei der früheren Wahl. Beide Kreise sind daher an die Sozialdemokratie verloren gegangen. Wie sich der Vergleich gegen früher für den 23. ländlichen Kreis (Leipzig Land) stellt, der nunmehr die Reste des 23. und vormaligen 24 ländlichen Kreises in sich vereinigt, läßt sich mit Rücksicht auf die Einverleibung ohne die Kenntniß der einzelnen Ortsergebnisse nicht feststellen. Erheblichen Zuwachs der sozialdemokratischen Stimmenzahl haben dann weiter noch zu ver⸗ zeichnen: Dresden 1 (von 626 auf 1725), Dresden 4 (von 828 auf 1462), der 7. städtische Kreis (von 293 auf 729), der 15 städtische (von 440 auf 1384), der 21. städtische (von 210 auf 1077), der 23. städtische (von 599 auf 1271), der 18. ländliche (von 220 auf 739), der 30. ländliche (von 1710 auf 3333) und der 40. ländliche (von 1612 auf 2897). Wahlkreise, in denen sozialistische Stimmen bei dieser Wahl zum ersten Male auftauchten, sind der 1. Leipziger, 2., 11., 12., 21. städtische, 27. und 33. ländliche. Einen verhältnißmäßig geringen Zuwachs hat die Partei nur in Chemnitz erzielt (von 3174 auf 3368); hier hat sie wohl früher bereits ihr letztes Aufgebot ins Treffen geführt. Einen kleinen Rückgang endlich hat sie, wenn die Zahlen richtig sind, nur in einem Wahlkreis, dem 19. ländlichen zu beklagen.

Der Stimmenzahl zunächst folgt die konservative Partei. Auch sie hat in allen Kreisen einen bedeutenden Zuwachs erfabren; ihre Stimmenzahl stieg im 1. Dresdner Kreise rvon 1578 auf 2067, im 4. Dresdner Kreise von 746 auf 1360, im 2. städtischen Kreise, den sie den Freisinnigen abnahm, von 595 auf 1292, im 7. städtischen von 1489 auf 1913, im 11. städtischen von 1172 auf 1866, im 4. ländlichen von 819 auf 1130, im 10. und 24. ländlichen, die sie trotzdem verlor, von 3062 auf 5295, im 18 länd⸗ lichen von 1610 auf 2448, im 19. ländlichen von 1775 auf 2237, im 20, ländlichen von 1232 auf 1368, im 27. ländlichen von 1372 auf 1460, im 29. ländlichen von 1568 auf 2520, im 30. ländlichen von 1081 auf 1694, im 33. ländlichen von 635 auf 1064, im 35. länd⸗ lichen von 723 auf 1423 und im 40. ländlichen von 965 auf 1577.

Auch die Nationalliberalen haben, wo sie von den Konser⸗ vativen unterstützt wurden, nicht unerheblichen Zuwachs zu verzeichnen. So stieg die Zahl ihrer Stimmen im 1. Leipziger Kreis von 1128 auf 2386, im 12. städtischen Kreis von 903 auf 1803, im 21. städti⸗ schen (Reichenbach) von 733 auf 1720 Ebenso verdankt die Partei ihre Ehich Stimmenzahl im 15. und 23. städtischen Kreise dem Zusammengehen mit den Konservativen. Im 19. städtischen Kreise scheint die Zahl der nationalliberalen Stimmen zurückgegangen zu sein; ob auch im 23. ländlichen Kreise, ist mit Rücksicht auf die bereits erwähnten besonderen Verhältnisse dieses Kreises ohne Weiteres nicht zu entscheiden.

Die schlechtesten Geschäfte haben, wie schon erwähnt, die Deutsch⸗ freisinnigen gemacht. Sie brachten es in einzelnen Kreisen nur auf ganz geringe Zahlen, so im 4. Dresdener Kreis auf 195, im 17. städtischen Kreis auf 292, im 11 städtischen auf 200, im 14. städtischen auf 490, im 16, ländlichen auf 327, im 18. ländlichen auf 12, im 20. ländlichen auf 160, im 30. ländlichen auf 69, im 33. länd⸗ lichen auf 76 Stimmen.

Württemberg.

Stuttgart, 14. Oktober. Der „St.⸗A. f. W.“ ver⸗ öffentlicht das nachstehende, an den Minister⸗Präsidenten Dr. Freiherrn von Mittnacht gerichtete Schreiben Seiner

Majestät des Königs: jef 8 Stuttgart, den 12. Oktober 1891. Mein lieber Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Mittnacht! Es sind Mir aus Anlaß des Hin⸗

scheidens Seiner Majestät des in Gott ruhenden Königs Karl,

Meines vielgeliebten Herrn Oheimg, aus allen Theilen des Landes, von Städten, Landgemeinden, Korporationen, Vereinen und Privat⸗ personen Beileids⸗ und Huldigungs⸗Telegramme ꝛc., sowie Zuschriften in außerordentlich großer Anzahl zugegangen.

