1891 / 262 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

seine Mutter vom 10. Januar 1837 beigefügt war, zeigt den späteren Feldmarschall in dem von ihm während seines Auf⸗ enthalts in der Türkei in Bujukdéré bewohnten Zimmer.

Land⸗ und Forstwirthschaft. 8

Pferdezucht.

Der im Laufe dieses Jahres gegründete Verband der schles⸗ wigschen Pferdezuchtvereine zur Hebung der Züchtung des sogenannten vollblütigen Pferdes schleswigscher Rasse hat bereits mit der ersten Körung des weiblichen Zuchtmaterials vorgehen können und im Kreise Hadersleben 21 Mutterstuten angekört.

5 Theater und Mufik.

3 Wallner⸗Theater. 8

Gestern Abend ging eine neue Posse „Der stille Associé“ von Karl Laufs und Wilhelm Jacoby zum ersten Mal in Scene und fand bei den Zuschauern eine sehr freundliche Aufnahme. Das neue Stück wird sicherlich auf literarische Bedeutung keinen Anspruch erheben; die Verfasser haben es sich mit der Erfindung der Fabel insofern ziemlich leicht gemacht, als sie einfach einen launigen Einfall dramatisch ausbeuteten und im Uebrigen auf alt⸗ gewohnten Pfaden der Posse und des Schwankes wan⸗ delten Größeren Fleiß haben sie aber darauf verwendet, komische Situationen zu ersinnen, und man weiß, daß diese in Ver⸗ bindung mit einigen treffenden Witzworten bei der vortrefflichen Komikertruppe, über die das Wallner⸗Theater verfügt, ausreichen, um das Publikum in gute Laune zu versetzen und zu erhalten. Es soll nicht geleugnet werden, daß einige Scenen der ergötzlichen Komik nicht entbehren und daß die Grundidee von einer Central⸗Leihanstalt, in der maon Alles, auch Menschen aller Berufs⸗ und Standes⸗ arten leihweise erhalten kann, keinen üblen Vorwurf zu einer Posse bildet, aber es muß doch in den Vorgängen auf der Bühne ein Fünkchen Wahrscheinlichkeit übrig bleiben, und das haben die Verfasser in einigen Momenten, wie namentlich an dem Gesell⸗ schaftsabend bei der Baronin, völlig vergessen.

Von der Darstellung haben wir, was den männlichen Theil der Mitwirkenden anbetrifft, fast nur Gutes zu berichten. Herr Gimnig machte aus einer Episodenfigur, dem Grafen Stieglitz⸗Steglitz, wieder eine wahre Musterleistung. Herr Guthery als „stiller Associeé“ der Central-Leihanstalt, Herr Meißner als Haus⸗ diener, Herr Müller und Herr Ottbert verbreiteten mit ihrer fröhlichen Laune Heiterkeit im ganzen Hause. Von den Damen gab

räulein Glöckner ein Dienstmädchen etwas erkünstelt aber lustig;

rau Walther⸗Trost fand Gelegenheit, in einer kurzen Scene ihre trockne Komik zur Geltung zu bringen, und die übrigen Damen störten das gute Zusammenspiel nicht.

Am Sonnabend, 14 November, wird im Königlichen Schau⸗ spielhause die erste Vorstellung von Lubliner's neuem Schauspiel „Der kommende Tag' stattfinden.

Die am nächsten Sonntag im Berliner Theater statt⸗ findende Nachmittags⸗Vorstellung wird, als Vorfeier zu Schiller's Geburtstag, durch eine Aufführung der „Jungfrau von Orleans“ gebildet, während am Dienstag, dem wirklichen Geburtstage, „Wilhelm Tell“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle in Scene geht. Der Sonntag Abend bringt eine Wiederholung von „Esther“ und

Der Geizige“, der Montag eine solche von „Montjoye“ in der be⸗ kannten Besetzung mit den ersten Mitgliedern des Berliner Theaters.

Morgen geht „Jung⸗Deutschland zur See“ im Belle⸗ Alliance⸗Theater zum 100. Mal in Scene.

Das Programm der öffentlichen Hauptprobe am Sonntag um 11 ½ Uhr, sowie des II. Philbarmonischen Concerts am Montag unter Hans von Bülow's Leitung und solistischer Mitwirkung von

Schumann’'s „Genoveva“⸗Ouverture. Zum Concert selbst sind nur noch Stehplätze zu haben. Morgen findet der I. Musikalische Abend der Klindworth'schen Musikschule (Potsdamer⸗ straße 20) statt. Johanna und Willy Burmester werden das Programm ihres am Dienstag in der Sing⸗Akademie stattfindenden Concerts mit Beethoven's Sonate in Es-dur op. 12 für Klavier und Violine einleiten; außerdem bringt das Programm Winiawsky's Violin⸗Concert in D- moll, die Variationen und Fuge über ein Händel'sches Thema (Klavier) von Brahms, Liszt's „Don Juan“⸗Phantasie und Violinkompositionen von Mendelssohn und Sarasate. 8 .

