1891 / 284 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Handels⸗ und Zollvertrag zwischen Deutschland und Belgien ist gestern im Auswärtigen Amt paraphirt worden. Die Paraphirung des Handels⸗ und Zollvertrags zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Belgien steht un⸗ mittelbar bevor. 1 . Aus Bern wird telegraphirt: Die Abreise der chweizerischen Delegirten zu den Handelsvertragsunter⸗ handlungen mit Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn nach Wien ist auf den 1. Dezember festgesetzt. Gutem Ver⸗ nehmen nach haben die schriftlichen Unterhandlungen zu einer vollständigen Einigung geführt. 8 S

Am 28. November ist in Potsdam der General der

Infanterie z. D. von der Mülbe gestorben. Im Juni

1858 zum Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie Brigade, im

Januar 1864 zum Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division ernannt, erhielt er, wie die „N. Pr. Ztg.“ mittheilt, in demselben Monat das Kommando der kombinirten mobilen Garde⸗Infanterie⸗Division, die er in dem Feldzuge 1864 gegen Dänemark in den Gefechten bei Gatrop, Friedericia und bei der Belagerung und dem Sturm der Düppeler Schanzen kommandirte. Im Mai 1864 zur 1. Garde⸗Infanterie⸗ Division versetzt, wurde er am 11. November 1865 zur Dis⸗ position gestellt. Bei Ausbruch des Krieges gegen Oesterreich

1866 wurde General z. D. von der Mülbe mit Führung des Reservecorps, späteren I. Reserve⸗Armee Corps, beauftragt, im

Juni zum Gouverneur des Königreichs Sachsen ernannt und am 17. September von der Führung des I. Reservecorps und den Geschäften eines Gouverneurs von Sachsen unter Ver⸗ leihung des Charakters als General der Infanterie entbunden.

Der Kapitän zur See a. D. Geiseler, der zuletzt mit Wahrnehmung der Geschäfte eines Kommandanten von Helgo⸗ and beauftragt war, ist am 29. November in Berlin an einer ungenentzündung verstorben. 8

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Der General⸗Lieutenant von Leipziger, Commandeur h. Division, hat nach Abstattung persönlicher Meldungen

Berlin wieder verlassen.

Breslau, 30. November. Die Schlesischen Malteser⸗

Ritter hatten sich aus Anlaß der kirchenpolitischen Bewegung

im Anfang der siebziger Jahre in zwei Linien gespalten, von denen eine von dem Herzog von Ratibor und dem Grafen Frankenberg, die andere von den Grafen Praschma und Ballestrem geführt wurde. Unter Ver⸗ mittelung des Fürstbischofs Kopp haben sich beide Linien wieder vereinigt. An deerx dH vorgenommenen Einweihung eines von dem Vereine der Malteser⸗Ritter gegründeten Kinderhospitals in Breslau nahmen demgemäß Mitglieder beider Linien Theil. Bei dem der Feier folgenden Diner im Fürstbischöflichen Palais. wurde, wie die „Schweidn. Tägl. Rundschau“ mittheilt, das nach⸗ folgende Telegramm Seiner Majestät des Kaisers verlesen:

Dem Ehren⸗Vorsitzenden des Vereins der Schlesischen Malteser⸗ Ritter, Herzog von Ratibor, Breslau.

Neues Palais, 26 November 1891.

Zu der heutigen Einweihung des von dem Vereine der Schlesischen Malteser⸗Ritter dort gegründeten Kinderhospitals spreche Ich dem Vereine Meinen Glückwunsch aus. Zugleich kann Ich es Mir nicht versagen, Meiner Befriedigung über die erfolgte Wiedervereinigung der so lange getrennt gewesenen beiden Gruppen Ausdruck zu geben. Die hochherzigen und friedlichen Bestrebungen des Vereins auf dem Gebiete christlicher Liebesthätigkeit finden Meinen vollen Beifall und rersichere Ich den Verein gern Meiner Huld und Gnade.

Wilhelm.

Hannover, 1. Dezember. Der fünfundzwanzigste Hannoversche Provinzial⸗Landtag ist heute Nach⸗ mittag 3 Uhr durch den Königlichen Kommissarius, Ober⸗ der Provinz Hannover, Wirklichen Geheimen

ath Dr. von Bennigsen mit folgender Rede eröffnet worden: Hochgeehrte Herren!

Im Namen der Königlichen Staatsreglerung habe ich die Ehre, Sie bei Beginn Ihrer Berathungen zu begrüßen.

Ihre Verhandlungen werden sich in diesem Jahre im Wesentlichen auf die der Verwaltung durch die Organe der Provinz anvertrauten Gegenstände beschränken, bei der wachsenden Bedeutung und Aus⸗ dehnung derselben aber Ihre Thätigkeit voraussichtlich etwas länger als in den letzten Jahren in Anspruch nehmen.

Aus dem Bericht über die Ergebnisse der Verwaltung für das Jahr 1. April 1890/91 und dem Haushaltsplan für das Jahr 1. April 1892,93 ergiebt sich wiederum ein erfreuliches Bild der regen Thäͤtigkeit und des stetigen Fortschritts auf den verschiedenen Gebieten der Verwaltung, welche Ihnen übergeben sind. Nicht gering sind freilich auch die finanziellen Schwierigkeiten, welche sich in Ihrer wie fast in jeder kommunalen Verwaltung gezeigt haben, den vermehrten Bedürfnissen, gesteigerten Ansprüchen und er⸗ höhten Preisen gerecht zu werden. Wie ich nicht bezweifle, wird es Ihrer einsichtigen Fürsorge für das Wohl der Provinz gelingen, ohne übermäßige Anspannung der Kräfte der Eingesessenen der provinzial⸗ ständischen Verwaltang diejenige Leistungsfähigkeit und erfolgreiche Thätigkeit zu erhalten, durch welche sie auf vielen Gebieten anderen Provinzen zum Vorbild gedient hat.

Mit besonderem Interesse hat die Staatsregierung die Be⸗ mühungen Ihrer Verwaltungsorgane verfolgt, Mittel und Formen der Verwaltung wie Gesetzgebung zu finden, dem Wegebau einen weiteren energischen Fortgang zu sichern. Aus der großen Summe von rund 26 Millionen Mark, welche seit dem Beginn der Pro⸗ vinzialverwaltung aus Provinzialmitteln allein für den Land⸗ straßenbau den Wegeverbänden zugeflossen sind, ergiebt sich schon, wie Bedeutendes für eine so wichtige Grundlage wirthschaftlicher Entwickelung bdie Provinzialverwaltung angeregt und in das Leben gerufen hat. Noch ist aber das Landstraßennetz in der Provinz keines⸗ wegs entsprechend dem so erkeblich gesteigerten Verkehr vollendet worden, und der nothwendige Anschluß vieler Gemeinden mit besteinten Wegen an die ausgebauten Provinzialchausseen und Landstraßen harrt

nooch seiner Durchführung. Hier eröffnet sich auch für die kommenden

Jahre noch ein reiches Feld nützlicher und dankbarer Thätigkeit für

ein richtig geordnetes Zusammenwirken der Provinz mit den Kreisen

und Gemeinden

sten Auftrage Seiner Majestät des Königs erkläre ,26 der Prorinzialordnung den fünfundzwanzigsten

eröffnet. Schlusse dieser Ansprache brachte der bisherige Provinzial⸗Landtags, Kaiserlicher außerordent⸗

Prerinzial⸗Landt

b licher und bevollmächtigter Botschafter, Erblandmarschall Graf

zu Münster⸗Derneburg ein dreimaliges Hoch auf Seine

Majestät den Kaiser und König aus, in welches die

versammelten Mitglieder lebhaft einstimmten. 8 5 Bayern. b 1 8

München, 1. Dezember. Die Kammer der Abge⸗ ordneten berieth heute den Etat der Straßen⸗, Brücken⸗ und Wasserbauten. Für die Umlegung des Kesselberges zwischen Kochel⸗ und Walchensee mit einem Gesammtaufwande von 700 000 wurde die erste Rate von 200 000 be⸗ willigt. Die Eingabe für eine Bahnlinie Wolfratshausen⸗ Kochel wurde der Regierung zur Würdigung überwiesen. Der Minister hatte jedoch im Ausschuß bereits erklärt, daß er diese Linie der Lokalbahn⸗Gesellschaft wegen des Wettbewerbes mit der Staatsbahnlinie München Penzberg niemals genehmigen werde; dagegen sicherte er die Erwägung einer staatlichen Lokal⸗ bahn nach Penzberg zu.

Im Finanzausschuß der Kammer erklärte heute der Minister⸗Präsident Freiherr von Crailsheim, die Regie⸗ rung sei der Ansicht, daß zunächst keine Ermäßigungen der Eisenbahntarife einzuführen seien. Die Retourbillets seien abzuschaffen und den Schnellzügen möglichst die dritte Klasse einzufügen. Den Zonentarif wolle er nicht, die Arbeiterkarten würden allgemein gebilligt. Eine endgültige Regelung der Tarife sei erst möglich, wenn man wisse, was Preußen in dieser Hinsicht zu thun beabsichtige.

Sachsen. Dresden, 1. Dezember. Die Zweite Kammer trat, wie das „Dr. J.“ berichtet, heute in die allgemeine Vor⸗ berathung des Antrags der Abgg. Colditz und Genossen auf Zurückziehung der militärischen Hülfskräfte aus der Teubner'schen Buchdruckerei ein. Nachdem der Abg. Geyer den Antrag begründet hatte, wobei er geltend machte, daß in der von der Regierung getroffenen Maßregel eine Parteinahme gegen die ausständigen Buchdrucker liege, stellte der Staats⸗Minister von Metzsch fest, daß an der Berechtigung der Staatsregierung, für die unverkürzte Herausgabe des „Dresdner Journals“ zu sorgen, von keiner Seite gezweifelt werde, daß die Regierung auf Grund des mit der Firma B. G. Teubner geschlossenen Vertrags nicht in der Lage sei, diese zur Gewährung höherer Löhne zu zwingen, sie sich also mit dem Versuch eines derartigen Zwanges nicht nur eines Uebergriffes schuldig machen würde, sondern auch eines Eingriffes in die ge⸗ setzlich garantirte Koalitionsfreiheit zu Ungunsten der Ar⸗ beiter, wozu sich die Regierung nach dem gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung niemals verstehen werde. Nachdem die Abgg. Klemm und Dr. Schill für das Verhalten der Re⸗ gierung eingetreten waren, die Abgg. Stolle (Gesau) und Liebknecht aber den Antrag befürwortet hatten, lehnte die Kammer mit großer Mehrheit jede weitere ge⸗ schäftliche Behandlung des Antrags ab, womit dieser erledigt war. Die Kammer trat hierauf ein in die allgemeine Vorberathung des Antrags derselben Abgeord⸗ neten auf Aufhebung der Verordnung vom 14. Juli 1849 über das Tragen republikanischer Abzeichen. Nachdem der Abg. Goldstein den Antrag im Interesse der Rechtsgleichheit befürwortet hatte, erklärte der Staats⸗ Minister von Metzsch mit Bezugnahme auf den Wort⸗ laut der Verordnung, die sich gegen republikanische Be⸗ strebungen richte, daß die Regierung der Annahme des Antrags ganz entschieden widersprechen müsse. Den Antrag bekämpfte ferner der Abg. Dr. Mehnert als einen Angriff auf den Eckpfeiler der Monarchie, ebenso der Abg. Bönisch, der darlegte, daß die heutigen republikanischen Demonstrationen, um die allein es sich handle, keineswegs unschuldiger und harmloser seien als diejenigen von 1848, und daß diese Demonstrationen nicht geduldet werden könnten. Aus denselben Gründen trat der Abg. Dr. Minckwitz dem Antrag entgegen. Nachdem der Abg. Lieb⸗ knecht für den Antrag gesprochen hatte, wurde auch bezüglich dieses Gegenstandes jede weitere geschäftliche Behandlung ab⸗ gelehnt. 1 Darmstadt, 1. Dezember. Der Zweiten Kammer ist nach der „Darmst. Ztg.“ ein Gesetzentwurf über die nach⸗ trägliche Aufnahme der von der früheren Oberhessischen Eisen⸗ bahngesellschaft übernommenen Beamten und Bediensteten in

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den Staatsdienst zugegangen. 1

Reuß ä. L. 8 8

(+) Greiz, 30. November. Bei Beginn der heutigen Sitzung des Landtags theilte Präsident von Geldern dem Hause mit, daß das Landtagspräsidium die Trauertheilnahme des Landtags am Hinscheiden der hochseligen Füesa Seiner Durchlaucht dem Fürsten unterbreitet, und da Höchstderselbe ihn beauftragt habe, dem Hause seinen wärmsten Dank zu übermitteln.

Die sodann erfolgte Beschlußfassung über die kommissarisch vorberathene Vorlage, betreffend den Staatsvertrag mit dem Königreich Sachsen wegen Aufnahme hierländischer Geistes⸗ kranker in dortige Heil⸗ und Pflegeanstalten, sowie über das Nachpostulat der Regierung von 3000 zur Erbauung der Elsterbrücke bei Neumühle ergab die einstimmige Annahme. Dem Hause sind als weitere Vorlagen zugegangen: 1) ein Ge⸗ setzentwurf wegen Abänderung der Bestimmungen über die in erster Instanz für die staatliche Beaufsichtigung der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten auf dem platten Lande zuständige Behörde, 2) ein Postulat der Regierung von 11 400 zu Bewilligung von Theuerungszulagen an Staatsbeamte und Diätare und 3) die Rechnung über den Feuerlöschfonds auf die Jahre 1888/90. Die ersteren Vorlagen wurden der Ge etz⸗ die letztere der Finanzkommission über⸗ wiesen.

Deutsche Kolonien.

Am 22. Oktober wurde zur Feier des Allerhöchsten Ge⸗ burtsfestes Ihrer Majestät der Kaiserin vehahten, ge⸗ wie das „Deutsche Kol.⸗Bl.“ berichtet, in sämmtlichen Garnison⸗ orten an der deutscheostafrikanischen Küste um 12 Uhr Mittags Parade abgehalten. Die Mannschaften wurden bei diesem Anlaß auf die Bedeutung des Tages hingewiesen. Auch fand Seitens der Bezirkshauptleute eine Belehrung der eingeborenen Bevölkerung über die Feier des Tages statt. Um 12 Uhr

Kittags feuerten sämmtliche Forts einen Salut von 21 Schuß. Die Beamten des Gouvernements erschienen im weißen Anzug mit Helm, Säbel in Stahlscheide, Schärpe und Dekorationen, Für die Truppe fand eine besondere Festlichkeit statt, für welche der Betrag bis zu 1 Rupie für die schwarzen Mann⸗

schaften und Unteroffiziere, bis zu 5 Rupien für die schwarzen Offiziere zur Verfügung gestellt war.

Ueber Emin und Dr. Stuhlmann“) veröffentlicht das „Deutsche Kolonialblatt“ folgenden Bericht des Lieutenants Sigl aus Tabora unter dem 31. August:

„Der Wali von Karagwe hatte auf meine Veranlassung hin einige verläßliche Boten mit Briefen an Emin Pascha demselben nachgeschickt, da ich mich über die Stellung und Lage des Paschas vergewissern wollte. Diese Boten verfolgten des Paschas Spur durch Mpororo bis an den Albert Edward⸗ See, fanden daselbst ein Boot des Sultans Kalaquansa von der Landschaft Mwamba vor und erfuhren von den Bootsleuten, daß der Pascha und Dr. Stuhlmann mit all ihren Leuten und Waaren bei dem Sultan Kalaquansa gelagert hätten. Die Landschaft Mwamba ist am Nordyest⸗ ufer des Sees gelegen, zwischen dem 00° und 10 nördlicher Breite und dem 29 und 300 östlicher Länge. Nach einer siebentägigen Fahrt erreichten meine Boten das Lager des Paschas. Der Sultan Kalaquansa benahm sich sehr freundlich gegen die Boten und gab ihnen Auskunft über des Paschas Marschrichtung. Dr. Emin und Dr. Stuhlmann sind nach den Angaben Kalaquansa's Anfang des Monats Juli nach Kibiro (am Nordwestufer des Albert⸗Sees) weiter⸗

marschirt, nachdem der Pascha sich mit Hülfe Kalaquansa’'s

den Weg durch die großen Waldungen mit Geschenken an die

Eingeborenen erkauft und gesichert hatte. Der Pascha ha sämmtliche noch übrig gebliebenen Lasten mitgenommen un auf Anfrage dem Sultan Kalaquansa gesagt, daß er nicht au demselben Wege zurückzukehren beabsichtige.

Das über Dr. Stuhlmann im Umlauf gewesene Gerüch ist entschieden falsch. Derselbe hatte im Mpororo (nördlich des Msumbiro⸗Berges) ein kleines Gefecht, in welchem er vie

Leute und vier Gewehre verloren hatte; die Veranlassung zu

diesem Gefechte soll die Ermordung von einigen Trägern ge⸗ wesen sein, welche bei Prooianteinkauf Streit mit den Ein geborenen bekommen hatten. Die Eingeborenen desselben Ortes hatten sich dem fünf Tagemärsche vorauseilenden Pascha gegenüber freundlich benommen; es ist sonach die Vermuthung begründet, daß die Wangwaner Träger Stuhl mann's den Streit provozirt hatten. Der Bote Kapuffi konnt mit leeren Händen dem Pascha durch die Wälder nicht folgen und kehrte am 20. d. M. hierher zurück. Der Pascha hat in Mwamba keine Briefe zurückgelassen.“

Nach einer Mittheilung des Lieutenants Sigl aus Tabora sandte der Wangoni⸗Sultan Pangalala eine Gesandtschaft von über 150 Köpfen, um seine unbedingte Unterwerfung anzu⸗ zeigen und Frieden zu erbitten. Pangalala schickte gleichzeitig 26 junge Krieger, um diese als Soldaten einzustellen. Sie kamen im vollen Kriegsschmuck und übergaben ihre Waffen nebst Kopfschmuck zum Zeichen der Unterwerfung. Dies ge⸗

schah vor einer großen Menschenmenge und machte einen

gewaltigen Eindruck auf die Bevölkerung. Die Wangoni⸗ Rekruten zeigten sich bei der Ausbildung sehr anstellig. Nach einem Bericht des Lieutenants Sigl sind die Kara⸗

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wanen der Katanga⸗Gesellschaft unter Lieutenant Stairs und

der belgischen Antisklaverei⸗Gesellschaft unter Hauptmann

Jacques am 7. September in Tabora eingetroffen und wollten

am 13. September nach Karema aufbrechen. Die Herren haben dem Gouverneur brieflich ihren Dank für die ihnen ge⸗ währte Unterstützung ausgesprochen.

Mit dem am 24. d. M. Neapel verlassenden Dampfer der Ost⸗Afrika⸗Linie werden zwei Lieutenants, vier Unter⸗

offiziere und ein Lazarethgehülfe nach Ost⸗Afrika abreisen,

um in die Sch utztruppe aufgenommen zu werden. Ueber den Tod des Freiherrn von Gravenreuth im

Gebiete von Kamerun liegen noch keine weiteren Berichte

vor. Das „Deutsche Colon.⸗Blatt“ bemerkt, daß er auf fried⸗

lichem Vormarsch vor Buea angegriffen wurde. Weiter schreibt

das Blatt:

Ein Zusatz in dem Telegramm, wonach die Expedition sich auf dem Weitermarsch von Idea nach Balinga am Sannaga⸗ fluß befinde, sowie die Verstümmelung des Wortes Buea in Buca hatten zu der Annahme führen müssen, daß Gravenreuth am Sannagafluß im südlichen Theil des Kamerungebietes gefallen sei. Es ist jedoch demrächst durch ein anderweit eingegangenes Tele⸗ gramm festgestellt worden, daß es sich um das Bakwiri⸗ (Bakwili⸗) Dorf Buea (Bwea) an der Ostseite des Kamerungebietes handelt. Der Ort liegt etwa 950 m hoch und erstreckt sich etwa 4 km im Bogen von WSW nach NO am Rande einer ziemlich steil ansteigen⸗ den Bergkette entlang. Buea enthält etwa 1500 Einwohner, dar⸗ unter 600 waffenfähige Männer, von denen 400 mit Gewehren ver⸗ sehen sind. Es befinden sich dort Baulichkeiten der Baseler Mission, die dort eine Station einzurichten beabsichtigt. Seit län⸗ gerer Zeit ist in Buea der Botaniker Dr. Preuß stationirt, der mehrfach über jenes Gebiet berichtet hat. Er bezeichnet die Buea⸗ Leute als ein rauhes, selbstbewußtes und unabhängiges Volk, von der Kultur sehr wenig berührt. „Sie beschäftigen sich mit Vorliebe mit der Jagd und mit Palavern und führen gelegentlich Krieg mit ihren Nachbarn. Dem Weißen gegenüber sind sie dreist und unverschämt im Vertrauen auf ihre Ueberzahl und bereiten ihm fortwährend Aerger, jedoch haben sie ihn ganz gern in ihrem Dorfe oder besser gesagt, seinen Taback und sein Zeug. S ine Macht haben sie eben noch nie kennen gelernt“ Trotz ihrer maßlosen Habgier und Neigung zum Stehlen war es Dr Preuß bisher gelungen, sich mit ihnen ganz gut zu stellen.

Was die Weiterführung der Expedition betrifft, so wird die Leitung derselben dem bisherigen Compagnieführer in der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika Rochus Schmidt übertragen werden. Second⸗Lieutenant von Brauchitsch, à la suite des Grenadier⸗Regiments Graf Kleist von Nollendorf (I. Westpreußisches Nr. 6), sowie der Büchsenmacher Nilius sind bereits vor dem Tode Gravenreuth's am 5. v. Mts. zum Ersatz für die Expedition nach Kamerun abgegangen.

Von Dr. Zintgraff ist unter dem 10. September aus Baliburg ein Bericht eingegangen, wonach die Verhältnisse daselbst zufriedenstellende sind. Drei befreundete Stämme, die Bafrens, Bamundas und Bametas, haben reiche Gastgeschenke gesandt, und die umliegenden Stämme haben sich bisher ruhig verhalten. Mit Garẽga, dem Häuptling der Balis, hat Dr. Zintgraff unter dem 26. August einen Vertrag abgeschlossen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 2. Dezember. Die ungarische Delegation nahm einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge in ihrer gestrigen Sitzung den Antrag des Präsidenten an, dem Bei⸗ leid anläßlich des Ablebens des Erzherzogs Heinrich

...“) Nach einer im „Reichs⸗Anzeiger“ vom 19. v. M. veröffent⸗ lichten Mittheilung Lieutenant Langheld's hatte ein Bote aus Karagwe unter dem 19. Juli in Bukoba gemeldet, daß Emin bis Usongoro im Norden des Albert Edward⸗Seecs vorgedrungen sei und sich dort mit seinen früheren Leuten aus der Aequatorialprovinz vereinigt habe.

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In Bayonne eimn Jesuitenprediger in der dortigen Kathedrale, der Papst billige die Haltung des Erzbischofs von Aix. Der anwesende Bischof unterbrach den Prediger und verbot ihm, weiter zu sprechen; der Papst habe dem Klerus untersagt, sich in politische Dinge zu mischen.

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protokollarisch Ausdruck zu geben, und erledigte sodann das Armeebudget in der Generaldebatte. Die Spezial⸗ berathung beginnt heute. Ein Antrag Beöthy's auf Rück⸗ verweisung des Budgets an den Ausschuß Behufs Vornahme verschiedener Streichungen wurde abgelehnt.

Im Abgeordnetenhause gedachte gestern der Präsident Smolka des Ablebens des Erzherzogs Heinrich und seiner Gemahlin, wodurch das Kaiserliche Haus in tiefe Trauer versetzt worden sei, die auch die Völker der Monarchie tief mit empfänden. Unter allgemeiner lebhafter Zustimmung wurde das Präsidium ermächtigt, dem Kais e r das tief gefühlte Beileid des Hauses zur Kenntniß zu bringen. Das Haus genehmigte im Fortgang der Sitzung den Bericht des Ausschusses über die Ermächti⸗ gung der Regierung zur provisorischen Regelung der Füseteeh ne h mit der Türkei, Bulgarien,

panien und Portugal. Der Handels⸗Minister Marquis

de Bacquehem besprach sodann die beabsichtigte Subven⸗ tionirung der Donaudampfschiffahrts⸗Gesellschaft, die ohne Staatshülfe den Personenverkehr an der oberen Donau, dessen Ergebnisse nur passive seien, einstellen müsse, und betonte das Interesse des Staats an dem Güterverkehr auf der unteren Donau. Man müsse ver⸗ hindern, daß die den Staat repräsentirende österreichische Flagge im Orient verschwinde, was einer Preisgebung der vitalen Interessen gleichkommen würde. Auch die Kriegs⸗ verwaltung habe an der Echaltung der Gesellschaft großes Interesse. Hierauf theilte der Minister mit, daß die öster⸗ reichische Regierung trotz der Handelspolitik Amerikas be⸗ schiossen habe, sich offiziell an der Weltausstellung in Chicago zu betheiligen.

Frankreich. Paris, 2. Dezember. Der Ministerrath beschäftigte

sich, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sitzung mit der

am 5. Januar 1892 in Venedig zusammentretenden internatio⸗ nalen Konferenz zur Berathung der Reorganisation der Sanitätskommission in Alexandrien und zur Prü⸗ fung der Bedingungen, unter denen die Durchfahrt durch den Suezkanal bei Quarantäne erfolgen kann. Die französische Regierung wird auf der Konferenz in Venedig durch den Gesandten Barrère und die Dokloren Brouardel und Proust vertreten sein. Weiter beschäftigte sich der Ministerrath mit der Haltung der Bischöfe.

Im Senat brachte gestern der Ackerbau Minister De⸗ velle einen Gesetzentwurf über die Förderung der Leinenkultur und anderer Zweige dieser Industrie ein. Bei der fortgesetzten Berathung der Zolltarifvorlage bekämpfte der Handels⸗Minister die Zölleauf Oelsamen, welche verschiedene Industriezweige zu Grunde richten, die französischen Häfen treffen und in Genua, Liverpool, Ant⸗ werpen und Hamburg freudig begrüßt werden würden. Der Berichterstatter Dauphin trat für die von der Kommission vorgeschlagenen Zölle ein. Der Senat lehnte sie indessen mit 129 gegen 127 Stimmen ab.

Die Deputirten kammer bewilligte gestern zunächst eine Staatssubvention von 50 000 Frcs. an die Bergarbeiter, die bei Monthieux (Loire) eine Kohlenmine käuflich erworben haben, und nahm darauf die Berathung über den Kolonial⸗ Etat wieder auf. Der Unter⸗Staatssekretäar Etienne trat in längerer Rede für die Positionen des Budgets ein; die gegenwärtige Periode der Schwierigkeiten würde sofort ihr Ende finden, sobald die Ueberzeugung in den Kolonien allgemein geworden sei, daß zwischen der Regierung und dem Parlamente ein vollkommenes Einvernehmen in Bezug auf die Kolonialpolitik bestehe. Der Unter⸗Staatssekretär ging sodann auf die Lage jeder einzelnen Kolonie ein und hob zum Schluß die Nothwendigkeit hervor, kommerzielle Absatz⸗ gebiete in den Kolonien zu suchen und dazu große Kolenial⸗ gesellschaften zu gründen. Die Kammer nahm mehrere Artikel des Etats an.

Der Bischof von Seze hat sich, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, in einem Briefe an den Kultus⸗Minister der Er⸗ klärung des Erzbischofs von Aix nach ihrem ganzen Umsange angeschlossen. Er fügt hinzu: „Könnte doch diese Verurtheilung die Katholiken Frankreichs endlich dazu bringen,

ihren Muth und ihren Glauben zu entfalten und sie zur un⸗

beugsamen Vertheidigung des Glaubens zu begeistern!“ äußerte dem „W. T. B.“ zufolge

Der röömische Korrespondent des „Temps“ schreibt dem genannten Blatt, daß nach seinen Informationen der

päpstliche Stuhl die Angelegenheit des Erzbischofs von Aix als einen vereinzelten Zwischenfall betrachte, der nicht die Bedeutung besitze, um in der Haltung der Kurie in ihren Beziehungen zu der französischen Regierung

eine Aenderung eintreten zu lassen.

Rußland und Polen.

Der Minister des Auswärtigen von Giers machte, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, alsbald nach seiner Rückkehr nach St. Petersburg dem deutschen Botschafter von Schweinitz einen Besuch und verweilte bei ihm länger als eine Stunde.

In einem Berliner Blatt war der Erlaß eines Pferde⸗

ausfuhr⸗Verbots als bevorstehend angekündigt worden; wie die „Nord. Tel.⸗Ag.“ in St. Petersburg nach von ihr an maßgebender Stelle eingezogenen Erkundigungen mittheilt, wird an einen solchen Erlaß nicht gedacht.

In der Deputirtenkammer hat nunmehr gestern Na

mittag der Schatz⸗Minister Luzzatti das lang angekündigte

Exposé über die finanzielle Lage erstattet. Sein Vor⸗ trag dauerte von 3 bis 5 ½ Uhr und sämmtliche Minister dabei zugegen. Der Schatz⸗Minister führte

dem Bericht des „W. T. B.“ zufolge in seinem Exposé aus: Das abgeänderte Budget für 1891/92, in welchem das Kabinet

bezonnen habe, die Hauptfehler der früheren Budgets abzu⸗ tellen, in Folge deren die Ausgaben die Einnahmen über⸗ tiegen, werde mit einem Defizit von nur einer Million abschließen. Dieses Defizit würde durch die mit den neuen finanziellen Maß⸗ egeln erzielten Ersparnisse bequem gedeckt werden. Das Budget für 892/93 werde das erste sein, das mit einem wirklichen ÜUeber⸗ chusse abschließen werde. Die effektiven Einnahmen deckten

alle effektiven Ausgaben, alle Pensionen, die gesammten auf

30 Millionen herabgesetzten Ausgaben für Eisenbahnbauten nd die 11 Millionen für Amortisirung der Schuld. Es

verbleibe noch ein Ueberschuß von mehr als 9 Millionen. Es sei das erste Mal in der Geschichte der italienischen Finanzen, daß ein e. Resultat erreicht worden. Aber hierzu sei es erforderlich, alle von der Regierung vorgeschlagenen Ersparungen und Einnahme⸗Erhöhungen zu bewilligen. Der Minister kündigte sodann an, in welcher Weise er die in diesem Budget nicht aufgeführten Ausgaben für die Patrimonialkassen, die E senbahnen, die Maßregeln zu Gunsten der Stadt Rom und die Umbildung der Schatz schuld zu decken beabsichtige. Er erklärte, die Regierung ver⸗ pflichte sich, der Kammer niemals eine neue Ausgabe zu unterbreiten, ohne eine entsprechende Erhöhung der Einnahmen. Luzzatti fügte hinzu, seine Vor⸗ anschläge seien weder optimistisch noch pessimistisch, sondern von der Vorsicht eingegeben, die eine Rückkehr zu früheren Enttäuschungen unmöglich mache. Nach Beseitigung des Defizits müsse der Staat den Schatz regeln, den Geld⸗ umlauf in Ordnung bringen und die nationale Sparsamkeit neu beleben. Die Nation müsse ihrerseits das Defizit durch all⸗ emeine Sparsamkeit decken. Er verwerfe die Methode seiner orgänger, die Schuld des Schatzes, die heute 450 Millionen betrage, durch Umwandlung in Rente zu entlasten. Das große Schuldbuch, das für das Budget geschlossen sei, müsse auch für den Schatz unerbittlich geschlossen sein. Er schlage die Schaffung von Schatzbons mit jähriger Verfallfrist vor, die im Inlande placirt und im Verlauf von zwei oder drei Finanzjahren zu tilgen seien. Die Sparkasse in Mailand, die Nationalbank und andere Spar⸗ und Kreditinstitute hätten sich verpflichtet, diese Bons zu über⸗ nehmen. Diese Operation werde dem Parlament nicht unter⸗ breitet werden, bevor es die Gewihßheit erlangt haben werde, das Budget sei derart, daß diese Bons in einigen Jahren getilgt werden können. Die Operation werde sich vollständig im Innern vollziehen, denn Italien sei entschlossen, das volle Vertrauen des Auslandes wieder zu gewinnen und die kleinen Schatzoperationen nur in engem Kreise vorzunehmen. Luzzatti wies sodann nach, daß die um⸗ laufenden Noten der Emissionsbanken sich vermindert und die Metallreserven sich vermehrt hätten. Die neue Vorlage werde eine weitere Erhöhung der Metallreserven von 33 auf 40 Proz. bewirken. Er habe seine Pflicht erfüllt, die darin bestanden habe, das Budget so auszustatten, daß es allen An⸗ forderungen gewachsen sei und nicht mehr der Emittirung neuer Anleihen bedürfe. Die Regierung, die vom Aus⸗ lande kein Geld mehr verlangen werde, würde es zu günstigeren Bedingungen angeboten erhalten. Wenn die ganze italienische Rente in Italien untergebracht wäre, würde sie sich ungefähr auf Pari halten. Es sei nöthig, daß die italienischen Anleihe⸗Titres nach Italien zurückkehrten, nicht durch das Mißtrauen des Auslandes getrieben, sondern von der wirthschaftlichen Produktivität und Leistungsfähigkeit Italiens angezogen. Da die Einfuhr sich in den letzten 10 Monaten um 133 Millionen Lire vermindert, dagegen die Ausfuhr gegenüber der gleichen Periode des Vo jahres um 36 ½ Mil⸗ lionen vermehrt habe, müsse der Wechselcurs sinken. Der Minister schloß mit der Mahnung, sich nicht mit halben Maß⸗ regeln zu begnügen, sondern männliche Entschlüsse zu fassen, damit jene Schwierigkeiten überwunden würden, deren Quelle mehr im Lager der Gegner des Vaterlands als in der Un⸗ gunst der Zeit zu suchen sei. Nach Beendigung seiner Rede wurde der Schatz⸗Minister Luzzatti von seinen Kollegen und

vielen Deputirten beglückwünscht. 8 1

Der vom Eisenbahn⸗Departement mit der Untersuchung der Eisenbahnbrücken beauftragte Kontrol⸗ Ingenieur Löhle in Zürich hat, wie der Berner „Bund“ mittheilt, zwei Brücken beanstandet und ist in dieser Angelegenheit telegraphisch nach Bern berufen worden.

Griechenland.

Die Deputirtenkammer hat in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, den Antrag, der darauf abzielt, das letzte Kabinet Trikupis in den Anklagezustand zu versetzen, erst nach der Erledigung des Budgets in Berathung zu ziehen. Das Budget für 1892 weist an Einnahmen 98 ⁄0 Millonen Drachmen (gegen 1891 18⁄10 Millionen mehr) und an Aus⸗ gaben 98 ½ Millionen Drachmen (gegen 1891 um 1 9⁄0 Millionen weniger) auf. Das Defizit beträgt demnach nur noch 156 720 Drachmen. Alle Ressorts zeigen eine Verminderung der Ausgaben.

Rumänien.

Bukarest, 1. Dezember. Der Minister des Innern Catargi, der Kriegs Minister Jaques Lahovary und der Minaister für öffentliche Arbeiten Olanesco haben laut Meldung des „W. T. B.“ heute ihre Demission gegeben.

Dänemark.

Kopenhagen, 1. Dezember. An Stelle des verstorbenen Abg. Berg ist heute Rasmus Claussen (von der Partei der Moderaten) zum Präsidenten des Finanzausschusses des Reichstags gewählt worden.

Amerika.

Die Republiken Chile und Bolivia stehen im Begriff, den Friedensvertrag einer Revision zu unterziehen. Der Vertrag bestimmt, wie dem „R. B.“ über Panama ge⸗ meldet wird, in seiner neuen Form Folgendes: Bolivia ge⸗ steht Chile die ausschließliche und ständige Souveränetät über das Seenufer der Provinz Cobija zu. Chile seinerseits räumt Bolivia freien Waarentransit durch den Hafen von Antofa⸗ gasta ein und erkennt gleichzeitig das Souveränetätsrecht Bolivias an, Zollhäuser an der Grenze zu errichten, die nur den Beschränkungen des im Jahre 1885 geschlossenen Ab⸗ kommens unterworfen sind.

Nach einer in London ein egangenen offiziellen Depesche aus der brasilianischen Provinz Rio Grande do Sul haben die Theilnehmer an der dortigen Erhebung die Waffen niedergelegt, sobald durch den Rücktritt des Marschalls gesetzmäßigen Zustände wiederhergestellt waren; eitdem sei in Rio Grande Alles ruhig. 8

Asien. 1

Eine in Brüssel eingetroffene Depesche des belgischen Bevollmächtigten in China bestätigt die Zerstörung der Missionen in Takow. Die meisten belgischen Missionare konnten jedoch flüchten, namentlich die Patres Vandyck, Penys und Brulant. Die Wuth der

erstörer richtete sich hauptsächlich gegen die einge⸗ orenen Christen. Laut Meldung des „R. B.“ aus

Peking beträgt die Zahl der Hingeschlachteten nicht weniger als 300. Der , Sabh⸗ Li⸗Hung⸗Chang habe mehrere Tausend Reichstruppen nach der Front entsandt, um di

Hauptpunkte, wo die Rebellen durch die große Mauer dringe

könnten, zu halten. Zur größeren Schnelligkeit der Truppenbewegungen habe der Vize⸗König Befehl er

theilt, die Eisenbahnen zu benutzen, wodurch drei Tage Zeit gewonnen würden. Die protestantischen Missionare in Tsun Hoa, in der Nähe der großen Mauer, nordöstlich von Peking, hätten diese Station aufgegeben, da die lokaler

Behörden sich außer Stande erklärt hätten, ihnen irgend welchen Schutz zu gewähren.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (132.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher beiwohnte, theilt der Präsident die Mandatsniederlegung des Abg. Mülle (Pleß) mit. 8 6

Auf der Tagesordnung standen Anträge aus dem Hause, und zwar zunächst die erste Berathung des von den Abgg. Dr. Hirsch, Eberty, Dr. Hänel, Dr. Schneide (Nordhausen) und Schrader eingebrachten Gesetzentwurfs betreffend die eingetragenen Berufsvereine,

Abg. Dr. Hirsch betonte in seiner Begründung des An⸗ trags an der Hand der geschichtlichen Entwicklung die Be⸗ deutung des Vereinswesens. Die nothwendige Ergänzung der wirthschaftlichen Arbeitsfreiheit sei das Koalitionsrecht und die Ergänzung des Koalitionsrechts sei die Or ganisation der Arbeiter, deren Vereine nicht rechtlos und der Polizeiwillkür überlassen bleiben dürften. Dem Uebel der Arbeitslosigkeit könne der Staat niemals abhelfen wohl aber könnten die Berufsvereine auf diesem Gebiet durch Unterstützung der Arbeitslosen segensreich wirken. Schon wegen dieser einen Wohlthat müsse man der Berufsvereinen einen besonderen gesetzlichen Schutz angedeihen lassen, nach dem sie immer gestrebt hätten. Die englischer Gewerkvereine nähmen einen ganz anderen Rang ein als die unsrigen. Dem Drange der Arbeiter nach einem festen Zusammenschluß gegenüber sei die einzig richtige Politik, dafür zu sorgen, daß diese Bewegung in die richtigen Kanäl geleitet werde. Gäbe man den Arbeitervereinen das Recht der Persönlichkeit und Vermögensrechte, dann würden auch die Unterschleife und Betrügereien wegfallen; durch die jetzige Rechtlosigkeit der Vereine werde dagegen die Achtung vor dem Gesetz untergraben. Als Muster für den vorgelegten Gesetz entwurf hätten das bayerische Vereinsgesetz und das Genossen schaftsgesetz gedient, und so könne wohl die Vorlage als ein geeignete Grundlage für die kommissarische Berathung an gesehen werden. Der Einwand, daß eine gesetzliche Or ganisation der Arbeitervereine nur der Sozialdemokratie in di Hände arbeite, sei unverständlich, da die Sozialdemokratie ander Mittel habe, um ihre Zwecke zu erstreben. Redner bat zum Schluß um wohlwollende und vorurtheilsfreie Prüfung seines Antrags und empfahl seine Ueberweisung an ein Kommission.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. von Keudel das Wort.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Ein nur pripatrechtlich wirksamer Vertrag, durch welchen sich eine unter das Gesetz vom 16. April 1889, betreffend die Heran ziehung von Fabriken u s. w. mit Präcipualleistungen für den Wegebau (Gesetz⸗Samml. S. 100), fallende Unternehmung verpflichtet hat, einer Gemeinde zu den Unterhaltungskosten eines öffentlichen Weges welchen sie erheblich durch ihren Betrieb abnutzt, einen be stimmten Beitrag zu zaͤhlen, kann nach einem Erkenntniß 8 des Ober⸗Verwaltungsgerichts, IVv. Senats, vom 16. Ok⸗ tober 1891 (IV 953) für den Verwaltungsrichter keinen 8 Grund abgeben, einen Anspruch der Gemeinde aus den genannten Gesetze auf Leistung eines Präcipualbeitrags zurückzuweisen auch nicht etwa die Klage der Gemeinde so lange auszuschließen, bis im Wege des Civilprozesses die Rechtsungültigkeit des Verlrages festgestellt sei. Dagegen giebt das Gesetz selbst die Handhabe, um der offenbaren Unbilligkeit, daß die Unternehmung zweimal nämlich einmal aus dem Vertrage und dann aus dem genannten Gesetze zu derselben Wegebauleistung herangezogen werde, vor zubeugen, indem es bezüglich der Abmessung des Präzipual- beitrags dem Verwaltungsrichter die Stellung eines Schiedsrichters zuweist, welcher unter Abwäzung aller für die fragliche Wegeunter haltung in Betracht kommenden Verhältnisse schätzen soll, ob event. in welcher Höhe der Unternehmer zu den Kosten in angemessener Weise beizutragen hat, und ihn dadurch ermächtigt, die Verurtheilung

Wegebaupflichtige bei Erhebung dieses Beitrages bis zur Höhe des⸗ selben auf den ihm gegen den Unternehmer etwa vertragsmäßig zu⸗ stehenden Anspruch Verzicht leiste.

des Unternehmers von dem Vorbehalte abhängig zu machen, daß der

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Wie uns aus Rumänien mitgetheilt wird, ist daselbst vor etwa zwei Wochen ein Umschwung in der Witterung ein⸗ getreten, der, wenn die Wärme noch einige Zeit andauert, 58 1“ aat von den günstigsten Folgen zu werden verspricht

Morgen, Donnerstag, findet Königliche Parforce⸗ jagd statt. Stelldichein: Mittags 12 ¾ Uhr Jagdschloß Grunewald, 1 ¼ Uhr am Saugarten.

G Theater und Mufik.

Residenz⸗Theater. 8

„Madame Mongodin“, ein Schwank von Ernest Blum und Fa Toché, 8n gestern Abend seine erste Aufführung im Residenz⸗Theater und fand einen lauten Heiterkeitserfolg. 8— Die eigentliche Hauptrolle im Stück spielt nicht die Titelheldin Madame Mongodin, sondern Herr Mongodin, der vor der lucrezien⸗ haften Tugend seiner Frau seit zwanzig Jahren zittert und demüthig sich allen Forderungen der strengen Gattin beugt, der in

der Angst, um ihrem Zorn zu entgehen, die unmöglichsten Dinge möglich zu machen sucht, Thuͤren einrennen will, den Mondsüchtigen spielt, und doch endlich nach zwanzigjähriger Knechtschaft erkennen muß, daß Madame'’s strenge Tugend nicht ganz makellos ist.

Da komische Einfälle und lustige Situationen in dem Stück sich wie eine ununterbrochene Kette ohne Pause aneinanderreihen, so bleibt dem

Zuschauer und Zuhörer keine Zeit, die Scherze mit verständiger Ueber⸗