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einiger Hauptrollen kam der Operette sehr zu statten; namentlich überragt das treffliche Fräulein Ottilie Collin in der Partie des Zigeunermädchens Saffi ihre Vorgängerin um ein ganz Bedeutendes. Sie faßte die vorwiegend ernst gehaltene Rolle ganz künstlerisch auf und sang das schwärmerisch sehnsüchtige Zigeunerlied im ersten Akt tief ergreifend; noch mehr gefiel die reizende Erzählung ihrer Hochzeit mit Sandor Barinkay, die sie mit dem als tüchtigem Dar⸗ steller der letzteren Rolle schon von früher vortheilhaft bekannten Herrn Steiner auf Verlangen wiederholen mußte gab Fräulein Szilassy in Spiel und Gesang gefällig und an⸗ muthig, und als Zigeunermutter Czipra hatte Fräulein Hastert Gelegenbeit, in dem schwierigen Lachliede im ersten Akt ihre Ge⸗ sangskunst wirksam zu entfalten. Die Herren Hanno in der komischen Rolle des reichen Schweirezüchters Zsupan und Steinberger in der Charge des Conte Carnero sind als gewandte, höchlichst erheiternde Darsteller dieser Partien ebenfalls längst bekannt, nicht minder Fräu⸗ lein Elise Schmidt, welche die Erzieherin Mirabella sehr humo⸗
ristisch verkörpert. Neu waren dagegen Herr Klein,
Homonay würdevoll repräsentirte, und Herr Schulz, dessen gute gesang⸗ liche Mittel und jugendliche Erscheinung ihn für die R 1 wohlgeeignet erscheinen lassen. Die zahlreichen großen Chorscenen und Ensembles waren unter der Leitung des Kapellmeisters Feder⸗ mann sorgfältig neu einstudirt und gelangen sehr präcis; die wirk⸗ same, durch stimmungsvolle Dekorationen gehobene Inscenirung hat Herr Binder besorgt Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß „Der Zigeunerbaron“ in dieser vortrefflichen Neubesetzung und großen⸗ theils neuen Autstattung wieder auf lange Zeit den Spielplan des
Theaters beherrschen wird. Philharmonie.
Fünf Namen von gutem Klange: (Altistin),
Lillian
feinsinnige Vortragsweise in Liedern von P.
und zwei Salonstücke von Ondricek und Sarasate,
edler weicher Ton, seine eminente technische Fertigkeit und seine stets interessante Art des Ausdrucks mit Recht sich Anerkennung er⸗ warben. Der Bassist Herr Fontaine trug mit sehr klangvoller, auch in der Höhe leicht ansprechender Stimme ein Lied von Benoit „Min
Modersprak“ (Gedicht von Klaus Grotb) und eine „Nordstern“ von Mevyerbeer vor.
in den Händen des Herrn Brüning.
In den Versammlungszimmern des Königlichen Opern⸗ hauses ist folgender Aushang zur Kenntniß gebracht worden: Seine Majestät der Kaiser und König haben Aller⸗
gnädigst geruht, mich zu beauftragen, den
Sängerinnen, den Mitgliedern des Orchesters und des Ovpern⸗
des „Figaro“ thätig gewesen sind, sowie dem Kapellmeister Weingartner und Ober⸗ regisseur Tetzlaff die Allerhöchste Anerkennung der im Einzelnen wie
chors, welche in der Mittwochsvorstellung
Annette Essipoff (Klaviervirtuosin), Cha Gregorowitsch (Violinvirtuos), Henrv Fontaine (Bassist) und Hans Brüning. (Pianist) waren gestern in einem Concert ver⸗ einigt, welches sehr zahlreich besucht war. Die Sängerin brachte ihre nicht starke, doch sehr wohlklingende Stimme, sowie ihre zu Eulenburg, Schubert. Mozart, Leschetitzky und Bungert vortrefflich zur Geltung und gewährte, durch den Beifall ermuntert, noch verschiedene Zu⸗ gaben. Auch Fräulein Essipoff, die durch ihr klares und geistvoll belebtes Spiel im Vortrag der sehr schwierigen Variationen von Brahms und einiger Stücke von Leschetitziv, Scarlatti und Chopin die Zuhörer bezauberte, fügte noch ein Klavierstück hinzu. Herr Gregodrowitsch spielte zwei Sätze aus dem 2. Concert von Wieniawski
Seiner sorgfältig ausgebildeten Stimme wäre nur etwas mehr Wärme des Ausdrucks zu wünschen. Die sehr sicher und diskret ausgeführte Klavierbegleitung befand sich
Kenntniß. Graf von Hochberg In den Gruppen des
Opernhause wird das gesammte personal der Königlichen Oper Meisters mitwirken. — Frau
Die Arsena der Elvira durchgeführt.
von Richard Voß wird am Ber stattfinden.
Aufführung der den Grafen 8
olle des Ottokar von Marie Güstinger gegeben wurde.
Stückes bleibt unverändert. Morgen Abend 7 ½ Uhr findet III. Quartett⸗Soirée der Herren
Mühlfeldt mitwirken.
Sigism und Blumner, die am
. 1 op 47 von Beethoven.
Sanderson Charles
musiker Heise (Oboe), Esberger
gewählt. in denen sein
wald, ¼ 2 Uhr am Saugarten.
Arie aus dem
Mal in Scene gehen. Sängern und
Blätter melden, 2500, also 500
im Ganzen wohlgelungenen und abgerundeten Leistung kundzugeben. Mit großer Freude bringe ich diesen Allerhöchsten Befehl hiermit zur
der Vorstellung der „Zauberflöte“ nach⸗ folgenden Taubert'schen Festspiels am Sonntag im Königlichen
taudigl hat in der gestrigen Vor⸗ stellung des „Don Juan“ trotz der allerstärksten Unpäßlic keit, um die Ordnung des Mozart⸗Cvyklus nicht zu unterbrechen, die Partie
Die erste Aufführung des neuen Volksstückes „Der Väter Erbe“
„Das vierte Gebot“ von Ludwig Anzengruber gelangt morgen im Lessing⸗Theater in fast vollständiger Neubesetzung wieder zur
Im Residenz⸗Theater tritt morgen Abend Kathi Fischer in Madame Mongodin als Clorinde de Monteplat auf, die bisher
nossen statt, in der die Herren Dr. S. Brahms und Kammervirtuose Das Programm der ersten populären Sonntags⸗Matinée von
Akademie stattfindet, lautet: Sonate für Klavier und Violine Symphonische Etüden für Klavier von Schumann. Violin⸗Romanze von Beethoven. Qaintett Es-dur von Mozart. Die Mitwirkung in dieser ernehm Concertmeister Carl Halir aus Weimar sowie die Königlichen Kammer⸗
Littmann (Horn). — Der Klaviervirtuose Albert Pestel aas Moskau veranstaltet am Montag in der Sing⸗Akademie ein Concert mit dem Philharmonischen Orchester.
Zum Direktor des Stadttheaters in Karlsbad wurde laut Meldung des „W. T. B.“ unter 21 Bewerbern Josefi Ferency, der bisherige Direktor des Karl Schulze⸗Theat 1
Jagd. 1 1 8 8 8
Morgen, Sonnabend, den 12. findet Kö nigliche Parforce⸗ jagd statt. Stelldichein: Mittags ¾¼ 1 Uhr Jagdschloß Grune⸗
Mannigfaltiges.
Der Afrika⸗Reisende Conrad Beyrich wird seine beiden Vor⸗ träge über Südost⸗Afrika beute und morgen in der Urania wieder⸗ holen. Der bereits angekündigte Schluß des Instituts ist auf Montag festgesetzt. Die Wiedereröffnung findet am 25. d dem neuer Ausstattungsstůück „Das Antlitz der Erde“ statt. Es wird somit Sonntag, den 13 d. M. „Die Geschichte der Urwelt“ zum letzten
Die Zahl der in diesem Jahre zur Austheilung gelangten Stände für den heute beginnenden Weihnachtsmarkt beträgt, wie hiesige
Plätzen für Händler von Weihnachtsbäumen sind 2650 vertheilt
männliche und weibliche Solo⸗ zur Ehre des unsterblichen
liner Theater am Mittwoch Jubilars, dem 2.
Die übrige Besetzung des
in der Sing⸗Akademie die Prof. Jos. Joach im und Ge⸗
nächsten Sonntag in der Sing⸗
Matinée übernehmen die Herren
(Klarinette), Kunze (Fagott),
Potsdam
worden; die Aufstellung der Buden begann an der Schloßfreibeit “ und dem Arkonaplatz bereits gestern Abend um 10 Uhr. Die Buden⸗ reihen vor dem rothen Schloß, vor der alten Börse sowie am Leipziger Platz kommen jeßt in Fortfall, dagegen wird die Krausnick⸗ straße mit Budenreihen be
tzt werden.
—
Der Polizei⸗Wachtmeister Julius Uderstädt, der seit 27 Jabren im 3. Polizei⸗Revier in der Neuen Wilhelmstraße stationirt ist. feierte, wie der „Tägl. R.“ berichtet wird, dieser Tage sein fünfzig⸗ jähriges Dienstjubiläum. 6 nerad gesetzten wurden dem Jabilar die ehrendsten Beglückwünschungen zu Theil Der Polizei⸗Präsident Freiherr von Richtbofen theilte ihm seine Ernennung zum Abtheilungs⸗Wachtmeister mit und der General⸗ Oberst von Pape,
Von seinen Kameraden und Vor⸗
früber Regiments⸗Adjutant in dem Regiment des Garde⸗Regiment zu Fuß, übersandte ein Schreiben
folgenden Inhalts: „Mein lieber Kamerad! Da ich leider nicht selbst kommen kann, Sie zu dem heutigen Tage zu beglückwünschen, so schicke ich hierbei einen Stellvertreter, der dies übernehmen soll. Mögen Sie noch lange kräftig Ihres Amtes walten! Das gebe Gott! In Erinerung an fünfzigjäͤhrige treue Dienste und besonders an Ihr braves, festes Verhalten in dem schlimmen und traurigen Jahre 1848. Ihr alter Freurd General von Pape, Ober⸗Befehls⸗ haber in den Marken, Gouverneur von Berlin, der Ihnen aber in der Dienstzeit um fast 11 Jahre voraus ist. Kommen Sie nach!“
Der in Bernou verstorbene F. Lorentz war, wie der „Volks⸗Z.“ berichtet wird, nicht der letzte Veteran (vergl. Nr. 239 d. Bl) der Befreiungskriege aus dem Kreise Nieder⸗Barnim. In der Kolonie Neu⸗Holland lebt noch der Altsitzer C Bartel, in sehr guten Ver⸗ hältnissen. Er ist im Jahre 1796 geboren, hat die Feldzüge von 1813, 14 und 15 mitgemacht und ist noch sehr rüstig und geistesfrisch, nur etwas schwerhörig. Vor etwa vier Wochen war er in Liebenwalde auf dem Gericht, um einige Sachen zu regeln; den Weg, etwa 3 km, hat er zu Fuß zurückgelegt.
Der „Berl. Börs⸗Ztg.“ wird geschrieben: Der
Louisenplatz in Potsdam am Eingang des Parks von Sanssouci vor dem Brandenburger Thor wird jetzt gärtnerisch umgestaltet. Die Inhöhe, auf welcher der Springbrunnen steht, erhält zum Frühjahr Blumenschmuck und schon jetzt werden die Gebüsche und Hecken ge⸗ lichtet und beschnitten.
M. mit dem neuen
andere
mehr als im Vorjahre. An
t vom 11. Dezember, r Morgens.
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Wetter
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Stationen. Wetter.
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wolkig wolkig bebeckt Regen bedeckt Schnee Schnee bedeckt
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bF173 halb bed. Hamburg 1740 — heiter ) Swinemünde 741 wolkig:) Neufahrwasser 740 † heiter?) Memel. 737 bedeckt⁴) aris 760 3wolkenlos ünster .. 745 bedeckt Karlsruhe.. 756 bedecki5) Wiesbaden. 754 6 heiters) München .. 757 8 bedech¹) Chemnitz .. 750 Z heiters) Berlin . .. 745 4 heiter Wien 756 1 wolkenlos Breslau. . . 750 - 6 bedeckt Ile d'Aix .. 765 5 bedeckt Nizza 764 2 heiter Triest 1764 still bedeckt 10
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¹) Gestern und Nachts Regen. ²) Nachts Regen⸗ böen. ³) Nachts stürmisch mit Regen ⁴) Nachts Regen. ⁵) Nachts Regen. ⁶) Nachts stürmisch und Regen. ⁷) Nachts Sturm und Regen. ³) Nachts Regen. 8 Uebersicht der Witterung.
Das barometrische Minimum, welches gestern bei den Shetlands lag, ist ostnordostwärts nach der mittleren norwegischen Küste fortgeschritten, ein Theilminimum liegt am Eingange des Skageraks und veranlaßt schwere, langsam rechtsdrehende Südweststürme an der westdeutschen Küste. In Hamburg stieg in ein⸗ zelnen Sturmböen die Windgeschwindigkeit auf etwa 40 m pro Sekunde. Auf den Britischen Inseln, sowie im deutschen Binnenlande berrscht stürmische Witterung. In Deutschland ist das Wetter warm, trübe und regnerisch. An der Unterelbe ist Sturm⸗ fluth eingetreten. Utrecht meldet 31 mm. Regen.
Deutsche Seewarte.
FTCvheater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗
haus. 262. Vorstellung Mozart⸗Cyelus. 6. Abend. Titus. Oper in 2 Akten von Mozart. Text frei
nach „La Clemenza di Tito“
—
vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Sucher. (Zum ersten Mal aufgeführt am National⸗Theater in Prag am 6. September 1791, am Königl. Opernhause in Berlin den 16. Oktober 1801.) Änfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 274. Vorstellung. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 263 Vorstellung. Mozart⸗ Cyeclus. 7 Abend. Die Zauberflöte. Oper in 2 Akten von W. A. Mozart Text von Schikaneder. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri ⸗ gent: Kapellmeister Weingartner. Scenisches Nach⸗ spiel zum Mozart⸗Cvclus, verfaßt vom Professor E. Taubert. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 275. Vorstellung. Die Büste. Lustspiel in 2 Akten, nach der gleichnamigen Novelle von Edmond Abouts, von F. Zell. In Scene gesetzt vom Regisseur A. Plaschke. Am Fenster. Lust⸗ spiel in 1 Aufzug von Felix Philippi. In Scene gesetzt vom Regisseur Plaschke. Anfang 7 Uhr.
Heutsches Theater. Sonnabend: Cyelus. 5. Abend. Egmont. Sonntag: Der Compagnon. Montag: II. Goethe ⸗Cyelus. Iphigenie auf Tauris.
Berliner Theater. Sonnabend: Der Hütten⸗ besitzer. (Nuscha Butze, Agnes Sorma, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Anfang 7 Uhr. Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Maria Stuart. (Alexandrine Malten a. G.) Abends 7 ½ Uhr: Der Hüttenbesitzer.
Montag: Hamlet.
8 1 “ 1“ Tessing-Theater. Sonnabend: Neu ein⸗ studirt: Das vierte Gebot. Volksschauspiel in 4 Akten von Ludwig Anzengruber. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Die Großstadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadel⸗
burg.
Die nächste Doppel⸗Vorstellung von „Caval- leria rusticana“ und „Satisfaktion“ findet am Montag statt.
Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 26. Male: Immer zerstrent! Posse in 3 Akten von Barridère und Gondinet. Bearbeitet von Franz Wallner. Vorher, neu einstudirt: Die Hauui weint — der Hansi lacht. Komisches Singspiel in 1 Akt von Jacques Offenbach. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Sonnabend: Neu einstudirt: Der Zigeuner⸗ baron. Operette in 3 Akten nach M. Jokai’s Erzählung von M. Schnitzer. Musik von Johann Strauß. Regie: Herr Binder. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr
In Scene gesetzt!
Restdenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg Sonnabend: Zum 14. Male: Madame Mon⸗ godin. Schwank in 3 Akten von Ernest Blum und Raoul Toche. Deutsch von Emil Neumann. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. An⸗ fang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Nach⸗ mittags 3 ½ Uhr: Vorletzte Kinder⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen! Zum 12. (318.) Male: Der Rattenfänger von Hameln. Phantastisches Volksstück mit Gesang in 12. Bildern. Nach Sprenger's Geschichte und Ehrich's Chronik der Stadt Hameln, frei bearbeitet von C. A. Görner. Musik von Catenhusen.
Abends 7 ½ Uhr: Ermäßigte Eintrittspreise Zum 13 (319.) Male: Der Rattenfänger von Hameln. 8
Adolph Ernst-Theater. Vorletzte Woche. Sonnabend: Zum 103. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit vollständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Seene gesetzt von Adolph Ernst. An⸗ fang 7 ½ Uhbr.
Sonntag: Zum 104. Male: Der Prophet. —
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Z. 10. Male: Flseserme Blätter. Humoristische Bilder mit
esang in 3 Akten und einem Vor⸗ und einem Nach⸗ spiel, arrangirt von Alfred Schönfeld.
7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
große
Anfang
8
Concerte.
Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr: III. Quartett⸗Abend. Joachim, de Ahna, Wirth, Hausmann.
Sonntag, Mittags 12 Uhr: Siegismund Blumner’s I. Populäre Sonntags⸗Matinée. (Kammermusik.)
Concert-Haus. Sonnabend: Karl Mevder⸗
Concert unter gefälliger Mitwirkung der Hof⸗ Opernsängerin a. D. Frl. Raphaëla Pattini. An⸗ fang 7 Uhr.
Arie des Cherubin aus „Figaro's Hochzeit“ von Mozart, gesungen von Frl. Pattini. Schmuck⸗Arie aus „Faust“ von Gounod, gesungen von Frl. Pattini. Fabamneng aus „Carmen“ von Bizet, gesungen von
rl. Pattini.
Donnerstag, 31. Dezember (Sylvester):
I. Familien⸗Ball⸗Fest.
Billets à 3 ℳ im Bureau des Hauses.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene
Depeschen.
. St. Petersburg, 11. Dezember. (W. T. B.) Der Kaiser empfing gestern den neuernannten französischen Bot⸗ schafter Grafen von Montebello zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens in feierlicher Audienz. Später wurde Graf von Montebello auch von der Kaiserin empfangen. Belgrad, — B
von dem Minister⸗Präsidenten Pasic gewünschten Reduktionen des Heeresbudgets haben der Kriegs⸗Minister und seinen demissionirt. 1 1b der Demissionen vor dem Zusammentritt der Skupschtina ab.
11. Dezember. (W. T. B.) In Folge der
Standpunkt unterstützende Minister Die Regentschaft lehnte jedoch die Annahme
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten
Beilage.)
AUrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.
Circus Renz. Sonnabend, Abends 7 Uhr: Gala⸗
Vorstellung. „Auf Helgoland, oder: Ehbe und Flutb“ große hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abtheilungen mit National⸗Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛc. Dampfschisf⸗ und Bootfahrten, Wasser⸗ fällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, Riesen⸗ Fontaine, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. — Außerdem: Hippol. Potpourri mit 40 der bestdressirten Freiheitspferde, arrangirt und vorgeführt von Herrn Franz Renz. — 4fache Fahr⸗ schule, geritten von 4 Herren mit 8 Schulpferden. — Elimar (Strickspringer), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. — Schulpferd Solon, geritten von Frl. Clotilde Hager. — Sisters Lawrence am flie⸗ genden Trapez. — Auftreten der neu engagirten Elton Troupe. — Walküren⸗Manöver, geritten von 16 Damen. — Auftreten der vorzüglichsten Reit⸗ künstlerinnen und Reitkünstler. — Komische Entrées und Intermezzos von sämmtl. Clowns.
Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): Große Komiker⸗Vorstellung mit eigens für die Jugend gewähltem Programm. Auf viel⸗ seitiges Verlangen: „Die lustigen Heidelberger“. Abends 7 ½ Uhr: „Auf Helgoland“.
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Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Julie Nonweiler mit Hrn. Re⸗ gierungs⸗Baumeister Max Borgmann (Kirn, Nabe — Berlin). — Fe Gusta Scherbening mit Hrn 8 Friederici (Lipine, O.⸗S. — Beuthen, O.⸗S.). 3 1
Verehelicht: Hr. Prem⸗Lieut. Rudolf Rusche mit Frl. Gertrud Mostner (Ulbersdorf).
Geboren: Eine Wrochem (Neu⸗Ottitz). — Hrn. Bauinspektor Otto Koppen (Schwetz).
Freiherr zu Wartenberg und Penzlin (Groß⸗Luckow). — Hr. Predigtamts⸗Kandidat Werner Schmeling (Walchow bei Dammkrug). — Hr. Oberst⸗Lieut. z. D. Wilhelm Otto von Preinitzer (Königsberg i. Pr.). — Hr. Pastor Wilhelm Koeppen (Gr. Schlönwitz). — Fr. Rechnungs⸗Rath Katharina Tietz, geb. Weis (Nordhausen). — Verw. Fr. Oberförster Josephine Knapp, geb. Voelkel (Beu⸗ then O.⸗S.). — Hr. Polizei⸗Rath Max Wenzig
(Danzig).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz). 4
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
Tochter: Hrn. Günther von
Gestorben: Hr. Landrath a. D. Adolf von Maltan,
zum Deutschen Reichs⸗Anz
Erste Beilage
Berlin, Freitag, den 11. Dezember
eiger und Königlich Preuhiscen Suats⸗Anzeigr
1891.
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N99 292.
—
8 Deutscher Reichstag.
137. Sitzung vom Donnerstag, 10. Dezember, 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Frei⸗ herr von Maltzahn und Hollmann, die Königlich preußischen Staats⸗Minister Dr. Miquel, Freiherr von Berlepsch, von Heyden und Thielen und der Königlich bayerische Bundesrathsbevollmächtigte Graf von Lerchen⸗ feld. Das Haus ist stark besetzt, die Tribünen sind überfüllt.
Zur ersten Berathung stehen die Handels⸗ und Zoll⸗ verträge des Reichs mit Oesterreich⸗Ungarn, Italien und Belgien, zugleich das Viehseuchen⸗Ueber⸗ einkommen mit Oesterreich⸗Ungarn.
Reichskanzler von Caprivi:
Die Zoll⸗ und Handelsverträge, welche den Gegenstand der heu⸗ tigen Tagesordnung bilden, werden, wie ich mit Bestimmtheit an⸗ nehmen kann, zur Stunde um einen vierten, um den mit der Schweiz, vermehrt worden sein. (Bravo!)
Ich darf voraussetzen, daß die diese Verträge begleitende Denk⸗ schrift dem hohen Hause bekannt ist. Sie legt dar, wie die Zölle von 1879 entstanden waren, wie sie 1885 und 1887 erhöht worden sind und wie sie auf das Deutsche Reich und auf das Ausland wirkten; wie die Wirkung zuerst in Deutschland eine nach allen Rich⸗ tungen befriedigende war, wie aber allmählich in dem Maße, als andere Staaten dasselbe System annahmen, die Vortheile desselben sich für das Deutsche Reich in Nachtheile verkehrten.
Die autonome Feststellung von Zöllen, die Feststellung unseres Zollsystems nach unserem eigenen Bedürfniß, ohne fremde zu bören und zu berücksichtigen, hat den großen Vortheil gehabt, daß die heimische Industrie erstarkte und sich in einer Weise entwickelte, be⸗ günstigt von dem Aufschwung der Technik, von dem Vorhandensein verfügbarer Kapitalien, wie sie es bis dahin nicht gekannt hatte. Je mehr die Industrie aber auf den inneren Markt beschränkt wurde, desto mehr traten mit der Zeit auch Schattenseiten dieses Systems hervor, nämlich, daß der Markt überfüllt wurde, daß eine Ueber⸗ produktion eintrat, daß also diese hochgesteigerte Industrie anfing, wenn auch diese Anfänge bisher nur schwache gewesen sind, in Ver⸗ legenheit um den Absatz zu gerathen.
Neben den autonomen Zöllen war charakteristisch für das bis⸗ herige Verfahren das Bestreben, das Meistbegünstigungsrecht von anderen Staaten zu erwerben. Art. 11 des Frankfurter Friedens gewährt Frankreich und Deutschland wechselseitig in einem gewissen Umfange die Meistbegünstigung. Beide Länder schienen Anfangs davon Vortheil zu ziehen, bis man dann auf der anderen Seite zu der Ansicht kam, daß die ausgedehnte Meistbegünstigung, die dann in Folge von Verträgen, welche mit dritten Staaten abgeschlossen wurden, auch Denen zu Theil wurde, ihre Nachtheile hätte. Und so fing auch diese gute Seite des Systems an, sich in eine ungünstige Seite zu verkehren; aus der Meistbegünstigung wurde allmählich eine Gesammt⸗ beschädigung.
Um nicht einzelne Vortheile gewähren zu müssen, entschloß sich in erster Linie unser westlicher Nachbar — darin aber werden ihm voraussichtlich andere Staaten folgen — dazu, auch Deutschland nichts mehr zu gewähren, und wir sehen im Augenblick in Frankreich einen Maximal⸗ und Minimaltarif entstehen, von denen selbst der Minimal⸗ tarif einem Prohibitivzoll ziemlich gleichkommt.
In unseren Absatzmärkten beschränkt zu werden, ist für Deutsch⸗ land im höchsten Grade empfindlich. Wir haben einen weit aus⸗ gedehnten Handel; wir führen jährlich für etwas über 4000 Millionen Mark fremde Waaren ein und führen nur für etwas über 3000 Mil⸗ lionen eigene Waaren aus. Es bleibt also zwischen Ausfuhr und Einfuhr eine Differenz, die 800 Millionen übersteigt. Was wir vom Auslande einführen, brauchen wir; es sind zum großen Theil unentbehrliche Nahrungsmittel, für unsere Industrie unentbehrliche Rohprodukte und Halbfabrikate. Wir müssen in der Lage sein, diese Dinge zu bezahlen, und um sie bezahlen zu können, haben wir in der Hauptsache nur ein Mittel, indem wir unsere Fabrikate dahin geben, woher wir diese Rohprodukte, diese Nahrungs⸗ mittel empfangen haben. Wenn wir nun aber um 800 Millionen Mark jährlich weniger ausführen als wir einführen, so kommen wir mit dem, was man gemeinhin die Handelsbilanz nennt, in Ver⸗ legenheit, wir sind auf die Dauer nicht im Stande, das zu bezahlen, was wir brauchen, um zu leben und um unsere Industrie in schwunghaftem Betriebe zu erhalten. Das ist ein Uebelstand, der sich voraussichtlich von Jahr zu Jahr mehr geltend machen wird, weil unsere Bevölkerung steigt, wir haben mehr Men⸗ schen im Inlande zu ernähren, und wir müssen für mehr Hände Arbeit schaffen. Es ist also die Abnahme oder die nicht mehr hin⸗ reichende Zunahme, die nicht mehr im Verhältniß zur Bevölkerungs⸗ ziffer stehende Zunahme des Exports, eine Kalamität, der vorzubeugen wir bestrebt sein müssen. Schon in der Allerhöchsten Botschaft vom 4. Februar 1890 war gesagt worden:
Der Rückgang heimischer Betriebe durch Verlust ihres Absatzes m Auslande würde nicht nur die Unternehmer, sondern auch die rbeiter brotlos machen. Das trifft sicherlich noch heute zu und nöthigte die verbündeten Regierungen, sich umzusehen, wie diesem Uebelstande abgeholfen werden könnte. Das erschien sehr bald zweifellos, daß auf dem bis⸗ herigen Wege fortzugehen der Ruin nicht nur unserer Industrie, unseres Arbeiterstandes, sondern auch vielleicht des Staates sein würde. Wir können die Frage nicht so stellen: wollen wir Freihandel treiben oder wollen wir Schutzzoll haben? Ich glaube, daß das doktrinäre Begriffe sind, die durch die thatsächliche Entwickelung über⸗ holt worden sind. Es handelt sich heutigen Tages darum, die Mittel zu finden, die für dies Land zur gegenwärtigen Zeit die geeignetsten sind, um seine Landwirthschaft lohnend zu erhalten, seine Industrie im Betriebe zu wissen und seinen Arbeitern Arbeit zu geben. Auf dem bisherigen Wege würden wir nicht weiter gekommen sein. Bei der Tendenz, sich abzuschließen, die, wie ja bekannt ist,
Rußland, Amerika und Frankreich haben, wird, wenn wir ferner in der Abschließung verbharren, oder, was wahrscheinlich eine Folge dieses Verharrens würde sein müssen, noch weiter in der Abschließung gingen, — die Folge sein ein Krieg Aller gegen Alle; alle europäischen Staaten würden sich gegen einander abzuschließen suchen. Das läßt sich machen; aber wenn wir auch im Stande sind, uns ab⸗ zuschließen gegen Andere, so sind wir nicht im Stande, uns auf die Dauer selbst zu genügen. Wir sind auf den Austausch von Pro⸗ dukten und Waaren mit andern Staaten durch die Naturgesetze, durch unsere Ausdehnung, unser Klima, unsern Boden unweigerlich ange⸗ wiesen. Wenn wir den Versuch machen wollten, bei dem bisherigen Verfahren zu bleiben, so würde bei dem immer erbitterter werdenden Kampfe ums Dasein zweifellos Deutschland in einiger Zeit in die Lage gerathen, einen Betrieb nach dem anderen einstellen zu müssen. Die verbündeten Regierungen konnten daher nicht in Zweifel sein, daß, sowie die Dinge sich entwickelt hatten, eine weitere Fortsetzung des Weges, den wir eingeschlagen, unthunlich war. Handelt es sich nun aber nicht um Freihandel und Schutzzoll, so blieb nur ein Mittel übrig: den Versuch zu machen, Tarifverträge mit anderen Staaten abzuschließen, auf diesem Wege unser Absatzgebiet zu erwei⸗ tern, neue Märkte zu gewinnen und das, was unsere Industrie im In⸗ lande nicht mehr finden konnte, was sie im Auslande, welches sich, wie die vorgenannten Staaten, auf die Dauer gegen uns abschließen zu wollen scheint, verlor, — das zu ersetzen durch eine Vereinigung mit anderen naheliegenden Nationen. Ich kann nicht zugeben, daß wir damit einen neuen Weg eingeschlagen hätten, daß das etwas bis dahin nicht Vorhergesehenes wäre. Als im Jahre 1878 die 204 sich um Varn⸗ büler schaarten und die erste Anregung zur Verstärkung nationaler Arbeit, wie man sich damals ausdrückte, gaben, haben sie in einer Denkschrift ausgesprochen: „Die schwierigen Fragen der deutschen Handelspolitik dürfen nicht lediglich nach den Schlagworten von Freihandel und Schutzzoll gelöst werden; es kommt vielmehr darauf an, die wirklichen unvermeidlichen Gegensätze der Interessen mit Sach⸗ kenntniß, Umsicht und Vaterlandsliebe auszugleichen.“
Die jetzige Regierung adoptirt diesen Satz vollkommen. Das ist es, worauf es ankommt: auszugleichen zwischen den Interessen mit Vaterlandsliebe. Ebenso ist in den Motiven, die dem ersten Gesetz von 1879, durch das die Zölle erhöht wurden, beigegeben wurden, ausgesprochen worden, daß überall sorgsam in Erwägung ge⸗ zogen werden müsse, daß die Exportfähigkeit der deutschen Industrie erhalten bleibe. Diese ersten und nach meiner Ueberzeugung klaren und noch heute richtigen Gesichtspunkte, die der bis zur Stunde geltenden Zollpolitik zu Grunde lagen, sind mit der Zeit leider und vielfach durch Schlagworte verwischt und in den Hintergrund gedrängt worden. Wir wollen sie wieder voranstellen und wollen darauf auch die künftige Politik aufbauen. Das ist nicht anders möglich, als indem Konzessionen gemacht werden, Konzessionen zunächst im Innern. Wie aber diese Männer um Varn⸗ büler sagen: die Vaterlandsliebe muß zuletzt das Entscheidende sein, so sind auch wir der Meinung, Handelsverträge mit anderen Staaten sind nicht abzuschließen so, daß in beiden Staaten alle Theile be⸗ friedigt sind und sich darüber freuen. Das ist nicht möglich. Es müssen die Staaten einander Konzessionen machen, und ebenso müssen die Interessentengruppen im Innern eines Staats gegen einander Kon⸗ zessionen machen um des Staats, um des Ganzen willen.
Wir müssen wünschen, daß bei jeder Betrachtung dieser Verträge der Standpunkt festgehalten wird, daß es auf das Ganze ankommt. Gegenüber dem gesteigerten Werth und dem gesteigerten Impuls der wirthschaftlichen Betriebe ist eine Regierung mehr vielleicht noch als früher genöthigt, in erster Linie immer das Ganze im Auge zu be⸗ halten. Die verbündeten Regierungen werden keinen Augenblick ver⸗ gessen, was sie den einzelnen Erwerbszweigen schuldig sind, was der Staat ihnen verdankt, wie eng sein Wohl mit ihrem Gedeihen ver⸗ knüpft ist. Aber es ist ein alter Satz, daß jede Vereinigung, selbst die Familie, den Egoismus des Einzelnen verstärkt und zum verstärkten Ausdruck kommen läßt. Was ein Einzelner sich nicht gestatten würde, glaubt er für die Genossenschaft, in der er steht, verlangen zu können. So geht es auch mit den wirthschaftlichen Interessentengruppen, sie steigern den Egoismus und bringen ihn zu einem unverhohlenen Aus⸗ druck. Das ist gut, dagegen ist nichts zu sagen, sie sind berechtigt, es zu thun. Aber je schärfer sie das selbst thun, je schärfer sie ihre eigenen Interessen zur Geltung bringen, um so mehr muß die Regierung darüber wachen, daß der Standpunkt des Ganzen nicht geschädigt wird.
Wir können von den vorliegenden Verträgen, wenn sie Ihre Zu⸗ stimmung und die Zustimmung der Parlamente derjenigen Staaten, mit denen wir die Verträge abgeschlossen haben, finden werden, nicht erwarten, daß die Wirkung eine plötzliche sei; das kann nur langsam geschehen; langsam nur werden die Konsumenten hier und da billiger kaufen, langsam nur wird die Industrie neue Wege finden, hier und da andere Maschinen erwerben, sich auf einen veränderten Betrieb
] einrichten. Es ist eben sehr schwer, wenn ein Wagen zwölf Jahre in
einem Geleise gegangen ist, in ein anderes Geleise zu kommen, selbst wenn das andere dicht neben dem ersten liegt. Es ist deshalb für die der Verträge ein längerer Zeitraum ins Auge gefaßt worden. 3
Noch ein anderes Motiv sprach dafür: der Wunsch, den Be⸗ trieben der Landwirthschaft und der Industrie diejenige Stetigkeit zu geben, deren sie unbedingt bedürfen. Darüber stimmt Alles, was über Industrie geschrieben hat, von den wissenschaftlichen Werken bis zu den Berichten der Handelskammern überein: die erste Forderung für jede Industrie ist, daß sie mit längeren Zeiten rechnen kann, daß sie weiß, worauf sie sich einzurichten hat; werden ihr solche längere Zeiten gegeben, so findet sie Mittel und Wege, den Anforderungen gerecht zu werden.
Wenn auch nicht in so hohem Grade, gilt das auch von der Landwirthschaft; einmal ist die Landwirthschaft heutzutage selten ein ganz isolirtes Gewerbe, sie ist vielfach mit der Industrie verbunden, sie hat auch die Schwierigkeit zu überwinden, daß sie in der Regel
ihr Kapital jährlich nur einmal umsetzt, während die Industrie an einen häufigeren Umsatz gewöhnt ist. Aber auch die Landwirthschaft muß wissen, wie sie auf ihren Betrieb sich einrichten kann; sie muß ungefähr auf eine Reihe von Jahren hinaus wissen können, wie sich die Preise, soweit sie überhaupt vorher zu übersehen find, gestalten werden.
Das sind die Motive, die die verbündeten Regierungen veranlaßt haben, von dem bisherigen Wege abzugehen, zu dem Abschlusse von Tarifverträgen überzugehen und für diese Tarife eine zwölfjährige Dauer festzusetzen.
Es bleiben nun noch einige Wirkungen der Verträge zu er⸗ wähnen und einige Bedenken zu berichtigen, die in der Presse bereits hervorgehoben sind. Es ist sehr natürlich, daß man sich fragt: wie wird denn die Wirkung dieser Verträge auf unsere Finanzzölle sein? Jeder Mensch weiß, daß, wenn man die Zölle herabsetzt, eine Ver⸗ minderung der Einnahmen des Reichs, wenigstens zunächst, ent⸗ stehen muß. Es sind Beilagen der Denkschrift angefügt, die es er⸗ leichtern, sich eine Uebersicht darüber zu verschaffen, wie die vor⸗ geschlagene Herabsetzung auf die Finanzzölle wirken würde. Man wird im Allgemeinen annehmen können, daß, wenn man nur die Wir⸗ kung, welche die Verträge, wie sie jetzt vorliegen, auf unsere Finanz⸗ zölle haben würden, ins Auge faßt, dann ein Ausfall von etwa 9 Millionen Mark jährlich in den Einnahmen des Reichs entstehen würde. Geht man weiter und begreift man diejenigen Staaten mit ein, die dadurch, daß sie das Recht der Meistbegünstigung haben, von diesen Maßregeln ohne Weiteres Vortheil haben würden, so würde der Betrag sich auf 17 bis 18 Millionen Mark stellen.
Man hat weiter an uns die Frage gerichtet: wie wird es denn mit der differentiellen Behandlung anderer Staaten? Es liegt auf der Hand, daß diejenigen Staaten, die das Recht der Meistbegünsti⸗ gung noch über den 1. Februar nächsten Jahres hinaus genießen, ohne Weiteres in die Meistbegünstigung auch den neuen Vereinbarungen gegenüber eintreten werden. Es kommt dann eine Reihe von Staaten, mit denen wir neue Verträge abschließen müssen; da wird das Be⸗ streben der verbündeten Regierungen dahin gehen, nichts zu geben, ohne gleichwerthige Konzessionen zu bekommen.
Es bleiben dann übrig Amerika und Rußland. Ueber Rußland zu sprechen, scheint mir zur Zeit entbehrlich. Der beklagenswerthe Nothstand, der die russische Regierung genöthigt hat, eine Sperre für Getreide eintreten zu lassen, wird voraussichtlich nicht so bald gehoben werden, und, so lange der Nothstand nicht gehoben ist, hat es keinen Werth, sich die Frage vorzulegen, was dann Rußland gegenüber ge⸗ schehen soll. Wir selbst sind nicht einmal im Stande, jetzt abzusehen, wie um die Zeit unsere eigene Lage, unsere künftigen Ernten, unsere Vorräthe sich gestalten werden.
Was aber die Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika angeht, so werden Sie aus der Deakschrift oder aus dem Abdruck von Akten⸗ stücken, der dem hohen Hause vorgelegt worden ist, ersehen können, daß bei den Verhandlungen über die Einfuhr des Schweinefleisches auch diese Frage zur Sprache gekommen ist, daß die verbündeten Re⸗ gierungen, die im Jahre 1885 den Standpunkt eingenommen haben, daß Nord⸗Amerika zu den meistbegünstigten Staaten für uns gehört, keinen Anlaß hatten, die Frage jetzt anzuregen, ob die amerikanische Auffassung der Meistbegünstigung, die in mancher Be⸗ ziehung von der deutschen abweicht, hier zur Geltung kommen soll. Wir sind ohne Weiteres auf dem Standpunkt von 1885 stehen ge⸗ blieben, haben Amerika das Recht der Meistbegünstigung in dieser Beziehung zugesprochen, und, wie Sie aus dem Abdruck ersehen werden, haben wir dafür die Zusicherung gewonnen, daß unser Zucker, dessen Export nach Amerika etwa 60 Millionen Mark jährlich be⸗ trägt, von den prohibitiven Gesetzen, die in Amerika gegeben worden sind und eine diskretionäre Gewalt in die Hand des Präsidenten legen, nicht werde betroffen werden.
Man hat dann geglaubt, bemängeln zu müssen, daß die verbün⸗ deten Regierungen bei dem Abschluß dieser Verträge vorgegangen seien, ohne hinreichend Sachverständige zu hören. Das ist nicht der Fall. Im Reich und in Preußen sind drei Behörden verpflichtet, sich unausgesetzt mit den Fragen der Handelspolitik zu beschäftigen: das Reichsamt des Innern, die handelspolitische Abtheilung des Aus⸗ wärtigen Amts und das preußische Handels⸗Ministerium; in gleicher Weise geschieht das in den verbündeten deutschen Staaten für ihren Handel. Seit langen Jahren war das Material, das aus den Berichten der Handelskammern, aus der Literatur, der Presse, Petitionen her⸗ vorgeht, so gesichtet worden, daß es, als wir die ersten Schritte z diesen Verträgen thaten, bereit da lag; man brauchte nur auf⸗ zuschlagen, so war abzusehen: wie haben sich die Interessen, wie hat sich die öffentliche Meinung über diese Dinge ausgesprochen. Dami aber nicht genug: wo im Laufe der Verhandlungen Fragen auftraten, die schwierig, zweifelhaft sein konnten, sind Sachverständige gehört worden.
Es ist nun weiter gesagt: warum hat man denn die Verhand⸗ lungen geheim betrieben? Es wäre doch besser gewesen, öffentlich zu verhandeln und der öffentlichen Meinung, den besser unterrichteten Interessenten Gelegenheit zu geben, auch während der Verhandlungen ihr Scherflein dazu zu geben.
Ich muß gestehen, daß ich der Meinung bin, daß, wenn die ver⸗ bündeten Regierungen so verfahren wären, günstigen Falls um Ablauf der zwölf Jahre, für die jetzt der Vertrag gelten soll, ein Vertrag zu Stande gekommen wäre. (Heiterkeit. Sehr richtig!) Es ist absolut unmöglich, dergleichen bei offenen Thüren zu verhandeln.
Ich habe dann in der Presse gelesen, man hätte doch warten sollen, bis die Valuta bei uns anders geregelt wäre, oder bis sie in Oesterreich anders geregelt wäre. Ich weiß nicht, welche Chancen bei uns die Regelung der Valuta hat. Aber ich glaube, daß im Ganzen, selbst wenn der Bimetallismus in der öffentlichen Meinung Fort⸗ schritte machte, die Zahl der Menschen sehr gering sein wird, die die Behauptung aufstellen möchten, daß wir im gegenwärtigen Augenblick
zu ändern. Wann Oesterreich seine
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