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1.Sge,
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Am Schullehrer⸗Seminar zu Cornelimünster ist der Lehrer Veit aus Burtscheid als Hülfslehrer angestellt worden.
Preußen. Berlin, 14. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser und König fuhren gestern Morgen um 8 Uhr von der Wildparkstation zu den Vermählungsfeierlichkeiten nach Remplin und trafen dort um 2 Uhr Mittags ein. Die Weiterreise nach Schwerin erfolgte m 4 Uhr. Hier statteten Seine Majestät Ihrer Königlichen oheit der Frau Großherzogin⸗Mutter einen Besuch ab und wohnten mit Höchstderselben auch einer Vorstellung im Groß⸗ erzoglichen Hoftheater bei. Nachdem Seine Majestät im Sonderzuge übernachtet hatten, erfolgte heute Morgen um Uhr die Weiterreise nach Stettin. Während der Fahrt örten Seine Majestät den Vortrag des Chefs des Geheimen Civilkabinets. Sofort nach der Ankunft in Stettin, die um 1 Uhr 30 Minuten erfolgte, fuhren Seine Majestät zum Stapellauf nach dem Vulkan.
deute Nachmittag fand eine Plenarsitzung des Bundes⸗ raths statt.
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ ver⸗ öffentlichten Nachweisung über die im Monat Oktober d. J. auf deutschen Bahnen (ausschließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen Verspätungen haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnetzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 349,10 km von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sich verspätet: 1369 Schnellzüge, 2676 Personenzüge und 477 ur Personen⸗ sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende üge, zusammen 4522. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit Personenbeförderung wurden geleistet: 15 183 320 Zugkilometer, 301 089 672 Achskilometer gegen 15 046 652 Zug⸗ und 311 871 923 Achskilometer im Vormonat und gegen 14 263 012 Zug⸗ und 286 274 960 Achskilometer in demselben Monat des Vorjahres. Von den Verspätungen wurden 1679 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge veranlaßt, odaß den aufgeführten Bahnen nur 2843 Verspätungen zur Last fallen gegen 3469 im Vormonat und 3159 in demselben Monat des Vorjahres. Von den auf eigener Bahn vor⸗ gekommenen Verspätungen entfallen auf 1 000 000 Zugkilometer 187, 1 000 000 Achskilometer 9, mithin auf 1 000 000 Zug⸗ kilometer 34 = 15 v. H. wenigerals im Monat Oktober des Vor⸗ jahres und 44 = 19 v. H. weniger als im Vormonat, und auf 1000 000 Achskilometer 2 = 18 v. H. wenigerals im Monat Oktober des Vorjahres und 2 = 18 v. H. weniger als im Vormonat. In Folge der Verspätungen wurden 2536 Anschlüsse versäumt (gegen 2506 in demselben Monat des Vorjahres und 3559 im Vormonat). Bei 9 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 10 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zugverspätungen vorkamen, nach der Ver⸗ hältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der von den fahrplanmäßigen, der Personenbeförderung dienenden Zügen auf 1 000 000 Zug⸗ und 1 000 000 Achskilometer entfallenden eigenen Verspätungen geordnet. Danach nehmen die Kiel⸗ Eckernförder⸗Flensburger Bahn, die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinischen) zu Köln und der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Verspätungen nach der Anzahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Bahnen im Be⸗ zirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinischen) zu Köln, der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion k(rechts⸗ rheinischen) zu Köln und die Hessische Ludwigsbahn an die ungünstigsten Stellen.
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In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Zusammenstellung der versteuerten Rübenmengen, sowie der Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deutschen Zollgebiet im Monat November 1891 veröffentlicht.
Der Kaiserliche Botschafter am Königlich großbritannischen Hofe, Staats⸗Minister Graf von Hatzfeldt⸗Wildenburg ist nach London zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Bot⸗ schaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte am dänischen Hofe Freiherr von den Brincken hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Kopen⸗ hagen fungirt der Legations⸗Sekretär Freiherr von Wangen⸗ heim als Geschäftsträger.
Der General⸗Direktor der direkten Steuern, Wirkliche Geheime Rath Burghart ist an Lungenentzündung nach Influenza schwer erkrankt.
Der General⸗Lieutenant von Krosigk, Inspecteur der 1. Kavallerie⸗Inspektion, ist nach Ablauf seines Urlaubs hierher zurückgekehrt.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien
und Hansestadt Lübeck Dr. Klügmann ist hier angekommen.
Der hiesige chinesische Gesandte Hsü⸗Ching⸗Cheng
hat auf kurze Zeit seinen Aufenthaltsort nach St. Petersburg
verlegt. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗ Sekretär Pan⸗Hung als interimistischer Geschäftsträger.
