Am Schullehrer⸗Seminar zu Münsterberg ist der bis⸗ herige Hülfslehrer dieser Anstalt Gierth zum ordentlichen Lehrer ernannt worden. 1111“”
1.“ 1 Der große Lesesaal der Königlichen Bibliothek wird vom 16. November d. J. ab anstatt von 9 bis 7 Uhr von 9 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends geöffnet sein. Berlin, den 10. November 1891. Die General⸗Verwaltung.
Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 12. November.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern Vormittag von 8 ³ Uhr ab den Vortrag des Reichs⸗ kanzlers, wohnten sodann um 10 Uhr dem Gottesdienst zur Eröffnung der Generalsynode im Dom bei, arbeiteten, nach dem Schloß zurückgekehrt, mit dem Chef des Civilkabinets und nahmen am Nachmittag um 4 ½ Uhr den Vortrag des Staats⸗ sekretärs des Auswärtigen Amts Freiherrn von Marschall entgegen. — .
Heute Vormittag arbeiteten Seine Majestät von 10 Uhr ab mit dem Kriegs⸗Minister und von 11 Uhr ab mit dem Chef des Militärkabinets, sowie von 12 Uhr ab mit dem Finanz⸗Minister Miquel. Um 3 Uhr 35 Minuten Nach⸗ mittags erfolgte die Abreise Seiner Majestät nach Letzlingen.
Hecute trat der Bundesrath zu einer Plenarsitzung zu⸗ sammen. Vorher tagten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für das Seewesen und für Rechnungswesen.
Als Anlage zum Etat ist nunmehr auch die Berechnung der zur Deckung der Gesammtausgabe des ordentlichen Etats aufzubringenden Matrikularbeiträge vorgelegt worden.
Der Reichskommissar für die Weltausstellung in Chicago bringt folgende Mittheilungen zur Kenntniß:
Die Ausstellung findet im Jackson⸗Park, einem an dem Ufer des Michigan⸗Sees gelegenen, 600 Acres oder 1000 Morgen großen Park, statt, in welchem gegenwärtig die zur Aufnahme der Schaustücke be⸗ stimmten Gebäude errichtet werden Das bedeutendste unter diesen ist der Industrie⸗Palast, dessen Grundfläche auf etwa 900 000 Quadrat⸗ fuß sich belaͤuft. Für Deutschland sind in diesem Haupt⸗ gebäude 100 000 Quadraifuß, und zwar im Centrum an einer der durch die Kreuzung der beiden Hauptwege gebildeten Ecken fest belegt worden. In den für Kunst, Maschinen, Elektrizität, Land⸗ wirthschaft ꝛc. errichteten Gebäuden wurden außerdem noch 105 000 Quadratfuß der deutschen Abtheilung zugeloost, sodaß der auf uns entfallende bedeckte Raum im Ganzen 205 000 Quadratfuß umfaßt. Außerdem stehen uns zur Errichtung eines deutschen Dorfes, sowie zum Aufbau der Repräsentations⸗ und Bureauräume im Freien noch Flächen von inegesammt 210 000 Quadratfuß zur Verfügung Hervor⸗ gehoben mag hier noch werden, daß der Platz völlig kostenlos an die Aussteller abgegeben wird. 8 8
Was die Frage des Transports der Ausstellungsgüter anlangt, so ist zu bemerken, daß die deutschen Eisenbahnverwaltungen sowohl bei der Hin⸗ als bei der Rückbeförderung dieser Güter nur die halbe tarifmäßige Fracht in Ansatz bringen, während die amerikanischen Eiisenbahngesellschaften bis jetzt freie Rückfracht und erhebliche Ver⸗ günstigungen für den Hintransport zugesichert haben, und zwar die Letzteren namentlich dadurch, daß der Transport vom Schiff auf die Eisen⸗ bahn und von der Eisenbahn auf den dem Aussteller angewiesenen Platz in die allgemein festgesetzte Frachtrate einbezogen ist. Nach dem Er⸗ gebniß der von dem Reichskommissar in Chicago mündlich gepflogenen Verhandlungen ist nicht ausgeschlossen, daß die amerikanischen Bahnen noch weitere Vergünstigungen zugestehen werden. Ueber die für die Seebeförderung zu gewährenden Frachtermäßigungen sind die Verhand⸗ lungen noch nicht zum Abschluß gelangt. Es wird indessen auch hier auf die Erlangung von erheblichen Ermäßigungen mit Nachdruck hin⸗ gewirkt werden. 9 3
Sobald der Werth der Ausstellungsgüter annähernd feststeht, werden die Verhandlungen bezüglich der Versicherung der zur Schau zu bringenden Objekte eingeleitet werden; schon jetzt ist nach den bisher vorliegenden Angeboten ein für die Aussteller günstiges Er⸗ gebniß zu erhoffen. 8 ¹
Nach den für die Verzollung der Ausstellungsgegenstände Seitens der amerikanischen Regierung erlassenen Vorschriften sollen die Güter unter Zollkontrole direkt nach dem Ausstellungsgebäude befördert und erst hier bei Gelegenheit ihrer Auspackung einer Revision von Seiten der Zollbehörde unterworfen werden. Behufs Feststellung der Werth⸗ verminderung, S welche die Objekte während der Dauer der Ausstellung erfahren haben, findet kurz vor oder nach Schluß derselben eine erneute Revision statt.
Werden nun die Schaustücke nach dem Herkunftlande oder nach einem anderen Lande außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika befördert, so haben sie keinen Zoll zu entrichten, sofern sie mit den für Deutschland von dem Reichslommissar auszugebenden Beklebe⸗ zetteln und Bescheinigungen versehen sind. Dagegen ist für diejenigen Güter, die nach Schluß der Ausstellung in den Vereinigten Staaten in den freien Verkehr übergehen, der tarifmäßige Zoll zu entrichten; aber auch hier tritt für die abgenutzten oder verloren gegangenen Objekte Zollerlaß nach Maßgabe der Werthverminde⸗ rung ein.
