Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 11. November. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ist, wie das „Prag. Abdbl.“ erfährt, vor⸗ gestern incognito in Kairo eingetroffen.
Die Rekornvaleszenz bei der Erzherzogin Margarethe Sophie schreitet nach dem „Frdbl.“ wohl langsam, aber doch stetig vor. Man darf sich wohl der Hoffnung auf eine baldige vollkommene Wiedergenesung der Erzherzogin hingeben.
Dem Exposé des Ministers des Aeußeren Grafen Kälnoky wird dem „W. T. B.“ zufolge am Sonnabend im ungarischen Ausschusse und am Montag im österreichischen Ausschusse entgegengesehen.
Das Abgeordnetenhaus bewilligte gestern das Rekrutenkontingent für 1892. Gegenüber den Ausführungen zweier jungezechischen Abgeordneten über eine angeblich schlechte Behandlung der Mannschaft in der österreichisch⸗ungarischen Armee hob der Landesvertheidigungs Minister Graf Welsers⸗ heimb hervor, in keiner Armee Europas sei die Behandlung der Mannschaft besser als in der Oesterreich⸗Ungarns. Er müsse sich auf das Entschiedenste gegen jede Sonderung in der Armee nach Nationalitäten aussprechen. Die Armee müsse eine gemeinsame bleiben als ein Bollwerk des inneren Friedens. Die territoriale Eintheilung sei nach militärischen Gründen, nicht nach den politischen Landesgrenzen getroffen. Die Ergebnisse der Ein⸗ jährig⸗Freiwilligen⸗Prüfungen seien in letzter Zeit geradezu glänzend ausgefallen.
Wegen der vor der deutschen Schule in Smichow ver⸗ übten Exzesse (siehe Nr. 264 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 9. d. M.) sind fünf Studirende und ein Malergehülfe in gerichtliche Untersuchung gezogen worden.
Großbritannien und Irland 1
Der Prinz von Wales beging am 9. November seinen fünfzigsten Geburtstag im engsten Familienkreise auf seinem Landsitz Sandringham. Außer seinen beiden Söhnen wohnten seine Brüder, die Herzoge von Edinburgh und Connaught, Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar der Herzog von Fife und dessen Gemahlin, der russische Botschafter und der brafilianische Gesandte dem Feste bei. Meilenweit in der Runde läuteten die Kirchenglocken den Tag ein. Auch im Westend Londons mahnten die Glocken an den Tag, und ein Königssalut der Artillerie wies die Bewohner der Metropole darauf hin. Die englische Presse begrüßte den 50. Geburtstag des Prinzen von Wales mit schwungvollen Leitartikeln, die dem Charakter und den Vorzügen des englischen Thronfolgers volle Gerechtig⸗ keit widerfahren ließen.
Die irischen Parteien haben sich in der letzten Zeit über die zwischen Parnell und O'Brien und Dillon geführten sogenannten Boulogner Verhandlungen herumgestrüten. Gladstone legt seine Stellung dazu jetzt in einem offenen Schreiben dar, in welchem er sagt, daß er mit den Ver⸗ handlungen nichts zu thun gehabt habe.
Kapitän Nounghusband wird sich, wie man der „Times“ aus Calcutta telegraphirt, voraussichtlich in kurzer Zeit nach England auf Urlaub begeben. Sowohl er wie Lieutenant Davison sprächen sich nur in anerkennenden Ausdrücken über die Höflichkeit der russischen Offiziere aus, die den Auftrag hatten, sie an weiterem Vordringen in den Pamirgebieten zu verhindern.
Frankreich.
Paris, 10. November. Wie „W. T. B.“ vernimmt, hat sich der Ministerrath heute Vormittag mit der für die nächste Zeit in Aussicht stehenden Interpellation über die allgemeine Politik beschäftigt. Wie es heißt, werde das Kabinet bei dieser Gelegenheit eine klare und bündige Erklärung hinsichtlich der von ihm befolgten Politik abgeben.
In parlamentarischen Kreisen glaubt man, die Antwort der französischen Regierung über den in Egypten wegen der Gesundheitsvorschriften entstandenen Konflikt würde erst in einiger Zeit erfolgen, da die amtlichen, diese Angelegenheit betreffenden Aktenstücke erst vor ganz kurzer Zeit dem Auswärtigen Amt zugestellt wurden.
Gerüchtweise verlautet, die Liste derjenigen Deputirten der äußersten Linken, die der Bildung einer neuen Gruppe geneigt sind, sei schon von mehr als hundert Mit⸗
liedern gezeichnet. Viele der Unterzeichner seien der An⸗ sicht⸗ daß man kein bestimmtes Programm aufstellen dürfe, sondern daß man vor jeder wichtigen Abstimmung über die einzunehmende Haltung sich verständigen müsse.
In der Deputirtenkammer brachte heute bei der weiteren Debatte über das Budget der Deputirte Pelletan ein Amendement ein, dahin gehend, daß sämmtliche von den Kommunen für Schulzwecke kontrahirten Anleihen mittels der Fonds der Sparkassen konvertirt werden sollen, um dadurch eine Herabminderung des Zinsfußes dieser Anleihen zu er⸗ reichen. Der Finanz⸗Minister Rouvier nahm im Prinzip die Konversion an, erklärte es jedoch für unmöglich, diese so⸗ fort auszuführen, und stellte die Vertrauensfrage. Das Amendement wurde hierauf mit 272 gegen 240 Stimmen abgelehnt. Alsdann wurde das Budget für das Unterrichts⸗ wesen angenommen und eine Interpellation Laur über die Finanzkrise auf Donnerstag festgesetzt.
Das abgeänderte Marinebudget giebt nach der „Köln. Ztg.“ folgende Aufstellung der französischen Streitkräfte zur See. Im Mittelmeer ein in Dienst gestelltes Geschwader von drei Divisionen mit 23 Schiffen, darunter 9 Panzer, und in Toulon ein Reservegeschwader von drei Divisionen mit 19 Schiffen, darunter 9 Panzer. Im Kanal ein in Dienst gestelltes Geschwader von zwei Divisionen mit 12 Schiffen, darunter 6 Panzer, ferner in Cherbourg eine Reservedivision erster Klasse, in Brest ein aus einer Panzer⸗ division und einer leichten Division zusammengesetztes Ge⸗ schwader, insgesammt 10 Schiffe, darunter 3 Panzer. Ferner werden in den bisherigen Verhältnissen die Divisionen im Stillen Ocean, im äußersten Osten, in Cochinchina, im Indischen Ocean und die Stationen in Neufundland, im Atlantischen Ocean und in Island aufrechterhalten.
