für 1892/93 eingestellt in Höhe von 185 541 ℳ Die Einnahmen aus dem Landarmen⸗ und Koreigendenwesen waren veranschlagt auf 522 300 ℳ, beliefen sich in Wirklichkeit auf 567 213 ℳ 68 ₰ und sind für 1892/93 eingestellt in Höhe von 537 352 ℳ Dem Voranschlag von 138 000 ℳ an Einkünften aus den Chausseen für 1890/91 stellte sich eine wirkliche Einnahme von nur 104 753 s *% 96 ₰ gegenüber. Der diesjährige Ertrag aus den Chaussee⸗Obstbäumen gestaltete sich erbeblich günstiger als im Vor⸗ jahre. Die Positionen: „Provinzialabgaben“ und „Insgemein“ wurden von der Berathung abgesetzt. Bei der Ausgabevposition „Reisekosten und Tagegelder“ wurde ein Antrag des Abg. Grafen von Knyphausen angenommen, wonach dem Ausschus aufgegeben wird, für die Sitzungen des Provinzial⸗Landtags die Monate November oder Dezember oder Januar zu wählen. Die Position „Reisekosten und Tagegelder des Provinzial Landtags“ wurde in Höhe von 24 920 ℳ ge⸗ nehmigt, dann ebenfalls die Position „Reisekosten und Tagegelder des Provinzial⸗Ausschusses’“ in Höhe von 6144 ℳ Von dem Aus⸗ gabebetrag für das Landes⸗Direktorium a. Besoldungen in Höhe von 66 300 ℳ fand auf Antrag des Berichterstatters, Schatzraths Müller, eine Absetzung von 1400 ℳ, die für einen anzustellenden Bureau⸗ Assistenten bestimmt waren, statt. Die übrigen Positionen wurden genehmigt, ebenso diejenigen für sächliche Verwaltungskosten des Landes⸗Direktoriums im Betrage von 48 900 ℳ. für Kosten der einzelnen Landschaften im Betrage von 76 780 ℳ 61 ₰. für Kunst und Wissenschaft in Höhe von 39 350 ℳ Für Irrenanstalten sind eingestellt 42 689 ℳ gegen 75 049 im Vorjahre. Für die Anstalten in Göttingen und Osnabrück fallen diesmal die Zuschüsse aus, weil die Anstalten finanziell günstig stehen. Für Hildesheim ist der Zuschuß von 31 325 ℳ auf 12 689 ℳ herab⸗ gesetzt. Diese Positionen wurden genehmigt. Für Taubstummen⸗ anstalten sind insgesammt in Ausgabe gestellt 121 105 ℳ gegen 115 235 ℳ im Vorjahre Schatzrath Müller referirte und begründete die Mehraus⸗ gabe, welch: besonders durch Erhöhung der Besoldungen der an diesen An⸗ stalten Angestellten herbeigeführt wird. Das früber von der König⸗ lichen Landdrostei in Aurich wahrgenommene Aufsichtsrecht über die Taubstummenanstalt zu Emden ist auf die Provinzialverwaltung über⸗ gegangen. Der Haushaltsplan der Taubstummenanstalt zu Hildes⸗ heim enthält bei einer Gesammteinnahme und ⸗Ausgabe in Höhe von 53 964 ℳ den Zuschußbetrag von 41 864 ℳ
Bayern.
München, 4. Dezember. In der Kammer der Ab⸗ geordneten trat heute, nach einem Bericht der „Köln. Ztg.“, der Abg. Burkhardt für die Errichtung eines Floßhafens in Würzburg und die Weiterlegung der Mainkette bis Würzburg ein. Die Erörterung hierüber wurde bis zur nächsten Sitzung am 10. d. M. verschoben. In der Zwischenzeit wird der Finanzausschuß den Militär⸗Etat berathen.
Sachsen.
Dresden, 4. Dezember. Die Zweite Kammer er⸗ ledigte in ihrer heutigen Sitzung, wie das „Dr. J.“ mittheilt, in allgemeiner Vorberathung den Bericht über die Verwaltung und Vermehrung der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1888 und 1889. Der Bericht wurde der Rechenschaftsdeputation überwiesen.
Oldenburg. “
(I) Oldenburg, 3. Dezember. Zu dem der Landes⸗ synode vorgelegten Gesetzentwurf über die Uebernahme der von den Mitgliedern und Beamten des Ober⸗Kirchenraths an die Beamten⸗Wittwenkasse zu zahlenden Beiträge auf die Central⸗Kirchenkasse beantragte der Ausschuß in einem aus⸗ führlichen Bericht die Ablehnung der Vorlage und das Er⸗ suchen an den Ober⸗Kirchenrath, der nächsten Landessynode den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, das die Befreiung der Mitglieder und Beamten des Ober ⸗Kirchenraths sowie der Pfarrer von den Beiträgen zur Beamten⸗Wittwenkasse als Pflichtinteressenten zum Gegenstande habe. — Der Antrag auf Ablehnung des jetzigen Gesetzentwurfs wurde in der heutigen Sitzung von der Synode mit 31 gegen 2 Stimmen abgelehnt und der Ausschußantrag in seinem übrigen Theil dahin an⸗ genommen, daß der nächsten Synode ein Gesetzentwurf hin⸗ sichtlich der Befreiung der Pfarrer von den Beiträgen zur Beamten⸗Wittwentasse vorgelegt werden möge. Sodann fand die Vorlage des Ober⸗Kirchenraths die Zustimmung der Synode. v
ESchwarzburg⸗Sondershausen. “
Sondershausen, 4. Dezember. Der Landtag nahm in seiner gestrigen Sitzung dem „Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl“ zufolge die von der Regierung vorgeschlagene Aenderung des Beamten⸗ Wittwen⸗ und ⸗Waisenkassengesetzes an und ging darauf zur Berathung des Staatshaushalts⸗Planes für 1892/95 über. Als direkte Steuern wurden genehmigt: Grundsteuer 122 200 ℳ, Gebäudesteuer 36 600 ℳ, Klassensteuer 256 000 ℳ, Eisenbahnabgabe 1600 ℳ, zusammen 416 400 ℳ Die Summe der indirekten Steuern wurde auf 511 950 ℳ festgesetzt, die Einnahme aus der Unterrichts⸗ verwaltung auf 87 521 ℳ und die aus den Staatsforsten auf 909 863 ℳ
Hamburg.