Mannigfaltiges. 1“

Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion Magdeburg hat, wie die „Tägl. R.“ erfährt, auf eine Eingabe des Ortsverkehrs⸗ Ausschusses von Friedenau, die eine Ausdehnung des Zehnminuten⸗ verkehrs und die Einlegung eines Frühzuges nach Berlin erbat, in sehr entgegenkommender Weise geantwortet, daß „die Verhältnisse des Wannseebahnverkehrs sorgfältigst beobachtet und bezügliche Mit⸗ theilungen gern entgegengenommen werden.“ In der Ant⸗ wort heißt es ferner: „Den Wünschen wegen des Nachmittags verkehrs ist durch dauernde Beförderung der im Fahrplan nicht vorgesehenen Züge, ab Berlin 2.30, 3 30 und 4.30 Nachm., sowie der Gegenzüge, welche 3.24, 4.24 und 5.24 in Berlen eintreffen, entsprochen. Daß zwischen 7 und 9 Uhr Abends ein ebenso starker Verkehr stattfinde, wie in den Morgenstunden, hat sich zwar bei den stattgehabten Personenzählungen nicht bestätigt, in⸗ dessen sind allerdings Abends einige Züge stark (bis zu drei Viertel der vorbandenen Plätze) besetzt gewesen. Die Beobachtungen werden fortgesetzt und, wenn nöthig, neue Züge eingelegt werden.“

In der gestrigen Stadtverordneten⸗Versammlung er⸗ folgte, wie wir der „Nat⸗Ztg“ entnehmen, die Wahl des Zweiten Bürgermeisters an Stelle des in den Ruhestand ge⸗ tretenen Geheimen Reg.⸗Raths Duncker. 103 Stimmen wurden abge⸗ geben: 3 davon waren ungültig, 96 fielen auf den Stadtrath, Stadt⸗ Syndikus Zelle, der somit zum Zweiten Bürgermeister von Berlin gewählt ist. Im Weiteren befaßte sich die Versammlung mit der Magistrats⸗Vorlage wegen Erhöhung der Hundesteuer auf 20 jährlich, und mit dem neuen Regulativ fuͤr Erhebung dieser Stever. Die Erhöhung der Steuer auf 20 jährlich wurde an⸗ genommen, desgleichen das Regulativ mit den vom Ausschuß gemachten Aenderungen.

Die sozialdemokratischen Stadtverordneten haben, wie der „Vorw.“ mittheilt, folgenden Antrag bei der Stadt⸗ verordneten⸗Versamlung eingereicht: Die Versammlung wolle den Magistrat ersuchen: 1) in Gemäßheit des § 120 Abs. 4 der Gewerbe⸗Ordnung den Entwurf eines Ortsstatuts vorzulegen, durch das den männlichen Arbeitern unter achtzehn Jahren die Ver⸗ pflichtung zum Besuch einer Fortbildungsschule auferlegt wird; 2) in den Fortbildungsschulen über die sich aus dem Arbeitsverhältniß ergebenden Rechte und Pflichten, sowie über die Unfalls⸗, Kranken⸗, Invaliditäts⸗ und Altersversicherun gs⸗Gesetzgebung unterrichten zu lassen.

Zur Erweiterung des Betriebes der Pferdebahnlinie Behrenstraße Schlesisches Thor bis zur Schlesischen Brücke hat die Große Berliner Pferde⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft beim Magistrat die Genehmigung zum Bau einer Weichenanlage in der Schlesischen Straße an der Cuprystraße nachgesucht.

Im Arbeitshaus befanden sich am 1 Oktober d. J. 70 Familien mit 271 Personen, darunter 20 Säuglinge, und 57 ein⸗ zelne Personen. Am 1. November war der Bestand 50 Familien

die Unzuträglichkeit

Männer und 1294 Frauen. Von diesen Personen wurden 6 dem Krankenhause Friedrichshain. 48 dem Krankenhause Moabit, 8 der Charité überwiesen, 607 (576 Männer, 31 Frauen) der Polizei vor⸗

geführt.

In dem Geoaraphischen Institut und Landkarten⸗Verlag Jul. Straube, Berlin SW., Gitschinerstr. 109, ist eine neue Ausgabe des Taschenplans von Berlin erschienen. Er enthält alle Eisen⸗, Dampf⸗ und Pferdebahn⸗ sowie sämmtliche Omnibuslinien. Preis 25 ₰.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

München, 6. November. (W. T. B.) Bei der Be⸗ rathung des Finanz⸗Etats in der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten erklärte der Finanz⸗Minister Dr. von Riedel, bezüglich der Regelung der Beamtengehälter sei Alles vorbereitet; die Regierung werde sich diese nicht nur für die Beamten, sondern auch für den Staat hochwichtige Sache angelegen sein lassen; er hoffe zuversichtlich, noch in dieser Session eine Regelung vereinbaren zu können.

