1891 / 264 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

zeichnet ist und die Freiheit und Neutralität der Meerengen betrifftt, wurde von der Versammlung an die nächstjährige Berner Konferenz verwiesen, auf der ferner über die Organi⸗ sation eines „Schiedsgerichtshofs“ berathen werden soll.

Die Mitglieder der Friedenskonferenz begaben sich gestern auf Einladung des Gemeinderaths mittels Sonderzuges nach Neapel und wurden dort am Bahnhofe von den Gemeinde⸗ und Provinzialbehörden sowie von einer Anzahl hervorragender Persönlichkeiten empfangen. Heute findet zu Ehren der Gäste ein Frühstück in Pompeji und morgen ein Diner in Bajä statt.

Die „Opinione“ veröffentlicht ein Schreiben des deutschen Reichstags⸗Abgeordneten Dr. Böttcher, worin dieser den Gefühlen der Dankbarkeit Ausdruck giebt, mit denen die deutschen Mitglieder der interparlamentarischen Konferenz Italien verlassen. Das Schreiben spricht ferner den Wunsch aus, daß die Arbeiten der Konferenz dem Frieden Europas von Nutzen sein möchten, und betont die Freude darüber, daß die Theilnahme an der Konferenz die Gelegenheit geboten habe, den zwischen dem deutschen und dem italienischen Volke bestehenden Freundschaftsbanden Ausdruck zu geben.

Der „interparlamentarischen Friedenskonferenz“ wird nun noch ein allgemeiner, nicht nur von Abgeordneten, sondern von Persönlichkeiten jeglicher Art beschickter sogenannter„Friedens⸗ kongreß“ folgen, dessen Eröffnung vom 9. auf den 11. d. verschoben worden ist.

Unter dem Vorsitz Menotti Garibaldi's fand gestern in Rom eine Versammlung des Generalraths der Veteranen statt, der auch meh ere Vertreter der Presse beiwohnten. Nach kurzer Debatte wurde eine Tagesordnung angenommen, in der es laut Meldung des „W. T. B.“ heißt: „Der Generalrath der Veteranen beschließt, sich als Comité zu konstituiren und die hervorragenden Persönlichkeiten der italienischen liberalen Partei aller Schattirungen zur Organisation einer Agitation für die Abschaffung der Garantie⸗

esetze und des ersten Artikels der Verfassung aufzufordern.“ Fledhzeitig wurde eine aus drei Mitgliedern bestehende Kom⸗ mission beauftragt, die Einladungen so bald als möglich er⸗ gehen zu lassen.

Wie „W. T. B.“ erfährt, würde der Papst eine Note oder ein Promemoria an die Nuntiaturen über den Zwischen⸗ fall im Pantheon am 2. v. M., wovon mehrere Blätter wissen wollten, nicht veröffentlichen, sondern in dem nächsten, wahrscheinlich Ende November oder Anfang Dezember statt⸗ findenden Konsistorium eine Allokution halten, in er er von seiner gegenwärtigen Lage und von den Entschlüssen sprechen werde, die erstere nach sich ziehen könnte.

Wie der Berner „Bund“ hört, werden die eidgenössi⸗ schen Räthe auch zu der diesjährigen Wintersession voraussichtlich erst auf den ordentlichen Termin, d. h. auf den 7. Dezember, den ersten Montag genannten Monats, ein⸗ berufen werden.

Demselben Blatt zufolge hat der Vorsteher des Industrie⸗ Departements, Bundesrath Deucher dem Bundesrath eine Vorlage, wegen Einführung des Zündhölzchen⸗Mono⸗ pols, unterbreitet.

In Sachen der Handelsvertrags⸗Unterhandlungen fand am Freitag Nachmittag wieder eine Konferenz zwischen Vertretern des Bundesraths (Droz, Deucher und Hauser) und den schweizerischen Unterhändlern (Cramer und Hammer) statt.

In Brugg im Kanton Aargau hat am 6. d. M. eine

Wetterbericht vom 9. November, Morgens 8 Uhr.

Wind.

Meeressp red. in Millim

Mérimoe.

Temperatur in ° Celsius

Bar. auf 0 Gr

u. d.

8

Theater⸗Anzeigen.

Khönigliche Schauspiele. haus. 231. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten Oper in 3 Akten von Carré. Text von Henrv Meilbac und Genée. Musik von André Messager.

von Georges Bizet. gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister

Ludovic Halévy, nach einer Novelle des Prosper Tanz von Emil Graeb. In Scene ge⸗ Federmann. Anfang 7 Uhr. setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Versammlung von Angehörigen aller drei Parteien statt⸗ gefunden, die von Künzli (Demokrat), Kellersberger (liberal) und Regierungs⸗Rath Conrad (konservativ) einberufen war, um über den Ankauf der Centralbahn zu berathen. Bundesrath Welti sprach für den Ankauf, hob dessen Vor⸗ theile für den Bund hervor und empfahl der „A. R.⸗C.“ de-. zugleich die Verstaatlichung aller Schweizer Eisen⸗

