„— In Bezug auf §. 330 des Strafgesetzbuchs („Wer bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für Andere GFefahr entsteht, wird mit Geldstrafe bis zu 900 ℳ oder mit Ge⸗ fängniß bis zu einem Jahre bestraft“) hat das Reichsgericht, III. Straf⸗ senat, durch Urtheil vom 2. Juli 1891 ausgesprochen, daß auch Derjenige, welcher, ohne die allgemein anerkannten Regeln der Bau⸗ kunst zu wissen, gegen dieselben bei der Bauausführung zuwider⸗ handelt, unter diese Strafbestimmung fällt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die dritte englische Post über Ostende vom 27. d. M. ausgeblieben. Grund: Sturm im Kanal.
Bremen, 27. Oktober. (W T B.) Norddeutscher Lloyd.
Der Schnelldampfer „Saale“ ist gestern in Bremerhaven
eingetrofeen. Der Dampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“, nach dem La Plata bestimmt, hat gestern St. Vincent, der Dampfer „Bravnschweig“ heute Quessant passirt. Der Dampfer „München“ ist heute in Antwerpen angekommen, der Dampfer „Straßburg“ ist von Antwerpen abgegangen. Die Dampfer „Darmstadt“ und „Preußen“ sind heute in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Spree“, von New⸗York kommend, ist heute Vormittag in Southampton eingetroffen. — 28. Oktober. (W. T. B) Der Postdampfer „Weimar“, von Baltimore kommend, ist am 27. Oktober Nachm. auf der
Weser angekommen. 1 Hamburg, 27. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Wieland“ hat, von New PYork kommend, heute Morgen Scilly passirt. Der Postdampfer „Galicia“ hat, von New⸗York kommend, heute Nachmittag Lizard passirt. London, 27. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer Drummond Castle“ ist heute auf der Heimreise in Plymouth angekommen.
Theater und Musik.
Sing⸗Akademie. Der Königlich sächsische Hof⸗Opernsänger Herr Paul Jensen gab gestern in Gemeinschaft mit dem gleichfalls in Dresden wohl⸗ bekannten Pianisten Herrn Percy Sherwood ein Concert, das zahlreich besucht war. Der Sänger besitzt eine klangvolle und wohl⸗ geschulte Baritonstimme, die in allen Lagen gleichmäßig leicht an⸗ spricht; die Aussprache ist von musterhafter Deutlichkeit. Für seine Art des Vortrages eigneten sich ganz besonders die Arie aus „Susanna“ von Händel, das heitere Lied des Rugantino von Beethoven und die Ballade von Löwe, während für die Lieder von Schumann, Schubert und Brahms etwas mehr Tiefe der Empfindung zu mwünschen blieb. Der Pianist gebietet über eine sehr weit vorgeschrittene technische Fertigkeit. Eine größere Ruhe und Klarheit im Vortrage wird der sehr begabte Künstler gewiß noch zu erlangen im Stande sein. Er spielte außer Beethoven’'s E-dur-Sonate (op 109) und Schumann'’s großer Phantasie (C-dur) noch einige kürzere Stücke von Bach⸗Liszt, Chopin und Rubinstein, ie ihm ganz besonders gut gelangen.
Im Deutschen Theater sind am Sonnabend bei der ersten ufführung des vieraktigen Schauspiels „Die Sklavin“ von Ludwig Fde die Damen Marie Frauendorfer, Paula Carlsen, Hedwig Meyer, Rosa Retty und Eugenie Lenau sowie die Hecren Hermaan
Käthe Freudenfeld,
Nissen, Georg Engels, Max Pohl, Claudius Merten und Gustav Kadelburg beschäftigt.
Feuillet's Schauspiel „Montjoye“, das, wie schon mitgetheilt, neu einstudirt und mit theilweise neuer Besetzung im Berliner Theater am Sonnabend zum ersten Male in dieser Spielzeit in Scene geht, wird in der Titelrolle von Ludwig Barnay, in den übrigen Hauptrollen von Agnes Sorma, Nuscha Butze, Arthur Kraußneck, Albert Ulrich, Emanuel Stockhausen und Paul Nollet dargestellt. In den übrigen größeren Rollen treten Irma Selken, sowie die Herren Haack, Suske und Weiß auf.