Ueber den Schutz der Erfindungen und Handelsmarken hat die amerikanische Regierung eine amtliche Erklärung abgegeben, die alle in dieser Beziehung bisher aufgetretenen Bedenken zu beseitigen ge⸗ eignet sein dürfte. Nach Maßgabe der Gesetzgebung hat jeder Aus⸗ steller innerhalb zweier Jahre, vom Tage der Schaustellung seiner Erfindung ab gerechnet, rechtlichen Anspruch auf Ertheilung eines Patents in den Vereinigten Staaten. Ueberdies kann ein Erfinder, der sein Patentgesuch innerhalb der vorgeschriebenen Frist hinter⸗ legt, den Anspruch eines anderen Patentsuchers oder selbst eines Patent⸗ inhabers anfechten; in jedem solchen Falle wird, auch wenn bereits Privi⸗ legien verliehen sind, das Patent dem ersten Erfinder zugesprochen. Dem· nach ist ein Aussteller, welcher sein Patentgesuch rechtzeitig eingereicht hat,
sofern der Bewilligung des Gesuchs ein inzwischen an eine andere Partei auf die gleiche Erfindung ertheiltes Patent entgegensteht, in der Lage, die Frage der Priorität der Erfindung zum Austrag zu bringen Erlangt er ein obsiegendes Urtheil, so wird ihm das nachgesuchte Patent bewilligt, während das früher ertheilte Patent nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Lanz oder theilweise für ungültig erklärt wird. Das be⸗ stehende amerikanische Gesetz gewährt demnach dem ausländi⸗ schen Erfinder und Aussteller weitgehenden Schutz, sodaß für die Dauer der Ausstellung in Chicago der Erlaß eines neuen Gesetzes nicht erforderlich ist. Was den Markenschutz anbetrifft, so gehört nach dem bestehenden Recht in Amerika eine Handelsmarke Demjenigen, der sie zuerst angenommen und auf seinen zum Verkauf bestimmten Waaren
angebracht hat. Es ist weder eine förmliche Eintragung noch ein Regierungssiegel erforderlich, um diesen Rechtsanspruch zu begründen. Wünscht der Inhaber der Marke deren Registrirung, so sind hierfür durch das Gesetz Vorschriften erlassen; doch ist die Zeit nicht begrenzt, innerhalb deren das Gesuch einzureichen ist. Sowohl unter dem allgemeinen Recht, als auch nach dem Vertrage steht der Deutsche genau auf demselben Boden, wie der heimische Fabrikant, sodaß auch in dieser Hinsicht der Erlaß eines besonderen Gesetzes für die Dauer der Ausstellung erübrigt. 2
Auch mit Bezug auf die Anwendung der Kontrakt⸗Arbeiter⸗Gesetze auf die zur Ausstellung kommenden Angestellten auswärtiger Aussteller ist Seitens der amerikanischen Regierung den fremden Mächten auf diplomatischem Wege eine befriedigende Kundgebung zugegangen. Es sollen danach geübte Angestellte auswärtiger Aussteller bei der Chicagoer Ausstellung, die in der ehrlichen Absicht kommen, die Maschinen solcher Aussteller aufzustellen und in Betrieb zu halten, außerhalb der Konkrakt⸗Arbeiter⸗ Gesetze der Vereinigten Staaten stehen und ihnen nicht unterworfen sein. Das G eiche gilt mit Bezug auf Schreiber, Bedienstete und andere Personen, die lediglich zu dem Zweck nach den Vereinigten Staaten kommen, um ausländischen Ausstellern behülflich zu sein.
Zur Wahrung der eigenen Interessen der Anmelder ist es noth⸗ wendig, daß wenigstens die vorläufigen Anmeldungen inner⸗ halb der bis zum 1. Januar k. J. laufenden Anmelde⸗ frist bewirkt werden. Diejenigen Aussteller, die bis dahin über die Art ihrer Betheiligung im Einzelnen oder über die Wahl des Vertreters noch nicht schlüssig zu werden vermögen, können die end⸗
gültigen Angaben einem späteren Zeitpunkte vorbehalten,
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Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, General Major und Commandeur der 4. Garde⸗ ie⸗Brigade, ist von Urlaub hierher urückgekehrt.
Kassel, 11. November. Anläßlich des 25jährigen Bestehens des Hessischen Feld⸗Artillerie⸗Regi⸗ ments Nr. 11 fand laut Meldung des „W. T. B.“ heute Vormittag hier großer Regiments⸗Appell statt. Dabei waren die ehemaligen aktiven Offiziere und Reserve⸗ Offiziere, sowie sonstige frühere Regiments⸗Angehörige in großer Zahl zugegen, ferner der kommandirende General des XI. Armee Corps, General der Infanterie von Grolman und General⸗Lieutenant Prinz Friedrich von Hohenzollern. Oberst⸗Lieutenant Braumüller hielt eine An⸗ sprache, die mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß. Das Kriegerdenkmal am Author war zu Ehren des Tages festlich geschmückt. Im „Stadtpark“ fand ein Festmahl statt. Am Abend schlossen ein Kommers und festliche Aufführungen die Feier.
Wiesbaden. In der gestern nach Schluß der Redaktion eingetroffenen Depesche war von „W. T. B.“ irrthümlich ge⸗ meldet, der Botschafter Graf Schuwaloff sei mit dem Legations⸗ Sekretär von Giers aus Paris hier eingetroffen. Es muß heißen: Der Legations Sekretär von Giers kam aus Paris und traf mit dem Botschafter Grafen Schuwaloff zusammen in Wiesbaden ein. — Nach einem Telegramm der ‚„Kreuz⸗ Ztg.“ ist Dr. Franz Perrot, Vertreter der Idee des Zonen⸗ tarifs und ehemaliger deutsch⸗konservativer Reichstags⸗Abge⸗ ordneter, am Dienstag gestorben.