ahnen. Das beträchtliche Disagio, welches die schweize⸗ rischen Bahnen für Obligationen verzinsen, müsse vom Ver⸗ kehr, d. h. vom schweizerischen Volke, bezahlt werden. Da der Kredit der Eidgenossenschaft größer sei als derjenige der Privateisenbahnen, so würde die hierdurch erzielte Ersparniß dem Handel und Verkehr zugute kommen. Wenn der Bund die Eisenbahnen auf einer Basis von 4 Proz. erwerbe und die letzteren 5 Proz. abwürfen, so könne 1 Proz. zum Vortheil des Verkehrs und zur Herabsetzung der Tarife verwendet werden. Der Ankauf der Centralbahn sei zur dringenden Nothwendigkeit geworden; man würde erneut einen Fehler begehen, wenn man den schon zweimal unterlassenen Ankauf der Eisenbahn auch diesmal nicht vornehmen würde. Die Centralbahn habe während 30 Jahre im Durchschnitt 6,59 Proz. Reingewinn abgeworfen. Von 32 Delegirten Vertrauensmännern aller Parteien erklärten sich schließlich 29 für, 3 gegen den Ankauf der Bahn.

Niederlande.

Die Regierung hat sich in einer schriftlichen Er⸗ klärung zu dem Budget in positiver Weise für die Ein⸗ führung der obligatorischen militärischen Dienst⸗ pflicht sowie dafür ausgesprochen, daß die Ernennung eines Oberst⸗Kommandirenden der Armee für den Kriege⸗ fall bereits in Friedenszeiten erfolge. Was die Frankreich, Spanien und Portugal gegenüber einzuhaltende Handels⸗ politik anbelange, so werde die Regierung, an den bisherigen bewährten Prinzipien festhaltend, Vorkehrungen zu treffen suchen, daß die Niederlande nicht ungünstiger als andere Länder gestellt würden.

Der Minister der Kolonien hat dem Parlament den Staatsvoranschlag für Niederländisch⸗Indien vorgelegt. Danach wird, der „Madb. Ztg.“ zufolge, für das Jahr 1892 ein Fehlbetrag von 14 Millionen Gulden erwartet. Wie dasselbe Blatt hört, stehe in dem ganzen niederländischen Kolonialsystem eine durchgreifende Veränderung bevor.

Belgien.

In einer gestern in Brüssel abgehaltenen Versamm⸗ lung von Mitgliedern der Kammer, der Generalräthe und mehrerer politischen Vereine der Hauptstadt wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Tagesordnung angenommen, die sämmtliche liberalen und Arbeiter⸗ vereine auffordert, sich zu vereinigen, um eine Bewegung zu Gunsten der Anerkennung des „allen Bürgern zustehenden Stimmrechts“ zu organisiren. Zugleich werden alle liberalen und sozialdemokratischen Gemeinderäthe aufgefordert, den Vor⸗ kämpfern des allgemeinen Stimmrechts sich anzuschließen.

Türkei.

Zu Ehren des deutschen Botschafters von Radowitz und des österreichischen Botschafters Freiherrn von Calice fand, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, am Sonnabend beim Sultan eine Soirée statt, an der außer den beiden Botschaftern die Familie des Herrn von Radowitz, der Großvezier Dschevad Pascha, der Minister

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Mit neuer Ausstattung und verstärktem A . 3⸗ Dienstag: Opern⸗] Orchester: Zum 13. Male: Die Basoche. Komische vee EE11

Deutsch von R. wissenschaftlichen Theater.

des Aeußeren Said Pascha, Mitglieder des sonals der deutschen und österreichischen und andere hohe civile und militärische Würdenträger theilnahmen. Die Gemahlin des Botschafters Freiherrn von Calice hatte sich entschuldigen lassen. Nach dem Empfange durch den Sultan fand eine Theater⸗ und Musikaufführung statt. Hierauf folgte ein Souper, an dem der Sultan ebenfalls theilnahm.

Der Erzbischof von Nikopolis Neophytos ist gest zum ökumenischen Patriarchen gewählt worden. 188

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 9. November. (W. T. B.) Dem heute anläßlich

der silbernen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin von Rußland in der hiesigen russischen Bot⸗ schaft abgehaltenen Gottesdienste wohnten der italienische Botschafter, der dänische und der serbische Gesandie bei.

Wien, 9. November. (W. T. B.) Von dem Gesammt⸗ brutto⸗Erforderniß des neuen gemeinsamen Budgets für 1892 im Betrage von 139 142 886 Fl. sind für Zollüberschüsse 40 155180 Fl. und für Bedeckung 2673 508 Fl. in Abzug gebracht; das Nettoerforderniß stellt sich hiernach, wie bereits gemeldet, auf 96 314 198 Fl. Die Abrechnung über die gemeinsamen Einnahmen und Ausgaben der Monarchie für 1890 ergiebt einen noch nicht verwendeten Kreditrest von 4 283 211 Fl. Der wirkliche Ertrag der Zölle ergab 41 527 504 Fl., gegen den Voranschlag 1 793 754 Fl. mehr. Die Schluß⸗ rechnung für 1889 stellt sich um 1 201 108 Fl. günstiger, als im Präliminare angenommen wurde. In Bezug auf die in den eichsraths⸗Delegationen im Jahre 1891 gefaßten Resolutionen, betreffend die Betheiligung des Kleingewerbes an den Lieferungen für das Plus, erklärt das Kriegs⸗Ministerium, daß eine weitergehende Betheiligung des Kleingewerbes, als sie im laufenden Jahre stattgefunden hat, unthunlich sei.