Hamburg, 4. Dezember. Der Senat hat den Bürger⸗ meister Dr. Carl Friedrich Petersen zum Ersten Bürger⸗ meister und den Senator Dr. Johann Georg Mönckeberg zum zweiten Bürgermeister für das Jahr 1892 erwählt.
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1““
Oesterreich⸗Ungarn.
Im Hinblick auf die bevorstehenden Landtags⸗Er⸗ gänzungswahlen in Tirol haben nach der „Presse“ am vergangenen Sonntag die Vertrauensmänner der italienisch⸗ nationalen Partei in einer in Trient abgehaltenen Ver⸗ sammlung die Abstinenz vom Landtag beschlossen.
Großbritannien und Irland. 8 Der Minister für Landwirthschaft Chaplin, welcher die neulich von Herrn Balfour angekündigte Kleinstellen⸗ Bill im Parlament einzubringen hat, äußerte sich am Mitt⸗ woch vor seinen Wählern über den bezüglichen Plan der Re⸗ 8 Fa 3 do 8 8 1 atürl; gierung Es sei, so erklärte er der „A. C.“ zufolge, natürlich ganz ausgeschlossen, große Güter in kleine Stellen zu zer⸗ legen; sehr wohl ließen sich aber die beiden Landsysteme mit einander verbinden, sodaß neben großen Gütern kleinere Stellen lägen. Die Regierung wolle wenigstens den Versuch mit diesem gemischten Landsystem machen. Eines würde sie jedenfalls nicht thun, nämlich den Grund und Boden auf dem flachen Lande höher besteuern; denn das Resultat würde nuar jein, daß das Areal unbebauten Landes sich noch vergrößere. In dem Programm der Partei John Morley’s nehme freilich die höhere Besteuerung des ndes und Bodens eine hervorragende Stelle ein; indessen lasse sich eine solche schwer mit der angeblichen großen
Sympathie für die Landbevölkerung vereinigen.
Frankreich.
Paris, 5. Dezember. Der Kaiser Dom Pedro ist, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern gestorben.
Geboren zu Rio de Janeiro am 2. Dezember 1825, wurde Dom Pedro, als sein Vater, der Kaiser Dom Pedro I., in Folge eines Volksaufstandes am 7 April 1831 die Regierung niederlegte, zum Kaiser von Brasilien ausgerufen. Anfangs unter einer Reichs⸗ regentschaft stehend, wurde er am 23 Juli 1840 für voll⸗ jährig erklärt und am 18. Juli 1841 gekrönt Am 4. September 1843 vermählte sich Dom Pedro mit Therese Christine Maria Prinzessin von Bourbon und beider Sizilien, die ihm am 28. De⸗ zember 1889 durch den Tod entrissen wurde. Zwei Töchter ent⸗ sprossen dieser Ehe: Isabella, vermählt mit dem Grafen von Eu, und Leopoldine, vermählt mit dem Prinzen August zu Sachsen⸗Coburg. Letztere starb am 7. Februar 1871. Ob⸗ wohl Dom Pedro sich durch seine wohlwollende Ge⸗ sinnung, eine gediegene und vielseitige Bildung und ein hohes Interesse für das Wohl Brasiliens auszeichnete, wurde er doch am 15. November 1889 durch einen Militäraufstand in Rio de Janeiro seines Thrones entsetzt. Seitdem lebte er in Europa, und zwar meistentheils in Frankreich, sich nur mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigend. Dom Pedro war bis kuarz vor Eintritt des Todes bei Bewußtsein geblieben und starb fast ohne Todeskampf. Wenige Minuten vor seinem Hinscheiden forderte er seine Tochter und seinen Schwiegersohn auf, mit ihm für die Wiederkehr der Ruhe, Größe und Wohlfahrt von Brasilien zu beten Die Beisetzung erfolgt, dem Wunsche Dom Pedro's entsprechend, in Lissabon.
Der Senat nahm gestern eine größere Zahl von Artikeln des Zolltarifs an, darunter auch die Zollsätze auf Holz, für welche die Kommission eine von der Fassung der Deputirtenkammer abweichende Klassifikation verlangt hatte. Die Sitzung der Deputirtenkammer wurde ausschließlich durch die Generaldebatte über das Budget für Algerien in An⸗ spruch genommen. 8
Die Deputirtenkammer setzte in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung der Interpellationen über die Kirchen⸗ politik der Regierung fort. Der Deputirte Rossi richtete unter Bezugnahme auf die Ereignisse während der letzten Wall⸗ fahrt an die Regierung die Anfrage, ob und in welcher Weise sie die Ursachen jener faktiösen Politikzu beseitigen gedenke, die unter Mißbrauch der katholischen Religion den klerikalen Fanatismus gegen die Integrität und die Sicherheit des Staats hetze; ferner, ob die Regierung geneigt sei, weitere Verunglimpfungen des Vaterlandes dadurch zu verhindern, daß sie eine Politik der Gewissensfreiheit und der gleichen Behandlung aller Kulte zur Richtschnuur nehme und den Klerus von dem Drucke des Vatikans befreie, oder indem sie zur Aufhebung des Garantiegesetzes und des ersten Verfassungsartikels schreite. Der Interpellant wies zugleich auf die Gefahren hin, welche möglicherweise für Italien aus den Umtrieben finsterer Sekten zu Gunsten der Herstellung der weltlichen Macht des Papstes entstehen könnten. — Dann nahm der Deputirte Bovio das Wort. Er erklärte: Italien habe stets die Frei⸗ heit des Papstes geachtet; die Kirche sei es, welche die Freiheit negire, die darin bestehe, daß man nicht verletze, um nicht verletzt zu werden. Redner verlangte die Bildung neuer politischer Parteien, um den vollen weltlichen Charakter des Staats zu verkünden. — Barazzuoli (von der Rechten) billigte den Ausbruch des italienischen Patriotismus anläaͤßlich der Pan⸗ theon⸗Affaire, bedauert jedoch, daß die Gegner des Garantie⸗ gesetzes sich die bekannten Vorfälle zu Nutze machten. Redner erklärte sich alsdann gegen die Abschaffung des ersten Artikels der Verfassung und fragte den Mnnister⸗Präsidenten di Ru⸗ dini, ob er gesonnen sei, die gegenwärtige Kirchenpolitik fort⸗ zusetzen, an der ausschließlichen Regelung der Beziehungen Italiens mit dem Papstthum mittels des italienischen Gesetzes festzuhalten und den Artikel 18 des Garantiegesetzes fort⸗ dauernd anzuwenden. Im bejahenden Falle werde er für die Regicrung und deren Politik stemmen.