Morgen, Abends 8 Uhr, findet in der Philharmonie das große Concert von Francesco d'Andrade statt, in welchem die Klaviervirtuosin Fräulein Marie Wonsowska sowie das Philharmo⸗ nische Orchester (Dir. Herr Rud. Herfurth) mitwirken. — Das Pro⸗ gramm des Liederabends, welchen Fräulein Helene Oberbeck am Sonntag unter Mitwirkung der Pianistin Fräulein Helene Geisler in der Sing⸗Akademie veranstaltet, bringt von Schubert'schen Werken „Ganymed“, „Suleika“, „Erlafsee“, von Schumann'schen Lie⸗ dern: „Ich wandelte unter den Bäumen“, zwei „Lieder der Braut“, „Schöne Fremde“, „Aufträge“; außerdem sind Brahms, R. Franz, Blumner ꝛc. auf dem Programm vertreten. — Der nächste große Volksunterhaltungs⸗Abend ist wegen des bedeutenden Andrangs bereits auf diesen Sonntag in Kroll's Theater angesetzt; die Altistin Fräulein Ida Rosen mund und der Pianist Herr Gün⸗ ther Freudenberg werden u. A. darin mitwirken — In dem am Montag in der Philharmonie stattfindenden I. Concert des „Philharmoni⸗ schen Chors“ (Dirigent S. Ochs) werden folgende Solisten auf⸗ treten: Fräulein Clotilde Kleeberg. Fräulein Emma Koch, Fräulein Fräulein E. Lampe, Frau E. Pfänder⸗ Fricke, ferner die Herren Eugen Gura, Raimund von Zur Mühlen und Dr Heinrich Reimann. — Fräulein Käthe Lenbach wird in ihrem am 4. November in der Sing⸗Akademie statt⸗ findenden Concert u. A eine Arie aus „Figaro's Hochzeit“ und Lieder von Schubert, Schumann und Rubinstein zum Vortrag bringen. — — Im zweiten Philharmonischen Concerrunter H. v Bülow’'s Leitung am 9. November wirkt Herr Prafessor Dr. Jos. Joachim als Solist mit, und bringt das neue Violin Concert von Bruch zur Auf⸗ führung Die Ouverture zu Schumann's „Genoveva“, Raff's „Leonoren“⸗Symphonie und das Adagio aus der III. Symphonie von Spohr bilden den übrigen Theil des Progtamms. Der Kartenverkauf wird morgen bei Bote u. Bock eröffnet. — Die Kammersängerin Fräulein Jettka Finkenstein veranstaltet in der zweiten Hälfte des November in der Sing⸗Akademie einen Liederabend. — Die Concertsängerin Fräulein Helene Frank wird in ihrem am 6. November im Saale der Gesellschaft der Freunde stattfindenden Concert u. A. Gesänge von Pergolese, Schubert, Weber, Liszt, Brahms und O. Eichberg zu Gehör bringen.
Jagd.
Freitag, den 30. d. M., findet Königliche Parforce⸗ jagd statt. Stelldichein: Mittags 1 Uhr auf der alten Langerwischer Straße am Moosfenn. Forstrevier Potsdam, Belauf Plantagenhaus.
Nannigfaltiges
Nach dem Bericht der Verwaltungs⸗Direktion des großen Friedrichs⸗Waisenhauses an den Magistrat über die Waisen⸗ pflege und Zwangserziehung hatte sich in dem Vierteljahr Juli/ September 1891 in der Waisenpflege die Kinderzahl um 235 ver⸗ mehrt. Am 1. Oktober befanden sich in der städtischen Waisen⸗ pflege im Ganzen 4817 Kinder (2514 Knaben, 2303 Mädchen). Bis zum 1. Oktober cr. sind zur Zwangserziehung überwiesen 808 Kinder (653 Knaben, 155 Mädchen), ausgeschieden sind 417 Kinder,
sodaß am 1. Oktober noch in Zwangserziebung waren 391 Kinder
(323 Knaben, 68 Mädchen). Von diesen waren entlaufen 24 Knaben
und 4 Mädchen, im Gefängniß 3 Knaben.
Veranlaßt durch die guten Erfolge, die mit den im Jahre 1887 auf den städtischen Rieselgütern Blankenburg und Heiners⸗ dorf ins Leben gerufenen Heimstätten für Genesende erzielt worden sind, haben die städtischen Gemeindebehörden im vergangenen Jahre beschlossen, zur weiteren Ausdehnung der Rekonvaleszentenpflege auf dem im Norden Berlins bei Pankow belegenen Gute Blanken⸗ felde eine dritte derartige Anstalt zu errichten, die ausschließlich dazu dienen soll, Wöchnerinnen, welche die nach ihrer Ent⸗ bindung erforderliche Pflege im eigenen Hause oder anderweit nicht finden, mit ihren Kindern Unterkunft, ärztliche Ueberwachung und sachgemäße Verrxflegung zu gewähren. Diese Heimstätte ist nunmehr fertiggestellt und soll vom 1. November d. J. ab belegt werden. Für die Aufnahme von Personen in diese Anstalt sind folgende Grundsätze aufgestellt worden: Die Ueberweisung einer Wöchnerin soll nicht vor dem zehnten Tage und in der Rezgel nicht nach dem einundzwanzigsten Tage nach der Entbindung erfolgen, doch werden spätere Aufnahmen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Be⸗ dingung ist, daß die Wöchnerin sich in normalem Wochenbettzustande befindet und im Uebrigen wie auch ihr Kind nach ärztlicher Be⸗ scheinigung gesund, letzteres namentlich nicht augenkrank ist. Vor⸗ zugsweise sollen solche Mütter berücksichtigt werden, die ihr Kind mit in die Heimstätte bringen und im Stande sind, es selbst zu nähren. Ausgeschlossen sollen nur solche Wöchnerinnen sein, welche unter sittenpolizeilicher Kontrole stehen. Der Aufenthalt in der Anstalt soll, wie in den bereits vorhandenen Heimstätten für Genesende, in der Regel nicht über drei Wochen währen. Die Kosten für die Verpflegung einer Wöchnerin mit Kind sind vorläufig auf 2,25 ℳ für den Tag festgesetzt. Die Anträge um Aufnahme von Wöchne⸗ rinnen sind schriftlich von approbirten Aerzten an das Bureau der städtischen Heimstätten für Genesende hier, Klosterstraße 68 I, zu richten, und es ist dazu ein bestimmtes Formular, welches von dem Bureau kostenfrei verabfolgt wird, zu benutzen. Die Entscheidung hierauf ist in jedem einzelnen Falle dem Kuratorium der städtischen Heimstätten für Genesende vorbehalten.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Wien, 28. Oktober. (W. T. B.) Der Herzog Albrecht von Württemberg wird mehrere Tage als Gast des Erz⸗
herzogs Albrecht hier verweilen. Der Herzog gedenkt auch noch
gegen Ende der Woche, bevor er sich zur Notifizirung der Thron⸗ besteigung König Wilhelm's nach St. Petersburg resp. Livadia begiebt, seinen Eltern in Gmunden einen Besuch abzustatten.
