Für den Hochselig berg fand heute Vormittag in der Kapelle des Domkandidaten⸗ stifts ein von der hiesigen württembergischen Gesandschaft ver⸗ anstalteter Trauergottesdienst statt. Die württember⸗ gische Gesandtschaft war durch den Gesandten von Moser, den Militärbevollmächtigten Oberst⸗Lieutenant von Neidhardt und den Direktor Dr. von Stieglitz vertreten. Im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs war der General à la suite Graf Wedel erschienen, im Auftrage Ihrer Maäjestät der Kaiserin Friedrich der Hofmarschall Freiherr von Reischach. Der Trauerfeier wohnten ferner bei: der Reichskanzler von Caprivi, der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗ sekretär von Boetticher, die Staatssekretäre Freiherr Marschall von Bieberstein und Freiherr von Maltzahn, der sächsische Gesandte Graf Hohenthal, die Gesandten von Hessen, Baden und Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, der hanseatische Minister Dr. Krüger, der Oberst von Schlieben und andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, der Kommandant von Berlin, General Graf Schlieffen, der General von Lattre und andere hohe Militärs. Das Offiziercorps der Württembergischen Eisenbahn⸗Compagnie und die hierher kommandirten württembergischen Offiziere waren vollzählig erschienen, die Mannschaften waren durch eine Abordnung vertreten. Ferner wohnten der Feier bei: der russische Botschafter Graf Schuwalow, der Präsident des Reichs⸗Eisenbahnamts Schulz, der Vize⸗Präsident des Rechnungshofs des Deutschen Reichs Mand, sowie zahl⸗ reiche hier lebende Württemberger. Der Henneberg'sche Chor eröffnete die Feier mit der Hymne Selig sind die Todten“, und der Militär⸗Oberpfarrer D. Frommel hielt die Gedächtnißrede, welche an die Psalmenworte „Der Herr ist die Stärke, die seinem Gesalbten hilft“ anknüpfte. In herzlicher Weise wandte sich der Geistliche besonders an die Männer und Frauen des Schwabenlandes, „die herge⸗ kommen, um einen Kranz der Liebe an der stillen Gruft des geliebten Herrschers niederzulegen und das Gelübde der Treue zu erneuern“
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In der Presse ist in der letzten Zeit mehrfach die Nach⸗
richt von Unruhen in Guatemala verbreitet gewesen.
Nach einem hier eingetroffenen amtlichen Telegramm ist die Ruhe daselbst nicht gestört worden. v;“
DDer Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen
Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf zu Solms⸗Sonne⸗ walde ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Rom zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Botschafter am Königlich spanischen Hofe, Freiherr von Stumm ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Madrid zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Alvensleben ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Brüssel zurück⸗ gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über⸗
Bayern. 1 16. Oktober. Ihre Maäjestät die Kaiserin Fe und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin argarethe von Preußen sind gestern in Hohen⸗ schwangau eingetroffen. Von dort gedenkt Sich Ihre Majestät über Innsbruck nach Trient zu begeben.
Württemberg.
Stuttgart, 16. Oktober. Auf die Sde welche die bürgerlichen Kollegien der Stadt Stuttgart an Ihre Majestät die Königin Olga anläßlich des Hingangs Seiner Majestät des in Gott ruhenden Königs Karl gerichtet haben, ist gestern, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, von Ihrer Maäjestät folgendes Handschreiben bei dem Ober⸗Bürgermeister Dr. von Hack eingelaufen:
Werther Herr Ober⸗Bürgermeister Dr. von Hack! In dem unsäg⸗ lichen Leide, das Mich betroffen, haben Mir die vielfachen, von allen Seiten entgegengebrachten Beweise der Theilnahme unendlich wohl⸗ gethan. Aber unter all diesen zahlreichen Kundgebungen des Beileids, welche das Andenken Meines unvergeßlichen Gatten so tief in die Herzen seiner Untertbanen gegraben erscheinen lassen, hat Mir keine zum größeren Troste gereicht, keine Meinen Schmerz mehr gelindert, als die warmen Worte, welche Sie, werther Herr Ober⸗Bürgermeister, im Namen der Stadt Stuttgart an Mich ge⸗ richtet haben. War doch Mein theurer Gemahl bis in sein innerstes Herz hinein ein treuer Württemberger und guter Stuttgarter. Das Wohl seiner Residenzstadt, mit welcher die liebsten Erinnerungen seines Lebens aufs Engste verwoben waren, ihr Blühen und Gedeihen und auch ihre Verschönerung lagen ihm stets nah am Herzen, und kein durch seine Schönheit noch so berühmter Ort war in seinen Augen vergleichbar mit seiner theuren Heimath. Diese Ge⸗ fühle sind auch in Mein Herz übergegangen und die Jahre, welche Mir von der Vorsehung unter Ihnen zu leben bestimmt sind, will Ich gerne ausnützen, um im Sinne des hohen Entschlafenen zu wirken und, soweit Meine Kräfte reichen, die Noth der Armen und Leidenden der Stadt zu mildern. Mit wohlgeneigten Gesinnungen
Ihre Königiiumn
Stuttgart, den 15. Oktober 1891.
Gestern traf hier eine Deputation des Kaiserlich russischen 16. Dragoner⸗Regiments König Karl von Württemberg, ein, bestehend aus dem Obersten und Flügel⸗Adjutanten Sergei Bibicow und dem Regiments⸗Adjutanten Lieutenant Victor Bibicow.
Olga.