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Hannover, 12. Dezember. Bei Beginn der heutigen Sitzung nahm der Provinzial⸗Landtag die Wahlen 9—
Stellvertreter zum Provinzial⸗Ausschuß vor und nahm
dann die Anträge auf Erhöhung der Verpflegungssätze für Geisteskranke, auf Bewilligung einer Beihülfe von ℳ an die Rettungsanstalt in Himmelspforten zur Be⸗ schaffung des nöthigen Inventars und auf anderweitige Verwendung einer bei dem Neubau der Lehrde⸗ brücke verfügbar gebliebenen Summe von 6500 ℳ an. Ge⸗ nehmigt wurde ferner der Antrag des Provinzial⸗Ausschusses, „die Reichsregierung zu ersuchen, folgenden Zusatz zum §. 4 Nr. 3 des Gesetzes, betreffend die Unfallversicherung der bei Bauten beschäftigten Personen vom 11. Juli 1887, zu erlassen: Mehrere gleichartige Kommunalverbände können sich untereinander oder mit einem sie umfassen⸗ den weiteren Kommunalverbande durch übereinstimmende Be⸗ schlüsse zu gemeinsamer Versicherung, sei es ihrer sämmtlichen Bauarbeiter, sei es der Bauarbeiter einer gewissen Art — die Erklärung der Leistungsfähigkeit des Verbandes für die zu übernehmenden Lasten durch die Landes⸗Cent lbehörde voraus⸗ gesetzt — vereinigen.“ ““ “
Bayern. 88 8
München, 12. Dezember. Die Kammer der Abge⸗ ordneten erledigte in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung des Straßen⸗, Brücken⸗ und Wasserbau⸗Etats, der im Ganzen genehmigt wurde, und ertheilte dem etatsmäßgen Ansatze der Aerarialrente von der Königlichen Bank in Nürnberg ihre Zu⸗ stimmung. Ebenso ertheilte nach der „Allg. Ztg.“ das Haus ohne Debatte den Nachweisungen zum Etat der Staatsschuld die Anerkennung. Im Ausschusse hatte der Etat zu der An⸗ regung Anlaß gegeben, es möge die Anlage eines Staats⸗ schuldbuches in Erwägung gezogen werden; die Regierung er⸗ klärte indessen, daß sich die bayerische Staatsschuld mit Rücksicht auf die Art ihrer Tilgung durch Verloosung zur Eintragung in ein Staatsschuldbuch nicht eigne.
Sachsen. Dresden, 14. Dezember. Seine Königliche Hoheit der
Prinz Georg hat, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vor⸗
mittag auf einem Spazierritt im Großen Garten in Folge eines Sturzes des Pferdes das linke Schlüsselbein gebrochen.
Württemberg.
Stuttgart, 12. Dezember. Seine Majestät der König empfing, wie der „St.⸗A. für W.“ meldet, gestern Nachmittag Behufs Uebergabe ihrer neuen Beglaubigungschreiben den Königlich niederländischen Gesandten Jonkheer van der Hoeven und den Kaiserlich russischen Gesandten Baron von Fréedericksz in Audienz. Ersterer wurde später auch von Ihrer Majestät der Königin in Audienz empfangen.
Baden.
Karlsruhe, 12. Dezember. Die Erste Kammer nahm in ihrer heutigen Sitzung, wie die „Karlsr. Ztg.“ berichtet, die Gesetzentwürfe über die Dienstaufsicht über die Gewerbe⸗ gerichte und die Pfandrechte für Inhaberpapiere an und er⸗ ledigte sodann die Rechnungsberichte für die Jahre 1888 und 1889. Die Zweite Kammer beschäftigte sich gestern mit der Dotation der Kreise und nahm nach den Anträgen der Kom⸗ mission die neubewilligte Ausstattung in dem Betrage von 960 000 ℳ (41 000 ℳ mehr, als der Regierungsentwurf ent⸗ hält) an. Heute vertagte sich die Kammer bis zum 18. Januar.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 12. Dezember. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Marie sowie Ihre Hoheit die Herzogin Elisabeth trafen, nach den „Meckl. Nachr.“, heute Abend aus Rudolstadt hier wieder ein.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 13. Dezember. Im Zusammenhang mit der Neubesetzung des Postens des Chefs des Kultus⸗Departements hat nach der „Th. C.“ die Organisation des Staats⸗ Ministeriums eine Aenderung erfahren. Die Angelegen⸗ heiten des Großherzoglichen Hauses werden, mit Ausschluß der das Hoftheater und die Hofkapelle sowie die übrigen An⸗ stalten für Kunst und Wissenschaft betreffenden Geschäfte, von dem Kultus⸗Departement getrennt und dem Departement des Aeußern und Innern zugewiesen, mit welchem auch die Ge⸗ schäfte der Justizverwaltung verbunden bleiben. Diese Neu⸗ ordnung tritt am 15. Dezember in Kraft. Die Uebernahme der Geschäfte des Kultus⸗Departements durch dessen neu er⸗ nannten Chef, Geheimen Staatsrath Dr. von Boxrberg erfolgt vor Jahresschluß.
Schwarzburg⸗Sondershausen.
Sondershausen, 12. Dezember. Der Landtag beendigte in seiner gestrigen Sitzung die Berathung des Staatshaushaltsplanes. Bewilligt wurden 6900 ℳ Zuschuß zum Landeskranken⸗ und Siechenhause, sowie 20 000 ℳ für die Errichtung einer Krankenanstalt in Greußen, ferner sämmtliche Positionen für Kirchensachen. In der heutigen Sitzung wurde der Gesetzentwurf über das Hebammenwesen angenommen.
Lübeck.
