1891 / 256 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

88

Theater und Musik.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.

Gestern Abend wurde „Die Basoche“, komische Oper von Carré, deutsch von R. Gense, Musik von A. Messager, zum ersten Male aufgeführt. Zum Verständniß des Textes ist eine Er⸗ klärung der „Basoche“ erforderlich. Sie war zur Zeit der Regierung König Ludwig's XII. von Frankreich, also zu Beginn des 16. Jahrhunderts, eine Zunft der Pariser Parlaments⸗Advokaten, die unter verschiedenen anderen Vorrechten auch das hatte, sich alljährlich ihren König zu wählen, der in feierlicher Audienz vom König von Frankreich empfangen wurde. Die Würde des Königs der Basoche erlangt, als Sieger gegen den Mitbewerber Roland, Clement Marot, der aber seine Ehe mit Colette verbeim⸗ lichen muß, weil zum König dieser Zunft nur ein Unvermählter ge⸗ wählt werden darf. Die junge Frau ist aus einem kleinen Orte ihrem Gatten heimlich nach Paris gefolgt, um ihn auf⸗ zusuchen, und findet ihn kurz vor der Stadt in dem Gasthof zur „Zinnernen Schüssel“, von wo der feierliche Einzug des Königs der Basoche beginnen soll. Gleichzeitig ist in der Nähe dieses Gasthofes die zur Gemahlin des Königs Ludwig's XII. bestimmte Schwester des Königs Heinrich VIII. von England, Marie, in Begleitung des Herzogs von Longueville, dem sie in Vertretung des Königs angetraut war, angekommen, um von hier ihren feierlichen Einzug in Paris zu halten. Das Zusammentreffen dieser beiden Paare in dem kleinen Gasthofe ist Veranlassung zu einer ganzen Reihe der lustigsten Verwechselungen, die, wenn auch nicht immer geistreich erdacht, doch zumeist sehr komisch wirken und einen unterhaltenden Stoff für den Text der Oper bieten. Die den Text begleitende Musik von André Messager ist zum Theil bervorragend und steht ganz auf dem Boden der Richard Wagner'’schen Richtung; ganz besonders im zweiten Akt beim Vortrag der von Colette gesungenen Pastourelle und eines Duetts von Colette und Marie fand sie die wärmste Anerkennung der zahlreich versammelten Zuhörer. Unter den Darstellern muß megen des munteren humorvoben Spiels und wegen der guten gesanglichen Leistung Fräulein Collin in der Rolle der Colette in erster Reihe genannt werden, welcher Herr Steiner als König der Basoche Clement Marot gleichwerthig zur Seite stand. Fräulein Offeney als Marie von England war eine statt⸗ liche Königin von Frankreich und konnte wohl durch ihr Spiel, jedoch durch ihren Gesang weniger als sonst befriedigen Die Rollen des Herzogs von Longueville und des Guillot, des Wirths im Gasthaus zur „Zinnernen Schüssel“, wurden von den Herren Hanno und Steinberger in erheiterndster Weise, die vom Dichter stief⸗ mütterlich bedachte Rolle des Königs Ludwig von Herrn Epstein so gut gegeben, wie es die Dichtung zuließ. Für die vortreffliche Ausstattung und Einstudirung wurde nach dem zweiten und dritten Akt dem Direktor Julius Fritsche der gebührende Tank in der üblichen Weise abgestattet.

Philharmonie.

Die Ankündigung, daß Francesco d⸗Andrade in der Phil⸗ harmonie ein Concert geben würde, hatte die Erwartungen des Berliner Publikums auf das Höchste gespannt. Es war in der That von großem Interesse, dem als Sänger und Darsteller so bedeutenden Künstler im Concertsaal zu begegnen und es bewundern zu können, wie er auch in deutschen Liedern von Schumann durch tiefe Empfindung der Vortragsweise und durch musterhaft deut⸗ liche Aussprache, die den Romanen bei deutschem Text bekanntlich sehr schwer wird, excellirte. Sein klangvoller, bis in die Tenorlage mit Leichtigkeit hinaufgehender Bariton, der auch schnelle Passagen und Triller in allen Lagen mit der größten Klarheit auszuführen im Stande ist, kam in der Scene und Cavatine aus der Oper „Ernani“ von Verdi „Gran Dio!“ in dem Trinkliede aus „Hamlet“ von

Thomas sowie in dem Liede des Toreador aus Bizet's Oper „Carmen“ ganz vorzüglich zur „Ich grolle nicht“ und

Lieder

Geltung Die Schumann'’schen Ses „Pasto⸗

„Wanderlied“, sowie das

rale“ von Biset erregten einen solchen Enthusiasmus, daß der unermüdliche Künstler sich noch zu einigen Zugaben veranlaßt füblte. Die Begeisterung stieg hierauf zu einem solchen Höhepunkte, daß zahlreiche Damen ihm die Hände reichten. Die Pianistin Fräulein Marie Wonsowska aus Warschau, die unter Rubinstein's Leitung ausgebildet ist, trug zwei Sätze aus dem dritten Concert ihres Lehrers mit Begleitung des Orchesters und zwei kleinere Klaviersoli von Chopin und Moszkowski vor und ließ eine sehr sichere Technik und lebendige Ausdrucksweise erkennen. Das Orchester unter Leitung des Herrn Herfurth leistete in der Ausführung der „Karneval⸗Quverture“ von H. Berlioz, der sympbonischen Dichtung „Das Spinnrad der Ompbale“ von Saint⸗Sasns und in der Begleitung der Arien wiederum sehr Tüchtiges. 8

Im Berliner Theater folgt der auf morg ersten diesjährigen Aufführung des Fenuillet'schen Schauspiels „Montjoye“ gleich am Sonntag Abend die erste Wieder⸗ bolung, wäbrend am Sonntag Nachmittag „Julius Caesar“ und am Montag Esther“ und „Der Geizige“ gegeben werden. Das Lustspiel von Michael Klapp und Adolf Gerstmann „Die Komödie Seiner Durchlaucht“, das bei seiner Erstaufführung am Hoftheater zu Dresden einen bedeutenden Erfolg errungen hat und vom Königlichen Theater zu Hannover zur Aufführung erworben . ist, wird am Berliner Theater zur baldigen Darstellung vor⸗

ereitet.