Köln, 11. November. Bei den Stadtverordneten wahlen der dritten Klasse siegte dem „W. T. B.“ zu⸗ folge die vereinigte Centrums⸗ und Handwerkerpartei mit an⸗ sehnlicher Mehrheit über die Liberalen.
Bayern.
München, 11. November. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg ist heute Abend nach Luxemburg abgereist.
Der General Adjutant Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten, Freiherr Freyschlag von Freyenstein ist, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, heute Mittag in dem Bureau der Geheimen Kanzlei in Folge eines Schlaganfalls plötzlich gestorben.
In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeord⸗ neten wurde, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, eine Ein⸗ gabe aus Frankenthal um Verbreiterung des Frankenthaler Kanals nach Empfehlung durch den Abg. Dr. Groß der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen. Der Finanz⸗ Minister von Riedel bemerkte, in den 70 er Jahren habe das Bedürfniß einer solchen Vergrößerung nicht vorgelegen, die Regierung werde jedoch die Sachlage neuerdings prüfen. Wenn allerdings ein Kostenaufwand von 2 Millionen nöthig sei, so gebe es vorerst noch dringlichere Staatsaufgaben. Nach einer längeren Erörterung über den Donau⸗Main⸗ Kanal erklärte der Minister Freiherr von Crailsheim, er werde Gesuche um Gebührenermäßigung ernstlich prüfen. Die geringe Benutzung des Kanals sei durch die technisch un⸗ günstigen Verhältnisse verursacht. Von einer Fortsetzung der Mainkette bis Bamberg erwartet der Minister keine wesentliche Steigerung des Verkehrs auf dem Kanal, weil dieser sich überwiegend zu Thal bewege. Den Kanal zu größerer Leistungsfähigkeit umzubauen, würde sehr theuer sein. Der Etat des Kanals wurde hierauf genehmigt, ebenso der Etat für die Bodensee⸗Dampfschiffahrt.
Der Ausschuß der Kammer genehmigte auch den letzten Artikel der Novellé zum Heimaths⸗ und Verehelichungsgesetze nach dem Vorschlage der Regierung und unter Ablehnung der Anträge, welche die rückwirkende Kraft des Gesetzes spezialisiren wollten, anstatt zweifelhafte Fälle einem Richter spruche zuzuweisen. Der Minister des Innern hatte dargelegt, daß die Novelle nur Werth habe, wenn ihr für alle früheren Fälle rückwirkende Kraft beigelegt werde. Schließlich gelangte noch der Zusatz zur Annahme, daß uneheliche Kinder bei der Heirath der Mutter die bisherige Heimath beibehalten und daß bei lebensgefährlicher Krankheit von der öffentlichen Be⸗ kanntmachung der Absicht der Heirath abgesehen werden könne. 5 die Redaktions⸗Kommission wurden die Abgg. Fischer,
Hauck, Keßler und Schuh gewählt. Baden. “
Karlsruhe, 10. November. Von Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin von Schweden und Nor⸗ wegen sind der „Karlsr. Ztg.“ zufolge gestern befriedigende Nachrichten aus Genua eingetroffen. Die Einschiffung Ihrer Königlichen Hoheit erfolgte dort am Nachmittag des gestrigen Tages, und es sollten die Anker in der verflossenen Nacht ge⸗ lichtet werden.
Hessen.
Darmstadt, 11. November. Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfing, wie die „Darmst. Ztg.“ berichtet,
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heute Nachmittag den von Seiner Majestät dem König Wilhelm II. von Württemberg Behufs Notifizirung seines Regierungsantritts in außerordentlicher Mission ab⸗ geordneten kommandirenden General des XIII. Armee⸗ Corps General⸗Lieutenant von Wölckern in besonderer Audienz und unmittelbar darauf den Königlich württem⸗ bergischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Geheimen Rath Freiherrn von Soden, welcher sein neues Beglaubigungsschreiben überreichte. 5
Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog ist gestern von hier nach Potsdam abgereist.
Oldenburg.
(1 Oldenburg, 10. November. Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfing heute in Audienz den General⸗Adjutanten Seiner Majestät des Königs von Württem⸗ berg, General⸗Lieutenant Freiherrn von Molsberg, um aus dessen Händen die Notifikation über das Hinscheiden Seiner Majestät des Königs Karl und die Thronbesteigung Seiner Majestät des Königs Wilhelm II. von Württemberg entgegen zu nehmen.
Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 10. November. Der Rechtsanwalt Justiz⸗ Rath Schneegans, der am 10. November 1841 vor dem Appellhofe in Colmar den Diensteid als Advokat ge⸗ leistet hat, feiert heute sein fünfzigjähriges Dienst⸗ jubiläum. Aus diesem Anlaß ist ihm von Seiner Majestät dem Kaiser der Kronen⸗Orden zweiter Klasse mit der Zahl 50 verliehen worden. Diese Allerhöchste
Auszeichnung wurde heute Vormittag von dem Staatssekretär
von Puttkamer, welcher vom Regierungs⸗Rath Stadler, als dem einschlägigen Ministerial Referenten, begleitet war, dem Jubilar in dessen Wohnung überreicht. In seiner An⸗ sprache hob der Staatssekretär, wie die „Straßb. Corresp.“ mittheilt, hervor, daß der Allerhöchste Gnadenbeweis erfolgt sei in Anerkennung der hohen Verdienste, die sich Herr Schneegans sowohl durch sein langjähriges ausgezeichnetes Wirken im Dienste der Rechtspflege, wie durch seine hervor⸗ ragende Thätigkeit auf zahlreichen Gebieten des öffentlichen Lebens erworben habe, und überbrachte gleichzeitig dem Jubilar zu seinem heutigen Ehrentage die Glückwünsche des Kaiserlichen Statthalters und der Landesregierung. Von der rechts⸗ und staatswissenschaftlichen Fakultät der Kaiser Wil⸗ helms Universität wurde dem Jubilar die akademische Würde eines Doktors beider Rcchte verliehen; außerdem brachten die hiesigen Ger chtsbehörden, der Gemeinderath und die engeren Berufsgenossen des Jubilars diesem ihre Glückwünsche dar.
