1891 / 268 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kommission trat sodann in die Berathung der von der Schuldübernahme handelnden §§. 314—319 ein. Der §. 314 fand, abgesehen von einer Aenderung in der Fassung, keinen Widerspruch. Dagegen gab der §. 315, welcher den Fall betrifft, wenn die Schuldübernahme durch Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Schuldübernehmer erfolgt, zu einer lebhaften Erörterung der Frage Anlaß, wie das Ver⸗ hältniß juristisch aufzufassen sei. Während der Entwurf davon ausgeht, daß in diesem Falle der Schuldnerwechsel sich durch den Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Schuld⸗ übernehmer vollzieht, sofern der Gläubiger diesem Vertrage zustimmt, wurde von anderer Seite die Auffassung vertreten, daß in dem Vertrage zwischen dem Schuldner und dem Ueber⸗ nehmer zugleich eine an den Gläubiger gerichtete Offerte liege und daß durch die Annahme dieser von dem einen oder dem andern Theile dem Gläubiger übermittelten Offerte die Schuld⸗ übernahme nach Maßgabe des §. 314 bewirkt werde. Ein weiterer Antrag bezweckte, den §. 315 durch die Vor⸗ schrift zu ersetzen, daß, wenn durch Vertrag zwischen dem Schuldner und einem Dritten die Schuldübernahme vereinbart ist, der Dritte dem Schuldner gegenüber ver⸗ pflichtet ist, die Schuld, sobald als möglich zu tilgen, und bis dahin dafür einzustehen, daß der Gläubiger den Schuldner nicht in Anspruch nimmt. Die Mehrheit entschied sich für den Standpunkt des Entwurfs in der Annahme, daß dieser dem hatsächlichen Hergange im Verkehr am meisten entspreche und juristisch ein einfaches und klares Verhältniß schaffe, welches den allgemeinen Vorschriften des Entwurfs über solche Rechtsgeschäfte unterstellt sei, deren Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhänge (vgl. §. 127). Abweichend von der Vorschrift des §. 315 Abs. 1 Satz 4 wurde jedoch beschlossen, daß, solange der Gläubiger die Zu⸗ stimmung nicht ertheilt hat, der Uebernehmer dem Schuldner Fe verpflichtet ist, die rechtzeitige Befriedigung des Gläubigers zu bewirken. Dasselbe soll im Zweifel dann gelten, wenn der Gläubiger die Zustimmung verweigert. Der Ver⸗ weigerung soll es gleichstehen, wenn die Zustimmung nicht innerhalb einer von dem Mittheilenden festgesetzten Frist diesem erklärt ist (§. 315 Absatz 2 Satz 3). An Stelle des §. 315 Absatz 2 Satz 2 gelangte die Bestimmung zur Annahme, daß, wenn die Zustimmung von dem Gläubiger verweigert wird, die Schuldübernahme als solche unwirksam ist und es, ofern nicht ein Anderes vereinbart ist, lediglich bei der dem Schuldner gegenüber bestehenden Verpflichtung des Ueber⸗ nehmers verbleibt, die rechtzeitige Befriedigung des Gläubigers zu bewirken. Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch Aufnahme der Vorschrift, daß, wenn im Falle der Veräußerung eines Grundstücks der Erwerber eine Schuld des Veräußerers, für welche an dem Grundstücke eine Hypothek bestellt ist, übernommen hat, die Uebernahme als durch den Gläubiger genehmigt gilt, wenn dieser nicht binnen sechs Monaten nach Empfang der ihm von dem Veräußerer ge⸗ machten schriftlichen Mittheilung der Schuldübernahme dem Veräußerer gegenüber die Genehmigung verweigert hat. Die Mittheilung muß den Hinweis enthalten, daß, wenn die Verweigerung nicht innerhalb der Frist erfolge, der Uebernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners trete; sie kann wirksam erst erfolgen, wenn der Erwerber als Eigenthümer in das Grundbuch eingetragen ist. Ein Antrag, im Anschlusse an diese Bestimmungen zu Gunsten des Veräußerers für den Fall, daß der Gläubiger die Zu⸗ stimmung verweigere, ähnliche Vorschriften aufzunehmen, wie sie in dem §. 41 des Preußischen Gesetzes vom 5. Mai 1872 ent⸗ halten sind, wurde sehr eingehend erörtert, schließlich aber von der Mehrheit um deswillen beanstandet, weil durch derartige Vorschriften zu tief in die Rechte des Gläubigers eingegriffen und dem prakltischen Bedürfniß, wie auch in der Kritik von zahlreichen Interessenkreisen anerkannt sei, durch die beschlossene Vorschrift genügt

Im Reichstagsgebäude ist heute eine Konferenz eröffnet worden, die das Reichs⸗Versicherungsamt mit Ver⸗ tretern der Landes⸗Versicherungsämter und den Vor⸗

ständen der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ anstalten zur Berathung wichtiger, die weitere Durch⸗ führung des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes be⸗ treffenden Fragen abhält. Den Berathungen der Konferenz ist die nachfolgende Tagesordnung zu Grunde gelegt:

I. Berathung von Vorschlägen des Reichs⸗Versicherungsamts für die zur Durchführung des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ gesetzes erforderlichen statistischen und versicherungstechnischen Arbeiten.

II. Kann nach der Bestimmung im §. 101 Absatz 1 des In⸗ validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes eine Verpflichtung des Arbeitgebers angenommen werden, für den mit einer Quittungskarte nicht versehenen Versicherten eine solche zu beschaffen?

III. Anwendbarkeit des §. 142 des Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesetzes auf die gemäß §. 161 a. a. O. ausgestellten Be⸗ scheinigungen der Arbeitgeber (Antrag des Vorstandes der Ver⸗ sicherungsanstalt Westpreußen).

JV. Behandlung und Aufbewahrung der Quittungskarten (An⸗ trag der Vorstände der Versicherungsanstalten Ostpreußen, Hessen⸗ Nassau und Baden).