Herr Gustav Kober hat von der Direktion des Lessing⸗Thea⸗ s. einen dreimonatigen Urlaub zu einem Gastspiel in New⸗York erhalten.

Im Residenz⸗Theater tritt morgen Abend in Daudet'’s Schauspiel „Das Hinderniß“ Herr Rudolf Rittner zum ersten Male als Didier auf. In die übrigen Rollen theilen sich die Damen Moser⸗Sperner (Marquise von Alein), Emmy Neumann (Maadalene), Josephine Pagay (Estelle de Castillon), Grete Risa (Noslie) und die Herren Reicher (Hornus), Lessing (Gerichtsrath) und Jarno (Sautecoeur).

Im Belle⸗Alliance⸗Theater geht morgen Nachmittag das Märchen „Die Heinzelmännchen“ wieder in Scene. Zur Abend⸗ Vorstellung bleibt das Ausstattungsstück „Jung⸗Deutschland zur See“ auch ferner noch auf dem Spieiplan.

Am Sonntag Mittag 12 Uhr findet, wie bereits mitgetheilt, in der Philharmonie die öffentliche Hauptprobe zum ersten Concert des Philharmonischen Chors (Dir. S. Ochs) statt; unter den Mitwirkenden befinden sich Fräulein Clotilde Kleeberg, die gemeinschaft⸗ lich mit Fraͤulein Emma Koch Mozart's Klavierconcert für zwei Klaviere spielen wird, und Herr Eugen Gura, der den Baritonpart in Mendelssohn's „Walpurgiesnacht“ und zudem Lieder am Klavier singt. Der Karten⸗ verkauf findet bei Bote u Bock statt. Im nächsten (zweiren) Philbharmonischen Concert unter H. von Bülow's Leitung, in dem Professor Joachim zum ersten Male das neue (britte) Bruch'sche Violinconcert spielt, gelangt auch Raff’'s Symphonie

Leonore“ zum ersten Male im Rahmen dieser Concerte zur Auf⸗

gesetzten

Mannigfaltiges.

Der Wirkliche Geheime Rath Professor von Helmholtz war, wie hiesige Blätter berichten. am Mittwoch Vormittag bei Beginn seiner Vorlesungen Gegenstand einer Huldigung, die ihm von seinen Zuhörern bereitet wurde. Als er den kleinen Hörsaal im Phvsikalischen Institut der Universität betrat, um sein angekündigtes Kolleg über die mathematische Theorie der Elektrodynamik zu be⸗ ginnen, fand er Tisch und Demonstrationstafel mit Lorbeerguirlanden umzogen. Bei seinem Eintritt erhob sich das Auditorium, in dessen Namen Herr Hartmann dem Jubilar nachträglich die Glückwünsche zum 70. Geburtstage darbrachte.

Ssosnowice, 29 Oktober. einer Meldung des „D. B. H

In Dombrowna⸗Gornicza ist nach * in der Kohlengrube „Paris“ ein

Kohlenschacht eingestürzt. Fünf Bergleute sind verschüttet

und todt.

Rom, 26. Oktober. Ober⸗Italien ist in den letzten Tagen

8

von wolkenbeuchartigen Regengüffen heimgesucht worden, die

an vielen Orten zu Ueberschwemmungen und schwerem Schaden geführt haben. Die am Stärksten mitgenommenen Gegenden sind nach einer Mittheilung der „Köln Z.“ im Alpen⸗ gebiet das Veltlin und die Ufer des Comersees, die Provinzen Brescia und Udine, in der Ebene die Ufer des Po und seiner Neben⸗ flüsse Adda, Ticino, Tanara, die Provinzen Mailand, Pavia und Alessandria, an der Riviera die Umgebung von Savona und Sam⸗ pierdarena Verluste an Menschenleben sind nur in der Gegend von Lecco zu beklagen, wo das Dach einer im Bau begriffenen Villa in Folge des Regens einstürzte und zwei Maurer erschlug, mehtere andere verwundete. Der an Feldern, Bäumen und Gebäuden fowie an Wegen und Brücken angerichtete Schaden ist allenthalben, wo das Unwetter gehaust hat, bedeutend. Am Meisten haben aber die Eisen⸗ bahnlinien gelitten, auf denen durch Ueberschwemmung, Unterspülung Felsstürze und dergl, zum Theil andauernde Verkehrestörungen ver⸗ anlaßt worden sind, so u. A. auf den Strecken Savona San Giu⸗ seppe, Alessandria Acqui, Novara Domodossola, Genua Pisa und Sondrio Colico. Folge der Regengüsse hat neueren Nachrichten zufolge ungewöhnliche Vorsichtsmaßregeln veranlaßt. In Ferrara, Rovigo, Mantua werden noch gefährliche Ueberschwemmungen befürchtet.

Rom, 26. Oktober. Die Bevölkerung der Insel Pantel⸗ leria versetzt war, beginnt sich, wie der „Köln. Z.“ berichtet wird, all⸗ mählich wieder zu beruhigen. Da nur noch schwache Erschütterungen in längeren Zwischenräumen verspürt werden und die Eruptionen an Stärke verloren haben, kehren die Bewohner aus ihren Nothzelten in ihre Häuser zurück Der Präfekt von Trapani, der aus Sizilien berübergekommen war, um allenfalls erforderliche Sicher⸗ heitsmaßregeln anzuordnen, bat die Insel wieder verlassen. In⸗ zwischen hat auch der von der meteorologischen Centralstelle in Rom nach Pantelleria entsandte Professor Ricco aus Palermo den neu⸗ gebildeten Krater in einem Boot besucht und theilt mit, daß auf der Meeresfläche zahlreiche Blöcke schwimmen, die innen weißglühend sind und von Zeit zu Zeit platzen. Eine Untersuchung des Kraters mit dem Senkblei ließ bei 326 m Tiefe noch keinen Grund finden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Stuttgart, 30. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten nahm den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Civilliste um 200 000 ℳ, mit 83 gegen 3 Stimmen an. Die Kammer begann sodann die Berathung der Antwortadresse auf die Thronrede.