Nach einer kurzen Rede Bonghi's zu Gunsten des Garantiegesetzes ergriff unter allgemeiner Spannung der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini das Wort. In der Einleitung seiner Rede erklärte dieser nach dem Bericht des „W. T. B.“, er begreife nicht, wie die Frage der weltlichen Macht des Papstes, die seit langer Zeit todt und begraben sei, im italienischen Parlament neuerdings habe aufleben können. Die weltliche Macht des Papstes sei gefallen, sobald Frankreich Rom verlassen habe, noch vor der militärischen Aktion Italiens. Für die Diplomatie sei nur das Problem der Beziehungen des Papstthums zum Katholizismus und zu den katholischen Mächten übrig geblieben. Maßgebend sei nur die Haltung Frankreichs und Oesterreichs gewesen. Frankreich, in einen Titanenkampf verwickelt, habe sich für die römische Frage nicht interessiren können. Entscheidend sei die Haltung Oesterreich⸗Ungarns. Diese Haltung sei aufrichtig und freund⸗ schaftlich gewesen, was aus dem Berichte des damaligen italienischen Vertreters in Wien, Minghetti, hervorgehe. Oesterreich habe erklärt, es sei fest entschlossen, sich in die Frage nicht einzumischen, es könne nicht einmal seine „bons offices“ antragen. Als Italien die Bestimmungen des Ge⸗ setzes vom 13. Mai 1871 den verschiedenen Kabinetten mit⸗ theilte, wäre die Lage eine heikle gewesen, wenn die Regierungen dagegen Einwendungen erhoben hätten. Wenn dagegen das Gesetz gebilligt wurde, so hatte es einen internationalen Charakter. Auch hierbei sei die Haltung Oesterreich⸗Ungarns maßgebend gewesen. Oesterreich habe erklärt, an dem Grundsatze der Nichteinmischung fest⸗ zuhalten und die offizielle Zustimmung zu dem Garantiegesetze nicht ertheilen zu können; betreffs der Aeußerungen des Grafen Kälnoky habe Cavalotti aber hinzuzufügen unterlassen, daß es nicht in der Absicht des Ministers gelegen habe, sich mit der römischen Frage zu beschäftigen, noch die patriotischen Gefühle Italiens zu verletzen. Im Uebrigen stehe es fest, daß, wenn die Einheit Italiens bedroht werden sollte, Oester⸗ reich Ungarns Armee an Italiens Seite stehen würde. Oesterreich⸗Ungarn sei somit der erste Staat gewesen, welcher den internationalen Charakter des Garantiegesetzes proklamirt habe. Das Garantiegesetz sei ein Gesetz der Freiheit, dessen Wirksamkeit von dem Glauben an seine Unerschütterlichkeit abhänge. Die Regierung werde den zweiten Theil des Garantiegesetzes betreffs der reservirten Rechte vollständig aufrecht erhalten. Er wünsche, daß der Staat einen welt⸗ lichen Charakter trage, die I wolle daher die Laien⸗ schule beibehalten. Gegen den Vorrang der Civiltrauung vor der kirchlichen und gegen die Ehescheidung wolle er sich nicht aussprechen, der gegenwärtige Moment sei jedoch für diese Reformen ungeeignet. Am Schluß seiner Rede erklärte der Minister⸗Präsident: Keine italienische Regierung werde die Einmischung anderer Regierungen in italienische Angelegen⸗ heiten gestatten. Die Regierung sei gesonnen, ihre bisherige
Kirchenpolitik aufrecht zu erhalten und die Autorität des Ge⸗
setzes sowohl den Pilgern als allen Anderen gegenüber zur Geltung zu bringen. Die von Bovio und Cavalotti angeregte Neubildung der Parteien werde weder durch die parlamentarischen Verhältnisse noch durch die Lage des Landes ermöglicht; er könne auch ver⸗ sichern, daß sie auf den Ministerbänken keine Welfen, sondern nur Liberale und Ghibellinen finden vürden. — Die Rede wurde mit allgemeinem Beifall aufgenommen, der sich gegen den Schluß steigerte. Der Minister des Innern Nicotera erklärte noch: Die Frage scheine ihm durch die Rede des Minister⸗Präsidenten erschöpft. Was die Auflösung des Mailänder Meetings betreffe, so sei diese vollkommen gesetzlich gewesen, er übernehme hierfür die volle Verantwortung. — Die Debatte soll in der heutigen Sitzung fortgesetzt werden; dem Vernehmen nach werde der Deputirte Barazzuoli eine Tagesordnung vorschlagen, worüber die Kammer die Abstimmung verlangen werde.
Im Anschluß an die Sitzung hielt die parlamenta⸗ rische Majorität gestern Abend eine Versammlung ab, welche etwa 190 Theilnehmer zählte. Nach den Erklärungen der Minister di Rudini, Nicotera und Luzzatti und den Aus⸗ führungen mehrerer Deputirten wurde beschlossen, sofort ein Votum der Kammer über die innere Politik und die Kirchenpolitik herbeizuführen, den sogenannten Gesetzent⸗ wurf Catenaccio noch vor den Weihnachtsferien zu berath’'n und dem Minister Präsidenten den Auftrag zu ertheilen, ein Comité der Majorität zu ernennen. — In Beantwortung einer an ihn gerichteten Frage konstatirte der Minister⸗Präsident, wie „W. T. B.“ der Meldung hinzufügt, daß zwischen den Mitgliedern des Kabinets völlige Uebereinstimmung bestehe.