V. Aenderung des Formulars der Quittungskarte (Antrag der Vorstände der Versicherungsanstalt Oldenburg und der Hanseatischen Versicherungsanstalt).

VI. Wiedereinziehung der Quittungskarten verstorbener, selbst⸗ ständig gewordener, verheiratheter ꝛc. Versicherter (Antrag des Vor⸗ standes der Versicherungsanstalt Braunschweig).

VII. Erlaß einer Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Er⸗ weiterung der für die Wiederaufnahme des Verfahrens zugelassenen Gründe (§. 82 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes) (Antrag der Vorstände der Versicherungsanstalten Pommern, Schles⸗ wig⸗Holstein, Mecklenburg, Oldenburg und Baden).

VIII. Frage der Abänderung der Bestimmungen über die Ent⸗ werthung der Beitragsmarken (Antrag der Vorstände der Ver⸗ sicherungsanstalten Ostpreußen, Westpreußen, Oldenburg, Braun⸗ schweig, Baden, Hansestädte).

IX. Anwendung der Strafbefugniß Seitens des Anstaltsvorstandes (Antrag des Vorstandes der Versicherungsanstalt Oldenburg).

X. Versicherung bei ausländischen, auf deutschen Gewässern ver⸗ kehrenden Flußfahrzeugen, welche im Inlande einen Mittelpunkt des Betriebes nicht haben (Antrag des Vorstandes der Versicherungs⸗ anstalt Westpreußen).

XI. Behandlung der Anträge auf Invalidenrente, z. B. der Frrage, wer die Kosten des ersten ärztlichen Zeugnisses zu tragen hat 8 der Vorstände der Versicherungsanstalten Ostpreußen und

annover).

b XII. Aenderung des letzten Absatzes des §. 3 der Rechnungs⸗ vorschriften vom 30. Oktober 1890 dahin, daß die für vernichtete Marken erstatteten Beträge (§. 125 des Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesetzes) unter besonderem Kapitel in Ausgabe nach⸗ gewiesen werde.

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XIII. Die finanziellen Verhältnisse der Versicherungsanstalten (Antrag der Vorstände der Versicherungsanstalten Ostpreußen und Hannover).

XIV. Anfragen aus der Mitte der Versammlung.

Folgende Herren waren zu der Konferenz erschienen: Vertreter der Landes⸗Versicherungsämter: Bayern: Regierungs⸗Rath im Staats⸗Ministerium des Innern Rasp. Sachsen: Ober⸗Regierungs⸗Rath Lotichius Württemberg: Ober⸗Regierungs ⸗Rath von Schicker. Baden: Geheimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schenkel. Vertreter der Versicherungsanstalten: I. Ostpreußen: Landesrath Graeser, Bureau⸗Direktor Wermbter. II. Westpreußen: Landesrath Hinze, Landesrath Kruse, III Berlin: Stadtsyndikus Eberty, Magistrats⸗Assessor Mugdan, Magistrats⸗Assessor Dr. Freund. IV. Brandenburg: Landes Direktor von Levetzow, Landes⸗Syndikus Gerhardt, Landesrath Meyer, Landrath Freiherr von Manteuffel, Werkführer Gaudlitz. V. Pommern: Landes⸗ Direktor Dr. Freiherr von der Goltz, Landesrath Denhard. VI. Posen: Landeshauptmann Geheimer Regierungs⸗Rath Dr Graf von Posadowsky⸗Wehner, Gerichts⸗Assessor Knobloch. VII. Schle⸗ sien: Landesrath und Ober⸗Bergrath a. D. Kratz, Landesrath Mende, Mathematiker Dr. Wagner. VIII. Sachsen⸗Anhalt: Landes⸗Direktor Graf von Wintzingerode, Landesrath von Werder, Landesrath Körte. IX Schleswig⸗Holste in: Landesrath von Graba, Landesrath Hansen. X. Hannover: Landes⸗ rath Dr Liebrecht, Landesrath Schmalfuß. XI. Westfalen: Landes⸗ hauptmann, Geh. Ober⸗Regierungs Rath Overweg, Gerichts⸗Assessor XII. Hessen⸗Nassau: Landes⸗Direktor von Hundelshausen, andesrath Dr. Schroeder, Landesrath Glaß. XIII. Rhein⸗ provinz: Landes⸗Direktor Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Klein, Landesrath Klausener, XIV. Königreich Bayern: Regierungs⸗Rath Rasp. XV. Königreich Sachsen: Regierungs Rath Weger, Mathem. Hülfsarbeiter Dr. ph Besser. XVI. Württemberg: Regierungs⸗Direktor Bockshammer, Regierungs⸗Rath Huzel. XVII. Baden: Geheimer Regierungs⸗Rath Rasina. XVIII. Hessen: Vorsitzender des Vorstandes Dr. Dietz. XIX. Mecklenburg: Regierungs⸗Rath Cramer, Regierungs⸗ Rath Heuck XX Thüringen: Regierungs⸗Rath Elle, Rendant Sond⸗ heimer. XXI. Oldenburg: Regierungs⸗Rath Düttmann. XXII. Braunschweig: Regierungs⸗Assessor Hassel, Regierungs⸗ Assessor von Damm. XXIII. Hansestädte: Direktor Gebhard, Rath Dr. Dittmer, Sekretär Urbschat. XXIV. Elsaß⸗Lothringen: Geheimer Regierungs⸗Rath Spiecker. C. Vertreter des Reichs⸗Versicherungsamts: Präsident Dr. Bödiker. Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗ Rath Landmann, vom Bundesrath aus seiner Mitte gewähltes Mit⸗ glied. Großherzoglich sächsischer Wirklicher Geheimer Rath Dr. Heer⸗ wart, Mitglied des Bundesraths. Direktor Gaebel, und außerdem mehrere Referenten. 1 Ueber den Verlauf der Verhandlungen werden wir morgen

das Nähere bringen.