Lissabon, 6. November. (W. T. B.) Ueber die Vor⸗ geschichte des vorgestern in Brasilien ausgebrochenen Konflikts verlautet: Der Präsident Deodoro da Fon⸗ seca hatte zwei Mal von seinem Vetorecht Gebrauch ge⸗ macht, das erste Mal gegen das Gesetz, durch welches der Uebernahme mehrerer Verwal⸗ tungs⸗ und politischen Aemter ausgesprochen wird, das zweite Mal bei dem Widerrufe des Dekrets, daß die Zölle in Gold bezahlt werden sollen. Im Senat wurde darauf die Ab⸗ stimmung über das erstere Gesetz wieder vorgenommen, welches, wenn es zwei Drittel der Stimmen für sich gehabt hätte, unverzüglich trotz der Exekutivgewalt und trotz des Vetos des Präsidenten hätte vollstreckbar werden können. Das Veto behielt jedoch mit einer Stimme Majorität die Ober⸗ hand. Die Abstimmung wurde indessen sofort angefochten, weil der Oberst Paulino da Fonseca, ein Bruder des Bundes⸗Präsi⸗ denten und Gouverneur eines der Staaten, mitgestimmt hatte. Dieser hatte insofern ein Interesse an der Ablehnung des Gesetzes, als er zugleich Gouverneur eines Staates und Senator war. Man beantragte daher die Ungülltigkeitserklärung seines Votums, die mit großer Majorität angenommen wurde. Die Anhänger des Inkompatibilitäts⸗Gesetzes hatten also 29 gegen 14 Stimmen, d. i. zwei Drittel der Stimmen, wie sie von der Verfassung verlangt werden, um ein Gesetz trotz des Vetos des Präsidenten für rechtsgültig zu erklären.

Stockholm, 6. November. (W. T. B.) Das Ab⸗ schiedsgesuch des Kultus Ministers Wennerberg ist ge⸗ nehmigt worden. Der Lektor am hiesigen Gymnasium Gilljam, Mitglied der Ersten Kammer, wurde zum Kultus⸗ Minister ernannt.

New⸗York, 6. November. (W. T. B.) Das Journal „Sun“ will erfahren haben, daß gestern in New York ein Brief eingetroffen sei, nach welchem Johann Orth mit seiner Gattin sich wohlbehalten in Chile befinde. Nach An⸗ gabe des Blatts rühre der Brief von der Mutter der Gattin Johann Orth's her, welche Nachrichten von Orth selbst er⸗ halten habe. 1

Prof. Jos. Joachim enthält das dritte (neue) Violin⸗Concert von Bruch, die „Leonoren“⸗Symphonie von Raff, das Adagio aus Spohr’s III. Sym⸗ phonie, ein Scherzo capriccioso (Manuskript) von Rob. Radecke und

mit 176 Personen, darunter 15 Säuglinge, und 74 einzelne Personen. Das dortige Asyl für nächtliche Obdachlose benutzten im Laufe des Monats Oktober etwa 14 613 Personen, und zwar 13 319

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

——

Wetterbericht vom 6. November Morgens 8 Uhr.

p m.

Stationen. Wind. Wetter.

in ° Celsius

. 0) 50 C. = 40 R.

Bar. auf 0 Gr.

zu. d. Meeressp. red. in Milli Temperatur

Mullaghmore 775 SW 2 bedeckt Aberdeen .. 775 wolkig Christiansund 770. wolkig Kopenhagen. 769 heiter Stockholm. 768 wolkia dgrande 768 halb bed. t. Petersburg 761. halb bed. Moskau. .. 752 Schnee Cork, Queens⸗ town ... 77 bedeckt Cherbourg. 772 ONO 4 bedeckt 774 WSW 1 wolkig 771 still wolkig 7722 SW ZRegen 770 WSW 3 halb bed. 767 W 3 wolkig . 764 WNW 4 bedeckt —. 773 NNO 2 beiter Münster.. . 773 W bedeckt Karlsruhe .. 773 NO heiter Wiesbaden 774 ℛO halb bed. München. 772² wolkenlos Chemnitz. 775 SO Nebel Berlin.. .. 772 W bedeckt Iee“ 774 wolkenlos Breslau.. . 773 bedeckt 767 O wolkenlos 770 ONO 5 wolkenlos

Uebersicht der Witterung.

Das Hochdruckgebiet erstreckt sich von den Britischen Inseln oft südostwärts nach dem südlichen Rußland hin, charakterisirt durch ruhige, trockene und heitere Witterung. Das deutsche Küstengebiet steht unter dem Einflusse einer Dedression, welche in der Nähe von St. Petersburg liegt und an der südlichen Ostsee trübes Wetter bei ziemlich frischen südwest⸗ lichen bis nordwestlichen Winden und steigender

Temperatur verursacht. Im deutschen Binnenlande herrscht meist Frostwetter. In Bayern und Böhmen liegt die Temperatur um mehr als 5 Grad unter dem Gefrierpunkte. München meldet 6 Grad unter Null und 10 Grad unter dem Mittelwerthe

Deutsche Seewarte.

6 Theater⸗Anzeigen.

Khnigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 228. Vorstellung. Die Zauberflöte. Oper in 2 Akten von Mozart. Text von Schikaneder. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 249. Vorftellung. Die Angen

4.

1.— G

O9 obSSede

;'

des Herzeuns. Familienbild in 1 Aufzug von G. Gallina. Aus dem Italienischen von J. Stinde. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur M. Grube Am Fenster. Lustspiel in 1 Aufzug von Felix Philippi. In Scene gesetzt vom Regisseur Plaschke. Herrn Kaudel’s Gardinenpredigten. Lustspiel in 1 Aufzug von G. v. Moser. Regie: Hr. Krause. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 229. Vorstellung. Ca- valleria rusticana (BauernEhre). Oper in 1 Aufzug, nach dem gleichnamigen Volksstück von Verga. Musik von Pietro Mascagni. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Vorher: Der Barbier von Sevilla. Komische Oper in 2 Akten von Rossini. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus 240. Vorstellung. Die Qunitzow's. Vaterländisches Dramg in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr. .