Rußland und Polen. In St. Petersburg gehen, dem „W. T. B.“ zufolge, Ge⸗ rüchte um über eine bevorstehende Erschwerung der Weizen⸗ ausfuhr; in wohl unterrichteten Kreisen verlaute, daß ent⸗ weder ein Ausfuhrverbot oder die Einführung eines Ausfuhr⸗ zolls noch im Laufe dieses Monats zu erwarten sei.
Italien.
Der Eindruck der Mailänder Rede des Minister⸗ Präsidenten ist, wie man der „Köln. Ztg.“ aus Rom
telegraphirt, durchweg günstig zu nennen, und namentlich ist man auch in finanziellen Kreisen sehr befriedigt. Man lobt die Klarheit und Ehrlichkeit der ministeriellen Darlegungen, ihre Bescheidenheit und Festigkeit sowie ihre ruhige und nüchterne Form und die rücksichtsvolle Behandlung der Parteien und der früheren Regierung. Be⸗ sonderen Beifall erntet die Versicherung, es seollten keine neuen Schulden mehr gemacht und der Eisenbahnfehl⸗ betrag beseitigt werden. Auch die Ankündigung sozialer Vorlagen wird beifällig aufgenommen. „Popolo Romano“ macht wohl im Einzelnen einige Ausstellungen, giebt indessen zu, daß die Rede keinen schlechten Eindruck mache. Sie habe allgemein gut gefallen, nur hätten Manche mehr auf sozialem Gebiet erwartet. Die „Italie“ findet Rudini's Rede ausge⸗ zeichnet und erklärt die darin ausgesprochene Politik als die einzig richtige in der gegenwärtigen Lage. Die radikale Presse hält dagegen etwas mit dem Beifall zurück, tadelt manches, ist aber doch auch im Ganzen wohlwollend. Am wenigsten be⸗ friedigt ist die „Riforma“. 1
Aus Mailand meldet „W. T. B.“: Ein Manifest der radikalen Partei kündigt für den kommenden Sonn⸗ tag ein Meeting im Theater Canobbiana an, bei dem gegen den ersten Artikel der Verfassung und das Garantie⸗ gesetz Beschluß gefaßt werden soll.
Dem „Hamb. Korr.“ wird aus Rom gemeldet, Tarent solle zu einem Kriegshafen ersten Ranges gestaltet werden; zu diesem Zweck seien große Bestellungen an Artillerie⸗Material bei Armstrong gemacht und Panzerthürme bei einem belgischen Etablissement bestellt worden.
Spanien. 1
Nach aus dem spanischen Ministerium des Innern ge⸗ schöpften Informationen soll der M. „Allg. Ztg.“ zufolge die Provinz⸗ und Gemeindeverwaltung des Königreichs eine vollständige Umgestaltung erfahren. Das hierauf bezügliche Projekt, mit dessen Einführung in den Kammern auch das bisherige Verbleiben des Ministers Silvela im Amt zusammenhänge, umfasse die Eintheilung des Landes in neun Regionen, jede mit einem Oberhaupt, dem als Vorgesetzten der heutigen Provinz⸗Gouverneure neben Anderen die Ernennung der Bürgermeister der kleineren Ort⸗ schaften zustände. 7000 der in Spanien bestehenden Gemein⸗ den von weniger als 500 Einwohnern sollen durch Fusion oder Einverleibung in nächstliegende größere Ortschaften auf⸗ gelöst werden. Der Urheber der Reform verspricht sich von deren Durchführung eine Ersparniß im Staats⸗ und Gemeinde⸗ haushalt von nicht weniger als 25 Millionen Pesetas.
Schweiz. Verschiedene Schweizer Blätter
wollen wissen, das
Militärdepartement werde für die Kriegsbereitschaft
einen ungewöhnlich hohen Kredit fordern. Der „N. Zürch. Ztg.“ zufolge handelt es sich dabei, neben der Anschaffung von Reserve an Kleidungsstücken, Schuhwerk, Lebensmitteln, Muni⸗ tion, speziell um Befestigungswerke im Wallis bei St. Maurice und Martigny. Letztere sollen in möglichst kurzer Frist erbaut werden. Die Vorlage an den Bundesrath, der prinzipiell mit den Bestrebungen des Militärdepartements einverstanden sein soll, erfolgt wahrscheinlich schon Anfangs nächster Woche.
Als Ort der italienisch⸗schweizerischen Handels⸗ vertragsunterhandlungen ist nunmehr definitiv die Stadt Zürich bestimmt worden.
Niederlande.
Ihn den ausvärtigen, namentlich französischen Blättern wurden in der letzten Zeit allerlei beunruhigende Nachrichten über den Gesundheitszustand der jungen Königin Wilhelmine verbreitet. Dem Pariser „Figaro“ zufolge sollte sogar ein Winteraufenthalt in Nizza oder Cannes nothwendig geworden sein. Wie die „Magdb. Ztg.“ aus Amsterdam von zuverlässiger Quelle erfährt, sind alle diese Meldungen ent⸗ weder gänzlich aus der Luft gegriffen, wie jene von dem Winteraufenthalt in Südfrankreich, oder sehr übertrieben. Die junge Königin sei allerdings von zartem Körperbau und sehr leicht Erkältungen ausgesetzt; zu irgend welcher Beunruhigung habe aber ihr Befinden niemals Anlaß gegeben, und die Aerzte seien der Ansicht, daß die Landluft im Schlosse Het Loo zur Kräftigung der schwächlichen Körperkonstitution der Königin vollständig hinreiche.
Die Erklärung des Ministeriums in der Angelegenheit des obligaten persönlichen Heeresdienstes hat den besten Eindruck hervorgerufen. Man hofft, daß jetzt mit dieser Re⸗ form, die eigentlich seit zwanzig Jahren auf der Tagesordnung steht, Ernst gemacht werde. Da außer den Liberalen auch die Antirevolutionären für die Militärreform stimmen wollen, so ist ihre Annahme mit einer Zweidrittel⸗Mehrheit gesichert.