Die Gesammtzahl der während der Monate April bis September 1891 bei den 16 der preußischen Kontingents⸗ verwaltung angehörigen Armee⸗Corps von Hitzschlag be⸗ fallenen Mannschaften betrug 121.

Von den Erkrankten starben 6. Im vorigen Jahre betrug die Zahl der während des gleichen Zeitraums vorgekommenen Erkrankungen 82 mit 10 Todesfällen.

Auf die Zeit der Herbstübungen, die Monate August und September, entfielen in diesem Jahre 55 Erkrankungen mit 2 Todesfällen gegen 48 mit 4 Todesfällen im Vorjahre.

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Dem Landrath von Dömming zu Adenau, Regierungs⸗ bezirk Koblenz, ist die kommissarische Verwaltung des Land⸗ rathsamts im Kreise Fraustadt, Regierungsbezirk Posen, über⸗ tragen worden.

Der Regierungs⸗Assessor Freiherr von Blomberg zu Magdeburg ist der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. zur weiteren dienstlichen Verwendung üb wiesen worder

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Köln, 12. November. Zum Vertreter der Stadt Köln im Herrenhaus wählte der Stadtrath einstimmig den Ober⸗ Bürgermeister Becker. 8 Bayern. 3

München, 12. November. Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent erschien, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, heute Vormittag in der Wohnung seines gestern so plötzlich dahin⸗ geschiedenen General⸗Adjutanten Freiherrn von Freyschlag und legte eigenhändig einen großen, in Trauerflor gehüllten Lorbeerkranz mit reichgestickter, blauweißer Schleife an dem Sarge nieder. Auch sämmtliche Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen und des Herzoglichen Hauses, der König und die Königin von Neapel, das hier weilende an⸗ haltinische Erbprinzenpaar, sämmtliche Minister, Ober⸗Hof⸗ chargen und beim Königlichen Hof akkreditirten Gesandten, zahlreiche Mitglieder der hohen Aristokratie sandten kostbare Kränze, neben denen die einfachen Kranzspenden aus den Kreisen der Bürgerschaft und den unteren Beamtenkategorien nicht fehlten. Um 11 Uhr fand die feierliche Einsegnung der Leiche statt. Um 11 ½ Uhr wurde der Sarg geschlossen und sechs Unteroffiziere des Königlichen 1. Infanterie⸗Regiments trugen den Sarg zu dem mit sechs Pferden bespannten Militärleichen⸗ wagen, der in Begleitung der Pfarrgeistlichkeit die Leiche nach dem südlichen Friedhof brachte, wo die Aufbahrung erfolgte. Die Beerdigung findet morgen Nachmittag statt.

Der Präsident der Kammer der Reichsräthe Graf von Törring⸗Jettenbach ist laut Meldung des „W. T. B.“ heute Abend gestorben. b

Sachsen.

Dresden, 13. November. Der Landtag wurde heute Mittag durch Seine Majestät den König mit folgender Thronrede eröffnet:

Meine Herren Stände! Ich habe Sie zur Wiederaufnahme Ihrer verfassungsmäßigen Thätigkeit berufen und heiße Sie herzlich dahier willkommen. Der Zeitpunkt, in welchem Sie von Neuem in Ihre Thätigkeit eintreten, fällt zusammen mit einem für Mein Haus und für das Land höchst erfreulichen und Glück verheißenden Ereigniß, mit der in den nächsten Tagen bevorstehenden Vermählung des Prinzen Friedrich August, Meines Neffen. Ich zweifle nicht, daß Sie, Meine Herren Stände, mit dem ganzen Lande, hieran den

herzlichsten und aufrichtigsten Antheil nehmen. Wenn auch die gegen⸗ wärtige Lage des wirthschaftlichen Lebens keine besonders glänzenden Erscheinungen darbietet, so kann doch auch Gott Lob von einem wirthschaftlich ungünstigen Zustande des Landes im Allgemeinen nicht die Rede sein. Auch die erheblichen Beschädigungen, welche ein Theil des Landes zu Meiner großen Betrübniß im vergangenen Jahre durch Ueberschwemmung erlitten hat, haben zu Meiner lebhaften Befriedigung unter wirksamer Theilnahme opferbereiter Wohlthätigkeit im Wesentlichen ausgeglichen werden können. Das stetige Wachsthum der Industrie in den letzten zwei Jahrzehnten hat allerdings im laufenden Jahre einen Stillstand erfahren. Erfreulicher Weise haben sich aber die an diesen Geschäftsrückgang geknüpften Befürchtungen nicht erfüllt; in größerem Umfange baben ebenso⸗ wenig Ablohnungen als Verminderungen der Lohnsätze statt⸗ gefunden, wiewohl mannigfache Beschränkungen der Arbeitszeit so⸗ wohl die Lohnhöhe der Arbeitnehmer, als die Erträgnisse der Arbeit⸗ geber ungünstig beeinflußten. Der bevorstehende Abschluß einiger wichtiger Handelsverträge giebt der Hoffnung Raum, daß ein erweiterter Absatz neue Arbeitsgelegenheit schaffen und die längere Vertragsdauer dem Fabrikations⸗ und Handelsgeschäft eine größere Stetigkeit ver⸗ leihen werde. Auch wird durch das Vertrauen auf die Erhaltung des Friedens die Zuversicht in der Erwartung weiterer fruchtbarer Erfolge befestigt.