Lübeck, 12. Dezember. Der Bürgerausschuß hat dem „Hamb. Corresp.“ zufolge heute in einer außerordentlichen Versammlung über den Entwurf des Staats⸗Budgets für 1892 berathen. Nach der Vorlage des Senats sind die Gesammtausgaben auf 3 564 845 ℳ 95 ₰ veranschlagt denen eine Gesammteinnahme von nur 3 399 712 ℳ 29 ₰ gegenüber zu stellen ist; mithin wird sich ein Fehlbetrag von 165 133 ℳ 66 ₰ ergeben, den der Senat auf die Reserve⸗ kasse anzuweisen vorschlägt. Die Bürgerschaft wird in die Budgetberathung am Montag, den 21. Dezember, eintreten.
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8 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Dezember. Im Abgeordnetenhause d Reichsraths wurde nach der „Presse“ am Eonhanas e Berathung des Justiz⸗Etats zu Ende geführt. Der Justiz⸗ Minister Graf Schönborn kam in längerer, sehr beifällig aufgenommener Rede auf alle im Laufe der Debatte vor⸗ gebrachten Anregungen zurück und gab ein klares Bild dessen, was die Regierung auf dem Gebiete der Justizpflege anstrebt. Der Gebühren⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses hat das Börsensteuergesetz in dritter Lesung ange⸗ nommen und den Abg. Dr. Ritter von Biliüski zum Re ferenten für das Haus bestellt. Der volkswirthschaftliche Ausschuß des un⸗ arischen Unterhauses begann am Sonnabend mit der
erathung der Handelsverträge. Der Handels⸗
Minister Baroß hob nach dem Berichte des „W. T. B.“ hervor, die durch die Zollsätze Nord⸗Amerikas hervorgerufenen Aenderungen sowie die handelspolitischen Maßnahmen Frank⸗ reichs hätten ein allgemeines Bestreben nach Schutzzoll bewirkt. In diese Verhältnisse hätten die neuen Verträge eine Bresche geschlagen. Die Regierung betrachte die gesammten Verträge als ein einheitliches Ganzes, bei dem Modifikationen ausgeschlossen seien. Der Minister erklärte, er wisse zwar nicht, welche Vereinbarungen Deutschland mit Amerika treffen werde, doch würden etwaige Amerika zugestandene Begün⸗ stigungen auch Ungarn zu Gute kommen. Nachdem sich die nachfolgenden Redner sämmtlich für die Vorlage erklärt hatten, wurden die Verträge als Grundlage für die Spezialdebatte vom Ausschaß angenommen. In der Abend⸗ sitzung wurden in der Spezialberathung die Handelsver⸗ träge mit Deutschland, Belgien und der Schweiz,
sowie die Markenschutz⸗Konvention mit Deutschland
nebst Schlußprotokoll angenommen.
Großbritannien und Irlaand.
Der Kriegs⸗Minister Lord Stanhope hat, wie den „Hamb. Corr.“ aus London berichtet wird, kürzlich eine Rede gehalten, in der er erklärte, daß das ziffermäßige Verhältniß der Pferde zu den Mannschaften für den berittenen Dienst jetzt genüge. Falls in Indien Schwierigkeiten auftauchen sollten, würde England die Mannschaften stellen und Indien die Pferde liefern. Er befürchte nur, daß die Artillerie be⸗ deutend vermehrt werden müsse; der indische Dienst bedinge eine solche Maßnahme. Die Befestigungen der fremden Stationen seien nun vervollständigt und das System der Mobilmachung eintretenden Falls vollkommen. Das jetzige System der Landesvertheidigung sei von den neuesten Autori⸗ täten gutgeheißen.
Die „Landreform⸗Konferenz“, welche, wie berichtet, in der vorigen Woche in London tagte, hat zum Schluß einen Antrag angenommen, der die Befriedigung der Versammlung darüber ausdrückt, daß die liberale Partei sich der Besse⸗ rung und Hebung der Verhältnisse der ländlichen Bevölkerung widme, und die Hoffnung äußert, es mürden nach der Konferenz weitere Anstrengungen in dieser Richtung gemacht werden, damit im nächsten Parlament eine Gesetzgebung darüber er⸗
Frankreich
Paris, 13. Dezember. Der Ministerrath trat gestern Morgen zusammen und beschäftigte sich ausschließlich mit der in der Kammer bei der weiteren Besprechung der Interpellation Hubbard einzunehmenden Haltung.
Der Senat nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, in der Sitzung vom Sonnabend die von der Regierung gutgeheißenen Zollsätze der Kommission auf Seidengewebe und Seidenflocken an, nachdem ein Antrag des Senator Berenger auf Erhöhung abgelehnt worden war.