6

Beutsches Theater. Sonnabend: Nathan der Weise. 8

Sonntag: Die Sklavin.

Montag: Des Meeres und der Liebe Wellen.

Am Mittwoch, den 11. November, beginnend: Goethe⸗Cyelus.

1. Abend: Stella und Die Mitschuldigen; 2. Götz von Berlichingen; 3. Die Geschwister und Clavigo; 4. Torquato Tasso; 5. Egmont; 6. Iphigenie auf Tauris; 7. Faust I.; 8. Faust II.

Wöchentlich zwei bis drei Vorstellungen

Preise der Plätze für sämmtliche acht Abende: Orchester u. Fremden⸗Loge 45 I R. Balkon, Loge u. Parquet⸗Loge 36 ℳ, Parquet 25 II. R. Balkon 18 Tribüne 15 Sperrsitz 12

Der Verkauf der Abonnementskarten findet an der Kasse statt.

Berliner Theater. Sonnabend: Esther. Der Geizige. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachm. 2 ½ Uhr. Zur Vorfeier von Schiller's Geburtstag: Die Jungfrau von Orleauns. Abends 7 ½ Uhr: Esther. Der Geizige. 1

Montag: Montjoye.

Tessing-Theater. Sonnabend: Die Groß⸗ stadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen⸗

thal und Gustav Kadelburg. Anfang 7 Uhr. Sonntag und Montag: Die Großfstadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumenthal und

Gustav Kadelburg.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 3. Male:

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung und verstärktem Orchefter: Zum 10. Male: Die Basoche. Komische Oper in 3 Akten von Carré. Deutsch von R Genée. Musik von André Messager. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg Sonnabend: Zum 8 Male: Das Hinderniß (L'Obstacle). Schauspiel in 4 Akten von Alphonse Daudet. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ¼ Uhr. 8 Sonntag u. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 100. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗ siten, Beleuchtungseffecten ꝛc. Jung⸗Deutschlaud zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten 7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Wirk⸗ liches Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Jung⸗Deutschland zur See.

Sonntag, Nachm. 3 Uhr: 2. Volks⸗Vorstellung zu Volkspreisen (sämmtliche Plätze des Theaters 1 ℳ) Zur Aufführung gelangt: Der Ver⸗ schwender. Original⸗Zaubermärchen von Raimund.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 68. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung

1“

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Z. 2. Male: Der Kunst⸗Bacillus. Novität! Posse in 4 Akten von Rudolf Kneisel. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Adolf Kurz. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Concerte.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr: Lieder⸗Abend von Hermine Spieß unter Mitwirkung des Pianisten Herrn Fritz Masbach.

Concert-Haus. Sonnabend: Karl Mevder⸗

Concert unter gefälliger Mitwirkung der Concert⸗ sängerin Frau Betty Waibel. Anfang 7 Uhr.

Der stille Associé. Posse in 4 Akten von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Ouv. „Leonore II.“ von Beethoven. „Antonius et Cleopatre“ von Rubinstein. Ungarische Tänte

Hochzeit“ von Mozart, gesungen von Frau Waibel. Walzer aus „Der arme Jonathan“ von Millöcker. Arie a. d. Op. „Der Waffenschmied“ von Lortzing, gesungen von Frau Waibel.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Sonnabend: Abends 7 ¼ Uhr. Jubiläums⸗Vorstellung. Zum 50. Male: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“ große hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Auf⸗ zügen ꝛc. (eine neue Einlage: „Die Ulanen“, dar⸗ gestellt von 4 Damen), Dampfschisf⸗ und Boot⸗ fahrten, Wasserfällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc, arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunstschwimmerinnen drei Geschwister Johnson Schlus⸗Tableau: Grande Fontaine Lumi- neuse, Riesen⸗Fontaine, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außerdem: 4fache Fahrschule, geritten von 4 Herren mit 8 Schul⸗ pferden. Elimar (Strickspringer), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. Schulpferd Solon, geritten von Frl. Clotilde Hager. Auftreten der Original⸗ Ansleigh⸗Troupe. Sisters Lawrence am fl. Trapez. 6 Gladiatoren. Mr. Alex. Briatore, Salto⸗ mortales zu Pferde. Mr F Chiarini, Jockey⸗ reiter. Mlle. Marie Chiarini, Pirouetten zu Pferde. Mr. Franks, Grotesquereiter ꝛc. Ko⸗ mische Intermezzos von sämmtlichen Clowns.

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): Auf mehrfachen Wunsch „Leben und Treiben auf dem Eise.“ Abends 7 ½ Uhr: „Auf Helgoland.“

8 Familien⸗Nachrichten.

Verehelicht: Hr. Senator Robert Capobus mit Frl. Passow (Parchim)

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungs⸗Bau⸗ meister von Pannewitz (Nienburg a d. Weser). Hrn. Rechtsanwalt Dr. Delbrück (Stettin).