Es wird Ihnen einer bei dem letzten Landtage gegebenen An⸗ regung zufolge ein auf die Abänderung der Gesindeordnung bezüglicher Gesetzentwurf unterbreitet werden, in welchem neben einer durchgehenden redaktionellen Aenderung in der Hauptsache darau Bedacht genommen worden ist, die mit der neuen Gesetzgebung nicht allenthalben mehr in Einklang stehenden Bestimmungen entsprechend abzuändern. Weiter werden Ihnen mit Rücksicht auf die hervorgetretene Nothwendigkeit zur Aen⸗ derung des Vertretungsverhältnisses der Stadt Leipzig in der Zweiten Kammer der Ständeversammlung bezügliche Gesetzentwürfe zugehen. Hiernächst werden ein Gesetzentwurf, betreffend einige Abänderungen des Gesetzes über die Landes⸗Immobiliar⸗Brandversicherungsanstalt, und ein Gesetzentwurf über Regelung der Zusam mensetzung der Bergschiedsgerichte im Einklange mit dem Reichsgesetz, die Gewerbegerichte betreffend, zu Gegenständen Ihrer Berathungen gemacht werden. Die Finanz⸗ verhältnisse des Landes sind fortdauernd in günstiger Entwickelung begriffen und gestatten auch ferner die Verwendung reich⸗ licher Mittel zur Befriedigung vorhandener Bedürfnisse. Ohne Beschränkung der nothwendigen und nützlichen Aus⸗ gaben für die verschiedenen Gebiete der Staatsverwaltung sowie der Aufwendungen zur Förderung der Wohlfahrt und des Gedeihens des Landes ist die Mäglichkeit geboten, die in der laufenden Finanzperiode zum ersten Male den Schulgemein⸗ den gewährten Beihülfen zur Bestreitung der Lehrergehalte dauernd auf die Staatskasse zu übernehmen. Ein Gesetzentwurf hier⸗ über wird Ihnen durch Meine Regierung vorgelegt werden. Auch hat sich die Möglichkeit ergeben, nicht nur den Schulgemeinden wieder einen Theil der Einnahme der Grundsteuer zu überweisen, sondern auch die bereits vor zwei Jahren als nothwendig erkannte Aufbesserung der Beamtengehalte zur Ausführung zu bringen. Hat dabei das Be⸗ dürfniß einer durchgreifenden Aufbesserung sich allgemein fühlbar gemacht, so erfordert doch hinsichtlich des Maßes der Erböhung die Lage der niederen Beamten im Ganzen eine weitergehende Berücksichtigung als diejenige der höheren. Im Laufe der Jahre sind unter dem Zu⸗ sammenwirken verschiedener Umstände in den Besoldungsverhältnissen der Beamten monche Ungleichheiten entstanden. Zu deren Beseiti⸗ gung bietet die Erböhung der Gehalte zugleich erwünschte Gelezen⸗ heit. Meine Regierung hat daher die Besoldungsverhältnisse der Beamten einer neuen und umfassenden Regelung unterzogen und wird solche in dem Staatshaushalts⸗Etat Ihrer Beschlußfassung unter⸗ breiten. Bei dem hohen Interesse, welches sich für das gesammte Staatsleben an die unveränderte Erhaltung eines tüchtigen und berufs⸗ treuen Beamtenstands knüpft, darf Ich erwarten, daß Sie den Vor⸗ schlägen Meiner Regierung mit Wohlwollen entgegenkommen und Ihre Mitwirkung dazu nicht versagen werden, den Beamten eine auskömm⸗ liche Existenz zu verschaffen. In Uebereinstimmung mit den Gründen, welche zu einer allgemeinen Aufbesserung der Beamtengehalte führen, wird Ihnen auch ein Gesetzentwurf über eine Erhöhung der Minimal⸗ gehalte der Volksschullehrer vorgelegt werden. Die letzte Stände⸗ versammlung hat sich ferner für eine Regulirung der Pensionsverhält⸗ nisse der Geistlichen und Lehrer ausgesprochen. In diesem Sinne werden Ihnen einige Gesetze und mehrere Aenderungen der statutari⸗ schen Bestimmungen der Landes⸗Univerfität zu verfassungsmäßiger Beschließung zugehen.

Ungeachtet der hiernach eintretenden Anforderungen an die Staats⸗ kasse ist es möglich gewesen, auf einen Theil der Einnahmen aus der Schlachtsteuer zu verzichten und, einem auf dem letzten Landtage kund⸗ gegebenen Wunsche entsprechend, eine mäßige Herabsetzung der Schlacht⸗ steuer für Schweine in Aussicht zu nehmen, zu welchem Zwecke Ihnen ebenfalls ein Gesetzentwurf unterbreitet werden wird. Die bei der Verwaltung der Altersrentenbank im Laufe der Zeit gewonnenen Erfahrungen haben ergeben, daß die jetzt für die Altersrenten geltende Sterblichkeitstabelle nicht den thatsächlichen Verhältnissen entspricht. Es hat sich deshalb die Nothwendigkeit herausgestellt, dieselbe zu berichtigen, und es wird Ihnen ein hierauf bezüglicher Gesetzentwurf vorgelegt werden. Mit der seit dem vorigen Landtage erfreulicher Weise eingetretenen weiteren Steigerung des Verkehrs hat die von Meiner Regierung fort⸗ dauernd im Auge behaltene Vervollkommnung der bestehenden Eisenbahn⸗Anlagen und die Vermehrung der Betriebsmittel nicht gleichen Schritt zu halten vermocht. Wegen Befriedigung der in dieser Hinsicht entstandenen Bedürfnisse werden Ihnen die Vorschläge Meiner Regierung zugehen. Dieselben erstrecken sich zu⸗ gleich auf den Bau einiger Sekundär⸗Eisenbahnen sowie eines den Interessen der Elbschiffahrt wie der Eisenbahnen entsprechenden Ver⸗ kehrs⸗ und Winterhafens in Dresden und auf die Herstellung von Wohnungen für niedere Beamte und Arbeiter der Eisenbahnverwaltung. Wegen Bereitstellung der zur Ausführung erforderlichen Mittel werden Ihnen von Meiner Regierung geeignete Vorschläge eröffnet werden. Es wird Ihnen weiter der Entwurf einer Notariatsordnung und einer Kosten⸗ ordnung für Notare und eines Gesetzes über die Dienstverhältnisse und Kosten der Ortsgerichtspersonen zugehen.