Luxemburg.
Luxemburg, 10. November. Die Kammer ist heute wieder zusammengetreten; in der ersten Sitzung wurden de Wacmauandt zum Präsidenten, Simons zum Vize⸗Präsidenten gewählt.
Belgien.
In Brüssel sind gestern die Kammern mit dem üblichen Ceremoniell, aber ohne Thronrede wieder eröffnet worden.
Türkei. 1“ „Agence de Constantinople“ meldet, bemä tigten sich nach authentischen Berichten aus Yemen die Kaiser⸗ lichen Truppen mehrerer von den Insurgenten besetzter Orte und schlugen die Aufständischen in regellose Flucht. Ebenso wurden die an den eigentlichen Herd des Aufstandes angrenzenden Distrikte besetzt. Es wurde eine Amnestie pro⸗ klamirt. Die vor den Aufständischen geflohenen Bewohner beginnen zurückzukehren.
Dänemark.
Kopenhagen, 10. November. Das Folkething hat in seiner heutigen Sitzung den Antrag Larsen, den Justiz⸗Minister zu ersuchen, eine Vorlage über die Gerichts⸗ reform wieder einzubringen, mit 60 gegen 30 Stimmen 8es Hörup) angenommen; 11 Deputirte waren bei der bstimmung nicht zugegen.
Amerika.
Vereinigte Staaten. In der am 10.d. in Washington abgehaltenen Gerichts⸗Verhandlung wegen Beschlagnahme des englischen Dampfers „Sawyard“ im Beringsmeere erklärte, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, der General⸗Staats⸗
anwalt Miller, es sei beschlossen, die Fischereifrage im Beringsmeere einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Einem weiteren Kabeltelegramm aus Washington zufolge hat der
General⸗Staatsanwalt bereits eine darauf bezügliche Bekannt⸗
machung erlassen, in der mitgetheilt wird, daß England und die Vereinigten Staaten sich über die Bedingungen dieses
Schiedsgerichts geeinigt hätten. Wie dem „R. B.“ zufolge von Valparaiso nach New York
gemeldet wurde, wünscht die chilenische Regierung zu einer freundschaftlichen Lösung der mit den Vereinigten Staaten schwebenden Streitfrage zu gelangen. Im Marine⸗ Departement zu Washington ist eine Depesche des Com⸗ mandeurs Schley aus Valparaiso eingelaufen, die besagt, daß die Einwohner der Stadt keine feindselige Srimmung mehr
gegen die Besatzung des Kriegsschiffes „Baltimore“ zeigen. Brasilien. Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Per⸗
nambuco vom 10. November meldet, hat sich die Provinz
Grao Para ebenfalls für unabhängig erklärt. Es verlaute, Bahia werde dem Beispiel folgen. Nach Rio Grande do
Sul sei ein Kriegsschiff beordert.
Dritte ordentliche Generalsynode. 2. Plenarsitzung vom 11. November 1891.
Dem für die Mitglieder der Generalsynode in der Königlichen
Hof⸗ und Domkirche heute Vormittag veranstalteten Gottesdienste, zu
dem sich die Synodalen in großer Zahl eingefunden, wohnten auch 1 ie Kaiserin, sowie der Staats⸗Minister Graf von Zedlitz⸗Trützschler und der Präsident
Ihre Majestäten der Kaiser und die
des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths Dr. Barkhausen bei.
Die gut besuchte Plenarsitzung wurde um 1 ¼ Uhr Nachmittags mit gemeinsamem Gesang und einem Gebet des Vize⸗Präsidenten, Superintendenten Dr. Rübesamen eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung machte Präsident Fürst zu
Stolberg⸗Wernigerode verschiedene geschäftliche Mittheilungen; wiederum ist eine Anzahl von Vorlagen und Anträgen bei dem
Bureau der Generalsynode eingegangen. Synodale von Kleist⸗Retzow und Genossen beantragen, fol⸗ gende Adresse an Seine Majestät den Kaiser und König zu richten:
„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König, Aller⸗
gnädigster Kaiser, König und Herr!
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät naht die Vertretung —
der evangelischen Landeskirche bei dem Zusammentritt ihrer dritten
ordentlichen Generalsynode zum ersten Male nach Allerhöchstderen Es geschieht in tiefster Ehrfurcht, in der freudigen Zuversicht zu Gott, daß Er Eure Majestät mit seinem heiligen Geiste erfülle, um die evangelische Landeskirche ihrem von Gott gewiesenen Ziele in Weisheit und Thatkraft entgegenführen zu helfen.
Thronbesteigung
Die Kirche der Reformation ist gegenwärtig von so großer Gefahr umgeben, mit so bedeutenden Aufgaben für unser Volksleben betraut,
daß nur die volle Hingebung aller Kräfte an den Dienst des Reiches
Gottes derselben mächtig zu werden vermag. In dieser ernsten Lage haben Eure Majestät als Träger des Kirchenregiments die General⸗
synode berufen und der evangelischen Landeskirche den kräftigsten Schutz huldvollst zugesagt. Dafür sagen Eurer Majestät wir den aller⸗-
unterthänigsten Dank.
Das evangelische Leben des Volkes allenthalben neu zu erwecken,
die Gemeinden zu Brennpunkten dieses Lebens zu machen, den Wegen
Gottes in der Erziehung zur Gotteskindschaft Raum zu schaffen, die Kräfte des Glaubens und die Gedanken des Evangeliums in den
sozialen Kämpfen der Zeit zur Geltung zu bringen und so die Feinde des Reiches Gottes zu überwinden, das ist das — welches die Kirche sich vorhält,. Sie bedarf zu seiner Erreichung wie der hin⸗ gebendsten Arbeit im Glauben, so der Befreiung von den ihre Entwickelung und Thätigkeit beengenden Schranken. Eurer Kaiser⸗
lichen und Königlichen Majestät Regiment der Kirche in unentwegter .
Treue und Ergebenheit dazu zu stärken, wird auch der gegenwärtigen Synode ernstes Bestreben sein.