St. Petersburg, 28. Oktober. (W. T. B.) Die Tscherepowezer Kreis⸗Landschaftsversammlung im Gouverne⸗ ment Nowgorod beschloß, die Regierung um ein Verbot der Ausfuhr von Roggen, Roggenmehl und Hafer aus dem Kreise Tscherepowez zu ersuchen.
Moskau, 28. Oktober. (W. T. B.) Die „Moskauer Zeitung“ meldet gerüchtweise, die für die Mißwachs⸗Gouverne⸗ ments geltenden ermäßigten Eisenbahn⸗Getreidetarife sollten auf das ganze Reich ausgedehnt werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten
Beilage.) 8
Rheinprovinz
Wetterbericht vom 28. Oktober, Morgens 8 Uhr.
sp im
Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres red. in Milli
Mullaghmore 767 ONO Aberdeen 772 S Christiansund 770 WNW Kopenhagen. 770 NW Stockholm 767 NW Haparanda. 772 N.
St. Petersburg 761 NO 754 N
wolkig halb bed. Regen wolkig bedeck halb bed. wolkig bedeckt
bedeckt
V bedeckt wolkenlos heiter heiter¹) wolkig bedeckt²) heiter wolkenlos heiter wolkig halb bed. bedeckt halb bed wolkenl. ³) wolkig wolkenlos
bedeckt
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764 O 760 ONO Helder.. . 770 5 Sylt 771 NO Hamburg .. 770 NNO Swinemünde 768 N. 764 N. 763 NNO 761 NO 768 NNO 764 NO 766 NO 763 NO 769 NO 769 N TT11ö1“ Breslau 766 NW 81 d'Aix . 753 d
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e 112 1117171 1ö] wolkta est 757 ONDO bedeckt
¹) Reif. ²) Regen und Hagelböen. ³) Reif.
„Uebersicht der Witterung. „Während das barometrische Maximum sich etwas südwärts über das Nordseegebiet ausgebreitet hat, ist das Minimum, welches gestern über Galizien lag ostwärts nach Rußland fortgeschritten. Dement⸗ sprechend herrschen in Deutschland nördliche und nordöstliche Winde, welche in Süddeutschland stark auftreten und unter deren Einflusse in unseren Ge⸗ genden die Temperatur stark herabgegangen ist. Das Aufklaren, welches sich gestern im Nordwesten zeigte, hat sich fast über ganz Nord⸗ und Mitteldeutsch land ausgebreitet, wo vielfach Nachtfröste stattfanden Letztere dürften sich bei klarer Witterung demnächst wiederholen und sich über ganz Deutschland aus⸗
breiten. G Deutsche Seewarte.
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Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 220 Vorstellung. Cavalleria rusti- Lann (Bauern Ehre). Oper in 1 Aufzug, nach dem gleichnamigen Volksstück von Verga Musik
In Scene gesetzt vom Ober⸗
Gewagte Mittel.
Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Wein⸗ gartner. Vorher: Das Nachtlager in Granada. Oper in 2 Abtheilungen von Kreutzer. Text vom Frei⸗ herrn von Braun. Dirigenr: Musikdirektor Wegener. Anfang 7 Uhr. .
Schauspielhaus. 230. Vorstellung. Was ihr wollt. Lustspiel in 4 Aufzügen von Shakespeare, nach Schlegel's Uebersetzung. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Freitag: Opernhaus. 221. Vorstellung. Tann⸗ häuser und der Sängerkrieg auf der Wart⸗ burg. Romantische Oper in 3 Akten von R. Wagner. Ballet von Emil Graeb. In Scene ge⸗ setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Sucher. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 231. Vorstellung. Wohlthätige Franen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph LArronge. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. 8
Veutsches Theater. Donnerstag: Romeo und Julia.
Freitag: Die Kinder der Excellenz. 1 Sonnabend: Zum 1. Male: Die Sklavin. Schauspiel in 4 Aufzügen von Ludwig Fulda.
Berliner Theater. Donnerstag: Ein Tropfen Gift. Anfang 7 Uhr.
Freitag: 9. Abonn⸗Vorstellung. Esther. — Der
Sonnabend. Neu einstudirt: Montjoye.
Tessing-Theater. Donnerstag: Die Groß⸗ stadtiuft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen⸗ thal und Gustav Kadelburg. Anfang 7 Uhr.