Elsaß⸗Lothringen. Das in Nr. 243 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ bereits kurz er⸗ wähnte Schreiben des Reichstags⸗Abgeordneten Dr. Hoeffel
an die „Straßb. Post“, worin er es ablehnt, an dem Friedens⸗
kongresse in Rom theilzunehmen, hat folgenden Wortlaut:
Buchsweiler, den 14. Oktober 1891. Die bekannte Veröffentlichung Bonghi's widerspricht so voll⸗ ständig meinen politischen Ueberzeugungen, daß ich meine Theil⸗ nahme an dem Friedenskongreß durch ein motivirtes Schreiben an den Schriftfübrer des Comités Marchese Pandolfi abgelehnt habe. In der mir zugegangenen Einladung erinnert Herr Bonghi, als Vorsitzender des dirigirenden Comités, an die Beschlüsse, die als Grundlage jeder Erörterung bei den bevorstehenden Verhandlungen
dienen sollen. In dem ersten Beschluß heißt es wörtlich: 1 „Die Mitglieder der interparlamentarischen Konferenz empfehlen dringend den Regierungen aller civilisirten Länder die Abschließung von Verträgen, durch welche, ohne daß ein Eingreifen in ihre Un⸗ abhängigkeit und eine Einmischung in ihre innere Verfassung zuge⸗
lassen würde, sie sich verpflichten würden, die Regulirung sämmtlicher
unter ihnen vorkommenden Streitigkeiten einem schiedsrichterlichen Urtheil zu unterwerfen.“
Nun schreibt derselbe Herr Bonghi „über den gegenwärtigen Zwist zwischen Frankreich und Deutschland, wer der legitime Besitzer Elsaß⸗ Lothringens sein soll“
Herr Bonghi hat offenbar den Friedensvertrag von Frankfurt, den die legitimirten Vertreter beider Nationen in feierlicher Form abgeschlossen haben, vergessen und merkt nicht, daß er durch seine Zu⸗ schrift nicht Krieg dem Kriege, sondern Krieg dem Frieden als Ein⸗ leitung zum Friedenskongreß erklärt.
Daß Bonghi als künftiger Leiter des Friedenskongresses andere Ansichten vertreten wird, als diejenigen, die er in seinem Schreiben als Denker ausspricht, ist wohl kaum annehmbar
Das Reichsland hat lang genug durch Ungewißheit und Schwanken gelitten, sodaß es hohe Zeit ist, daß solche Fragen, die Herr Bonghi aufwirft, die Gemüther nicht immer wieder auf das Neue aufregen. Die Zeit, der große Meister, hat auch hier das Stadium der Versöh⸗ nung herbeigeführt: eine neue Generation ist herangezogen, die von Frankreich aus eigener Anschauung nichts mehr weiß, und von den Aelteren hat sich die große Mehr⸗ zahl mit den bestehenden Verhältnissen ehrlich ab⸗ gefunden. Herr Bonghi scheint von dieser Thatsache keine Ahnung zu haben. Die Quelle seiner Jafor mation über die reichsländischen “ ist nicht geeignet gewesen, ihm ein unparteiisches Bild zu bieten.
Bei der jetzigen Sachlage werden sich wohl wenige Deutsche ent⸗ schließen können, dem Kongreß noch weiter beizutreten; ich habe meinerseus, bei der festen Gewißheit, daß jeder aufgeworfene Zweifel an der Dauer der neuen Verhältnisse bei der Bevölkerung Elsaß⸗ Lothringens nur von Schaden sein kann, bereits Abstand davon ge⸗
nommen. Dr. Hoeffel, Mitglied des Reichstages.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 17. Oktober. Die „Neue freie Presse“ erfährt aus zuverlässiger Quelle, der kommandirende General des III. Armee⸗Corps zu Graz, Feldzeugmeister Herzog Wil⸗ helm von Württemberg beabsichtige, in Folge Ablebens des Königs Karl von Württemberg, wenn auch nicht aus der österreichischen Armee auszuscheiden, so doch Allerhöchsten Orts die Bitte vorzubringen, ihn von der gegenwärtigen Anstellung und dadurch von der Friedens⸗Dienstleistung zu entbinden.
Ueber das Jubiläum des K. und K. Infanterie⸗ Regiments Nr. 34 „Kaiser Wilhelm“ in Leutschau be⸗ richtet die „Kaschauer Ztg.“: Wiewohl das Regiment gegen⸗ wärtig mit dem Regimentsstabe, dem 1. und 4. Bataillon in Leutschau, dem 2. Bataillon in Kaschau und mit dem 3. Bataillon in Iglo stationirt ist, haben doch an der Feier fast alle Offiziere des Regiments theilgenommen. Auf Befehl Seiner Majestät des Deutschen Kaisers trafen am 10. d. M. in Iglo ein: der Militär⸗Attaché Oberst⸗Lieutenant von Deines, als Vertreter Seiner Maäjestät des Kaisers Wilhelm II., und eine Deputation des Kaiser Franz⸗Garde⸗ Grenadier⸗Regiments, bestehend aus dem Oberst⸗Lieutenant von Hugo und dem Lieutenant von Winterfeld. Die Deputation wurde auf dem von dem Offizier⸗ Corps des 34. Regiments aufs Herzlichste empfangen und begab sich in dessen Gesellschaft nach Leutschau. In Leutschau harrte der deutschen Offiziere ebenfalls der wärmste Empfang; durch eine Triumphpforte zogen sie in die festlich beleuchtete und dekorirte Kaserne ein, wo in der Menage der Bekanntschaftsabend abgehalten wurde. Die eigentliche Feier begann mit der Parade am Exercirplatz am 11. d. M. Vor⸗ mittags, zu welcher sich nebst den Angehörigen des Regiments und den deutschen Gästen der Bürgermeister Münster von Kaschau, der Zipser Ober⸗Gespan, der Gerichtshof⸗Präses, die Bürger⸗ meister von Leutschau und Iglo und andere offizielle Persön⸗ lichkeiten eingefunden hatten. Nach einer an das Regiment gehaltenen, auf die Bedeutung der Feier bezüglichen Anrede des Regiments⸗Kommandanten Obersten von Königsbrunn wurden von dem Oberst⸗Lieutenant von Deines statt der alten die Fahnenbänder, welche der hohe In⸗ haber dem Regiment spendete, an die Fahne ge⸗ heftet. Nach der Parade fand ein Dejeuner im Offiziers⸗Kasino, Nachmittags ein Diner im Komitatssaale statt. Bei diesem brachte zuerst der Regiments⸗Kommandant ein Foß auf Ihre Majestäten die Kaiser Franz Joseph und
ilhelm II., dann der Corps⸗Kommandant FZM. von Braumüller ein solches auf das Regiment, hierauf der Vertreter Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm, der ein Begrüßungs⸗ Telegramm seines Monarchen erhielt und verlas, ein Hoch auf das Regiment und die österreichisch ungarische Armee aus. Die Feier verlief auf das Würdigste.