Bern, 30. Oktober. (W. T. B.) Der Bundesrath hat die vier erledigten Divisions⸗Kommandos durch die Obersten Techtermann in Freiburg (2. Division), Schweizer in Zürich (4. Division), Meister in Zürich (6. Division) und Fahrländer in Aarau (8. Division) besetzt.

Kopenhagen, 30. Oktober. (W. T. B) Den letzten

Das andauernde Steigen der Flüsse als

Bestimmungen zufolge wird der Kaiser von Rußland den 1

Landweg nehmen und morgen mit der Kaiserlichen Familie über Füͤnen nach Fridericia, wohin der russische Hofzug dirigirt worden ist, abreisen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 30. Oktober, Morgens 8 Uhr.

V

Weingartner.

von Bretzner.

Wetter. Herr.

Bar. auf 0 Gr. [u. d. Meeressp . red. in Millim

8 8

Temperatur

in 0 Celsius

Max Grube. Mullaaghmore Nebel Sonntag: Aberdeen wolkig Christiansund 6 bedeckt Kopenhagen. 2 halb bed. Stockholm 2 wolkig aparanda 2 wolktig t. Petersburg 2 wolkig Moskau . . . 1 bedeckt Cork, Queens⸗

.

gartner.

Franen. õL'Arronge. Max Grube.

& O S SoUm 5⁰ C = 4⁰0 R

3 bedeckt 4 heiter 1 halb bed. still halb bed. 1 wolkenl. ¹) 1 wolkig²) 1 Schnee NO 1 bedeck ³) NO 2 wolkenlos N 1 wolkenlos NO 2 wolkenlos NO 3 wolkenlos NO 5 wolkenlos NW 1 Schnee 5 N 3 halb bed. ⁴) N 3 wolkig 773 NW 1 bedeckt 766 ONO 6 wolkenlos 762 O 1 wolkenlos 766 ONO wolkenlos 5 burg.

Die Sklavin. wig Fulda.

Z“] Hamburg. Swinemünde Neufahrwasser Memel

ünster... Karlsruhe .. Wiesbaden. München .. Chemnitz .. Berlin.. Wien ... Breslau. Ile d'Aix .. Wits EEt

1¹) Reif. ²) Nachm. u. Nachts Schnee. ³) Nachts Schnee. ⁴) Mittags Graupeln und Schnee.

Uebersicht der Witterung.

Fast ganz Europa steht unter dem Einflusse eines HPechegens g. dessen Kern über dem südlichen

ordseegebiet liegt. Ueber Central⸗Europa dauert die vorwiegend nördliche und nordöstliche Luftströmung bei kalter heiterer Witterung fort, nur an der ost⸗ deutschen Küste sowie in Sachsen fällt stellenweise Schnee. Die Temperatur liegt in Deutschland er⸗ heblich unter dem Mittelwerthe, in Münster, Han- Oper in 3 nover, Karlsruhe und München um 8 Grad. Fast überall fanden Nachtfröste statt, im Binnenlande und an der ostpreußischen Küste herrscht meist noch Frost⸗ wetter. Dagegen ist es in Bodö um 12 ½ Grad wärmer als in München, und um 2 Grad wärmer als in Lesina. Aussichten auf wärmeres Wetter sind

zunächst nicht vorhanden. Deutsche Seewarte. burg.

Theater⸗Anzeigen. Rönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗

aus. 222. Vorstellung. Cavalleria rusti- cana (Bauern Ehre). 1 Aufzug, nach

—22ö2ö2ö-2

22ö2ö2ͤö2ö2öIög

Montjoye.

SDiill

oGE SAo wE† PE 0SSRX

III1 OSrbocnwototo eäbdeooeeeno

242ö22önö22ö2ngögögöönönöe

—₰½

Gewagte

Federmann.

(L'Obstacle).

.“

von Pietro Mascagni. Ober⸗ Whegisseums Dirigent: Kapellmeister Vorher: dem Serail. Oper in 3 Akten von Mozart. Text liches Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Scene gefetzt vom Ober⸗Regisseur Anfang 7 Uhr. Opernhaus. Zauberflöte. Oper in 2 Akten von Mozart. Text von Schikaneder. Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Wein⸗ Anfang 7 Uhr. 8 Schauspielhaus. 233. Vorstellung. 2Wohlthätige Lustspiel in 4 Aufzügen In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Anfang 7 Uhr.

Zeutsches Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:

Sonntag: Die Sklavin. Montag: Das Wintermärchen.

Berliner Theater. Sonnabend: Neu einstudirt. Anfang 7 Ubr. 8 Sonntag: Nachm. 2 ½ Uhr: Julius Cäfar. Abends 7 ½ Ubr: Montjoye. Montag: Esther. Der Geizige.

Tessing-Theater. Sonnabend: Die Groß⸗ stadtiuft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen⸗ thal und Gustav Kadelburg. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Die Großstadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadel⸗

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 12 Male:

Mittel. Francis Stabl.

gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Anfang 7 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ Sonnabend: Zum 1 Male: Das Hinderniß Schauspiel in 4 Akten von Alphonse 3 Daudet. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg.

Anfang 7 ½ Uhr

Sonntag und

Zelle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 93. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung dem gleich amigen V c von Verga. Musik] an Dekorationen, Koftümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗

siten, Beleuchtungseffecten ꝛc.

In Scene gesetzt vom

Die Entführung aus (7 Bildern) von Ernst Niedt. Rennen auf der Pferden. Anfang 7 ½ Uhbr. 232. Vorstellung. Der neue Nachmittags 3 ½ Uhr:

letzten Male: 223. Vorstellung. Die Fauteuil und Parquet 1 In Scene gesetzt vom Ober⸗ Die nächste Volks⸗Vorstellung tag, den 8. November, statt. langt: Der Verschwender.

von Adolpb

4 Akten von Leon Görß.

Schauspiel in 4 Aufzügen von Lud- Görß on ständig neuen Kostümen.