Freitag: Die Großstadtiuft. Schwank in 8 Akten von u Blumenthal und Gustav Kadel⸗ urg. 8 8
Wallner-Theater. Ponnerstag: Z. 10 Male:
Francis Stabl. Hierauf, auf allgemeines Ver⸗ langen: Cavalleria Berolina. Äünfang 7 ½ Uhr. Freitag u. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Friedrich- Wilhelmstädtisches Theater. Donnerstag: Zum 1. Male, mit durchaus neuer Ausstattung und verstärktem Frceher. Die Basoche. Komische Oper in 3 Akten bon Carr6. Deutsch von R. Gense Musik von André Messager. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Federmann. „Basoche“ war eine Zunft der Pariser Parlaments⸗Advokaten, welche mit ver⸗ schiedenen Privilegien ausgestattet. Der König der Basoche, welcher auch Münzen prägen durfte, wurde alljährlich in der feierlichsten Weise neu gewählt und im glänzenden Umzuge zum Schloß geleitet, wo ihn der König von Frankreich in Audienz empfing. An⸗ fang 7 Uhr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Lustspiel in 3 Akten von
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
burg. Donnerstag: Vorletzte Aufführung. Zum 30. Male: Besuch nach der Hochzeit. Lust⸗ spiel in 1 Akt von Alexander Dumas. Deutsch von Paul Block. In Scene gefett von Stg⸗ mund Lautenburg. Hierauf, zum 30. Male: Von Dreien der Glücklichste. Schwank in 3 Akten von Labiche und Gondinet. Regie: Emil Lessing. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Sonnabend, zum 1 Male: Das Hinderniß 1“ Schauspiel in 4 Akte Alphonse audet.
Belle-Alliance-Theater. Donnerstag: Zum 91. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗ siten, Beleuchtungseffecten ꝛc. Süe. zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten (7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Wirk⸗ liches Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag: Jung⸗Deutschland zur See.
Voranzeige. Sonnabend: Kinder⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßiaten Preisen. Zum vorletzten Male: Die Heinzelmännchen. Märchen⸗Komödie mit Gesang und Tanz von Oscar Klein.
Adolph Ernst-Theater. Donnerstag: Zum 59. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Thomas-Theater. Alte Jafobstraße 30. Direktion: Emil Thomas. Donnerstag: Z. 8. Male: Unruhige Zeiten, oder: Lietze’s Memoiren. Posse mit Gesang in 3 Akten (8 Bildern) von Emil Pohl für das Thomas⸗Theater neu bearbeitet. Die neuen Couplets von A. Bender. Musik von A. Conradi und J. Doebber. In Seene gesetzt von Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr. 11““
Freitag: Dieselbe Vorstellung
Concerte.
Sing-Akademie. Donnerstag, Abends 7 ½ Uhr:
Concert von Clara Schwartz, Violine, und Hugo Koppel, Bariton, unter Mitwirkung der Pianistin Fräulein Magdalene Voigt.
Philharmonie. Donnerstag, Abends 8 Uhr:
Andrade⸗Concert unter Mitwirkung von Frl. Marie Wonsowska (Kl.) u. des Philharmonischen Orchesters (Dir. Rud. Herfurth). 8
Concert-Haus. Concert. Gesellschafts⸗Ab
Donnerstag: Karl Meyde Anfang 7 Uhr.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im ““ Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.
[37221] Nur noch kurze Zeit. National⸗Pauorama Herwarthstraße 4. am Königsplatz. „Das alte Rom“ mit dem Triumphzuge Kaiser Constantins. v. Morg. 9 Uhr bis zur Dunkelheit. Eintr. tägl. 50 ₰. Soldaten u. Kinder 25 ₰.
Circus Renz. Karlstraße. Donnerstag: Abends 7 ¼ Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“, gr hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Ubthei⸗ lungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. Dampfschiss⸗ und Bootfahrten, Wasserfällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außerdem: 6 irländ. Jagdpferde (Original⸗Dressur), zusammen dress. u. vorgef. von Herrn Franz Renz. — Schul⸗ pferd Solon, ger. von Frl. Clot. Hager. — Emperor, geritten von Herrn Gaberel. — Mlle. Theresina auf dem 20 Fuß hohen Drahtseil. — Mr. F. Chiarini, Jockeyreiter. — Mr. Fascio. Voltigeur. — Mr. Alexander, Saltomortalesreiter. — Mm. Bradbury, Parforcerciterin. — Mlle. Zephora auf ungesatteltem Pferde. — Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns.
Täglich: „Auf Helgoland“.
Sonntag: 2 Vorstellungen Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): „Die lustigen Heidelberger“. Abends
7 ½ Uhr: „Auf Helgoland’.
Familien⸗Nachrichten. Verehelicht: Hr. Hauptmann Noeldechen mit Frl. Marie Rojahn (Nanke).
Geboren: Eine Tochter: Hrn. Graf von Steinberg⸗Brüggen (Schloß Brüggen, Hatnover). — Hrn. Gen.⸗Lieut. z. D. Frhrn. Eller⸗Eberstein (Hannover).
Gestorben: Hr. Hauptmann a D. Ulrich von Dewitz, genannt von Krebs, auf Weitenhagen und Veltheim (Berlin). — Hr. Pastor em Hermann Viedebantt (Bonn). — Hr. Major a. D. Julius Alexander Heinrich von Prittwitz und Gaffron aus dem Hause Rosen (Biebrich).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Verlin: — Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Aastalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 322.
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Königreich Preußen.
Privilegium 111“ wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Remscheid im Betrage von
3 000 000 ℳ Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.