Das Abgeordnetenhaus nahm nach einer Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung mit 173 gegen 31 Stimmen, also mit mehr als der erforderlichen Zweidrittel⸗ Mehrheit, die Anträge des Budgetausschusses auf Abkürzung der Budgetdebatte an, nachdem der Generalredner für die An⸗ träge Dr. von Plener den Einwendungen der Jung⸗ czechen gegenüber erklärt hatte, daß in der Abkürzung der Budgetdebatte keine Einschränkung der parlamen⸗ tarischen Rechte liege. In seiner Rede erklärte Dr. von Plener auch, seine in Eger gehaltene Rede sei kein Kampfruf gewesen, sondern eine Versicherung der Treue zu den Wiener Ausgleichspunktationen. Die Deutschen seien für den Frieden im Lande und zu einem Entgegenkommen in der Frage der Landtagswahlordnung bereit, allein sie müßten auf dem Zustandekommen des “ bestehen, welches die nationale Existenz der Deutschen in Böhmen garantire.
Der Klub der gemäßigten Opposition des unga⸗ rischen Unterhauses beschloß der „Presse“ zufolge, die Indemnitätsvorlage mit der Motivirung abzulehnen, daß, abgesehen davon, daß die Partei kein Vertrauen zur Regierung hege, die Indemnität diesmal auf eine ungewöhn⸗ lich lange Zeit gefordert werde.
Großbritannien und Irlaud.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, würden weder von der britischen noch von der indischen Regierung in der Pamirfrage Schritte unternommen werden, bevor der Reisende Nounghusband zurückgekehrt sei, da von diesem erst genauere Informationen über die dortige thatsächliche Lage eingeholt werden sollen. Das Gerücht über die Regelung der Pamirfrage durch eine Kommission, die mit der Grenz⸗ absteckung betraut sei, sei verfrüht; ein derartiger Vorschlag sei noch nicht erfolgt. 1 .
Der „Daily News“ zufolge hat Lord Salisbury die Leitung des Unterhauses und den Posten eines Ersten
Lords des Schatzam endgültig dem Ober⸗Sekretär Balfour angeboten. Sollte derselbe das Amt annehmen so würde der Finanz⸗Sekretär des “ Jackso zum Ober⸗Sekretär des Vize Königs von Irland ernannt werden. Herr Balfour würde durch diese Ernennun sein Mandat für Manchester nicht einbüßen, da er schon ein Kronamt innehat und dasselbe nur mit einem andern ver⸗ tauscht. Anders liegt der Fall bei Herrn Jackson, dem Abge⸗ ordneten für Leeds. Der Sekretär des Schatzamts wird von den Lords des Schatzamts ernannt und bekleidet deshalb kein Kronamt. Herr Jackson würde sich somit einer Wieder⸗ wahl unterziehen müssen. 1 Der Parlaments⸗Abgeordnete Pierce Mahony wurde am 15. d. M. auf einer in Dublin abgehaltenen Versammlung von den Parnelliten als Führer der Partei begrüßt. Mahony erklärte, daß die Niederlagen ihn nicht wankend machen würden Die Sache erheische Opfer; wer die Wege Parnell's weiter ver⸗ folgen wolle, müsse bereit sein, solche zu bringen. Die Gegner drohten, die Parnelliten um alle Parlamentsmandate zu bringen. Wohlan, wenn die Partei auch nicht einen Ver⸗ treter im Unterhause besitze, so bestehe sie dennoch fort und habe ihre sichere 6“ an allen unabhängig denkenden Männern. Nur diese könnten die Befreiung Irlands durch⸗
setzen. — Während sämmtliche 31 parnellitischen Abgeordneten
ihrem Führer die letzte Ehre erwiesen, haben zwei der⸗ selben das letzter Tage veröffentlichte unterzeichnet. Es sind dieses die Abgeordneten Mac⸗
donald und Oberst Nolan, — Keine der beiden geg⸗
nerischen Parteien hat sich bis jetzt für einen Kan⸗ didaten in Cork, dem Wahlkreise des verstorbenen Parnell, schlüssig gemacht. Der „patriotische“ „Cork Examiner”“
räth, eine Konvention von Priestern und Volk zu dem Zwecke abzuhalten. Das Blatt giebt William O'Brien den Vorzug und hätte auch gegen Michael Davitt nichts einzuwenden. Der
Letztere trifft dieser Tage von Amerika in Irlanz ein.
Der neue General⸗Postmeister Sir James Fergusson
hat, der „A. C.“ zufolge, eine strenge Untersuchung an⸗ geordnet, um festzustellen, ob die Beschwerde des Anwalts des
flüchtigen Abgeordneten de Cobain begründet ist, das Briefe von ihm und seinen Klienten auf der Post geöffnet
worden seien. Frankreich.
Paris, 16. Oktober. Die kirchlichen Bäätter veröffent⸗ lichen heute ferner die Protestantworten der Bischöfe von Autun und Clermont gegen oas Cirkular des Kultus⸗ Ministers, betreffend die Einstellung der Pilgerfahrten nach Rom, sowie ein Schreiben des Bischofs von Grenoble an den Bischof Freppel, worin dieser dem Protest des Letzteren
zustimmt. Nach einer der „Nat. Ztg.“ zugegangenen Mitthei⸗ lung hätte die Regierung beschlossen, diejenigen Bischöfe, welche das Rundschreiben des Kultus⸗Ministers ungebührlich
beantwortet hätten, zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Minister Ribot und Jules Roche vertheidigten,
wie „W. T. B.“ berichtet, in der Zollkommission des Senats den von der Kammer genehmigten Gesetzentwurf, be⸗ treffend die unverzügliche Anwendung des Zolles von 20 Fr. auf gesalzenes Schweinefleisch. Mehrere Mitglieder der Kom⸗ mission bekämpften den Gesetzentwurf. Der Präsident Jules Ferry schlug vor, die Berathung auf morgen fest⸗ salsgin Der Antrag wurde mit 8 gegen 5 Stimmen ab⸗ gele
aus, sein Amt als Präsident niederzulegen.
Rußland und Polen. 1
Die „Now. Wr.“ berichtet, daß mit dem 1. (13.) Oktober das einstige Comité für finnländische Angelegen⸗ heiten beim Staatssekretariat des Großfürstenthums Finnland in St. Petersburg zu existiren aufgehört hat.