Die Deputirtenkammer setzte am Sonnabend, nach⸗ dem für die Opfer der Grubenkatastrophe in St. Etienne ein Kredit von 210 Fr. bewilligt worden war, die Besprechung über die Interpellation Hubbard fort. Der Deputirte Turrel verlangte neue Gesetze gegen den Klerus. Delafosse von der Rechten warnte die Regierung vor einer Störung der mit der Kirche bestehenden Be⸗ ziehungen. forderte die Trennung von Kirche und Staat. Millevoye bat das Haus, nicht einen Religions⸗ krieg zu entfachen, der Frankreich zerreißen würde. Der Minister⸗Präsident de Freyeinet erklärte, er werde niemals dulden, daß der Klerus den Anspruch erhebe, außer⸗ halb der Gesetze zu stehen. Man müsse aus den heutigen Verhältnissen herauskommen. Die Regierung weise jedoch die Trennung von Staat und Kirche zurück. Sie werde im Januar ein Gesetz über Associationen einbringen, ohne dabei gerade auf den Klerus abzuzielen. Der Klerus müsse eine Warnung erhalten; eine solche werde die Abstim⸗ mung des Parlaments sein. Alle diejenigen, die Anhänger der Oberhoheit des Staats seien, würden das Kabinet nicht schwächen wollen. Der Bischof Freppel trat der Behauptung entgegen, daß der Klerus gegenüber der Republik eine feind⸗ selige Haltung einnehme, und betonte, daß die dem Konkordat beigefügten organischen Artikel außer Anwendung gekommen seien und daß man sich deshalb dieser Waffe gegen den Klerus nicht bedienen dürfe. Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Die von der Regierung zurückgewiesene Tagesordnung Hub⸗ bard, welche die Trennung der Kirche vom Staat forderte, wurde mit 346 gegen 181 Stimmen abgelehnt, und mit 243 gegen 223 Stimmen eine von Rivet beantragte und von der Re⸗ gierung acceptirte Tagesordnung angenommen, die mit der am vergangenen Mittwoch vom Senat angenommenen (siehe Nr. 291 des „R. u. St.⸗A.“) identisch ist
Italien.
Die Deputirtenkammer setzte am Sonnabend die Be⸗ rathung der Interpellationen über die afrikanischen Angelegenheiten fort. Der Abg. Villa erklärte, dem Be⸗ richt des „W. T. B.“ zufolge, die Kammer müsse die Regierung auffordern, das Justizwesen in Massovah zu reorganisiren. Er glaube, die Generale hätten unter dem Drucke einer zwingenden Nothwendigkeit gehan⸗ delt. Imbriani hielt die gegen die Generale gerichteten Anklagen aufrecht und beantragte Ueberweisung der Angelegen⸗ heit an die ordentlichen Gerichte in Rom. Fürst Odescalchi sprach der Regierung sein Vertrauen aus. Der Abgeordnete Cambray⸗Digny, Mitglied der Untersuchungs⸗Kommission, gab seiner Befriedigung Ausdruck über das Versprechen der Regierung, das Justizwesen in Massovah zu reorganisiren. Auch Perroni und Campi äußerten sich durch die Erklärungen der Regierung zufriedengestellt, während die Abgg. Cefaly und Marinuzzi sie nicht befriedigend fanden. Bonghi gab der Ueberzeugung Aus⸗ druck, die Generale hätten ihre Vollmachten nicht überschritten, und sprach sich gegen jede neue Untersuchung sowie gegen alle Anträge in dieser Angelegenheit aus. Dagegen brachten Torraca und Cavalotti eigene Anträge ein. Als der Minister⸗ Präsident demgegentiber um Schluß der Debatte ersuchte und die Antragsteller um Zurückziehung ihrer Anträge bat, entsprach Torraco diesem Wunsche. Nachdem dann die Mitglieder der Untersuchunas Kommission erklärt hatten, aus der Veröffentlichung ihrer Dokumente werde sich nichts Neues ergeben und der Minister⸗Präsident die Vorlegung der Doku⸗ mente Seitens der Regierung in sichere Aussicht gestellt hatte, zog auch Cavallotti seinen Antrag zurück. Hiermit war die Berathung der Interpellationen erledigt.
Der Papst wird, wie „W. T. B.“ aus Rom vom 12. d. erfährt, heute ein nicht öffentliches Konsistorium halten und nach einer, wie verlautet, bedeutsamen Allocution
Stablewski.
seinen Majordomus Msgr. Ruffo Scilla und den Sekretär der Kongregation der Bischöfe und geistlichen Orden Msgr. Sepiacci zu Kardinälen creiren. Ferner wird Seine Heilig⸗ keit fünfzehn Erzbischöfe und Bischöfe präkonisiren, unter diesen den Erzbischof von Turin, den Erzbischof von Mohilew Koslowski und den Erzbischof von Gnesen und Posen
Spanien. Der Ministerrath hat am Sonnabend den neuen
Zolltarif berathen. Wie „W. T. B.“ aus Madrid ver⸗
nimmt, würden alle Zölle beträchtlich, die Zölle auf Alkohol für industrielle Zwecke auf das Dreifache erhöht werden.