Gestorben: Hr. Stadtrath a. D. Carl Walcker (Berlin). Hr. Landgerichts⸗Rath a. D., Geh. Justiz⸗Rath Gebhard Hübner (Breslau).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Ve⸗ la 8⸗

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. 8 Fünf Beilagen

Nr. 5 u. 6 von Brahms. Arie a d. Op. „Figaro's

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

zum D

Deutsches Reich.

Zuckermengen,

welche in der Zeit vom 16. bis 31. Oktober 1891 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütun abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den inländischen Verkehr zurückgebraht worden sind. 8

710: Rohzucker von mindestens 90 Proz. Polarisation und raffinirter Zucker von unter 98, aber mindestens

90 Proz. Polarisation.

18 1A““

711: Kandis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc., oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert,

sogenannte Crystals ꝛc.

712: Aller übrige harte Zucker, sowie aller weiße trockene (nicht über 1 Proz. Wa thaltende) G Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 Proz. Pelatefatine.- c 8 ““

Mit dem Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt:

Aus öffentlichen Niederlagen oder Privatniederlagen unter

Staaten bezw. 8 Verwaltungs⸗Bezirke.

zur unmittelbaren Ausfuhr

amtlichem Mitverschluß wurden

gegen Erstattung der Vergü⸗

tung in den inländischen Verkehr zurückgebracht

zur Aufnahme in eine öffent⸗

liche Niederlage oder eine

Privatniederlage unter amt⸗ lichem Mitverschluß

710

710 11 1 71o0 711 712

450 035 5 002 681

4 918 833

Westpreußen. Brandenburg. Pommern. v4““ Z“ Sachsen, einschl. der schwarzb. Unterherrschafteen.. 1 914 655 Schleswig⸗Holstein.. . . . 16 331 Hannover. 1 650 000 Westfalen. Rheinland.

386 293 305 984

12 354 501 537 397 250 000

1 680 380 30 000. 250 249

660 701 1 153 889

4 897 145 700 117 111 100 000

960 000

14 338 828 10 790 469

83 968

12 890

1 393 696

1 499 651

249 990

13 986 515 508

Sa. Preußen.

Braunschweig.

Anhalt. 1“ Hamburg

10 378 2 468

2721 152 976 2 450 018 820 000

9088 7 500

Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet. Hierzu in der Zeit vom 1. August bis 15. Diiober 189. 62

31 768 643 14 031 172 279 401/24 452 994 2 641 299 38 612] 3 037 888 41 435 319 16 475 173. 550 516 9 434 782 1 817 248 37 277 ¹5 878 555 1 803 744

191 640 73 655 858 813

Zusamnien.

932 468

In demselben Zeitraum des Vorjahres*)

73 203 962 30 506 345 829 917]383 887 776 4 458 547 75 889 8 916 208 1 995 384

67 685 685 ,31 069 423] 1 263 369]44 975 125 4 246 692 196 589/12 457 121 447 589

245 013

*) Die Abweichungen von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen

Berlin, im November 1891.

Kaiserliches Statistisches Amt. von Scheel.

bqp—“²“ en römisch⸗germanischen Limes.

Dem Reichshaushalts⸗Etat für 1892/93 ist zur Begründung der Forderung von 40 000 „zur wissenschaftlichen Erforschung und Aufdeckung des römischen Grenzwalls (Limes)“ als erste Rate folgende Denkschrift beigefügt:

„Die römische Grenzsperre in Deutschland, der Limes, schloß die beiden römischen Provinzen Raetien und Obergermanien gegen das freie Deutschland ab in einer Gesammtlänge von rurd 550 km.

Der raetische Limes, 178 km lang, verläßt bei Hienheim, westlich von Regensburg, die bis dahin die Grenzdeckung bildende Donau und endet östlich von Stuttgart bei Lorch. Er besteht aus einer mit Thürmen besetzten Mauer, vom Volk der Pfahl oder die Teufels⸗ mauer genannt, die auf weite Strecken noch jetzt mehrere Fuß hoch aufrecht steht. Wahrscheinlich lief vor ihr kein Graben. Hinter ihr befanden sich, wie die letzten Entdeckungen gezeigt haben, namentlich an den natürlichen Durchgängen, zum Theil aber auch in weiterer Entfernung Kastelle, deren Verhältniß zu der Mauerlinie sowie zu dem Straßennetz zwischen der Mauer und der Donau überhaupt, vor Allem aber in Bayern noch weiterer Aufklärung bedarf.