Das Ober⸗Landesgericht und die Ober⸗Staatsanwaltschaft in
Colmar übersandten ein Glückwunschschreiben.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Präsident der ungarischen Delegation Graf Zichy hielt, wie „W. T. B.“ berichtet, bei dem gestrigen Empfang der Delegation eine Ansprache an Seine Majestät den Kaiser und König, in der er der Treue und Ergebenheit sowie der Befriedigung darüber Ausdruck gab, daß die internationalen Gegensätze seit der letzten Tagung der Delegationen nicht schärfer hervorgetreten seien. Graf Zichy gedachte ferner der sozialen Schwierigkeiten, deren störende Wirkungen besondere Umsicht und Entschiedenheit erheischten, und begrüßte freudig die Aufrechterhaltung der Freundschaft mit den ver⸗ bündeten Mächten. Die eigene Kampftüchtigkeit bleibe das sicherste Unterpfand für die Erhaltung des Friedens. Die ungarische Delegation hoffe, daß durch die Bewilligung der zur Erhaltung der Wehrkraft Oesterreich⸗Ungarns erforder⸗ lichen Mittel eine Erschütterung des glücklich herge⸗ stellten finanziellen Gleichgewichts nicht herbeigeführt werde. Bei dem Empfange der österreichischen Delegation betonte der Präsident Fürst Schönburg in seiner Ansprache die Bereitwilligkeit der Delegation, das zur Aufrechterhaltung der Machtstellung der Monarchie Nothwendige zu bewilligen unter Wahrung der Opferfähigkeit der Völker. Die Erhaltung des Friedens thue den Völkern Europas doppelt Noth Ange⸗ sichts der großartigen technischen Erfindungen, die der In⸗ dustrie, dem Handel und dem Ackerbau aller Staaten einen unerreichten Aufschwung in Aussicht stellen. .
Die Stellen der Ansprache des Kaisers an die Dele⸗ gationen (Siehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ unter den nach Schluß der Redaktion eingetroffenen Depeschen), die von den freundlichen Beziehungen zu den Mächten, den friedlichen Bestrebungen und dem allgemeinen Friedens⸗ bedürfniß handelten, wurden sowohl von der ungarischen wie von der österreichischen Delegation mit begeisterten Hoch⸗ rufen aufgenommen, die sich am Schluß der Rede wiederholten. Nach der Rede hielt Seine Majestät Cercle, wobei Graf Szapary die ungarischen, Graf Taaffe die österreichischen Mit⸗ glieder vorstellte. Der Kaiser richtete an jeden einzelnen Dele⸗ girten einige huldvolle Worte. Wie aus privaten Kreisen verlautet, hätte der Kaiser dabei den Altezechen Pollak und Dostal gegenüber geäußert, die Versöhnungsidee müsse durch⸗ dringen, die Gegner derselben sprächen nur Phrasen zum Fenster hinaus, er bedauere die Wirrnisse in Böhmen und hoffe, daß die Bevölkerung bald zur Beruhigung komme. Gegenüber dem Delegirten Ruß, der an dem Friedenskongresse in Rom theil⸗ genommen hatte, hätte der Kaiser bemerkt, auf diesem Wege werde das erwünschte Ziel nicht erreicht werden. Von den ungarischen Delegirten wurde, wie verlautet, besonders Coloman Tisza durch eine freundliche Ansprache von Seiten des Kaisers aus⸗ gezeichnet. Zu Max Falk soll der Kaiser geäußert haben, die Kaiserin habe in Folge der auf Korfu herrschenden Kälte sich nach Kairo begeben. Gegenüber dem Delegirten Vuko⸗ tinowitsch hätte der Kaiser seiner Befriedigung über den Verlauf der Agramer Ausstellung Ausdruck gegeben. Zum Delegirten Gajary hätte der Kaiser geäußert, das Heeres⸗ budget werde voraussichtlich einen allgemein befriedigenden und beruhigenden Eindruck machen; er halte die Schonung der wirthschaftlichen und der finanziellen Kräfte für geboten.
In seiner Besprechung der Thronrede hebt das „Fremdenblatt“ den Passus hervor, in welchem der Kaiser den Wunsch auf Anbruch einer besseren Aera und den Schmerz über die neuen Anforderungen an die Opferwilligkeit der Völker ausdrückt. Daraus könne die Welt ersehen, daß der Friede keinen überzeugteren, aufrichtigeren Freund be⸗ sitzen könne, als den Kaiser Franz Joseph. Die „Neue Freie Presse“ meint, die Thronrede weiche bei der Schilderung der Lage Europas von den jüngsten Er⸗
kärungen des italienischen Minister⸗Präsidenten di Rudini und
des englischen Premier⸗Ministers Lord Salisbury ab. Die Thronrede erwecke das Gefühl des Ernstes der Lage in Europa und schränke dadurch den ungerechtfertigten Optimis⸗ mus ein. Die Thronrede sei aufrichtiger als die Reden Salisbury's und Rudini's. Das „Neue Wiener Tage⸗ blatt“ sagt, die Thronrede verkünde neuerdings, daß Oesterreich Ungarn von einem Friedens⸗Monarchen regiert werde.
Nachdem das Comits des österreichischen Episkopats seine vorbereitenden Berathungen abgeschlossen hat, haben vorgestern im Kapitelsaale des fürsterzvischöflichen Palais zu Wien die allgemeinen Bischofs⸗Konferenzen begonnen. Den Pbesih in den Konferenzen führt, da der Kardinal Fürst Erzbischo von Olmütz Landgraf Fürstenberg sein Fernbleiben von den Konferenzen egt hea Zißt hat, der Kardinal Fürst Erzbischof vo Prag Graf Schönborn.