Nachdem die Stadtverordneten⸗Versammlung zu Remscheid unterm 21. April 1891 beschlossen hat, die zur Erbauung einer Thal⸗ sperre und Erweiterung der Wasserversorgungs⸗Anlagen, zur Er⸗ bauung eines städtischen Schlachthofes und einer städtischen Bade⸗ anstalt, zur Rückzahlung vorhandener Schulden, zu Eisenbahnzwecken u. s. w. erforderlichen Mittel im Wege einer Anleihe zu beschaffen, wollen Wir auf den Antrag der gedachten Stadtvertretung, zu diesem Zweck auf den Inhaber lautende, mit Zinsscheinen versehene, Seitens der Gläubiger unkündbare Anleihescheine im Betrage von 3 000 000 ℳ ausstellen und nach Bedarf verausgaben zu dürfen, da sich hiergegen weder im Interesse der Gläubiger, noch der Schuldnerin etwas zu erinnern gefunden hat, in Gemäßbeit des §. 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1833 zur Ausstellung von Anleihescheinen zum Betrage von 3 000 000 ℳ, in Buchstaben: drei Millionen Mark Reichswährung, welche in Abschnitten von 5000, 2000, 1000 und 500 ℳ nach dem anliegenden Muster auszufertigen, mit vier Prozent jährlich zu ver⸗ zinsen und nach dem festgestellten Tilgungsplane durch Ausloosung oder Ankauf vom 1. Januar 1892 ab mit jährlich wenigstens Einem und einem halben Prozent des ursprünglichen Kapitals, vnter Zuwachs der durch die laufende Tilgung ersparten Zinsen, zu tilgen sind, durch gegenwärtiges Privilegium Unsere landesherrliche Genehmigung er⸗ theilen. Die Ertheilung erfolgt mit der rechtlichen Wirkung, daß ein jeder Inhaber dieser Antheilscheine die daraus hervorgegangenen Rechte geltend zu machen befugt ist, ohne zu dem Nachweise der Uebertragung des Eigenthums verpflichtet zu sein.
Durch vorstehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Rechte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Anleihe⸗ scheine eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht übernommen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. .
Gegeben Rominten, den 6. Oktober 1891.
D Wilhelm R. Herrfurth. Miquel. n
Regierungsbezirk Düsseldorf.
““ .
der Stadt Remscheid . . . te Ausgabe
Piichstec3ts W.
u über. .. Mark Reichswährung. “
Ausgefertigt in Gemäßheit des landesherrlichen Privilegiums vom 6. Oktober 1891 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf vom... ten 1891 Nr.. . Seite.... und Gesetzsammlung für 1891 Nr.. . . Seite . ).
Auf Grund des vom Bezirks⸗Ausschuß, Erste Abtheilung zu Düsseldorf, unterm 12. Mai 1891 genehmigten Beschlusses der Stadtverordneten⸗Versammlung vom 21. April 1891 wegen Aufnahme einer Schuld von 3 000 000 ℳ bekennt sich der unterzeichnete Ober⸗ Bürgermeister Namens der Stadt Remscheid durch diesen für jeden Inhaber gültigen, Seitens des Gläubigers unkündbaren Anleiheschein zu einer Darlehnsschuld von.. Reichsmark, welche an die Stadt Remscheid baar gezahlt worden und mit vier Prozent jährlich zu verzinsen ist.
Die Rückzahlung der ganzen Schuld von 3 000 000 ℳ erfolgt nach Maßgabe des genehmigten Tilgungsplanes mittelst Verloosung oder Ankaufs der Anleihescheine aus einem Tilgungsstocke, welcher vom 1. Januar 1892 ab mit ein und einem halben Prozent des ursprünglichen Kapitalbetrages unter Zuwachs der durch die laufende Tilgung ersparten Zinsen jährlich gebildet wird. 6
Die Ausloosung geschieht im Monat Mai jeden Jahres. Der Stadt bleibt jedoch das Recht vorbehalten, den Tilgungsstock zu ver⸗ stärken oder auch sämmtliche noch im Umlauf befindliche Anleihe⸗ scheine auf einmal zu kündigen. Die durch die verstärkte Tilgung ersparten Zinsen wachsen ebenfalls dem Tilgungsstocke zu.
Die ausgeloosten sowie die gekündigten Anleihescheine werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich be⸗ kannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt drei Monatc vor dem Zahlungstermine in dem „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger“, dem Amtsblatt der Köntiglichen Regierung zu Düsseldorf, der „Kölnischen Zeitung“, in der „Remscheider Zeitung“ und in dem „Bergischen Tageblatt“.
Geht eines dieser Blätter ein, so wird an dessen Statt von der Stadtverordneten⸗Versammlung mit Genehmigung des Königlichen Regierungs⸗Präsidenten in Düsseldorf ein anderes Blatt bestimmt.
Erfolgt die Rückzahlung der Schuld durch Ankauf, so ist der Betrag der angekauften Schuldverschreibungen alsbald, nachdem der Ankauf bewirkt ist, in gleicher Weise, wie die Rückzahlung durch Aus⸗ loosung bekannt zu machen.
Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 1. Juli und 2. Januar, von heute an gerechnet, mit vier Prozent jährlich verzinst.
Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der fällig gewordenen Zinsscheine beziehungsweise dieses Anlerhescheins bei der Stadtkasse zu Remscheid, und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins folgenden Zeit. Mit dem zur Empfangnahme des Kapitals eingereichten Anleiheschein sind die dazu gehörigen Zinsscheine der späteren Fälligkeitstermine zurückzuliefern. Für die fehlenden Zinsscheine wird der Betrag vom Kapital abgezogen. Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreißig Jahre nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die innerhalb fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden, nicht erhobenen Zinsen verjähren zu Gunsten der Stadt Remscheid. Das Aufgebot und die Kraftloserklä⸗ rung verlorener oder vernichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der §§. 838 und ff. der Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 1877 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 83) beziehungsweise nach §. 20 des Ausführungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 (Gesetzblatt Seite 281). Zinsscheine können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Doch soll dem⸗ jenigen, welcher den Verlust von Zinsscheinen vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist bei dem Ober⸗Bürgermeister zu Rem⸗ scheid anmeldet und den stattgehabten Besitz der Zinsscheine durch Vorzeigung des Anleihescheins oder sonst in glaubhafter Weise dar⸗ thut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung aus⸗ gezahlt werden.
