Angekommen: Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, von Oberschlesien.
Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 7. November. “ Seine Majestät der Kaiser und König arbeiteter heute Vormittag im Neuen Palais von 10 bis 11 ½ Uhr mit dem Chef des Generalstabs und empfingen um 12 Uhr den Präsidenten des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths Dr. Bark⸗ hausen zu längerem Vortrag. Um 12 ¾l Uhr nahmen Seine Majestät die Meldung des Generals der Infanterie Lentze und um 1 Uhr zahlreiche militärische Meldungen entgegen.
Dem Magistrat und der Stadtverordneten⸗Versammlung von Potsdam ist auf die an Ihre Majestät die Kaiserin und Königin gerichtete Geburtstags Glückwunsch⸗Adresse folgende Allerhöchste Antwort zugegangen:
„Der Magistrat und die Stadtverordneten von Potsdam haben Mich durch ihre freundlichen Glück⸗- und Segenswünsche zu Meinem Geburtstage, welchen Ich in diesem Jahre hier wieder mit den Meinen in ungetrübtem Frohsinn und mit innigem Dank gegen Gott erleben durfte, herzlich erfreut. Wenn Sie voll Hoffnung auf die wichtigen Arbeiten christlicher Nächstenliebe, bei welchen Ich auch Ihrer dankbar gedenke, in die Zukunft blicken, so ist Mir dies ein schöner Beweis, wie auch Sie mit Meinem geliebten Gemahle, dem Kaiser, und Mir überzeugt sind, daß die Wohlfahrt unseres Volks allein auf dem unerschütterlichen Grunde des Christenthums erblühen und bestehen kann.
Neues Palais, den 30. Oktober 1891.
Auguste Victoria Kaiserin und Königin
Heute tagten die vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungs⸗ vesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und
für Rechnungswesen.
UMUnter Abänderung der in der Cirkular⸗Verfügung vom 14. Juli 1890 enthaltenen Vorschrift hinsichtlich der Entnahme der für die Bibliotheken der Königlichen Regierungen er⸗ forderlichen buchhändlerischen Werke von den am Sitze derselben bestehenden Sortiments⸗Buchhandlungen haben der Minister des Innern und der Finanz⸗Minister bestimmt, daß fortan in den Fällen, in denen Seitens der ge⸗ dachten Buchhandlungen bei Bücher⸗ ꝛc. Bestellungen der früher üblich gewesene höhere Rabatt als 5 Proz. ab⸗ gelehnt wird, die für die Regierungs⸗Bibliotheken ersorderlichen Bücher und Druckschriften ꝛc. von anderen Buchhandlungen als denjenigen am Orte der Regierungen zu beziehen sind, welche den höheren Rabatt bewiligen. “
In §. 31 des Gesetzes vom 8. März 1871 ist den Landarmen⸗
verbänden die Befugniß beigelegt worden, die Kosten der
öffentlichen Armenpflege, welche die Fürsorge für Geistes⸗
kranke, Idioten, Tauhstumme, Sieche und Blinde verursacht, unmittelbar zu übernehmen. Diese Befugniß hat — soweit es sich nicht um Sieche handelt — der Artikel I. des
Gesetzes vom 11. Juli d. J. betreffend Abänderung der §§. 31, 65 und 68 des ersterwähnten Gesetzes, in eine Verpflichtung umgewandelt. Nach dem neuen Ge⸗ setze haben die Landarmenverbände vom 1. April 1893.
ab unter Betheiligung der Kreise und Ortsarmenverbände an den erwachsenden Kosten für Bewachung, Kur und Pflege der bezeichneten Kategorien von Hülfsbedürftigen — mit Ausnahme der Siechen — soweit sie der Anstaltspflege bedürfen, in ge⸗ eigneten Anstalten Fürsorge zu treffen. Die gleiche Verpflich⸗ tung ist den Landarmenverbänden hinsichtlich der im §. 31 des Gesetzes vom 8. März 1871 nicht besonders aufgeführten hülfs⸗ bedürftigen Epileptischen, für welche die Anstaltspflege unent⸗ behrlich erscheint, auferlegt worden.
Um die rechtzeitige Durchführung des neuen Gesetzes zu sichern, werden die Landarmenverbände schon jetzt Bedacht darauf zu nehmen haben, daß ihnen zum 1. April 1893 die erforderlichen Anstalten in ausreichender Anzahl und Größe zu Gebote stehen. Demgemäß hat der Minister des Innern die Königlichen Ober⸗Präsidenten ersucht, die betreffenden Landarmenverbände hierauf mit dem Hin⸗ weis aufmerksam zu machen, daß nach den Bestimmungen des Gesetzes die Verpflichtung durch die Unterbringung des Hülfsbedürftigen nicht nur in einer von dem Landarmen⸗ verbande errichteten und geleiteten, sondern auch in einer ge⸗ eigneten Privatanstalt Genüge geleistet werden kann. Ferner soll mit der Aufstellung der im §. 31 b des neuen Gesetzes vorgesehenen Reglements baldigst vorgegangen werden.
In der Verfügung des Finanz⸗Ministers vom 20. Februar 1843 ist angenommen, daß eine stempelpflichtige Voll⸗ macht nur dann vorliege, wenn der Beauftragte ermächtigt vird, für den Andern und als dessen Stellvertreter ein Rechts⸗ geschäft vorzunehmen und demzufolge ein Rechtsverhältniß zwischen dem Auftragenden und dritten Personen zu begründen.