8 Portugal.
In Lissabon hat am 12. d. die feierliche Beisetzung der Leiche des Kaisers Dom Pedro stattgefunden. Sämmt⸗ liche Mitglieder des Königlichen Hauses und die Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden wohnten der Feier bei. Als Ver⸗ treter Seiner Majestät des Kaisers S war, dem „W. T. B.“ zufolge, Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen zugegen und legte im Namen Seiner Majestät einen Kranz am Sarge des Entschlafenen nieder
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In den Schweizer Zeitungen werden eine Reihe von Kandidaten für die am nächsten Donnerstag neu zu besetzende Bundesrathsstelle genannt. Noch ist aber, wie der „Bund“ schreibt, keineswegs ausgemacht, daß die Linke sich für einen Kandidaten der Rechten aussprechen werde, welche Letztere den Sitz beansprucht. Einen endgültigen Beschluß über die Personenfrage soll auch sie noch nicht gefaßt haben. Die Studirenden der Berner Hochschule brachten dem zurück⸗ getretenen Bundes⸗Präsidenten Welti am Freitag Abend einen Fackelzug.
Das definitive Abstimmungergebniß vom 6. De⸗ zember über den Ankauf der Centralbahn ist folgendes: Ja 130 507, Nein 288 956; somit ist die Vorlage mit einer Mehrheit von 158 449 Stimmen verworfen worden.
Terbien.
Ueber Reibungen im serbischen Kabinet erfährt die „Wiener Presse“, daß der Minister⸗Präsident Paschics, der auch interimistisch das Finanz⸗Portefeuille inne hat, erhebliche Ersparungen in der Armee verlangt habe, was praktisch auf eine effektive Reduktion der Armee hinauslaufen würde. Es hätten sich im Ministerium zwei Gruppen gebildet, die des Krieas⸗Ministers Praporcetovics und die des Minister⸗ Präsidenten. Praporcetovics und seine Freunde wollten von der Reduktion im Heeresbudget nichts wissen und hätten ihre Demission angeboten. Die Regentschaft habe die Annahme der Demission vor dem Zusammentritt der Skupschtina ab⸗ gelehnt.
“ Bulgarin.
Sofia, 12. Dezember. Die Sobranje nahm in ihrer heutigen Sitzung, wie das „Corr.⸗Bur.“ meldet, mit Akkla⸗ mation aller Deputirten, welche sich unter enthusiastischen Hoch⸗ rufen erhoben hatten, den Antrag an, dem Grafen Har⸗ tenau eine Jahrespension von 50 000 Francs zu be⸗ willigen. Der Präsident der Sobranje Slavkow hatte in einer von Beifall begleiteten Rede der ausgezeichneten Dienste gedacht, die Graf Hartenau dem Vaterland bei der Ver⸗ einigung mit Ostrumelien und im serbisch⸗bulgarischen Krieg geleistet habe, und erinnerte auch daran, daß Graf Hartenau der erste General Bulgariens gewesen sei. 9
Schweden und Norwegen. (F) Stockholm, 11. Dezember. Nach dem Bericht des
Staatscomtoirs betrugen die Staatseinnahmen in den ersten
elf Monaten dieses Jahres: Zölle 35 596 415 Kronen gegen 39 917 734 Kronen, Branntweinsteuer 12 634 930 Kronen gegen 14 461 083 Kronen, Staatseisenbahnen (abgelieferte Ueberschüsse) 5 600 000 Kronen gegen 5 500 000 Kronen oder zusammen 53 831 345 Kronen gegen 59 878 817 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres.
(F) Christiania, 11. Dezember. Die Storthings⸗ wahlen sind nunmehr beendet; nach „Morgenbladet“ sind 63 Liberale, 36 Konservative und 15 Moderate gewählt
wcoorden.
Amerika.
Aus Brasilien liegt ein Telegramm des „R. B.“ vor, welches nach der (am Sonnabend nach Schluß d. Red.) ge⸗ meldeten Ersetzung des Gouverneurs Portella durch den General Silveira die Lage im Staate Rio de Janeiro als beruhigter bezeichnet und hinzufügt, man verhandle jetzt über einen Kompromiß. Die Regelung der Finanzfrage sei indessen verschoben worden.
Der „New York Herald“ meldet aus Santiago: der chilenische Minister des Auswärtigen habe in einem Rundschreiben an die Vertreter Chiles im Aus⸗ lande die Informationen, auf denen die Erklärungen in der Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten Harrison bezüglich der „Baltimore“⸗Angelegenheit be⸗ ruhen, als geflissentlich unrichtig dargestellt bezeichnet. Die chilenischen Vertreter werden in Folge dessen angewiesen, den richtigen Sachverhalt zu veröffentlichen. Zugleich wird die verletzende Sprache des amerikanischen Gesandten Egan beklagt. Das chilenische Auswärtige Amt habe niemals eine aggressive Politik verfolgt, werde jedoch auch niemals eine Politik der Erniedrigung gutheißen.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (140.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von
Boetticher, Freiherr von Maltzahn und eiherr von Marschall ‚sowie die Königlich preußischen Staats⸗ Minister von Heyden und Thielen beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die zweite Berathung der Handels⸗ verträge.
Die Besprechung wird über die einzelnen Verträge nach einander geführt werden; über die Handelspolitik im Allge⸗ meinen wird bei den Artikeln, zu de die Tarife vorliegen, gesprochen werden können.
Zunächst wurde über den Vertrag mit Oesterreich⸗Ungarn verhandelt.