Bukacz. Anfang 7 ½ Uhr.

Thomas-Theater.

Direktion: Emil Thomas. Unruhige Zeiten, oder:

A. Conradi und J. Doebber. Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.

Jung⸗Deutschland zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten

Im 6. Bilde: Wirk⸗ Bühne

Sonntag: Jung⸗Deurschland zur See.

Kinder⸗Nachmittags⸗Vor⸗ stellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Zum vor⸗ Die Heinzelmännchen. Märchen⸗ Komödie mit Gesang und Tanz von Oscar Klein.

zu Volkspreisen

(sämmtliche Plätze des Theaters 1 ℳ) findet Sonn⸗ Zur Auffühtung ge⸗

Vorverkauf von heute ab an der Kasse.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 61. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in Treptow. Couplets von Gustav

Musik von Gustav Steffens. Die neuen Dekorationen

sind aus dem Atelier der Herren Wagner und In Scene gesetzt von Adolph Ernst.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Alte Jakobstraße 30.

Sonnabend: Z. 10 M.: 7 Lietze’s Memoiren. mit Hrn. Hauptmann von Festenberg⸗Pachisch

Posse mit Gesang in 3 Akten (8 Bildern) von (Köln Tropitten bei Königsberg). Frl. Carla Emil Pohl für das Thomas⸗Theater neu bearbeitet.

Die neuen Couplets von A. Bender. In Scene gesetzt von

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

——-———

und infcenirt vom Dir. E. Renz. schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer

von lebenden

Oceana Renz. Jeu de la rose, geritten von Frl. Clot, Hager und Mlle Theresa. 6 Trakehner Rappbenaste, zusamm. dressirt und vorgef. von Hrn. Franz Renz Walküren⸗Manöver, geritten von 16 Damen. 3 Athleten zu Pferde, von den Gebr. Briatore. Mlle. Theresa auf dem 20 Fuß hohen Drahtseil. Mlle. Adeèle, Parforcereiterin. Mr. F Chiarini, Jockeyreiter. Mr. Adolf Delbosg, Saltomortalesreiter ꝛc. Komische Intermezzos von sämmtlichen Clowns. Sonntag: 2 Vorstellungen Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): „Die lustigen Heidelberger“. Abends 7 ½ Uhr: „Auf Helgoland“.

Von heute ab bleibt die Circus⸗Kasse an Wochen⸗ tagen von 2 bis 4 Uhr Nachmittags geschlossen.

Mit voll⸗ AATer Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Mathilde Freund mit Hrn. Ober⸗

Bergrath Ziemann (Breslau). Frl. Jerta

Maurer mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Karl von Gilsa (Berlin Jüterbog). Frl. Anna Oldenkott mit

Essen, Ruhr). Frl. Elisabeth von Sodenstern

von Bredow mit Hrn. Pastor Heinrich Stollbrock (Buchow⸗Carpzow Fürstlich Drehna). Frl. Emily Göbell mit Hrn. Pastor Friedrich Andrae (Stettin⸗Neutorney —Ribbe kardt bei Greifenberg

Musik von

i. P.). Verehelicht: Hr. Realgymnasiallehrer Georg

Concerte. Lastipiel in 3 Akten von 8ing =2 Hierauf, auf allgemeines Ver⸗

Concert-Haus.

Wilhelmstädtisches Theater. Domsängers Herrn Wilh. Rieke.

sesungen von Herrn Rieke. Deulsch von R. Cung 8 In Scene

kademie. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Lieder⸗Abend von Josef Waldner, Bariton.

langen: Cavalleria Berolina. üAnfang 7 ½ Uhr. 88 Sonntag u. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Friedrich - Sonnabend: Mit neuer Ausstattung und verstärktem Orchester: Zum 3. Male: Die Basoche. Komische Akten von Carré. Genée. Musik von André Messager.

Sonnabend Concert unter freundlicher Mitwirkung des Königl. Anfang 7 Uhr.

Arie a. d. Op. „Johann von Paris“ v. Boildieu, Phantasie a. d. Oper „Cavalleria rusticana“ von Mascagni. „Am Rbein und beim Wein“ von Ries, gesungen v. Herrn Rieke.

Schulz mit Frl. Margarethe Bach (Berlin). Hr. Rittmeister Frhr. von Milkau mit Frl. Sophie Jenny (Dresden).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Rechtsanwalt Peyser (Wreschen). Hrn. Gerichts⸗Assessor Wertheim (Brandenburg a. H.)

Gestorben: Hr.

Karl Meyder⸗ Meoellendorff (Berlin) Hr. Regierungs⸗Bau⸗

Colmar, geb. Lüdecke (Zützen). Hrn. Rittmeister

Frhrn. E. Grote Sohn Eberhard (Trier)

Verw Fr. Pastor Mathilde Boetticher, geb Ollen⸗

Frhr. von Buddenbrock Hettersdorff (Ossen) rn. Oberst⸗Lieut. z. D. von Hellvorff Sohn

wissenschaftlichen Theater. zetlel.

llrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im Näheres die Anschlag⸗

Leopold (Naumburg, Saal⸗). Hr. Sanitäts Rath, Stabsarzt a. D. Dr. Ferdinand Wehs

(Bad Landeck i. Schl.).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Dampfschiss⸗ und

Circus Renz. Sonnabend: Abends 7 ¼ Uhr: Gala⸗ Vorstellung. „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“, gr. hodrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abthei⸗ lungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. f Bootfahrten, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt

Berlin: —— Verlag der Expedition (Scholz). Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen

Wasserfällen,

Kunst⸗ 8

Höbe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außerdem: Konkurrenz⸗Reiten von Frl. Clot. Hager und ha 8

8

Hrn. Rechlsanwalt Wilbelm Altenberg (Ahaus

8

Sanitäts⸗Rath Dr. Wilhelm

meister Carl Adam (Berlin). Fr. Marie von

roth (Berlin). Hr. Landrath a. D Richard

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Erste Beilage

8

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußis

No. 256.

Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts, Abtheilung für Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

59) Nach § 156 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ gesetzes ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf Invalidenrente während der Uebergangszeit von der Voraussetzung abhängig, daß mindestens für die Dauer eines Beitragsjahres auf Grund der Ver⸗ sicherungspflicht die gesetzlichen Beiträge entrichtet worden sind. Auf eine Anfrage, ob auf die hiernach erforderliche Zeit eines Beitrags⸗ jahres auch Krankheiten und Zeiten militärischer Dienstleistungen gemäß §. 17 Absatz 2 a. a. O. anzurechnen seien, hat das Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt, vorbehaltlich seiner instanziellen Entscheidung, unter dem 14. Mat 1891 bejahend geantwortet. Schon der Umstand daß der §. 17 Ab⸗ satz 2 a. a. O für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes die be⸗

scheinigten Krankheiten und die Zeiten militärischer Dienstleistungen.

unter bestimmten Voraussetzungen der Beitragszeit allgemein gleich⸗ stellt, führt dazu, diesen Grundsatz auch auf die im §. 156 a. a. O. vorgeschriebene Pflichtzeit anzuwenden. Hierfür spricht aber auch die Entstehungsgeschichte rves Gesetzes. Der dem jetzigen §. 156 ent⸗ sprechende frühere §. 147 a enthielt nach der in der ersten Lesung der Reichstagskommission beschlossenen Fassung die ausdrückiche Be⸗ stimmung, daß für die Erlangung der Invalidenrente die Versicherten während eines Beitragsjahres die gesetzlichen Beiträge leisten „oder auf Grund des §. 13 Absatz 2 (das ist der jetzige § 17 Absatz 2) von der Leistung befreit“ sein müßten. Obgleich nun bei der von der Kom⸗ mission in zweiter Lesung angenommenen Fassung die bervorgehobenen Worte gestrichen worden sind, so geht doch ebensowohl aus dem Kom⸗ missionsbericht wie aus den Originalprotokollen der Kommission her⸗ vor, daß mit jener Streichung eine sachliche Aenderung der früheren Bestimmung nicht bezweckt war, sondern daß die neuere, in das Gesetz übergegangene Fassung nur aus redakrionellen Gründen gewählt wor⸗ den ist (u vergleichen „Stenographische Berichte über die Verhand⸗ lungen des Reichstages“ 7. Legislaturperiode IV. Session 1888/89 5. Band Seite 941, 985).

60) Hinsichtlich der Ausübung der den Vorständen der Ver⸗ sicherungsanstalten nach §§. 142 ff. des Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesectzes zustehenden Strafbefugniß hat das Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt mittelst Verfügung vom 1. August 1891 sich dahin ge⸗ äußert, daß der Erlaß von Strafverfügungen gegen diejenigen Arbeit⸗ geber, welche es unterlassen, die Beitragsmarken nach §. 109 Absatz 2 a. a. O. „in fortlaufender Reihe“ einzukleben, weder für zulässig noch für zweckmäßig erachtet werden könne Unzulässig erscheint die Fest⸗ setzung einer Strafe deswegen, weil der Thatbestand der in den §§. 142 ff. a. a. O. bezeichneten Handlungen und Unter⸗ lassungen ein anderer ist, als in dem hier in Rede stehenden Falle. Insbesondere ist es nicht angängig, den

143 a. a. O. zur Anwendung zu bringen, da nach dieser Bestimmung nur die unterlassene „vrechtzeitige“ Ver⸗ wendung von Marken „in zureichender Höbe und in vorschriftsmäkiger Beschaffenheit“ mit Strafe bedroht wird, wäbrend die im § 109 Absatz 2 a a. O. getroffene Bestimmurg über die Art der Einklebung der Marken lediglich eine Ordnungsvorschrift ist, deren Verletzung im Gesetz weder ausdrücklich unter Strafe gestellt ist, nech auch im Wege einer ausdehnenden Interpretation nach den im Gesetz gegebe⸗ nen Strafvorschriften beurtheilt werden kann. Eine solche aus⸗ dehnende Anwendung von Strafvorschriften würde allgemeinen Rechts⸗ grundsätzen widersprechen. Dazu kommt, daß, wie die Motive zum Gesetz Gu vrergleichen „Stenographische Berichte über die Verhand⸗ lungen des Reichstages“ 7. Legislaturperiode IV. Session 1888/89 4. Band Seite 99) hervorbeben, eine Bestrafung der Arbeit⸗ geber nur dann einzutreten haben wird, wenn denselben eine böswillige Absicht oder eine grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen ist; eine Fest⸗ stellung in dieser Beziehung wird sich aber gegen denjenigen kaum jemals treffen lassen, welcher rechtzeitig Marken in zureichender Zahl und in vorschriftsmäßiger Beschaffenheit verwendet, es aber unterläßt, sie in fortlaufender Reihe einzukleben. Ueberdies stellt sich auch die

Verhängung von Strafen in dem vorliegenden Falle keineswegs als

ein zweckmäßiges und wirksames Mittel dar, um die Befolgung des §. 109 Absatz 2 a. a. O. zu sichern. Mehr empfehlen würde es sich, wenn die Vorstände, sei es durch Vermittelung der Ortsbehörden, sei es in der Form einer selbst zu erlassenden Bekanntmachung, die Arbeitgeber auf die in Rede stehende Vorschrift des Gesetzes in be⸗ lebrender Weise aufmerksam machen wollten.

Zur Arbeiterbewegung.

