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die eine solche freiwillig oder auf besondere Auf⸗ forderung abgeben, überhaupt nicht zur Kenntniß der Vor⸗ einschätzungskommission gelangen, sondern — gleich allen übrigen Steuererklärungen — bei dem Vorsitzenden der Ver⸗ anlagungskommission eingereicht, von diesem geprüft und erörtert und demnächst unmittelbar der Veranlagungs⸗ kommission unterbreitet werden, ohne daß eine Begutachtung der Steuererklärungen durch die Voreinschätzungskommission stattfindet. 1“
Die Voreinschätzungskommission hat daher die ihr gemäß §. 32 des Einkommensteuergesetzes und Artikel 41 bis 45 der Anweisung vom 5. August d. J. zufallenden Aufgaben ohne Rücksicht auf die etwa ergangenen besonderen Aufforderungen (Artikel 51 der Anweisung) zu erledigen. Diese Vorarbeiten sind, auch wenn der Inhalt der demnächst eingehenden Steuererklärungen von den Ergebnissen der Voreinschätzung abweicht, keineswegs vergeblich, sondern dienen als Material zur Prüfung und Kontrole der Steuer⸗ erklärungen. 8
Der (in dem betreffenden Spezialfalle von dem Vor⸗ sitzenden einer Veranlagungskommission vorgeschlagene) Auf⸗ schub der Voreinschätzung in Ansehung der besonders zur Steuererklärung aufgeforderten Pflichtigen würde daher nicht nur die rechtzeitige Erledigung des Veranlagungsgeschäfts in Frage stellen, sondern auch zwecklos sein. “
Ebensowenig giebt aber die Rücksicht auf die Vor⸗ einschätzung einen Anlaß, die besonderen Aufforderungen zur Steuererklärung schon jetzt zu erlassen. 8
Sollte eine solche Maßregel (wie sie von dem Vorsitzenden der betreffenden Einkommensteuer⸗Berufungskommission empfohlen war) etwa im Hinblick auf die Geschäfts⸗ lage des Vorsitzeneen der Veranlagungskommission zweckmäßig scheinen, so ist zwar nichts dagegen zu erinnern, daß mit der Zustellung der besonderen Auf⸗ forderungen alsbald begonnen und darin den Steuerpflichtigen die Abgabe der Steuererklärung schon vor dem 4. Januar k. J. anheimgestellt wird. In keinem Falle darf aber die in den besonderen Aufforderungen zu bestimmende Frist vor dem letzten Tage des für die öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen vorgeschriebenen Zeitraums, d. h. also vor dem 20. Januar 1892 ablaufen.“ “
Hiernach sollen die sämmtlichen Vorsitzenden der Ver⸗ anlagungskommissionen mit entsprechender Weisung versehen werden. 8
Seitens des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten ist die Einfuhr von lebenden Schweinen aus Steinbruch, Bielitz⸗Biala und Wiener⸗Neustadt über Oderberg, Dzieditz und Bodenbach in das Schlachthaus zu Stolp in Pommern widerruflich gestattet worden.
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““ 1 “ L1“
Der General der Infanterie Freiherr von Lobn, General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, st zum Winteraufenthalt hier eingetroffen.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath im Mini⸗ sterium der geistlichen, Unterrichte⸗ und Medizinal⸗Angelegen⸗ heiten Dr. Schneider hat sich nach Bromberg begeben.
1 Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächsische Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Groß ist von Berlin wieder abgereist.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Landesdirektor der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont von Saldern ist ier angekomm
S. M. K euzer „Bussard“, Kommandant Korrvetten⸗ apitän Gertz, beabsichtigt, am 1. Dezember Sydney Australien) zu verlassen und nach Apia (Samoa⸗Inseln) in See zu gehen. 1
Quedlinburg, 25. November. Heute verstarb auf einem Landsitze in Neinstedt am Harz der erste Präsident des Reichs⸗Eisenbahnamts Alexander von Scheele. Am 6. Dezember 1813 geboren, wurde er im 23. Lebensjahre um Kammergerichts⸗Assessor ernannt. Vorübergehend schon im Jahre 1848 in das Finanz⸗Ministerium berufen, war er von 1854 bis 1869 Mitglied dieses Ministeriums. Im letzt⸗ genannten Jahre erbat er als Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath einen Abschied; einige Jahre später jedoch trat er als Präsident des Reichs⸗Eisenbahnamts in den Reichsdienst. Im Jahre 1874 zog er sich auf seine Besitzung in Neinstedt urück, wo er alsbald als Mitglied des Bezirks⸗Ausschusses, Verwaltungsrath des Neinstedter und anderer Wohlthätigkeits⸗ anstalten eine erneute nutzbringende Thätigkeit fand. In Aus⸗ übung der letzteren zog er sich eine Erkältung zu, die seinem Leben in Folge einer hinzugetretenen L. ündung ein rasches Enve bereitete. 1—
VBayern.
München, 25. November. Die Kammer der Ab⸗ geordneten nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, in ihrer Sh Sitzung nach einer lebhaften Debatte über die
zum Heimaths⸗ und Verehelichungs⸗ Gesetz den präjudizirenden Artikel in Absatz 1 an, wonach eine geschlossene Ehe auch ohne ein Erlaubniß⸗ zeugniß der Heimathsgemeinde vor dem Gesetze gültig sein soll, ebenso Artikel 1, demzufolge voreheliche Kinder bei der Heirath der Mutter die Heimath der Mutter ehalten sollen, und Artikel 3 in der Fassung des Ausschusses, nachdem der Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch ie Bedenken des Abg. Fischer gegen die rückwirkende Kraft des Gesetzes bekämpft hatte. Die Annahme erfolgte mit 77 gegen 63 Stimmen. 8 8
Sachsen.
Dresden, 25. November. In der heutigen Sitzung er Zweiten Kammer wurde nach dem „Dr. J.“ ohne Debatte beschlossen, der Staatsregierung zur Erweiterung und Aenderung der Uebereinkunft mit der Regierung des Fürstenthums Schwarzburg⸗Rudolstadt wegen Mitbenutzung mehrerer Landesanstalten des Königreichs Sachsen, sowie zum bschluß eines Staatsvertrags mit der Regierung des Fürsten⸗ hums Reuß ältere Linie wegen Mitbenutzung sächsischer rren⸗, Heil⸗ und Pflegeanstalten die beantragte Ermächtigung
u ertheilen.
zwei Tage hier verweilen.
ist, wie die „Darmst. Ztg.“ mittheilt, ein Gesetzentwurf über
sollen.
dem „W. T. B.“ zufolge, da das Budget für das Jahr 1892
schäftigt sich die Presse von Neuem mit der Fiage der
8 Württemberg.
Stuttgart, 25. November. Ihre Kaiserlichen Hoheiten der Großfürst und die Großfürstin Wladimir von Rußland mit der Großfürstin⸗Tochter Helene sind, wie der „St⸗A. f. W.“ meldet, heute zum Besuch Ihrer Majestät der Königin⸗Wittwe hier eingetroffen. Höchstdieselben werden
Darmstadt, 25. November. Der Zweiten Kammer
den Bau und die zugegangen. ““
In den der Zweiten Kammer zugegangenen Entwürfen über die Revision der Verwaltungsgesetze wird bestimmt, daß die Städte, welche mit Einschluß der aktiven Militärpersonen eine Einwohnerzahl von mindestens 50000 Seelen haben, für sich einen Kreisverband (Stadtkreis) bilden und zu diesem Behufe aus dem bisherigen Kreisverbande ausscheiden. Städte von mindestens 20 000 Einwohnern können auf ihren Antrag zur Bildung eines besonderen Kreisverbandes zugelassen werden. Eine weitere wichtige Bestimmung der „Kreisoronung“ besteht darin, daß die Abgeordneten der Kreistage in Zukunft in zwei Abtheilungen ge⸗ wählt werden sollen, und zwar h von den fünfzig Höchstbesteuerten im Kreise, ½ von den Bevollmächtigten der Gemeindevorstände. Nach der „Städteordnung“ tritt in den Städten, welche für sich einen Kreis verband bilden, der Provinzial⸗Direktor an die Stelle des Kreisraths. In der „Landgemeindeordnung“ be⸗ steht die wichtigste Aenderung darin, daß die Bürgermeister nicht mehr wie bisher durch direkte Wahl, sondern aus der Zahl der gewählten Mitglieder des Gemeinderaths von dem Ministerium des Innern und der Justiz ernannt werden
nterhaltung der Kunststraßen
Hamburg. Hamburg, 25. November. Der Senat beantragt,
mit einem größeren Defizit abschließt, einen 20 prozentigen Zuschlag zur Einkommensteuer. — 1
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 25. November. Seit einiger Zeit be⸗
Wiederzulassung ausgewanderter Personen zum dauernden Aufenthalte in Elsaß⸗Lothringen und verbindet mit den Besprechungen dieser Angelegenheiten Angriffe gegen die deutsche Regierung, weil sie gegen solche Emi granten, die sich dem deutschen Militärdienste durch, Aus⸗ wanderung entzogen haben, mit der Erlaubniß zum späteren Aufenthalte in den Reichslanden zu nachsichtig sei. — Die „Straßb. Corr.“ ist in der Lage, in Nachstehendem dasjenige statistische Material zu veröffentlichen, welches allein geeignet ist, für diese Erörterungen die zuverlässige Grundlage zu bilden. Sie schreibt: Es hielten sich nachweislich der durch Verordnung vom 5. Februar d. J. vorgeschriebenen Fremdenlisten dauernd (d. i. länger als 8 Wochen) in den Reichslanden 41 451 Fremde auf. Unter diesen Fremden befinden sich an Personen, welche die elsaß⸗ lothringische Staatsangehörigkeit vor Erfüllung der Wehrpflicht verloren haben, einschließlich ihrer Angehörigen 240, von denen inzwischen 4 wieder naturalisirt worden sind, sodaß thatsächlich noch 236 derartige Fremde mit ihren Angehörigen vorhanden sind. Diese vertheilen sich auf die Nationalitäten wie folgt: 78 Franzosen, 76 Schweizer, 11 Amerikaner, 1 Russe, 70 anderer resp. ohne Natio⸗ nalität. Von diesen 236 Personen sind: 100 Männer, 50 Frauen, 86 Kin⸗ der unter 17 Jahren. Es können also bei Beurtheilung der Frage, inwie⸗ weit solche Emigranten, die vor Erfüllung der Wehrpflicht ausgewandert, später zum Aufenthalt in den Reichslanden wieder zugelassen wurden, nur die oben erwähnten hundert Männer in Frage kommen. Daß sie sämmtlich lediglich aus dem Grunde ausgewandert sind, um sich dem Militärdienst zu entziehen, kann nicht angenommen werden; ebenso wenig, daß die sämmtlichen hundert Personen für den Militär⸗ dienst brauchbar gewesen wären. Wenn die deutsche Regierung emigrirten männlichen Personen den Aufenthalt im Lande später gestattet hat, so geschah das, wie diese Zahlen beweisen, in außerordentlich seltenen und nur durch Erwerbs oder Familienverhältnissen dringend gebotenen Fällen. Die Auswanderung vor erfüllter Wehrpflicht gestaltete sich in den letzten Jahren wie folgt: Es wanderten männliche Personen aus im Jahre 1887: 1225 Personen, im Jahre 1888: 1079 Personen, im Jahre 1889: 824 Personen und im Jahre 1890: 721 Personen. Das macht eine degressiv sinkende Durchschnittsziffer von jährlich 962 Per⸗ sonen. Rechnet man bis 1870 zurück auf 21 Jahre nur die Durch⸗ schnittsziffer von 1000 — sie ist thatsächlich, besonders in den ersten Jahren, viel höher — so wären seit 1870 bis 1891 21 000 männliche Personen ausgewandert, von denen nur 100 die Rückkehr in das Reichsland wieder gestattet worden ist. 1 Die „Straßb. Corr.“ schließt diese Mittheilungen mit folgender Bemerkung: Man kann also bei einer Emigranten⸗ zahl von 21 000 männlichen Personen und bei einer Fremden⸗ zahl von 41 451 Personen im Reichslande nur bei 100 Per⸗ sonen darüber streiten, ob die Regierung eine zu große Milde und Nachsicht bei Ertheilung der Erlaubniß zur Rück⸗ kehr hat walten lassen. Alle anderen Schlußfolgerungen ent⸗ behren der Begründung. 6 Der Bezirkstag des Ober⸗Elsasses, dessen Session am 18. d. M. beschlossen wurde, hat den Bezirks⸗ Haushalts⸗Etat für 1892,93 in Einnahme und Aus⸗ gabe auf je 1436 600 ℳ festgestellt, wovon 1134000 ℳ auf das Ordinarium, 302 600 ℳ auf das Extra⸗Ordinarium entfallen. In Letzterem ist ein Zuschuß von 5800 ℳ für den Bau einer Straßenbahn von Burzweiler nach Pfastatt ein⸗ gesetzt, dagegen der im Voranschlag mit 43 750 ℳ bemessene Zuschuß zur Illregulirung zwischen Ladhof und dem obern Wehre bei Hausen auf die Hälste dieses Betrages, also auf 21 875 ℳ herabgesetzt worden. Der un⸗ entgeltlichem Uebernahme der Land⸗ und Schwur⸗ gerichtsgebäude durch den Staat ertheilte der Bezirkstag seine vorbehaltlose Zustimmung, ebenso wurde die Veräuße⸗ rung der dem Bezirke gehörigen französischen Rententitel (3388 Fr) in deutsche Werthe angenommen, mit der Bedin⸗ gung, daß diese Umwandlung nicht unter dem Curse der französischen Rente von 95 29 und für den Erlös drei⸗ prozentige Reichs⸗Anleihe angekauft werde.
Oesterreich⸗Ungarn. 88 8
Wien, 25. November. Ihre Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheiten der Erzherzog Franz Salvator und dessen Gemahlin die Erzherzogin Marie Valerie sind gestern Abend aus Schloß Lichtenegg hier eingetroffen. Wie ver⸗ lautet, gedenkt die Erzherzogin Marie Valerie das Weihnachts⸗
und sich Anfangs Februar zu einem mehrmonatigen Aufent⸗ halt nach Ischl zu begeben. 1 —
Dem „Fremdenblatt“ zufolge wurden heute im Aus⸗ wärtigen Amt unter Vorsitz des Sektions⸗Chefs Glanz von Eicha die Verhandlungen wegen Abschlusses eines
Handelsvertrages mit der Schweiz wieder aufge⸗
nommen.
Der Budgetausschuß der Reichsraths⸗Delegation
erledigte heute, wie „W. T. B.“ berichtet, das Extra⸗ ordinarium des Heeresbudgets und begann die Be⸗ rathung des Ordinariums, die morgen fortgesetzt werden wird. Das Abgeordnetenhaus setzte heute die Spezialdebatte über den Antrag Plener wegen Erleichterung der niedrigsten Klasse der Erwerbssteuer fort. Das Haus beschloß mit 153 gegen 125 Stimmen die Verweisung des ersten Artikels sammt dem Zusatzantrag, wonach der Ausfall an Einnahmen durch eine stärkere Belastung der höheren Erwerbssteuerklassen gedeckt werden soll, an den Steuerausschuß. Dagegen stimmten die vereinigte deutsche Linke, der Coroniniklub und die Jung⸗ czechen. 1 “ Bericht des volkswirthschaftlichen Aus⸗ schusses des Abgeordnetenhauses über die Ermächtigung zur provisorischen Regelung der Handelsbeziehun⸗ gen mit der Türkei und Bulgarien, sowie mit Spanien und Portugal beantragt dem „Frdbl.“ zufolge, den Gesetz⸗ entwurf zu genehmigen, jedoch mit der Aenderung, daß der dritte Punkt des ersten Paragraphen den auf die Vereinbarungen mit Spanien und Portugal sich beziehenden Zusatz erhalte: „mit der Maßgabe jedoch, daß, insofern und insoweit diese Vereinbarungen ihre Wirkungen über den 31. Dezember hinaus erstrecken sollten, diese jedenfalls vor⸗ her der verfassungsmäßigen Behandlung zu unterziehen sein werden“.
Die Enquete Kommission des ungarischen Unterhauses zur Berathung einer Reform des Strafgesetzes berieth in ihrer gestrigen Sitzung die Revision der strafgesetzlichen Bestimmungen in Betreff der Uebertretungen. Es wurden mehrfache Aenderungen der gegenwärtig geltenden Grund⸗ sätze beschlossen. Unter Anderm wurde, wie die „Ung. Post“ erfährt, eine neue strafbare Hand⸗ lung in der Richtung statuirt, daß Jedermann, der wissentlich falsche Geruͤchte öffentlich verbreitet, welche ein Steigen oder Fallen der Curse auf der Börse hervorrufen sich eines Vergehens schuldig macht, das mit Gefängni bis zu einem Jahre und mit einer Geldstrafe bis zur Höhe
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von 2000 Fl. geahndet werden soll.
Großbritannien und Irland.
Bei dem gestrigen ihm zu Ehren veranstalteten Fest⸗ mahl im Stadthause zu Birmingham nahm Lord Salis⸗ bury abermals das Wort. Der Premier⸗Minister wies dem „W. T. B.“ zufolge in seiner Rede auf die Schwierigkeiten hin, mit denen das Ministerium zu kämpfen habe. Er hob namentlich hervor, daß die Zolltarife nach allen Seiten hin sich vermehrten und daß die immer mehr vachsende schutzzöllnerische Rich⸗ tung den englischen Handel bedrohe. In Bezug auf die Arbeiterfrage gab Lord Salisbury die Zusage, daß die Regierung jede Maßregel prüfen werde, welche die Beschäf⸗ tigung der städtischen wie der ländlichen Arbeiter zu vermehren geeignet wäre. 1 8
Frankreich.
Paris, 25. November. Die Trauerfeier für den verstorbenen englischen Botschafter Earl Lytton ist auf nächsten Sonnabend festgesetzt. Präsident Carnot wird dazu einen Vertreter senden, die Minister werden der Feier persönlich beivohnen; die Feier erfolgt unter Er⸗ weisung militärischer Ehren.
Der Armeeausschuß der Deputirtenkammer ge⸗ nehmigte den Bericht des Abg. Dreyfus über das Spionage⸗ gesetz. In dem Bericht wird eine erhebliche Verschärfung der in der ursprünglichen Vorlage enthaltenen Strafen be⸗ antragt. Die Regierung hat sich mit den fraglichen Ver⸗ schärfungen einverstanden erklärt. 8. 8.
Italien.
Der König, die Königin und der Kronprinz hielten, wie dem „W. T. B.“ aus Palermo berichtet wird, gestern über das dort vor Anker liegende italienische Geschwader eine Revue ab und wohnten darauf einem Seemanöver bei. Bei der Ankunft am Hafen wurden die Majestäten von den Mannschaften der Schiffe und den Seeleuten mit lang⸗ anhaltenden Hurrahrufen begrüßt. Am Nachmittag reiste die Königliche Familie in der Richtung nach Neapel ab. Die zahlreich versammelte Bevölkerung bereitete den Majestäten auch bei der Abfahrt überall begeisterte Kundgebungen.
Gestern hat die Deputirtenkammer bei schwach be⸗
setztem Hause ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Von der Regierung waren bereits mehrere Gesetzentwürfe ein⸗ gegangen. Das Finanzexposé soll am nächsten Dienstag erstattet werden; gestern legte der Finanz⸗Minister einen Gesetzentwurf vor über gewisse finanzielle Maßnahmen, sowie ferner das Königliche Dekret wegen Erhöhung gevwisser fiskalischer Gebühren (s. u.). Diese Vorlagen, bezüglich deren die Regierung die Kabinetsfrage stellt, wurden mit großer Mehr⸗ heit der Budgetkommission überwiesen. Am Schluß der Sitzung theilte der Präsident mit, daß sieben Anfragen und dreiundfünfzig Interpellationen angemeldet seien, dar⸗ unter solche wegen der Pilgerfahrten und der Kirchenftage, ferner eine Interpellation Imbriani's über die Be⸗ ziehungen Italiens zum Auslande und die wirthschaftlichen Verhältnisse Italiens. Eine weitere Interpellation betrifft ein angeblich von Oesterreich gegen Vergnügungsdampfer er⸗ 88g Verbot, in den österreichischen Häfen des Gardasees u landen. 3 Der Senat nahm gestern ebenfalls seine Berathungen wieder auf. Der Präsident theilte unter dem Beifall des Hauses mit, daß der Graf von Turin zweiter Sohn des verstorbenen und Bruder des jetzigen Herzogs von Aosta, Mitglied des Senats geworden sei.
Die oben angedeuteten, durch das in Nr. 277 d. Bl. er⸗ wähnte Königliche Dekret eingeführten Zoll⸗ und Steuer⸗ 8e betreffen dem „W. T. B.“ zufolge nachstehende
itikel:
Vom 24. November ab sind die Einfuhrzölle auf Cognac in Fässern und Flaschen, fette (Lein⸗ und nicht genannte) Oele, Kaffee, Zucker, ferner die Einfuhrzölle zu den Positionen 15, 16, 19 bis 26, 266 und 287 (kölhaltige Sämereien) modifizirt bezw. erhöht. Die Zuaschlagstaxe beträgt auf Alkohol per Hektoliter 140; auf Alkohol: im Bier 19 2 20 Cts. per Hekto⸗
und Neujahrsfest mit ihrem Gemahl in der Hofburg zu feiern
liter, in Aether und Chloroform, 3 L. 40 Cts. per Kilogramm, in
Rum, Cognacs und spiritushaltigen Essenzen 80 Cts. per Kilogramm, spiritushaltigen Parfümerien 110 L. per 100 kg, überall ohne Zewichtsabzug für das unmittelbare Behältniß; auf Alkohol in pirituslack 95 L. per 100 kg Netto.
Nach einer Meldung des „Hann. Cour.“ aus Rom ist die anderweitig verbreitete Nachricht, daß zwischen Italien und den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika neue Unterhandlungen wegen des Zwischenfalles von New⸗Orleans eröffnet worden seien, nicht richtig. Obgleich die gegenseitigen Beziehungen der beiden Staaten durchaus freundlichen Cha⸗ rakters seien, habe seit der Abreise des italienischen Gesandten Barons Fava aus Washington zwischen den beiden Kabineten keinerlei Gedankenaustausch über die erwähnte Angelegenheit stattgefunden. Die italienische Regierung müsse sich darauf beschränken, eine befriedigende und würdige Lösung der Frage abzuwarten.
Portugal. Die Königliche Familie ist, begleitet von dem Minister⸗ Präsidenten, dem Minister der öffentlichen Arbeiten und den Beamten vom Dienst, am 18. d. zu etwa vierzehntägigem Auf⸗ enthalt in Oporto eingetroffen. Während der ganzen Reise durch die Provinz wurden die Majestäten, wie man der M. „Allg. Ztg.“ schreibt, von der herbeigeeilten Bevölkerung gefeiert; namentlich in Coimbra wollten die Hochrufe der Studenten kein Ende nehmen. Die alte, würdige Stadt Oporto prangte im Festschmuck und in den Straßen wogte eine nach Tausenden zählende Menschenmenge. Sichtlichen Ein⸗ druck auf die Herrscherfamilie machte die enthu⸗ siastische Kundgebung auf dem Platz Sant' Antonio, welcher in den Ereignissen des 31. Januar als Sammel⸗ und Ver⸗ heidigungsort für die Aufständischen gedient hat. Wie das enannte Blatt erfährt, beabsichtige der König, eine allgemeine Amnestie für die infolge der Erhebung Verurtheilten zu bewilligen. — Am 14. d. M. erschien im Amtsblatt das im Auftrag des Finanz⸗Ministers von der obersten Zollbehörde ausgearbeitete eue Zolltarifprojekt zum Zwecke einer eingehenden Beurtheilung von Seite der Handels⸗ und Industriecentren und etwaiger Einreichung von Gegenvorschlägen bis Ende des laufenden Monats. Die Vorlage ist in schutzzöllnerischem verfaßt und soll Anfangs Dezember vor die Kammern gelangen.
8
Schweiz. Das Militär⸗Departement hat, der „N. Zürch. Ztg.“
uffolge, Eatwürfe zu Bundesgesetzen, betreffend die Kriegs⸗
rtikel unddie Disziplinar⸗Strafordnung, ausgearbeitet
nd sie einer aus Fachmännern bestellten Kommission unter⸗
reitet. Erst nachdem diese fachmännische Vorprüfung statt⸗ gefunden, wird das Militär⸗Departement die beiden Vorlagen bei dem Bundesrath einbringen.
Die Kommission des Nationalraths für die Berathung der Vorlage über Errichtung von Radfahrer⸗Abtheilun⸗ gen im schweizerischen Heere hat den Entwurf des Bundes⸗ raths mit einigen Abänderungen angenommen.
Die vom Bundesrath der Tessiner Regierung zu⸗ gestellte Rechnung für die Kosten der Okkupation, das eid⸗ genössische Kommissariat und die Untersuchungen über Straf⸗ sachen und Stimmrechtsbeschwerden in den Jahren 1889 und 1890 anläßlich der Großrathswahlen vom 3. März und der Revolution vom 11. September beläuft sich insgesammt auf 492 000 Fr.
Die in diesen Tagen in Bern abgehaltene Konferenz des Eisenbahn⸗Departements mit den Vertretern der Verwaltungen sämmtlicher normalspurigen Bahnen be⸗ rieth die Einführung von Sicherheitsvorrichtungen im Betriebe. Die Vertreter der Bahnen erklärten sich einverstanden mit der Einführung der kontinuirlichen Bremse und der Zugsmeldung. Im Uebrigen blieb es bei den Postulaten des Eisenbahn⸗ Departements. G v“
Niederlande. 1
Wie man dem „Hann. Cour.“ aus dem Haag schreibt, werde im Marine⸗Ministerium der Plan einer Neugestaltung der Kriegsflotte ernstlich in Erwägung gezogen, da die Mehrzahl der Kriegsschiffe älterer Bauart sei. Die Vervoll⸗ ständigung der Flotte soll in fünf Jahren durchgeführt und die hierzu erforderlichen Mittel in Höhe von 60 Millionen Gulden sollen, wie verlautet, im Wege eines für diesen Zweck aufzunehmenden Anlehens aufgebracht werden
Serbien. X“ Belgrad, 25. November. Nachdem die türkischen Be⸗ hörden eine Paßverordnung in Betreff der serbischen Reisenden erlassen, hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Minister des Innern für in Serbien reisende türkische Unterthanen gleichfalls den Paßzwang verfügt. Schweden und Norwegen.
() Stockholm, 22. November. Der General⸗Feld⸗ zeugmeister hat nunmehr seinen Schlußbericht über die neuen Gewehre, worin er zu dem Ergebniß kommt, daß „die neuen Gewehre, welche jetzt angefertigt werden, auch bei der Verwendung von rauchschwachem Pulver zum Kriegs⸗ gebrauch vollkommen tauglich sind“, dem König über⸗ reicht. Auf Ansuchen des General⸗Feldzeugmeisters und des Chefs der Artillerie hat das Staatscomtoir bei dem König beantragt, zum Zwecke der Veränderung von neuen Infanteriegewehren aus der im Reichs⸗Etat für das Jahr 1892 aufgeführten außerordentlichen Bewilligung von 400000 Kronen schon im laufenden Jahre einen Vorschuß von 85000 Kronen anweisen zu wollen.
8 Dänemark.
(F) Kopenhagen, 23. November. Die Fabrikation des neuen Gewehrs, Modell 1889, ist jetzt, wie die „Nat. Tid.“ mittheilt, so weit vorgeschritten, daß sammiliche Abtheilungen, die mit den neuen Gewehren noch nicht versehen worden sind, in diesen Tagen damit ausgerüstet werden können; die Rekrutenbataillone des nächsten Jahres sollen jedoch erst vom April ab damit ausgerüstet werden. In dem neuen Püthmvag ber bei Frederiksvärk wird mit voller Kraft an der Fabrikation des neuen rauchfreien, braunen Pulvers gearbeitet,
das außer seinen anderen Vortheilen auch den g daß es
das ffüber benutzte schwarze Pulver an Kraft bedeutend
übertrifft.
Amerika. Brasilien. Wie „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro
von gestern meldet, hat General Peixoto ein Manifest
erlassen, in dem er verkündet, daß die Gesetzlichkeit wieder hergestellt, die Auflösung des früheren Kongresses für nichtig erklärt und der Belagerungszustand aufgehoben worden sei.
Der Kongreß ist auf den 18. Dezember d. J. einberufen. Zum Unterrichts⸗Minister ist Duarte Percia ernannt, der interimistisch auch die Portefeuilles der Justiz und des Innern übernommen hat. — Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Rio de Janeiro von gestern, daß die Be⸗ ziehungen zwischen Armee und Marine dort Beunruhigung Sers, d28 e— hätten.
Asien.
China. Nach in Paris eingetroffenen Telegrammen aus Peking wäre ein von geheimen Gesellschaften unterhaltener Aufstand im Bezirke Gehol (östliche Mongolei) ausgebrochen. Ein belgischer Priester und mehrere andere Christen seien ge⸗ tödtet worden. Das Tsung⸗li⸗Namen habe den Befehl ertheilt, daß der General⸗Gouverneur Li⸗Hung⸗Tschang sämmtliche dis⸗ poniblen Truppen den Behörden in Gehol, welche überrumpelt wurden, zu Hülfe schicke.
Nach einem Telegramm des „Daily Chronicle“ aus Shanghai vom 25. d. erweisen sich die aus dem Norden gemeldeten Ruhestörungen als ein ernstlicher Aufstand in der Mongolei und anderen nahe der Haupt⸗ stadt belegenen Distrikten. Die Zahl der Rebellen, unter denen sich Infanterie und mehrere Schwadronen Kavallerie befänden, habe sich vermehrt; die Rebellen marschirten gegen Peking. Mehrere Mandarinen hätten sich mit den Aufständischen vereinigt, gegen welche Kaiserliche Truppen entsandt worden seien. Die christliche Bevölkerung in Kingschu, die von belgischen Priestern bekehrt worden, sei mit diesen niedergemetzelt worden.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (127.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekreääar Dr. von Boetticher beiwohnte, theilte der Präsident den Eingang der Nachweisung der ge⸗ sammten Rechnungsergebnisse der Berufsgenossen⸗ schaften aus dem Jahre 1890 mit.
Darauf wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über die Abänderung des Gesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 1883, mit §. 53 fortgesetzt, nach dem die Arbeitgeber berechtigt sind, die für die Arbeiter gezahlten Eintrittsgelder und Beiträge vom Lohn abzuziehen.
Abg. von der Schulenburg beantragte, den §. 53 dahin zu fassen, daß die Arbeiter verpflichtet sind, sich die Eintrittsgelder und Beiträge bei der Lohnzahlung abziehen zu lassen. Streitigkeiten in dieser Angelegenheit sollen von dem Gewerbegericht entschieden werden.
Nachdem der Abg. von der Schulenburg seinen Antrag begründet und der Staatssekretär Dr. von Boetticher den ersten Theil für unnöthig, aber doch für annehmbar erklärt und sich für den zweiten Theil ausgesprochen hatte, während der Abg. Spahn für die Ablehnung eintrat, wurde der §. 53 unverändert nach der Kommissionsfassung angenommen.
Nach §. 55a, der von der Kommission eingefügt ist, kann die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag von dreißig betheiligten Versicherten anordnen, daß auch weitere als die von der Kasse bestimmten Aerzte und Apotheken in Anspruch genommen werden können, wenn durch die von der Kasse ge⸗ troffenen Anordnungen eine dem Bedürfniß der Versicherten entsprechende Gewährung der Kassenleistungen nicht gesichert ist.
Abg. Dr. von Dziembowski beantragte, daß die Ver⸗ waltungsbehörde schon auf Antrag von zwanzig Betheiligten diese Bestimmung zu treffen hat; im Falle einer Ablehnung sollen die Gründe angegeben werden.
Die Abgg. Spahn und Hitze beantragten, die Be⸗ dingung „wenn durch — gesichert ist“ zu streichen und zu be⸗ stimmen, daß die Behörde dem Antrage nachgeben soll, „sofern nicht die Vermögensinteressen der Kasse entgegenstehen.“
An der Besprechung betheiligten sich die Abgg. Dr. von Dziembowski, Hitze, Eberty, Möller sowie der Staatssekretär Dr. von Boetticher, der sich gegen die An⸗ träge aussprach.
Bei Schluß des Blattes dauerte die Berathung noch fort.
— Beim Reichstag ist folgender Antrag des Abg. Dr. Höffel eingegangen: Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu er⸗ suchen, die in Artikel 31 des Reichs⸗Preßgesetzes vom 7. Mai 1874 in Aussicht gestellte Einführung desselben in Elsaß⸗Lothringen in Erfüllung gehen zu lassen und auch auf dem Gebiete der Preß⸗ gesetzgebung das Reichsland den übrigen Bundesstaaten gleichzustellen.