Da diese Fassung zu Zweifeln Anlaß gegeben hat, ist die Verfügung im Anschluß an das Reichsgerichts⸗Erkenntniß vom 11. November 1889 (Entscheidungen in Civilsachen Bd. 25 S. 222) von dem Finanz⸗Minister dahin abgeändert worden, daß als stempelpflichtige Vollmachten alle diejenigen Schrift⸗
stücke anzusehen sind, durch die Jemand einen Andern ermächtigt, ihn Dritten gegenüber in An⸗ gelegenheiten rechtlicher Natur (im Gegensatz zu bloß thatsächlichen Dienstleistungen) zu vertreten. Da diese Angelegenheiten auf dem privatrechtlichen Gebiete liegen, ist icht erforderlich; dem Vollmachtstempel unterliegen im Gegen⸗ heil z. B. auch Vollmachten in Strafprozessen, sowie in den or den Verwaltungsgerichten schwebenden Streitigkeiten.
Nach einem Runderlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 30. Oktober ist jede Lokal⸗Bauinspektion mindestens alle zwei Jahre durch den betreffenden Regierungs⸗ und Baurath einer Revision zu unterwerfen. Ferner sind die Räthe des Ministeriums beauftragt, auch ihrer⸗ seits derartige Revisionen unerwartet vorzunehmen, sich auch bei gelegentlicher Anwesenheit von dem Stande der Ge⸗ schäfte der Lokalbaubeamten und der Art ihrer Erledigung zu überzeugen. Der vorgesetzten Dienstbehörde wird davon, daß eine Geschäftsrevision vorgenommen werden soll, Mit⸗ theilung gemacht werden.
Ueber die Erfolge der Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen schreibt die „Schles. Ztg.“: Die Ansiedelungskommission hat ihre Thätigkeit auch in dem abgelaufenen Sommerhalbjahr mit sichtlichem Er⸗ folge fortgesetzt. Das bisher im Besitz der Ansiedelungs⸗ kommission befindliche Areal, in runder Zahl etwa 50 000 ha, ist um ein sehr beträchtliches vermehrt worden. Die Neuerwerbungen innerhalb des letzten Halb⸗ jahres umfassen an zehn größere und kleinere Güter. Auch die Zahl der Ansiedler hat eine sehr erhebliche Vermehrung erfahren. Erst neuerdings trafen wieder drei Familien mit acht⸗ zehn Köpfen aus dem Württembergischen in Posen ein, um die ihnen im Kreise Znin angewiesenen Ansiedelungsgüter zu übernehmen. Wie bereits früher erwähnt, sind die Zniner Ansiedelungsgüter größtentheils mit Württembergern besetzt, die sich dort recht wohl befinden. Die diesjährige Ernte auf den Rentengütern der Ansiedler hat Ergebnisse ge⸗ liefert, welche dem verhältnißmäßig guten Kultur⸗ zustande des Bodens und dem Fleiße der Leute durch⸗ aus entsprechen. Ueberhaupt hat die wirthschaftliche Leistungs⸗ fähigkeit der Ansiedler überall einen Grad erreicht, daß sie sich ohne besondere Unterstützung Seitens der Ansiedelungs⸗ kommission forthelfen können. Das in der letzten Zeit durch⸗ geführte Prinzip, nur ausreichend kapitalkräftige und wirth⸗ schaftlich erfahrene Familien zur Ansiedelung zuzulassen, hat das Angebot nicht vermindert; dieses übersteigt vielmehr das Bedürfniß noch immer sehr erheblich, sodaß man bedeutend mehr Ansiedler ansässig machen könnte, wenn man wollte. Einstweilen beobachtet man aber noch die Maxime des langsamen, sicheren Fortschreitens, wenngleich verschiedene Anzeichen dafür sprechen, daß man in Zukunft ein rascheres Tempo in der Besiedelung einzuschlagen gedenkt. Zu dieser Annahme berechtigt außer dem stärkeren Güterankauf vor Allem die Thatsache, daß in dem Etat der Ansiedelungs⸗ kommission für 1892,93 wieder mehrere erste technische Kräfte beantragt und von dem übergeordneten Ministerium bereits genehmigt worden sind. Ferner wird die kulturelle Instandsetzung der angekausten Güter ungemein gefördert. Gegenwärtig ist die Drainage von etwa fünfzig Gütern im Gange oder doch eingeleitet. Man befolgt damit auch die Absicht, die Güter schon vor der Auftheilung in einen möglichst hohen Kulturzustand zu versetzen, um die wirth⸗ schaftliche Grundlage der Ansiedler von vornherein zu sichern. Von Anfang an ist bei der Ansiedelung die Praxis verfolgt worden, die fremden Zuwanderer möglichst bald zu selbständi⸗ gen politischen Gemeinden zusammenzuschließen und ihnen auch eigene Kirchen⸗ und Schulverhältnisse zu schaffen. Ab⸗ gesehen davon, daß den Ansiedelungsgemeinden damit die un⸗ umgänglich nothwendigen religiösen und geistigen Mittelpunkte gegeben werden, lernen sich die einzelnen Glieder auch als Ganzes fühlen, dessen Förderung wieder im Interesse jedes Einzelnen liegt. Der erfreulichste Erfolg in dieser Richtung ist die am Mittwoch erfolgte Einweihung der ersten evangelischen Kirche zu Lubowo⸗Lubowsko, Kreis Gnesen. Diese Kirche ist ein würdiger Steinbau mit Thurm und Glocken und kostet etwa 36 000 ℳ Zur feierlichen Einweihung der Kirche hatten sich der Präsident der Ansiedelungskommission, Dr. von Wittenburg, der Baumeister Fischer, der den Bau der Kirche geleitet, und Regierungs⸗Rath Dr. Ernst, sowie Mit⸗ glieder des Königlichen Konsistoriums nach Lubowo begeben. Die Weihe des schönen Gotteshauses vollzog unter Theilnahme von etwa zwanzig evangelischen Geistlichen, der Gemeinde⸗ mitglieder und der Schulkinder General⸗Superintendent Dr. Hesekiel aus Posen.