9. November. (W. B. B.) Gestern fand eine Be⸗ rathung von Vertretern der ersten Wiener Bankhäuser darüber statt, ob eine gemeinsame Intervention gegenüber der herrschenden Börsenbaisse angezeigt sei. Das Ergebniß der Berathung ist noch nicht bekannt.

Prag, 9. November. (W. T. B.) Gestern Abend zogen ungefähr 500 Studenten, Gehülfen und Lehr⸗ burschen von dem Weißen Berge nach Smichow und machten dort vor der deutschen Schule halt. Als ein Individuum zu Pereatrufen auf diese Schule aufforderte und in Folge dessen verhaftet wurde, griff die Menge die Sicherheitswache an. Diese flüchtete in einen Hausflur, um Verstärkungen abzuwarten. Die Menge versuchte darauf, das Hausthor zu sprengen, wurde jedoch durch die inzwischen eingetroffene polizeiliche Verstärkung zer⸗ streut; fünf Personen wurden verhaftet.

Pest, 9. November. . Reiter⸗Standbildes des Grafen Julius Andrassy im Stadtwäldchen ist nunmehr endgültig beschlossen worden.

Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Frania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

In Scene zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abends 7 ¼ Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth,

Botschaft

(W. T. B.) Die Errichtung eines

Näheres die Anschlag⸗

Mullaghmore 744 Aberdeen. 744 Christiansund 749 Kopenhagen. 759 Stockholm. 763 aranda. 757

t. Petersburg 766 Moskau. 764

Cork, Queens⸗ towwu 749 Cherbourg. 755 elder 756 ylt 756 mburg . . 757 winemünde 751 Neufahrwasser 765 Memel . 767 S.

Petas 168— ünster.. 759 Karlsruhe.. 762 Wiesbaden. 761 München. 764 Chemnitz. 763 Berlin... 761 EW6 764 Awolkenlos

1 2I

Osoebo† nN 50 C. = 40 R

ö 8 5 ede 3 Nebel 1 bedeckt ¹) 1 wolkig²) still wolkig²) SW 3 bedeckt

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4 bedeckt 765 1 heiter 765 2 bedeckt

¹) Nachts Reif. ³) Horizont dunstig,

Nachts Reif.

Uebersicht der Witterung.

Eiin tiefes Minimum unter 738 mm liegt nord⸗ westlich von Schottland, seinen Wirkungskreis über Großbritannien und das Nordseegebiet ausdehnend, während der Luftdruck auf dem Gebiete zwischen dem Sckwarzen Meere und dem Finischen Busen am

öchsten ist. Die Luftbewegung ist meist schwach, in

entral⸗Europa aus vorwiegend südlicher und süd⸗ zstlicher Richtung In Deutschland ist das Wetter kalt, vielfach beiter, ohne nennenswerthe Nieder⸗ schläge; allenthalben herrscht Frostwetter; am Kältesten ist es in der Pfalz und in Baden. An der Biscayasee sowie am Kanal ist Erwärmung einge⸗

²) Reif.

treten, welche sich demnächst auch über Deutschland

ausbreiten dürfte.

Schauspielhaus. 242. Vorstellung. Neu einstudirt: Die Jungfrau von Orleans. Eine romantische Tragödie in 1 Vorspiel und 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 232. Vorstellung. Ca⸗- valleria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug, nach dem gleichnamigen Volksstück von Verga. Musik von Pietro Mascagni. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Vorher: Prometheus. Musik von Beethoven. Nach einer mvthologischen Tanzdichtung E. Taubert's in 2 Akten von Emil rr Dirigent: Musikdirektor Hertel. Anfang

Schauspielhaus 243. Vorstellung. Der uene Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Zeutsches Theater. Dienstag: Die Sklavin.

Mittwoch: Goethe⸗Cyeclus. 1. Abend. Zum 1. Male: Stella. Trauerspiel in 5 Aufzügen. Hierauf zum 1. Male: Die Mitschuldigen. Lust⸗ spiel in 3 Aufzügen.

Donnerstag: Die Sklavin.

Der Umtausch der Abonnementskarten zum Goethe⸗ Cyeclus kann jedesmal schon 2 Tage vor der betr. Vorstellung bewirkt werden.

Berliner Theater. Dienstag: Zu Schiller’8 Geburtstag. Wilhelm Tell. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Der Hüttenbesitzer. 1

Donnerstag: Esther. Der Geizige.

Yessing- Theater. Dienstag: Die Groß⸗ stadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen⸗ thal und Gustav Kadelburg. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Die Groß⸗ stadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen⸗ thal und Guftav Kadelburg.

8

Wallner-Theater. Dienstag: Zum 6. Male: Der stille Associé. Posse in 4 Akten von Carl Laufs und Wilbelm Jacoby. Anfang 7 ½ Uhr

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

5 38 8 8

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Dienstag: Zum 11 Male: Das Hinderniß (L’Obstacle). Schauspiel in 4 Akten von Alphonse Daudet. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch u. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Zum 103. Male: Jung⸗Deutschland zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten von Ernst Niedt. Anfang 7 ½ Ubr.