Am Mittwoch Abend ist, der „Köln. Ztg.“ zufolge, in Rom der Senator und Präsident des Staatsraths Carlo Cadorna, früherer Minister und Kammer⸗Präsident unter Cavour, im Alter von 82 Jahren verstorben.
Portugal.
Die portugiesische Gesandtschaft in Paris erklärt das Gerücht, daß die portugiesische Regierung bezüglich der por⸗ tugiesischen Finanzen auch nur im Prinzip der Er⸗ nennung einer ausländischen Kontrolkommission zugestimmt habe, für unbegründet.
Schweiz.
Der Schweizer Bundesrath hat, wie t „W. T B.“ aus Bern vernimmt, die Anträge des Militärdepartements, betreffend die Forderung außerordentlicher Kredite für die Kriegsbereitschaft, ohne wesentliche Streichungen genehmigt.
Bezüglich der Handelsvertrags⸗Unterhandlungen mit Italien wird dem „Bund“ aus Rom gemeldet, daß die schweizerischen Begehren der Ermäßigung des Zolls auf Baumwollgespinnste, Gewebe und Maschinen dort viel Be⸗ denken erregten. Die Unterhandlungen dürften in Folge dessen schwierig werden und sich sehr in die Länge ziehen, zumal Ilalien der Schweiz neuerdings den Abschluß eines Zollkartells vorschlagen zu wollen scheine, gegen den die Schweiz si hartnäckig gesträubt habe. 1 u
Türkei. E11535 “ 88
Mittels Kaiserlichen Befehls ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus Konstantinopel eine Spezialkommission zur Prüfung der Finanzoperationen ernannt worden, an denen die ottomanische Staatsschuld und der Kaiserliche Schatz gemeinschaftilch interessirt sind. Zum Präsidenten der Kommission wurde der Finanz⸗Minister ernannt, zu den Mit⸗ gliedern gehört auch der Minister der Civillisite.
Griechenland.
Das Präsidium der Deputirtenkammer überbrachte, wie dem „W. T. B.“ aus Athen berichtet wird, dem König sowie der Königlichen Familie gestern die Beileidskund⸗ gebung des Parlaments anläßlich des Ablebens der Großfürstin Alexandra.
Zwischen dem Marine⸗Minister Kumunduros und dem Depulirten Coubouli, einem höheren Marine⸗Offizier, hat gestern ein Pistolenduell stattgefunden, bei dem jedoch trotz dreimaligen Kugelwechsels Keiner verletzt wurde.
Amerika.
Der Schatzamts⸗Sekretär Foster hat sich, wie „R. B.“ aus New⸗York meldet, bei dem Festmahl der dortigen Handels⸗ kammer, am 17. November, eine Erkältung zugezogen. Seit der Zeit kränkelt er und wird sich deshalb in der nächsten Woche zur Erholung nach dem Süden begeben. — Die Prozesse, die bei dem obersten Bundesgerichtshofe anhängig gemacht worden sind, um die Verfassungsmäßigkeit, der Me Kinley⸗Bill auf die Probe zu stellen, sind jetzt zu Ende geführt, und das Gericht wird in den nächsten Tagen sein Urtheil fällen. Nach einer telegraphischen Meldung der „Daily News“ aus New⸗York hätten sich die Zolleinnahmen in Folge der Mac Kinley⸗Bill seit dem 1. Juli um 36 Mil⸗ lionen Dollars vermindert. — In Philadelphia ist am 2. d. M. der neue Kreuzer „New York“ vom Stapel gelassen worden; das Schiff ist das größte und stärkste, welches nach dem Flottenvermehrungsplan zu erbauen war.
Asien.
Die Nachrichten über den Aufstand in China werden neuerdings in Telegrammen aus Tientsin, die der „Times“ über Singapore zugingen, als stark übertrieben bezeichnet. Die Gesammtstärke der Aufständischen erreiche nicht 2000 Mann. Die einzige Bedeutung des Aufruhrs liege in der Furcht der Regierungsorgane und dem Mangel an Vertheidigungs⸗ mitteln in Peking. Die fremden Konsuln in Peking hätten die Absendung von Kriegsschiffen zu ihrem Schutz verlangt. Dagegen verhalte sich die Bevölkerung von Peking jetzt den Europäern gegenüber sehr seindselig und werfe mit Steinen nach den Ausländern. Der englische Gesandte habe infolgedessen einen Protest an die chinesische Regierung gerichtet. Zahlreiche Eingeborene verließen die Hauptstadt und flüchteten nach Tientsin. — Der chinesische Gesandte in Paris bestätigte dem französischen Minister des Auswärtigen Ribot gegenüber, daß die Regierung in Peking vollständig sicher darüber sei, die aufständische Be⸗ wegung alsbald unterdrücken zu können. Einem heute in Paris eingegangenen Telegramm aus Shanghai zufolge sollen die Kaiserlichen Truppen Chasyang weedererobert haben. Die Aufständischen seien mit großen Verlusten zurückgeschlagen worden und hätten sich in die Berge zurück⸗
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Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (135.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschall und Dr. Bosse, sowie der Königlich preußische Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch beiwohnten, wurde zunächst in dritter Berathung der Entwurf
eeines Gesetzes, betreffend die Kontrole des Reichs haus⸗
halts und des Landeshaushalts von Elsaß⸗ Lothringen für das Etatsjahr 1891/92, auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenommenen Vorlage ohne Besprechung genehmigt. 8 1“
Es folgte der mündliche Bericht der Kommission für die Geschäfts ordnung, die ihr durch Plenarbeschluß vom 26. Ja⸗ nuar 1891 überwiesene Frage der Unterstützung der in zweiter Berathung zum Reichshaushalts⸗Etat beantragten Resolution
betreffend. 8 Der Berichterstatter Abg. Hahn beantragte Namens der
Kommission:
Der Reichstag wolle in Abänderung des Beschlusses vom 11. März
1886*ù) beschließen:
Die bei der Beralhung des Reichshaushalts⸗Etats in der zweiten Lesung beantragten Resolutionen bedürfen der Unterstützung von 15 Mitgliedern. Die Abstimmung über diese Resolutionen erfolgt frühestens am dritten Tage, nachdem sie gedruckt und in die Hände der Mitglieder gekommen sind. Die Abstimmung ist bis nach endgültiger Festsetzung der Etatsposition auszusetzen, sofern der enge Zusammenhang mit der Etatsposition es angezeigt erscheinen läßt oder ein von 30 Mitgliedern unterstützter Antrag es verlangt.