Die „Birsh. Wed.“ erfahren, daß in der dieser Tage stattfindenden ersten Sitzung des Reichsraths die Frage der Errichtung eines Ackerbau⸗Ministeriums berathen werden soll. Es liegen in dieser Sache bereits mehrere um⸗ fangreiche Denkschriften hervorragender Staatsmänner vor. — Auch die Frage der Gründung eines besonderen Handels⸗Ministeriums ist aufs Neue angeregt worden. Die Gesellschaft zur Förderung russischen Handels und Ge⸗ werbefleißes hat sie an die Spitze ihrer Tagesordnung gestellt und wird darüber in diesem Herbst eingehend berathen.
Die „Pet. Wed.“ erfahren, daß zur Bekämpfung des Nothstandes, und zwar nicht bloß im Augenblick, sondern auch für die Zukunft eine Reihe neuer Maßnahmen ge⸗ plant und in Angriff genommen werden. In erster Linie komme das oben bereits erwähnte Projekt eines Ackerbau⸗ Ministeriums zu stehen. Sodann sei von der Ausfüh⸗ rung früher schon geplanter Maßnahmen die Rede, nament⸗ lich von der obligatorischen Herrichtung gedeckter Lagerplätze für Getreide an den Eisenbahnstationen und der Einführung einer strengen Kontrole über die Getreidetransporte auf Eisenbahnen, die unter die Aufsicht besonderer Kommissionen für jede einzelne Bahn gestellt werden sollen. Diese Kom⸗ missionen sollen aus Repräsentanten der Landschaften (zwei aus jedem Kreise), der Getreideinspektion, der örtlichen Eisen⸗ bahn⸗Instanz, der Duma u. A. bestehen; als Präsident würde eine vom Finanz⸗Minister ernannte Persönlichkeit fungiren, und alle Kommissionen zusammen sollen dem Eisenbahn⸗Departe⸗ ment des Finanzressorts untergeordnet werden. Was die Kosten der oben erwähnten verschiedenen Schutzbauten betrifft, so sollen sie aus einem sofort zu bewilligenden Darlehen be⸗ stritten werden, das durch die Steuer von 2 Kopeken pro Pud Transportgetreide gedeckt werden soll. 11“
Italien.
Der Deputirte Bonghi hat nunmehr, — wie anzunehmen ist, in Folge des unliebsamen Aufsehens, welches seine wiederholt erwähnten Erklärungen über Elsaß⸗Lothringen gemacht haben, — laut Meldung des „W. T. B.“ aus Rom sein Amt als plovisorischer Präsident des Comités für den interparlamentarischen Friedens⸗ kongreß niedergelegt und das Comité eingeladen, die Er⸗ nennung des definitiven Präsidenten vorzunehmen. Das Comité hat die Mittheilung zur Kenntniß genommen und wird alsbald zur Wahl eines definitiven Präsidenten schreiten.
Schweiz.
Die Anzahl der gültigen Unterschriften für das Refe⸗ rendum gegen den Ankauf der Centralbahn betrug gestern 91 698, d. h. etwa 14 Proz. der Stimmberechtigten.
Die von dem Staatsrath des Kantons Tessin auf Ver⸗ anlassung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten
1“”
Manifest nicht
nt. Angesichts dieses Resultats sprach Ferry die Absicht
8 vorgenommene Untersuchung bezüglich der Gerüchte von schweren Grenzverletzungen durch italienische Alpini
hat, wie „W. T. B.“ meldet, in unzweifelhafter Weise deren
Unbegründetheit ergeben. u dem Fall Buzzi bringt der Berner „Bund“ fol⸗ gende Mittheilung:
Man liest in verschiedenen Zeitungen, der Bundesrath habe bei der Tessiner Regierung Informationen verlangt wegen des Falles Buzzi, und darauf sei ihm die Antwort zu Theil geworden, er habe sich in diese rein kantonale Angelegenheit gar nicht zu mischen. Das ist durch⸗ aus unrichtig. Der Bundesrath erhielt am Montag früh eine Depesche von Mendrisio, welche den Vorfall meldete und die Intervention des Bundes nachsuchte. Diese Depesche wurde der Tessiner Regierung übermittelt mit dem Begehren um Auskunft in der Angelegenheit. Diese Auskunft wurde auch sofort ertheilt, indem die Tessiner Re⸗ gierung durch den Sindaco von Mendrisio, Borella, bereits von dem Verbrechen in Kenntniß gesetzt worden war und ihre ersten Anordnungen geiroffen hatte. Der Regierungsstatthalter Ginella ließ sich erst Mittags auf besondere Einladung hin vernehmen. Der Friedensrichter und der Sindaco hatten die Untersuchung sofort eingeleitet; der Untersuchungs⸗ richter des Bezirks, Primavesi befand sich in Locarno. Er wurde ersetzt durch den kantonalen Untersuchungsrichter Lotti. Es wurden Haussuchungen in Mendrisio vorgenommen, und die Regierung ließ in Alessandria. Coms, Marseille auf die Brüder Ortelli fahnden. Man bat noch keine Spur von denselben. Das Begräbniß Buzzi's war eine große Kundgebung. Das versammelte Volk faßte eine Resolution, in welcher es Gerechtigkeit und Absetzung des Regierungsstatthalters Ginella und des Untersuchungsrichters Primavesi verlangte. Die Ruhe ist zurückgekehrt.
Aus Bellinzona vom 15. d. wird demselben Blatt berichtet:
„Ohne das energische Dazwischentreten einiger gut gesinnter Bürger hätte das Begräbniß des unglücklichen Buzzi ein trauriges Nachspiel haben können. Die in großer Anzahl herbeigeeilten Liberalen erhielten Kenntniß davon, daß sich bewaffnete Konservative auf dem Thurm bei Mendrisio angesammelt hätten. Es entstanden sofort drohende Manifestationen vor dem Thurm und dem Gerichtsgebäude. Die Menge verlangte mit lauter Stimme die Entfernung des Präfekten Ginella, des Untersuchungsrichters Primavest, der Landjäger, welche die Mörder Bunzi's entfliehen ließen, und der im Thurme versammelten Konser⸗ vativen. Man parlamentirte mit dem Sindacos Borella und mit dem Untersuchungsrichter Lotti. Die Konservativen wurden entwaffnet
8 und die Menge zerstreute sich. Am Abend besorgte ein aus beiden Parteien gebildetes Freiwilligen⸗Corps in Gemeinschaft mit der Gendarmerie den
Polizeidienst und alles blieb ruhig. Amerika.