Mittwoch: Jung⸗Deutschland zur See.

Voranzeige. Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Letzte Kinder⸗Nachmittags⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Dle Heinzelmännchen. Märchen⸗Komödie mit Gesang und Tanz in 7 Bil⸗ dern von O. Klein. 8 8

““ Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Zum 71. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30.

Direktion: Emil Thomas. Dienstag: Zum 5. Male: Der Kunst⸗Bacillus. Novität! Posse in 4 Akten von Rudolf Kneisel. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Adolf Kurz. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Concerte. 8 v“

Sing-Akademie. Dienstag, Anfang Uhr:

Concert von Johanna Burmester (Klav.) u. Burmester (Geige). ester (Klav.) u. Willy

Concert-Haus.

Dienstag: Karl Mexyder⸗ 5 Flafeng 7 1 6

uv. „Fre tz“ von Weber. „1812“ von ai⸗ kowsky. „Künstlerleben“, Walzer von eas. Pbhantasie „Cavalleria rusticana“ von Mascagni. Nordische Pbantasie für Piston von Hoch (Herr Spengler). Concert in A-moll für Cello von Golter⸗ mann (Herr Smit).

große hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. Dampfschisf⸗ und Bootfahrten. Wasser⸗ fällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, Riesen⸗ Fontaine, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außerdem: 6 irländ. Jagdpferde, zus. dressirt und vorgeführt von Herr⸗ Franz Renz. Jeu de la rose, geritten von Frl. Clotilde Hager u. Mlle Theresia. Schulpferd Emperor, geritten von Herrn Gaberel. Mexikaner⸗Manöver, geritten von 12 Herren. Die weltberühmten 4 Gebrüder Briatore. Sisters Lawrence am fl. Trapez.

6 Gladiatoren. Mr. F. Chiarini, Jockeyreiter

Mr. Jules, Saltomortalesreiter. Mlle. Zephora,

Parforcereiterin ꝛc. Komische Intermezzos von

sämmtlichen Clowns. Täglich: „Auf Helgoland.“

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Familien⸗Nachrichten.

Verehelicht: Hr. Regierungs⸗Assessor Walter Peelsch mit Frl. Marie Grunow (Stralsund

erlin).

Geboren: Zwei Söhne: Hrn. Arndt von Oertzen (Bri don), Ein Sohn: Hrn. Gerichts⸗ Assessor Hermann Krüger (Swinemünde). Hrn. Hrosfcot Dr. M. Dennstedt (Berlin). Hrn. deoß or Dr. Paul Falkenberg (Rostock). Hrn.

auptmann Rudolph Graf von Baudissin (Metz). Eine Tochter: Hrn. Konsistortal⸗Rath Schrader (D.⸗Wilmersdorf b Berlin). Hrn. Kreisbaumeister Werner (Neumarkt, Schles).

Gestorben: Hr. Dozent an der Kgl. Kriegs⸗ Akademie Dr. Etienne Burtin (Berlin). Hr. Domkapitular Joseph Sockel (Breslau). Hr. Carl Frhr. von Magnus (Oelsa). 1

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: 8. Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

(1784 )

E“

Nichtamtliches.

Luxemburg.

Luxemburg, 7. November. Wie die „Luxb. Ztg.“ ver⸗ nimmt, hat sich die Großherzogliche Handelskammer in ihrer letzten Sitzung gegen die Ausführung der Mosel⸗ Kanalisation ausgesprochen. 1“

Schweden und Norwegen. (P) Stockholm, 5. November. Der König und die

Königin gaben gestern in Veranlassung des Jahrestages der Vereinigung zwischen Schweden und Norwegen in der großen Galerie des Königlichen Schlosses ein Festmahl, dem außer dem Kronprinzen und den Prinzen Eugen und Carl die schwedischen und norwegischen Staats⸗Minister und Staatsräthe, die höchsten Hoschargen, die höchsten Militär⸗ und Civilbeamten nebst Damen beiwohnten. Während des Mahles ergriff König Oskar das Wort und brachte nach der „Post⸗ och Inr. Tidn.“ ein Hoch auf die Vereinigung mit folgenden Worten aus:

„Die Vereinigung zwischen den Königreichen Schweden und Nor⸗ wegen erreicht heute einen neuen Jahrestag. Geschlossen zwischen zwei freibeitliebenden Nationen und bestätigt durch die gesetzlich gefaßten Beschlüsse ihrer Reicheversammlungen, war sie bei ihrer Stiftung ein Werk des Friedens und der Versöhnung von weltgeschichtlicher Bedeu⸗ tung, und eindreiviertel Jahrhundert hat ihre Fähigkeit dargethan, den bis dahin getrennten Völkern der skandinavischen Halbinsel Ruhe und Glück zu bereiten. Jeder mit Herz und Verstand muß einem solchen Werk unerschütterliche Zukunft wünschen. Aber kein Menschenwerk ist vollkommen und keins ist frei von Gefahren. Um diesen zu ent⸗ gehen, wird hier gegenseitiges Vertrauen und guter Wille gefordert daß nicht nach dem gestrebt wird, was mit dem Zweck und, dem Wesen der Vereinigung unvereinbar ist, nicht dem widerstrebt wird, was billig und möglich ist. Möchten Meine Völker niemals vergessen, daß nur die Liebe und die Eintracht ihr Glück sichern. Der Allmächtige, der in Gefahren und Noth der Beschützer unserer Vor⸗ väter gewesen ist, er beschirme auch diese Vereinigunz, die zwischen ihren Nachkommen endlich geknüpft wurde. Er erbalte und stärke sie kommende Zeiträume hindurch zum Wohle der Brüdervölker! Es lebe die Vereinigung!“