Mit diefem Anleiheschein sind halbjährliche Zinsscheine bis zum Schlusse des Jahres ausgegeben. Die ferneren Zins⸗ scheine werden für zehnjährige Zeiträume ausgegeben werden. Die Ausgabe einer neuen Reihe von Zinsscheinen erfolgt bei der Stadt⸗ kasse zu Remscheid gegen Ablieferung der der älteren Zinsscheinreihe beigedruckten Anweisung. Beim Verlust der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheinreihe an den Inhaber des Anleihe⸗ scheines, sofern dessen Vorzeigung rechtzeitig erfolgt ist.
8 3
Zur Sicherung der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadt Remscheid mit ihrem Vermögen und ihrer Steuerkraft. Dessen zu Urkunde ist diese Ausfertigung eigenhändig unter⸗ schrieben worden. Remscheid, den .. Der Ober⸗Bürgermeister. (L. S.) (Eigenhändige Unterschrift.)
Eingetragen Kontrolbuch Seite... (Unterschrift.)
Kontrolbeamter.
Regierungsbezirk Düsseldorf. Zinsschein 1 . Reihe zu dem Anleihescheine der Stadt Remscheid u. te Ausgabe. Buchstabe .. . Nr. .. . über ... . Mark zu vier Prozent Zinsen Üüber. .. Maärt 1 Der Inhaber dieses Zinsscheines empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom .. ten.... ab die Zinsen des vorbenannten Anleihescheines für das Halbjahr vom . .. ten . bis 8.E mit Mark bei der Stadtkasse zu Remscheid.
Remscheid, den . . ten 189 ““ Der Oberbürgermeister.
Rheinprovinz.
ingetragen Kontrolbuch Seite ... (Unterschrift.) Kontrolbeamter. 8 Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit er⸗ hoben wird. 1 6 Anmerkung. Die Namensunterschrift des Ober⸗Bürgermeisters kann mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namensunterschrift des Kontrol⸗ beamten versehen werden.
Rheinprovinz. Regierungsbezirk Düsseldorf. Anweis ung zu dem Anleiheschein der Stadt Remscheid. .te Ausgabe. Buchstabe Nr.. über Mark.
Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleihescheine die . . . Reihe von Zinsscheinen für die zehn Jahre von bis. bei der Stadtkasse zu Rem⸗ scheid sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden Inhaber des Anleihescheines dagegen Widerspruch erhoben wird.
Remscheid, den . ten
Der Ober⸗Bürgermeister.
Eingetragen
Kontrolbuch Seite ...
(Unterschrift.) Kontrolbeamter.
Anmerkung. Die Namenzunterschrift des Ober⸗Bürger⸗ meisters kann mit Lettern oder Faesimilestempeln gedruckt werden, doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namens⸗ unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.
Die Anweisung ist zum Unterschiede äauf der ganzen Blatt⸗ breite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken: 8
.. ter Zinsschein. ...ter Zinsschein.
Anweisung.
Rekursentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts.
(1040.) Ein in einer Fabrik als Lackirer angestellter Arbeiter pflegte auf Veranlassung der Ehefrau des Direktors und Mitbesitzers der Anlage allwöchentlich das Bohnen der Fußböden in dem Wohn⸗ hause des letzteren zu besorgen. Als er eines Tages in der Küche dieses Wohnhauses mit der Herstellung der zu seiner Arbeit erford erlichen Bohnermasse beschäftigt war, entzündete sich diese, und der Arbeiter erlitt so erhebliche Brand⸗ wunden, daß er am folgenden Tage verstarb. Den von den Hinter⸗ bliebenen erhobenen, von der Berufsgenossenschaft und dem Schieds⸗ gericht zurückgewiesenen Entschädigungsanspruch hat das Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt im Hinblick auf das Ergebniß der von ihm veranlaßten weiteren Beweisaufnahme mittelst Urtheils vom 23. Februar 1891. als begründet anerkannt. Diese hatte nämlich ergeben, daß das zur Fabrikanlage gehörige Wohnhaus des Direktors im Geviert der Fabrik⸗ anlage und unmittelbar neben den eigentlichen Fabrikgebäuden belegen war. Ferner war festgestellt worden, daß dem Verstorbenen außer dem Lackiren der in der Fabrik hergestellten Gegenstände (wie Pumpen, Röhren und dergleichen) die Ausführung der sämmtlichen innerhalb des Fabrikkomplexes vorkommenden Anstreicherarbeiten einschließlich der für das Wohnhaus erforderlichen übertragen gewesen war, ohne daß er hierfür besondere Vergütungen neben seinem als Fabrikarbeiter bezogenen Lohn erhielt. Es war endlich erwiesen, daß der Arbeiter die Materialien, deren er zur Herstellung der zu verwendenden Farben, Lacke und Firnisse bedurfte, stets den Fabrikvorräthen entnommen, die erforderlichen Mischungen aber in der Regel in einem nicht im Wohnhause des Direktors, sondern in einem besonderen Gebäude belegenen Anstreichzimmer hergestellt hatte. Bei dieser Sachlage stand die Arbeit, bei deren Ausführung der Ver⸗ storbene verunglückte, mit dem versicherungspflichtigen Fabrikbetriebe in so wesentlicher Beziehung, daß ein ausreichender ursächlicher Zu⸗ sammenhang zwischen dem letzteren und dem Unfall als gegeben er⸗ achtet werden mußte. Insbesondere lag kein Grund vor, die von dem Verstorbenen während der in der Fabrik üblichen Betriebszeit unternommene Arbeit, welche lediglich die Instandhaltung der Fuß⸗ böden des mit Recht als Direktionswohnung bezeichneten Wohnhauses bezweckte, eben um deshalb als außerhalb des Rahmens des ver⸗ sicherungspflichtigen Betriebes liegend anzusehen, weil der Arbeiter, sei es aus Bequemlichkeit, sei es aus Zweckmäßigkeitsgründen, zur Herstellung der zum Bohnen erforderlichen Masse den Herd in der Küche des Wohnhauses benutzt hatte. Die Arbeit diente immerhin, wenn auch nur unmittelbar, den Interessen des Fabrikbetriebes, und es kann nicht darauf ankommen, an welcher Stelle der ausgedehnten Fabrikanlage sie gerade vorgenommen worden ist, wenn nur, wie hier, der Verletzte bei ihrer Ausführung sich weder zeitlich noch örtlich aus dem Banne des Betriebes entfernte (zu vergleichen die Rekursent⸗ scheidungen 523, 531 und 601, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 228, 240 und 325).