8 Der General⸗Lieutenant von der Armee von Lettow⸗ Vorbeck I. ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen. 1 1
München, 6. November. Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold und Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Gisela haben sich gestern nach Gödöllö begeben. Die Prinzessin Gisela kehrt am 15. d. M. hierher zurück.
In der heutigen Sitzung des Finanzausschusses der Kammer der Abgeordneten wurde nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Kanal⸗Etat genehmigt. Bei der Be⸗ rathung hob der Minister⸗Präsident Freiherr von Crails⸗ heim hervor, daß das Defizit des Ludwigs⸗Donau⸗ Main⸗Kanals sich auf 106 571 ℳ pro Jahr herab⸗ gemindert habe. ieser Kanal sei für einzelne Gebiete die einzige Verkehrsstraße. Die Legung von Ketten würde den Verkehr auf dem Kanal kaum heben. Eine amt⸗ liche Anregung Seitens Württembergs, von Heilbronn ab den Neckar mit der Donau zu verbinden, sei der bayerischen Re⸗ gierung bisher nicht zugegangen. Auch betreffs der Verbindung des Donaugebiets mit der Elbe sei der Minister nicht in der Lage, amtliche Mittheilungen zu machen.
Sachsen.
Dresden, 6. November. Seine Majestät der König ertheilte dem „Dr. J.“ zufolge heute Nachmittag dem am hiesigen Königlichen Hofe neu beglaubigten Königlich württem⸗ bergischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Freiherrn von Soden und dem in außerordentlicher Mission von Seiner Durchlaucht dem Fürsten Reuß ä. L. abgesandten Geheimen Kabinets⸗Rath von Geldern⸗Crispen⸗ dorf Audienzen.
Karlsruhe, 6. November. Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen
Fft laut Meldung des „W. T. B.“ heute Nachmittag von aden⸗Baden aus die Reise nach Egypten angetreten.
Weimar, 5. November. Von den 31 Mitgliedern des Landtages, dessen erste Berufung für Februar in Aus⸗
sicht steht, sind, wie die „Magd. Ztg.“ erfährt, 22, also über
zwei Drittel wieder⸗ und nur 9 neugewählt; das bisherige Landtags⸗Präsidium ist vollständig wiedergewählt. Nach der politischen Richtung hat der Landtag wieder eine Mehrheit von Nationalliberalen, 5 bis 6 Konservative, 1 Ultra montanen aus einem zumeist katholischen Bezirk des eisenacher Oberlandes und 1 Sozialdemokraten aus Apolda Von den Deutschfreisinnigen ist keiner in den Landtag ge kommen. Vom bisherigen Landtage tritt nächsten Montag der Rechnungsausschuß zur Prüfung der Staats⸗ rechnungen vom Jahre 1889 hier zusammen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 5. November. Seine Hoheit der Herzog ist, wie die „Cob. Ztg“ meldet, heute von seinen Besitzungen in Oesterreich hier wieder eingetroffen.
Schwarzburg⸗Sondershausen.
Sondershausen, 5. November. Der Entwurf des Finanzgesetzes für die Finanzperiode 1892 —1895 stellt den Staatshaushalts⸗Etat im Ordinarium auf jährlich 2 763 955 ℳ und im Extraordinarium auf insgesammt 353 822 ℳ in Einnahme und Ausgabe fest. Die aus Ueberschüssen der Finanzperioden 1884 87 und 1888/91 noch verbleibenden Bestände der Staatskassen, soweit sie nicht als Aktivkapitalien des Staats zinstrageno angelegt sind oder zur Vermehrung des Wirthschaftsfonds ver⸗ wendet werden, sollen nach der „M. Z.“ zur Verstärkung des Reservefonds dienen. Die Ueberschüsse der Landes kreditkasse können nach Bestreitung des Verwaltungsauf wandes zur Deckung der laufenden Ausgaben der Staats⸗ verwaltung herangezogen werden. Die hiernach zu verwendenden Summen sind für jede Finanzperiode in den Staatshaushalts⸗ Voranschlag einzustellen. Im Schlußparagraphen des Gesetz⸗ entwurfs wird das Fürstliche Ministerium ermächtigt, die Summen, die dem Kammerschulden⸗Tilgungsfonds über den gesetzlich festgelegten Betrag von 96 000 ℳ hinaus in der Finanzperiode 1888/91 zugeflossen sind und aus dieser und der Finanzperiode 1892,95 noch zufließen werden, auch fernerhin zur Bestreitung der Kosten nothwendiger Bauten zu verwenden, deren Herrichtung dem Staat für Rechnung des Kammerguts obliegt.
Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 6. November. Zu der gestern gemeldeten Ausweisung des Fabrikanten Gros und der Enthebung des Fabrikanten Dreyer von seinem Ehrenamte als Erster Er⸗ gänzungsrichter bei dem Amtsgerichte St. Amavrin schreibt die amtliche „Straßburger Correspondenz“:
Die Mittheilungen des „Temps“ und anderer Blätter über den Verlauf des Festes in Bussang, das gelegentlich der Eröffnung der Eisenbahnlinie St. Maurice — Bussang startfand, haben sich in vollem Umfange bewahrheitet. Es ist amtlich festgestellt worden, daß die Fabrikanteu Theobald Dreyer von St. Amarin und Eduard Gros aus Wesserling diesem Feste beigewohnt haben, ohne ihrer Pflichten eingedenk zu sein, welche sie, Ersterer als deutscher Reichsangehöriger, Letzterer als Gast im Elsaß, hatten. Seitens der Regierung ist daher der Fabrikant Theobald Dreyer (welcher fälschlich als Bezirkstags⸗ Mitglied bezeichnet wurde) seines Postens als Erster Ergänzungs⸗ richter bei dem Amtsgericht St. Amarin enthoben und auf Grund des Gesetzes vom 3. Dezember 1849 die Ausweisung des schweizer Staatsangehörigen Eduard Gros verfügt worden.
Bürgermeister Hug von Hüässeren⸗Wesserling, ein Angestellter des auses Gros, Roman u. Comp., hat demissionirt und die Ent⸗ scheidung über die Neubesetzung dieses Postens steht noch bevor. Die Berufung eines besonderen Polizeikommissars für den Kanton St. Amarin hat sich als nothwendig verausgestellt.
Im Kreise Molsheim ist, wie „W. T. B.“ meldet, der General⸗Major z. D. Freiherr Roeder von Diersburg mit 46 von 75 abgegebenen gültigen Stimmen in den Landes⸗ ausschuß gewählt worden. In Metz wurde der Kandidat der gemäßigten Einheimischen Lanique mit 22 von 28 Stimmen in den Gemeinderath und Landesausschuß gewählt. In den übrigen Wahlbezirken des Bezirks⸗Präsidiums Metz wurden die bisherigeun Landesausschuß⸗Abge⸗ ordneten wiedergewählt. In Saarburg wurde der Notar Ditsch neugewählt.
Der Entwurf des Landeshaushalts⸗Etats für 1892/93 enthält, wie in den Vorjahren, wiederum einen nam⸗ haften Zuschuß für die Räumung und Regulirung der schiffbaren Ill vom Ladhof bei Colmar bis Straßburg. Derjenige Theil des Regulirungsprojekts an der schiffbaren Ill, der speziell im landwirthschaftlichen Interesse ausgeführt wird, also namentlich die Korrektionen und Wehrbauten zu Be⸗ und Entwässerungszwecken, hat im Verlauf der Arbeiten allmählich dadurch eine erhebliche Er⸗ weiterung erfahren, daß sich die Neigung der Grundbesitzer im Illthale, Meliorationsgenossenschaften im Anschluß an die Illregulirung zu bilden, in viel höherem Maße entwickelt hat,
als dies seinerzeit hatte vorausgesehen werden können. Eine Reihe von Genossenschaften hat sich gebildet und ist in Bildung begriffen, die den Zweck haben, durch große Bewässe⸗ rungsanlagen die Vortheile der Illregulirung auszunutzen, und durch die sich die Grundbesitzer zu diesem Zweck sehr bedeutende Kosten auferlegen. Die diesen Bedürfnissen ent⸗ sprechende Erweiterung des Regulirungsprojekts am Fluß⸗ bett selbst wird den Gesammtaufwand um etwa 280 000 ℳ erhöhen. Hierzu kommt, daß die Einheitspreise des gene⸗ rellen Kostenanschlags im Verlauf der 10 Jahre seit Auf⸗ stellung desselben eine Steigerung von etwa 10 Proz. erfahren haben. Der Gesammtkostenanschlag erhöht sich deshalb um etwa 357 500 ℳ, d. h. von 775 000 ℳ auf 1 132 500 ℳ
Es find bis jetzt bewilligt 680 000 ℳ Für 1892/93 werden.
150 000 ℳ als 11. Rate beantragt. 88
Oesterreich⸗Ungarn. 8 Wien, 6. November. Die hier anwesenden deutschen Delegirten zur Revision des österreichisch⸗unga⸗ rischen und deutschen Eisenbahnbetriebsreglements gaben dem „W. T. B.“ zufolge heute Mittag ihren öster⸗ reichischen Kongreßkollegen ein Dejeuner. Am Sonnabend ,1 sich die deutschen Delegirten auf ihre Posten zurück⸗ egeben. 1. Wie die Prager „Politik“ meldet, erhob der Magistrat von Reichenberg gegen den Herausgeber und ver⸗
antwortlichen Redacteur der „Politik“ sowie gegen
den böhmischen Volksschullehrer Fuks in Reichenberg ge⸗
richtliche Klage wegen Herabwürdigung der Gemeinde⸗ behörden und ersuchte um Delegirung des Reichenb erger
Gerichts für die Verhandlung.
Großbritannien und Irland.
Die Königin hat an Stelle des verstorbenen ersten Lords des Schatzamtes W. H. Smith den Marquis von
Dufferin und Ava zum Lord⸗Wardein der Cinque Ports
und Constable des Schlosses Dover ernannt. Dem Lord⸗ Provost von Edinburg John Boyd wurde der Baronsrang verliehen.
Wie amtlich gemeldet wird, hat der Sekretär des Schatz⸗ amts Jackson den Posten eines Ober⸗Sekretärs für Irland angenommen.