König Oskar hat, wie die „Post⸗ och Inr. Tidn.“ mit⸗ theilt, unterm 30. Oktober beschlossen, für den Gesandten in Paris, als gemeinschaftlichen Vertreter der vereinigten Reiche, für das Mitglied der Ersten Kammer Edv. Fränckel und für den Generalkonsul der vereinigten Reiche in Antwerpen W. C. Christophersen Vollmachten ausfertigen zu lassen, um, Ersterer für Schweden, Letzterer für Norwegen, nebst dem Gesandten Herrn Due mit der französischen Regierung Unter⸗ handlungen zu führen wegen Verlängerung der unterm 30. Dezember 1881 abgeschlossenen Handels⸗ und Schiff⸗ fahrts⸗Verträge. 1 8

Dänemark.

Kopenhagen, 7. November. Im F der Deputirte N. J. Larsen den Antrag gestellt: der Justiz⸗ Minister möge mit Bezug auf seine früheren Aeußerungen eine Vorlage über die Rechtsreform einbringen. Hierzu hat nunmehr, wie „W. T. B.“ berichtet, der Führer der radikalen Linken Berg ein Amendement eingebracht, welches das ganze Ministerium zum Rücktritt auffordert, „damit die Rechtsreform unter der Leitung einer den Grundgesetzen treuen Regierung vollzogen werden könne.“

8 Amerika.

Dem „R. B.“ wird aus Rio de Janeiro vom Sonntag gemeldet, daß die Regierung ein Dekret veröffentlicht habe, nach welchem die Staatsbahnen auf einen Zeitraum von 33 Jahren in Pacht gegeben werden sollen. Der Pachtzins wäre in Gold, und zwar die Hälfte des⸗ selben im Voraus, zu entrichten. In Rio herrsche Ruhe, auch aus den Provinzen lägen keine Nachrichten von Bedeutung vor.

Wie der „Mgadb. Ztg.“ über London gemeldet wird, hätte der Gouverneur der Provinz Rio Grande dem Präsidenten da Fonseca den Gehorsam verweigert und eine Proklamation veröffentlicht, in der er Fonseca beschuldige, eine monarchische Restauration zu beabsichtigen. Die übrigen Gouverneure ver⸗ hielten sich ruhig. Die öffentlichen Gebäude in Rio de Janeiro würden bis zur Aufhebung des Belagerungszustandes mili⸗ tärisch besetzt bleiben.

Chile. Der chilenische Gesandte in Washington Pedro Montt hat über die Zusammensetzung des neuen Kon⸗ gresses ein Telegramm aus Santiago erhalten, wonach der Senat aus 29 Liberalen und 5 Konservativen, die Kammer aber aus 56 Liberalen und 38 Konservativen besteht.

Der Präsident Harrison hat, wie „W. T. B.“ aus Wasbington meldet, einen Sekretär für die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten ernannt.

Afrika.

Aus Sansibar wird der „Times“ unterm 6. November telegraphirt: Nach einer Meldung aus Mombas trifft die Bevölkerung von Witu Vorbereitungen, Malindi anzu⸗ greifen. Es sind Kundschafter ausgesendet worden, um zu

ermitteln, ob die Nachricht wahr sei; diese sind indessen noch nicht . 3

Demselben Blatt ging aus Capstadt vom 6. November folgendes Telegramm zu: 1

Nach einer Meldung aus Walfischbai eroberte der Häuptling Hendrick Witboy jüngst einen Damara⸗Viehkraal und ermordete 37 Frauen und Kinder. Wenige Tage später versuchten die Damaras Wiedervergeltung, tödteten 35 Anhänger Witboy’ s und trieben ihn ins Gebirge.

Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des General⸗Feldmarschalls Grasen von Moltke. (Vgl. Nr. 263 des „R.⸗ u. St.A.) 8 II. 1““ 8 1“ 8 Mit dem vier Jahre jüngeren Bruder Adolf, dessen Gesichtszüge nach einem der Sammlung beigegebenen Bild⸗