Ich bin von diesen Kundgebungen treuer Anhänglichkeit und Liebe in diesen für Mich und Mein Haus so schmerzlichen Tagen tief gerührt und beauftrage Sie, da es unmöglich ist, für jede Theilnahme⸗ bezeugung einzeln zu danken, Meinen innigen und herzlichen Dank zur

öffentlichen Kenntniß zu bringen. Mit der Versicherung Meines Wohlwollens verbleibe Ich, Mein lieber Präsident des Staats⸗Ministeriums ꝛc. Dr. Freiherr von

Mittnacht, Ihr gnädiger König Wilhelm.

Wie das genannte Blatt ferner vernimmt, hat Seine Majestät an den Staats⸗Minister Dr. von Renner auf das von diesem eingereichte Entlassungsgesuch nachstehendes Allerhöchste Handschreiben gerichtet:

„Mein lieber Staats⸗Minister der Finanzen Dr. von Renner! Sie haben Mir mit Schreiben vom 9. d. M. unter Berufung auf Ihre leidende Gesundheit und dadurch geschwächte Arbeitskraft die Bitte um Enthebung von der Verwaltung des Finanz⸗Ministeriums und Versetzung in den Ruhestand vorgetragen.

So sehr Ich bedaure, Mich dadurch der Dienste eines der er⸗ probtesten Diener und Berather Meines verewigten Herrn Oheims, des Königs Karl Majestät, beraubt zu sehen, so kann Ich Mich doch den von Ihnen geltend gemachten gewichtigen Gründen nicht ver⸗ schließen, und will daher Ihrem Gesuche hiermit in Gnaden ent⸗ sprochen haben.

Dabei drängt es Mich, Ihnen für Ihre währen) einer so langen Reihe von Jahren zum Theil unter schwierigen Verhältnissen mit Treue und Hingebung geleisteten ausgezeichneten Dienste Meinen Königlichen Dank und Meine volle Anerkennung auszusprechen.

Indem Ich von Herzen wünsche, daß sich Ihre Gesundheit bald wieder kräftigen und Sie der wohlverdienten Ruhe noch lange sich erfreuen mögen, danke Ich Ihnen zugleich für die Mir in Ihrem Schreiben ausgedrückten theilnehmenden Gesinnungen und Wünsche

Unter der Versicherung Meines fortdauernden Wohlwollens ver⸗ bleibe Ich, Mein lieber Staats⸗Minister Dr von Renner, Ihr gnädiger König Wilhelm.“

Vorgestern begab sich der König zu dem Oberst⸗Stall⸗ meister Grafen von Taubenheim, um ihm anläßlich der Gewährung seiner Bitte um Versetzung in den Ruhestand seinen wärmsten Dank für dessen langjährig ue und aus⸗ gezeichnete Dienste persönlich auszusprechen.

Baden.

Karlsruhe, 14. Oktober. Der Staats⸗Minister a. D. Jolly ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Mittag in Folge eines Schlagflusses gestorben.

Dem Vernehmen nach wird der Landtag auf den 17. November einberufen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach

Weimar, 14. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Erb⸗ großherzog kehrte heute von seiner mit Höchstseinen Söhnen unternommenen Rheinreise nach mehrtägigem Aufenthalt in Kassel hierher zurück und wird der „Weim. Ztg.“ zufolge etwa eine Woche hier verweilen, um sich dann nach Heinrichau in Schlesien zu begeben.

Anhalt. Dessau, 14. Oktober. Ihre Hoheit die Erbprin

zessin Leopold ist nach dem „A. St.⸗A.“ gestern mit der Prinzessin Antoinette Anna hier wieder eingetroffen.

Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 14. Oktober. Durch eine Verordnung des Statthalters vom 10. d. Mts. werden die Termine der Neu⸗ wahlen zum Landes ausschuß festgesetzt, welche für die am 6. November d. J. ausscheidenden 24, in den Kreisen bezw. den Stadtgemeinden Straßburg, Mülhausen, Metz und Colmar gewählten Abgeordneten erforderlich sind. Die Wahl der Wahlmänner findet am 29. Oktober, die Wahl der Abgeord⸗ neten am 6. November statt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 14. Oktober. Der Budget⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses nahm einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, hiermit kein Prä⸗ judiz für die Zukunft zu schaffen, die bekannten Anträge Be⸗ treffs Abkürzung der Budgetdebatte an; dieselben gelangen in der morgenden Plenarsitzung zur dringlichen Berathung.

