würden und nur die Zeusnisse auszustellen und die offiziellen Unter⸗ 1 suchungen vorzunehmen haben würden. Dem müsse ein Riegel vor⸗ geschoben werden. Andererseits kämen thatsächlich Fälle vor, in denen es rein unmöglich sei, einen approbirten Arzt zuzuziehen, und ein nicht approbirter Arzt sei immer noch besser als gar keiner. Jeden⸗ falls aber müßten in den einzelnen Bezirken die höheren Verwal⸗ tungsbehörden bestimmen, ob auch thatsächlich die Voraussetzungen eines solchen Falles gegeben seien.
Abg. Wisser: Auf dem platten Lande seien die Verhältnisse für die Kranken durch die Zwangsversicherung verschlechtert. Früher hätten die Leute zu einem ordentlichen Arzt gehen können, die Mittel der Krankenkassen reichten aber nicht aus, um überall ordent⸗ liche Aerzte ordentlich zu bezahlen. Man habe daher junge Mediziner oder Nichtärzte herangezogen, und das spreche gegen die Zwangs⸗ kassen überhaupt. Es würde daher viel besser sein, wenn die nöthise ärztliche Pflege nicht durchzuführen sei, die Menschen überhaupt vom Kassenzwange zu befreien. Der Antrag Giese sei noch der beste, nur sollten die Verwaltungsbehörden erst „im Beschwerdefall“ entscheiden, sobald der Kranke unzufrieden sei. Er bitte also, den Antrag Giese mit dieser Einschiebung anzunehmen.
Abg. Spahn: Alle gestellten Anträge seien noch nicht zur An⸗ nahme reif. Man möge daher jetzt die Kommissionsfassung an⸗ nehmen; bis zur dritten Lesung lasse sich die Sache nochmals er⸗ wägen. Ein Bedürfniß zur Entscheidung der Frage liege eigentlich nicht vor, denn nur der einzelne Fall in Sachsen habe den Streit an⸗ geregt. Unter ärztlicher Behandlung sei zweifellos die Behandlung durch einen approbirten Arzt zu verstehen, und da die Kom⸗ mission darüber einig gewesen sei, habe sie nichts ändern wollen. Von einer Beschützung des Naturarztes über⸗ haupt könne nicht die Rede sein, wenn in einzelnen Fällen solche mit Zustimmung der Kranken herangezogen würden. Der Antrag Holstein scheine die meisten Sympathieen zu haben, sei aber durch und durch kasuistisch. Das Amendement Wisser ver⸗ stehe er (Redner) gar nicht, denn es bedeute nichts Anderes, als was der Abg. Bebel wolle. Wenn die Seelenärzte vom Staate unter⸗ stützt würden, so sei das einfach eine Pflicht des Staates. Die Karenzzeit von drei Tagen bis zur Unterstützung habe man in der Kommission steben lassen, weil man die finanzielle Tragweite ihrer Beseitigung nicht habe übersehen können.
Abg. Schmidt⸗Sachsen: Der Antrag Holstein würde dem §. 29 der Gewerbeordnung eine ganz andere Auslegung geben. Er (Redner) müsse in diesem Falle einmal der Entscheidung des sächsischen Mi⸗ nisteriums zustimmen. In der Naturheilanstalt zu Chemnitz würden die Personen geprüft, die sich der Heilkunde hingeben wollten. Wenn dies Institut auch nicht staatlich sei, so stehe es doch unter städtischer Kontrole, und das sächsische Ministerium habe dessen Satzungen ge⸗ nehmigt. Diesem Institut könne man das Vertrauen schenken, daß es nicht Kurpfuscher in die Welt setze. Der Leiter der Anstalt sei sogar durch Kahinetsordre zum Königlichen Stabsarzt ernannt worden. Ueber den Stand der Kurpfuscher habe man eben eine ganz falsche Meinung. Die Herren hielten Alle, die kein Staatseramen gemacht hätten, für Kurpfuscher. Wenn man aber das Alles in einen Topf werfe, so wolle er Aussprüche staatlich approbirter Aerzte gegen den Werih ihrer eigenen Wissenschaft an⸗ führen. Ein solcher schreibe: Man muß selbst Arzt sein, um die Gefährlichkeit der allopathischen Heilmethode in ihrem ganzen Um⸗ fange zu begreifen. Der Herausgeber eines medizinischen Journals Dr. Johnson erkläre: „Ich erkläre nach meiner gewissenhaften Ueberzeugung, daß weniger Krankheiten und weniger Sterblichkeit auf Erden herrschen würden, wenn es nicht einen Arzt und einen Apotheker gäbe. (Heiterkeit.) Der Werth der Arzneimittel, für welche jäbrlich Millionen bezahlt werden, liegt in ihrem geheimnißvollen Charakter. Wäre ihre Zusammensetzung bekannt, so würde der ganze Handel mit einem Mal aus sein und das Vertrauen zu demselben sofort verschwinden.“
Und der Regiments⸗Arzt Dr. Richter sage: „Keine Wissenschaft ist so voller Irrthümer und Lügen wie gerade die medizinische.“ Bei solchen Zeugnissen könne man wohl streiten über den Begriff des Kurpfuschers. Man meine, bei Annahme der Kommissionsfassung würden die Aerzte unzufrieden werden. Damit könnte er (Redner) einverstanden sein, denn Unzufriedene würden in der Regel bald Sozialdemokraten. Aber die Unzufriedenheit im Volke sei mehr zu beachten, als die der Aerzte. Der Bund der Naturheilvereine umfasse 30 000 Mitglieder, die nicht wünschten, daß nur approbirte Aerzte zu⸗ gelassen würden. Unter diesen 30 000 Mitgliedern gehörten § Kranken⸗ kassen an. Unter den Naturheilkundigen, den sogenannten Kur⸗ pfuschern, gebe es eine ganze Anzahl von approbirten Aerzten, und siebzig Krankenkassen im Reiche hätten Naturärzte angenommen. Redner führt eine ganze Anzahl von approbirten Aerzten an, die zur Naturhbeilkunde übergegangen sind, jedenfalls doch, weil sie von der Richtigkeit dieser Methode überzeugt seien, und schildert sodann ausführlich den Streit, den die approbirten Aerzte in Leipzig gegen die dortigen Ortskrankenkassen geführt hätten, weil diese nichtapprobirte Aerzte zugelassen haben. Der Führer der Aerzte habe sich in diesem Streit dahin ausgesprochen, daß in Folge des Vorgehens der Kranken⸗ kassen die 140 Kassenärzte Leipzigs zu Kostgängern der Sozialdemo⸗ kraten würden. Was habe die Sozialdemokratie mit der Naturheilkunde zu thun? Den Vorwurf, daß die Naturheilkundigen nur aus pe⸗ kuniären Interessen handelten, könne man auch anderen Personen machen. Man müsse also bei dem Begriff des Kurpfuschers eine Gliederung vornehmen. Eine Petition habe zur Beseitigung der Kurpfuscherei die Einrichtung eines Lehrstuhls an den Universitäten für die Naturheilkunde gewünscht. Der Abg. Dr. Virchow habe selbst einmal zugegeben, daß an den Universitäten heute eine rationelle Heilmethode nicht gelehrt werde. Durch Einrichtung eines solchen Lehrstuhls würde endlich einmal der jahrelange Kampf beseitigt werden. Er bitte also, die Anträge Virchow und Holstein abzulehnen und den Mitgliedern der Krankenkassen zu überlassen, welchen Arzt sie nehmen wollen.