Zu Art. 1 erklärte der Abg. von Massow, daß die Konservativen die jetzige Schwenkung in der Handelspolitik nicht mitmachen könnten. Sie hätten von einem Follkrieg nichts gemerkt, fürchteten aber, daß die wirthschaftliche Annähe⸗ rung den politischen Dreibund nicht stärken würde. Er wolle als Volksvertreter und aus Vaterlandsliebe gegen die Handelsverträge stimmen.
Art. 1 wurde angenommen, ebenso Art. 2 ohne Be⸗ sprechung. 5 8
Beim Art. 3, welcher den Tarif als Anlage enthält, be⸗ stritt Abg. Leuschner die Vertheuerung der Lebensmittel durch die Zölle, maß vielmehr der Börse die Schuld daran bei und wünschte zur Förderung der Landwirthschaft die Wiedereinführung der Doppelwährung. Redner sprach sich dann gegen die Ermäßigung der Eisenzölle aus.
Staatssekretär Dr. von Boetticher wies die Bedenken über die Schädigung der Eisenindustrie durch Herabsetzung der Eisenzölle als unerheblich zurück. Die deutschen Kom⸗ missare hätten bei den Verhandlungen über die Verträge möglichst viel für Deutschland herauszuschlagen gesucht, ohne Opfer wären solche Verträge aber nicht möglich. Redner bestritt die Behauptung des Abg. von Kardorff, daß die Aufhebung des Verbots der amerikanischen Schweineeinfuhr ein Fehler sei. Die von der amerikanischen Regierung getroffenen sanitären Maß⸗ nahmen seien ein genügender Schutz gegen die Trichinen⸗ gefahr; die in letzter Zeit nach Deutschland gelangten und als trichinöbs befundenen amerikanischen Schweinefleischwaaren seien unter Umgehung der Kontrole über Hintertreppen ein⸗ geführt worden. Der vom Abg. von Kardorff gewünschte Gänsezoll könne nicht durch einen Handelsvertrag, sondern nur autonom eingeführt werden. Eine Aufhebung der Zucker⸗ exportprämien könne das Reich von Oesterreich nicht verlangen, nachdem es erst im Mai d. J. eine offene Erportprämie ein⸗ geführt habe. Hoffentlich lasse sich in dieser Beziehung noch etwas durch internationale Vereinbarung erreichen. Was die Eisenbahn efaktien betreffe, so verbiete das internationale Ab⸗ kommen über den Eisenbahnfrachtverkehr einseitige Tarif⸗ ermäßigungen. Eine Ablehnung des vorliegenden Vertrages ändere an den Refaktien auch nichts. Redner besprach sodann den Holzzoll, Hafer⸗ und Gerstenzoll und den Eierzoll. Die Verantwortung für diese Zollermäßigungen könne die Regie⸗ rung tragen. 1
Abg. von Schalscha bedauert, daß die Landwirthschaft die Kosten der Verträge zu zahlen habe. Die Stellung des Reichskanzlers sei jetzt eine andere als die, welche er im Abgeordnetenhause im Juni dieses Jahres eingenommen habe. Redner führte aus, daß das Ausland den Zoll trage, und verlangte, daß die Landwirthschaft von den Folgen, welche die Mißwirthschaft der Goldwährung herbeigeführt habe, durch Einführung der Doppelwährung befreit werde. Die Handelsverträge würden einen Aufschwung der Industrie, damit ein Strömen der Arbeiter nach den Industriestädten und eine Entvölkerung des platten Landes herbeiführen. Er hoffe, daß die vom Reichskanzler zu Gunsten der Landwirth⸗ schaft in Aussicht gestellten Maßregeln nicht zu lange auf sich warten lassen würden.
Abg. Prinz zu Carolath⸗Schönaich erklärt, freudigen, nicht beklommenen Herzens für die Verträge stimmen zu können. Die Regierung sei mit dieser Abwendung von der bisherigen Politik auf richtigem Wege. Der springende Punkt für ihn sei die Ermäßigung der Lebensmittelpreise, die eine Folge der Zollherabsetzung sein und die eine wohlthätige Wirkung auf die soziale Frage ausüben werde. Es handle sich zwar nur um eine Ermäßigung der Zölle auf Lebensmittel, aber wer wisse, ob es damit sein Bewenden haben werde. In Folge der hohen Zölle drohe eine Kluft zwischen Groß⸗ und Klein⸗ grundbesitz einzureißen, weil sich der kleine Besitzer sage, daß nur der Großbesitzer von den Zöllen Vortheil habe; eine solche Kluft müsse auf jeden Fall vermieden werden. Der Vortheil der Zölle wiege nicht das große Maß von Klassen⸗ haß und Verbitterung unter den Arbeitern auf, das die hohen Zölle erzeugten. Mehr als die Großgrundbesitzer hätten die bürgerlichen Kreise unter den Theuerungsverhältnissen zu leiden und müßten sich einschränken. Die Verträge würden die Zahl der Unzufriedenen vermindern und die Zahl der Zufriedenen vermehren.
Abg. von Kleist⸗Retzow bestreitet, daß eine Kluft zwischen Groß⸗ und Kleingrundbesitz bestehe und daß eine Schwenkung der Regierung vorliege, die vielmehr nach den Erklärungen des Reichskanzlers schutzzöllnerisch bleibe. Die Erhaltung der Kaufkraft im Innern des Landes sei mehr werth als die Gewinnung des ausländischen Marktes.