Das „Fremdenblatt“ bespricht die Zusammenkunft des russischen Ministers des Auswärtigen von Giers mit dem italienischen Minister⸗Präsidenten di Rudini und bemerkt, die Bedeutung dieser Entrevue sei offenbar eine erfreulich. Die Entrevue werde in Wien wie jede andere Kundgebung friedlicher Gesinnungen mit Genugthuung begrüßt. Die Interessen des Dreibundes und jedes einzelnen seiner Mitglieder seien klar genug, um die unbefangenen einsichtigen Beurtheiler zu dem Ergebnisse zu führen, daß die freundschaftliche Berührung der leitenden Persönlichkeiten Italiens und Rußlands den Anhängern des Friedens, zu dessen Aufrechterhaltung der Bund gebildet, nur willkommen sein könne. 8

Nach einer Meldung der „Politischen Correspondenz wird das gegenwärtig in den dalmatinischen Gewässern übende österreichisch⸗ungarische Geschwader irn Laufe dieses Monats die Kreuzungspunkte des griechischen Archipels be⸗ suchen und sich dabei einige Zeit im Hafen von Piräus aufhalten.

Großbritannien und Irlaud.

Das bereits telegraphisch erwähnte Manifest der Parnelliten lautet nach der „Nat.⸗Ztg.“ wörtlich:

„Der große Führer ist todt, aber seine Sache lebt fort Indem wir uns auf Eure Anhänglichkeit an die irische Nationalität ver⸗ lassen, schlagen wir vor. den Kampf fortzusetzen, bis die Grundsätze, für welche er gelebt hat und gestorben ist, triumphirt haben, die nationale Einigkeit wiederhergestellt ist und sich qanz Irland um eine parlamentarische Partei schaart, die sich verpflichtet, für ihr Vaterland zu wirken unter der Flagge unabhängiger Opposition, völlig frei von der Herrschaft irgend einer auslän⸗ dischen Gewalt oder Partei. Dieses ist unser Entschluß. Seine Verwirklichung hängt von Euch ab, sie bringt Opfer und Kämpfe mit sich. Wir fordern Euch auf, sie zu bringen. Unseren Grundsätzen getreu, als Vertreter und Organe des Volts, haben wir beschlossen, eine Versammlung von anerkannten maßgebenden Iren zu⸗ sammenzuberufen, um im Namen der Nation die Mittel zu berathen, das von Parnell sterbend uns hinterlassene Programm durchzuführen. Wir nign in unseren Reihen alle ehrlichen Männer, welche glauben, daß die politischen Angelegenheiten Irlands von den Vertretern des irischen Volkes geleitet und allein geleitet werden⸗

sollten, willkommen. Aber mit den Leuten, welche zunächst für die

Spoaltung der nationalen Partei verantwortlich sind, welche, aus⸗

ländischem Gebot gehorchend, den ersten Mann unserer Rasse ver⸗

eumdet und zu Tode gehetzt haben, können wir keine Gemeinschaft

haben; unter ihrer Leitung ist Irland nicht sicher. Zwischen

ibnen und uns muß Irland wählen. An der Schwelle des Grabes bestimmte der Führer unsere Pflicht in den unver⸗ gänglichen Worten: „Wenn ich morgen sterbe, so werden die Männer, welche jetzt gegen den englischen Einfluß im irischen öffentlichen Leben kämpfen, weiter kämpfen. Sie werden unabhängige Nationalisten bleiben, sie werden weiter an die Zukunft Irlands als Nation glauben und weiter dagegen protestiren, daß Irlands Zukunft gesichert sein kann, solange es Befehle von einem englischen Minister annimmt.“ Landsleute, möge es der Ruhm unserer Rasse in der Heimath und im Auslande sein, im Geiste dieser Botschaft zu handeln. Gott schütze Irland!“ . Aus dem Lager der trischen Partei wird ferner berichtet: . Justin M' Carthy erklärt, daß er kein Manifest erlassen wolle. Er vertraue dem gesunden Sinn des irischen Volks, sich ein richtiges Urtheil über die bestehende Parteispaltung zu bilden. Par⸗ elliten und Anti⸗Parnelliten verfolgten doch dasselbe Ziel: Home Rule auf verfassungsmäßigem Wege. An Losreißung dächte keine E Lediglich eine persönliche Angelegenheit Parnell's habe den ruch bewerkstelligt. Der Wahlkampf in Cork, dem Wahlkreis Parnell's dürfte ein beispiellos erbitterter werden. Es hat fast den Anschein, als ob die Parnelliten den Bruder des Verstorbenen, John Howard Parnell, als Kandidaten aufstellen wollen und dieser die Kanditatur anzunehmen ge⸗ neigt ist John Howard Parnell ist Grundbesitzer in Armagh und galt bisher als ziemlich konservativ. Jedenfalls hat er sich an der Homerul ebewegung bisher nicht öffentlich betheiligt.