Argentinien. Nach einem Reuter'schen Telegramm 8 Buenos⸗Aires entstand dort am Donnerstag Abend in Folge des Gerüchts, General Mitre habe gedroht, seine Bewerbung um die Präsidentschaft zurückzuziehen, eine gewisse Beunruhigung; man glaubt indessen, daß Mitre diese Absicht nicht aufrecht erhalten werde. Bisher herrscht überall Ruhe; die Behörden haben jedoch Vorsichtsmaßregeln getroffen. — Die Gesetze, betreffend die Gründung einer National⸗ ank von Argentinien sowie die Liquidirung der vormaligen ationalbank, sind nach erfolgter Genehmigung Seitens der ammern am 16. d. veröffentlicht worden.
Kunst und Wissenschaft.
* Der Kböniglichen National⸗Galerie ist durch
testamentarische Bestimmung die Ge mälde⸗und Aquarellen⸗ Sammlung des jüngst verstorbenen Chemikers Wagner, eines Sohnes des schwedischen Konsuls J. H. Wagner, zu⸗ Heeh. dessen hochherzige Stiftung aus dem Jahre 1861 ekanntlich den Grundstock der genannten staatlichen Samm⸗ lung bildet.
†ꝑ† Die gegenwärtige Ausstellung von Schüler⸗ arbeiten der Unterrichts⸗Anstalt des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums und der Königlichen Kunst⸗ schule unterscheidet sich kaum in wesentlichen Punkten von ihren Vorgängerinnen. Beide unter der Leitung Professor E. Ewald's stehende Institute haben nahverwandte Ziele: die künstlerische Erziehung unserer Kunsthandwerker, die Vor⸗ bereitung begabterer Schüler für den Beruf des Zeichen⸗ lehrers und für das Studium auf der Kunst⸗Akademie. Preußen ist in die Bewegung zu Gunsten der staat⸗ lichen Ausbildung kunstgewerblicher Kräfte verhältnißmäßig spät eingetreten und hat sich die in Frankreich und Oesterreich auf diesem Gebiete gemachten Erfahrungen schon bei der Be⸗ gründung seiner dafür bestimmten Anstalten aneignen können. Insbesondere galt es, die reichen Vorbilderschätze unseres Kunstgewerbe⸗Museums für die praktische Fortbildung der Gewerbetreibenden und Handwerker nutzbar zu machen. Die Kunstschule hat neben ihren anderen selbständigen Aufgaben den Zweck, die künstigen Zöglinge des Kunstgewerbe⸗ Museums in den Elementarfächern vorzubilden. Ornament⸗ und Architekturzeichnen, Figurenzeichnen, Modelliren und Projektionslehre sind die Hauptfächer dieser An⸗ stalt. Aus den Klassen der Maler Goethe, Professor Hancke, Händler, Jürss, Tschautsch sowie des Bildhauers Ohmann liegen auf der diesjährigen Ausstellung äußerst achtbare Schülerarbeiten vor, während unter den Fachklassen des Kunstgewerbe⸗Museums insbesondere diejenigen des Pro⸗ fessors Behrendt für plastisches Flachornament, des Pro⸗ fessors Koch für dekorative Malerei, Bastanier für Email⸗ malerei, Geyer für Kupferstich und des Fräuleins Seliger für Kunststickerei sich auszeichnen. Die Gipszeichenklasse des Professors Kips sowie die Modellirklasse des Bildhauers Berg⸗ meier zeigen das Streben nach freierer Kunstrichtung, während auf dem Gebiet der graphischen Künste neben den ächermalereien aus der Klasse des rofessors Doepler noch die Zierschriften der Schüler A. Schoppmeier's Erwähnung verdienen. Was die Auswahl der Vorbilder anlangt, so ist, neben der Bevor⸗ zugung der Antike für das Studium der eörperlichen Formen und der Rococoornamentik insbesondere für Flachmodellirung, das Studium der Frührenaissance, wie es in der Bild⸗ hauerklasse Bergmeier’'s uns begegnet, und der lassischeen Zeit der Schmelzmalerei des 16. Jahr⸗ hunderts für die Emaildekoration deutlich erkennbar. Unmittelbares Naturstudium finden wir vorzugsweise in einer Reihe dekorativer Stilllebenmalereien vertreten. Was bei dem großen Reichthum an Entwürfen doppelt empfindlich sich geltend macht, ist der Mangel an einer reicheren Auswahl wirklich ausgeführter kunstgewerblicher Leistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Schreiner⸗ und Metallarbeiten, welche den Beweis liefern könnten, daß der Aufschwung unseres heutigen Kunstgewerbes aus eigener handwerklicher Kraft, nicht aus künstlerischer, wenn nicht gar künstlicher Zucht allein, erfolgt ist; zugleich würden sie auch im Publikum das Zu⸗ trauen und die Antheilnahme für die kunstgewerbliche Pro⸗ duktion wesentlich erhöhen. Und nur aus dem Zusammen⸗
wirken der drei Faktoren: künstlerische Anregung, handwerk⸗ liche Tüchtigkeit und Nachfrage des kauflustigen Publikums kann sich eine wirklich förderliche Entwickelung der Kunst⸗ industrie ergeben.
††. In Wien gedenkt man die 450. Jahresfeier der Erfindung des Buchdrucks durch die Errichtung eines Gutenberg⸗Denkmals zu verewigen. Auch eine Gutenberg⸗Ausstellung wird für diese Feier in der österreichischen Hauptstadt geplant.