1 Nach längerer Besprechung, an der sich die Abgg.
Richter und Dr. Porsch sowie der Berichterstatter betheiligten,
wurde der Gegenstand auf Antrag des Abg. Grafen Balle⸗ trem von der heutigen Tagesordnung abgesetzt.
Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes, betreffend einen Zusatz zu Artikel 31 der Reichs⸗ verfassung.
Der Zusatz lautet:
Auf die Zeit einer Vertagung des Reichstags, welche die Frist vppon dreißig Tagen übersteigt, finden die vorstehenden Bestimmungen kkeine Anwendung.
Die Vorlage will also die Immunität der Reichstags⸗
nitglieder während einer solchen Vertagung aufheben.
Abg. Dr. Bamberger erklärte sich unter Hinweis auf
ie Vorgeschichte der Vorlage dagegen. Praktisch sei die Sache unerheblich. Das Wohl des Reichs leide nicht darunter, wenn die Anklagen wegen Preßvergehen und Beleidigungen, um die es sich ja fast nur bei Abgeordneten handle und die am besten ganz ver⸗ schwänden, während einer längeren Vertagung niedergehalten würden. An sich seien solche längeren Vertagungen, wie sie im vorigen Jahre wegen der Gewerbeordnung und in
iesem Jahre für das Krankenkassengesetz beschlossen seien, wenig wünschenswerth, und diesen Zustand solle man möglichst aus der Welt schaffen, anstatt ihn zu begünstigen, wie es die Vorlage thue. Redner schilderte eingehend die verschiedenen Mißstände, die sich in Folge dieser beiden längeren Vertagungen ühlbar gemacht hätten; namentlich sei der Mangel der Thron⸗ eden zu bedauern. Wenn auch die Aufhebung der Immunität während der Vertagung materiell nicht sehr bedeutend sei, so setze sich doch, was formell nicht gleichgültig sei, die Reichsverfassung durch die beantragte Aenderung in Widerspruch mit den Verfassungen der Einzelstaaten Es müsse in anderer Weise als durch Ver⸗ tagungen dafür Sorge getragen werden, daß die Ergebnisse langer Kommissionsberathungen nicht durch Schluß der Session verloren gingen. Die Geschäftsordnungs Kommission müsse diese Frage prüfen.
Staatssekretär Dr. von Boetticher bemerkte, daß selbst im Kreise der verbündeten Regierungen eine Uebereinstimmung über Auslegung des Art. 31 der Verfassung nicht herrsche. Der Reichstag habe im vorigen Jahre in einer Resolution gewünscht, die Immunität während der Vertagung aufrechtzuerhalten, aber eine Anweisung an die Gerichte und Staatsanwälte, die Verfassung so oder so auszulegen, sei nicht möglich, die Re⸗ gierung habe deshalb eine Auslegung durch Gesetz vorge⸗ schlagen. Ohne Annahme einer gesetzlichen Aenderung in der einen oder anderen Weise bleibe der Mißstand, daß Ab⸗ geordnete während einer Vertagung verfolgt werden könnten, ein dauernder, denn die verbündeten Regierungen könnten dies nicht hindern. Mißstand beseitigen wolle.
Abg. Dr. Lieber erklärte, daß die Centrumspartei auf
dem Boden der vorjährigen Resolution stehe, also einer Auf⸗
hebung der Immunität während der Vertagung nicht zu⸗ stimmen könne, und für Ueberweisung des Gesetzentwurfs an eine Kommission stimmen werde.
Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Hahn das Wort.
— Die XVIII. Kommission des Reichstags zur Vor⸗ berathung des von den Abgg. Dr. Hirsch, Eberty, Dr. Hänel, Dr. Schneider (Nordhausen), Schrader eingebrachten Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die eingetragenen Berufsvereine, be⸗ steht aus folgenden Mitgliedern: Schrader, Vorsitzender, von Keudell, Stellvertreter des Vorsitzenden, Dr. Güß⸗ Schrift⸗ führer, Heine, Schriftführer, Graf Douglas, von Gerlach, Dr. Hirsch, Hitze, Dr. Lieber, Molkenbuhr, Neckermann, Schneider (Hamm), Dr. Schneider (Nordhausen), Spahn.
„— Beim Reichstag sind folgende Resolutionen zur zweiten Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1892/93 eingegangen:
1) von den Abgg. Dr. Baumbach (Berlin) und Gen.: Der Reichstag wolle Den Bundesrath zu ersuchen, eine Abänderung der Reichsverfassung, Art. 32, in dem Sinne herbeizuführen, daß die Mitglieder des Reichstags aus Reichs⸗ mitteln Diäten und Reisekosten erhalten.
2) von dem Abg. Richter: Der Reichstag wolle be⸗ schließen: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in Aus⸗ führung der Bestimmung des Reichs⸗Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 (§. 14 letzter Absatz) dem Reichstag einen Gesetz⸗ entwurf vorzulegen zur Regelung der Vorbedingungen, welche zum einjährig⸗freiwilligen Dienst berechtigen.“
—») Der Beschluß vom 11. März 1886 lautet, wie folgt: Die bei der Berathung des Reichshaushalts⸗Etats beantragten Resolutionen kommen nach Beendigung der Berathung über die Reso⸗ lution zur Abstimmung, sofern nicht entweder deren enger Zusammen⸗ hang mit einer Position des Etats die Verweisung der Abstimmung bis nach endgültiger Festsetzung der Etatsposition angezeigt erscheinen läßt, oder ein dahin gehender, von dreißig Mitgliedern unterstützter Antrag dies verlangt.