Gott erhalte, Gott segne Eure Kaiserliche und Königliche Majestät und Eurer Majestät ganzes Haus; das ist das Gebet der dritten ordentlichen Generalsynode der evangelischen Landeskirche der neun älteren Provinzen!“
Die Svynode beschließt mit Einstimmigkeit die Annahme dieses Adreßentwurfs, welcher noch heute mit den Unterschriften der Mit⸗ glieder versehen werden soll.
Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet die definitive
Prüfung der Legitimationen der Synodalmitglieder (Referent
Dr. Schrader⸗BHalle).
Nach längerer Debatte über die Frage, inwieweit Behufs Legiti⸗ . mirung der Wahl der ost⸗ und westpreußischen Synodalmitglieder
zuvor die Berathung der Vorlage, betreffend die Bildung besonderer Provinzial⸗Synodalverbände für die Provinzen Ost⸗ und Westpreußen,
erforderlich sei, schloß sich die Synode dem Antrage des Referenten an, die Legitimation der Synodalmitglieder für geführt
zu erachten. Darauf wurde von den Mittheilungen des Evangelischen Ober⸗
Kirchenrathes über die kirchlichen Fonds und die im Staats⸗ b haushalts⸗Etat für kirchliche Zwecke bewilligten Mittel Kenntniß genommen und der Bericht des Generalsynodal-
Vorstandes von der Tagesordnung der beutigen Sitzung abgesetzt.
Bei Schluß des Berichtes ging Dr. Warneck zur Be⸗ gründung seines den Bericht über den Stand der Heiden⸗ mission betreffenden Antrages über.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der Grad der Gewissenhaftigkeit der Geschworenen bei Aus- übung ihrer Funktionen, insbesondere das Maß der von den einzelnen Geschworenen bei der Verhandlung aufgewendeten Aufmerksamkeit kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Ffecasegat vom
en werden. „Die Bestimmung des §. 377 Nr. 1 der Str. Pr.⸗Ordn. (wonach ein Urtheil durch Reoision angegriffen werden kann, „wenn das erkennende Gericht oder die Geschworenenbank nicht vorschriftsmäßig besetzt war“)
29. Juli 1891, nicht mittels der Revision angegri
bat den Fall im Auge, wenn ein zum Geschworenenamt ü erhaupt Unfähiger oder ein in gesetzwidriger Weise oder gar nicht dazu Be⸗ rufener beim Geschworenenspruche mitwirkte. Auf diese Gesetzes⸗
bestimmung kann die Rüge, 8 einer der Geschworenen in der ernehmung einer Reihe von Zeugen
Hauptverhandlung während der geschlafen habe und erst nach längerem Schlafe von seinem Nebenmann
geweckt worden sei, nicht gestützt werden. Wenn nach dem Sitzungs⸗ protokoll wirklich zwölf Geschworene theilgenommen und ihren Wahr⸗ spruch, wie im vorliegenden Falle geschehen, abgegeben haben, so muß, da
das Gesetz die Entscheidung über die Schuldfrage lediglich der gewissen⸗
haften Beurtheilung der Geschworenen überläßt, angenommen werden, daß sie hierbei gewissenhaft und nach eigener Ueberzeugung verfahren sind und insbesondere dem Gange der ganzen Verhandlung die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt haben. Der Grad ihrer Gewissenbaftigkeit bei Ausübung ihrer Funktionen, insbesondere das Maß der von den einzelnen Geschworenen bei der Verhandlung aufgewendeten Aufmerk⸗ samkeit kann daher nicht zum Gegenstande eines Angriffs mittels des
Rechtsmittels der Revision gemacht werden.“
— Ist die Einlegung der Revision am letzten Tage der Revisionsfrist (von einer Woche) nach Schluß der Dienst⸗ stunden durch Niederlegung des die Erklärung der Revisions⸗ einlegung enthaltenden Schriftstückes im Amtszimmer des Gerichts⸗ schreibers in dessen Abwesenheit, jedoch in Gegenwart des Haus⸗
meisters des Landgerichts erfolgt, so ist, nach einem Beschluß des ee Feriensenats, vom 27. August 1891, die Revision verspätet eingelegt und als unzulässig zu verwerfen.
Kunst und Wissenschaft.
Die Freie photographische Vereinigung hielt ver⸗ gangenen Freitag im Architektenhause eine Sitzung, die der Vor⸗ sitzende Professor Dr. G Fritsch mit einem Hinweis darauf eröff⸗ nete, daß der auf der Tagesordnung befindlichen ersten Projektions⸗ Vorstellung eine Reihe weiterer gleichartiger Veranstaltungen folgen werde, da es sich hier um ebenso unterhaltende wie belehrende Vorführungen handle, deren Pflege auch für den Familienkreis leb⸗ haft empfohlen werden könne. Den Gegenstand der Vorführung des Projektions⸗Apparats bildete eine Kollektion von 48 mit vorzüglicher Sorafalt und Treue hergestellten Photographien der Madonnen Raffael's, die sich nach Einstellung in den Projektions⸗Apparat mit großer Deutlichkeit von der weißen Wandfläche abhoben, und die Pro⸗ fessor Dr. Bruno Meyer in einem zusammenhängenden Vortrage erläuterte. ““
— Am 7. d. M., dem Geburtstage Fritz Reuter's, ist, wie die „Voss. Ztg“ mittheilt, in Gemäßheit eines von den städtischen Behörden gefaßten Beschlusses an seiner früheren Wohnstätte, der sogenannten Villa Reuter im Marienthale in Eisenach, eine Gedenk⸗ tafel angebracht worden, die aus dunklem polirten Spenit besteht und in goldenen Buchstaben die Inschrift trägt: „Fritz Reuter verbrachte in diesem von ihm erbauten Heim seinen Lebensabend, 1868 — 1874.“
Submissionen im Auslande.
Niederlande.
17. November, Nachmittags 2 Uhr. Maatschappy tot
Exploitatie van Staatsspoorwegen im Centralbureau Moreelse
Laan. Utrecht: 1
Loos Nr 157. Lieferung von eichenen Querschwellen für
die Bahastrecke Lüttich — Limburg (in sechs Abtheilungen).
S Loos Nr. 158. Lieferung von Eichenholz zu Weichen für dieselbe Strecke. 3
Bedingungen käuflich für 50 Cents im genannten Centralbureau
(Abtheilung Wegen Werken).
18. November, Mittags 12 Uhr. s' Ryks Centraal Magazyn van Militaire Kleeding, Uitrusting enz. zu Amsterdam im Bureau des Magazins. Lieferung von:
a. 2500 Bettsäcken
9500 Bettlaken für einschläfrige Bettstellen. 2200 Bettdecken 1000 Bettlaken neuen Modells. 8 89
b. 86 für zweischläfrige Bettstellen.
Bedingungen käuflich für 15 Cents bei der Direktion des ge⸗ nannten Magazins. — Einschreibung muß durch in Holland wohn⸗ hafte Personen erfolgen.
4. Dezember. Mittags 12 Uhr. Ministerie van Waterstaat, Handel en Nyverheid im Bureau des Provinciaal Bestuur zu Arnhem:
Das Ersetzen einer Strecke Backstein⸗(Klinker⸗) Pflaster durch eine solche mit Quenaststeinen auf der fiskalischen Hauptstraße von Westervoort bis zur preußischen Grenze bei Zevenaar
Provinz Gelderland. (Taxwerth 4590 Fl.) Bedingungen käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag.
7. Dezember, Nachmittags 2 Uhr. Groninger Locaalspoor- weg-Maatschappy, im Bureau Noorderstationsstraat zu Groningen:
Loos Nr. 1 Abtheilung I. Anfertigung der Erd⸗ und Kunst⸗ arbeiten, das Legen von Eisenbahnschienen und Weichen mit Lieferung von Sand⸗ und Kiesballast ꝛc. für die Lokal⸗Bahn⸗ strecke Sauwerd — Roodeschool. (Taxwerth 263 600 Fl.)
Bedingungen käuflich für 5 Fl. im obengenannten Bureau.
Rumänien.
5 Dezember. Ministerium für öffentliche Arbeiten in Bukarest, und Präfektur zu Bacau: Bauunternehmung zweier eiserner Brücken auf der Landstraße Bacau — Moinesti über die Bäche Negel und Trebis; Kostenvoranschlag 73 073 Lei
Näheres an Ort und Stelle.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Gestern, am Tage von Schiller's Geburt, gelangte „Die Jungfrau von Orleans“ in der prächtigen Meininger Bühnen⸗ ausstattung zur Darstellung. Die tiefe Ruhe und stillen Frieden athmende, weltabgeschiedene Heimathsflur der jungen Hirtin und im Gegensatz dazu die wildbewegten Lager⸗ und Kampfstätten, die glänzenden Saͤle des üppigen französischen Königshofes, alle diese Scenerien finden sich in der mit Recht gerühmten Ausstattung zu einem Bilde von hohem künstlerischen Werth vereint und bieten einen stimmungsvollen Hintergrund für das Leben und die Thaten des romantischen Heldenmädchens. Der Zauber dieser rührenden Gestalt hat sich durch Jahrhunderte in der
Gebschichte und im Volksbewußtsein n erhalten; Gelehrte em
und Dichter haben sich um die Wette üht, das keusche Räthsel dieser geschichtlichen Mädchengestalt zu ergründen und zu erklären; der Spötter und geifernden Zweifler gab es nur Wenige in ihren Reihen. Den vollendeten Ausdruck poetischer Weihe aber hat erst Schiller der Jungfrau in seiner Tragödie verliehen; in ihr deckt sich, wenn auch einzelne äußerliche Vorgänge nicht immer historischer Treue den wirklichen Vorgängen entsprechen, die dichterische Gestalt mit der geschichtlichen Person. Der Glaube, der sich in Johanna’'s bewegter Seele bis zu ligiöser Ekstase steigerte, und die glühende Vaterlandsliebe, die beiden Urkräfte, die der Heldin Macht uüͤber die Menschen gaben, sie zu ihren Thaten und ihrem Märtyrertode begeisterten, treten in Schiller's Dichtung rein und siegreich hervor. Der festgegründete Glaube der Jungfrau an sich selbst, der auch die Andern an e zu glauben zwingt, ist fast das einzige romantische, übernatürliche Element, das die Tragödie enthält; auf Grund dieser Voraussetzung entwickeln sich die Ereionisse zumeist mit realistischer Einfachheit und Bestimmtheit. „Die Darstellerin der Jungfrau, Fräulein Lindner, hat sich in dieser Rolle schon im Ensemble des Meiningenschen Theaters große Anerkennung erworben. Vor Allem bewegt die Schlichtheit ihres Auftretens, die scheue Zurückhaltung, die kindliche Einfalt ihres Wesens, das in den tragischen Augenblicken von ekstatischer Schwär⸗ merei durchglüht und verklärt erscheint. Noch bebt jungfräuliche Zag⸗ haftigkeit auf ihren Lippen, als sie die Hand nach dem Helm ausstreckt, und mit leiser, bewegter Stimme beginnt sie den Abschiedsmonolog; die trauervolle Ahnung, daß sie ihre Heimaths⸗ flur nie wiedersehen werde, schien der innersten Seele zu entstammen und weckte tiefe Wehmuth auch im Gemüth der Hörer. Jede weiche Seelenstimmung blieb aber vor zerfließender Sentimentalttät bewahrt durch⸗den keuschen Ernst der hohen Seele, die ihr Leben freiwillig einer großen Sache opfert. Sehr eindrucksvoll gestaltete sich denn auch die Wiedergabe des Monologs, in welchem die von schmerzvoller Verzweiflung über die Schwäche des Weibes ergriffene Seele der Jungfrau mit der großen, ihr von Gott gestellten Aufgabe ringt und kämpft. In Fräulein Lindner’s Darstellung war die Ge⸗ stalt der schlichten Hirtin mit der der kriegerischen, von Gott gesen⸗ deten Jungfrau harmonisch verschmolzen.
Dieser schlichten ergreifenden Gestalt gegenüber machte sich die einförmige Weichlichkeit, mit der Frau von Hochenburger die Sorel gab, auffallend und unvortheilhaft bemerklich. Frau Stollberg verlieh der Rachsucht und Leidenschaftlichkeit der Königin Isabeau kräftigen Ausdruck. Herr Arndt die Schwachheit und Launenhaftigkeit Karl's VII. mit königlicher Würde zu um⸗ kleiden und den energielosen Schwärmer als eine Theil⸗
nahme verdienende Individualität zu verkörpern. — Als Bastard von Orleans setzte Herr Ludwig mit aller Wucht der Stimme und aller Kraft des Spiels ein, sodaß ihm selbst in den leidenschaftlichen Momenten kaum eine Steigerung seiner Mittel zu Gebote stand. Den Lionel gab Herr Purschian, wenn auch nicht hinreißend, so doch gewinnend und zufriedenstellend. Herr Kahle als Talbot nüancirte in der Sterbescene etwas übermäßig; dagegen be⸗ fleißigte sich Herr Krause in der Rolle des Vater Thibaut einer lobenswerthen Einfachheit und Natürlichkeit, die ihn auch in der düsteren Klage⸗ und Fluchscene beim Krönungszuge nicht verließ.
Die Kampfscenen und der Krönungszug waren mit aller Sorg⸗ falt eingeübt und geleitet, um das kriegerische und prachtvolle Schauspiel nach jeder Hinsicht künstlerisch schön zu gestalten. Die Darstellung fand den ungetheilten Beifall des ganzen Hauses, der wiederholt bei offener Scene laut wurde.
Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten der Vorstellung bei. Auf Allerhöchsten Befehl wurde sämmtlichen Mitwirkenden die Anerkennung Seiner Majestät für die vortrefflichen Leistungen ausgesprochen.
Sing⸗Akademie.
Das Geschwisterpaar Johanna und Willy Burmester auz Hamburg, durch frühere Leistungen hier bereits wohlbekannt, gab gestern ein Concert. Erstere, die Pianistin, besitzt eine für ihre Jugend bewundernswerthe technische Fertigkeit, die zugleich mit schönem Anschlag vereinigt ist. Ihre klare Art zu phrasiren und ihre sehr verständnißvolle, geistig belebte Ausdrucksweise kam besonders dem Vortrag der Variationen von Brahms und im Ganzen auch der so schwierigen Don Juan⸗Phantasie von Liszt zu Statten. Der Violinist Herr W. Burmester leistet gleichfalls sehr Bedeutendes. Sein weicher Ton und seine lautlose Art der Bogenführung, sowie seine eminente Fertigkeit lassen die gründlichsten Studien erkennen. Die Auffassung der Sonate (Es-dur) mit Klavier von Beethoven war eine sehr lobenswerthe, auch das durchweg so virtuos gehaltene Concert von Wieniaweky und das Andante des Mendelssohn'’schen Concerts gelangen dem Künstler ganz vortrefflich.
IJgun der Vorstellung des „Trompeter von Säckingen“ am Freitag im Königlichen Opernhausse sind die Damen Hiedler und Lammert, die Herren Bulß, Schmidt, Mödlinger und Lieban beschäftigt.
Im Königlichen Schauspielhause wird die „Jungfrau von Orleans“ am Donnerstag, Sonnabend und Sonntag wiederholt; am Dienstag findet dann die ursprünglich auf Sonnabend angesetzt ge⸗ wesene Erst⸗Aufführung des „Kommenden Tages“ von Lubliner statt.
Im Lessing⸗Theater findet die erste Aufführung des vier⸗ aktigen Schauspiels „Satisfaktion“ von Alexander Baron von Roberts am Dienstag statt. Bis dahin geht in ununterbrochener Folge der andauernd zugkräftige Schwank „Die Großstadtluft“ in Scene.
In dem zweiaktigen Lustspiel „Husarenliebe“ von Karl Muray (deutsch von Bernhard Buchbinder) im Residenz⸗Theater sind außer Direktor Sigmund Lautenburg noch beschäftigt, die Damen Neumann, Josephine Pagay, Grete Risa und Marie Güstinger und die Herren Pagay, Pansa, Gaspart, Paulmüller, Reusch und Rittner. — In dem Einakter „Sprechstunde von 1 bis 3 Uhr“ (de 1 h. à 3) von Abraham Dreyfuß treten die Damen Helene Schüle, Marie von Moser⸗Sperner und Adele Darmes und die Herren Alexander, Pansa, Pagav, Reusch und Lessing auf. — Von Daudet's „Hinderniß“ findet heute die vorletzte Aufführung statt.
Für die am Sonnabend im Adolph Ernst⸗Theater statt⸗ findende 75. Aufführung von „Der große Prophet' hat der Verfasser wesentliche Veränderungen vorgenommen, die der lustigen Posse ein erhöhtes Interesse verleihen dürften; desgleichen ist das Stück durch neue zeitgemäße Gesangsnummern bereichert worden, die an diesem Tage zum Vortrag gelangen werden.
Morgen, Abends 7 ½ Uhr, findet in der Philbarmonie das Concert des Sängerbundes des Berliner Lehrervereins mit dem Philharmonischen Orchester statt.
Das Streichquartett der Herren Joh. Kruse und Genossen wird in seinem ersten Kammermusikabend am 17. Rovember in der Sing⸗Akademie Friedrich Kiel's Streichquartett in Es-dur und das Streichquartett in E-moll op. 59 von Beethoven spielen. — Das Programm des ersten dieswinterlichen Concerts der Berliner Liedertafel (Dir.: A Zander), das am 19. November in der Philharmonie stattfindet, bringt von Chorwerken eine stattliche Reihe von Kompositionen, welche von dem Verein bis jetzt noch nicht öffentlich gesungen worden sind, darunter „das Testament“ von Marschner, „Nachtgesang im Walde“ (mit Begleitung von vier Waldhörnern und Klavier) von Schubert, „In der Brandung“ von Goldbeck u. s. w. Die solistische Mitwirkung hat die Hof⸗ Opernsängerin Frau Emilie Herzog übernommen. — Der Klavier⸗ virtuose Joseph von Sliwinski, der soeben eine an ganz außer⸗ ordentlichen Erfolgen reiche Kunstreise durch Rußland beendigt, wied sich nunmehr nach Deutschland wenden; seine Thätigkeit in Deutsch⸗ land beginnt mit dem für den 19. November angesetzten Berliner Concert in der Sing⸗Akademie, in dem das Philharmonische Orchester mitwirkt. — Herr Alfred Sormann wird in seinem am 20. No⸗ vember in der Sing⸗Akademie stattfindenden Concert von größeren Werken Weber's Concertstück und Beethoven's Klavierconcert in Es-dur zum Vortrage bringen; die Begleitung übernimmt das Philharmonische Orchester. — Das Programm für das nächste dritte philharmonische Concert unter Hans von Bülow's Leitung am 23. November, in dem Frau Teresa Carreno als Solistin auftritt, lautet: Unvollendete Symphonie in H-moll von Schubert, Klavier⸗Concert von Tschaikowski, zwei Legenden (Nr. 5 und 6) von Dvokàk, Symphonie C-dur von Schumann. — Die Concertsängerin Fräulein Lydia Müller veranstaltet gemeinschaftlich mit dem Hof⸗Opernsänger Herrn Rob. Settekorn aus Braunschweig am 25. November ein Concert in der Sing⸗Akademie. — Das Concert der Damen Fräulein Anna Röckner (Sopran) und Fräulein Lili Scherzer (Klavier) findet am 25. November im Saal des Römischen Hofs statt. — Der Klavierabend von Felix Dreyschock findet am 28. November in der Sing⸗Akademie statt; der Kartenverkauf ist bereits bei Bote u. Bock eröffnet. — Die Sängerin Fräulein Anna Voges wird Ende d. M. gemeinschaftlich mit dem Klaviervirtuosen Hermann Klose aus Hannover in der Sing⸗Akademie cconcertiren. — Die bekannte Concertsängerin und Gesanglehrerin Frau Elisabeth Feininger veranstaltet am 2. Dezember im Saale der Gesellschaft der Freunde ein Concert. — Der Klavier⸗ virtuose Sigismund Blumner veranstaltet im Laufe dieses Winters in der Sing⸗Akademie drei populäre Matinéen, deren erste am 13. Dezember stattfindet; auf diese Matinéen ist bei Bote u. Bock ein Abonnement eröffnet.
Die Brüder Alfred und Heinrich Grünfeld haben ihre große amerikanische Kunstreise am 23 Oktober mit einem Concert im Madison⸗Square⸗Concertsaal in New⸗York eröffnet; der Erfolg der beiden Künstler soll ein sehr bedeutender gewesen sein.
Der Berliner Tonkünstler⸗Verein hat in seiner letzten unter Professor Dr. Alsleben abgehaltenen Sitzung im Interesse der Hebung der Kammermusik den Beschluß gefaßt, gute neuere Streich⸗ quartette, Trios, auch Lieder ꝛc., unentgeltlich für das Publikum und kostenlos für die Komponisten jährlich in mehreren Concerten zur Aufführung zu bringen. — Als für die Entnahme von Billets, die von zwei Musikalienhandlungen ausgegeben werden, be⸗ steht nur die Eintragung des Namens u. s. w., wodurch der Besuch guter Concerte je dem wirklichen Interessenten ermöglicht werden wird. — Die Einreichung von Werken, die noch in dieser
Saison aufgeführt werden sollen, muß bis Mitte Dezember erfolgen.
Jagd. eitag, den 13. d. M., findet Königliche Parforce⸗
jag Fru⸗ Stelldichein: Mittags 12 ³ Uhr Jagdschloß Grune⸗
wald, 1 ¼ Uhr am Saugarten.
Der Polizei⸗Präsident bringt in zeitgemäße Erinnerung, daß bei eintretender Winterglätte die Bürgersteige, Granitbahnen und Rinnsteinbrücken mit Sand, Asche oder anderem abstumpfenden Material bestreut werden müssen. Das Streuen hat so zu ge⸗ scheben, daß während der Stunden von Morgens 7 bis Abends 10 Uhr der Entstehung gefahrbringender Glätte vollständig vor⸗ gebeugt wird. Die Verpflichtung zum Streuen liegt den Besitzern derjenigen Grundstücke ob, welche und soweit dieselben an die öffentliche Straße begrenzen. In den Stunden von Morgens 7 bis Abends 8 Uhr müssen Bürgersteige und Rinnsteinbrücken frei von Eis und Schnee sein. Die Verpflichtung zur Abräumung des Eises und Schnees liegt den Besitzern derjenigen Grundstücke ob, welche an die öffentliche Straße grenzen, und erstreckt sich für den Einzelnen auf die ganze Ausdehnung dieses Grenzzuges 8 Am Schiller⸗Denkmal wurden, wie die „Voss. Z.“ berichtet, gestern, als am Geburtstage des Dichters, vier Lorbeerkränze niedergelegt; einer von ihnen trug eine prächtige roth⸗blaue Wid⸗ mungsschleife, auf der ein Denkspruch in Goldbuchstaben zu lesen war Die Chrysanthemum⸗Ausstellung, die der preußisch Gartenbau⸗Verein morgen im Kaiserhof eröffnet, wird eine interessante Schaustellung werden. An der westlichen Schmalwand ist die Ko⸗ lossalbüste Seiner Majestät des Kaisers aufgestellt, umgeben von einem geschmackvollen Blumenflor, der den Gärten des Oekonomie⸗ Raths und Garten⸗Direktors Gireoud⸗Sagan entstammt. Im All gemeinen ist die Anordnung so getroffen, daß in dem lange Saal auf zwei mächtigen Tafeln die Bindereien ausge stellt sind. Die gesammte Südfront des großen Festsaales und der östlich anschließenden Zimmer ist für abgeschnittene Blumen bestimmt. Den übrigen Raum füllen die Tausende von Blumen in Töpfen. Inmitten des großen Saales sind drei ansehnliche Gruppen, ge⸗ bildet aus den hervorragendsten Zuchterzeugnissen der Gärten des Kommerzien⸗Raths Spindler (Obergärtner Weber), der Herren Lutzenberg⸗Charlottenburg und Roggenbuch⸗Steglitz. Steglitz hat überhaupt sich hervorragend an der Schau betheiligt. Auch Pankow sucht wieder seinen alten Ruf zu bewähren. Was Brunow und Bacher vorführen, gehört zu dem Besten der ganzen Schau. Aus Charlottenburg sind noch Tubbenthal und eine wundervoll Vasendekoration von Huhnholtz zu erwähnen. Auch die Gartenbau schule für Damen betheiligt sich diesmal an der Ausstellung; sie bring u. A. eine Trauerdekoration, einen Tafelaufsatz und eine künstleris zusammengestellte Phantasiebinderei. Aus Nieder⸗Schönhausen i E. Wendt mit einer großen Gruppe Marktpflanzen erschiene Von Berliner Firmen seien Lung, J. C. Schmidt, Dresche Neumann, Schultze, Krüger und Fasbender erwähnt. Die Berliner bekunden besonders auch auserlesenen Geschmack in der Binderei.