(1041.) Ein in einer chemischen Fabrik angestellter Chemiker batte sich bei seinem Dienstantritt dem Betriebsinhaber gegenüber
schriftlich dahin verpflichtet, daß alle von ihm während der Zeit seines
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ts⸗Anzeiger.
1891.
Engagements gemachten Verbesserungen und Erfindungen als für den Betrieb des Arbeitgebers gemacht gelten sollten. Er kündigte das Dienstverhältniß zum 1. Januar 1890. Da der Betriebsinhaber be⸗ sorgte, jener könne die letzte Zeit seines Aufenthaltes dazu benutzen, sich gewisse Betriebsgeheimnisse zur späteren Verwerthung im eigenen Interesse anzueignen, so ersuchte er ihn bereits im November 1889, die Betriebsräume nicht mehr zu betreten und keinerlei dienstliche Ver⸗ richtungen in dem Betriebe oder für denselben mehr vorzunehmen Der Chemiker ging hierauf mit dem Bemerken ein, daß er von nun ab seine dienstlichen Beziehungen zu der Firma als gelöst betrachte. Weiterhin wurde vereinbart, daß der Chemiker in seiner Dienst⸗ wohnung noch für einige Tage verbleiben dürfe, um inzwischen ein ander⸗ weites Unterkommen zu suchen, und daß ihm sein Gehalt, sowie eine Entschädigung für das Aufgeben der freien Wohnung bis zum 1. Januar 1890 gezahlt werden sollte. Während jener Tage, in degen er noch in der Dienstwohnung verweilte, erlitt der Chemiker bei einem mißglückten Experiment, welches er daselbst vornahm, einen tödtlich verlaufenden Unfall. Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie wies den Entschädigungsanspruch der Hinterbliebenen des⸗ halb ab, und das Reichs⸗Versicherungsamt hat sich durch Rekurs⸗ entscheidung vom 20. April 1891 dieser Auffassung angeschlossen. Nach der ganzen Sachlage mußte angenommen werden, daß der Ver⸗ unglückte im Augenblicke des Unfalles experimentirt hat, um eine Erfindung im eigenen Interesse fertig zu stellen. Nach der von ihm eingegangenen ursprünglichen Verpflichtung hätte zwar die Erfindung, wenn sie gelang, als zu Gunsten des Be⸗ triebes gemacht, der Unfall also als bei dem Betriebe erfolgt gelten müssen, sofern jene Verpflichtung noch fortbestanden hätte. Dies war indessen nicht der Fall. Denn im beiderseitigen Einverständniß der Betheiligten war das dienstliche Verhältniß des Chemikers zu dem Betriebe vollständig beendigt; lediglich ein Geldanspruch gegen seinen früheren Arbeitgeber war ihm verblieben. Der Betriebsinhaber würde selbst wenn er dies beabsichtigt hätte, nicht mehr in der Lage gewesen sein, die Erfindung, falls das Experiment gelungen wäre, als im Be⸗ triebe und für den Betrieb gemacht mit Erfolg zu beanspruchen.
(1042.) Ein in einer chemischen Fabrik beschäftigter Schlosser starb an einer Vergiftung infolge des Genusses von Methylalkohol den er aus den Vorräthen der Fabrik entnommen hatte, obgleich die Arbeiter der Fabrik durch Warnungstafeln auf die Gefährlichkeit des gedachten Stoffes als Genußmittel hingewiesen worden waren. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat, in Uebereinstimmung mit dem Schieds⸗ gericht, den von den Hinterbliebenen erhobenen Entschädigungsanspruch durch Rekursentscheidung vom 23. Februar 1891 zurückgewiesen, indem es das Vorliegen eines Betriebsunfalls verneinte, da der Arbeiter dadurch, daß er den gesundheitsschädlichen Methylalkohol genoß, einer Gefahr erlegen ist, welche mit dem Betriebe an sich in keinem Zu sammenhange stand. Selbst wenn man den Methylalkohol an sich als Betriebsmittel ansehen wollte, so hörte diese Eigenschaft jedenfalls dann auf, wenn ihn der Arbeiter zu einem dem Betriebe vollständig fremden, mindestens aber mit diesem in keiner Verbindung stehenden Zwecke, dem eigenen Genusse, aus freien Stücken verwendete (zu ver⸗ gleichen die Entscheidungen 567, 611, 695 und 884, „Amtliche Nach⸗ richten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 290, 333, 1889 Seite 192 und 1890 Seite 508).