Großbritannien und Irland.
Die Mailänder Rede des Marchese di Rudini hat bei er englischen Presse eine sehr beifällige Beurtheilung gefunden. Die liberale Partei in Nord⸗Leeds hat beschlossen, der Wiederwahl des zum irischen Ober⸗Sekretär ernannten bis⸗ herigen parlamentarischen Vertreters des Bezirks Mr. Jack⸗ son keinen Widerstand entgegenzusetzen, ihm dagegen bei den allgemeinen Wahlen den Sitz energisch streitig u machen. Der „Dublin Expreß“ schreibt: „Mr. Balfour nahm estern (9. November) Abend, ehe er Dublin verließ, die Abschiedsbesuche der Chefs der verschiedenen Departements sowie anderer Personen entgegen, mit denen er amtlichen Verkehr gepflogen hatte, und die erschienen waren, um ihm neben ihrem Bedauern über seine Abberufung ihre Glückwünsche zu seiner Beförderung zum ersten Lord des Schatzamts und Leiter es Unterhauses auszudrücken. Es war dies kein formeller Höf⸗ lichkeitszoll, sondern die spontane Huldigung dankbarer Herzen, ie der vielen von ihm erfahrenen Gefälligkeiten und der großen Dienste eingedenk waren, die er dem Lande durch seine entschiedene und gerechte Administration erwiesen hat. Die irischen Loyalisten werden ihre Dankbarkeit für seine Ver⸗ dienste wahrscheinlich in einer dauernden Form bethätigen.“
Frankreich.
Paris, 12. November. Der Minister des Aeußern Ribot empfing nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern
den ehemaligen russischen Gesandten in Schweden Schischkin. 8 Die Budgetkommisston hat den Bericht Brisson’s über den Marine⸗Etat verworfen und den abgeän⸗ derten Entwurf des Marine⸗Ministers Barbey angenommen. In Folge dessen legte Brisson sein Amt als Berichterstatter nieder.
Italien.
Gestern ist im Kapitol zu Rom der „internationale Friedenskongreß“ eröffnet worden, der gleich wie die in voriger Woche beendete „interparlamentarische Friedens⸗ Konferenz“ die Frage zu lösen suchen will, wie die inter⸗ nationalen Streitigkeiten ohne Zuhülfenahme der Waffen⸗ gewalt beizulegen seien. An den Verhandlungen nehmen nur
die Vertreter der ständigen „Friedensvereine“ Theil, während die interparlamentarische Konferenz aus Mitgliedern der Volks⸗ vertretungen der verschiedenen Länder zusammengesetzt war. Die Aufgabe der letztgenannten Versammlung war die Be⸗ rathung der Frage eines ständigen Organs der Konferenz, und es wurde, wie berichtet, der Beschluß gefaßt, ein permanentes internationales Comité mit einem ständigen internationalen Sekretariat zu bilden, das nicht allein die künftigen Konferenzen vorbereiten und die Propaganda für die Idee des Schieds⸗ gerichts betreiben, sondern auch auf die Schlichtung aller auf⸗ tauchenden internationalen Konflikte unmittelbar hinzuwirken bestrebt sein soll. Die gestern in demselben Saale eröffnete Versammlung von Delegirten der sogenannten Friedensvereine will ihrerseits ebenfalls die Lösung der schwierigen Aufgabe zu fördern suchen. Sie wurde Namens der Stadt Rom von dem Vertreter des Bürgermeisters begrüßt, worauf der provisorische Prä⸗ sident des Kongresses Bonghi die Eröffnungsrede hielt. Er empfahl, wie das „W. T. B.“ meldet, in seiner Rede die Errichtung eines Friedens⸗Schiedsgerichts und führte unter Anderem aus: das Jahrhundert habe mit dem Rufe „Brüder⸗ lichkeit!“ begonnen, später sei der Ruf „Nationalität!“ ertönt; der erste Ruf sei erhabener als der zweite. Man müsse danach trachten, beide zu versöhnen und dem christlichen, vornehmlich auf der Einigkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Nationen fußenden Ideale zum Triumphe zu verhelfen. (Lebhafter Beifall.) Bonghi wurde sodann durch Akklamation zum defi⸗ nitiven Präsidenten gewählt und mit der Ergänzung des Präsidentschaftsbureaus betraut. — Der Anarchistenprozeß soll, wie man der „Köln. Ztg.“ meldet, vor einer anderen Abtheilung des römischen Tribunals fortgesetzt werden. Es werde sich noch em zweiter Prozeß daraus entwickeln, da die Staatsbehörde eine Beleidigungs⸗ klage gegen mehrere Angeklagte und Vertheidiger erhoben habe. Die Beleidigten sind außer der Polizeibehörde auch einige Zeugen, voran der Sicherheitsbeamte Poli; unter den Beleidigern steht obenan der sozialistische Anwalt Lollini. .“ Das nächste Konsistorium soll, wie „W. T. B.“ er⸗ fährt, auf den 21. Dezember festgesetzt sein.
Spanien.
Nach einer Meldung des Pariser „Temps“ aus Madrid soll mit Anfang Dezember eine besondere Zollzone, 10 km von der Grenze entfernt, festgestellt werden, innerhalb deren
8 die Zollbeamten berechtigt sein sollen, Beweise für geschehene Zahlung des Eingangszolles auf Passementerien⸗ Gewebe, Tuche, Kaffee und andere Artikel zu fordern; innerhalb der Zollzone vwürden Niederlagen dieser Waaren untersagt sein.