Der obergermanische Limes, 372 km lang, läuft von Lorch bis nach Rheinbrohl bei Andernach, das heißt längs der ganzen Ostgrenze der Provinz, die dort am Vinxtbach endigt. Die anschließende Provinz Untergermanien, aus deren rechtsrbeinischen Gebieten Kaiser Claudius um die Mitte des ersten Jahrhunderts die Besatz ngen zurückzog, ist ohne solchen Limes; für sie wird in ihrer ganzen Aus⸗ dehnung bis nach Leiden hin der Grenzschutz durch den Rheinstrom gebildet. Der obergermanische Limes ist ein Erddamm mit vorliegendem Graben. An den raetischen im rechten Winkel an⸗ schließend, läuft er zunächst in schnurgerader Richtung über Berg und Thal in einer Länge von ungefähr 80 km bis vor Walldürn und er⸗ reicht von dort mit einigen Kurven den Main bei Miltenberg. Von hier bis Großkrotzenburg (46 km) bildet dieser Fluß selbst die Grenze. „Der dann wieder eintretende Wall umspannt in einem bis gegen Gießen vorspringenden Bogen die Wetterau und gewinnt unweit Butzbach die Höhe des Taunus, dem er bis in die Nähe von Wiesbaden folgt. Von da läuft er in mäßiger Entfernung vom Rhein, das Lahn⸗ thal bei Ems überschreitend und das Neuwieder Becken einschließend, bis an die obenbezeichnete Provinzialgrenze bei Rheinbrohl. Dieser obergermanische Limes besteht in seiner ganzen Länge aus einer Kette von Kastellen und Wachtthürmen. Die Kastelle, hier großen⸗ theils nachgewiesen, liegen einwärts vom Wall, meistens in der Ent⸗ fernung von 50 bis 400 m. Der Abstand der Kastelle untereinander beträgt auf der Linie Lorch Walldürn 10 bis 16, weiter nördlich 8 bis 9 km, das heißt nach römischer Ordnung ungefähr einen halben Tagemarsch. Die Wachtthürme, welche diese Kastelle mit einander verbinden, sind großentheils noch nicht festgestellt; sie liegen durch⸗ schnittlich 30 m einwärts vom Wall und sind ungefähr auf eine halbe römische Meile (= 739 m) von einander distanzirt. Diese Posten scheinen auf Trompetensignalweite aufgestellt gewesen zu sein, viel⸗ leicht auch durch Feuersignaldienst mit einander kommunizirt zu baben.

Zwischen dem Rhein und dem eben bezeichneten Limes von Ober⸗ Germanien läuft eine zweite ähnliche Anlage, von dem zuerst ent⸗ deckten Abschnitte bei Erbach gewöhnlich die Mümling⸗Linie genannt, aber bis jetzt nur unvollkommen bekannt. Sie läuft von Kannstatt

zunächst bis Gundelsheim am Neckar, weiter auf der Waässerscheide

zwischen diesem und dem Main östlich der Itter und der Mümling; vermuthet wird, daß sie sich südlich bis nach Rottweil, nördlich bis in die Wetterau fortsetzt. Diese Neckar⸗Mainlinie entbehrt des Walls und besteht lediglich aus einer Kette durch Wachtthürme ver⸗ bundener Kastelle.

Was über die Geschichte dieser großartigen Grenzanlagen bis jetzt hat festgestellt werden können, ist in den Hauptzügen Folgendes. Die Nordgrenze des römischen Reichs war unter Augustus bis an die Donau und den Rhein vorgeschoben worden Das Gebiet zwischen Rhein und Elbe wurde unter demselben Kaiser zwar erobert, aber auch fast ganz wieder aufgegeben. Die nach der Varusschlacht des Jahres 9 n. Chr. noch gemachten Versuche, diese große Provinz Germanien wieder zu gewinnen, schlugen fehl, und der Kaiser Claudius zog im Jahre 47 die rechtsrheinischen Besatzungen am Niederrhein defi⸗ nitiv zurück, sodaß dort jetzt wieder dieser Strom selbst die mili⸗ tärische Grenzlinie bildete. Und in Niedergermanien blieb diese be⸗ stehen bis zum Ende der römischen Herrschaft. Anders gestalteten sich die Verhältnisse am Rheine in Obergermanien und an der oberen Donau in Raetien. Noch im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung unter den Kaisern des Flavischen Hauses ist hier ein Streifen des jenseitigen Gebietes dem römischen Reich in formeller Weise einver⸗ leibt und mit Besatzungen belegt worden. Sicher nachweisbar ist diese Thatsache für die oberrheinische Strecke (den Taunus mit der Wetterau, das untere Mainthal und das gane Neckargebiet), für welche auch der Zweck, nämlich die Abdrängung des mächtigen Chattenvolkes, ersichtlich ist. Die Vorschiebung der Grenze von Regensburg an westlich von der Donau bis nach dem Nordostende der schwäbischen Alp erfolgte wahrscheinlich im Zusammenhang mit jener überrheinischen Besetzung und zwar gleichzeitig oder bald nach⸗ her. Gerade bei dieser Gelegenheit wird nun die Anlage von vlimites“, d. h. fortifikatorischen Linien zum Grenzschutze, von den gleichzeitigen Schriftstellern erwähnt. Erst durch inschrift⸗ liche Funde sind wir aber in den Stand gesetzt worden, diese Notizen genauer zu datiren und in Zusammenhang zu setzen mit den damaligen kriegerischen Operationen der Römer gegen die Ger⸗ manen. Gar keine literarische Ueberlieferung ist uns dagegen er⸗ halten über die großen Wälle, die von Rheinbrohl bis oberhalb Regene burg uns noch jetzt großentheils vor Augen liegen, während z. B. über die gleichartigen, übrigens bedeutend kürzeren Anlagen in Britannien uns sowohl die Kaiserlichen Urheber (Hadrian, bezw Pius) wie auch die Längenmaße (80, bezw. 32½ römische Meilen) bezeugt werden. Auf welchen oder welche Kaiser die obergermanisch⸗raetischen Wälle zurückzuführen sind, wird uns nicht überliefert; wir erfahren ebensowenig, ob und welche kriegerischen Aktionen der Ausführung dieser gewaltigen Grenzwerke vorausgingen, nichts von den Besatzungstruppen, deren verschiedener Stärke und Dislokation, von den mit den Limites verbundenen Straßennetzen und vor Allem auch snichts von dem Zusammenhang der einzelnen Linien, namentlich auch der Doppellinie, und ihrem Zweck gerade in diesen Gegenden. Erwähnt wird nur, daß Hadrian die Grenz⸗ vertheidigung im ganzen Reich revidirte und daß derselbe Kaiser an „sehr vielen Stellen“, wo die baren nicht durch Flüsse, sondern durch limites vom Römerreich geschieden wurden, Pfahlsperren an⸗ legte, welch letztere Angabe sich wohl ebenso auf Deutschland be⸗ 1 f die gleichartigen in England und vor Kurzem ziehen wird, wie auf „gle 2 —. auch in wunderbar vollständiger Erhaltung in Rumänien zum Vor⸗