So mögen denn auch die Verhandlungen dieses Landtages zum Heil und Segen des Landes gereichen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 12. November. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist, wie die „Weim. Ztg.“ meldet, gestern von Heinrichau hier wieder eingetroffen.

Schwarzburg⸗Rudolstadt.

Rudolstadt, 12. November. Nachdem Ihre König⸗ liche Hoheit die Großherzogin Marie von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin sowie Ihre Hoheit die Herzogin Elisa⸗ beth nebst Gesolge am 10. d. M. von Schwarzburg abgereist sind, ist der „Schwzb.⸗Rud. Lds.⸗Ztg.“ zufolge gestern das Fürstliche Hoflager von Schwarzburg hierher verlegt worden.

3 Oesterreich⸗Ungarn. 1 8

Wien, 12. November. Seine Majestät der Kaiser und König ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend nach Gödöllö zurückgekehrt.

Wie die „Politische Correspondenz“ berichtet, betonte der Kaiser bei dem gestrigen Cercle den ungarischen De⸗ legirten gegenüber wiederholt, daß viele nothwendige Aus⸗ gaben für das Heer nur kurze Zeit und nur mit der größten Schwierigkeit hinausgeschoben werden könnten. 8

Im Budgetausschuß theilte der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach mit, die gleichzeitige Vorlegung der gesammten Steuerreform könnte er nicht vor Februar oder März des nächsten Jahres in Aussicht stellen. Demgegenüber erklärten die Abgg. von Plener und Heilsberg im Namen der Linken, sie müßten sich vorbehalten, den Antrag Plener hin⸗ sichtlich der Steuererleichterung für Gewerbetreibende noch im Laufe der diesjährigen Session in irgend einer Form vor das Haus zu bringen. Der Vertreter der Regierung erklärte, gegen die Einfuhr von Saccharin sei bisher keine Vorkehrung getroffen, da die Einfuhr nur eine geringfügige sei. Im Noth⸗ falle würden jedoch entsprechende Vorkehrungen erfolgen.

Der Vollzugsausschuß der altczechischen Partei berichtete einem Telegramm der „Magd. Ztg.“ aus Prag zufolge über die geplante Mandatsniederlegung (siehe Nr. 258 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 2. d. M.), wobei Rieger mittheilte, vaß Graf Taaffe die innere czechische Amtssprache abermals rundweg verweigert habe. Trotzdem wurde die Nieder⸗ legung der Mandate bei der Abstimmung abgelehnt. Der Antrag auf Beibehaltung der Mandate wird einer Kon⸗ ferenz der altczechischen Landtagsabgeordneten demnächst vor⸗ gelegt werden.

Das „Armeeblatt“ schreibt:

„Galizien und die Bukowina sind bekanntlich schon seit Jabren für alle Gattungen russischer Späher Objekte wieder⸗ holter Auskundschaftungsversuche. Dieser Umstand hat die österreichische Regierung veranlaßt, entsprechende. Maßregeln Be⸗ hufs strengerer Grenzüberwachung zu treffen. Wie man uns berichtet, sollen die betreffenden Ministerien im gegen⸗ seitigen Einvernehmen den Beschluß gefaßt haben, durch Ver⸗ stärkung der Gendarmerie in den beiden erwähnten Ländern, sowie durch eine entsprechende Organisation der Finanzwache sowohl den Grenzverkehr gegen Rußland strenger als bisher zu überwachen, als auch im Innern der beiden Provinzen den Sicherheitsdienst mit besonderer Rigorosität zu handhaben Zu diesem Zwecke wird die Gendarmerie daselbst um 500 Fuß⸗ gendarmen und 150 berittene Gendarmen verstärkt und die Finanz⸗ wache durch Zuweisung einiger im Sicherheitsdienste bewanderter Organe entsprechend unterwiesen. Die Ueberschreitung der galizischen und bukowinischen Grenzen soll auf bestimmte Punkte beschränkt

verden; endlich wird auch die Zahl der Polizei⸗Kommissariate in den galizischen Städten vermehrt.“

Großbritannien und Irland.

Die Königin hat die Wittwe des verstorbenen Ersten Lords des Schatzamts W. H. Smith zur Viscounteß von Hambledon in der Grafschaft Buckingham erhoben und dem Baron von Reuter gestattet, den ihm vom Herzog von Sachsen⸗Coburg verliehenen Titel, der ihn selbst und seine Familie in den Adelsstand erhob, in England anzunehmen.

Am 10. d. fand im Auswärtigen Amt der erste Minister⸗ rath seit der Vertagung des Parlaments statt. Sämmtliche Mitglieder des Kabinets wohnten der Berathung bei, mit Ausnahme des Kolonial⸗Sekretärs Lord Knutsford, der bei der Königin weilt. Der neue Erste Lord des Schatzamts E“ wurde von seinen Kollegen aufs Herzlichste beglück⸗ wünscht.

Dem in Plymouth erscheinenden „Western Daily Mercury“ zufolge hat Lord Salisbury dem Admiralitätsrath in einem Memorandum empfohlen, Angesichts des bedauerns⸗ werthen Mißverständnisses, welchem die Landung bri⸗ tischer Matrosen in Mitylene (Sigri) ausgesetzt war, in Zukunft darauf zu halten, daß die Commandeure britischer Geschwader eine schriftliche Erlaubniß von den Vertretern der interessirten Mächte erhalten, ehe sie in den dortigen Gewäs⸗ sern Schießübungen oder Versuche mit Explosiven vor⸗ nehmen. Diese Instruktion sei indeß nicht allein für die Commandeure der im Auslande befindlichen britischen Flotten, sondern auch für die des Uebungs⸗ und Kanal⸗ geschwaders bestimmt. 1

Der neue Ober Sekretär von Irland Jackson hielt am Mittwoch in Leeds eine Ansprache an seine Wähler. Er erklärte dabei, wie der „Mgdb. Ztg.“ berichtet wird, er werde die Politik Balfour's fortsetzen, und bestätigte, Irland werde die Lokalverwaltung für seine ländlichen Kreise und freien Schulunterricht erlangen. Die Liberalen in Leeds haben be⸗ schlossen, die Wiederwahl Jackson's nicht zu beanstanden und erst bei den nächsten Neuwahlen einen Gegenbewerber auf⸗ zustellen.