(1043.) Ein Arbeiter, welcher sich durch einen unbestrittenen Betriebsunfall eine Quetschung zugezogen hatte, sollte von einer da durch entstandenen gefährlichen Geschwulst mittelst einer schwere Operation unter Chloroformnarkose befreit werden, nachdem er vor⸗ her von dem behandelnden Arzt auf ein etwa vorhandenes Herzleiden untersucht, ein solches ab ernicht festgestellt worden war. Im Uebrigen war er von ängstlicher Gemüthsart und seine Konstitution durch da Leiden und die damit zusammenhängenden Kuren geschwächt. Während der Vorbereitungen zur Operation, die ihn in hochgradige Aufregung versetzten, starb er plötzlich, bevor die Chloroformirung überhaupt be⸗ gonnen hatte, an einem Herzschlage. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat durch Entscheidung vom 10. Juli 1891 den Rekurs der Berufs⸗ genossenschaft gegen das Urtheil des Schiedsgerichts, welches den Tod als eine Folge des Betriebsunfalls erachtet und der Wittwe und den Kindern eine Rente zugesprochen hatte, zurückgewiesen und in den Gründen unter Anderem Folgendes ausgeführt: Da die äußere Untersuchung des Verletzten irgend welche Anzeichen für ein organisches Herzleiden nicht ergeben hatte, so ist nach dem ärztlichen Gutachten mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß der Herzschlag welchem der Verstorbene erlegen ist, eine Folge der hochgradigen seelischen Aufregung und der Furcht vor der Operation war, welch zur Beseitigung eines durch Betriebsunfall verursachten Leidens vor
enommen werden sollte. Der Tod war hiernach die mittelbar
olge des Betriebsunfalles beziehungsweise des Leidens, welches sich der Verstorbene durch denselben zugezogen hatte (zu vergleichen da⸗ gegen die Rekursentscheidung 664, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 154). Wenn die Berufsgenossenschaft sich darauf stützt, daß rein seelische Vorgänge, wie sie hier vorliegen, den Zusammenhang zwischen Unfall und Tod nicht vermitteln können, vielmehr selber nur als Ursache des Todes in Betracht kommen können, so sind diese Ausführungen nicht zutreffend. Sie lassen will kürlich mit jenen seelischen Vorgängen eine neue selbständige Kausal reihe beginnen und verkennen damit das Wesen des ursächlichen Zu sammenhanges, indem sie außer Acht lassen, daß die Gemüths⸗ erregungen, die schließlich zum Tode führten, ihrerseits wieder durch den Unfall und seine Folgen zwar nur mittelbar, aber doch ganz wesentlich bedingt waren Gzu vergleichen die nachfolgende Entscheidung).
(1044) Der Führer eines Seeschiffes, welcher seit längerer Zeit an einer organischen Erkrankung des Herzens litt, ohne daß jedoch — laut ärztlichem Attest — dieser Zustand irgend einen Anlaß zu ernst⸗ lichen Befürchtungen geboten hätte, starb auf der Fahrt, während ein heftiger Typhon das Schiff und das Leben der Besatzung in hohem Grade gefährdete, plötzlich am Herzschlag. Die ärztlichen Gutachten sprachen es als sehr wahrscheinlich aus, daß der Tod in Folge der schädigenden Einflüsse des Typhon, insbesondere auch der dadurch bei dem Betroffenen hervorgerufenen Aufregung, eingetreten sei. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat unter diesen Umständen in Ueberein⸗ stimmung mit dem Schiedsgericht durch Urtheil vom 29. September 1890 das Vorliegen eines Betriebsunfalles anerkannt. Nicht nur äußere Verletzungen, sondern auch krankhafte innerorganische Vorgänge physischer wie psychischer Natur erscheinen als Unfall, wenn sie durch ein plötzliches äußeres Ereigniß im Körper des Betroffenen hervor⸗ gerufen werden. Es kann hier dahin gestellt bleiben, ob das Elementar⸗ ereigniß nicht auch — infolge des Atmosphärendruckes, der schweren Schwankungen des Schiffes u. s. w. — unmittelbar physisch schädigend auf den Körper des Schiffers eingewirkt hat; jedenfalls spricht eine dem vollen Beweise sich ausreichend nähernde Wahrscheinlichkeit dafür daß die unmittelbar drohende Lebensgefahr und das Gefühl der au ihm lastenden Verantwortung den Schiffer in eine hochgradige Auf⸗ regung versetzt hat, die — wie dies bei Herzleidenden notorisch der Fall ist — wohl geeignet war, einen ungunftigen Einfluß auf sein Leiden auszuüben, und ihn auch thatsächlich ausgeübt hat. Mithin muß das Elementarereigniß als wenigstens mitwirkende Ursache für den plötzlichen Tod des Schiffers angesehen werden, und dies genügt zur Annahme eines Betriebsunfalls (zu vergleichen die vorstehende Entscheidung).