11
Er gebe dem Reichstag anheim, wie er den
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die Polizeiverwaltung zu H. hatte einem Händler verboten, auf seinem Grundstücke „Schweinemärkte“ abzuhalten. Durch Erkenntniß vom 17. September 1891 III 800 setzte das O.⸗V.⸗G. die betreffende Verfügung außer Kraft aus folgenden Gründen: Wie in dem Urtheil des O.⸗V.⸗G. vom 10. November 1887 (Entsch C. 15 S. 366) dargelegt ist, besteht die rechtliche Eigenthümlichkeit der Märkte, deren Zahl, Zeit und Dauer nach §. 65 der Gewerbeordnung von der zuständigen Behörde fefst⸗ gesetzt wird und für welche nach § 69 g. a. O. von der Orts⸗Polizei⸗ behörde im Einverständnisse mit der Gemeindebehörde eine Markt⸗ ordnung zu erlassen ist, darin, daß für den sich während der Marktzeit und innerhalb der Marktplätze zwischen Verkäufern und Käufern vollziehenden Verkehr in Folge der Gleichstellung der aus⸗ wärtigen und der einheimischen Marktbesucher die Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Umherziehen außer Kraft treten. Für das Feilbieten von Waaren zu anderer Zeit. oder an anderen Plätzen bewendet es bei den den Gewerbebetrieb im Um⸗ herziehen pon dem stehenden Gewerbebetriebe abgrenzenden und an besondere Bedingungen kaüpfenden Vorschriften. Wenn daber der Eigenthümer eines Grundstücks gestattet, daß auf seinem Grund⸗ stück Waaren feilgeboten werden und daß sein Grundstück von Kauf⸗ lustigen betreten wird, so hat der sich auf dem Grundstück entwickelnde Verkehr mit einem Marktverkehr nur das äußere Aussehen gemein; der Grundstückseigenthümer errichtet nicht einen Markt im Sinne des Gesetzes und kann einen solchen Markt nicht errichten, da er dem Verkehr auf seinem Grundstück die rechtliche Sonderstellung, welche das Wesen der Märkte bildet, nicht zu verleihen vermag. Sein Unternehmen wird durch die den Markt⸗ verkehr behandelnden Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht berührt und ist durch keine sonstige Gesetzesvorschrift für un⸗ zulässig erklärt oder von polizeilicher Genehmigung abhängig gemacht. Es können ferner durch Bestimmung einer speziellen Markt⸗ ordnung (wie die zu H.) die am Marktorte einheimischen Personen nicht gehindert werden, wäbrend der Dauer der Marktzeit ihre Waaren auf Privatgrundstücken oder auch — soweit nicht der §. 42b der Gewerbeordnung entgegensteht — auf den öffentlichen Straßen außerhalb der Marktplätze feilzubieten und dasselbe gilt von auswärtigen Personen, welche den Wander⸗ gewerbeschein erlangt haben oder für den Verkauf ihrer Waaren eines Wandergewerbescheins nicht bedürfen. Denn nach § 69 der Gewerbe⸗ ordnung ist die Aufgabe der Marktordnungen dahin zu begrenzen, daß sie den auf behördlicher Anordnung beruhenden bevorrechteten Markt⸗ verkehr zu regeln und namentlich die Plätze innerhalb des Marktsorts, welche diesen Verkehr aufnehmen sollen, mit der Wirkung zu bestimmen haben, daß das außerhalb dieser Plätze stattfindende Feilbieten von Waaren nicht als Marktverkehr gilt, nicht unter dem Schutze des Marktprivilegiums steht; dagegen ist ihnen versagt, demjenigen Verkehr, der seine Berechtigung nicht aus dem Marktprivilegium schöpft, Beschränkungen aufzuerlegen, indem sie Personen, welche auch außer der Marktzeit zum Feilbieten von Waaren im Marktorte befugt sind, zwingen, während der D der Marktzei ir auf Marktplätzen feil zu bieten. 8
Kunst und Wissenschaft.
Die geschäftsführenden Ausschüsse für die Errichtung eines Kaiser Friedrich⸗Denkmals bei Wörth haben ein Preis⸗ ausschreiben erlassen, dem wir Folgendes entnehmen: Zugelassen zur Preisbewerbung sind nur Angehörige des Deutschen Reichs, jedoch ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz im In⸗ oder Auslande. — Als Platz für das Denkmal ist ein Punkt auf der Hügelkette östlich von Wörth bestimmt, der einen umfassenden Ueberblick über das gesammte Schlachtfeld gestattet und in der Nähe der Stelle liegt, von wo aus der Kronprinz die Schlacht leitete. — Das Denkmal soll den Kronprinzen zu Pferde in der Uniform, die er am Schlacht⸗ tage trug, darstellen. Am Sockel sollen, sei es durch Statuen, sei es durch Reliefs, die Waffenbrüderschaft von Nord⸗ und Süddeutschland und die Wiedergewinnung von Elsaß⸗Lothringen zum Ausdruck ge⸗ bracht werden. Als Unterbau des Denkmals und zur Applanirung des bügeligen Terrains ist ein weites, drei bis vier Meter hohes Plateau mit Treppenanlagen nothwendig, das in der Skize aber nicht mit dargestellt zu wercden braucht. — Reiterstandbild und Sockel⸗ figuren oder Reliefs sollen in Bronze, der Sockel in hartem Gestein ausgeführt werden. — Für die Beschaffung des Denkmals, aus⸗ schließlich des Plateaus, ist die Summe von 200 000 ℳ vorgesehen. Die Möglichkeit, den Entwurf für diese Summe zur Ausführung zu bringen, ist durch einen ins Einzelne gehenden Kostenanschlag nachzu⸗ weisen. — Der Entwurf ist durch eine plastische Skizze darzustellen, für die als Maßstab die Größe von 25 Zoll = ca. 65 em für die Reiterfigur, vom Fußboden bis zum Kopf des Reiters in ruhiger Haltung, festgesetzt ist. — Die Skizzen sind spätestens bis zum 1. April