—s Die Freie photographische Vereinigung zu Berlin, welche es sich zur Aufgabe macht, das Interesse für die Photographie in den Kreisen der Gebildeten zu wecken und zu fördern, hielt gestern Abend ihre Generalversammlung ab. Der bisherige Vor⸗ sitzende, Herr Professor Fritsch, wies in dem erstatteten Jahres⸗ bericht auf die gedeihliche Entwickelung hin, deren sich die Vereinigung zu erfreuen hatte; dieselbe konnte mit einem Bestande von über 100 Mitgliedern in das am 1. Oktober d. J. begonnene neue Geschäftsjahr eintreten. Nachdem sodann die vorgeschriebene Rechnungslegung erfolgt war, ergab die Neuwahl des Vorstandes, abgeseben von einer erforderlich gewordenen Zuwahl, die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder; der Vorstand der Vereinigung setzt sich demnach folgendermaßen zusammen: Professor Fritsch (1. Vor⸗ sitzender), Stabsarzt Dr. Pfeiffer (2. Vorsitzender), Dr. Neu hauß (63. Vorsitzender), Herr F. Goerke (I1. Schriftführer), Dr. Benda (2. Schriftführer) und Herr R. Knobbe (Schatzmeister).
An die Stelle des von Herrn Kammergerichts Rath Keyßner, welcher durch eine Reise fern gehalten war, übernommenen Vortrages über: „Nachdruck durch Photographie“ trat die Vorlage photo⸗ graphischer Darstellungen durch Herrn Professor Bruno Meyer; es waren zwei besonders interessante Serien von Erzeugnissen der Pbotographie, welche sich auf der im August d. J. zu Dresden abgehaltenen Ausstellung des Deutschen Pbotographen⸗Vereins befunden haben und deren Vorlage der Vortragende mit entsprechenden Erläuterungen begleitete. Die erste Serie bildeten zwanzig landschaftliche Dar⸗ stellungen, welche Herr Gottheil⸗Königsberg i. Pr. auf seiner letzten Orientreise mittels des Anschütz'schen Verfahrens für Moment⸗ pbotographie gewonnen hat. Nach Herstellung der Aufnahme hat Herr G die Bilder einer Vergrößerung unterzogen und darauf durch sergfaltg⸗ Retouchirung Werke geschaffen, die man unbedingt als künst⸗ jerische Hervorbringungen bezeichnen muß, denen die Photographie nur als Grundlage gedient hat; den Gegenstand der Darstellung bilden vor⸗ zugsweise Ansichten von Athen, Kairo, Theben, Damaskus und Jerusalem. Die zweite zur Vorlage gelangende Serie umfaßte 12 Kopfstudien des Hofphotographen Friedrich Müller⸗München. In einem Theile derselben, namentlich bei der Darstellung von Köpfen älterer Männer mit verwetterten Zügen, war durch Verwendung des körni⸗ gen Wattmann schen Papiers eine glückliche Wirkung erzielt worden, während die Linien zarter Frauengesichter durch die mit dem benutzten Material verknüpften Unterbrechungen einigermaßen beeinträchtigt werden; im Uebrigen fand die Handhabung der Beleuchtung und die technische Behandlung, welche die Müller'schen Aufnahmen auszeichnen, die volle Anerkennung Seitens des Vortragenden.
Es folgte als letzter Gegenstand der Tagesordnung ein Vortrag des Dr. R. Neuh auß über: „Wolken⸗Photographie“ unter gleichzeiti⸗ ger Vorlage eines Atlas von Wolkenaufnahmen, deren reiche Zahl und saubere Ausführung Zeugniß für den außerordentlichen Fleiß des Vortragenden ablegten, welcher bei Erläuterung seiner Aufnahmen die erheblichen Schwierigkeiten betonte, die sich der Wiedergabe der Färbung bei der Anfertigung photographischer Wolkenbilder entgegen⸗ stellen. Eine sich an den interessauten Vortrag anknüpfende Dis⸗ kussion gab schließlich Veranlassung zur Erörterung der Frage, in⸗ wieweit es im Interesse einer genauen Wiedergabe der Grenzen, welche die Wolken von dem Himmel trennen, erwünscht sei, der Her⸗ stellung von Wolkenaufnahmen eine Skizze des ganzen, zur Darstellung zu bringenden Wolkengebildes zu Grunde zu legen.
— Am Donnerstag Mittag fand in der Aula der König⸗ lichen Akademie zu Münster zugleich mit der Eröffnung des Winterhalbjahres und der Enthüllung des von Seiner Majestät dem Kaiser gestifteten lebensgroßen Bildes des hochseligen Kaisers Friedrich die Einführung des neuen Rektors, Professors Dr. Langen, statt. Der Kurator der Akademie, Ober⸗Präsident Studt, übergab, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, der Hochschule das Bild mit dem Wunsche, daß die Augen des Dulders auf dem Throne stets herabblicken möchten auf Studentengenerationen, welche erfüllt seien von vaterländischer Gesinnung und Treue. Der scheidende Rektor, Professor Dr. Aloys Schäfer, nahm das Geschenk mit dem Ausdruck tiefempfundenen Dankes entgegen und brachte nach geistvoller, von Begeisterung und Vaterlandsliebe getragener Rede deg auf den Landesherrn aus. Im Anschluß hieran wurde die ationalhymne gesungen. Nach erfolgter Uebernahme des Rektorats hielt Professor S Langen eine Rede über naturwissenschaftliche Forschungen des
rez.
.— Bei einer Erdaufgrabung in einem Fabrikanwesen in Worms stieß man, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, letzter Tage auf drei Römergräber. Die Steinsärge waren bis dahin unberührt und zeigen sich gut erhalten, den Verstorbenen waren aber leider nur geringe Werthe an Glas⸗ und Thonsachen nebst Münzen beigegeben. Dagegen wurde an einer anderen Stelle ein seltenes Fundstück, eine bemalte römische Gesichtsmaske, gehoben.
— Anläßlich des vierhundertjährigen Jubiläums der Entdeckung Amerikas soll außer dem Amerikanisten⸗Kongreß in Sevilla und der Ausstellung amerikanischer Alterthümer auch noch eine Interna⸗ tionale Kunstausstellung im Monat September nächsten Jahres in Madrid stattfinden.