Die nationale Liberal⸗Unionistische Association hielt am 10. November ihre Jahreskonferenz unter dem Vorsitz von Sir Henry James in Manchester ab. Aus allen Theilen des Vereinigten Königreichs hatten sich Delegirte ein⸗ gefunden. Auch der Herzog von Argyll wohnte dem Meeting bei. Der Vorsitzende Sir Henry James meinte in seiner Eröffnungsrede, die Schmähungen der Gegner bildeten den Maßstab der Stärke der Üiberal⸗ unionistischen Partei, welche zusehends immer mehr Anhänger gewinne. Die letzten zwölf Monate hätten bewiesen, daß die liberalen Unionisten Recht gehabt hätten, als sie vor fünf Jahren behaupteten, es gebe in Irland nur zwei Reservekräfte, die Fenier und die katholische Hierarchie. Wer wolle jetzt noch versuchen, eine Verfassung auf das bloße Wort der irischen Abgeordneten zu gründen? Wo sei die Einheit der irischen Nation, die einzige Grundlage nationalen Lebens? Die Liberalen würden niemals ein Home⸗Rule⸗Programm ausfindig nachen können, das Beide, Engländer und Iren, zufrieden⸗

a könne ja zur Noth eine Minorität einer

.Aber niemals würde eine Minorität, wie die

Protestanten Ulsters, sich der Herrschaft des katholischen Klerus fügen, gegen den sie Jahrhunderte lang angekämpft habe. Lord Hartington zog aus den irischen Ereignissen der letzten Zeit eine doppelte Moral. Die erste und augenscheinlichste sei die, daß die Lage in Irland, die Einigkeit der Parteien, nicht dazu angethan sei, die unbeschränkte Macht über die Legislatur und Exctkutive der Insel in die Hände des irischen Volkes zu egen; die zweite Lehre: daß es unklug sein würde, Irland von dem Druck der öffentlichen Meinung in England freizumachen, der nicht ohne heilsamen Einfluß auf den Streit der verschiedenen Parteien sei. Die Auflehnung gegen die Führerschaft Parnell's in Irland sei die Folge der gegen ihn in England begonnenen Agitation gewesen. Er sei wieder zum Leiter der Partei erwählt wor⸗ den, ohne daß die Priesterschaft zu ihm Stellung genommen hätte. Dann sei jedoch der Gladstone'sche Fehdebrief gekommen, und sofort seien Parnell's Anhänger in hellen Schaaren de⸗ ertirt. Glaubt Jemand, so fragte der liberal⸗ unionistische ührer, daß ein solches Resultat möglich gewesen wäre, wenn Irland sich in der Lage befunden hätte, sich wenig aus der öffentlichen Meinung Englands machen zu dürfen? Es sei eng⸗ lischer Druck, welcher Parnell's Stellung als Führer zu einer un⸗ altbaren gestaltet habe. Man gewähre Home⸗Rule und dieenglische

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Meinung werde ihren Einfluß verloren haben. Gladstone’'s Stellung charakterisirte Lord Hartington als die eines Partei⸗ führers nur in einer einzigen, der Home⸗Rule⸗Frage, und in dieser sei er nicht allein Führer, sondern Diltator. Was jedoch die anderen im Newcastler Programm sfizzirten Reformen anbetreffe, sei er nicht mehr und nicht minder als der gehorsame Diener der Liberalen. Der auf England bezügliche Theil des Newcastler Programms sei offenbar zum Prunk, jedoch nicht für die Praxis bestimmt und diene nur dem Zweck, Stimmen zu fangen, die dann später für ganz andere Ziele und Bestrebungen ausgenützt würden. Auf Antrag des Herzogs von Argyll nahm die Versammlung sodann eine Resolution an, welche den Erfolg der unionistischen Politik in Irland anerkannte und die Reichs⸗ politik der Regierung während der letzten fünf Jahre guthieß. Auf Antrag des Abg. Hobhouse beschloß die Versammlung schließlich, die vereinigte liberal⸗unionistische und konservative Partei aufzufordern, Irland eine den Verhältnissen des Landes entsprechende Lokalverwaltung zu geben und soziale Reformen in allen drei Königreichen einzuführen.

Die Stadt Cork hat nach dem hestigen Wahlkampf der letzten Woche ihr gewöhnliches Aussehen wieder angenommen. Die Erbitterung der Parnelliten und Anti⸗Parnelliten gegen einander ist aber, wie die „A. C.“ schreibt, eher im Wachsen begriffen. Mehrere von den sog. Kreuz⸗Mäßigkeits⸗ vereinen, welche von der katholischen Kirche organisirt worden sind, mußten aufgelöst werden. Auch manchen religiösen und Laien⸗Brüderschaften droht das gleiche Schicksal, da Parnelliten gerade ihre wichtigsten Mitglieder waren. Der Klerus bleibt unbeugsam. Er ist entschlossen, allen Parnelliten, welche sich um städtische und Grafschaftsämter bewerben wollen, eine Niederlage zu bereiten. Es heißt auch, daß alte Fenier, welche während der langen Dauer des Parnellis mus die Hände in den Schooß gelegt hatten, wieder am Werke seien, geheime Gesellschaften zu gründen.

Der frühere Regent von Manipur, sein Bruder Angaosena und weitere dreißig Staatsgefangene von Ma⸗ nipur sind am Montag in Kalkutta eingetroffen. Sie befinden sich dort gegenwärtig im Alipurgefängniß, sollen aber demnächst nach den Andaman⸗In seln, ihrem Ver⸗ bannungsort, geschickt werden.