d, wie die gesammte Parnell’sche Familie, Protestant. Die äußerste Linke der parnellirischen Partei ist für den jüngst nach Irland zurückgekehrten alten Fenier James Stephens. Dieser hat

reilich seine alte Ansicht, daß nur Gewalt Irland vom Joche be⸗ freien könne, nicht aufgegeben, will sich aber dem Wunsche der Nation, es noch einmal mit verfassungsmäßigen Mitteln zu versuchen, fügen Die Anti⸗Parnelliten wollen, wie es heißt, eine im Wahlkreise Cork selbst wohnende Persönlichkeit als Kandidaten anfstellen.

8 Tausende und Abertaufende besuchten am Montag und Dienstag Parnell's Grab auf dem Glasnevin⸗Friedhofe. Die Pilger⸗ fahrt begann, sobald die Thore des Kirchbofes geöffnet wurden. Unter denjenigen, welche dem großen politischen Agitator eine Hand voll Erde nachwarfen, befanden sich auch die M'Carthianischen Abgg. Kenny und W. O’'Brien. Während kein einziger katbolischer eistlicher am Sonntag der Leichenfeier und Beerdigung beigewohnt hatte, sah man an den nächsten beiden Tagen mehr als einen Pater am Grabe Parnell's knien. In den katholischen Kirchen wurde am Montag für die Seele Parnell's gebetet; am Sonntag, dem Tage der Beerdigung, war das nicht der Fall gewesen. „Die Parnelliten sind zur Zeit eifrig an der Arbeit, Ersatz für das nach dem Recht der Aktiengesellschaften zu ihren Gegnern übergetretene „Freeman's Journal“ zu schaffen In Bälde soll ein tägliches parnellitisches Organ sowohl Morgens wie Abends in der irischen Hauptstadt erscheinen

Dem Anschein nach dürften sich die Nationalisten in ihrer Hoff⸗ nung, nach dem Tode Parnell's endlich in den alleinigen Besitz des Pariser Fonds zu gelangen, getäuscht sehen. Nach dem franzö⸗ sischen Gesetz geht nämlich das Verfügungsrecht über den Fonds auf Parnell's Erben, Frau Parnell und seinen ältesten Bruder John Howard Parnell über. Da der Fonds aus 40 000 £ besteht, erhält jeder von beiden die Kontrole über 10 000 £. Es unterliegt der „A. C.“ zufolge keinem Zweifel, daß Mrs Parnell ihren Antheil unverzüglich in die Hand Derjenigen zahlen wird, welche ihrem Gatten in seinem letzten Kampf zur Seite standen. Die Nachricht hat im antiparnellinschen Lager große Bestürzung hervorgerufen.

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Frankreich.

Paris, 15. Oktober. Der Präsident Carnot hat, wie „W. T. B.“ meldet, dem schwedischen Gesandten und bevoll⸗ mächtigten Minister in Paris Herrn Due das Kreuz der Großoffiziere der Ehrenlegion verliehen.

„Die Bud etkommission beschloß in ihrer gestrigen Sitzung auf Ersuchen des Finanz⸗Ministers Rouvier, welcher der Sitzung beiwohnte, die Reform der Getränkesteuer in das Budget nicht mit aufzunehmen. Im Laufe der Berathung erklärte Rouvier, die Regierung werde für den Antrag Brisson's bezüglich der Reform der Gerichtskosten eintreten, welche in das Budget mit aufgenommen werden solle. In derselben Sitzung hörte die Kommission den Marine⸗Minister Barbey, welcher die Ausführung des Brisson'schen Berichts über die Marine bekämpfte. Barbey erklärte, er habe das Reserve⸗ Geschwader im Mittelländischen Meer und die Flotten⸗ Abtheilung im Kanal La Manche um drei Panzerschiffe verstärkt; den Vorschlag Brisson's, an Stelle sol⸗ cher Verstärkungen fliegende Abtheilungen an den Schiffsstationen zu errichten, halte er für ebenso unthunlich, wie die Vertheilung der Torpedoboote, welche Brisson vorschlage. Die Annahme, daß das von Brisson vor⸗ geschlagene System eine Ersparniß von 4 Millionen herbei⸗ führen würde, sei eine irrthümliche. Nach dem Weggange des Ministers trat Brisson abermals für die in seinem Berichte enthaltenen Ausführungen und Vorschläge ein. Die⸗ selben wurden von der Budgetkommission angenommen.