gruppe vertreten. Auch das weitere Deutschland hat sich an der Ausstellung betheiligt. Götze u. Hanckens⸗Wandsbeck führt zehn Gruppen vor, Ronne u. Höpker⸗Hamburg hat abgeschnittene Blumen eingesandt, Demming⸗Neuß hat u. A. Blumen in Gläsern ausgestellt, Hinderlich⸗Frankfurt a. M. bringt Schaupflanzen in Töpfen, Thomas⸗ Dortmund zeigt außer dekorativen Gruppen u. A. auch Spätsommer⸗ Stecklinge, Lenz⸗Danzig stellt fünfzig verschiedene Rosen aus, Hegneck⸗Magdeburg zeigt u. A., wie schön auch einfach blühende Chrysanthemum wirken, Neumann⸗Schöneberg hat Formbäume von Chrysanthemum, Henschel⸗Leipzig bochstämmige Chrysanthemum aus⸗ gestellt. In dem reichen Sortiment der Firma Schulz jun.⸗Naum⸗ burg sind sowohl kleinblühende, wie auswärts gebogene Blumen, auch ein woblriechendes Chrysanthemum verdankt die Ausstellung diesem Herrn. Ein Schaustück von seltener Pracht hat Hosmann aus Ham⸗ burg eingesandt. Auch zwei englische Firmen haben sich an der Aus⸗ stellung betheiligt, die als Anhang endlich eine kleine Sammlung Weintrauben enthält.
Der nach Mittheilung des Königlichen Eisenbahnbetriebsamts Berlin⸗Magdeburg in der Nacht zum Montag bei Steglitz ver⸗ unglückte Fahrgast (vergl. Nr. 265 d. Bl.) ist nach hiesigen Blättern als der unverheirathete Malergehülfe Burchardt aus Steglitz festgestellt worden.
Neu⸗Ruppin, 9. November. Der hier am Freitag ver⸗ anstalteten ersten Aufführung von A. Bungert’s dramatischem Volksspiel „Hutten und Sickingen“, das seiner Zeit zur Denkmalsfeier auf der Ebernburg bei Kreuznach gedichtet und komponirt wurde, folgten am Sonnabend und Sonntag die zweite und dritte. Die Aufnahme des wirksamen Stückes, wie des be⸗ geisterten Spiels war eine sehr warme. Herr Bungert wurde mehrfach gerufen. Alle Rollen lagen in den Händen von Bürgern. Weitere Aufführungen sollen stattfinden am 12., 15., 18, und 22. November. Der Reinertrag ist bestimmt für den Baufonds des Klosterkirchthurms und andere wohlthätige Zwecke.
Kattowitz, 10. November. Auf der Nifkaer Georg⸗Grube sind, wie der „Köln. Z.“ telegraphirt wird, 26 Bergleute in schwimmendes Gebirge gerathen. Vier wurden ohnmächtig, w- herausgezogen. Das Rettungswerk wird eifrigst fort⸗ gesetzt.
Hannover, 10. November. Gestern Vormittag fand laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“ unter dem Vorsitz des Fürsten von Hohen⸗ lohe⸗Langenburg eine nicht öffentliche Sitzung der Deutschen Ko⸗ lonial-⸗Gesellschaft statt; am Abend folgte eine öffentliche Sitzung in dem größten Saale der Stadt, der mit Zuhörern dicht besetzt war. Es sprachen: Oskar Borchert über das von ihm beabsichtigte Dampfer⸗ unternehmen, Lieutenant Morgen über die von ihm unternommene Kamerun⸗Expedition, Lieutenant Schlüter über die Wahehe und Richard über die wirthschaftliche Lage im Innern von Deutsch⸗ Ostafrika Zum Schluß ermahnte der Vorsitzende, Ober⸗Präsident Dr. von Bennigsen, sich durch die Widrigkeiten und Unglücksfälle, die vorgekommen, nicht von der Verfolgung der kolonisatorischen Ziele abschrecken zu lassen. — In der heutigen letzten Sitzung des Vor⸗ stands wurde nach einem Vortrag des Staats⸗Ministers von Hof⸗ mann beschlossen, das zu gründende Syndikat zur Ansiedelung deutscher Auswanderer in der ostafrikanischen Kolonie durch Ankauf von Antheilscheinen zu unterstützen. Graf Pfeil sprach über die Lage in Ost⸗Afrika. Die nächste Vorstandssitzung findet am 26. März 1892 in Berlin statt.
Sigmaringen, 10. November. Die Sn
Burg Werenwag im Donauthal steht, wie der „Köln. meldet wird, in Flammen.
ge⸗
Hamburg, 10. November. Der Werft und Maschinenfabrik von Janssen und Schmilinsky, Aktiengesellschaft in Steinwärder, welche den für die Wissmann⸗Expedition! (Victoria⸗ Nyansa) bestimmte
zerlegb aren Dampfer „Hermann v. Wissmann“ konstruirt hat, ift wie der „Hamb. Corr.“ meldet, vor einigen Tagen von dem Vorstand der deutschen Antisklaverei⸗Lotterie der Bau eines ebenfalls für den Victoria⸗Nyansa⸗See bestimmten Dampf bootes in Bestellung gegeben worden. Dieser Dampfer, dessen Lieferung zum näͤchsten Frühjahr zu erfolgen hat, soll bedeutend kleiner werden, als der gegenwärtig in Saadani liegende „Hermann v. Wissmann“. Zum Bau des neuen für Holzheizung einzurichtenden Fahrzeuges wird deutsches Eisen verwendet — Die Hebung de Fah ha hasca⸗ ist noch immer nicht gelungen, obgleich unausgesetzt mit einem großen Arbeiterpersonal und neun Dampfpumpen daran gearbeitet worden ist. Die Kollision des Dampfers „Northgate“, durch welche das bisher noch zusammenhängende Wrack gänzlich getrennt
wurde, hat die Bergung ungemein erschwert. Das hintere Ende des
Aus Potsdam ist Obergärtner Rosenberg mit einer schönen Blumen-