— Die wissenschaftlichen Untersuchungen im östlichen Mittelmeere, welche in diesem Sommer wie im Vorjahre von dem Schiffe „Pola“ (Kommandant Linienschiffs⸗Kapitän Mörth) aus⸗ geführt worden sind, haben, wie Wiener Blätter berichten, zur Auf⸗ findung einer Strecke geführt, welche tiefer ist als alle bisher ge⸗ lotheten Tiefen des Mittelmeeres. Nach einem Bericht, welchen Pro⸗ fessor Luksch an deg Leiter der wissenschaftlichen Arbeiten, Hofrath Dr. Steindachner, gerichtet hat, und welcher in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Wien am 9. d. M. zur Verlesung gelangte, beträgt diese größte Tiefe 4400 m und liegt 350 44 20“ nörd⸗ licher Breite und 210 44˙ 50“ südöstlich von der Insel Cerigo. Die größte, früher bekannte Tiefe war von dem italienischen Schiffe „Washington“ (Kapitän Magnaghi) ungefähr in derselben Breite, doch viel weiter im Westen, mit 4000 m gelothet worden.
Submissionen im Auslande.
Spanien. ““ .10. Dezember 1891. Direccion General de Obras püblicas Ministerio de Fomento Madrid: Konzession einer Straßendampf⸗ bahn von Grao (Valencia) nach Cabanal. Kaution 3705 Pesetas. Bedingungen in spanischer Sprache beim „Reichs⸗Anzeiger“.
Theater und Musik.
1 8 Königliches Opernhaus.
„Gestern Abend verabschiedete ꝓr Herr Oberhauser in der
Titelrolle des „Trompeter von Säckingen“ von der Königlichen
Bühne. Der Sänger, der bei seinem letzten Auftreten mit derselben
Bescheidenheit wie gewöhnlich sich in dem Rahmen der Gesammt⸗
aufführung hielt, wurde von dem Publikum durch reiche Beifalls⸗ und
Blumenspenden ausgezeichnet und mußte besonders nach dem Schluß
der Vorstellung ungezählte Male vor der Gardine erscheinen, um seinen Dank zu bezeugen.
Königliches Schauspielhaus.
Als Nathan in Lessing's „Nathan der Weise“ führte sich Herr Oskar Borcherdt gestern Abend sehr vortheilhaft ein. Der Dar⸗ steller bewies nicht nur ein schönes schauspielerisches Können, sondern auch ein tiefes Verständniß für die Lessing'sche Idealgestalt, die er frei aus den Elementen des reinen Menschenthums zu schaffen ver⸗
suchte; dadurch gewann die Gestalt einheitlichen Charakter, der durch die natürliche Vortragsweise unterstützt wurde. Dem Gast wurde reicher Beifall Seitens der Zuschauer zu Theil.
Sing⸗Akademie.
Der Komponist Herr Max Puchat aus Breslau, der seine ersten Studien in der Hochschule beim Professor Diel gemacht, bald jedoch seine eigenen Wege eingeschlagen hat, gab gestern ein Concert, in welchem er mehrere seiner Werke zu Gehör brachte. Eine Ton⸗ dichtung für Orchester und Orgel: „Fuga solemnis“, der einige poetische Worte zu Grunde gelegt sind, läßt einen Künstler erkennen, dem es nicht an der echten Begeisterung für sein Schaffen fehlt; nur wird die gewählte Form nicht überall Anklang finden. Die Fuge enthält noch vier sogenannte Nebenthemata, wie sie wohl in einer Sonate möglich, die aber schon deshalb zu mißbilligen sind, da der strenge Stil der Fuge, der zu Anfang noch einigermaßen festgehalten ist, bald verlassen und oft vom rein homophonen Stil verdrängt wird. Auch schweigt einmal das Orchester gänzlich, und es tritt die Orgel sehr fremdartig dazwischen. Nichtsdestoweniger ist ein festliches Gepräge unverkennbar, das sich in manchen energischen Motiven ausdrückt. Der Titel »Musica solemnis“ wäre ohne Zweifel besser gewählt gewesen. Die Ouvertüre über ein nordisches Thema, welche versucht, die gro⸗ tesken nordischen Landschaftsscenerien in Tönen zu schildern, sowie die svmphonische Dichtung „Leben und Ideal“, nach Schiller’s Worten kom⸗ ponirt, beweisen des Komponisten Begabung, die verschiedenen Eigen⸗ thümlichkeiten der Orchester⸗Instrumente tonmalerisch zu verwenden; auch sind die Grundideen Pe originell erfunden, nur ist ein Ueber⸗ maß im Gebrauch der Blec⸗instrumente oft sehr störend. Am Meisten trifft dieser Vorwurf das Klavierconcert, das zuletzt in einen wahren Kampf zwischen dem Fortissimo des Klaviers und dem des Orchesters aus⸗ artet. Unter den Liedern für Sopran heben wir besonders die sehr poetisch gehaltenen „Ich ging im Wald“, „Glockenblumen“ und „Du meiner Seele schönster Traum“ hervor, die, von Fräulein Marie Berg vortrefflich vorgetragen, sich der günstigsten Aufnahme von Seiten des sehr zahlreich erschienenen Publikums erfreuten. Die Aus⸗ führung des Klavierconcerts batte Herr Puchat selbst übernommen. Das Philharmonische Orchester bewährte unter Leitung des Kapell⸗ meisters Herfurth wiederum seine anerkannte Tüchtigkeit.
In der Vorstellung der Oper „Der Troubadour“ am Montag im Königlichen Overnhause sind die Damen Hiedler, Staudigl und Will, die Herren Rothmühl, Bulß und Krolop be⸗ schäftigt. In der Dienstagsvorstellung der Oper „Die Hochzeit des Figaro“ treten die Damen Pierson, Herzog, Dietrich, Kopka und Hellmuth⸗Bräm, die Herren Bulß, Krolop, Stammer, Lieban, Krasa und Joseph auf. Mittwoch, Freitag und Sonnabend finden die ersten drei Vorstellungen der mythologischen Tondichtung „Prometheus“ und der Oper „Cavalleria rusticana“ statt.
Der Spielplan der Königlichen Oper für die Zeit vom 17. bis 25 Oktober lautet: Sonnabend: „Lohengrin“. Sonntag: 2. Symphonie der Königlichen Kapelle. Montag: „Der Troubadour’. Dienstag: „Die Hochzeit des Figaro“. Mittwoch: Zum ersten Mal: „Prometheus“. „Cavalleria rusticana“. Donnerstag: „Die Zauber⸗ flöte“. Freitag: Zum ersten Mal wiederholt: „Prometheus“. „Cavalleria rusticana“. Sonnabend: „Prometheus“. „Cavalleria rusticana“. Sonntag: „Der Prophet“.