niß eine auffallende Aehnlichkeit mit denen des Generals

8—

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 9. November

hatten, war dieser durch eine besonders nahe und herzliche Freundschaft verbunden. Die an ihn gerichteten und hier wiedergegebenen Briefe tragen einen wesentlich anderen Cha⸗ rakter, als diejenigen an die Mutter. Tritt der Mutter gegenüber mehr die innize Zärtlichkeit des Sohnes in den Vordergrund aller Schreiben, so sehen wir ihn dem Bruder gegenüber schon mehr als den reifen Denker, ohne daß wir die warme brüderliche Empfindung zu vermissen brauchen. Die Verschiedenheit des Eindrucks mag aber auch wohl ihre Begründung darin haben, daß diese Briefe erst mit dem Jahre 1839, also nach dem Tode der Mutter beginnen, und daß sie nicht nur in das reifere Mannesalter Moltke's, sondern auch zum Theil in die Zeit der weltbewegenden Ereignisse fallen, in denen der Briefschreiber eine der ersten Rollen zu spielen berufen war. Inzwischen verheirathet und in Rom als Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen lebend, giebt er seinem Wunsche nach einem Wiedersehen mit seinem Bruder im Jahre 1846 in folgenden Worten Ausdruck: „Wenn Du nun uns zu Gefallen Deine Reis so beträchtlich über ihr nächstes Ziel ausdehnen willst, so kann ich 300 Thaler Preußisch Courant Dir zu diesem Zwecke zur Disposition stellen. Wir sind hier so situirt, daß ein recht erhebliches Plus nach allen Ausgaben übrig bleibt, und können keine machen, die uns eine größere Freude verschaffte, als Dich auf einige Monate hier zu sehen.“

Von größtem Interesse sind mehrere Stellen in den Briefen an diesen Bruder über seine Ehe, die hier folgen mögen:

„Uns fehlt freilich das Glück Kinder zu haben, ein großer Segen, wie sehr er auch oft mit Sorge verknüpft ist. Ich wüßte kaum etwas von Glücksgütern, die ich mir sonst wünschte. Mein größtes Glück ist meine kleine Frau. Seit fünf Jahren habe ich sie selten traurig und nie verdrießlich gesehen. Launen kennt sie nicht und nimmt auch keine Kenntniß davon bei Anderen. Ein wirkliches Unrech dürfte man ihr nie zufügen, sie würde es beim besten Willen nicht ver⸗ zeihen können; denn bei aller Heiterkeit des Gemüths hat sie einen ent⸗ schiedenen, festen und tiefen Charakter, den sie in allen Widerwärtig⸗ keiten bewähren würde. Gott schütze sie davor. Ich weiß aber auch, was ich an ihr habe. Marie ist, Gott sei dafür gedankt, wohl und munter wie je. Es ist zum Verwundern; ohne Wirthschaft, da wir noch im Gasthof wohnen, fast den ganzen Tag allein, umgeben von lauter düsteren Bildern und drohenden Nachrichten (September 1848 in Magdeburg) bleibt sie gleich heiter und ruhig. Wenn ich noch so müde und verstimmt nach Haus komme, so finde ich dort ein fröh⸗ liches Gesicht. Gott segne sie dafür.“

Seinem Schmerz um den Verlust der Gemahlin giebt er am 30. Dezember 1868 folgenden Ausdruck:

„Unsere theure Marie ist heut Nachmittag 3 Uhr nach 16tägigem schweren Krankenlager, aber kurzem, schmerzlosen Todeskampf ent⸗ schlummert. Ein furchtbares Fieber raffte sie hinweg, nachdem alle Mittel der Pflege und der ärztlichen Kunst erschöpft waren. Schon mehrere Tage zuvor, bei voller Besinnung, hatte sie Abschied genommen, und in heftigsten Fieberphantasien betete sie für uns. Ich hätte nicht gemocht, daß sie wieder er⸗ wache. Sie hat ein selten glückliches Leben genossen und ist des traurigen Alters überhoben. Ihr gerader, treuer und gottesfürchtiger Wö“ machte sie überall beliebt, und die allgemeine Theilnahme errscht“.

An die Schwägerin Auguste, Frau des Bruders Adolf richtet er, die nachstehenden Worte des Dankes für ihre Theil⸗ nahme:

„Ich danke herzlich für Ihre Theilnahme an meinem herben Verlust. Wer Marie gekannt hat, vermag die Größe desselben und die Leere, die mir geblieben ist, zu ermessen. Nichts Schöneres als ihre Büste, gleich nachdem sie ausgerungen hatte; dieser stille fried⸗ liche Ausdruck ihres Gesichts. Ich hoffe zum Frühjahr mit einer kleinen Begräbnißhalle für Marie und mich fertig zu werden; ich hatte freilich geglaubt, sie würde sie zuerst für mich bauen. Es ist mir noch immer wie ein schwerer Traum, daß sie so aus dem blühen⸗ den, kräftigen Leben gewaltsam herausgerissen ist.“

Ueber seine eigene Befähigung und seine Aussichten im Militärdienst urtheilt er im Jahre 1847 mit erstaunlicher Bescheidenheit:

„Mein Dienstverhältniß ist angenehm und stellt ein ferneres Fortkommen in Aussicht. In Folge meines früheren Verhältnisses bei Prinz Heinrich habe ich, bis zur entsprechenden Gehaltsverbesserung, eine persönliche Zulage von 800 Thalern, sodaß ich schon jetzt das Einkommen eines Regiments⸗Commandeurs beziehe, bis ich einmal Chef des Generalstabes eines Armee⸗Corps werde, was wohl in wenig Jahren kommen muß, dann aber freilich eine Ver⸗ setzung nach sich zieht. Höher will ich nicht und werde dann den Ab⸗ schied nehmen. Da ich mir ohnehin sagen muß, daß ich zu einer größeren Wirksamkeit als der bisherigen die nöthigen Fähigkeiten nicht besitze, so reift der Gedanke, aus diesen Verhältnissen auszuscheiden, immer mehr bei mir heran.“ 1