In den sozialdemokratischen Versammlungen beschäftigt man sich jetzt aller Orten mit der Berichterstattung über den Erfurter Parteitag und fast überall werden Zu⸗ stimmungsresolutionen, namentlich auch zu den Beschlüssen des Parteitags über die „Berliner Opposition“ angenommen. In einer solchen Versammlung in Koln ließ sich, wie wir der „Köln. Ztg.“ entnehmen, der Berichterstatter über das Vorgehen des sozialdemokratischen Reichstags⸗Abgeordneten von Vollmar folgendermaßen aus:

Der Redner bedauerte, daß der Antrag Oertels (Vgl. N. 247 d. B.) nicht angenommen worden sei; zur Klarstellung innerbalb der Partei wäre es besser gewesen, über den Antrag Oertels abzustimmen, selbst auf die Gefahr hin, daß die Partei den Genossen Vollmar ver⸗ loren hätte. Es wären dadurch Mihhelligkeiten vermieden worden, die sich nunmehr bis zum nächsten Parteitag ganz gewiß herausstellen würden. Der Vertreter des Landkreises Köln erklaärte den Vollmar'⸗ schen Fall als völlig ausgeglichen uvnd begt die Ueberzeugung, daß die Parteidisziplin und das Machtwort des Parteitages die Opposition bald verschwinden lassen werde.

Ueber die Lohnbewegung der deutschen Buch⸗ drucker ist aus Berlin nach dem „Vorwärts“ mitzutheilen, daß dem Beschlusse der allgemeinen Buchdruckerversammlung vom letzten Mittwoch, in allen Druckereien die Forderungen der Gehülfenschaft den Arbeitgebern am gestrigen Tage vor⸗ zulegen, überall nachgekommen wurde. Folgende Firmen sollen die Forderungen bereits bewilligt haben.

1) Amelung. 2) Allgemeine Reichs⸗Korrespondenz. 3) Bading

(Vorwärts). 4) B 5 8. b ng 6) Fmhfrls) 1 9 Gensck u. Münch. 5) Denter u. Ricolas.

1 ensch. 8) Grohmann. 9) Hartmann. 10) Havn's Erben (Intelligenz⸗Blatt). 11) Hecht, Robert.

12) v. Holten. 13) Horn u. Raasch. 14) Kerskes. 15) Küchen⸗

e; 16) Lange. 17) Maurer, Werner u.

* Co. 18) Ptionier. 5 Ade Strauß, Adolf. 20) Ullstein (Berliner Zeitung).

stein (Sport⸗Zeitung und Die Welt). 22) Union (Borg⸗ mann). 23) Willmer.

8 Vorlegung der Forderungen kam es zu drei Arbeits⸗ nieder egungen und zwar bei L. H. Schumacher mit 43, Bernstein mit 33, und Cohn mit 5 Gehülfen.

Die Versammlung der Buchdruckereibesitzer, welche

Berlin, Freitag, den 30. Oktober

vorgestern hier in Berlin stattfand, nahm eine Resolution an, in der es Blättermeldungen zufolge heißt:

„Die Berliner Prinzipalität lehnt es ab, für Berlin gesonderte Vereinbarungen zu treffen, sondern hält solche nur durch die Vertreter der Allgemeinen Deutschen Prinzipalität und Gebülfenschaft für mög⸗ lich. Unter allen Umständen lehnt sie die Erhöhung des Lokal⸗ zuschlages sowie die Einführung etwaiger Lokalabschläge von dem allgemeinen Tarif entschieden ab, wird aber sonst einem auf obige Weise entstandenen allgemeinen Tarif ihre Zustimmung nicht versagen.“

In Stettin scheint einer Zuschrift der „Köln. Ztg.“ zufolge ein Ausstand der Buchdrucker unvermeidlich zu sein. Am Sonnabend findet noch eine Buchdrucker⸗Versammlung statt, zu der die Prinzipale eingeladen sind; doch dürfte es schwer zu einer Entscheidung kommen, da die Gehülfen von der Forderung der Neun⸗Stunden⸗Arbeit nicht abgehen wollen.

Aus Frankfurt a. M. meldet das „D. B. H.“, daß drei dortige große Zeitungsverleger eine Theuerungszulage von 5 % bewilligten bis nach Festsetzung des zu vereinbarenden neuen Tarifs. Die Verbandsmitglieder wollten hierauf nicht eingehen.

Aus Lerpzig berichtet die „Lpz. Ztg.“: Es vergeht jetzt kein Tag, an dem nicht Anzeigen über Ungebührlichkeiten und Un⸗ gesetzlichkeiten der in den Buchdruckerausstand schon einge⸗ tretenen oder noch eintretenden Arbeiter und Arbeiterinnen ein⸗ liefen. Die Zugänge zu den gesperrten Druckereien müssen bei Beginn und Schluß der Arbeitszeit polizeilich bewacht werden, um den Behelligungen der Arbeitenden nur einigermaßen zu steuern. Trotzdem fehlt es nicht an Beschimpfungen und Bedrohungen, die schon zu einer ziemlich hohen Zahl von Anzeigen geführt haben. Dies sind indessen nur bedauerliche Begleiterscheinungen jedes größeren Ausstandes. Neu dagegen ist wenigstens hier in Leipzig der Versuch, Maschinen und Arbeitsmaterial der gesperrten Druckereien zu be⸗ schädigen.

Die Schriftgießergehülfen Leipzigs haben am Mittwoch beschlossen, sich an dem Ausstande der Buchdrucker zu betheiligen. Es war zu diesem Behufe eine Versammlung einberufen worden, zu der sich einschließlich der Hülfsarbeiter etwa 400 Personen eingefunden hatten. Die letzte Ve sammlung der Schriftgießer hatte beschlossen, die Antwort der Prinzipale auf den von den Gehülfen ihnen vorgelegten neuen Tarif abzuwarten, ehe die Massenkündigung vor sich gehen sollte. Die Antwort lag gestern vor und enthielt eine runde Ablehnung des Tarifs, der die neunstündige Arbeitszeit (einschließlich der Pausen) und die Entlohnung nach der Gewichtsberechnung an Stelle der bisherigen Tausendberechnung, auch für einzelne Arbeiten eine sehr erhebliche Lohnerhöhung (bis zu 100 %) gefordert hatte. Die Versammlung beschloß, am 20. Oktober die Kündigungen einzureichen und das Ergebniß an demselben Tage in einer neuen Versammlung zusammerzustellen und bekannt zu geben. Eine von 500 Personen besuchte Versammlung der in den Druckereien und Schriftgießereien beschäftigten Arbeiterinnen und Hülfs⸗ arbeiter hatte am Dienstag denselben Verlauf wie die gleichzeitige Buchdruckerversammlung. (Vel. die gestrige Nr. 255 d. Bl.).

Der Schuhmachertag für Hessen, Hessen⸗Nassau und Frankfurt a. M., der am 25. d. M. in Frankfurt zusammentrat, nahm, wie der „Vorwärts“ mittheilt, eine Resolution an, in der den Buchdruckergehülfen für den Fall, daß sie zum Ausstande schreiten, thatkräftige Unterstützung zugesagt wird.

Die Arbeiter⸗Kontrollmarken kommen, wie der „Frkf. Ztg.“ aus Berlin geschrieben wird, in der Texlil⸗ branche unmer mehr als Kampfmittel der Arbeiter zur An⸗ wendung. Nachdem bereits seit längerer Zeit Arbeiter⸗Kontroll⸗ marken für Hüte und Wirkwaaren bestehen, soll nunmehr auch eine „Kontrollmarke deutscher Schneider und Schneiderinnen“ eingeführt werden.

Aus Bayreuth meldet ein Wolff’sches Telegramm, daß in dem Hofer Landesfriedensbruch Prozesse wegen der Revolte gegen die Siemens’schen Arbeiter bei der Kabellegung sieben An⸗ geklagte freigesprochen, die übrigen mit Freiheitsstrafen von drei Monoten Gefängniß bis zu 21 Monaten Zuchthaus belegt wurden.

Wie aus Mons telegraphisch berichtet wird, sind wegen der Theilnahme an den im März d J. im Kohlenrevier „Belle et bonne“ bei Flenu ausgebrochenen Unruhen sieben Bergleute zu Fts e von acht Tagen bis drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden.

In den Bergwerken von Auchel haben, wie „W. T. B.“ aus Arras meldet, bereits 1800 Grubenarbeiter die Arbeit ein⸗ Bergarbeiterlöhne in England.

Ein Bericht über die Lohnbewegung unter den Arbeitern in den britischen Bergwerken und Steinbrüchen gelangte dieser Tage in London als Blaubuch an die Oeffentlichkeit. Die Angaben sind jedoch von wenig aktuellem Interesse, da sie sich nur auf die Jahre 1885 und 1886 erstrecken. Beachtenswerth sind indeß die Bemerkungen des Herausgebers, Mr. Giffen, zum Schluß seines Berichts. Er weist darauf hin, daß seit den genannten Jahren eine allgemeine Lohnerhöhung stattgefunden, die sich auch auf die Kohlen⸗ und Bergwerksindustrie erstreckt hat. Nach seiner Be⸗ rechnung betrugen die im Jahre 1885 in der Kohlen⸗ und Bergwerks⸗ industrie zur Auszahlung gelangten Löhne 27 000 000 Pfd. Sterl., dagegen im Jahre 1890 43 000 000 Pfd. Sterl. Der Durchschnitts⸗ jahreslohn des einzelnen Mannes betrug 1885 52 Pfd. Sterl., 1890 mehr als 66 Pfd. Sterl. 10 sh, was einer Aufbesserung von mehr als 28 % gleichkommt.

Kunst und Wissenschaft.

It Die Königliche National⸗Galerie bereitet eine Sonderausstellung von Werken des unlängst verstorbenen, vielseitig und hoch beanlagten Karl Stauffer⸗Bern vor, die ein umfassendes Bild von dem Schaffen des allzu früh heimgegangenen Künstlers zu geben verspricht. Bekanntlich leistete Stauffer⸗Bern nicht nur auf dem Gebiet der Bildniß⸗ malerei und Radirung Hervorragendes, sondern wandte sich in den letzten Jahren seines Lebens, die er zumeist in Italien verlebte, auch mit vielem Erfolg der Bildnerei zu.

Die alljährliche Versammlung der Permanenten Kommission der Internationalen Erdmessung fand diesmal in der Zeit vom 8. bis 17. Oktober in Florenz statt. Die Permanente Kommission hatte seit der letzten Ver⸗ einigung ihren langjährigen verdienten Präsidenten General Ibanez, Marquis von Mulhacén, durch den Tod verloren und sah sich daher zur Wahl eines neuen Präsidenten veranlaßt. Von ihren elf Mitgliedern waren acht erschienen. Außerdem waren noch achtzehn andere Delegirte verschiedener Länder der an sie ergangenen Einladung zur Theilnahme an den Sitzungen der Permanenten Kommission gefolgt, sodaß von den siebenund⸗

zwanzig dem Unternehmen angehörenden Staaten zwölf Ver⸗ tretung gefunden hatten, nämlich Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Hamburg, Italien, die Nieder⸗ lande, Preußen, die Schweiz, Serbien und Spanien. Deutsch⸗ land hatte den Direktor der Berliner Universitäts⸗ Sternwarte, Geheimen Regierungs⸗Rath Foerster, den Ab⸗ theilungs Chef der Königlich preußischen Landesaufnahme, Obersten Morsbach, den Direktor des Königlich preußischen Geodätischen Instituts und Centralbureaus der Internationalen Erdmessung, Professor Helmert, den Direktor der Sternwarte in Hamburg G. Rümker und den Professor Haid aus Karls⸗ ruhe entsandt.

Die Sitzungen fanden im Stadthause, dem Palazzo della Signoria (P. vecchio), in dem durch seinen Gobelinsschmuck ausgezeichneten Gemeinderathssaale statt. Die erste Sitzung wurde durch den Minister des öffentlichen Unterrichts Villari mit einer warmen Begrüßungsrede eröffnet, worauf der Vize⸗ Sindaco Dainelli den Willkommen der Stadt Florenz aus⸗ sprach. Dankende Erwiderungen erfolgten durch den General⸗ Lieutenant Ferrero aus Florenz, Präsidenten der italienischen Gradmessungskommission, und den ständigen Sekretär der Permanenten Kommission, Direktor Hirsch aus Neuchatel.