Der Deputirte der Seine Martineau benachrichtigte den Unter⸗Staatssekretär für die Kolonien Etienne, daß er ihn über die französischen Forschungsreisen und Missionen im Sudan zu interpelliren gedenke. Martineau wollte verlangen, daß man die militärische Aktion auf den Niger beschräntke. Auf Wunsch des Unter⸗Staats⸗ sekretärs hat Martineau, wie die „Allg. Ztg.“ erfährt, nun⸗ mehr auf das Mittel der Interpellation verzichtet und wird nun hierüber seine Ansichten anläßlich der Diskussion des Kolomialbudgets entwickeln.

Als Folge der EEEE11“ gegen die Mitglieder des Kabinets in Marseille meldet eine offiziöse Note, jene Vorfälle hätten die Nothwendigkeit dargethan, die städtische Polizei von Marseille der Autorität des Präfekten zu unter⸗ stellen und sie nicht länger unter de. zenigen des Gemeinde⸗ raths zu lassen.

Die katholischen Blätter veröffentlichen die Antwort des Kardinals, Erzbischofs von Reims, des Erzbischofs von Aix und des Bischofs von Angers auf das Rundschreiben des Kultus⸗Ministers, welcher sie ersucht, an Pilgerfahrten nach Rom nicht mehr theilzunehmen. Sie drücken ihr Erstaunen darüber aus, daß die ranzösische Regierung keine Vorstellungen an die italienische Regierung gerichtet habe, welche 8 den Ruhestörungen und Kundgebungen gegen die ranzösischen Katholiken völlige Freiheit ließ. Der Bischof Freppel sagt, er theile die Ansicht des Ministers, daß man jetzt die Pilgerfahrten einstellen müsse, lenkt aber die Aufmerksamkeit der Regierung auf die durch die bedauernswerthen Vorfälle geschaffene unnatürliche Lage. Wenn ein leichtsinniger Streich einiger Pilger in ganz Italien die Leidenschaften gegen Frankreich entfesseln und den Katholiken eines Landes den Zutritt zum Papst verschließen könne, dann

seien die Ehre und Würde Frankreichs verletzt und der Papst

nicht frei. Der Bischof spricht die Hoffnung aus, die Regie⸗ rung werde sich der Pflicht nicht entziehen, nach ihren Kräften mit der Unabhängigkeit des Papstes die Rechte und die Frei⸗ heit der französischen Katholiken zu schützen. 8.

Italien. 8—

Das Comité zur Berufung einer interparlamentari⸗ schen Konferenz hat nunmehr an die Volksvertreter Italiens und des Auslandes die Einladungen zur Theilnahme an dem Kongreß versandt. Das Comité besteht, wie man der „Magdb. Ztg.“ schreibt, aus den Deputirten Bonghi, Boccardo, Grimaldi, Merzario, Danieli, Ettore Canonico, Fabrici, Garibaldi, Pandolfi und Ruspoli. Der Senator Guerrieri, der ursprünglich eben⸗ falls Mitglied des Comités war, ist, wie bereits gemeldet, aus dem Comité ausgetreten. Der Kongreß wird eröffnet am 3. November, Nachmittags 1 Uhr, und zwar in dem großen Saale des Kapitols. Die Eröffnungsrede hält Herr Bonghi. Im Namen der Stadt Rom wird der Herzog von Sermoneta die Versammelten willkommen heißen. Den ersten Punkt der Tagesordnung bildet die Einsetzung eines ständigen inter⸗ nationalen parlamentarischen Comités. Die Konferenz dürfte bis zum 8. November dauern. An sie schließt sich am 9. und 10. November die Generalversammlung der Association de la Paix, der sogenannte „Friedens⸗Kongreß“. Während an der interparlamentarischen Konferenz nur Volksvertreter theilnehmen dürfen, sind zu dem Friedens⸗Kongresse alle Mit⸗ glieder der Association de la Paix geladen. Inzwischen wird die Polemik, die sich aus Anlaß der Briefe des Herrn Bonghi entwickelt hat, immer erregter. Die „Opinione“ meint, daß sie es vollkommen verstehen würde, wenn alle deutschen Volksvertreter von der interparlamentarischen Kon⸗ ferenz wegblieben. Die „Riforma“ schreibt:

„Herr Bonghi als Präsident des Friedens⸗Kongresses mußte natür⸗ lich sein Möglichstes thun, um von dem Kongreß reden zu machen. Wie groß wird heute seine Befriedigung sein, da ihm dies so über Er⸗ warten gelungen ist! Allerdings haben die deutschen Volksvertreter, die an dem Kongreß Theil nehmen wollten, in Folge seiner Schreibereien gegen den Dreibund und gegen Deutschland die Absicht kund⸗ gegeben, sich von dem Kongresse fern zu halten, was wahrhaftig Niemanden befremden kann, auch hat der Senator Guerrieri ⸗Gonzaga seinen Rücktritt aus dem Comité angezeigt aber Herr Bonahi wird um eine Antwort nicht verlegen sein. Schwierig dürfte es ihm nur fallen, Jemanden zu finden, der ihm auch Recht giebt. Was diesen Zwischenfall bedauerlich macht, ist der Umstand, daß er unser Land in den Nuf der Flatterhaftigkeit bringt, da man in der Fremde ver⸗ muthen könnte, wir wechselten unsere Ansichten wie ein launisches Dämchen, verabscheuten heute ohne Grund die Politik von gestern, um morgen eine dritte zu erküren.“

Von dem anderweitig gemeldeten Austritt Bonghi's aus dem Comité der „Friedens⸗Konferenz“ war laut einem Wolff'schen Telegramm aus Rom von gestern Abe d dort noch nichts bekannt. Bonghi, welcher augenblicklich in Vittorio weilt, hat vielmehr den Deputirten Pandolfi beauftragt, den Vorstand des Comités auf heute Nachmittag 5 Uhr einzuberufen.

Gestern hat in Rom, wie schon telegraphisch berichtet, die Gerichtsverhandlung gegen den Agitator Cipriani und Genossen begonnen. Die erste Sitzung verlief, dem „W. T. B.“ zufolge, unter bemerkenswerthen wischen⸗ fällen. Noch vor dem Eintritt des Gerichtshofes ver⸗ langten die Angeklagten, daß der Belastungszeuge Avellone, dessen Aussage, wie es heißt, eine für die Hauptangeklagten sehr belastende sein soll, sich aus dem Saale entferne. Während des Aufrufs der Zeugen und Vertheidiger unterhielten sich die Angeklagten laut untereinander. Bei dem Verhör Cipriani's wurden auf dessen Antworten Beifallsäuße⸗ rungen aus dem Zuhörerraum laut, was den Vorsitzenden ver⸗ anlaßte, mit der Räumung des Saales zu drohen. Einer der Ver⸗ gce. Advokat Praga, warf in Bezug auf seinen Klienten

oscardi, welcher einen Polizeibeamten getödtet haben

t soll, die Frage Betreffs der Kompetenz des Gerichts⸗ hofes auf. Im Saale entstand hierbei eine lebhafte Auf⸗

regung. Der Präsident ließ darauf den Saal räumen. Der Advokat Lollini behauptete, daß für die Delikte sämmtlicher Angeklagten die Geschworenengerichte kompetent seien. Die Fortsetzung der Verhandlung wurde schließlich wegen der vorgerückten Abendstunde auf heute vertagt. Die Angeklagten verließen unter großem Geräusch den Saal.

Der Papst präsidirte gestern einer Sitzung der Kardinal⸗ Kommission, welche beauftragt ist, die Verwaltung des Peterspfennigs zu reorganisiren, die unvortheilhaft oder nicht genügend sicher placirten Darlehen einzuziehen und die Opferfreudigkeit der Gläubigen anzueifern. Der Papst gab seiner Zufriedenheit mit den Arbeiten der Kommission Ausdruck.

Spanien.

Der Koͤnigliche Hof wird, wie „W. T. B.“ aus Madrid erfährt, anläßlich des Todes des Königs von

berg auf 24 Tage Trauer anlegen.

Türkei. 8 v“ D8ee Wahlbewegung für den demnächst zu ernennenden ökumenischen Patriarchen ist, wie der „Pol. Corr.“ ge⸗ schrieben wird, auch in Konstantinopel bereits in vollem Gange. Nach allen Anzeichen zu schließen, sind die geistlichen Mit⸗ glieder des gemischten Raths im Patriarchat einstimmig für den Metropoliten von Heraklea, Msgr. Ghermanos, während die Sympathien der griechischen Laienwelt von Konstantinopel und, wie es scheint, auch der griechischen Nation im All⸗ gemeinen und der griechischen Regierung dem Exmetropoliten Joachim III. gehören. 1 s

Amerika.

Argentinien. Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Buenos⸗Aires hat der Senat die Vorlage, betreffend die Cnnfagruns des Zwangscourses für Papiergeld, ab⸗ gelehnt.

Uruguay. In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Montevldep zufolge ist die Ruhe daselbst wieder voll⸗ ständig hergestellt.