Ueber die politische Lage Preußens schreibt Moltke unter dem 17. Februar 1850 aus Magdeburg, wohin er als Chef des Generalstabes des IV. Armee⸗Corps versetzt war:

„Preußen muß sich gestehen, daß es nirgends in ganz Europa mehr einen Freund hat, sondern ganz allein auf sich selbst angewiesen ist. Für uns ist nur etwa Louis Napoleon, ein Mann mit höchstens einer Partei, nicht einer Nation hinter sich. In Frankreich scheint ein blutiger Konflikt unvermeidlich, der Ausgang zweifel⸗ haft. Man weiß daher nicht, was man an Frankreich hat, ob Freund oder Feind. Preußen ist von den De⸗ mokraten aller Nationen gehaßt, weil es die stärkste Stütze der Ordnung, in den Augen des St. Petersburger und des Wiener Kabinets aber ist es revolutionär und überhaupt in der ganzen Staatenfamilie als Parvenü, als Sohn seiner Thaten, wenig beliebt; den Kleinstaaten, als herabgekommenen Altadeligen, besonders fatal. Also keine Allianz, kein Aufgehen weder von noch in, keine Hoffnung als auf sich selbst. Die Spannung mit Oester⸗ reich nimmt immer zu. Sie vergelten uns, was wir im Jahre 1848 ihnen nicht gethan haben. An einen Krieg mit Oesterreich glaube ich immer noch nicht. Für zwei Mächtige giebt es immer noch ein Mittel, sich zu verständigen auf Kosten der Schwachen, Anmaßenden. Der wahre Kampf wird dadurch freilich nur gestundet. Uebrigens hat Oesterreich bis jetzt alle Vortheile des negativen Verhaltens. Die Schwierigkeiten werden sich riesenhaft entwickeln, sobald es handeln, sobald es nur überhaupt ein wirkliches Programm aufstellen muß.

Dem zur Stellvertretung seines erkrankten Bruders be⸗ rufenen Prinzen von Preußen, nachmaligen Kaiser Wilhelm I., widmet Moltke, der bald darauf mit? ahrnehmung der Ge⸗ schäfte des Chefs des Generalstabes der Armee betraut wurde, solgende Worte: „Unendlich schwierig ist die Aufgabe des Prinzen von Preußen, der mit den ihm überkommenen Organen im Sinne der bisherigen Grundsätze fortzu⸗

um Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1891.

regieren und sonach seine eigenen Grundsätze vielleicht hint⸗ anzusetzen hat. Die Selbstverleugnung und der Takt, welche er dabei zeigt, finden die allgemeinste Anerkennung, aber die Frische eines neuen Regierungsantritts ist dabei ver⸗ loren gegangen. Ein Definitivum ist gewiß sehr wünschens⸗ werth, aber, wenn der König unter der unendlich liebevollen und klugen Pflege der Königin nicht vollständig geneset, eine möglichst heikle Angelegenheit.“

Höchst interessant ist auch eine Auslassung über die Ver⸗ handlungen des Reichstages im Jahre 1867, der, wie Moltke schreibt, sehr bedeutende Talente in sich vereinigte, bei dem konventionelle Phrasen nicht aufkommen könnten. Stadrath Franke findet danach mit seiner schroffen Dänenfeindschaft keinen Anklang, Twesten sieht die europäischen Dinge nur aus einem schleswigholsteinischen Schiebefenster, der Pastor Michaelis mit seiner Kapuzinerpredigt bildet eine komische Figur. Münchhausen, der für König Georg von Hannover maß⸗ voll, mit Ruhe und Würde spricht, findet für sein persönliches Verhalten den Beifall Moltke's, der auch Waldeck mit Interesse sprechen hört und mittheilt, daß bei den Vorträgen von Braun aus Sachsen, Miquel⸗Osnabrück und Wagner für die Ver⸗ fassungsvorlage eine lautlose Stille in der Versammlung ge⸗ herrscht habe. Die schon bekannte Ansicht Moltke's in der Luxemburger Angelegenheit möge hier mit seinen eigenen Worten wiedergegeben werden:

„Die Luxemburger Sache wird schwerlich schon jetzt zum Kriege führen. Louis Napoleon muß sich sagen, daß er dazu nicht im Stande ist; aber das kann er seinen eitlen Franzosen nicht sagen, die Stim⸗ mung ist sehr aufgeregt in Paris, von den Parteien gehetzt und eine Explosion nicht unmöglich. Uns könnte nichts willkommener sein, als den Krieg, den wir doch haben müssen, gleich jetzt zu bekommen, wo Oesterreich aller Aussicht nach im Orient engagirt sein wird.“