Abg. Eberty: Aus praktischen Gründen sei er mit seinen Freunden gegen die Abschaffung der Karenzzeit, denn ohne Karenz würden die Krankenkassen bald ihre Lebensfähigkeit einbüßen. Im Jahre 1883 habe Niemand gedacht, daß unter ärztlicher Fürsorge etwas Anderes als die eines approbirten Arztes zu verstehen sei; nach⸗ dem aber das sächsische Ministerium eine andere Auslegung zugelassen
habe, müsse man das bisher als selbstverständlich Angesehene ausdrück⸗ lich in das Gesetz schreiben. Die Kasserärzte stellten Zeugnisse, also öffentlich⸗rechtliche Urkunden aus, und dazu sei nur ein staatlich approbirter Arzt geeignet. Verstaatlichen wolle er darum die Aerzte keineswegs. Für alle Spezialfälle, aus denen die Gegner des An⸗ trages seiner Partei ihr Material schöpften, könne eine Gesetzgebung niemals Abhülfe schaffen. Die Frage, welche Aerzte zuzulassen seien, müsse gerade bei dem Krankenkassengesetze entschieden werden. Sollte der Antrag seiner Partei nicht angenommen werden, so werde sie für den Antrag Holstein, als den dem ihren nächststehenden, stimmen.
Abg Dr. Virchow: Wenn einzelne Personen, nachdem sie ratio⸗ nell Medizin studirt hätten, zur Homöopathie oder Naturheilkunde über⸗ gegangen seien, so spreche das durchaus nicht gegen die Wissenschaftlich⸗ keit der Medizin; soweit seine Erfahrungen gingen, seien solche Ueber⸗ gänge zu allermeist nicht aus wissenschaftlichen, sondern aus praktischen Gründen vorgenommen worden. Die Anhänger der Naturheilmethode wünschten Lehrstühle an den Universitäten dafür; vorläufig habe man aber überhaupt keine Lehrstühle für bestimmte ärztliche Methoden, sondern es herrsche die akademische Lehrfreiheit und man habe nur all⸗ gemeinwissenschaftliche Lehrstühle. Der sächsische Bundesratbsbevoll⸗ mächtigte habe in der Kommission gemeint, wenn man bei Kranken⸗ kassen nur axprobirte Aerzte wirken lassen wolle, so müßten diese auch verpflichtet werden, jedem Ruf zu folgen — das sei doch selbst⸗ verständlich, das geschehe schon jetzt. Dann habe der sächsische Bundes⸗ rathsbevollmächtigte gemeint, für Fälle, in denen ein approbirter Arzt nicht zu beschaffen wäre, müsse man Ersatz schaffen; dies gebe er (Redner) zu; in solchen Fällen wolle seine Partei die an Erfahrung dem Arzt Nächststehenden zulassen, während der Antrag Holstein die Frage ganz offen lasse, wer in solchen Fällen die ärztliche Hülfe
Staatssekretär Dr. von Boetticher:
Ich möchte mir erlauben, mit Rücksicht auf die Ausführungen der verschiedenen Redner, auch meinerseits ein paar Worte hinzuzufügen zu dem was ich gestern in später Stunde nur in aller Kürze habe ausführen können. Meine Herren, ich bin der Meinung, daß, wenn wir an eine Korrektur des Krankenversicherungsgesetzes gehen, wir doch niemals vergessen dürfen, daß es vorwiegend das Interesse und die Fürsorge für unsere arbeitenden Klassen gewesen ist, welche uns zum Erlaß des Krankenversicherungsgesetzes überhaupt bestimmt haben. Wenn der Herr Abg. Wisser heute gemeint hat, daß die Ausdehnung der Krankenversicherung und die Durchführung der Vor⸗ schläge, welche in der Novelle enthalten sind, die Unzufriedenheit im Lande befördern und nähren wird, so bin ich wirklich nicht darüber im Zweifel, daß, wenn er richtig die Stimmung seines Bezirks wieder⸗ gegeben hat, diese Stimmung eine ganz isolirte ist. (Bravo!) Denn unter unseren sozialpolitischen Gesetzen ist keines, was so die all⸗ gemeine Anerkennung gefunden hat und was so warm in seinen Vor⸗ theilen, die es für die arbeitende Bevölkerung geschaffen hat, an⸗ erkannt wird, als gerade das Krankenversicherungsgtsetz. Sehr richtig! rechts Nun, meine Herren, bei allem Interesse für Hebung der Stellung unseres ärztlichen Standes — und ich lasse mich in diesem Interesse von Niemandem übertreffen und werde bereit sein, jede Gelegenbeit zu ergreifen, welche sich darbietet, um den Interessen des ärztlichen Standes förderlich zu sein — kann ich es doch nicht für zulässig halten, daß man hier bei dieser Frage die Interessen des ärztlichen Standes in den Vordergrund stellt. (Sehr richtig! rechts.);
Meine Herren, wir würden Unrecht thun, wenn wir unsere Gesetzgebung so einrichteten, daß gegenüber den Wohlthaten, die wir den zunächst von diesem Gesetz betroffenen Kreisen erweisen wollen, Nachtheile für irgend einen anderen Stand geschaffen werden. Ich würde also bereit sein, nach Kräften dazu mitzuwirken, daß Nachtheile, die durch dieses Gesetz für den ärztlichen Stand etwa hervorgerufen werden, sofort und energisch beseitigt werden. Aber ich kann nicht anerkennen, daß dies Gesetz, wie es geartet ist, und der §. 6, wie er uns hier vorliegt, dazu geeignet wäre, Nachtheile für den ärztlichen Beruf mit sich zu führen.
Meine Herren, der Gedanke, welcher dem §. 6 zu Grunde liegt, ist ja der, daß für den erkrankten Arbeiter ärztliche Fürsorge geschaffen verden soll und daß diese Fürsorge geleistet werden soll von der Krankenkasse. Nun entsteht die Frage: was ist unter ärztlicher Fürsorge zu verstehen? Die ärztliche Fürsorge wird sich naturgemäß nach Verschiedenheit des Falles, nach Verschiedenheit der Krankheit, nach Verschiedenheit der Heilmittel, welche anzuwenden sind, auch in verschiedener Weise leisten lassen, und dem Antrage des Herrn Abg. Giese, um das hier gleich einzuschalten, mache ich den Vorwurf, daß er, wenn er ausspricht, es solle die ärztliche Behandlung lediglich von Seiten eines approbirten Arztes geleistet werden — nicht daran gedacht hat, daß es eine ganze Reihe von Heiloperationen giebt, in denen es der Mitwirkung eines Arztes gar nicht bedarf. (Sehr richtig!)
Wenn man z. B. das Bedürfniß fühlt, sich einen kopf setzen zu lassen gegen irgend einen rheumatischen oder wenn man einen Blutegel anlegen will, um ein Zahn⸗ geschwür zu beseitigen, so wird dies unzweifelhaft eine Heiloperation sein, man wird aber nicht nöthig haben, einen Arzt hinzuzuziehen.
Also, meine Herren, in dieser Beziehung würde der Antrag Giese noch einer Korrektur bedürfen, wenn man nicht einen Zustand herbei⸗ führen will — und den können Sie weder im Interesse der Kasse, noch im Interesse der Patienten, noch im Interesse der Aerzt wünschen — wonach alles menschliche körperliche Leiden durch die Mithülfe eines Arztes gehoben werden muß.
Nun, meine Herren, behaupte ich aber, daß alles das, was Sie hier hineinkorrigiren wollen, dazu führt, daß es in einem Theile des Reichs undurchführbar ist. Ich habe gestern an die Halligen er⸗ dafür heute von dem Herrn Abg.
innert und habe mir 1 Dr. Buhl die Bemerkung zugezogen daß auf den Halligen welche einer Kranken⸗
. voraussichtlich gar keine Leute existirten, kasse angehörten. Darauf habe ich erstens zu erwidern, daß, wenn auch augenblicklich keine existiren sollten — was ich nicht weiß — (Heiterkeit) doch tagtäglich sich die Gelegenheit zur Errichtung einer Krankenkasse bieten kann. Ich erinnere nur an die gar nicht fern⸗ liegende Möglichkeit, daß der Kreis Tondern oder der Kreis Husum die Ausdehnung der Krankenversicherung auch auf die landwirtbschaft⸗ liche Berölkerung beschließt, oder daß wir die Ausdehnung auf die Schiffahrt treibende Bevölkerung vornehmen, so ist die Kranken⸗ versicherung auch auf den Halligen ins Leben getreten. Wir müssen also bei der Frage, die uns hier beschäftigt, auch hierauf Rücksicht nehmen. Nun sind mir aber die Verhältnisse dort sehr genau be⸗ annt. Ich denke namentlich an eine kleine Insel, wo der Geistliche Schulmeister und ehrsamer Küster war und daneben auch alle mensch⸗ lichen Leiden, die auf der Hallige vorkamen, zu heilen sich bestrebte. Ja, meine Herren, soll dieser Mann, der nun das Vertrauen seiner Ge⸗ meinde besitzt auch in Bezug auf die körperliche Fürsorge, der unschwer zu haben ist, der unter Umständen überhaupt der einzige Mann ist, der zu haben ist, wenn das Wattenmeer mit Eis bedeckt, was weder hält noch bricht, sodaß also ein Zustand vorliegt, bei dem man gar keinen Arzt holen kann, soll dieser Mann nun gehindert sein, eine Fürsorge zu übernehmen, die er unschädlich und zu Nutz und Frommen der Patienten leisten kann? Wohin kämen wir dann mit unserer — ich will nicht sagen Prinzipienreiterei — aber mit unseren schönen Theorien, die sehr viel Richtiges haben, wenn sie sich so an der harten Lage der Dinge in der Praxis stoßen! Nun aber haben diese Vorschläge, wie Sie sie hier formirt haben, nicht bloß dort in jener Gegend Bederken gegen sich, sondern auch in anderen Theilen des Reichs ist es absolut unmöglich, den Arzt, den Sie unter allen Umständen mit der Pflege des Kranken⸗ kassenmitgliedes betrauen wollen, auch wirklich zu bekommen. Ich habe hier ein sehr nützliches Buch vor mir, welches heißt: „die Verbreitung des Heilpersonals, der pharmazeutischen An⸗ stalten und des pharmazeutischen Personals im Deutschen Reich“. Es ist das eine amtliche Veröffentlichung, die das Gesundheitsamt vorgenommen hat. In. diesem Buch findet sich eine Karte. Aus dieser Karte können Sie ersehen, wie verschiedenartig das Heilpersonal
Schröpf⸗ Schmerz,
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noch durchaus an einem genügenden Heilpersonal fehlt. Es ist richtig, was heute im Laufe der Diskussion bemerkt wurde, daß wir Distrikte haben, in denen auf 15 000 Menschen nur ein Arzt kommt. Wie wollen Sie also in einem solchen Distrikt obligatorisch die Mitwirkung dieses Arztes bei allen Krankheits⸗ fällen vorschreiben? Das ist Etwas, was absolut unmöglich ist. Weiter aber kommt hinzu: es ist eine auch aus dieser Statistik sich ergebende sehr bemerkbare Thatsache, daß der Zuzug der Aerze nach den großen Städten zunimmt, dagegen die Zahl der Aerzte auf dem platten Lande sich vermindert. Der Uebel⸗ stand also, der jetzt schon vorliegt, daß Sie für die Behandlung der Patienten auf dem platten Lande durch einen approbirten Arzt gar nicht in ausreichendem Maße sorgen können, der wird sich im Laufe der Zeit immer noch steigern. Ich glaube, meine Herren, ich kann mich auf diese Bemerkungen beschräuken, um Ihnen das heute wieder zu empfehlen, was ich Ihnen schon gestern empfohlen habe: Lassen Sie es bei der bestehenden Gesetzgebung! Dem Wunsch aber gebe ich in Gemeinschaft mit Ihnen Ausdruck, daß in der Praxis der Krankenkassen und in der Verwaltung immer mehr das Texrrain für die erweiterte Thätigkeit des ärztlichen Standes geebnet werden möge. Darin bin ich ganz mit Ihnen ein⸗ verstanden, daß prinzipaliter und prinzipiell die Behandlung, wie sie der §. 6 des Krankenversicherungsgesetzes vorschreibt, eine Behandlung durch einen approbirten Arzt sein soll. Nehmen Sie aber eine diesem Prinzip entsprechende Vorschrift in das Gesetz auf, so bewirken Sie, daß Sie in einem Theile des Reichs der Unmöglichkeit gegenüber⸗ stehen, dieses Prinzip zur Durchführung zu bringen, und daß Sie damit lediglich die Krankenkassenmitglieder, also die Patienten, schä⸗ digen, in deren Interesse die Vorschrift des §. 6 erlassen ist. Abg. Dr. Endemann: Der Arzt sei bei inneren Krankheiten unentbehrlich, was solle da der kluge Mann oder die kluge Frau? Sie würden mehr schaden als nützen. Gegen die Zulassung der Aerztinnen werde kein Arzt etwas einwenden, vorausgesetzt, daß sie den Vorbedingungen der Axpprobation genügten. Ob sich ein Kranker dem approbirten Arzt oder einem Naturheilkundigen anvertrauen wolle, sei gleichgültig, aber bei organisirten Kassen dürfe nur der approbirte Arzt die Stellung eines Kassenarztes einnehmen. Die Aerzte könnten her die Kassen entbehren, als die Kassen die Aerzte. Er frage die Abgeordneten von der sozialdemokratischen Seite: Wer ist für die allgemeine Gesundheitspflege, für die Salubrität unserer Städte, für die Gesundbeit der arbeitenden Bevölkerung bahnbrechend gewesen? Die Aerzte und die Wissenschaft, nicht die Naturbeilkundigen! Die Anträge Höffel und Strombeck werden zurückgezogen, die Anträge Holstein und Virchow abgelehnt, §. 6 wird nach den der Kommission unverändert angenommen. Nach §. 6a sind die Gemeinden ermächtigt, zu beschließen, daß für freiwillig Versicherte eine Frist bis zu sechs Wochen festgesetzt wird, nach deren Verlauf nach dem Eintritt in die Versicherung erst die Berechtigung zum Abzug von Kranken⸗ geld beginnt; daß Versicherten, welche die Kassen durch Betrug geschädigt haben oder sich die Krankheit vor⸗ sätzlich oder durch schuldhafte Betheiligung bei Schläge⸗ reien oder Raufhändeln, durch Trunkfälligkeit oder ge⸗ schlechtliche Ausschweifungen zugezogen haben, das Krankengeld garnicht oder nur theilweise zu gewähren ist. Die Kommission hat hinzugefügt, daß die Gemeinden den Versicherten gegen Zahlung eines Zuschlages auch die Krankenversicherung für ihre Familienangehörigen gestatten können, daß ferner nur be⸗ stimmte Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser in Anspruch ge⸗ nommen werden dürfen. Endlich sollen die Gemeinden berechtigt sein, Kranken, die den Vorschriften über Anmeldung u. s. w. nicht folgen, in Ordnungsstrafe zu nehmen oder ihnen das Krankengeld zu entziehen.
Abg. von Strombeck will statt „durch Betrug ge⸗ schädigt haben“, sagen: „durch strafbare Handlungen geschädigt haben“.
Abgg. Dieden und Gen. wollen den Verlust des Kranken⸗ n.. 2 5 19 F. e.
geldes bei Nichtbefolgung gewisser Vorschriften streichen und
nur die Ordnungsstrafe bestehen lassen. .
Abgg. Dr. Hirsch und Gen. wollen die von der Kom⸗ mission gemachten Zusätze streichen. 1
Die Abgg. Auer und Gen. wollen den zweiten Zusatz streichen und die Bestimmung beseitigen, wonach bei den Er⸗ krankungen in Folge von schuldhafter Betheiligung an Schläge⸗ reien u. s. w. das Krankengeld entzogen werden soll.
Abg. Bebel: Es widerspreche der Aufgabe dieses Gesetzes, darin irgend welche moralische oder gar strafrechtliche Momente auf⸗ zunehmen, und von diesen die Gewährung von Krankengeldern ab⸗ hängig zu machen. Wie solle eine Krankenkasse entscheiden, ob eine Krankheit durch eine schuldhafte Betheiligung an einer Schlägerei ent⸗ standen sei? Die Zahlung des Krankengeldes würde also von dem Ausfall der Untersuchung abhängen, und da sei der betreffende Kranke vielleicht längst geheilt. Ebenso wenig sei einzusehen, weshalb im Falle der Trunksucht das Krankengeld vorenthalten werden solle. Die Trunksucht sei da am Weitesten verbreitet, wo die schlimmsten sozialen Verhältnisse vorlägen. Nehme man an, ein Arbeiter bekomme das Delirium tremens und werde arbeitsunfähig. Warum wolle man das die Familte entgelten lassen, die so wie so unter der Trunksucht des Mannes gelitten habe? Was die Vor⸗ enthalkung des Krankengeldes im Falle geschlechtlicher Ausschweifung betreffe, so sei es Hauptaufgabe des Staats, im Interesse des öffent⸗ lichen Wohles Alles aufzubieten, um der Verbreitung dieser Krank⸗ heit nach Kräften entgegenzutreten. Durch diese Bestimmung werde aber das Gegentheil erreicht. Diese Sünde werde begangen, ob man eine solche Bestimmung aufnehme oder nicht. Man werde im Gegentheil die Krankheit so viel wie möglich zu verheimlichen suchen, und man werde genau das Gegentheil von dem erreichen, was man erreichen wolle. Bereits 1888 habe der Deutsche Aerztetag einstimmig beschlossen, daß es nothwendig sei, diese Bestimmung zu streichen. Das Hauptbedenken seiner Partei richte sich dagegen, daß die Gemeinden den Art, die Apotheke und das Krankenhaus bestimmen könnten, deren Huͤlfe angerufen werden solle. Das sei eine geradezu ungeheuerliche Bestimmung, das sei eine Beschränkung der persönlichen Freiheit des Kranken und der Gewerbefreiheit. Auch der Arbeiter müsse das Recht haben, sich den Arzt zu wählen, zu dem er Vertrauen habe. Es sei hier so viel von der Würde des Aerzte⸗ standes gesprochen worden, aber schon nach den bisherigen Bestim⸗ mungen sei beim Krankenkassenwesen das scheußliche Submissions⸗ verfahren, d. h. die Unterbietung üblich gewesen, wo ein Arzt für das Lumpengeld von 12⸗ oder 1500 ℳ für das Jahr alle krank werdenden Mitglieder einer Kasse zu heilen sich verpflichtet habe. In einzelnen Berliner Stationen erhalte der Arzt eine! Entschädigung, die eigentlich für einen Tagelöhner zu gering sein würde. Ihm sei von einem Arzt erzählt worden, daß solche Kassenärzte mitunter nicht mehr als 12 ₰ für eine Konsultation bekämen. In eine Sprechstunde kämen mitunter 30—50 Patienten. Wie könne da der Arzt die Kranken ge⸗ wissenhaft untersuchen? Durch solche Dinge untergrabe man den Zweck des Gesetzes. Schon jetzt beklagten sich die Mitglieder von Betriebs⸗ und Knappschaftskassen, daß sie von den Aerzten gewissen⸗ los behandelt würden. Die Aerzte seien eben von den Betriebs⸗ unternehmern abhängig und würden mit Rücksicht auf Freundschaft und Vetterschast genommen. Die Kommission habe nun die Sache
über das Deutsche Reich zerstreut ist, und Sie können namentlich ein
leisten solle, seiner (des Redners) Partei also nicht völlig genüge.
Bild davon gewinnen, daß es im Osten der preußischen Monarchie
noch verschlimmert dadurch, daß sie den Gemeinden das Recht gebe, den Arzt, die Apotheke und das Krankenhaus zu bestimmen, welche
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Montag 1 Uhr.
Revisionsentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts,
Schiedsgericht zur Ergänzung des ihm nach §. 157 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes obliegenden Nachweises lichen Beschäftigung, den er nur für einen Theil der in Frage kommen⸗
aufgesucht werden müßten. Einen solchen Zustand lasse sich keine andere Klasse vom Staat gefallen. Was s. Bestand, sich in den Ge⸗ meindebehörden geltend machen würden, um als Arzt u s. w. ge⸗ nommen zu werden, brauche er nicht auseinanderzusetzen. Nach Ein⸗ führung der Zwangsversicherung hätten alle Krankenkassen die vor⸗ geschriebene Arzneitaxe bezahlen müssen, denn die Apotheker hätten sich gesagt, die Kassen müßten so wie so zu ihnen kommen. Und nun wolle man noch eine weitere Einschränkung eintreten lassen, indem man den Gemeindebehörden das Recht gebe, unter den Apothekern wiederum eine Auswahl zu treffen! Damit öffne man der Korruption Thür und Thor. Wolle man Gerechtigkeit üͤben, dang müsse man dem Ar⸗ beiter einigermaßen die Möglichkeit geben, den Mann seines Ver⸗
trauens zur Heilung seiner Person zu wählen. 2
2 Abg. v. Strombeck empfiehlt seinen Antrag damit, daß die rankenkassen auch gegen Schädigung durch andere strafbare Hand⸗ lungen als Betrug, wie z. B. Meineid oder Urkundenfälschung ge⸗ chützt werden müßten.
„ Abg. Dr. Hirsch: Gegen den Antrag der Sozialdemokraten über die durch eigene Schuld hervorgerufenen Krankheiten bemerke er, daß höher als die individuelle Schädigung die Schädigung des ge⸗ nossenschaftlichen und ethischen Charakters der Kassen stehe. Die große Mehrzahl der Mitglieder der freien Kassen habe sich in Ver⸗ ammlungen stets gegen eine Unterstützung bei durch Unsittlichkeit herbei⸗ geführten Krankheiten ausgesprochen. Für eine wirksame Hülfe in solchen Fällen müßten andere Instanzen sorgen. Die Versicherung der Familien⸗
ngehörigen habe seine Partei zu streichen beantragt, nachdem aber ihr
rüherer Antrag über die Ausdehnung der Versicherung abgelehnt sei, ziebe er diesen Streichungsantrag zurück. Wenn seine Partei bei diesem Gesetze hauptsächlich Streichungsanträge stelle, so geschehe es nicht, weil sie sich diesem Gesetze gegenüber nur negativ verhalte, son⸗ dern sie habe in der Kommission auch positive Verbesserungsanträge ge⸗
tellt, die zum großen Theil angenommen und in der Vorlage ent⸗
alten seien. Den zweiten Zusatz der Kommission wolle seine Partei entschieden streichen. Das Vertrauen zu einem Arzte sei nicht, wie der Abg. Dr. Virchow gestern gesagt habe eine subjektive Sache und nur durch Hörensagen ge⸗ wonnen, sondern durch Thatsachen herbeigeführt. Das meiste Ver⸗ trauen besäßen in der Regel die Aertte, die es verdienten. Weil es ein Naturrecht jedes Menschen sei, sich den Arzt seines Vertrauens zu wählen, sei er (Redner) entschieden gegen diese Oktroyirung und
Monopolisirung. Was würden die Herren sagen, wenn sie sich statt ihrer bewährten Haus⸗ und Spezialärzte einen anderen Arzt aufdrängen lassen sollten. Auch die Arbeiter müßten freie Aerztewahl haben Zür Behandlung 8 Krankheit sei auch die Kennt⸗ ni er ganzen Individualität und die Vorgeschichte Kranken von Bedeutung. Die Arbeiter “ 28 Wechsel ihrer Stellungen von einer Kasse zur anderen geworfen Wenn ein gewisses dauerndes Verhältniß zwischen den Kassen und den Aerzten wünschenswerth sein solle, so sei andererseits zu bedenken daß dadurch viele andere Aerzte, die ebenso viel oder mehr ver⸗ ständen, gänzlich von der Praxis für Tausende von Arbeitern aus⸗ geschlossen würden. Große Kreise der Aerzte seien unzufrieden mit der monopolisirten Stellung der Kassenärzte und hätten die Ansicht daß eine Anstellung als Kassenarzt nur durch ein gewisses nicht un⸗ freundliches Verhältniß zu den maßgebenden Personen erlangt werde
8 an⸗ nß 3 1 maß den Personen erlangt werden konne. Dadurch werde die politische Unabhängigkeit der Aerzte nicht gewahrt. Nur durch freie Aerztewahl werde der wahre weck dieses Gesetzes erreicht. .“ —
Bundesratbsbevollmächtigt
Lohmann: Der Antra
onder