Wie dem „R. B.“ aus Bombay vom 12. d. ge⸗ meldet wird, hat der englische Forschungsreisende Haupt⸗ mann YNounghusband über die russische Expedition nunmehr folgenden Bericht erstattet: Die russische Expedition unter Führung des Kapitäns Nanoff, welche ihm und Lieutenant Davison den Eintritt in Pamir verwehrte, habe aus fünfzig Kosaken und fünfzig Fußsoldaten bestanden. Die Russen hätten chinesisches, afghanisches und das Tschitral⸗Gebiet durchzogen, wovon das letztere unter britischem Protektorat stehe. Während Lieutenant Davison sich in Alitschur⸗Pamir befunden habe, sei Nanoff dort eingetroffen und habe die Chinesen unter General Tschang gezwungen, Alitschur zu räumen. Tschang habe er⸗ klärt, China werde im Frühling ein großes Heer nach Alitschur senden, um dieses Gebiet wieder zu besetzen.

Frankreich.

Paris, 13. November. Die Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, ein Dekret erlassen, durch das die bisherige Organisation und Ergänzung des Kon⸗ sular⸗Corps abgeändert wird. Durch die Neuordnung soll eine größere Einheitlichkeit erzielt und die Fachkenntniß der Konsular⸗Agenten erhöht werden. Alle Agenten werden hinfort je nach ihrer Rangstufe ein festes Gehalt und ent⸗ sprechende Repräsentationsgelder beziehen, wodurch ermöglicht wird, sie auf ihren Stationsorten avanciren zu lassen.

In der Deputirtenkammer interpellirte gestern der Delegirte Laur über die finanzielle Krisis und klagte den Finanz⸗Minister Rouvier an, er liefere die Finanzen Frankreichs den Juden und den fremden Anleihen aus. Laur verlangte die Ausweisung der jüdischen Banquiers. Der Finanz⸗Minister Rouvier erwiderte, er werde auf einen derartigen Vorschlag nicht antworten. Eine Goldentziehung sei in Frankreich nicht vorhanden; der Goldbestand der Bank von Frankreich sei vollständig normal, die Finanzen Frank⸗ reichs würden mit Klugheit und Anstand geleitet. Er werde sich nicht so weit erniedrigen, mit Laur darüber zu diskutiren. Was das Haus Rothschild angehe, das Laur beschuldige, auf eine günstige Gelegenheit zu warten, um seinen Sitz außerhalb Frankreichs zu verlegen, so dürfte es doch nicht im Interesse Frankreichs liegen, den Pariser Markt eines so mächtigen Faktors zu berauben. Die Kammer nahm hierauf mit 431 gegen 32 Stimmen die einfache Tagesordnung an. Sodann wurde die Berathung des Budgets wieder auf⸗ genommen.

Etwa 40 Deputirte der Rechten tauschten heute in den Wandelgängen der Kammer ihre Meinungen über die polititische Lage aus und waren einstimmig der Meinung, daß gegenwärtig eine Ministerkrisis die Interessen ihrer Wähler durch Verzögerung der Abstimmung über den Zoll⸗ tarif schädigen würde; sie erachteten es demnach für ihre Pflicht, sich nicht mit den Radikalen, die eine Krisis hervorrufen wollten, zu verbünden.

Die Kommission für das Heerwesen wird sich der „Fr. C.“ zufolge nächstens mit dem ihr von dem Kriegs⸗ Minister und dem Justiz⸗Minister übermittelten Spionage⸗ 86- etz zu beschäftigen haben. Die Regierung und die Kom⸗ mission stimmen in den Hauptpunkten überein und verhängen, je nach dem Ernste des Falles, die Todesstrafe, Zwangsarbeit, Zuchthaus und Gefängniß, auch blos eine Geldbuße über die Schuldigen. Nur in dem einen Punkte gehen sie noch aus⸗ einander: der Ausschuß hatte die Straflosigkeit der mitschul⸗ digen Denunzianten aufgehoben, die Regierung sie aber wieder in den Entwurf eingestellt.

Der Arbeiterdeputirte Basly stellte vorgestern dem Minister des Innern eine Abordnung des Syndikats der Grubenleute vor, die nach dem Ausspruche von Francis Laur „La mine aux mineurs“ sich um die Kon⸗ S üüseh. der Kohlengruben von Monthieu (Loire) bewerben. Da das Syndikat aber kein Geld hat, so sucht es dies bei freundlich gesinnten Gemeinderäthen aufzutreiben, und es galt nun, von Herrn Constans das Versprechen zu erlangen, daß er sich den Beschlüssen der Gemeinde⸗ räthe nicht widersetzen würde. Der Minister ertheilte diese Zusage, worauf der Deputirte Basly die Abordnung zu dem Fesagte nen des Budgetausschusses Casimir Perier geleitete, um ihn zu bitten, daß er den Antrag unterstütze, der von der Kammer einen Beitrag von 50 000 Fr. für den Ankauf der Gruben von Monthieu verlangt. Im Laufe des

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begeben.

Der Kaiser von Rußland hat auf ein Glückwunsch⸗ Telegramm des Bürgermeisters von Cherbourg telegraphisch geantwortet:

Livadia, 11. November Die Kaiserin und ich danken Ihnen und allen Stadträthen Cherbourgs berzlich für die warmen Glückwünsche. Ich bin immer sehr gerührt gewesen über den freundschaftlichen Empfang, welchen die Stadt jedem russischen Kriegsschiff zu bereiten pflegt, das seinen Hafen passirt.

Italien.

In der gestrigen Sitzung des „internationalen Friedenskongresses“ in Rom theilte, dem Bericht des „W. T. B.“ zufolge, der Vorsitzende Bonghi mit, daß das Prä sidium außer dem Vorsitzenden aus 12 Vize⸗Präsidenten und 12 Schriftführern zusammengesetzt sei. Der Kongreß nahm sodann eine dem König, der Königin und dem Kronprinzen huldigende Motion an. Bei der Verhandlung über die Friedens⸗ und Abrüstungsfrage im Zusammenhang mit wirthschaftlicen und sozialen Fragen nahmen 19 Redner das Wort. Brochowski verlangte, man solle Ruß⸗ land zur Gewährung einer Verfassung veranlassen. Hierauf wurden pädagogische Reformen berathen, welche die Verbrei⸗ tung des Friedensprinzips in den Schulen bezwecken. Ein Beschluß wurde nicht gefaßt und die Fortsetzung der Debatte auf heute vertagt.