schein gekommenen Sperrbaulen. Sehr unzureichend sind wir au

über die historischen Vorgänge der Folgezeit unterrichtet, die römisch⸗ germanischen Kämpfe, die gerade in diesen Gegenden hin und her wogten und schließlich zum Zurückdrängen der Römer führten. Der erste gewaltige Angriff der Germanen erfolgte unter dem Kaiser Marcus Aurelius Seitens der Marcomannen ud der mittleren Donau: gleich⸗ zeitig wurde die obergermanischeraetische Grenze von den Chatten be⸗ droht Auf beiden Gebieten gelang es für dieses Mal noch die Feinde zurückzuweisen und die zum Theil durchbrochene Grenzwehr wieder herzustellen. Was Raetien betrifft, so verfügte damals der Kaiser eine erhebliche Verstärkung der Besatzung dieser Provinz. Noch etwa hundert Jahre nach dem Walten dieses thatkräftigen Kaisers erfüllte die Grenzwehr ihr... Dienst, bis endlich in der Periode beständiger Bürgerkriege, unter der Regierung des Gallienus (*† 268), das Land jenseits des Rheins und der Donau den Römern verloren ging. Die Reichsgrenze bildeten fortan wieder wie in früherer Zeit die Ufer dieser beiden Ströme, bis im vierten Jahrhundert die Alamannen und Burgundionen in Oberdeutschland, wie am Niederrhein der Vöͤlker⸗ bund der Franken, auch das linksrheinische Gebiet besetzten und hier die bisher „Germanien“ genannten römischen Provinzen zu wirklich den Territorien machten. WV „Angesichts dieser großen Dürftigkeit der direkten Ueberliefer über den Limes in Deutschland ergiebt sich die Lrcnbiichr ofrriefennng Untersuchung dieses gewaltigen Römerwerkes als um so dringender erforderlich. Nur so wird es ermöglicht werden, die Zeit dieser An⸗ lage, ihren Zweck und ihre Einrichtung im Einzelnen zu erkennen und andererseits werden die Ergebnisse einer solchen Erforschung sicherlich auch zu wichtigen Aufklärungen über die römische Gechichte Vaterlandes führen „Manches ist in dieser Richtung bereits geschehen, seitdem z7 it Friedrich's des Großen die Berliner Akademie der Wiftdf mazur Zeit Ausdehnung der Römerherrschaft in Deutschland zum Gegenstand einer Preisaufgabe machte; aber noch mehr bleibt zu thun. Die Einzelstaaten sind alle für die Untersuchung dieses Römerwerks thätig gewesen; Vereine und einzelne Gelekrte haben vielfach und oft mit Erfolg auf diesem Gebiet gearbeitet. Der Lauf der Sperrwerke ist ziemlich genau festgestellt, viele Kastelle sind aufgefunden, einige wenige auch ausgegraben, wie vor Allem ein großer Theil der Saal⸗ burg; Bäder und andere Außenbauten bei den Kastellen, zahlreiche Thürme, neuerdings auch Brücken und Pfahlsperren sind aufgedeckt worden. Aber sehr häufig sind die Arbeiten eigentlich nur ange⸗ fangen und zur Unzeit abgebrochen worden; nicht selten haben sie ebensoviel geschadet wie genützt, indem sie den Bewohnern die Fund⸗ gruben bebauener Steine nachwiesen and zugänglich machten. Die deutsche Limes⸗Forschung ist also nicht müßig gewesen; aber sie steht weit zurück hinter dem, was in England und Schottland für analoge Aufgaben geschehen ist und noch geschieht. Dank der eifrigen und aafopfernden Thätigkeit der englischen Forscher sind uns die beiden britannischen Römerwälle der Kaiser Hadrian und Pius, die das römische Britannien gegen die nördlichen freien Völkerschaften deckten in den Einzelheiten wie in der Gesammtanlage bei Weitem besser bekannt, als die Grenzsperre unseres eigenen Vaterlandes. Das Interesse, das die Gelehrten der britischen Insel diesen Studien bethätigen, hat sich sogar auf unsere Grenzwälle erstreckt; die erste Gesammtdarstellung unserer Limites verdanken wir Deutsche einem Engländer. Diese sehr nützliche und auf eigener Begehung des „Pfablgrabens“ beruhende Arbeit von James Yates ist 1858 in der englischen Urschrift und gleichzeitig in einer vom Verfasser selbst be⸗ arbeiteten deutschen Uebersetzung erschienen, zu einer Zeit als bei uns zu Lande nichts darüber vorhanden war als unzählige Monographien, Auf⸗ sätze und Notizen, die auch nur ihren Titeln nach sämmtlich zu⸗ sammenzustellen von größter Schwierigkeit war und von deren ge⸗ sammtem Inhalt schwerlich