Der „Nationale Wachsamkeits⸗Verein“ hielt am 4. d. im Mansion House zu London seine 6. Jahresversammlung ab. Auf Antrag des Lordmayors nahm, wie die „Allg. Corr.“ berichtet, die Versammlung einstimmig einen Beschluß an,
welcher dem Deutschen Kaiser den Dank dafür ausdrückt,
daß er die Bestrebungen des Vereins zu würdigen wisse.
Der Verein sei erfreut, daß Seine Majestät die Frage der öffentlichen öö so energisch aufgenommen habe. Vom irischen ahlagitations⸗Schauplatz wird
weiter berichtet:
In Cork herrschte am Mittwoch Ruhe, dafür aber war Water⸗
ford der Schauplatz einer Schlägerei in großem irischen Stil. In ber Stadt war unter dem Vorsitz John Dillon's ein sogenannter Kongreß der Föderationisten, d. h. der Anti⸗Parnelliten, ab⸗ gehalten worden Die Rede Dillon's beschränkte sich auf eine Vertheidigung gegen die Anklagen der Gegner, und die Ver⸗ ammlung verli f daher auch ohne Zwischenfall. Als aber Dillon
Abend nach dem Bahnhof fahren wollte, entstand ein eguläres Straßengefecht zwischen den beiden Parteien. Die
Parnelliten, 2000 an der Zahl, wollten an Dillon blutige
nehmen Schließlich riethen die katholischen Priester,
der Versammlung beigewohnt hatten, die Delegirten
Dillon in die Mitte nehmen und ihm so sicheres
Geleit bis zum Bahnbof geben. Die 100 Priester marschirten mit,
wurden aber dafür auch selbst nicht verschont. Die Polizei ging in
geschlossenen Reihen ein Mal um das andere auf die Angreifer los.
Die Schlägerei wurde so blutig, daß über 150 Personen verwundet
wurden. Dillon aber gelangte schließlich wohlbehalten aus Waterford eraus
Die „Yorkshire Post“ schreibt: In Folge der allgemeinen Sympathie, welche sich in England dafür geltend macht,
Uganda nicht aufzugeben, hat die britische ostafrikanische
Gesellschaft den Kapitän Lugard telegraphisch angewiesen, ort zu bleiben. Es werden in England zur Zeit Samm⸗ lungen veranstaltet, um der Gesellschaft die nöthigen Fonds zu verschaffen, um Uganda halten zu können.
Die chinesische Regierung hat, wie die „A. C.“ meldet, dem britischen Auswärtigen Amt neue Mittheilungen über das angebliche Vordringen der Russen in Pamir gemacht.
Frankreich.
Paris, 6. November. Der Deputirte Camille Drey⸗ fuß hat, wie „W. T. B.“ berichtet, an den Minister Rouvier geschrieben, er würde eine Anfrage an den Minister richten wegen der Baisse in russischen Fonds auf dem Pariser Markte, wenn der Minister auf die Berathung der Anfrage eingehe. Es heißt, Dreysuß werde die Bestrafung der Urheber der Baisse verlangen.
Die Einnahmen aus den indirekten Steuern und Monopolen im Monat Oktober überstiegen den Vor⸗ anschlag um 9 Millionen, die Einnahmen desselben Monats im vorigen Jahre um 9 900 000 Fr. Die Zölle allein brachten 6 ½ Millionen mehr ein, als im Budget vorgesehen war.
Rußland und Polen.
Zu dem neuen Ausfuhrverbot erfährt der „Revaler Beob.“, eine Deputation des dortigen Börsen⸗Comités gedenke nach St. Petersburg zu fahren, um womöglich auf Grund des letzten Passus des Ukases eine Erleichterung in der Ein⸗ führung der Maßregel anzustreben und sich Behufs einiger Spezialfragen, die bereits aufgetaucht sind, die authentische Interpretation zu holen. Auch von anderen Hafenplätzen aus, ebenso wie von den Vertretern des Kornhandels im Innern sollen ähnliche Schritte unternommen werden.
Aus Tiflis wird gemeldet, der Großfürst Georg Alexandrowitsch sei auf der Reise nach Livadia aus Abas Tuman in Batum eingetroffen.
Spanien.
Der Marine⸗Minister Béranger hat, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, in Folge einer Streitigkeit mit einem Journalisten seine Entlassung genommen. Der Minister⸗ Präsident Canovas del Castillo wird einstweilen das Marine⸗Ministerium übernehmen. Gestern fand zwischen dem zurückgetretenen Marine⸗Minister und jenem Journalisten ein Duell statt, das jedoch resultatlos verlief.
Italien.
In der gestrigen Sitzung der sogenannten inter⸗ parlamentarischen Friedenskonferenz wurde die Be⸗ rathung über die Resolutionen wegen Konstituirung eines Refentütven Bureaus fortgesetzt. An der Debatte betheiligte si nach dem Bericht des „W. T. B.“ eine große Anzahl Mitglieder verschiedener Parlamente. Der Delegirte Gaillard entwickelte einen Abänderungs⸗ antrag dahingehend, daß die Konferenz das Bureau als ein internationales parlamentarisches Comité ein⸗ setze. Viele deutsche Deputirte widerstrebten, wie er aus⸗ führte, der Errichtung eines internationalen Bureaus aus dem Grunde, weil die Gesetze ihres Vaterlandes diejenigen bestraften, die einer Vereinigung mit Verzweigungen im Auslande angehörten. Er sei jedoch der Meinung, daß die Mitglieder der interparlamentarischen Friedenskonferenz von solchen Gesetzen nicht betroffen würden. Der Delegirte Barth stellte es in Abrede, daß die deutschen Mitglieder ihrer heimischen Gesetze wegen eine inter⸗ nationale Organisation zu fürchten hätten, er könne sich jedoch von einer solchen keinen Nutzen versprechen. Eine derartige Organisation sei nur eine äußere Form; das Hauptgewicht liege in der Arbeit eines jeden einzelnen Landes (Beifall). Gaillard bezeichnete einerseits die Furcht vor Allem, was international sei, andererseits die esorgniß, daß Frank⸗ reich in dem vorgeschlagenen Comité das Uebergewicht erlangen könnte, als Grund der ablehnenden Haltung Barth's. Hierauf wurde die Verhandlung geschlossen, die Abstimmung aber auf heute verschoben. Der Spanier Marcoarto wird in der heutigen Sitzung einen Antrag ein⸗ bringen, der auf die Freiheit und Neutralität der Land⸗ und Meerengen abzielt.