Nicaragua. Wie dem „New⸗York Herald“ aus Managua gemeldet wird, wurde am 12. d. M. um Mitternacht ein Attentat auf den Präsidenten von Nica⸗ Ses Dr. Sacaza versucht. Das genannte Blatt berichtet arüber:

Der Uebelthäter war ein Unteroffizier der Palastwache, Namens Carlos Perez. Derselbe wurde auf dem Dache des Palastes über dem Schlafzimmer des Präsidenten gefangen genommen. Perez hatte schon ein Loch in dem Dache gemacht, als Dr. Sacaza, durch das Geräusch aufmerksam gemacht, den Verbrecher entdeckte und ihn durch seine Leibwache verhaften ließ. Perez weigerte sich, sich zu ergeben; die Soldaten, welche Befehl hatten, nicht zu feuern, schlugen nunmehr

auf ihn los, bis er fast besinnungslos war.

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China. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird von authen⸗ tischer Seite mitgetheilt, es seien keinerlei Nachrichten aus China eingegangen, welche das der „Times“ aus Shanghai Gerücht, daß die Verhandlungen der Vertreter er fremden Mächte mit der chinesischen Regi abgebrochen seien, irgendwie bestätigten.

Kunst und Wissenschaft.

Die Königliche Universität beging heute in festlichem Akt die Uebe rgabe des Rektorats an den neu gewählten und von Seiner Majestät bestätigten Rektor, Geheimen Regierungs⸗Rath Professor Dr. Förster, Direktor der Königlichen Sternwarte. Nach der Erstattung des Jahresberichts durch den bisherigen Rektor, Pro⸗ fessor Dr. Tobler erfolgte die feierliche Aushändigung der Insignien an den neuen Rektor, der sodann über die Stellung der Astronomie zum Universitätsuntexrricht die Antrittsrede hielt. Gesänge des akade⸗ mischen Gesangvereins leiteten die Feier ein und beschlossen dieselbe.

Im Lichthof des Kunstgewerbe⸗Museums wird von heute an bis zum 30. Oktober die diesjährige Ausstellung der Schüler⸗ arbeiten aus der Unterrichts⸗Anstalt des Kunstgewerbe⸗Museums und aus der Königlichen Kunstschule stattfinden. Dem Fachmann den Lehrgang und die Ziele beider Anstalten eingehend erläuternd, wird die Ausstellung auch weitere Kreise der Besucher vornehmlich durch die zahlreichen Entwürfe und ausgeführten Arbeiten der Fachklassen des Kunstgewerbe⸗Museums interessiren, in denen der Unterricht der .“ P. Th sch

Professor P. umann, welcher längere Zeit sich in Italien aufgehalten hat, ist jetzt wieder nach Berlin zu Ptierfgh, hier seinen ständigen Wohnsitz zu nehmen.

In der Königlichen geographischen Gesellschaft zu London wird bald nach dem Beginn der Sitzungen Mr. Little⸗ dale eine Vorlesung über das Hochland von Pamir bhalten. Littledale ist mehrere Jahre in Begleitung seiner Frau in Mittel⸗ Asien gereist und war glücklich genug, die Stämme jener unwirth⸗ lichen Gegend, welche in der letzten Zeit die Aufmerksamkeit in so hohem Grade auf sich gezogen hat, aus eigener An⸗ schauung kennen zu lernen. Weitere interessante Vorträge werden Professor Ramsay über seine kleinasiatischen Forschungen und Theodore Bent über die Ruinen von Zimbabyve im Maschonalande halten. Zu den Kosten des Bent'schen Zuges hatte die geographische Gesellschaft eine namhaft: Summe beigesteuert. In der Eröffnungssitzung wird Lord Lamington seine Reise nach der Grenze von Siam und Tonquin schildern.

Die Südpolar⸗Expedition des Barons Norden⸗ skjöld kann dem „Manchester Courier“ zufolge nunmehr als gesichert angesehen werden. Die zar Ausrüstung der Fahrt benöthigte Geld⸗ summe ist fast ganz beisammen, und bei den Regierungen der austra⸗ lischen Kolonien hat der Plan eine warme Aufnahme gefunden. Der internationale geographische Kongreß hat sich zu Gunsten des Projekts ausgesprochen, und die kleine, Summe, welche noch fehlt, dürfte, wie das Blatt meint, unschwer in England aufgebracht werden

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Theater und Musik.

In der Vorstellung des „Lohengrin“ am Sonnabend im König⸗ lichen Opernhause sind die Damen Pierson und Staudigl, die Herren Gudehus, Mödlinger, Bulß und Fränkel beschäftigt. Die erste Aufführung der Oper „Cavalleria rusticana“ von Mascagni und der mythologischen Tanzdichtung „Prometheus“ (Musik von Beethoven) wird am Mittwoch der nächsten Woche stattfinden.