Bei Schluß des Blattes sprach der Redner weiter.
— Die Wahlprüfungs⸗Kommission des Reichs⸗ tags beantragt, die Wahl des Abg. Merbach im 9. Wahl⸗ kreis des Königreichs Sachsen für gültig zu erklären.
— Der Handelsvertrag mit der Schweiz ist im Reiche⸗ tag eingegangen und soll noch heute zur Vertheilung kommen.
— Zur Besprechung und Aufklärung über die in den Handels⸗ verträgen festgesetzten Weinzölle hat sich im Reichstag unter Vorsitz des Abg. Dr. ürklin eine „freie Kommission“ gebildet, der besonders Mitglieder der nationalliberalen und der Centrumspartei aus West⸗ und Süddeutschland angehören. Die Kommission tritt heute abend zusammen. Seitens der Regierung sind mehrere Kom⸗ missarien zur Theilnahme an der Besprechung entsendet.
Nr. 49 der Veröffentlichungendes Kaiserlichen Gesund⸗ hbeitsamts vom 8 Dezember hat folgenden Inbhalt: Gesund⸗ heitsstand. Mittheilungen über Volkskrankbeiten — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutscher Stadt⸗ und Landbezirken. — Dienstunfähigkeits⸗ und Sterbensstatistik der deutschen Eisenbahn⸗ beamten 1889 — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volks⸗ krankheiten. (Türkei, Spanien.) — Thierseuchen. Maul⸗ und Klauen⸗ seuche im Deutschen Reich 1890. — Veterinär⸗Sanitätsbericht für die preußische Armee 1890. — Thierseuchen in Norwegen 1889. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Preußen. Reg.⸗Bez. Oppeln, Sachsen, Württemberg, Waldeck, Schweiz, Schweden). — Medizinalgesetz⸗ gebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Schweineeinfuhr ꝛc. — (Oldenburg.) Schweinefleisch. — (Elsaß⸗Lothringen) Tuberkulose. — (Oesterreich.) Viehtransporte. — (Schweiz.) Leichentransvort. — Rechtsprechung. (Badisches Ober⸗Landesgericht.) Ankündigung von Zwiebelbonbons als mittel. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Kongressen u. s. w. (Deutsches Reich) Aenderung des Krankenkassengesetzes. (Schluß.) — Beschlüsse des ständigen Aus⸗
schusses des Deutschen Veterinärraths. — Vermischtes. (Preußen⸗ Berlin.) Desinfektionsanstalten. — Baden (Amtsbez. Achern.) Desinfektoren auf dem Lande.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nothwehr ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Straf⸗ senats, vom 2. Oktober 1891, auch dann erlaubt, wenn sie einen nicht gefährlichen Angriff abwehrt; nur darf sie nicht weiter gehen, als zur Abwendung des Angriffs erforderlich ist
— Der mit einer Versicherungsanstalt, welche nach den für Versicherungen üblichen Grundsätzen gewerbsmäßig Leibrenten⸗ verträge mit vielen Personen abschließt, geschlossene Leibrenten⸗ vertrag ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 21. Oktober 1891, im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Landrechts als Versicherungsvertrag aufzufassen. Dieser ist für beide Theile abgeschlossen durch die Unterzeichnung und Ausbändigung der der vorbergegangenen mündlichen Abrede entsprechenden Police Seitens des Versicherers. 1“ 1s
Kunst und Wissenschaft.
Ueber Glasmosaik sprach Herr Professor Dr. J. Lessing am letzten Mittwoch in der Hauptversammlung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe. Redner schilderte zunächst die ver⸗ schirdenen Methoden, deren man sich bedient, um den Wänden einen farbigen Schmuck zu geben; die bekanntesten sind die Fresko⸗Malerei und das Mosaik. Während erstere in Bezug auf Leuchtkraft der Farben und Haltbarkeit viel zu wünschen übrig läßt, entspricht die Mosaik Technik allen Anforderungen; es lassen sich darin Bilder ausführen, die völlin wie Gemälde wirken und hinsicht⸗ lich der Dauerhaftigkeit das Höchste leisten. Schon die Römer verstanden, aus zahlreichen kleinen Steinchen bildliche Darstellungen, namentlich auf Fußböden, zusammenzusetzen; diese Kunst erreichte ihren Höhepunkt in der byzantinischen Zeit, als man die Wände der christlichen Kirchen mit den prächtigen, aus farbigen Glaswürfeln auf Goldgrund hergestellten Mosaikbildern schmückte, welche noch heute unsere Bewunderung erregen. Großartige Bei⸗ spiele sind z. B. in Rasenna noch erhalten. Jahrhunderte lang hat diese Technik dann geschlummert; erst vor ungefähr dreißig Jahren wurde sie durch Salviati in Venedig neu belebt, und in neuester Zeit hat sie nun auch im Herzen des Deutschen Reichs eine Heimstätte gefunden. Die Herren Wiegmann, Puhl und Waaner, in Firma: Deutsche Glasmosaik⸗Anstalt in Berlin⸗Rixdorf haben hier Werk⸗ stätten gegründet, in denen Glasmosaik⸗Bilder ganz in der alten Technik, nach Zeichnungen tüchtiger Meister und aus bestem Material hergestellt werden. Es ist, wie Professor Lessing betonte, freudig zu begrüßen, daß diese herrliche Kunst soweit bei uns Wurzel ge⸗ schlagen hat. Redner gab noch in längerer Schilderung einen Ueberblick über die Art und Weise, wie Mosaikbilder entstehen, und Herr Wagner. Theilnehmer der gerannten Firma, führte einige technische Handgriffe vor. Zur Erläuterung waren eine Reihe älterer Mosaiken aus den Sammlungen des Königlichen Kunstgewerbe⸗ Museums, sowie neue Arbeiten aus der Deutschen Glasmosaik⸗Anstalt ausgestellt, desgleichen Proben des zur Verwendung gelangenden Materials, welches den sich dafür Interessirenden eingehend erklärt wurde. — Am Schluß der Versammlung erfolgte die Aufnahme von 46 neuen Mitgliedern in den Verein.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Vertilgung der Nonne.