Ueber die gestrige Sitzung und die Stellung der ver⸗ schiedenen Nationalitäten zu der Frage eines permanenten internationalen Bureaus entnehmen wir einem Telegramm der „Nat. Ztg.“ noch Folgendes: In der gestrigen Konferenz⸗ sitzung ereignete sich kein besonderer Zwischenfall. Wegen der unerträglichen Kälte waren die anwesenden Mitglieder noch weniger zahlreich als gestern, dagegen waren die Tribünen voll von Damen. Heute, wo die letzte Sitzung stattfinden soll, wird die Abstimmung über die Frage eines permanenten internationalen Bureaus erfolgen. Imbriani und Genossen verlangen Namensaufruf. Die Franzosen, Rumänier und Schweizer werden für die Bildung eines internationalen Comités stimmen, die Deutschen, die Oesterreicher und Ungarn, sowie die Engländer da egen. Die Italiener werden sich spalten: die Radikalen mit Imbriani an der Spitze werden mit den Franzosen, die anderen, einige ausgenommen, werden mit den Deutschen stimmen.
Der „Frankf. Ztg.“ wird aus Rom telegraphirt: Das Interesse der politischen Kreise und der Presse für die Ver⸗ handlungen der nimmt sichtlich ab. Die ersteren betheiligen sich an ihnen auffallend schwach, und die Blätter berichten darüber in vielfach verstümmelter Weise, fast nur auf die Imbriani'schen Tiraden sich beschränkend. Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, wenn viele Mit⸗ glieder die Wahl Roms als Ort der Konferenz bedauern und die Befürchtung äußern, daß ein unerfreulicher Verlauf der Konferenz einen empfindlichen Rückschlag auf die ganze Friedens⸗ bewegung üben könne.
Luxemburg. 8
Luxemburg, 5. November. Der Staats⸗Minister Eyschen ist gestern Abend von seiner Reise nach Hohenburg zurückgekehrt. Ein von ihm ausgehendes Rundschreiben an die Deputirten theilt diesen mit, daß die Kammer am
10. November, 3 Uhr Nachmittags, zusammentreten werde und daß er von Seiner Königlichen Hoheit dem Groß⸗ herzog zur Eröffnung der Session bevollmächtigt sei. Die ohne großherzog⸗
Eröffnung soll, der „Luxb. Ztg.“ zufolge, liche Botschaft erfolgen.
Griechenland.
Die Kammer ist auf den 28. November (a. St.) ein⸗ berufen. Wie dem „Dr. Journ.“ aus Alhen geschrieben wird, gedenkt die Opposition, um ihre Zuversicht auszudrücken, ihrem von der Rundreise durch Europa zurückkehrenden Führer Trikupis einen triumphalen Empfang zu bereiten. Es heißt, Trikupis werde selbst in der Kammer darauf dringen, daß die gegen ihn erhobene Anklage nicht fallen gelassen, sondern durchgeführt werde.
Schweden und Norwegen.
(v) Christiania, 4. November. Nachdem das Panzer⸗ schiff „Deutschland“ und der Aviso „Pfeil“ schon am Sonntag Vormittag hier angekommen waren, sind nunmehr heute Mittag auch die Panzerschiffe „Friedrich Carl“, „Kronprinz“ und, Friedrich der Große“ in den hiesigen Hafen eingelaufen. Sobald die Schiffe zwischen der Festung Akers⸗ hus und der Hauptinsel zu Anker gegangen waren, gaben sämmtliche neuangekommenen Schiffe Salut, während sie gleichzeitig Flaggenschmuck, mit der norwegischen Unionsflagge am Groß⸗ topp, anlegten. Die Festung Akershus, auf deren Wällen sich zahlreiche Zuschauer versammelt hatten, beantwortete den Salut mit 21 Schüssen. — Zu dem Ballfest für die Offiziere der deutschen Escadre werden, wie „Morgenbl.“ mittheilt, gegen 100 Offiziere und Kadetten einge⸗ laden werden. Es ist das erste Mal, daß die Haupt⸗ stadt für die Offiziere einer deutschen Escadre einen Ball giebt. Als Seine Majestät der Kaiser Wilhelm hier war, begleitet von einer größeren deutschen Flottenabtheilung, wurde auch ein Ballfest beabsichtigt; es kam aber nicht zur Ausführung, weil die Festlichkeiten für den Kaiser die Zeit zu sehr in Anspruch nahmen. Deshalb be⸗ nutzen die Bewohner der Hauptstadt diesmal die Gelegenheit, um den deutschen Marine⸗Offizieren eine Aufmerksamkeit zu erweisen.
