Post für Australien am Bord, ist von Brindisi beute Vormittag in Port Said angekommen.
Hamburg, 15. Dezember. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktienaesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Scandia“ ist, von New⸗York kommend, heute Morgen auf der Elbe eingetroffen. Der Postdampfer „California“ ist gestern Abend in Dover eingetroffen. 8
Triest, 14. Dezember (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Pandora“ ist, von Konstantinopel kommend, gestern Abend hier eingetroffen.
London, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Moor' ist heute auf der Heimreise in Southampton eingetroffen.
— 15. Dezember. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Dane“
gest Heimreise von Capetown abgegangen.
8 11““ 8 “
Theater und Musik.
Residenz⸗Theater.
Das Revpertoirestück des Residenz⸗Theaters, der übermüthige Schwank „Madame Mongodin“ hat durch die Neubesetzung einer Hauptrolle, der der Chansonnetten ⸗Sängerin Clorinde de Monteplat, mit Fräulein Kathi Fischer in der Darstellung sehr gewonnen. Die von ihrer frühern Wirksamkeit an derselben Bühne her noch wohl⸗ bekannte und beliebte Künstlerin besitzt alle jene Eigenschaften, Tempera⸗ ment, Pikanterie und Witz, die ihrer Vorgängerin abgingen, und er⸗ regte gestern in der tollen Scene im Atelier im Verein mit dem trefflichen Herrn Alexander die beifälligste Heiterkeit des Publikums. Leider kann man von der Neubesetzung der Titelrolle mit Frau von Winterstein nicht gleich Günstiges berichten; die Dame, welche früher dem Wiener Hofburg⸗Theater angehörte, spielt die Figur ohne Humor und mit so schweren Accenten in Sprache und Haltung, daß sie eigentlich ganz aus dem heiteren Ensemble herausfällt. Indessen über⸗ ragt sie die frühere Inhaberin der Partie doch um ein Bedeutendes; vielleicht findet sie sich allmählich noch in den leichteren Ton des ihr neuen Genres.
Am Donnerstag, dem Geburtstage Beethoven's, gelangt im Königlichen Opernhause unter Leitung des Herrn Kapell⸗ meisters Weingartner „Fidelio“ mit den Damen Pierson und Herzog, den Herren Rothmühl, Betz, Bulß, Krolop und Lieban zur Darstellung. In der Vorstellung des „Oberon⸗ am 5b sind die Damen Leisinger, Hiedler, Herzog, Staudigl, Rothauser, die Herren Sylva, Lieban, Fränkel und Stammer beschäftigt. I
Im Deutschen Theater ist „Der Tartüff“ noch auf einige Zeit verschoben worden; in Folge dessen hat der Spielplan dieser Woche eine Abänderung dahin erfahren, daß am Freitag „Die Stützen der Gesellschaft“ und am Sonntag „Die Mitschuldigen“ in Verbin⸗ dung mit den „Kindern der Excellenz“ H werden.
„Der Väter Erbe“, das neue Volksstück von Richard Voß, kommt, wie an dieser Stelie bereits mitgetheilt, im Berliner Theater morgen zur ersten Aufführung.
Im Lessing⸗Theater werden on den drei Weihnachts⸗ feiertagen sowie am Neujahrstage Nachmittagsvotstellungen zu volks⸗ thümlichen Preisen stattfinden. Am ersten Feiertag gelangt „Die Ehre“, am zweiten „Der Probepfeil“, am dritten „Das pierte Gebot⸗ zur Darstellung. Die Preise für diese Nachmittagsvorstellungen sind um mehr als die Hälfte ermäßigt worden, sodaß z. B. ein Parquetsitz nur 2 ℳ, ein Sitz im Mittelbalkon des zweiten Ranges 1,50 ℳ kostet. Auch wird eine Vormerkgebähr nicht berechnet werden. Der Verkauf der Eintrittskarten für diese Nachmittagsvorstellungen beginnt heute an der Tageskasse. “
Die „Münchener“ werden am Neujahrstage ihr Gastspiel im Belle⸗Alliance⸗Theater beginnen; sie gedenken hauptsächlich Anzengruber'sche Werke zu geben und werden mit dem Volksschau⸗ spiel „Der Meineidbauer“ ihre Vorstellungen eröffnen. Direktor Hof⸗
pauer's Bemühungen ist es gelungen, Ludwig Martinelli vom Wiener Volkstheater zu gewinnen, der sich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal in Berlin zeigen wird.