1892 an die Königliche Akademie der Künste in Berlin einzusenden. — Sie sind mit einem Motto zu versehen und müssen von einem ver⸗ segelten Briefumschlage begleitet sein, der als Aufschrift das gleiche Motto trägt und den Namen nebst genauer Adresse des Künst⸗ lers enthält. — Die Kosten für den Her⸗ und Rücktransport der Modelle, sowie für ihre Ausstellung in Berlin und Straß⸗ burg trägt das Comits; die Kosten und die Verantwortlichkeit für gute und sachgemäße Verpackung auf dem Transport nach Berlin tragen die Künstler. — Die Beurtheilung der Entwürfe soll durch ein Preisgericht erfolgen, das aus folgenden Herren bestehen wird: 1) dem General⸗Direktor der Königlichen Museen, Wirklichen Ge⸗ heimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schöne in Berlin, 2) dem Direktor der Akademischen Hochschule für die bildenden Künste, Professor Anton von Werner in Berlin, 3) dem Oberlehrer am Gymnasium zu Ha⸗ genau Dr. von Rohden, 4) Professor Reinhold Begas in Berlin, 5) Professor Erdmann Encke in Berlin, 6) Professor W. von Rümann in München, 7) Professor R. Diez in Dresden. — Für die drei Entwürfe, welche die Mehrheit des Preisgerichts als die besten bezeichnet, werden drei Preise von je 4000 ℳ gewährt. — Das Urtheil des Preisgerichts wird durch den Kaiserlichen Statthalter in Elsaß⸗Lothringen, Fürsten zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst, als den Protektor des Unternehmens, Seiner Majestät dem Kaiser zur Allerhöchsten Entscheidung über die Wahl des auszuführenden Entwurfs demnächst vorgelegt werden. — Den vorstehenden, dem Preisausschreiben entnommenen Bestimmungen können wir noch die Bemerkung hinzufügen, daß zur Ertheilung näherer Auskunft der Schriftführer des Berliner Ausschusses, Herr Professor Dr. Delbrück (Berlin W., Linkstraße 42) bereit ist.
116 Der wohlbekannte Erzgießer Hermann Howaldt in Braunschweig, Sohn des verstorbenen Professors Georg Howaldt, ist den Folgen eines Sturzes vom Gerüst, den er vor Kurzem er⸗ litten, am 3. d. M. erlegen.
vEEE111“ in Aussicht gestellte Regierungsvorlage zum Schutz der Kunstschätze Italiens gegen Veräußerung und Ver⸗ schleppung nach dem Ausland ist der „Köln. Ztg.“ zufolge in diesen Tagen im italienischen Senat durch den Unterrichts⸗Minister Villari förmlich angekündigt worden. Villari versprach die baldige Vorlegung eines Gesetzentwurfs zum Schutz der Kunstgegenstände und Alterthümer Italiens überhaupt und ein Reglement über die römischen Galerien, für welche die Frage allerdings nicht im Ganzen, sondern nur von Fall zu Fall geregelt werden könne.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Das seit etwa Mitte November anhaltende, warme, feuchte, meist neblige Wetter hat auf die Wintersaaten im südlichen Rußland einen fördernden Einfluß ausgeübt, sodaß die bisher über den Stand derselben laut gewordenen Klagen ver⸗ stummen. Die wegen der Trockenheit des Bodens bereits
— J. IIo f i9 verloren geglaubte Saat geht zufriedenstellend auf, und die
landwirthschaftlichen Arbeiten, wie Pflügen, Säen ꝛc., die bis dahin nicht hatten ausgesührt werden können, sind mit Erfolg wieder aufgenommen und zum größten Theile beendet worden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
London, 3. Dezember. Die „A. C.“ berichtet: Edinburg scheint mehr als andere Städte des Vereinigten Königreichs von der Grippe⸗Epidemie zu leiden. Die Zahl der Todesfälle hat in der letzten Woche fast um das Doppelte zugenommen und die Aerzte befürchten, daß sie diese Woche noch steigen wird. Merkwürdig ist, daß die meisten Fälle nicht in den ärmsten und am dichtesten bevöl⸗ kerten Quartieren vorkommen, sondern gerade in den feinsten und luftigsten. Große Fabriken, die Hunderte von Arbeitern beschäftigen, sind weniger von der Grippe heimgesucht worden als Banken, Ver⸗ sicherungsanstalten und Advokatenbureaus.
Theater und Mufik. —
85 Königliches Opernhaus.
Zur Vorfeier des heütigen hundertjährigen Todestages von Mozart hatte gestern Abend die Königliche Kapelle ein Symphonie Concert veranstaltet, das allein den Manen des großen Todten gewidmet war. Es wurden zur Aufführung gebracht: unter der Leitung des Kapellmeisters Weingartner die Ouverture zur Zauberflöte und die G-moll-Symphonie, unter der Leitung des Kapellmeisters Sucher das „Concertante“ für Violine und Viola und die Juviter⸗Symphonie; ein Prolog von Dr. A. Chr. Kalischer, der von dem Hofschauspieler Purschian gesprochen wurde, kennzeichnete in würdiger Weise die Bedeutung des Erinnerungstages und des gefeierten Meisters Die Aurwahl der zur Ausführung ge⸗ langten T Berke war durchaus geeignet, einen Einblick in das Wesen der Mozart'schen Musik zu gewähren: Heiterkeit des Gemüths, Friede der Seele, Ebenmaß der Empfindungen, Reinheit der Phantasie, Schönheit selbst in der Kraft, Wohllaut im Ausdruck bilden die Hauptmerkmale des Mozart'schen Genius, die in den genannten Werken sich, wenn auch in mannigfacher Weise, offenbaren und die sich dem Zuhörer mittheilen und in ihm die gleiche Wirkung hervor⸗ rufen. Was Aristoteles als den Zweck der dramatischen Kunst bezeichnet, in dem Zuschauer eine „Katharsis“ — ein philologisch und ästhetisch viel umstrittener Ausdruck — hervorzurufen, wird Einem an dem Eind ruck offenbar, den die Mozart'sche Musik auf den Hörer ausübt. Deshalb wird sie auch, selbst wenn die Instrumentation noch weitere Fortschritte macht und das musikalische Gefühl noch an weit stärkere Reize, als dies die moderne Musik thut, gewöhat werden sollte, zewig grünen bleiben“ und immerdar eine unbestreitbare Herr⸗ schaft ausüben.