— 7. November. Bei dem gestrigen Ball zu Ehren der Offiziere und Kadetten des deutschen Uebungs⸗ Geschwaders war der Saal, wie „W. T. B.“ berichtet, mit deutschen und norwegischen Flaggen und Wappenschildern geschmückt. Um 10 Uhr fand ein Abendessen statt, bei dem der General⸗Arzt Thaulow auf Seine Majestät den König Oskar, der Bürgermeister Christie auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser und der Kommodore Lund auf das deutsche Geschwader toasteten. Der Contre⸗Admiral Köster, Chef des deutschen Uebungs⸗Geschwaders, antwortete mit einem Toast auf die Stadt Christiania, während der deutsche Konsul Baron von Oertzen einen Toast auf die norwegischen Damen ausbrachte.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Die bis jetzt vorliegenden Berichte über den Ausfall der Staatswahlen stellen sich im großen Ganzen zu Gunsten der Demokraten. In den Südstaaten Alabama, Georgia, Maryland und Süd⸗Carolina unterlag der „A. C.“ zufolge das Resultat von vornherein keinem Zweifel. In keinem dieser Staaten hatten die Republikaner auch nur die geringste Aussicht auf Erfolg. Es verdient jedoch Beachtung, daß der Gouverneur von Maryland die größte demokratische Mehrheit seit Befreiung der Neger auf sich vereinigt hat, und auch in den Staaten New Jersey und Virginia ist der demokratische Triumph nicht minder groß. Die wirklich maßgebenden Wahlen vollzogen sich indeß nicht im Süden, sondern in den vier Nordstaaten New⸗York, Ohio, Jowa und Massachusetts, welche bei den vorjährigen Kongreßwahlen demokratisch gestimmt hatten. Die Republikaner haben in diesem Jahr die Genugthuung, in Ohio bei der Gouverneurswahl den demokratischen Kandidaten geschlagen und den Urheber der bekannten Tarißbill MacKinley erwählt zu haben. Die demokrattsche Presse erklärt freilich, daß sie diesen Triumph nicht der MacKinley⸗Bill, sondern der Auf⸗ nahme der freien Münzprägung in das demokratische Pro⸗ gramm verdanken. Das Wahlresultat in den anderen drei Staaten bietet den Republikanern jedoch wenig Anlaß zur Freude. Die Demokraten waren siegreich in New⸗York mit der größten Mehrheit, über die sie seit 1882 verfügt haben, und behaupteten auch die erst im letzten Jahr J1“ Temperenzstaaten Massachusetts und Jowa. Dieses Resultat ist von hervorragender Bedeutung für die Tariffrage und die Präsidentenwahl des nächsten Jahres. Die Demokraten behaupteten und ver⸗ größerten ihre Stimmenzahl in allen Fällen, in denen der
sichten des republikanischen Präsidentschaftskandidaten erscheinen
in dem Licht der diesjährigen Wahlen sehr trübe, dagegen die
des demokratischen Bewerbers um so heller und günstiger. Der Kriegs⸗Minister Proctor ist formell um seine
Entlassung eingeko. men, weil er zum Bundes Senator erwählt worden ist.
Brasilien. Der Berichterstatter des „New⸗York Herald“ meldet über die Wirren in Rio de Janeiro: Auf den Straßen der Stadt sei es an dem kritischen Tage zu blutigen Kämpfen gekommen; die Unruhestifter seien verhaftet worden. Die Spitzen der Armee hätten den Marschall Deodoro da Fonseca ausdrücklich gebeten, die Diktatur zu übernehmen und die Kammer aufzulbösen, weil sie verfassungs⸗ widrige Gesetze genehmigt habe. Nach dem betreffenden Dekret solle die Diktatur so lange dauern, bis die politische Revolution am Ende sei. Das Ministerium erkläre am Schlusse des Erlasses, dies sei das Beste für das Land. Die Bewohner der Provinz Allegro seien nicht Willens, die Diktatur des Präsidenten⸗ anzuerkennen. In Rio Grande do Sul wollten die Republikaner bewaffneten Widerstand leisten; sie sagten, Marschall da Fonseca beabsichtige eine Wiederherstellung des Kaiserreiches. Die Marine habe sich für die Diktatur erklärt. In der Hauptstadt herrsche jetzt Ruhe. — In Lissabon eingetroffene Depeschen aus Rio de Janeiro besagen, das Kongreßgebäude werde von Truppen bewacht, die Theater seien geschlossen, Militärabtheilungen hielten die Straßen besetzt. — Dem „R B.“ wird aus Rio de Janeiro vom 6. d. ferner gemeldet: Die allgemeine Lage sei fast unverändert. In allen öffentlichen Angelegenheiten sei der Einfluß des Präsidenten der Bank der Republik Mayring der vorherrschende. Dieser gehe in der größten Strenge gegen seine persönlichen Gegner vor. Der Graf Figureido werde polizeilich überwacht, dem Redacteur eines Journals sei Deportation angedroht worden, die Mitglieder des Kongresses verließen die Hauptstadt. Aus den Provinzen liege nichts Neues vor.
Chile. Wie der „Times“ aus Santiago gemeldet wird, hat der Kapitän George Montt die Kandidatur für die Präsidentschaft angenommen.
Egypten. Die zwischen der egyptischen Regierung und Frankreich, Rußland und Griechenland über die Beaufsich⸗ tigung der Apotheken und öffentlichen Lokale ent⸗ standene Streitigkeit ist, wie „R. B.“ aus Kairo meldet, nunmehr thatsächlich beigelegt worden. Die Vorschriften seien ein wenig modificirt und in dieser Fassung den Regierungen von Paris, St. Petersburg und Athen vorgelegt worden. Sollten diese Regierungen ihre Genehmigung ertheilen, so würden die gemischten Gerichtshöfe gleichfalls ihre Zustimmung zu ertheilen haben.