Schweiz. . Der Bundesrath hat, wie schon telegraphisch kurz ge⸗ meldet, der am 7. Dezember wieder zusammentretenden Bundes⸗ versammlung empfohlen, folgende vom Weltpostkongreß in Wien unter dem 4. Juli 1891 abgeschlossenen und mit dem 1. Juli 1892 vollziehbaren Vereinbarun⸗ gen zu genehmigen: a. Weltpostvertrag nebst allgemei⸗ nem Schlußprotokoll; b. Uebereinkunft, betreffend Austausch von Werthbriefen und Werthschachteln; c. betreffend Geld⸗ anweisungsverkehr; d. betreffend Austausch von Poststücken (Colis postaux) nebst Schlußprotokoll; e. betreffend Besorgung von Einzugsmandaten durch die Post; f. betreffend Identitäts⸗ bücher; g. betreffend Besorgung von Zeitungsabonnenten.
*† 8
2.
In der gestern in Bern abgehaltenen Konferenz des Bundesraths Welti mit den Abgeordneten der Kantone Bern, Freiburg, Waadt und Wallis erläuterte Dumur von der Direktion der Jura⸗Sunplon⸗Bahn sein neues Projekt für den Simplon⸗Durchstich. Die Frage der finanziellen Be⸗ theiligung der Kantone wurde ebenfalls besprochen, Beschlüsse wurden jedoch nicht gefaßt. Man einigte sich dahin, daß der Bundesrath die Sache im Auge behalten und zu geeigneter Zeit Unterhandlungen mit Italien wegen dessen Betheiligung anknüpfen solle. 8
Beide Kammern haben ihr bisheriges Präsidium wiedergewählt. In seiner Antrittsrede erklärte der Prasident der Zweiten Kammer De Lantshere, die Tagung werde und müsse die Revision der Verfassung einleiten. Inzwischen dauert, wie die „Köln. Ztg.“ schreibt, der Streit zwischen der Mehrheit und der Minderheit des Verfassungsausschusses fort. Letztere hat den liberalen Blättern eine Erwiderung auf die zweite Note des Berichterstatters zugestellt. — Die Radikalen und Sozialisten haben gestern in Ant⸗ werpen und Gent größere Versammlungen zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts gehalten. Der Antwerpener Liberale Vlaamsche Bond hat sich dafür ausgesprochen. — In Namur soll am 25. und 26. Dezember d. J. der zweite Wallonen⸗Kongreß stattfinden. Der Kongreß hat den Zweck, der Ausbreitung des Vlamenthums in Belgien ent⸗ gegenzuwirken. Ein erster Kongreß dieser Art tagte voriges Jahr in Brüssel, war aber verhaltnißmäßig sehr spärlich be⸗ sucht und hatte keinen merklichen Erfolg. Diesmal wollen die Leiter der wallonischen Bewegung ein festes Programm zur .““ der „übertriebenen Ansprüche“ der Vl men auf⸗
ellen.
Bulgarien. “
Sofia, 11. November. Die „Agence Balcanique“ ist ermächtigt, die der „Times“ aus Sofia zugegangene Nach⸗ richt über ein Déjeuner, das der Prinz Ferdinand von Coburg während seines jüngsten Aufenthalts auf macedonischem Boden im Kloster Rilo eingenommen habe, und über dabei angeblich vom Prinzen und einem eng⸗ lischen Journalisten ausgebrachte Trinksprüche auf das Entschiedenste zu dementiren. Die Nachricht beruhe vollkommen auf Erfindung und sei in böswilliger Absicht von einer Stelle verbreitet worden, deren Meldungen bereits häufig hätten als falsch bezeichnet werden müssen.
Schweden und Norwegen.
’ Stockholm, 9. November. König Oscar hat in einem Telegramm an den Admiral Koester das deutsche Uebungsgeschwader in Norwegen willkommen geheißen und sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß er nicht per⸗ sönlich den Besuch des Geschwaders habe empfangen können.
(FE) Christiania, 9. November. Admiral Koester nebst einer größeren Anzahl deutscher Marine⸗Offiziere erschienen Sonnabend Abend in der Militärischen Ge⸗ sellschaft — allen fremden Offizieren ist während ihres Aufenthaltes in Christiania der Zutritt gestattet —, um an der gewöhnlichen Sonnabendversammlung theilzunehmen. Diese erhielt in Folge dessen ein festliches Gepräge und bei der „Sexa“ wurden von dem Vorstande Hochs auf König Oscar, Kaiser Wilhelm und die deutsche Marine ausgebracht. Das Beisammensein dauerte unter angenehmster Stimmung bis gegen Mitternacht. — Der Wirth in dem Vergnügungs⸗ Etablissement „Casino“ hat zu heute Abend gegen 300 Mann von der Besatzung des deutschen Geschwaders zu einem Ball eingeladen und Admiral Koester soll seine Zustimmung zur Annahme der Einladung gegeben haben.