— Die Wahl⸗Prüfungs⸗Kommission des Reichstags hat beschlossen, zu beantragen, die Beschlußfassung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Prinzen Handjery im 10 Wahlkreise des Regierungsbezirks Potsdam bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.
— Die dem Reichstag jetzt zugegangene Schluß⸗Zusammenstellung der Matrikularbeiträge füͤr 1892/93 berechnet die Gesammt⸗ summe auf 336 820 0399 ℳ Davon gehen ab die Antheile an dem Ueberschuß des Etatsjahres 1890/91 mit 15 308 201 ℳ Es betragen daher die baar zu zahlenden Matrikularbeiträge für 1892/93 321 511 838 ℳ, d. i. gegen das Jahr 1891/92 mehr 4 912 554 ℳ Auf die Einzelstaaten berechnen sich die Matrikularbeiträge folgender⸗ maßen: Preußen 187 830 594 ℳ, Bayern 42 064 829, Sachsen 21 100 102, Württemberg 15 418 444, Baden 11 835 901, Hessen 6345 943, Mecklenburg⸗Schwerin 3 814 865, Sachsen⸗Weimar 2 082 341, Mecklenburg⸗Strelitz 652 475, Oldenburg 2 265 265, Braunschweig 2 470 397, Sachsen⸗Meiningen 1 425 281, Sachsen⸗Altenburg 1 070 929, Sachsen⸗Coburg und Gotha 1 318 794, Anhalt 1 646 033, Schwarz⸗ burg⸗Sondershausen 488 212, Schwarzburg⸗Rudolstadt 556 067, Waldeck 375 250, Reuß älterer Linie 370 800, Reuß jüngerer Linie 733 574, Schaumburg⸗Lippe 246 766, Lippe 817 241, Lübeck 448 761, Bremen 1 098 576, Hamburg 3 439 900, Elsaß⸗Lothringen 11 594 498.
Dritte ordentliche Generalsynode.
In der gestrigen Sitzung wurde zunächst folgender Antrag der Petitionskommission angenommen: „Den Evangelischen Ober Kirchen⸗ rath zu ersuchen, thunlichst bald eine Ergänzung des Gesetzes über das Dienstalter der Geistlichen dahin herbeizuführen, daß denjenigen Theologen, welche ihrer Dienstpflicht im vaterländischen Heere genügt haben, die Zeit ihrer militärischen Dienstzeit auf ihr Dienstalter angerechnet wird, wobei die Dienstzeit, welche vor den Beginn des 21. Lebensjahres fällt, außer Berechnung bleibt.“ 1 Weiter erfolgte die Annahme des Antrages der Kommission für innere Mission und soziale Fragen: „Die kirchlichen Behörden zu er⸗ suchen, den in der inneren Mission langgedienten und wohlver⸗ dienten Geistlichen die Rückkehr in das Pfarramt moöglichst zu erleichtern.“
emnäch te der Antrag: „Den Evangelischen Ober⸗Kirchen⸗ rath 1 rnden Kir enbehörden in Gemäßheit der
Kabinetsordre vom 8. Februar 1855 zustehenden Mitwirkung zur Ein⸗ führung von Religionslehrbüchern in den Schulgebrauch sich in Uebereinstimmung zu halten mit den von den Provinzialsynoden bezw. der Generalsynode abgegebenen Erklärungen,“ zur Annahme. Schließlich wurde der Gesetzentwurf über das Pfarrwahl⸗ recht der Kirchengemeinden in “ angenommen: „§. 1. Das Recht der Pfarrwahl oder einer itwirkung an der⸗ selben, welches der Gesammtheit der Mitglieder einer Kirchen⸗ gemeinde gebührt, wird fortan durch die nach der Kirchen⸗ gemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 gebildeten vereinigten Gemeindeorgane, in Gemeinden unter 500 Seelen durch die nach dieser Ordnung wahlberechtigten Gemeindeglieder ausgeübt. — § 2. Auf das Wahlverfahren in §. 1 dieses Gesetzes finden die Bestimmungen in §§. 2, 7 bis 10 des Kirchengesetzes vom 15. März 1886 Anwendung. — §. 3. Eine Aus⸗ nahme von den vorstehenden Bestimmungen kann auf dem Wege eines Gemeindestatuts (§. 46 der K. G und S. O.) nur mit Genehmigung des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths insoweit zugelassen werden, als dann die Uebertragung der in §. 1 den vereinigten Gemeindeorganen vorgesehenen Befugniß auf die kirchenordnungsmäßig wahlberechtigten Gemeindeglieder vorgesehen ist“ Nach Erledigung einiger Petitionen und Kenntnißnahme des Be⸗ richts des Generalsynodalvorstandes über seine Thätigkeit wurde die Sitzung geschlossen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Husum, 24. November. Die Influenza herrscht, wie das „Kiel. Tobl“ mittheilt, hbier so stark, daß in jedem Hause Personen von dieser Epidemie ergriffen sind. Stellenweise sind ganze Hersanen erkrankt. Auch mehrere Todesfälle sind bereits festgestellt.
Handel und Gewerbe.