Die Ausführung war gestern eine mustergültige; galt es doch, dem großen Todten ein würdiges Opfer zu bringen! Den tiefsten Eindruck auf das bis auf den letzten Platz gefüllte Haus machten die G-moll-Symphonie und die Jupiter⸗Symphonie, die die leitenden Kapellmeister mit großer Sorgfalt einstudirt hatten, um den Charakter der Musik in allen Einzelheiten dem Sinne des Meisters entsprechend hervortreten zu lassen. In dem Concertante erfreute insbesondere Herr de Ahna mit seiner sauberen Technik, die alle Unschönheiten zu vermeiden und den Wohllaut der Töne in wohlthuender Weise wiederzugeben weiß.
Heute Abend beginnt zur Feier des Erinnerungstages der Mozart⸗ Cyklus mit der Oper Idomeneus.
Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf ein zu demselben Zweck erschienenes Werkchen von Professor Dr. Carl Reinecke (Leipzig, Gebr. Reinecke, Pr. 1,50 ℳ): „Zur Wiederbelebung der Mozart'schen Klavier⸗Concerte, ein Wort der Anregung an die klavierspielende Welt“ hinzuweisen. Es wird darin von sach⸗ kundiger Hand der Schatz, der sich auch in Mozar!'s Klavierconcerten findet und der nicht mehr allzu oft gehoben zu werden pfleat, auf⸗ gedeckt. Möge die Centennarfeier das Interesse auch an diesen Werken von Neuem beleben
Lessing⸗Theater. „Deurch die Aufführung der der gleichnamigen Oper zu Grunde liegenden sizilianischen Volksscene „Cavalleria rusticana“ (Bauernehre) von Giovanni Verga, deutsch von Otto Eisenschütz, deren erste Bekanntschaft das Berliner Publikum auch der Ver⸗ mittelung des Lessing⸗Theaters verdankt, hat sich die Direktion ein Verdienst erworben. Mit größter Spannung wurde der Aufführun des Stückes entgegengesehen, das die Grundlage bildet für die so nec zu außergewöhnlicher Berühmtheit gelangte Oper Die hochgespannten Er⸗ wartungen wurden nicht enttäuscht, die schnelle dramatische Entwickelung des lebenswahren und kraftvollen Werkes war von eindrucksvollster Wirkung auf die Zuhörer Besonderes Verdienst um den Erfolg der
Vorstellung erwarb sich Marie Reisenhofer als Santuzza, die
sowohl durch die rührenden Bitten um Turiddu's Liebe, wie durch ihre Eifersucht und Rachsucht tief ergreifend auf die Zuhörer wirkte. Jenny Groß fand glücklich den richtigen Ton für die Darstellung der Lola, ohne durch zu große Koketterie zu übertreiben. Auch Luise von Pöllnitz als Turiddu's Mutter Nunzia führte ihre Rolle anerkennenswerth durch. Der sorglose Leichtsinn des Turiddu Macca und die Vertrauensseligkeit des Alfio zu seiner treulosen Gattin, sowie seine wilde Entschlossenheit nach Entdeckung ihrer Untrene wurden durch die Herren Franz Schönfeld und Georg Molenar trefflich zur Geltung gebracht. Die dem in Berlin anwesenden Dichter zugedachten Huldigungen nahm der Direktor Blumenthal entgegen, da der Dichter selbst durch Unwohlsein verhindert war, der Vorstellung beizuwohnen.
Diesem Stücke voraus ging das einaktige unterhaltende Lustspiel „Eine Bekehrung“ von Charles de Courcvy, deutsch von Emil Neumann Eine junge in glücklicher Ehe lebende Frau verläßt der Gatte nach einem kleinen Zerwürfniß trotz ihrer Bitten zu einem mehrtägigen Jagdausflug. In ihrer Verzweiflung besucht sie Theater und Bälle und findet Vergnügen darin, sich von anderen Männern den Hof machen zu lassen, bis die Vorstellungen eines Freundes ihres Mannes sie zur Besinnung und zu dem Eatschluß bringen, ihrem Mann nachzureisen. Da plötzlich wechselt der Sittenprediger seine Rolle und versucht, selbst der Verführer der von ihm auf den richtigen Weg gebrachten Frau zu werden. Sie durchschaut seine Absicht, geht scheinbar darauf ein und entzieht sich seinen Nachstellungen erst durch schleunigste Abreise, als er seines Sieges schon sich sicher wähnte. Marie Reisenhofer und Franz Schönfeld führten beide Rollen lobenswerth durch und wurden durch Erna Palm, die ein Kammermädchen gab, gut unterstützt. —
Zum Schluß errang auch der schon häufig hier gesehene, ne einstudirte Scherz „Ritterdienste“ von Labiche, besonders dur den unverwüstlichen Humor des Herrn Franz Schönfeld in de Rolle des Vicomte Victor von Bois⸗Rosée, einen großen Heiterkeits
erfolg. Sing⸗Akademte.
Der beliebte Liedersinger und als solcher unübertreffliche Herr Gura trug gestern unter Mitwirkung des Professors Hermann Tietz mehrere Lieder von Brahms, drei Balladen von M. Plüddemann, eine große Reihe von Gesängen von Eduard Grieg, sowie zwei Balladen von Carl Löwe (Prinz Eugen und Douglas) vor. Herr Gura bewährte von Neuem seine Meisterschaft, die insbesondere in den beiden letzten Balladen eine große Wirkung auf den dicht⸗ gefüllten Saal ausübte. Er wird demnächst, und zwar am 9. De⸗ zember, einen zweiten Liederabend veranstalten, eine Ankündigung, die genügen wird, dem Sänger abermals ein volles Haus, den Zuböͤrern einen wirklichen Genuß zu bereiten. 8—
Am Dienstag geht im Koͤniglichen Opernhause nach langer Unterbrechung das Tanzpoö6m „Die Jahreszeiten“ von G. Taubert und E. Graͤeb mit der Musik von Hertel aufs Neue in Secene.
Darauf folgt „Cavalle en Damen Sucher,