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lok sei insofern überflüssig, als in jeder anderen Schädigung der Kassen auch 88 die Annahme des Antrages Strombeck aber würde die hier fest⸗ gesetzten Strafen auch dann herbeiführen, wenn Jemand zum Beispiel im Krankenkassenburcau ein Fenster zerbreche und dadurch die Kasse schädige. Die Streichung des zweiten Kommissionszusatzes könnte unter Umständen den Versicherten Schaden bringen. Die Gemeinden würden wohl wissen, was unter Familienangehörigen zu verstehen sei sodaß auch hier keine Aenderungen nothwendig seien. Die gewünschte freie Arztwahl würde nur in Städten Vortheil bringen, auf dem Lande aber sei es besser, die Kasse habe einen bestimmten Arzt zur Verfügung. b Akg. Spahn: Er empfehle die Annahme des Antrages Dieden im Uebrigen aber die unveränderte Annahme der Kommissionsbeschlüsse, Abg. Dr. Virchow: Nach den neuesten Errungenschaften der Wissenschaft komme es bei geschlechtlichen Krankheiten wesentlich auf schnelle Heilung an, darum liege es im Interesse der Allgemeinheit die betreffende Ausschließung hier zu streichen. Sittliche Absichten seien ja an ihrem Platze sehr löblich, hier aber dürften sie nicht maßgebend sein. Was die freie Aerztewahl anlange, so sei der Zustand daß jeder Kranke jeden beliebigen Arzt sich wähle, schon aus finanziellen Gründen eine Utopie; aber daß unter einer bestimmten Anzahl von Aerzten die Kranken einen beliebigen wählen könnten, was dier in Berlin jetzt angestrebt werde, das möchte er doch auch in weiteren Kreisen erreicht sehen. 8 „Abg. Bebel: Sein Antrag gefährde durchaus nicht die keit, und wenn es sich um andere Klassen als Arbeiter h würde man ihn unweigerlich annehmen. Es kämen doch au in Offizierskreisen geschlechtliche Krankheiten vor und Offiziere durch Duelle dienstunfähig, ohne einen Verlust ihrer Bezüge o ihrer Ehre zu erleiden. Handelte es sich um Offtziere, Studenten Fabrikanten, Kaufleute, so würde man sich keinen Augenblick bedenken, die Bestimmung zu streichen, und für die öffentliche Sicherheit sei die Streichung dieser Bestimmung, wie er von Aerzten gehört habe wichtiger als die schärfsten Kontrolbestimmungen gegen die Prostitution. Die vollkommen freie Arztwahl würde keine Utopie sein, wenn man die Verstaatlichung der Aerzte hätte. „Abg. von Strombeck hält seinen Antrag doch für praktisch nützlich und empfiehlt ihn nochmals zur Annahme. . Abg. Dr. Hirsch: Die öffentliche Gesundheit werde ja durch die Beibehaltung der Worte, die der Abg. Auer streichen wolle, in⸗ sofern nicht geschädigt, weil den Kranken nicht die ärztliche Behandlung versagt werden solle, sondern nur das Krankengeld. In Bezug auf die freie Arztwahl sage er ja nicht: sic volo, sie jubeo, sondern er wünsche, das wirklich Erreichbare zu erreichen.
Danach werden die Anträge Auer, Strombeck und Hirsch abgelehnt und die Kommissionsbeschlüsse mit dem An⸗ trag Dieden angenommen.
Hierauf vertagt das Haus Schluß 5 ¾ Uhr.
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die Weiterberathung auf
Abtheilung für Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.
61) In einer Altersrentensache hatte der Versicherte vor dem
der vorgesetz⸗
den 141 Wochen durch Beibringung von Arbeitsbescheinigungen gemäß §. 161 a. a. O. zu führen im Stande war, anderweite Angaben ge⸗ macht, welche darthun sollten, daß er auch während der durch die vor⸗ gelegten Arbeitsbescheinigungen nicht gedeckten Zeit — 11 Wochen — sich in einem die Versicherungspflicht begründenden Arbeitsverhältniß befunden habe. Das Schiedsgericht hatte diesen Angaben Glauben geschenkt und dem Kläger die Rente zugesprochen. beklagte Versicherungsanstalt Revision mit der Behauptung ein, daß die §ᷣ§. 157 und 161 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes durch unrichtige Anwendung beziehungsweise Nichtanwendung insofern verletzt seien, als nach diesen Vorschriften der in Rede stehende „Nachweis“ in keiner anderen Form als durch Beibringung der im §. 161 bezeichneten Bescheinigungen geführt werden könne. Dieser Auffassung ist das Reichs⸗Versicherungsamt in einer Entscheidung
Hiergegen legte die oder aus der Gefängnißarbeitskasse erfolgt. kann nur angenommen werden, daß der Kläger zu den in der gedachten Justizministerialverfügung bezeichneten Arbeitsaufsehern gehört, mithin als solcher die Eigenschaft eines Staatsbeamten im Sinne des §. 4, Absatz 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes nicht besitzt. Nicht anders ist aber auch die Stellung des Klägers als Nachtwächter bei dem Gerichtsgefängniß zu beurtheilen. Versicherungsamts hat der Königlich preußische Justizminister unter
Folgendes ausgeführt: Die Bestimmun im validitäts⸗ und Altersverficherunasgesetzer, der 5. 157 a. a. O. bezeichnete Nachweis über Beschäftigung durch Bescheinigung der für die kommenden Beschäftigungsorte
§. 161 des In
dahin ausgelegt, erbracht werden müsse, und nicht befugt sei, sich auf andere Weis
§. 161 a. 0. O. reh Weisc.
gangszeit nachzuweisenden vorgesetzlichen Beschäfii schaff ng n den vorgesetz äfiigung zu verscha Dieser Auslegung kann nicht beigetreten werden. 8 der Wortfassung des § 161 a. a. O. den Versicherten die nur in der dafelbst so ergiebt sich doch setzes für diese strenge Auslegung kei sreich r dies ng ig kein ausreichender Anb Gegentheil würde diese 1 2— 88 Geset im Reichstage wiederholt betonten Wunsche, daß be Durchführung der Uebergangsbestimmungen (§§. 156 ff. a. a. O.
näher bezeichneten doppelten Form gestattet sei
„9 NPoachwes 568 s ¹ sS3 f “ “ über die vorgesetzliche Beschäftigung ge suührt sei, kein „präziser Identitätsnachweis“ verlangt, sond 2ve b 2 89b 1 8 — Ilig!, ondern 8 quo et bono“ verfahren möchte, schwer vereinbar sein. ’“ Verpflichtung der Arbeitgeber
rbeitsbescheinigungen durch das Gesetz Überb b is beits! gZungen durch Gesetz überhaupt nicht begründet is und daß es weiterbin fraglich erscheint, unter walermgs
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ablehnen sollte, und der Arbeitnehmer
scheinigende Arbeits⸗
sächlich vorhanden gewesen Beschäftigung zu führen und es würde auch das Schiedsgericht ein sog sch zeu b. Versicherten zu Gunsten desselben nicht in Betracht lediglich deshalb, weil die im §. 161 a. g vocgeschriebe des Nachweises auf diesem Wege nicht erfüllt wäre. Der 5* koͤnnte dann eintreten, wenn der Arbeitgeber inzwischen verst bierdurch die Ausstellung der Bescheinigung unmöglich gemae Auch erscheint es nicht ausgeschlossen, da zwar der Versicherte unterlassen hat, über einen Theil seiner esetzlichen Beschäftigt 7 zeit sich Bescheinigungen zu beschaffen, d jedoch seine or de Schiedsgericht gemachten Angaben über ein die Versicker gründendes Arbeits⸗ oder Dienstverhältniß in der f chtskundig sind, oder durch Zeugenaussagen, durch 2
e vorgesetzliche B 8 be
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ast⸗ oder Beschäftigungszeugnissen ohne Wei 82 11
isen. Wollte man auch in diesem Fall hHiedsgericht verpflichten, trotz seiner Ueberzeugung von der Richtigkeit Anga des Versicherten den Nachweis über die vorgesetzliche schäftigung als nicht geführt anzunehme “” 1 ¹ richt geführt anzunehmen, weil die Formvorschrift .161 a. a. O. nicht erfüllt ist, so bieße dies, in das Gesetz einen 22 “ welcher mit dessen Geist im Widerspruch un e erke en Pic⸗ ind⸗ 2 5 e“ Richter hindert, dem materiellen Recht zum Nicht minder kommt Folgendes in Betracht. Unbedenklich steht dem Vorstande der Versicherungsanstalt sowie dem Staatskommissar das Recht zu, gegen den Inhalt eines von dem Versicherten in der Form des §. 161 a. a. O. erbrachten Nachweises in jeder geeigneten Ferm einen Gegenbeweis zu führen. Demgegenüber würde es eine offenbare Verkümmerung der Rechte der Versicherten bedeuten, wenn ihnen die Erbringung dieses von der anderen Seite uneingeschränkt anfechtbaren Nachweises nur in einer ganz bestimmten Form gestattet wäre, deren Erfüllung ihnen, wie oben dargethan keineswegs für alle Fälle gesetzlich gesichert ist. Nach alledem kann das Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt die fragliche Bestimmung nur dabin auslegen daß de Nachweis über die vorge Beschäftigung des §. 157 a. a⸗ 5. zwar für den Regelfall i a. a. O. vorgesel erbracht werden soll, un genügt, um das Renten Dadurch hat
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2 8. 8 8 5 3 8 m„freien Ermessen“ (§. 18 der Kaiser⸗ rordnr om 1. Dezember 1890) sich auch in anderer Weise die Ueberzeusung verschaffen kann, daß der Versicherte in der kritischen Zeit in einem die Versicherungspflicht begründenden Arbeits⸗ oder Dienstverbältnisse gestanden hat. Dies ist im vorliegenden Falle ge⸗ schehen, und wenn die Beklagte die Unzulässigkeit dieses Verfahrens behauptet hat, so erscheint die Rüge nach Obigem verfehlt..
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Fhemn Fälle in welchem es sich um den Altersrenten⸗ mbe g jin⸗ von der Gefängnißverwaltung eines Königlich preußischen
mtsgerichts beschäftiaten Hülfsgefangenen⸗Aufsehers und Nachtwächters n te, bat das Reichs⸗Versicherungsamt in einer Rebisionsentschei⸗ 8 9 vom 8 September 1891 die Frage, ob der Kläger zu den im §. 4 Absatz 1 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetes bereich 8. Sta tebeg t 4 ¼ — lets Sersice As9ge etzes bezeich⸗ neten S aatsbeamten gehöre, in Uebereinstimmung mit dem Schieds gericht verneint. Nachdem in den Gründen in ähnlicher Weise, wi dies in der Revisionsentscheidung 50 (Amtliche ’1 5
2„ Nacrichten, des 8 1 2 2 Nachrichten des „R.⸗V.⸗A. J. und A.⸗P. 1891 Seite 159) geschehen, hervorgehoben 9 daß für die Beurtheilung der Beamteneigenschaft einer Person die jenstpcagmatischen Vorschriften, d. h. die von den zuständigen Stellen
für die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung ausdrücklich test⸗ gesetzten Normen von entscheidender ö“ “ hda es in der preußischen Staatsverwaltung an solche allgemein geltenden Normen fehlt, so kommen hier die besonderen in stizver waltung bestehenden Bestimmungen und Grundsätze 1 solche namentlich in dem Erlaß des Königlich ministers vom 22. Dezember 1890 niedergelegt f Erlaß ist nun bezüglich der Gefangenenaufseher bestimmt. ß jenigen Aufseber, welche speziell zur Beaufsichtigung der bei der Außenarbeit beschäftigten Gefangenen angenommen sind, der Regel nach als in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältniß zu der Ge⸗ fängnißverwaltung stehend und desbalb der Beamterqualität ent⸗ behrend angesehen werden sollen. Der Umstand, daß diese Aufseher re. Handschlag an Eidesstatt verpflichtet oder mit dem Diensteide beleht b könne nicht dazu führen, ihnen die gedachte Eigen⸗ SZal beizulegen, ebensowenig der Umstand, daß sie den strafrechtlichen Schutz der Beamten genießen. Vielmehr komme in Betracht, daß die fraglichen Dienste im Allgemeinen von den Gefangenenauffehern wakrzunehmen seien und die Annahme von sogenannten Arbeits⸗ aufsehern nur einen Nothbehelf bilde. Was den Kläger anlangt, so steht fest, daß er als Hülfsgefangenenaufseher bei Gefangenen die auf Außenarbeit gesandt werden, und als Transporteur nur im Be⸗ dürfnißfalle verwendet und fär die einzelnen Leistungen bezahlt wird, und daß diese Bezahlung nicht aus der Staatskasse, sondern entweder von Seiten des Unternehmers, dem die Gefangenen gestellt werden, Unter diesen Umständen
Auf Anfrage des Reichs⸗
vom 30. September 1891 entgegengetreten. In den Gründen wird
dem 26. August 1891 mitgetheilt, daß nach den in der Justizverwaltung
zufolge der im die vorgesetzliche Vergütung koatraktlich —— 1 8 zuständigen unteren erwaltungs⸗ Füae oder durch eine von einer öffentlichen Behörde beglaubigte escheinigung der Arbeitgeber zu führen ist, wird von der Beklagten daß jener Nachweis obligatorisch auf die im §. 161 1. das Schiedsgericht ar als auf Grund der nach ausgestellten Bescheinigungen, die Ueberzeug 1 9. 1 sche igen, die Ueberzeugung von dem Vorliegen der Behufs Erlangung der Altersrente in der Ueber⸗