Ueber die schon telegraphisch gemeldete Ballfestlichkeit an Bord des „Deutschland“ auf der Rhede von Christiania bringt. „Christiania⸗Morgenbladet“ folgenden ausführlichen
ericht:
Nicht weniger denn gegen 500 Gäste waren zu dem Ball ein⸗ geladen, den die Offiziere des deutschen Geschwaders heute (9. d. M.) Nachmittag an Bord des „Deutschland“ gaben. Ball an Bord hat immer etwas besonders Anziehendes, namentlich für die jüngere Damenwelt, und so war denn auch schon vor 2 Uhr ein starker Verkehr nach dem Piperviksquai, von wo Dampf⸗ schaluppen und Ruderboote abwechselnd die Gäste an Bord führten. Alles ging mit musterhafter Schnelligkeit, Ruhe und Ordnung vor sich, Niemand brauchte eine Minute zu warten, und von Gedraͤnge war keine Spur. Längs der Quais waren zahlreiche Zuschauer versammelt, welche mit Interesse das Hantiren der flinken deutschen „Orlogsmänd“ beobachteten, andererseits wohl auch die weiblichen Gäste, deren Toiletten reiche Abwechselung darboten ... „Deutschland“ glänzte in seinem besten Schmuck. Das Deck war durch Segel und Flaggen zu einer großen Halle umgewandelt, und zwischen den kolossalen Kanonen des Zwischen⸗ decks war eine Festhalle entstanden, so schön und stilvoll, wie man ähnliche lange suchen soll. Von einem aus reichen Flaggendekora⸗ tionen und Waffengruppen gebildeten Fond hob sich die Büste König Oskar'’s in elektrischer Beleuchtung ab, ein Springbrunnen sandte seine Strahlen über Palmen⸗ und Blumenarrangements. In der Offiziers⸗ messe und in dem Salon des Chefs sowie in mehreren anderen Räumen waren reiche Buffets hergerichtet, wo sich der „Nachmittags⸗ thee’, wie die Einladung sagte, in einer großen Auswahl von Cham⸗ pagner, Rheinwein, Bowlen u. s. w repräsentirte. Sobald die Gäste versammelt waren und die Wirthinnen, Frau Konsul Mohr und Frau Kapitän Fabricius, begrüßt hatten, begann oben und unten der Tanz, der von dem Schiffschef, Kapitän zur See Oldekop, mit der Frau Bürgermeister Christie eröffnet wurde. Die Tänze folgten einander ununterbrochen, bis um 6 Uhr der Abschluß gemacht wurde. Und welcher Abschied! Weiß⸗ gekleidete Matrosen standen mit brennenden Fackeln längs der Reling, um den mit den Booten Abfahrenden zu leuchten, während gleichzeitig die übrigen Schiffe ihr elektrisches Licht über den Fjord, die Stadt und die Festung strahlen ließen, über diese einen magischen Schein verbreitend. Raketen und bengalische Lichter glänzten in der schneeschweren Luft, während längs des ganzen Decks des „Friedrich der Große“ Hunderte von bunten elektrischen Flammen glühten. Kein Wunder, daß die Quais trotz des rauhen Wetters mit Tausenden von Zu⸗ schauern bedeckt waren. Einen schöneren Ball wie den von den Offizieren des deutschen Geschwaders „zu Ehren der Damen Christianias“ ge⸗ gebenen hat der Hafen von Christiania noch nicht gesehen. Bei Wirthen und Gästen wird er die Erinnerung an ein ausgezeichnet arrangirtes und wohlgelungenes Fest hinterlassen.
Amerika. 8
Brasilien. Ein Telegramm der „Times“ aus Santiago vom 10. d. meldet: Nach allen aus Brasilien dort vorliegenden Depeschen wäre das Erscheinen sämmtlicher Zeitungen in Rio de Janeiro mit Ausnahme von dreien, die auf Seiten des Diktators Deodoro da Fonseca ständen, untersagt worden. — Wie der „Magdb. Ztg.“ aus Lissabon gemeldet wird, wäre dort eingetroffenen Privatdepeschen aus Rio de Janeiro zufolge die Abtrennung der Provinz Rio Grande voll⸗
am 7. d. M. gestorben. 8
zogene Thatsache. Die separatistische Bewegung soll von den deutschen Einwanderern ausgegangen sein. 30 000 Mann ständen zur Vertheidigung der Provinz bereit. Wahrscheinlich werde der ehemalige Minister Dom Pedro’s, Silveiro Martino zum Präsidenten der „Republik Rio Grande“ ausgerufen werden. Der Diktator Fonseca habe den Admiral Gerae beauftragt, mit zwei Kriegsschiffen die Unterwerfung der widerspenstigen Provinz vorzunehmen.
Asien. “ v“
China. Den letzten in San Francisco eingetroffene Nachrichten zufolge hat der Gouverneur von Hunan, Chang⸗Ksu der Regierung gemeldet, daß eine Bande Aufrührer das Bezirksgefängniß in Hsupu angezündet und die Gefangenen in Freiheit gesetzt hat. Da Chang⸗Ksu einen Angriff auf die unbefestigte Stadt befürchtete, so sandte er eine Brigade Truppen nach Hsupu ab, um die Unruhen zu unterdrücken.
Persien. Die Einführung des Taback⸗Monopols in der Provinz Chorassan Seitens der persischen Lr v. hat zu ernsten Unruhen unter der Bevölkerung von Meschhe 1 Veranlassung gegeben. Der russische „Regierungsbote“ er⸗ hielt darüber folgenden, vom 30. September (12. Oktober) datirten Bericht: b Der Gouverneur von Chorassan Sahib Divan versammelte d Tabackhändler und Tabackpflanzer bei sich, eröffnete ihnen, daß d Regierung das Recht des Tabackverkaufs einer englischen Compagn übertragen habe, und forderte von ihnen eine dahin gehende Unte schrift, in welcher sie sich verbindlich machen, Taback ohne Wisse und Zustimmung der erwähnten Compagnie weder zu kaufen noch zu verkaufen, widrigenfalls der der Uebertretung dieser Ver⸗ ordnung Schuldige einer Strafe von 500 Stockschlägen, drei⸗ monatlicher Gefängnißbaft und einer Geldpön von 300 Tumans unterliege. Die erwähnte Verfügung wurde nun auf Versammlungen berathen und von den Unzufriedenen als im Widerspruch mit den Verordnungen des Koran und mit allen Traditionen der muhameda⸗ nischen Religion stebend erklärt. Die Unzufriedenen warteten nur auf Nachrichten, welchen Eindruck die Einführung des