Auch während des Kriegsjahres 1870/71 läßt Moltke sich trotz der ihn überlastenden Geschäfte nicht abhalten von einem regelmäßigen Gedankenaustausch mit seinem Bruder Adolf, indem er nicht nur die politischen und militärischen Verhältnisse häufig recht eingehenden Betrachtungen unterzieht, sondern auch der Sorge um die Gesundheit des Bruders entsprechenden Ausdruck giebt. Niemals fehlen in diesen Briefen Nachrichten über das Befinden und das dienstliche Verhalten der beiden Söhne Adolf von Moltke's, die im preußischen Heere den Feldzug mitmachten und in dem Onkel einen stets liebevollen väterlichen Beschützer hatten, der seinerseits mit besonderer Freude dem Bruder immer nur Günstiges über die Tüchtigkeit vor dem Feinde und die Ge⸗ sundheit der Söhne zu berichten weiß. Den Briefen dieser Zeit mögen folgende Stellen entlehnt werden:

„Gestern-(21. Dezember 1870) haben die Franzosen wieder mit großem Aufwand von Mitteln einen ihrer vergeblichen Versuche ge⸗ macht, auszubrechen. Wie die Hühner durch Kakeln verkünden, daß sie ein Ei legen wollen, so annonciren die Pariser ihre Absicht durch eine wüthende Kanonade aus allen Forts. Am Vormittag fanden dann Truppen- bewegungen gegen die Stellung sowohl des IV. wie des V. Corps statt, die sogleich als Demonstration erkannt wurden. Gegen den wahren Angriff nordöstlicher Richtung waren schon Abends zuvor unsere Reserven beordert. Die allgemeine Sehnsucht nach Beendigung dieses furchtbaren Krieges läßt in der Heimath vergessen, daß er erst fünf Monate dauert, man hofft Alles von einem Bombardement von Paris. Daß dieses nicht schon erfolgt, schreibt man zarter Rücksicht für die Pariser oder gar dem Einfluß hoher Persönlich⸗ keiten zu, während hier nur das militärisch Mögliche und Zweck⸗ mäßige ins Auge gefaßt wird. Aus den Zeitungen weißt Du schon, daß ein dreimonatiger Waffenstillstand (3 Februar 1871) ab- geschlossen ist. Wir haben die sämmtlichen Forts besetzt. Paris selbst ist für uns nur das große Gefängnibz in welchem wir die ge⸗- fangene Armee bewachen. Inzwischen drehen wir die Wälle und Ge⸗ schütze der Forts um, und wenn der Waffenstillstand nicht zum Frieden führt, so haben wir es in der Hand, die stolzeste Stadt der Welt in einen Schutthaufen zu verwandeln. Mit meiner Gesundheit geht es wunderbar gut, wenn aber die Spannung aufhört, werde ich wohl bald nach Gastein müssen. Ich habe hier alle Abend meine Whist⸗ partie, seit ruhigere Zustände eingetreten sind, als sie in dem ersten Theil des Feldzuges waren. Es ist ein calmirendes Mittel vor dem Schlafengehen. Ich kann Gott nicht genug danken, daß ich das Ende (4. Maͤrz) dieses großen weltgeschichtlichen Kampfes noch erlebt habe. „Der Herr ist stark in den Schwachen,“ aber froh werde ich des Erfolges erst, wenn Alles vorüber ist. Wie oft hat es schon ausgesehen, als ob nun Alles gut wäre (Metz, Sedan), und plötzlich trat eine Situation ein, die Alles wieder in Frage

Die Briefe an den Bruder Ludwig athmen denselben Geist, der durch die vorstehenden Auszüge genügend charakte⸗ risirt erscheint; eine weitere Vermehrung dieser Mittheilungen, die aus dem reichen Gedankeninhalt der Sammlung nur einen geringen Theil von dem bei einer ersten flüchtigen Durchschau besonders Hervortretenden wiedergeben konnten, ist deshalb nicht angezeigt. Eine eingehende Beschäftigung mit der Sammlung kann nur wärmstens empfohlen werden; Niemand wird das Buch ohne hohe Befriedigung aus der Hand legen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Bureaus für Arbeiterstatistik. (Vgl. Nr. 261 des „R.⸗ u. St.⸗A.“*.) 158 Ddie Leistungsfähigkeit der Bureaus für Arbeiterstatistik richtet sich natürlich sehr wesentlich nach ihrer Ausstattung mit Geldmitteln zur Besoldung von Personal und zur Bestreitung von sonstigem Aufwand für Erhebungen, Bearbeitung und Veröffentlichung ihrer Ergebnisse. Aus den recht unvoll⸗ ständigen Nachrichten über die Budgets der Bureaus läßt sich erkennen, daß die meisten derartigen Stellen der Einzel⸗ staaten der amerikanischen Union ziemlich kärglich ausgestattet und nur einige, wie z. B. das labor-bureau von Massachusets, in der Lage sind, ihre Aufgaben befriedigend zu erfüllen. Hin⸗ gegen ist das Department of Labor in Washington so dotirt, daß es jährlich 600 000 und mehr für seine Arbeiten auf⸗ wenden kann. Ueber die in England dem Labour-Bureau des Handelsamts gewährten Mittel sind Angaben nicht zu finden, jedoch scheint es noch nicht genügend ausgestattet zu sein, um sein Programm auszuführen. Noch viel weniger ausreichend sind die dem schweizerischen Arbeiter⸗Sekretariat zu Gebote

stehenden Mittel. Seine Gründungskosten wurden vom Grütli⸗