jemals ein Einzelner Kenntniß besessen hat. Allerdings sind beide britannischen Grenzlinien von geringer Ausdehnung; trotzdem aber und trotz der für diesen Zweck, für Aus⸗ grabungen, Aufnahmen, Erhaltungsmaßregeln und die glänzenden Publikationen zu Gebote stehenden ausgedehnten Mittel wäre der ge⸗ rühmte Erfolg sicherlich nicht erreicht worden, wenn man nicht gemeinsam vorgegangen wäre und sich große Grundbesitzer mit gelehrten Gesell⸗ schaften und geeigneten Lokalforschern vereinigt hätten. Bei uns, wo der Limes durch fünf Staaten sich hinzieht, kann umsomehr nur ver⸗ einigtes Wirken zu dem gleichen Ergebniß führen. Zur Zeit giebt es so viele Limes⸗Literaturen wie es betheiligte Staaten giedt: es ist an der Zeit, daß auch die Limes⸗Forschung eine deutsche werde. Daß für die Grenzwälle in Deutschland nach den bisherigen, an sich gewiß dankbar anzuerkennenden Toeil⸗Forschungen noch viele militärisch⸗historische Probleme von grundlegender Bedeutung ungelöst sind, unterliegt keinem Zweifel. Die chronologischen Fragen harren eigentlich noch alle ihrer Erledigung: wir wissen nicht, ob die innere oder die äußere Linie des obergermanischen Limes die jüngere ist, nicht wie der Zeit nach sich zu diesem der raetische Limes stellt. Ueber die Grenzverschiebungen, die wahrscheinlich hierin zum Ausdruck gelangt sind, sind wir auf unsichere Muthmaßungen angewiesen. Der Zug der Linie ist vielfach befremdend. Der einspringende Winkel ber Lorch kann vielleicht nur veranlaßt sein durch die uesprüngliche Unabhängig⸗ keit des Donaulimes von dem des Rheins; aber es ist auch nicht un⸗ denkbar, daß strategische Gründe es räthlich erscheinen ließen, die Angriffslinien Lindau —Basel und Basel —Mainz nebeneinander zu befestigen. Selbst die haupt ächliche Bestimmung der ganzen Anlage unterliegt noch ernstlichem Zweifel: bezweckte sie zunächst die Erleichterung des Grenzzolldienstes oder unmittelbar militärischen Grenzschutz? Bei der schnurgerade gezogenen Linie von Lorch bis Walldürn erscheint Letzteres fast ausgeschlossen; ebenso läuft auf dem Taunus der Limes zwar im Ganzen auf dem Kamm oder nördlich desselben, aber an mehreren Stellen auch auf dem suüdlichen Abhang, überhöht von dem nahen Bergrücken. Anderswo dagegen, namentlich auf der Mümlinglinie, ist die Anlage deutlich nach strategischen Rück⸗ sichten dem Terrain angepaßt. Magx der eine oder der andere Ge⸗ sichtspunkt vorgewaltet haben oder mögen beide Zwecke nebeneinander zur Geltung gekommen sein, immer wird die Limes⸗Forschung erst zum Ziele gelangt sein, wenn sie das Verhältniß dieser Anlagen theils zu dem Lauf der Straßen, theils zu den großen Hauptquartieren der Provinz, Straßburg und Mainz, klargestellt und die sicher mit diesen Anlagen in Verbindung stehende auffallend geringe Stärke de römischen Grenzbesatzung im zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr einigermaßen begreiflich zu machen vermocht hat. Wie es möglich gewesen ist, den militärischen Grenzschutz der oberrheinischen Provin mit einer seit Hadrian auf höchstens 20 000 Mann sich beziffernden Truppenzahl durch Jahrhunderte ausreichend durchzuführen, wie über⸗ haupt das ungeheure Reich dreier Welttheile mit einem stehenden Heere von ungefähr 300 000 Mann hat auskommen können, bleibt zur Zeit eine Frage ohne Antwort, welche Antwort aber boffentlich durch die Aufdeckung des germantschen Limes in Zukunft wird gegeben werden können.

Wir dürfen hoffen, daß uns künftig zu Tage kommende Stein⸗ inschriften über die Chronologie, weitere unermüdete Beobachtung aller Einzelheiten über den Zweck dieser Römerbauten Aufschluß geben werden. Aber die Vorbedingung dafür bleibt der einheitliche Plan und die einheitliche Leitung der gesammten Arbeit. Dieselben leitenden Männer müssen auf dem ganzen Gebiet von der Donau bis zum Rbeine durch alle jene 550 km der römischen Anlagen, alle bereits offenliegenden und, in noch größerer Zahl, alle erst auf⸗ zudeckenden Reste mit eigenen Augen untersuchen. Architektonische Detai bei isolirter Betrachtung von geringem Werth, werden Ant⸗