In der heutigen Sitzung des Central⸗Ausschusses der Reichsbank bemerkte der Präsident Dr. Koch, daß die Be⸗ wegungen im November im Vergleich mit den früheren Jahren keine ungewöhnlichen gewesen seien: Nur in der zweiten Woche habe sich eine Steigerung der Anlage (um ca. 26 Millionen) gezeigt, während diese sonst meistens ab⸗ nehme. Aber, verglichen mit Ultimo Oktober, trete, wie ge⸗ wöhnlich, neben Stärkung des Metalls und der Reserve sowie der fremden Gelder auch eine Abnahme der Anlage (um 15 Millionen) hervor. Die Position sei noch immer eine ungewöhnlich starke. Das Gold betrage bei fortdauernd günstigen Wechselcursen 140 Millionen mehr als 1890, 126 Millionen mehr als 1889. Die Reserve steuerfreier Noten nähere sich der Ueberdeckung —, 156 Millionen mehr als 1890, 167, Millionen mehr als 1889. An fremden Geldern seien 130 Millionen mehr als 1890, 144 Millionen mehr als 1889 vorhanden. Die Anlage sei aller⸗ dings nicht wesentlich kleiner als in den Vorjahren. Deshalb und bei der voraussichtlichen Steigerung gegen den Ultimo und den Jahresschluß hin werde trotz der Flüssigkeit des Geldes am offenen Markte eine Herabsetzung des Diskonts nicht beabsichtigt, zumal ein solcher von 4 Proz. nicht besonders hoch und eine gewisse Stabilität auch für die In⸗ dustrie von Werth sei. Ein Mitglied des Central⸗ Ausschusses empfahl zwar eine mäßige Herabsetzung des Diskonts. Die übrigen Mitglieder stimmten jedoch dem Vorsitzenden bei. Hierauf wurden noch die Schuld⸗ verschreibungen einiger Städte zur Beleihung im Lombard der Reichsbank zugelassen und innere Angelegenheiten der Reichs⸗ bank besprochen.
Die Abrechnungsstelle der Reichsbank hielt heute um 10 ½ Uhr Vormittags eine außerordentliche Plenar⸗ versammlung ab. Der Vorsitzende Reichsbank⸗Präsident Dr. Koch gab zunächst eine kurze Uebersicht der Abrechnungen während des laufenden Jahres, aus welcher hervorging, daß die Stückzahl zwar um 51 658 gestiegen ist, der Betrag sich aber von ca. 15 039 Millionen im Jahre 1890 auf ca. 14 770 Millionen, also um ca. 268 Millionen Mark, vermindert hat. Sodann wurde das Bankhaus Breest u. Gelpcke an Stelle der ausscheidenden Internationalen Bank in Liqu. vom 1. k. M. ab als Mitglied in die Abrechnungsstelle auf⸗ genommen.
Theater und Mustk.
Concerthaus. 8
Der Erk'sche Männer⸗Gesangverein, einer der ältesten Deutschlands, gab gestern unter Leitung Th. Hauptsteins und in Gemeinschaft mit der Meyder'schen Kapelle ein Concert, daß vorzugsweise dem Andenken des am 25. November 1883 dahin⸗ geschiedenen Begründers des Vereins gewidmet war. Mehrere von L. Erk für Männerchor sehr zweckmäßig und klangvoll eingerichteten Gesänge bildeten den Hauptinhalt des Programms. Wir heben besonders „Nur ein Wandern ist das Leben“, „Lieblingsplätzchen“ nach einer Mendelssohn'schen Melodie, „Die Nacht“ nach einer französischen Melodie, „Ade, du liebes Waldesgrün“ von Esser und das Volkslied „Wie Gott will“, sämmtlich von Erk mehrstimmig gesetzt, hervor. Der Chor führte alle Lieder mit großer Präzision und sorgfältiger Vortragsweise aus. Den Tenorstimmen wäre wohl noch frischer Zuwachs zu wünschen, doch übte das sorgfältig gepflegte Falsett oft eine sehr schöne Wirkung aus Die Solovorträge der Herren Concertmeister Carnier (Geige), Schwarz (Klarinette) und Smit (Cello), sowie die Betheiligung der Meyder’schen Kapelle boten mit den vokalen Leistungen des Concerts stets eine angenehme Abwechselung.
Am Sonntag geht Brachvogel's „Narziß“ neu einstudirt am Königlichen Schauspielhaus in Scene. Die Marquise de Pom⸗ padour hat Frau Kahle an Fräulein Poppe abgetreten, den Choiseul spielt Herr Ludwig, die früher von Clara Meyer dargestellte Doris Quinault spielt Frau von Hochenburger, den Kapitän St. Lambert Herr Purschian. Herr Keßler hat die Rolle des Grimm über⸗ nommen. — Das Gastspiel des Herrn Carl Weiser von den Me ningern findet vermuthlich bereits nächste Woche statt. 8
„Cavalleria rusticana“, das sizilianische Volksschauspiel von Giovanni Verga, das der Oper Mascagni's zu Grunde liegt, wird im Lessing⸗Theater zur Aufführung am Freitag der naͤchsten Woch vorbereitet. Der Dichter, der durch Einsendung von scenischen Skizzen und farbigen 1 die genaue äußere Veranschaulichung seines sizilianischen Volksbildes fördert, hat seinen Besuch zu der ersten Auf⸗ führung in sichere Aussicht gestellt.
Im Wallner⸗Theater geht morgen, neu einstudirt und neu bearbeitet das einaktige komische Singsviel: „Die Hanni weint — der Hansi lacht“ von Jacques Offenbach in Scene. Den Anfang der Vor⸗ stellung bildet die Komödie: „Immer zerstreut⸗ 8
Die Dir ktion des Belle⸗Alliance⸗Theaters hat sich ent⸗ schlossen, von dem Ausstattungsstück „Jung Deutschland zur See“, bevor es vom Spielplan abgesetzt wird, eine Kinder⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen am Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Ubr, zu veranstalten. Billets dazu sind von heute ab an der Theaterkasse zu haben. 1
Zu dem „Thomas⸗Jubiläum“ am 3. Dezember werden für die Vormittagsfeier um 11 Uhr im Thomas⸗Theater Zuschauer⸗