Spanien.

Die Herzogin von Montpensier ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid bedenklich erkrankt. Der Graf von Paris ist telegraphisch von dem Zustande der Herzogin in Kenntniß gesetzt worden.

Die „Epoca“ brachte kürzlich folgende Nachricht: „Von der Regierung der Vereinigten Staaten ist zum Konsul auf den Carolinen⸗Inseln Mr. Rank ernannt worden, ein Bruder des Methodistenführers, dessen Einfluß auf die Eingeborenen die feindseligen Kundgebungen zugeschrieben wurden, die in dem Inselreich, wie man sich erinnern wird, gegen Spanien stattfanden. Wenn bei dieser Nachricht, so wie sie zu uns dringt, kein Irrthum untergelaufen sein sollte, so glauben wir, daß es wohl der Mühe verlohnen würde, der Regierung der Vereinigten Staaten amtlich kundzuthun, wie zweckmäßig es wäre, diese Ernennung, welche natürlicher⸗ weise Seitens Spaniens nicht gut aufgenommen werden kann, rückgängig zu machen.“ Der „Imparcial“ fügte dem hinzu: In der That sei die Ernennung des Herrn Rank eine Gefahr für jene Inseln. „Wir sind der Ansicht, schrieb das ge⸗ nannte Blatt, daß die spanische Regierung, indem sie von den Grundbestimmungen des Völkerrechts Gebrauch macht, den Vereinigten Staaten anzeigen wird, daß Mr. Rank Spanien nicht genehm ist, und die Regierung von Washington wird sich sicherlich den gerechten Ansprüchen Spaniens fügen. Es ist dies eine Frage, wobei Herr Canovas oder wer immer an der Spitze der Regierung steht bedingungslose Unterstützung bei der öffentlichen Meinung und Seitens der ganzen Volkskraft finden wird.“ Die spanische Regierung hat denn auch, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, den Vereinigten Staaten mittheilen lassen, daß sie eine konsu⸗ larische Vertretung des Auslandes auf den Carolinen⸗Inseln nicht für nöthig erachte. Dadurch wird also die Frage der Exequatur⸗Ertheilung an Mr. Rank hinfällig. 28

Schweiz.

Die Zeitungsmeldungen über die Handelsvertrags⸗ Unterhandlungen bezeichnet der Berner „Bund“ als un⸗ genau. Er schreirt: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Unterhandlungen der Schweiz mit Deutschland und Oesterreich⸗ Ungarn nächstens wieder aufgenommen werden. Die Herren Hammer und Cramer⸗Frey werden als Unterhändler mit⸗ wirken, und es besteht alle Aussicht, daß, nachdem ein schrift⸗ licher Meinungsaustausch erfolgt ist, ein baldiger Abschluß erzielt werde. Der Ort für die letzte Phase dieser Unter⸗ handlungen ist noch nicht bestimmt. Das Gleiche gilt für die Unterhandlungen mit Italien, die vorbereitet werden.“

Luxemburg.

Luxemburg, 12. November. Der Großherzog traf heute gegen Mittag von Hohenburg hier ein und wird der „K. Z.“ zufolge einen zehntägigen Aufenthalt auf Schloß Walferdingen nehmen.

Rumänien.

Bukarest, 12. November. Der König und der Thron⸗ folger sind laut Meldung des „W. T. B.“ heute hier wieder eingetroffen und von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt worden.

STerbien.

Belgrad, 12. November. Die Gerüchte, daß der Um⸗ bildungsprozeß des Kabinets Pasic noch nicht abgeschlossen sei, sowie daß jedenfalls vor dem Zusammentritt der Skupschtina, vielleicht aber schon in früherer Zeit, eine Neubildung des Kabinets bevorstehe, dauern nach einem Telegramm des „W. K. B. foft

Der Kriegs⸗Minister hat den Offizieren derjenigen Garnisonsorte, an denen sich Privatvereine zur Erlernung der russischen Sprache gebildet haben, gestattet, diesen Vereinen beizutreten. 8

Vereinigte Staaten. Aus Chicago vom 12. No⸗ vember meldet „W. T. B.“:

Anläßlich des Jahrestages der Hinrichtung der Anarchisten im Jahre 1887 fand gestern eine anarchistische Versammlung statt, in welcher die Erregung in Folge einer aufreizenden Ansprache eines Redners einen so hohen Grad erreichte, daß der an⸗ wesende Polizei⸗Inspektor sich zum Einschreiten veranlaßt sah. Als derselbe sich der Rednerbühne näherte und forderte, daß das amerikanische Banner neben der rothen Fahne gehißt werde, entstand ein lebhafter Tumult und mehrere hundert Personen schickten sich an, gegen die Polizei thätlich vorzugehen. Der

Polizei⸗Inspektor beharrte jedoch auf seiner Forderung Die Ver⸗ schließlich lufgeboben; die Menge zerstreute sich, und die Ordnung wurde wieder hergestellt.

Brasilien. Nach einer Depesche des „R. B.“ aus Buenos Aires nahm der Aufstand in Brasilien seinen Anfang in der Nacht des 9. November und zwar in der Provinz Rio Grande do Sul. Der Aufstand griff so rasch um sich, daß zur Zeit der größte Theil der Provinz von den Aufständischen besetzt ist. Der Diktator da Fonseca hat auf Ersuchen des Gouverneurs von Rio Grande um Verstärkung Kanonenboote und Schiffe mit

Truppen abgesandt, velche letzteren nach Pelotas

Nachmittags sollte die Abordnung sich nach dem Stadthause 8