Tabackmonopols in den übrigen größeren Städten Persiens hervorrufen würde, um den ersten günstigen Augenblick zu einer energischen Protestäußerung gegen diese neue Maßregel zu benutzen. Am 20. September (a. St.), welcher als Trauertag des Todes des Imam Hassan gefeiert wird, benutzten die Kaufleute und angesehenen Einwohner von Meschhed diese Gelegenheit, begaben sich nach dem Hause der oberen Mustehiden und baten diese, nachdem sie ihnen erklärt hatten, daß es der Bevöl⸗ kerung unmöglich sei, den durch die Hände der Europäer verunreinigten Taback zu verwenden, sie vor dem drohenden Ruin zu schützen und sie dadurch vor der Nothwendigkeit, zur Selbsthülfe schreiten zu müssen, zu bewahren. Die Geistlichkeit weigerte sich indessen ein⸗ stimmig, sich in die Monopolangelegenheit einzumischen und rieth den Unzufriedenen, sich mit ihrer Erklärung an die Regierung zu wenden. Abends versammelte sich ein Volkshaufe in der hinter dem Grabmal des Imam Riza belegenen Hauptmoschee Goucher⸗Schad und ver⸗ sperrte dem Gouverneur von Chorassan, welcher sich zum Grabmal zum Gebet begeben wollte, den Weg, ihm dabei kategorisch er⸗ klärend, daß sie die Einführung des Tabackmonopols in Cho⸗ rassan, wo der größte Theil der Lendereien dem Imam gehöre, nicht dulden würden. Sahib Divan bemühte sich, die Unzufriedenen zu be⸗ ruhigen, versprach ihnen, den Schah sofort von ihrer Erklärung t.legraphisch in Kenntniß setzen und sich um Aufhebung oder Auf⸗ schiebung des Tabackmonopols verwenden zu wollen. Doch der Haufe eruhigte sich nicht und fuhr fort, den Gouverneur zu bedrängen, bis er sich zur Umkehr gezwungen sah. Hierbei ertönten die Rufe: „Die englische Bank hat uns unserer Handelsvortheile beraubt, jetzt reißt das Monopol die Berechtigung zum Tabackverkauf aus unseren Händen! Wir werden die Verkaufsläden schließen und die Steuerzahlung ein⸗ stellen!’“ — Am Morgen des 22 September (a. St.) sandten die Händler und Tabackbauer, welche noch immer die erwähnte Moschee besetzt hielten und keine Gebetshandlungen gestatteten, eine Deputation an den obersten Mustehid Aga Scheich Mamed Tagija. Der Letztere, welcher gewaltsam nach der Moschee gebracht wurde, weigerte sich aber ebenfalls, den Forderungen der Unzufriedenen seine Unterstützung zu gewähren. Angesichts dieser Gewaltmaßregeln beauftragte der Gouverneur einen der Seiden (Nachkommen des Propheten), sich nach der Moschee zu begeben und dort den vom Schah unterzeichneten und besiegelten Firman über die Einführung des Taback⸗ monopols zu verlesen und gleichzeitig die Unzufriedenen vor der Strafe zu warnen, die die dem Willen des Schah Ungehorsamen zu gewärtigen haben. Nachdem der ergrimmte Haufe den Iahalt des Firmans vernommen, warf er unter den Rufen: „Eher soll man uns in Stücke hauen, ehe wir uns dem Firman unterwerfen!“ die Kanzel um, trat sowohl den Seid, als auch den Scheich zu Boden und warf sie dann zur Moschee hinaus unter dem Geschrei: „Nieder mit der Compagnie, reißen wir die Flagge des englischen Konsulats nieder und erklären wir ihnen, daß, falls sie in drei Tagen die Stadt nicht verlassen, wir gegen sie und die Regierung Mann für Mann aufstehen werden!“ Da beeilten sich der Gouverneur und der oberste Mustehid, über die Erregung des Volks nach Teheran zu telegraphiren und zu bemerken, daß die Sicherheit der in Meschhed lebenden Europäer bedroht sei. Am Abend desselben Tages trafen die Antworten des Schah und des Chodshet ul Islam an die Ad⸗ ministration resp. den Aga Scheich Mamed Tagija ein. Der Schah befahl dem Volk kundzugeben, daß das Monopol auf sechs Monate hinausgeschoben sei, während der Letztere den Einwohnern den Rath gab, zur Verhinderung des Monopols der Regierung die Summe zu zahlen, die sie von der englischen Compagnie bei der Konzessionsertheilung erhalten, und die Tabackregie selbst zu über⸗ nehmen. Anfangs wollte der Haufe von dem Aufschub nichts wissen und weigerte sich, denselben anzunehmen. Da entsandte der Gouverneur, um ernstere Unruben zu verhüten, eine Abtheilung bewaffneter Polizisten zum Schutze der Monopol Verwaltung und erließ den Befehl an die Commandeure des in der Stadt garnisonirenden Militärs, ihre Mann⸗ schaften bereit zu halten und Abtheilungen derselben für den Noth⸗ fall an bestimmten Punkten der Stadt aufzustellen. Diese militärischen Vorbereitungen wirkten äußerst beruhigend auf den Haufen, dessen Stimmung sich bedeutend ruhiger gestaltete; die Tabackhändler be⸗ schlossen, den Aufschub anzunehmen, verließen die Moschee, nachdem sie sich durch das formelle Versprechen des Gouverneurs, die Urheber der Unruhen nicht zu verfolgen, gesichert hatten, und öffneten ihre Läden. Hierauf begann auch das Volk auseinander zu gehen, und Straßen und Plätze wurden wieder frei.
Afrika.
Egypten. Die Regierung hat, wie „R. B.“ meldet, die Ernennung eines Direktors für die Rechtsschule in Kairo verfügt. Da dem egyptischen Rechtssystem das franzö⸗ sische Gesetz zu Grunde liegt, muß der Direktor ein Fran⸗ zose sein. Man hofft, daß die Schule mit einem gehörigen Stabe von Rechtsgelehrten wesentlich zur Gründung eines eingeborenen Richterstandes und damit zur allgemeinen Hebung der Rechtsverhältnisse beitragen werde 1
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Parlamentarische Nachrichten.
Der Oekonom Buddenberg, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den 3. Osnabrücker Wahlbezirk, ist
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