Kunst und Wissenschaft.
Ueber das Kaiser Wilbelm⸗Denkmal auf dem Kyff⸗
häuser wird uns Folgendes mitgetheilt: Die Bewerbungsentwürfe für das Reiterstandbild des Kaiser⸗Denkmals auf dem Kyffhäuser nebst Nebenfiguren sind im Ausstellungsgebäude auf dem Cantianplatz in Berlin, in der Nähe der Museen, einzuliefern. Die Einlieferung kann vom 30. November bis spätestens zum 5. Dezember l. J. Abends 6 Uhr, erfolgen. Auswärtige Bewerber haben ihre Entwürfe mit entsprechender Bezeichnung an die Spoeditionsfirma Phalandt & Dietrich, Berlin, Oranienburgerstraße 13/14, zu adressiren. Der Aufbau kann vom 7. Dezember l. J. an erfolgen und muß spätestens am 12. Dezember, Abends, beendigt sein. Das Preisgericht tritt am 14. Dezember zusammen. Nach dem Spruch des Preisgerichts findet eine öffentliche Ausstellung der Entwürfe statt. . die Rücksendung der nicht preisgekrönten bezw nicht angekauften Entwürfe bleiben die Bestimmungen des Preisausschreibens maßgebend. ——— Um das Andenken Franz von Dingelstedt's, des ver⸗ storbenen Dichters und Wiener Hofburg⸗Theater⸗Direktors, zu ehren, soll an dem Wohnhause in Rinteln, wo der Dichter seine Jugend⸗ jahre verlebte, eine marmorne Gedenktafel mit dem Medaillon⸗ bildniß Dingelstedt's angebracht werden.
— In unserer Notiz über das Tempera⸗Malverfahren in Nr. 261 des „R. u. St.⸗A.“ muß es bei Mittheilung über die Zu⸗ sammensetzung der Temperafarbe heißen: „die statt des Oels Eiweiß (nicht Firniß), Honig und Leimwasser verwendet“. 1
Theater und Musik.
Thomas⸗Theater.
Die Kneisel 'sche Posse „Der Kunstbacillus“ fand gestern Abend bei der ersten Aufführung eine sehr günstige Aufnahme. Der Hauptvorzug der neuen Posse besteht darin, daß sie eine wirksame Rolle für Herra Direktor Emil Thomas enthält; es ist dies ein Rentier und Leiter eines Liebhaber⸗Theaters Namens Igelfisch, der seine Theaterschwärmerei aus der Zeit seines Wirkens als Theaterfriseur in sein späteres Privatleben mit hinübergenommen hat. Verwirrungen und komische Verwicklungen, die durch den Eigensinn und die Phan⸗ tasterei des Kunstschwärmers hervorgerufen werden, bilden den Inhalt einer Reihe komischer Scenen, deren Reiz in der humoristischen, oft grotesk⸗lächerlichen Darstellung des Helden durch Herrn Thomas ihren Gipfelpunkt erreicht. Eine vorzubereitende Hamlet⸗Auffüh⸗ rung spukt durch das ganze Stück und gestattet Herrn Thomas alz Geist des alten Königs von Dänemark zu erscheinen, eine Charaktermaske, in der er nicht minder erheiternd wirkt, als in der Rolle des edlen Römers im „Raub der Sabinerinnen“. Die Hand⸗ lung, die in erster Linie darauf zugeschnitten ist, einen starken Lachreiz auf die Zuschauer auszuüben, entbehrt trotzdem nicht einer gewissen Einheitlichkeit in der Durchführung des Haupt⸗ gedankens: der Kunstbacillus, der sich im Haupte des Helden ein⸗ genistet hat, richtet fürchterliche Verheerungen an und kann nur durch sehr derbe prosaische Mittel vertrieben werden.
Es wurde keck und frisch gespielt, besonders in einzelnen Episoden⸗ rollen. So riefen die beiden Theatereleven, durch die Herren Walden und Guthery in einer übermüthigen, grotesken Manier dargestellt, große Heiterkeit hervor; auch die Aufgabe des Herrn Wellhof als Malstein, geheimnißvoll und schweigend uͤber die Bühne zu schreiten, führte der Darsteller so geschickt und komisch durch, daß er viel zur Fröhlichkeit des Abends
beitrug. Die Liebhaberrollen waren nach bewährtem Muster vertheilt; Herr Peters spielte den schüchternen, Herr Kaiser den flotten und Herr Barthold den ver⸗ ständigen Ehekandidaten. Von den Leistungen der Damen ist nur die des Fräulein Frida Wagen besonders hervorzuheben. Sie spielte mit Anmuth und Schelmerei und half durch ihre diskrete Darstellung besonders über die Fährlichkeiten der etwas gewagten Trinkscene hinweg.
Im Ganzen hat das Thomas⸗Theater einen neuen Heiterkeits⸗ erfolg zu verzeichnen, zu dem der Verfasser wie die Darsteller gleich⸗ mäßig beitrugen; ihnen galt der Beifall des Publikums demnach zu gleichen Theilen. 8
Seine Majestät der Kaiser, Seine Hoheit der Erb⸗
Tarif für das Wahlprogramm ausschlaggebend war, und
zwar ungeachtet der phänomenalen Herbsternte. Die Aus⸗
Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsena