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der am Donnerstag abgehaltenen Plenarsitzung des 8 Vorsitzende, Vize⸗Präsident
8 Staats⸗Ministeriums, Staatssekretär des Innern
r. von Boetticher ein Schreiben des Präsidenten es Reichstags vor, wonach der Letztere die ihm vorgelegte Denkschrift über die Ausführung der seit dem Jahre 1875 er⸗ lassenen Anleihegesetze zur Berathung gezogen und anerkannt hat, daß durch die Vorlegung der Denkschrift den Bestimmungen der betreffenden Gesetze genügt worden ist. Die Vorlage wurde dem Ausschuß für Rechnungswesen überwiesen. Mit der Vorberathung des Antrags, betreffend die Verleihung von Korporationsrechten an die Astrolabe⸗Com⸗ pagnie zu Berlin, wurden die Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr beauf⸗ tragt. Den Anträgen der Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, betreffend die steuerliche Behandlung der Abraumsalze, wurde die Zustimmung ertheilt. Der Eingabe des Centralvorstandes kaufmännischer Ver⸗ bände und Vereine Deutschlands, betreffend den Waarenverkauf der Konsumvereine an Nichtmitglieder, und dem Antrag der Buchdrucker⸗Berufsgenossenschaft auf Auflösung der Papierverarbeitungs⸗Berufsgenossenschaft und Zutheilung der Betriebe derselben an die Papiermacher⸗ und die uchdrucker⸗ Berufsgenossenschaft, beschloß die Versammlung keine Folge zu geben.
Heute tagten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und fuür Elsaß⸗Lothringen, und alsdann die vereinig⸗ ten Ausschüsse für Justizwesen und für Elsaß⸗Lothringen.
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Bundesraths legte der
Nach den im Reichs⸗Versicherungsamt angefertigten Zu⸗ mmenstellungen, welche auf den von den Vorständen der
Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalten und der besonderen, vom Bundesrath zugelassenen Kassen⸗ einrichtungen gemachten Angaben beruhen, betrug am Schlusse der ersten elf Monate seit dem Inkrafttreten des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes (Ende No⸗ vember 1891) die Zahl der erhobenen Ansprüche auf Be⸗ willigung von Altersrenten bei den 31 Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalten und den 8 Kasseneinrichtungen 168 070.
Von diesen wurden 128 201 Rentenansprüche anerkannt, 28 010 zurückgewiesen und 8920 als unerledigt auf den Monat Dezember übernommen, während die übrigen 2939 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben. — Von den erhobenen Ansprüchen entfallen auf Schlesien 18 491, Ostpreußen 16 818, Brandenburg 12 820, Rheinprovinz 11 324, Hannover 9911, Sachsen⸗Anhalt 8975, Posen 7945, Schleswig⸗Holstein 6724, Westfalen 6442, Pommern 5952, Westpreußen 5943, Hessen⸗Nassau 3640 und Berlin 1784.
Auf die acht Anstalten des Kön Bayern kommen 16 851 Altersrentenansprüche, auf das Königreich Sachsen 7123, auf Württemberg 3768, Baden 3136, Gr. Hessen 3097 (die in der vorigen Nachweisung angegebene Anzahl von 3112 beruht auf einer irrthümlichen Angabe), beide Mecklenburg 3463, Thüringische Staaten 3610, Oldenburg 570, Braun⸗ schweig 1217, Hansestädte 1061, Elsaß⸗Lothringen 5161 und auf die acht zugelassenen Kasseneinrichtungen insgesammt 2244. Von den sämmtlichen Ansprüchen sind 162 003 in den zehn ersten Monaten des Jahres, 6067 im Laufe des Monats November erhoben worden.
Seine Durchlaucht der Fürst zu Hohenlohe⸗Schillings⸗ ürst, Statthalter in Elsaß⸗Lothringen, ist hier eingetroffen. Der General⸗Lieutenant von Holleben, Commandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, ist vom Urlaub hierher rückgekehrt.
Das Kreuzer⸗Geschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Leipzig“ mit dem Geschwader⸗Chef Contre⸗Admiral Valois an Bord, „Alexandrine“ und „Sophie“, beab⸗ sichtigt, am 12. d. M. nach Montevideo in See zu gehen.
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Potsdam, 11. Dezember. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich hat an den Magistrat und die Stadt⸗ verordneten, in Beantwortung der Allerhö stderselben dar⸗ gebrachten Glückwünsche, das nachstehende Schreiben gerichtet: Der Magistrat und die Stadtverordneten haben Mich mit ihren guten Wünschen zu Meinem Geburtstage und durch die Versicherung ihrer anhänglichen Gesinnungen zu lebhaftem Dank verpflichtet. Ich benutze gern diesen Anlaß, um Meiner unveränderten Theilnahme an
München, 10. Dezember. Ein dem Landtag zugegan⸗
gener Gesetzentwurf fordert, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt,
aatliche Zinsgarantie für drei neue pfälzische Lokalbahnen J Grünstadt-—Offstein und Eberts⸗ heim—Hettenleidelheim mit einem Gesammtaufwand von 3 800 000 ℳ, ferner rund 8 Millionen zur Beschaffung von Fahrmaterial und für Bahnhofsbauten in Neustadta. d. H., Pirmasens und Germersheim. 1 Württemberg. .““ 1 . Stuttgart, 11. Dezember. Seine Königliche Hoheit
der Fürst von Hohenzollern ist, wie der „St.⸗A. f. W. meldet, gestern Nachmittag wieder von hier abgereist. Seine Majestät der König holte den Fürsten im Königlichen Schlosse ab und gab ihm das Geleit zum Bahnhof, wo die herzlichste Verabschiedung stattfand. 8 Darmstadt, 11. Dezember. Die Zweite Kammer lehnte nach der „Darmst. Ztg.“ in ihrer heutigen Sitzung den Antrag der Abgg. Franck, Pennrich und Wolz, die Regierung um eine Gesetzesvorlage zu ersuchen, durch welche den unter Gemeindegarantie errichteten Sparkassen das Recht der administrativen Beitreibung ihrer Ausstände übertragen wird, mit großer Majorität ab. Die Nachtragsforderung zum Nebenbahngesetz vom 15. November 1890 in Höhe von 1 500 000 ℳ wurde bewilligt. Das Wildschadengesetz wurde
gegen 15 Stimmen abgelehnt.
Mecklenburg⸗Strelitz.
Neu⸗Strelitz, 11. Dezember. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begeben sich heute der „L. Z.“ zufolge nach Remplin, wo am Sonntag die Vermählung Seiner Durchlaucht des Prinzen Albert zu Sachsen⸗Altenburg mit Ihrer Hoheit der Herzogin Helene von Mecklenburg⸗Strelitz stattfindet. Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin wird wahrscheinlich erst morgen dahin abreisen, während Seine Königliche Hoheit der Erbgroß⸗ herzog am Sonntag Morgen mit Seiner Majestät dem Kaiser zusammen nach Remplin fahren wird.
8 Sachsen⸗Altenburg.
Altenburg, 10. Dezember. Seine Hoheit der Herzog hat sich zu den Vermählungsfeierlichkeiten nach Remplin be⸗ eben.
4 Eine dem Landtage zugegangene neue Regierungs⸗ vorlage erbittet, nach der „Ger. Ztg.“, für die Staats⸗ beamten bis zur Gehaltshöhe von 2700 ℳ für die Zeit vom 1. Juli 1891 bis Ende 1892 außer⸗ ordentliche Beihülfen. Die erforderlichen Mittel von ungefähr 22 600 ℳ sollen aus den Ueberschüssen der laufenden Verwaltung, eventuell aus den Beständen genommen werden. Die jährliche Zulage soll ungefähr fünf Prozent des etats⸗ mäßigen Durchschnittseinkommens der bezeichneten Gehalts⸗ klassen unter entsprechender Abrundung und destens jähr⸗ lich 50 ℳ betragen.
Anhalt.
Dessau, 10. Dezember. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen und Ihre Durchlauchten die Prinzessin Alexandra und der Prinz Eduard haben sich nach dem „A. St. A.“ gestern nach Berlin begeben.
Schwarzburg⸗Sondershansen.
Sondershausen, 11. Dezember. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin haben sich, dem „Reg.⸗ u. Nachr.⸗ Bl.“ zufolge, heute nach Remplin begeben.
Der Landtag berieth in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über Ertheilung des Unterrichts in weiblichen Handarbeiten in den Volksschulen und bewilligte die zu den Kosten unterherrschaftlicher Kirchenbauten verlangten Zuschüsse. Der Bericht der Deputation für Rechtspflege über den Ent⸗ wurf einer authentischen Interpretation des Gesetzes über Bergbau vom 25. Februar 1860 wurde genehmigt.
Neuß ä. L. “““
+) Greiz, 11. Dezember. Ihre Durchlaucht die
Pri to sen Marie zu Ysenburg wird Anfangs nächster Woche zum Besuche am Fürstlichen Hofe hierselbst erwartet.
Heute ertheilte der Landtag der Gesetzesvorlage über die Uebertragung der nächsten Dienstaufsicht über die Ge⸗ meindeverwaltungen auf dem platten Lande von dem Landesausschusse auf das Fürstliche Land⸗ rathsamt die verfassungsmäßige Zustimmung. Sodann referirte der Vize⸗Präsident Dietel als Vorsitzender der Finanz⸗ kommission über die Ergebnisse der Prüfung der Rechnungen über den bestehenden Feuerlösch⸗Fonds. Es war zu bemerken, daß die Einnahmen der laufenden Etatsjahre nicht aufgebraucht wurden. Um diese Ueberschüsse dem allgemeinen Wohle dienstbar zu
dem Wohle Potsdams und seiner Bewohner erneuten Ausdruck zu
14“ KARaiserin und Königin Friedrich. An den Magistrat und die Stadtverordneten der Königlichen Residenzstadt Potsdam.
Hannover, 11. Dezember. Der Provinziallandtag nahm bei Beginn der heutigen Sitzung die Wahl von Mit⸗ gliedern und Stellvertretern zum Provinzialausschusse vor und setste darauf die Berathung des Haushaltsplanes der Pvrovinzialverwaltung fort. Aus dem Landesmeliorations⸗ fonds wird ein regelmäßiger Zuschuß von 30 000 ℳ und ein Zinsbetrag von 22 125 ℳ, zusammen ein Betrag von 52 125 ℳ, zur Verfügung des Provinzial⸗ ausschusses gestellt mit der Maßgabe, daß aus dem Fonds Darlehne gegen einen Zinsfuß von 2 Proz. und gegen die zur jährlichen Tilgung mit mindestens 2 Proz. bewilligt werden können. Soweit dieser 8 ves für Landesmeliorationszwecke nicht verwandt ist, kann er nach Maßgabe der Beschlüsse des Provinzial⸗ landtags auch zur Deckung anderer planmäßiger Vevursnifse Verwendung sinden. Die Pofsition wurde genehmigt, ebenso der Ausgabebetrag von 4194 ℳ 45 ₰ zur Verzinsung und Tilgung der Anleihe zum Beitrage zu den Grunderwerbskosten des Dortmund⸗Ems⸗Kanals. Ferner wurden bewilligt die Wittwenkassenbeiträge für die Provinzialbeamten in Höhe von 33 000 ℳ, 25 040 ℳ für die Forstverwaltung, 29 945 ℳ für die Moorverwaltung und 15 000 ℳ Bei 82 zu *† Kosten der Vorarbeiten für den Rhein⸗Weser⸗Elbe⸗ Kanal. 88 1“
zeit seiner Schwester in
machen, beantragte die Kommission, der Landtag wolle beschließen,
die Staatsregierung um die Vorlegung eines Nachtrags zu dem
Gesetze vom 23. Dezember 1882 zu ersuchen, der die Bestimmung enthalte, daß die am Schlusse eines jeden Rechnungsjahres verbliebenen Ueberschüsse, die sich aus den Abgaben und den angelegten Geldern (abgesehen von den aus dem Fonds bewilligten Unterstützungsdarlehns⸗Kapitalien) zusammensetzen, soweit diese Ueberschüsse den Betrag von 10 000 ℳ übersteigen, auch zu anderen gemeinnützigen Zwecken, als den im Gesetz selbst bezeichneten, verwendet werden können, mit der Maßgabe jedoch, daß im Bedarfsfalle auch diese üͤberschießenden Erträgnisse zunächst für die ursprünglichen Zwecke Verwendung zu finden haben. Nach längerer Debatte wurde der Antrag angenommen und im Uebrigen die Justifikation der Rech⸗ nungen ausgesprochen. 111“ 8
DODesterreich⸗Ungarelern.
Wien, 12. Dezember. Nach einer in Nr. 291 des „R. u. St.⸗A.“ wiedergegebenen Mittheilung der „Agence de Constantinople“ wäre in Konstantinopel von der Anwesenheit eines österreichischen Erzherzogs an maßgebender Stelle nichts bekannt gewesen, und das Blatt hatte die an den Aufenthalt von anderer Seite geknüpften Gerüchte als unbegründet be⸗ zeichnet. Das „Fremdenblatt“ erfährt aber von kom⸗ petenter Seite, der Erzherzog Leopold Ferdinand von Toscana, welcher als Fähnrich auf einem wiensif des österreichisch⸗ungarischen Mittelmeergeschwa⸗ ders eingeschifft hatte, habe, von der Hoch⸗
rengstem Inkognito Konstantinopel passirt, jedoch Uühche seiden kurzen Aufenthalts daselbst keinerlei Besuche abgestattet. Weiter schreibt das Wiener Blatt: Die an diesen Aufenthalt geknüpften politischen Kombinationen seien schon wegen der Jugend des Erzherzoss ausgeschlossen und müßten auch von vornherein zurückgewiesen werden, falls der Erzherzog etwa seinen derzeitigen Aufenthait im Orient zu einem in⸗ instruktiven Besuche Konstantinopels benutzen wollte. Der Handelsvertrag zwischen Oesterreich⸗Ungarn und der Schweiz ist bereits im Laufe der vorgestrigen Sitzun dem Abgeordnetenhause unterbreitet worden. Er enthält sechzehn Artikel, denen sich zwei Zolltabellen anschließen. Die eine, Tarif A, giebt die Zölle bei der Einfuhr in die Schweiz, die andere, Tarif B, die Zölle bei der Einfuhr in das öster⸗ reichischungarische Zollgebiet an. Daran reihen sich ein usatzartikel mit Bestimmungen, die dem Handel der
renzgebiete jene Seseph gewähren sollen, welche die Bedürfnisse des täglichen Verkehrs erfordern, und ein Schluß⸗ protokoll, das einen integrirenden Theil des Vertrages selbst bildet und nähere Erläuterungen zu einzelnen Arlikeln des Zollvertrages, des Abkommens zur Erleichterung des Grenz⸗ verkehrs sowie zu einzelnen Posten der beiderseitigen Zolltarife enthält.
“ in der vorgestrigen Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses gewählte Ausschuß für die Handelsverträge besteht nach der „Presse“ aus zwölf Abgeordneten der Ver⸗ einigten deutschen Linken, neun Mitgliedern des Klubs der Konservativen, sieben Polen, je zwei Mitgliedern des Jungezechen⸗ klubs und der Deutschen Nationalpartei und je einem Mitgliede des Coronini⸗, Ruthenen⸗ und mährischen Czechen⸗Clubs, sowie der Antisemitengruppe. Ein in der gestrigen ersten Sitzung des Ausschusses eingebrachter Antrag des Fürsten Liechtenstein auf Einholung der Gutachten von Genossenschaften und Handels⸗ kammern über die Handelsverträge soll, wie „W. T. B.“ meldet, 81. der Generaldebatte in dem Ausschusse ver⸗
andelt werden. 8
Bei der gestern im Abgeordnetenhause fortgesetzten Budgetdebatte drückte der Justiz⸗-Minister Graf Schön⸗ born sein Erstaunen über die Behauptung des jungczechischen Abgeordneten Vasaty aus, daß der deutsche Botschafter Prinz Reuß Einfluß auf den böhmischen Ausgleich ge⸗ nommen habe. Der Botschafter werde sicherlich nicht weniger erstaunt sein. Der Ausgleich sei allerdings eine Privat⸗ abmachung, aber nach den Erklärungen der Regierung für diese bindend. Der Minister kündigte alsdann an, in der Wintersession würde eine Reform der Civilprozeßordnung ein⸗ gebracht werden, wiewohl die unter dem Zeichen der Volkes⸗ wirthschaft stehende Gegenwart den Fühm Kodifikationen un⸗
günstig sei. Die Konsiskationen von Zeitungen seien eine natür⸗ liche Folge der Schreibweise der Blätter; insbesondere sei das Vorgehen gegen die irredentistischen Zeitungen natürlich. In der Abendsitzung des Hauses wies der Minister Freiherr von Prazak die Angriffe auf das Entschiedenste zurück, welche der Abg. Vasaty sowohl gegen ihn wie gegen eine Reihe ehemaliger altczechischer Abgeordneten gerichtet hatte. Großbritannien und Irland.
Zum Botschafter in Paris an Stelle des verstorbenen Earls of Lytton hat die Königin den früheren Vize⸗König von Indien Earl of Dufferin ernannt.
Das Befinden des am Typhus erkrankten Prinzen George von Wales macht, den Londoner Blättern zufolge, stetig erfreuliche Fortschritte.
In der Memorial⸗Hall zu London tagte am 10. und 11. d. M. die „Landreform Konferenz“, zu der die natio⸗ nale liberale Föderation die Anregung gegeben hat. Den Vorsitz führte der Präsident der Föderation Dr. Spence Watson; im Ganzen waren 425 Delegirte ländlicher Distrikte aus ganz England anwesend. Dr. Watson erklärte, länd⸗ liche Reformen seien nur ein weiteres Glied in der Kette der Kämpfe, welche die liberale Partei so viele Jahre hin⸗ durch zur Ausdehnung des Wahlrechts ausgefochten habe. Der Konferenz lagen namentlich zwei Punkte zur Berathung vor: die Gründung von Dorfbehörden und agrarische Fragen. Bei dem gestrigen Festmahl der Delegirten hielt Gladstone eine Programmrede im Hinblick auf die bevorstehenden Neu⸗ wahlen. Wie wir dem Telegramm des „W. T. B.“ ent⸗ nehmen, hob er in der Rede die Nothwendigkeit hervor, die Lage der ländlichen Bevölkerung zu verbessern, um die zunehmende Uebersiedelung der Landbewohner nach den Städten zu verhindern. Ferner bezeichnete er es als noth⸗ wendig, in das Parlament eine größere Anzahl ländlicher Vertreter zu senden, ohne ihnen jedoch die Kosten für 8 Wahl aufzuerlegen. Zum Schluß sprach sich Gladstone für eine gerechtere Vertheilung der Kommunalsteuern aus und befürwortete eine Abänderung der bestehenden Gesetze zu dem Zweck, den ländlichen Arbeitern Vereinigungen zur Erlangung von Lohnerhöhungen zu gestatten. 2
Die kanadische Regierung hat den Bau des Sou⸗ langes⸗Kanals, der unweit von Montreal gegraben werden soll, in Submission gegeben. Der Kanal wird 11 englische Meilen lang und überall 14 Fuß tief sein. Er bildet das letzte Glied, um den St. Lorenz⸗Strom in seiner ganzen Länge schiffbar zu machen. Wenn der Kanal vollendet ist, können Schiffe, die einen geringeren Tiefgang als 14 Fuß
ben, von britischen Häfen direkt nach dem Oberen See ne Die Kosten des Kanals werden auf 900 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. b
Eine in London eingegangene amtliche Depesche aus Indien meldet, daß in der Nähe von Gilgit in Kaschmir, b eine g- E1“ ö Se abtheilung liegt, eindseligkeiten ausg üba Der beüeische Agent in Gilgit, Oberst Dürand, marschirte in Folge der von den Stämmen Hunza und Nagar angenommenen drohenden Haltung gegen diese und nahm am 2. d. Stilt, einen den Hunza'’s ge⸗ hörigen sehr festen Plas, mit Sturm. Der Oberst Dürand und ein Theil seiner Össiziere erlitten erhebliche Verwun⸗ dungen. Von den einheimischen Soldaten wurden sieben ge⸗ tödtet, sechsundzwanzig schwer verwundet. Die Verluste der Hunza sind sehr beträchtlich.
Ir b. 9 2 Paris, 12. Dezember. Der Senat nahm in seiner estrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ berichtet, den Antrag der mmission an, welcher die zeitweilige Zulassung von Baum⸗
wollengarnen sowie bei Wiederausfuhr die theilweise Zurück⸗ erstattung erhobener Zölle beseitigt. Der Kommissionsantrag wurde vom Handels⸗Minister unterstützt und von Tirard be⸗
ien zurückkehrend, allerdings in
kämpft. Der Senat nahm hierauf die Zollsätze der Kommission für Baumwollengarne an. 8 88
2 In der Deputirtenkammer kam gestern die bereits erwähnte Interpellation des Deputirten Hubbard über die Haltung des Klerus zur Verhandlung, in der die Re⸗ gierung aufgefordert wird, vorbereitende Maßnahmen zu einer Trennung von Kirche und Staat zu treffen. Als der Minister der Justiz und der Kulte Fallières in seiner Er⸗ widerung das Verhalten des Erzbischofs von Bordeaux rechtfertigte, kam es zu Konflikten der Linken und der Rechten mit dem Kammer⸗Präsidenten. Es entstand ein lebhafter Tumult; der Präsident rief den Bischof von Angers, Freppel, zur Ordnung. Nach wiederhergestellter Ruhe fuhr der Kultus⸗Minister in seiner Erwiderung fort und erklärte, daß er sich einer Trennung von Kirche und Staat widersetzen müsse. Die Regierung werde demnächst einen Gesetzentwurf über die Associationen einbringen; er ersuche aber, darin keine Einleitung zu einer Trennung der Kirche vom Staat zu erblicken. Hierauf vertagte die Kammer die weitere Berathung auf heute. Im Laufe der Sitzung e der v Floquet den Zwischenruf gethan, ein
apst sei Freimaurer gewesen. Der Deputirte Cassagnac bezeichnete diese Behauptung als lügnerisch. In den Wandel⸗ gängen der Kammer verlautete Abends, Floquet und Cassagnac hätten sich gegenseitig ihre Zeugen geschickt. In Folge ver⸗ mittelnder Intervention des Abgeordneten Clémenceau werde
übrigens der Zwischenfall keine Folge haben.
In der italienischen Deputirtenkammer standen gestern die Interpellationen über die afrikanischen Angelegen⸗ Felten zur Berathung. Die Tribünen waren überfüllt, auch
ie Diplomatenloge ziemlich besetzt. Es wurden acht Inter⸗ pellationen eingebracht und begründet, welche die Ergebnisse des Prozesses in Massovah, die Kolonialpolitik der Regierung und das Verhalten mehrerer Generale bei den Vorgängen in Massovah zum Gegenstand hatten. Der Deputirte Cefali kritisirte, nach dem Bericht des „W. T. B.“, das Ver⸗ halten der Regierung. Bovio zog seine Interpellation zurück. Imbriani dagegen erklärte, die Generale Bal⸗ issera, Orero und Cosato müßten von der strafenden Ge⸗ rechtigkeit getroffen werden, welche der Ausdruck der Gefühle Italiens und der italienischen Armee sein solle. Hierauf fragte Imbriani an, ob die Regierung Diejenigen verfolgen werde, die ihre Schuld eingestanden hätten. Perrone di San Martino drückte seine Entrüstung über die gegen die Offiziere der Armee geschleuderten Anschuldigungen aus; der von Im⸗ briani angeregte Prozeß in Rom gegen die Generale sei einer jener politischen Prozesse, die mit einem ungerechten Urtheile abschlössen. Imbriani betheuerte, die Armee hochzuachten. Marinelli sprach sich dafür aus, daß die Generale eventuell vor das kompetente Gericht verwiesen würden. Campi und Bonghi vertheidigten die Generale. Hierauf ergriff der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini das Wort. Er erklärte, was in Afrika geschehen sei, sei voll⸗ kommen gesetzlich gewesen. „Eine Abänderung der Justiz⸗ organisation in Massovah sei nothwendig, sie müsse jedoch unter Abwägung der dortigen Verhältnisse geschehen. Die Aufhebung des Kriegszustandes sei bereits an⸗ geordnet. Das Resultat der Untersuchungen habe fest⸗ gestellt, daß die Generale ihre Vollmachten überschritten hätten. Der Minister⸗Präsident theilte alsdann mit, der Militäranwalt habe die Einleitung eines Prozesses für unnöthig erklärt; ebenso habe eine Jury von Generalen die Frage, ob ein Disziplinarvergehen vorliege, negativ beant⸗ wortet. Er habe die Akten des Prozesses in Massovah dem Militäranwalt mit der Ermächtigung übersandt, sich nach Massovah zu begeben; mehr habe er nicht thun können. Den politischen Leidenschaften werde er nicht weichen. Der Kriegs⸗Minister schloß sich den Ausführungen des Minister⸗ Präsidenten an.
Bundes⸗Präsident Welti beharrt auf seiner Demission. Wohl hatten ihn die vielen Sympathiebezeugungen aus der Mitte der Bundesversammlung und des Volkes bestimmt, den Entschluß nochmals in Erwägung zu ziehen. Am Mittwoch Morgen aber machte im Nationalrath Präsident Lachenal dem Berner „Bund“ zufolge nachstehende Mittheilung: Gern hätten wir dem Nationalrath eine Antwort überbracht, die dem aufrichtigen Wunsche, welchem er gestern Ausdruck gegeben hat, besser entsprechen würde. Ich bedaure, Ihnen mittheilen zu müssen, daß die eindringlichsten Vorstellungen Ihres Präsidiums, welchen sich der Präsident des Ständeraths angeschlossen hat, frucht⸗ los geblieben sind, und daß nichts Anderes erübrigt, als den Rüͤcktritt des Herrn Welti als eine Thatsache zu betrachten.
Gestatten Sie mir, bei Anlaß eines Ereignisses, welches einen schmerzliches Widerhall im Herzen des Demissionärs selber erweckt, Ihren Gefühlen Worte zu leihen, indem ich dem Beamten, welcher zum sechsten Male während einer Laufbahn von 25 Jahren zur Würde des Bundes⸗Präsidenten erhoben worden ist, unser inniges Bedauern darüber ausdrücke, daß er auf seinem Entschlusse beharrt, und nicht weniger Ihre Sympathie und Ihre Dankbarkeit für die ebenso hervorragenden wie zahlreichen Dienste, welche er in allen Gebiteten seiner administrativen und gesetzgeberischen Thätigkeit dem Lande geleistet hat.
So vernehme er denn jetzt, wo er sein Amt niederlegt, und zur Stunde, wo er vorzeitig seine an Ehren und Arbeit reiche Laufbahn verläßt, daß alle Diejenigen, welche seine Kollegen in den eid⸗ genössischen Räthen gewesen sind, nie vergessen werden, daß sich in ihm die ebenso großen als seltenen Gaben bewunderungswerther Be⸗ redsamkeit und hoher Intelligenz mit den reinsten republikanischen Tugenden und hoher Vaterlandsliebe vereinigt gefunden haben, und daß dieses Zeugniß ihn in die Zurückgezogenheit begleiten möge, welche er freiwillig gewählt hat.“
Am nächsten Donnerstag wird die Bundesversammlung zur Wahl eines Ersatzmannes zusammentreten.
Die Rechte der Bundesversammlung hat Behufs eingehender Prüfung der Eisenbahnfrage eine Kommission eingesetzt, um sich, wenn Weelic, für die he eskton zum Zweck eines gemeinsamen Vorgehens zu verständigen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel⸗Land hat die Untersuchung der Mönchensteiner Katastrophe, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, nunmehr beendet und das Aktenmaterial nach Bern abgesandt. Die Entscheidung der Schuldfrage ist den eidgenössischen Gerichten überwiesen worden. “
Belgien. 8 8
der belgischen Deputirtenkammer ist, wie
„W. T. B.“ aus Brüsssel meldet, gestern von dem Minist des Auswärtigen der Text des deutsch⸗belgischen und des öster⸗ reichisch'belgischen Handelsvertrages auf den Tisch des Hauses vichergelegt worden. Gleichzeitig wurde die Indruck⸗ legung angeordnet. 8
8
ELurkei.
Der Chef des Preßbureaus im Auswärtigen Amt Munir Beg ist, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Kon⸗ stantinopel, durch den früheren Chef dieses Bureaus Madjid Beg ersetzt worden. Munir Beg erhält den Posten eines Generalsekretärs im Auswärtigen mt.
Rumänien. NX
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0. Dezember. Heute Morgen fand, wie
berichten, zur Feier der Einnahme von
Plewna ein feierliches Te⸗Deum in Gegenwart des
Königs und des Erbprinzen statt, worauf die Truppen
vor dem Könige defilirten. Für Abends ist ein großes militärisches Diner im Königspalast angesagt
Amerika. 8
Das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat sich nach der Verlesung der Botschaft des Präsi⸗ denten vertagt, um dem Sprecher Zeit zu geben, die Ausschüsse zu ernennen. Dies wird voraussichtlich zehn Tage in Anspruch v. 28 dann 88 erien kommen, so werden
e Verhandlungen des Hauses 8 ginnen. h — 8 Haus 8 Januar be⸗
In Paris eingegangene ossizielle Mittheilungen aus Shanghai berichten, die Unruhen in China SSes als be⸗ endet zu betrachten. In Pakou in der Mongolei seien 42 Rebellen, welche der Theilnahme an den Christenmorden schuldig waren, hingerichtet worden. Die Rebellen seien bei mehreren Zusammenstößen geschlagen worden.
1
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (139.) Sitzung des Reichstags, wel der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretcte Dr. 85 Boetticher, Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall und die Königlich preußischen Staats⸗ Minister Freiherr von Berlepsch und von Heyden bei⸗ wohnten, stand auf der Tagesordnung als erster Gegenstand die Fortsetzung der ersten Berathung der Handelsverträge. Abg. Singer erklärte die vorliegenden Handelsverträge noch lange nicht für genügend; die Getreidezölle blieben danach noch immer viel zu hoch, die sozialdemokratische Partei werde so lange gegen jeden Zoll auf die Lebensmittel kämpfen, bis der Sieg erreicht sei. Könne die Landwirthschaft ohne Zölle nicht bestehen, so beweise das nur die Unhaltbarkeit der privaten Produktionsweise. Der Theil der Rede des Reichskanzlers, worin er ein Entgegenkommen gegen die Arbeiter ausgesprochen habe, solle nur die Deckung für eine Rede von anderer Stelle sein. Die Sozialdemokratie sei viel zu klug, um sich vor die Mündungen des kleinkalibrigen Gewehrs und der Revolverkanonen mit dem rauchlosen Pulver zu stellen. Die Sozialdemokratie sei mit der Entwicklung der Dinge sehr zufrieden. Seine Partei stimme zwar für die Handelsverträge, weil sie den ersten Schritt Bruch mit der Politik darstellten, unter der das BZolk bisher seufze, aber binde sich dadurch nicht für die Zukunft, da sie nach wie vor für die Beseitigung der ölle überhaupt kämpfen werde. Dem Antrag auf Kommissionsberathung könne die sozialdemokratische e. nicht zustimmen, denn eine etwaige Aenderung der erträge in der Kommission würde das Zustandekommen von Handelsverträgen nur verschleppen.
Abg. Freiherr von Huene sprach die Hoffnung aus, daß
Centrum und den Konservativen doch bei anderen Gelegen⸗ peiten eine gemeinsame Aktion zu Gunsten der Landwirthschaft tattfinden werde. Autonome Tarife seien vor zwölf Jahren möglich und richtig gewesen, heute aber seien Vertragstarife am Platze. Dadurch, daß die Regierung die Suspension der Getreidezölle verhindert habe, habe sie deren Festsetzung auf 3,50 ℳ für die Dauer gesichert. Der Reichskanzler habe die Bedeutung der Land⸗ wirthschaft zwar anerkannt, aber auch die Bedeutung der Industrie in einer Weise betont, die auf der Linken lebhaften Beifall ge⸗ funden habe. Vielleicht werde ihm bei dieser Unter⸗ stützung der Freisinnigen wieder wie früher unheimlich und er überlege sich, daß der Theorie die Praxis nicht folge. Die Centrumspartei werde für die Verträge immen und den Antrag auf Kommissionsberathung ablehnen, der hier, wo es sich nicht um eine Abänderung handeln
könne, nicht angebracht sei. Seten. vertrat den
Abg. Freiherr von
Theil der Konservativen, welche ür die r⸗ vertrage stimmen werden. Der Abg. Gra von Kanitz habe zugestandenermaßen vergessen, in seiner Rede zu erklären, daß er nur im Namen eines Theils der Konservativen gesprochen habe. Der Reichskanzler habe neulich erklärt, dem Gefühl schaffender Freude nie so nahe W sar⸗ sn sein wie jetzt; wenn ein Theil der Konservativen auch für ie Verträge stimme, so könnten sie ihm doch nicht in dem⸗ selben Maße in diesem Gefühl folgen, da sie nicht verkennen könnten, daß die Kosten der Verträge von der Landwirthschaft getragen würden. Der Reichskanzler habe von der Ernährung der Armee im Kriegsfall gesprochen. Eine Landwirthschaft, die nicht prosperire, önne auch im Kriegsfall nichts nützen. Eine Suspension der Getreidezölle wäre ganz unangebracht gewesen. Wäre die Suspension ersolgi, so wäre es nicht möglich ge⸗ wesen, in den Verträgen den Zollsatz von 3,50 ℳ Für Ge⸗ treide festzuhalten, da die anderen kontrahirenden Staaten dem Deutschen Reiche dann viel härtere Bedingungen gestellt haben würden. Der Reichskanzler habe die Annahme der Verträge vom Standpunkt der Vaterlands⸗ liebe gewünscht. Vaterlandsliebe müsse er für alle seine Parteigenossen in Anspruch nehmen, sowohl für die Freunde als auch die Gegner der Vorlage. Redner kam sodann auf den Arbeitermangel zu sprechen, unter dem die Landwirth⸗ schaft leide, und verlangte entschiedene Maßregeln der Re⸗
Kermg zur Abhülfe dieses Umstandes, namentlich durch eine evision des Unterstützungswohnsitzgesetzes und durch Ein⸗ schränkung der Freizügigkeit. Das Steigen der Getreidepreise würde ohne die Verträge voraussichtlich noch angedauert und im nächsten Jahre z1 einer Krisis Pführt haben, welcher die hohen Getreidezölle nicht mehr Stand halten könnten; es würde dann sehr schwierig sein, sie wieder neu einzuführen, und deshalb stimme er für die Verträge. 1 Reichskanzler von Caprivi erklze daß er die Vater⸗
und er hätte nicht wohlwollender ft sprechen können, als er gethan habe. Er sei bereit, sich auf das Kompromiß einzulassen, daß die Industrie die Nähramme und die Landwirthschaft die Mutter des Staats sei. Daß bei diesen Handelsverträgen auf deutscher Seite gerade die Land⸗ wirthschaft der leidende Theil sei, liege an der Verschiedenheit der Produktion der kontrahirenden Länder, denn Deutschland nehme von den andern Vertragsstaaten landwirthschaftliche Produkte und ebe dafür industrielle Artikel. Mit dem Zollsatz von 3,50 ℳ ei es der Regierung wohl ernst, sonst hätte sie bei den Ver⸗ tragsverhandlungen nicht solchen Kraftaufwand gemacht, um diesen Zollsatz aufrecht zu halten; es wäre eine Kleinigkeit gewesen, mit einem niedrigeren abzuschließen. Den Mangel an landwirthschaftlichen Arbeitern erkenne die Regierung an, und er glaube, diese Sitzung des Reichstags werde nicht
verlaufen, ohne daß die Regierung eine Vorlage über das
Unterstützungswohnsitzgesetz einbringe.
Abg. Oechelhäuser erklärt seine bedingungslose, freudige Zustimmung zu den Verträgen. Er hoffe, daß die Handels⸗ vertragspolitik sich auch auf andere Staaten ausdehnen werde, wie Spanien und Portugal, sowie auch Frankreich. Die in den vorliegenden Verträgen enthaltenen Konzessionen hielten sich gegenseitig die Wage. 3
8 Bei Schluß des Blattes spricht der Abg. Oechelhäuser weiter.
— Im 5. Arnsberger Landtags⸗Wahlkreise (Bochum, Gelsenkirchen, Hattingen, Hörde, Dortmund) ist an Stelle des verstorbenen Abg. Berger der Ehrenamtmann Schulze⸗Völlinghausen in Stockum, nationalliberal, mit 1230 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Ab⸗ geordneten gewählt worden. Der Ehrenamtmann Wester⸗
mannin Lütgendortmund, national⸗liberal, erhielt 189 Stimmen.
Theater und Musik.
1.“ Königliches Schauspielha .
F. Zell’s Lustspiel „Die Büste“ ging gestern Abend neu ein⸗ studirt in Scene und fand auch in der neuen Besetzung die lebhafte Anerkennung des Publikums. Wohl merkt man der einfachen und harmlosen Verwechselungskomödie, in der ein junger Bildhauer, der sich aus einem Steinmetzgesellen entwickelt hat, für einen Fürsten gehalten wird, ihr Alter an, aber sie besitzt soviel herzige Lustigkeit und Situationskomik, daß man ihr gern einmal wieder begegnet. Im ersten Akt nehmen die beiden in ibrer chevaleresken Aufdringlichkeit lächerlichen Bewerber um die Hand der reichen Nichte einen größern Raum ein, als für die Entwicklung der Handlung und ihrer wichtigeren Träger nöthig ist; aber im zweiten Aufzuge tritt so viel treffender Humor bei der Verwicklung und der Lösung des Mißverständnisses hervor, daß das fröhliche Lachen und die Theil⸗ nahme der Zuschauer den Erfolg sichern.
Der Ton der Darstellung war früheren Aufführungen gegenüber etwas derber und realistischer gehalten. Frau Schramm als Madame Michaud ließ ihrem launigen Naturell freien Lauf und wirkte öfter durch eine mehr urwüchsige als fein geartete Komik, die an einzelnen Stellen von Uebertreibung nicht frei war. Fräulein Conrad als übermüthiger Bildbauerlehrling trieb ihre knabenhaften Possen mit kecker, anmuthiger Natürlichkeit. Die beiden komischen Brautwerber des Stückes wurden von den Herren Müller und Hertzer, dem im Ganzen derberen
trotz der augenblicklichen Meinungsverschiedenheit zwischen dem
Charakter der Darstellung entsprechend, in schwankartigem Stile ge⸗ geben. Fräulein Kramm als Victorine und Herr Arndt als jugendlicher Liebhaber hätten origineller sein dürfen. Im Allgemeinen fand das Stück, wie die fröhliche, beifallslustige Stimmung der Zu⸗ schauer bewies, eine beifällige Aufnahme.
8 Sing⸗Akademie.
Der dreizehnjährige Cellospieler Jean Gérardy gab gestern hier sein erstes Concert. Der Knabe macht äußerlich den Eindruck eines gesunden Jungen, der etwa für die Quarta oder Tertia reif wäre; nichts verräth eine Ueberanspannung seiner köͤrperlichen und geistigen Kräfte. Und doch hat er es auf seinem Instrument schon weit gebracht: Der Ton ist groß und kräftig, die Bogenführung sicher, das Spiel ausdrucksvoll, die Technik eine sehr bedeutende. Wer dem Spiel mit geschlossenen Augen zuhört, würde glauben, einen gereiften Künstler vor sich zu baben; nirgends wird man eine Unfertigkeit oder auch nur eine künstlich erzwungene und angelernte Fertigkeit, die etwa Seele und Verständniß vermissen ließe, gewahr. Freilich ist die linke Hand, welche die Griffe auszuführen hat, wie dies bei so großer Jugend nicht anders möglich, noch nicht fest und kräftig genug; aber das ist nur mit den Augen zu sehen, die Töne leiden darunter nicht im Geringsten. Der jugendliche Künstler spielte das F-moll-Concert von R. Volkmann und Kol Nidrei von M. Bruch mit Begleitung des Philharmonischen Orchesters und zuletzt eine Arie von Bach und die Tarantelle von Popper mit Klavierbegleitung. Schon diese Stücke be⸗ weisen, daß er als Künstler ernst zu nehmen ist, und die Ausführung bekundete, daß er wirklich ein solcher ist. Der gefüllte Saal spendete ihm ungewöhnliche Beifallskundgebungen, und man muß ehrlich gestehen, daß sie berechtigt waren. Unterstützt wurde der jugendliche Concertgeber von dem Bassisten Plunket Greene, der jüngst schon an derselben Stelle ein eigenes Concert gegeben hat Die Stimme des Sängers ist keine allzu markige und starke, aber dafür wohllautend, der Vortrag saunber und warm, die Aussprache von seltener Deutlichkeit; außer einigen englischen Liedern sang er in deutscher Sprache eine Arie aus dem „Paulus“ und die Arie „Isis und Ostris“ aus der „Zauberflöte“ eindrucksvoll und mit gutem Erfolg.
8 Wegen der Heiserkeit der Frau Staudigl hat die 6. Vorstellun des Mozart⸗Cyklus „Titus’ im Königlichen Opernhause au den nächsten Dienstag vertagt werden müssen. n diesem Tage wird auch das Taubert'’sche Nachspiel in Scene gehen, dessen Aufführung ursprünglich am Sonntag nach der „Zauberflöͤte“ stattfinden sollte. So ist die „Zauberflöte“ der sechste, „Titus“ der fiebente Abend des Cyklus geworden. Am Montag findet eine Auf⸗ führung der Oper „Das goldene Kreuz“ statt mit den Damen Wei und Herzog, den Herren Philipp, der den Gontran zum ersten Male singt, Schmidt und Stammer; darauf folgt „Cavalleria rusticana mit ven Damen Pierson, Rothauser und Lammert, den Herren Roth⸗ mühl und Betz. 1ch Schauspiel
„Die Büste“ wird heute im Königlichen auspiel⸗ hause 8 ec⸗ als Zugabe folgt der beliebte Einakter Philippi's „Am Fenster. Der Spielplan bringt am Montag die „Quitzow’ 8“ und am Dienstag „Wohlthätige Frauen-; Mittwoch wird der kürzlich neneinstudirte Raffih.⸗, Donnerstag „Die Büste“, diesmal in Be⸗ leitung der drastischen „Kaudel’'s Gardinenpredigten“, gegeben. Frelac geht „Der neue Herr“, Sonnabend „Die Jungfrau von Orléans“ in Scene.
Der Spielplan der Königlichen Oper für die Zeit vom 14. bis. 19. Dezember lautet: Montag: „Das goldene Kreuz“. „Cavallerin rusticana“. Dienstag: Mozart⸗Cyklus. Siebenter Abend. „Titus“. Nachspiel. Mittwoch: ste Symphonie der König⸗ lichen Kapelle. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: „Fidelio“. Freitag:
landsliebe des Abg. Grafen von Kanitz nie angezweifelt habe. Die Industrie habe er in seiner Rede keineswegs bevorzugt,
„Oberon“. Sonnabend: „Die Jahreszeiten“. „Cavalleria rusticana“. ür das Schauspiel: Montag: „Die Ouitzow 8“. Dienstag: „Wohlthätige Frauen“. Mittwoch: „Narziß“. Donnerstag: „Die