Das Andenken des Generals Ibanez wurde durch einen längeren Nekrolog, den der ständige Sekretär zum Vortrag brachte, geehrt. Als neuer Präsident ging aus der Wahl Herr H. Faye zu Paris, Mitglied des Instituts von Frank⸗ reich, hervor, der seinerseits den General Ferrero zum Vize⸗ Prasidenten ernannte.

Die folgenden Sitzungen waren den Berichten des stän⸗ digen Sekretärs, des Direktors des Centralbureaus, der Finanzkommission, der Delegirten über ihre letzten Arbeiten, sowie den Berathungen über die weiteren Arbeiten der Per⸗ manenten Kommission gewidmet. Es zeigte sich wiederum ein erfreulicher Fortschritt auf allen Gebieten.

Der Direktor des Centralbureaus konnte u. A. berichten, daß die von der Permanenten Kommission nach Honolulu im April d. J. ausgesandte Expedition (Dr. Marcuse) Behufs Breitenbestimmung und Kooperation mit verschiedenen deutschen und anderen Sternwarten seit Anfang Juni in Thätigkeit sei und bereits für drei Monate befriedigende Resultate in seine Hände habe gelangen lassen. In Folge dessen wurde einer Spezialkommission die Aufgabe zugetheilt, bis zur nächsten Versammlung einen Plan zur ständigen Ueberwachung der Breitenänderungen mit den erforderlichen Kostenanschlägen auszuarbeiten. Bis dahin wird auch das Centralbureau voraussichtlich in der Lage sein, die entscheidenden Ergebnisse der auf ein Jahr bemessenen Beob⸗ achtungsreihe zu Honolulu und die gleichzeitigen Ergebnisse von Berlin (Dr. Battermann) und anderen Sternwarten vor⸗ zulegen.

1 Die nächstjährige Versammlung wird auch der Frage der Wahl eines einheitlichen Nullpunktes der Höhen für Europa, die seit längerer Zeit die internationale Erd⸗ messung beschäftigt hat, näher zu treten haben. In Bezug hierauf legte der Direktor des Centralbureaus eine größere Arbeit des Centralbureaus (insbesondere des Herrn Dr. Börsch) vor, welche die gegenseitige Höhenlage der Mittelwasser der Meere in Central⸗Europa und Frankreich auf Grund der in den letzten sünfundzwanzig Jahren ausgeführten Nivellements untersucht und Aufschlüsse über die Genauigkeit der letzteren giebt. Das Ergebniß dieser Arbeit ist der Annahme eines gemeinsamen Nullpunktes nicht günstig, weil die Nivellements trotz ihres hohen Genauigkeitsgrades doch nicht genau genug sind, um ein ganz Europa umfassendes einheitliches Höhensystem befriedigend herzustellen. Man wird es vielmehr bei den Einzelsystemen der ver⸗ schiedenen Länder bewenden lassen müssen. Da sich auch herausgestellt hat, daß die gutbestimmten Mittel⸗ wasser der deutschen Ostseeküste und der Küstenlinie von Cux⸗ haven bis zum biskayischen Meerbusen sowohl unter sich wie gegen die Mittelwasser zu Marseille, Genua, Triest und an verschiedenen benachbarten Orten nur um 1 bis 2 Dezimeter in der Höhenlage von einander abweichen, während man früher u. A. nach Maßgabe älterer Nivellements

glaubte, das Mittelwasser zu Marseille läge nahezu 1 m tiefer als dasjenige bei Brest, so wird man alle Angaben über starke Abweichungen in der Höhenlage der Mittelwasser mit Vorsicht aufzunehmen haben und der unentbehrlichen Grund⸗ lage der Höhenangaben, die das Meeresniveau für die Erde im Ganzen genommen liefert, auch innerhalb des europäischen Kontinents einen nicht geringen Werth neben den Nivellements beizumessen sich veranlaßt fühlen.

Eine interessante Mittheilung konnte der ständige Sekretär, der das gleiche Amt auch bei der internationalen Maß⸗ und Gewichtskommission verwaltet, über die Ergebnisse der Ver⸗ gleichung der Toise von Bessel mit dem Internationalen Meter zu Breteuil machen. Der erstgenannte Maßstab wurde vor mehr als einem halben Jahrhundert von dem berühmten Königsberger Astronomen in die Erdmessung eingeführt und auf ihm beruhen daher eine ganze Reihe wissenschaftlicher Angaben von Bedeutung. Zur Reduktion auf Meter bediente man sich des vor⸗ geschriebenen, sogenannten legalen Verhältnisses. Die neue Ver⸗ gleichung zeigt, daß dieses Verhältniß um 1/74 000 seines Betrages zu vergrößern ist. Da sich annähernd dieselbe Zahl auch bereits aus dem Zusammenschluß der neuen französischen, auf dem Metermaß veruhenden Meridiankette mit Dreiecks⸗ ketten der Nachbarstaaten, die auf der Toise beruhen, ergeben hat, so wurde das Centralbureau beauftragt, die den Landesgrenzen naheliegenden Grundlinien der Dreiecksnetze benachbarter Länder durch die vorhan⸗ denen direkten Dreiecksverbindungen auf ihre Ueberein⸗ stimmung zu prüfen. Es ist dies ebenso wie die gewünschte, aber noch vielfach ausstehende Vergleichung der Basisapparate und Längeneinheiten zu Breteuil eine geeignete Maßnahme, die Erdmessungsarbeiten der einzelnen Länder zu einem Ganzen zu verschmelzen.

Dem gleichen Zwecke und zwar in Bezug auf die Schweremessungen wird die angeregte Ausführung des Vor⸗ schlages dienen, in Breteuil eine centrale Station für solche

Messungen und die Vergleichung der Pendel⸗