Für das Schauspiel: Sonnabend: „Die Räuber“. Sonn⸗ tag: Geschlossen. Montag: „Der neue Herr“. Dienstag: Das Käthchen von Heilbronn“. Mittwoch: „Maria Stuart“. Donnerstag: „Romeo und Julia“. Freitag: „Die Augen des Herzens“. „Am Fenster“. „Herrn Kaudels Gardinenpredigten.“ Sonnabend: Zum ersten Mal: „Wohlthätige Frauen“. Sonntag: „Wilhelm Tell*.
Im Deutschen T heater findet morgen, Sonntag, die erste Wiederholung des dreiaktigen Schauspiels „Das goldene Buch“ von Franz von Schönthan statt, das auch am Dienstag, 20., Donnerstag, 22., Sonnabend, 24. und nächsten Sonntag, 25., zur Aufführung kommt. Am Montag wird „Faust“ gegeben. Am Mittwoch, 21., geht „Götz von Berlichingen“ in Scene. Für Freitag, 23., ist „Des Meeres und der Liebe Wellen“ angesetzt.
Der Wochen⸗Spielplan des Berliner Theaters bringt am morgigen Nachmittag eine Wiederholung von „Ein Tropfen Gift“ und Donnerstag ein solche von „Die Neuvermählten“ und „Jugend⸗ liebe'. Die ersten Wiederholungen von Lindner's „Bluthochzeit“ finden morgen, Sonntag, Abend sowie am Dienstag, Freitag (8. Abonnements⸗Vorstellung) und nächsten Sonntag Nachmittag statt. Montag, den 19. gehen nach längerer Pause „Goldfische“ und Sonn⸗ abend, den 24. zum ersten Male Grillparzer's „Esther“ und Molidre's „Der Geizige“ in Scene. Diese Vorstellung wird Sonntag, den 25. Oktober, Abends, zum ersten Mal wiederholt. — Die Erbprinzlich E1“ W vndf cle Prinzessin von Mont⸗
ensier wohnten auch der Freitags⸗Aufführun „Schuldig“ von Richard Voß) bei. 1 “
b Im Lessing⸗Theater kommt nunmehr am nächsten Freitag die angekündigte Novität „Die Großstadtluft“, Schwank in vier Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg zur Aufführung. Der Vor⸗ verkauf für die ersten drei aufeinander folgenden Vorstellungen beginnt Dienstag an der Tageskasse. Im Uebrigen ist das Repertoire folgendermaßen festgestellt: Morgen, Sonntag: „Eine Geldheirath“. Montag: „Franeillon“. Dienstag: „Die Chre“. Mittwoch: „Eine Geldhetrath“. Donnerstag: „Falsche Heilige“’. Freitag, Sonnabend und Sonntag: „Die Großstadtluft“.
Dienstag, den 20. Oktober, findet im Wallner⸗Theater ein deutscher Lustspiel⸗Abend statt. „Gewagte Mittel“, ein dreiaktiges Lustspiel von Stahl, und „Sportgeschichten“, ein einaktiger Schwank von Freund, gelangen an diesem Abend erstmalig zur Aufführung. Neben dem gesammten Lustspielversonal der Bühne wird Herr Hubert
Reusch vom hiesigen Residenz⸗Theater, welchem Herr Direktor Lauten⸗ burg die Erlaubniß dazu ertheilte, die Rolle des Fähnrich Erich Frischmuth kreiren.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater hat Zeller's „Vogelhändler⸗ bei der erneuten Wiederaufnahme seine frühere Wirkung bewährt, sodaß dieses amüsante anziehende Werk in der neuen Woche auf dem Spielplan verbleib . Die darin beschäftigten Darsteller, Sophie Offeney, Jenny Stubel, Elise Schmidt und die Herren Klein, Steiner, Hanno, Steinberge und Broda ernten allabendlich den reichsten Beifall. Inzwischen nehmen übrigens die Ensembleproben zu Messager's „Basoche“ ihren Fortgang, sodaß noch vor Ende Oktober die Erstaufführung dieser interessanten und eigenartigen Neuheit von Statten gehen wird. 8
In Anbetracht des Erfolges, den die beiden Repertoirestücke des Residenz⸗Theaters — Alexandre Dumas' „Besuch nach der Hochzeit“ und Labiche⸗Gondinet’'s Schwank „Von Dreien der. Glück lichste“ — bei Presse und Publikum gefunden haben, ist die Erst aufführung von Daudet’s „l'Obstacle“ („Hinderniß“) zunächst noch hinausgeschoben worden. Die Premidre der Novität wird am 31. Sk. tober stattfinden.
Im Thomas⸗Theater wird die Posse „Unrubige Zeiten“ von Emil Pohl vorbereitet. Den Lietze wird Emil Thomas spielen. Eöö“ dürfte das Stück bereits am Donnerstag in Scene gehen. 8
Im Concerthause veranstaltet Herr Kapellmeister Meyder am Montag ein „Extra⸗Symphonie⸗Concert“, in welchem zwei neue große Orchesterwerke von Karl Goepfart unter persönlicher Leitung des Komponisten zur erstmaligen Aufführung gelangen werden: die symphonische Dichtung „Amor und Psyche“ und eine „Symphonie in D-moll.“ Der junge Komponist hat sich zuerst durch seine „Märchen⸗ musiken“, z. B. zu „Beerenlieschen“, bekannt gemacht, die in Weimar, Bremen, Stuttgart ꝛc. aufgeführt worden sind. Der Klaviervirtuose Herr Pfeiffer (Schüler Hans von Bülow's) wird an diesem Abend die Ungarische Phantasie für Klavier von Liszt vortragen.
Das Concert⸗Repertoire der Concert⸗Direktion H. Wolff ist für die kommende Woche, wie folgt, festgestellt: Montag, 19., Philharmonie, 7 ½ Uhr, I Concert des Stern'schen Gesang⸗ vereins (Paradies und Peri). Dienstag, 20., Sing⸗Akademie, 8 Uhr,
Liederabend von Adolf Schulze. Mittwoch, 21., Sing⸗Akademie, 7t Uhr, II. Klavierabend von S. von Posnansky. Donnerstag, 22.,