en. Mag es auch nach — den Anschein haben, als ob Führung des vorgeschriebenen Arbeitsnachweises
aus der Entstehungsgeschichte des Ge⸗ das Schiedsgericht u. A. AnS8 * Im Ansicht mit dem bei den Berathungen über
thunlichft mit wohlwollendem Entgegenkommen gegen die Arbeiter vorgegangen, insbesondere bei Prüfung der Frage, ob der zu er⸗
k. Dazu zur Ausstellung von
d 8 1 ob die unteren Verwaltungs⸗
bebörden überall Mittel in der Hand haben, um Zwecks der von ihnen
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zu bewirkenden Ausstellung der Arbeitsbescheinigung einen Arbeitgeber
8 Auskunftsertheilung über ein Arbeits⸗ oder Dienstverbältniß anzu⸗ 2 9 n 43₰ 5 8 8 veeerge. 1
halten. Käme. es also vor, daß der Arbeitgeber die Ausstellung der Aus
inigung sowie die Auskunftsertheilung an die untere Verwaltungs⸗
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Prde ableh. „ der auch nicht in der Lag 2
wäre, 8v. Vorlegung von Dienst⸗ und Beschäftigungszeugnissen, durch Begriffe eines
der Wehörde ö“ Mitarbeitern oder in anderer Weise as Vorhandensein eines wirthschaftlichen, auf Eczeugung von Gätern
eh nern etchend glaubhaften 2 eis übe 8 31 2 ei e sol
oder Dienstyerhältniß zu ergrimden se aale⸗
Der üstbe⸗ n18 zu erbringen, so würde
nach der von der Beklagten vertretenen Ansicht der betreffende Arbeit⸗
nehmer überhaupt außer Stande sein, den Nachweis über seine that⸗
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ar durch zeugeneidliche 7 treffenden Angaben des . zieben können,
. 1 is Nachtwächter bei den kle⸗ ötsgefängni egen eine für j kleineren Serichtegefängnisse gegen eine für jede zu zahlende Vergüt angenommenen Personen die Eigenschaft von een nicht beiwohnt. Diese Merkmale treffen auf den K äger zu; denn dieser ist nach den Feststellungen des Schiedsgerichts 8 als Nachtwächter angenommen und wird für ede Nacht, in der er den Wachtdienst versieht, mit einer Veraötu Nacht, in d Wachtdienst versieht, mit einer Vergütung ron 50 Pfennig gelohnt. Hiernach kann dem Kläger auch in seiner Eigenschaft als Nachtwächter Bea E11I1“ Alct 1. .⸗. . S n bvne.=s . im Sinne des §. 4 Inbaliditäats⸗ und Altersversicherungsgesetzes nicht bei⸗ gelegt werden, und zes war, da gegen den von ihm “ anspruch auch sonstige Einwendungen nicht bestehen axf Zarückweisun der Revision zu erkennen. ZZ111““ 8 63) Einem in einem Marktflecken der Provinz Hannoser ohne Pensionsberechtigung angestellten Kämmerer und Magistratsmitgli de war in der Berufungsinstan zageicneee ite zuge prochen worden, indem 3 der Kläger als „Betriebs⸗
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⸗ befolgten dienstpragmatischen Grandsätzen den als
beamter“ im Sinne des §. versicherungsgesetzes der 2 1 Versicherungsamt hat in Revisioasentsch ) unter Aufhebung des schiedsgerichtlichen Urtheils Rentenanspruchs erkannt. 8 wird geführt: Das Schiedsgericht der Kläger — ohne Rücksicht au — schon deshalb versicherungspflichtig sei verwaltung stets als „Betrieb“ im Sinne des Ges⸗ und daher ein bei ihr angestellter Beamter „gleie 3 inem Betriebsbeam „bekandelt werden müsse Diese An i tsirritümlich. Invaliditäts⸗ und st an verschie Stellen den c * 8 gleiche u. A. nirgends aber finde Ausdrücken wes
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„Betriebes“ sGerungsgeiezes gerichteten Unternehmens gehörf, und nur die bei einem solchen be schäftigten, mehr technischen Beamten als Betriebsbeamte ange pro d8 werden können (vergleiche Amtliche Nachrichten des R V.-A. Bescheid 68 Seite 343), so ist auch auf dem Gebiete der Ind und Altersversicherung im Allgemeinen ledialich da ei 8 anzunehmen, wo es sich um einen Inbegriff f ꝛern schaftlicher Thätigkeiten handelt. Eine gewi Begriffes der „Betriebsbeamten“ läßt Invaliditäts⸗ und Altersversicherung dies aus dem gegenüber den Unfallversi terten Geltungsgebiete des Gesetzes vom: betreffend den Kreis gesetz versicherte (Amtliche hervorgeho
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welchem es sich um den Altersrenten⸗ tt der Provinz Hessen⸗Nassau ohne Stadtschreibers handelte, hat das reinstimmung mit dem Schiedsgericht 2. Oktober 1891 sich für die Ver⸗ folgenden Gründen ausgespro auf den Kläger die ersicherungsgesetzes 3 n, mit anderen Worten, ob er als „Ge⸗ ö“ aus die in wirthschaftlicher und sozialer Beziebung derjeniger eiters, Gesellen und dergleichen im Allgemeinen gleichsteht. Die erforderlichen Anhaltspunkte zur Prüfung dieser Voraussetzung giebt Nr. XII der Anleitung des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts vom 31. Oktober 1890, betreffend den Kreis der ver⸗ sicherten Personen (Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A. J. u A.⸗B 1891 Seite 4). Danach sind die in den Bureaus beschäftigten Schreiber u. s. w. als „Gehülfen“ anzusehen, nicht aber die in dem sogenannten höheren Bureaudienste beschäftigten Registratoren, Expedienten u. s. w. Nun hat der Kläger ausweislich der Akten allerdings auch Registratur⸗ und Expedientendienste geleistet; indessen sind diese — entsprechend dem geringen Umfange und der verhältnißmäßig geringen Bedeutung der in einem so kleinen Gemeinwesen, wie hier in Frage steht, über⸗ haupt vorkommenden Dienstgeschafte — naturgemäß selbst nur von untergeordneter Bedeutung. Zu ihrer Erledigung bedarf es nicht der Vorbildung und geschäftlichen Schulung, welche beispielsweise von den Sekretären und Registratoren einer größeren staatlichen oder kommunalen Verwaltung erfordert werden muß. Auch ist es für die geringere Qualität der vom Kläger erforderten Leistungen bezeichnend daß er alle vorkommenden Schreibarbeiten selbst zu bewirken hat und dieser mechanische Dienst augenscheinlich den Haupttheil seiner Thätigkeit in Anspruch nimmt. Endlich spricht dafür der geringe Betrag des Gehalts, für welches nach der Dienstinstruktion täglich mindestens cht Stunden Bukeauarbeit zu leisten sind. Wenn demgegenüber nach dem Wortlaut der vorgelegten Instruktion der Geschäftskreis des Klägers allerdings als ein umfassenderer erscheinen könnte, so hat das Schieds⸗ gericht bereits mit Recht hervorgehoben, daß auf diesen — offenbar
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