Nach den angestellten Ermittelungen sind in vielen Kreisen des Regierungsbezirks Oppeln auch die Privat⸗ bezw. Gemeindeforsten stark von der Nonne befallen, sodaß mit Rücksicht auf den vielfach sehr ausgedehnten Flug des Insekts für die Zukunft ernste Besorgnisse zu hegen sind. Um darauf hinzuwirken, daß auch in diesen Forsten nach Möglichkeit eine Verhütung von Raupenfraßschäden erstrebt wird, hat, wie die „Schles. Ztg.“ mittheilt, die dortige Königliche Regie⸗ rung den Landräthen des Bezirks zur Mittheilung an die Waldbesitzer diejenigen Maßregeln bezeichnet, die für die Königlichen Waldungen zur Bekämpfung der Nonnenkalamität in Aussicht genommen sind. Diese be⸗ stehen im Fällen gerigneter Probestämme und in der Feststellung, ob und in welchem Umfange eine Eierablage stattgefunden hat, um sich über die Bestände, für die bei Ausgang des Winters Leimringe anzubringen sein werden, schlüssig machen zu können Diese Maßregel wird nicht nur auf Fichten⸗ und Fichtenmischbestände, sondern auch auf reine, besonders bereits befallen gewesene Kiefernbestände, sowie auch auf die nur mit Fichten gemischten Kiefernbestände auszudehnen sein. Ferner wird den kleineren, von dem Insekt in großer Zahl heim⸗ gesuchten Flächen ein besonders energisches Vorgehen (durch Isolirung, Umstellung derselben mit geleimten Brettern oder Latten) zu widmen und in den befallenen Revieren eine ausgedehnte und sorgfältige Durchforstung vorzunehmen sein.
Saatenstand in Ungarn.
Aus Budapest, vom 12. d. M., wird der „Wien. Ztg.“ gemeldet: Nach den über die Zeit vom 28. November bis 11. De⸗ zember dem Ackerbau⸗Ministerium vorliegenden Saatenstandsberichten war das seit Wochen andauernd veränderliche, zumeist aber milde Wetter im Allgemeinen für die Entwickelung der Pflanzen von guter Wir⸗ kung. Die früheren Weizensaaten grünen stellenweise sehr schön, nehmen zu und bebuschen sich sogar. Auch die Spätsaat ist zumeist dicht, stellenweise aber schon schütter und fleckig. Roggen und Gerste stehen verschieden. Von Raps ging viel zu Grunde. Die stehen⸗ gebliebene Saat wächst sehr schön und ist kräftig entwickelt. Mäuse 2 ee verursachen stellenweise noch immer bedeutenden Schaden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Ueberfüllung der Postschalterräume in der Weihnachtszeit ist eine alljährlich wiederkehrende v. Bis zu einem gewissen Grade würde das Publikum selbst leicht Abhülfe schaffen können. Die Einlieferung der Weihnachtspäckereien sollte nicht lediglich oder vorwiegend bis zu den Abendstunden verschoben, namentlich müßten Familiensendungen thunlichst an den Vormittagen aufgegeben werden. Selbstfrankirun der ein⸗ zuliefernden Weihnachtspackete dur Postwerth⸗ zeichen sollte die Regel bilden. Mit seinem Bedarf an Postwerthzeichen müßte sich ein Jeder schon vor dem 19. De⸗ zember versehen. Ebenso dürften Zeitungsbestellungen nicht in den Tagen vom 19. bis 24. Dezember bei den Postanstal⸗ ten angebracht werden. Für die am Postschalter zu leistenden Zahlungen sollte der Auflieferer das Geld abgezählt bereit halten. Die Befolgung dieser Rathschläge würde der Post und dem Publikum gleichmäßig zum Nutzen gereichen.
Laut Telegramm aus Venlo ist die erste englische Post über Vlissingen vom 13. d. M. ausgeblieben. Grund: Stürme auf See.
— Die mittels des Reichs⸗Postdampfers „Oldenburg“ beförderte Post aus Australien (Abgang aus Sydney am 9. No⸗ vember) ist in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin vor⸗ aussichtlich am 15. Vormittags zur Ausgabe.
Bremen, 12. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher
Lloyd. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ ist gestern