„Die Besetzung der nächsten Neuheit des Königlichen Schau⸗ spielhauses „Wohlthätige Frauen“ von L'Arronge ist die folgende: Major von Rodeck Herr Keßler, Clementine Frau Kahle, von Praß Herr Müller, Generalin Weißling Frau Stollberg, Möpsel Herr Blenke, Ottilie Fräulein Conrad, Martha Stein Fräulein Tondeur, Hans Werner Herr Hartmann, Anna Fräulein Kramm, Hubert Herr Vollmer, Paula Fräulein Abich, Frau Seibold. Frau Seebach, Frau Markus Fräulein Golmik, Frau Friedheim Fräulein Bergmann, Süßbolz Herr Link, Kiesel Herr Will Wurm Herr Siegrist. 3

Der hohe Besuch, durch den das Berliner Theater am Dienstag ausgezeichnet wurde, fand gestern seine Wiederholung; zur Aufführung von „Wilbelm Tell“ erschienen abermals Ihre Königliche Hoheit die von Sachsen⸗Meiningen und ihr zur Zeit hier weilender hoher Gast, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin von Montpensier nebst Gefolge. Mit großem Interesse folgten die Herr⸗ schaften der Aufführung, betheiligten sich aufs Lebhafteste an dem Beifall, der Ludwiß Barnay, dem Darsteller der Titelrolle, und den übrigen Mitwirkenden im reichsten Maße zu Theil wurde, und sprachen sich zum Schluß auch über diese Aufführung sehr befriedigend aus. Der ersten, am Sonnabend im Berliner Theater stattfindenden Aufführung des Lindner'schen Dramas „Die Bluthochzeit“, dessen Besetzung in den Hauptrollen wir bereits mitgetheilt haben, folgt gleich am Sonntag, 18. d. M., in der Abendvorstellung die erste Wiederholung. Am Nachmittag dieses Sonntags geht Oskar Blumenthal's Schauspiel „Ein Tropfen Gift“ in Scene, mit Agnes .— in der Rolle der Hertha und Ludwig Barney in der des othar.

Das Lessing⸗Theater bringt als nächste Novität ein vier⸗ aktiges Lustspiel von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg, welchem die Verfasser vorläufig den Titel „Die Luft der Großstadt“ sfheben e Die erste Aufführung ist auf Freitag nächster Woche estgesetzt.

orgen, Freitag, Abends 7 ½ Uhr, findet in der Sing⸗Aka demi das 6 Srngertmestere Max Puchan statt⸗ in welchem die Sängerin Fräulein Marie Berg und das Philhar⸗ monische Orchester mitwirken. eeh Sophie von Posnansky giebt am 21. Oktober in der Sing⸗Akademie einen zweiten Klavierabend.

Für das Orchester⸗Concert des Komponisten Eduard Behm (Sing⸗Akademie am 22. Oktober) haben die Concertsängerin Fräulein Clara Nittschalk und der Baritonist Herr August Hensel bereitwilligst ihre Iag ücesas.

m Concert des olinvirtuosen Herrn Johann Kru e, welches am 23. d. M. in der Sing⸗Akademie stattfindet, Henb Professor Josef Joachim die Leitung des Pbhilharmonischen

rchesters, während Frau Cornelia Schmitt⸗Czänyi aus Schwerin sich bereit erklärt hat, den vokalen Theil des Programms auszuführen.

Im Concert der Sängerin Frl. Helene Mayer (Römischer Hof am 27. Oktober) werden die Pianistin Frl. Helene Geisler und der Kammermusiker Hr. Eugen Sandow (Cello) mitwirken.

Im Concerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen, Freitag, den ersten „Strauß⸗Suppé⸗Millöcker⸗Offenbach⸗Abend“ in dieser Saison.

Fräulein Linda Diaz, Primadonna der italienischen Oper der Königlichen Theater in Madrid, Lissabon und London giebt morgen, S Abend 7 ½ Uhr, im Duysen’'schen Saale, Friedrich⸗ traße 219, ein Concert, in welchem die Pianistin Fräulein Agathe Plitt, der Vilionvirtuose Herr E. Schwenn, der Pianist Herr A. Schröder⸗Adriasola und der Cellist Herr W. Düwell mitwirken werden. Das Programm enthält folgende Nummern: 1) Trio B-dur von Rubinstein, 2) Fantaisie sur Oberon von Thalberg, 3) Cavatine de l'Opéra Aida von Verdi, 4) Si tu m'’aimais (Romance Fran- ga ise) von Denza, Musica Proibita (Romanza Italiana) von Gastal⸗ don, 5) Schlummerlied von Schumann, Fantaisie sur Rigoletto von Jaell, 6) Erster Satz des E-moll-Violin⸗Concerts von endelssohn⸗ Bartholdy, 7) LEstasi „Grande Valse“ von Arditi. Billets sind in der Musikalien⸗Handlung von Bote und Bock, Leipzigerstr. 37,

zu haben.