Für das Concert der Sängerin Fräulein Ellen Tosca in der Sing⸗Akademie am Donnerstag hat die Violinvirtuosin Fräulein Rosa Schindler ihre Mitwirkung zugesagt; den orchestralen Theil des Programms übernimmt das Philharmonische Orchester unter Leitung des Herrn Rud. Herfurth. — Prof. Jos. Joach im tritt im zweiten Concert des Pbilbarmonischen Chors in der Philbarmonie zum Besten des Vereins „Beethovenhaus in Bonn“ am Freitag auf und wird an diesem Abend Beethoven’'s Violinconcert spielen. — Der Pianist Paolo Gallico spielt in seinem am Freitag in der Sing⸗ Akademie stattfindenden Concert u. A. Händel's Variationen in E-dur, die Sonaten in E-moll, op 90 und in As-dur, op. 110 von Beethoven und eine Reihe Schumann'scher Werke.
„Dr., Karl Siegen in Leipzig hat für seine bereits an 15 Bühnen mit Erfolg aufgeführte Neugestaltung von Kleist's „Käthchen von Heilbronn“ soeben von Seiner Durchlaucht dem Fürsten Hein⸗ b— —* Reuß älterer Linie die Medaille „merito aec dignitati“ erhalten.
8
Mannigfaltiges
1 Sturmnachrichten. 8 1 Königsberg i. Pr., 12. Dezember. Der Weststurm hat, wie die „K. H. Z.“ berichlet, dermaßen zerstörend auf die längs dem Pregel (gegenüber dem Münchenhofe) sich binziebende Dielenumzäunung des Schwanfelder Steinkohlenlagers Altstädtische Holzwiesenstraße Nr. 5a eingewirkt, daß der Zauvn zerbrochen ist und 3000 Centner Steinkohlen in den Pregel gestürzt sind. 1 Kiel. 13. Dezember. Seit mehreren Tagen und noch beute rast, wie der „N. Pr. Z“ geschrieben wird, ein orkanartiger Sturm aus Südwest und wenn seine Folgen sich noch nicht übersehen lassen, so beginnen die Hiobsposten vom Ufer und aus See doch bereits einzulaufen. Gestern ist die in Burg auf Fehmarn beheimathete Galeas „Hans“ nach Ankerverlust im Fehmarnsund gestrandet und auf Föhr scheiterte ein nach Amrum mit Holz beladenes Schiff, dessen Name noch nicht festgestelt ist. Der Dampfer „Meta“ von Darzig traf hier mit dreißig Stunden Verspätung ein, und der Dampfer „Helene“ von Königsberg, der bereits Donnerstag fällig war, ist noch nicht angekommen. In den Häfen an der Ostsee zeigte sich ein Bild der Verwüstung. Von zahllosen Booten hingen die vom Winde hin⸗ und hergepeitschten Segel in Fetzen herunter, Fischernetze waren wirr durcheinander von den Stellagen geweht und Boote, Quarsen und Bachten lagen auf dem Schlick in hülf⸗ losem Zastand. 8. 1
Treysa (Hessen⸗Nassau), 14. Dezember. Der Sturmwind hat einen Eisenbahn⸗Unfall verursacht. Vom Abendzuge der Berlin⸗ Koblenzer Bahn wurden beim Rangiren drei Güterwaggons eine Strecke fortgetrieben und aus dem Geleise geschleudert, wobei sie um⸗ gestürzt sind. Auch die Vorspannmaschine wurde schadhaft. Personen sind nicht verletzt. Zugverspätung frat ein.
Hamburg, 14. Dezember. De deutsche Brigg „Aretas“, von Hamburg nach Guayaquil, wurde auf der See von der Mann⸗ schaft verlassen. In Cuxhaven ankern etwa achtzehn Seeschiffe, auf denen der Sturm arge Verwüstungen angerichtet hat; der größte Theil ist von der See zurückgekehrt.
München, 13. Dezember. Die hiesige Kolonial⸗Gesell⸗ schaft veranstaltete, wie der „N. Pr. Z.“ mitgetheilt wird, gestern Abend eine Gedenkfeier füc den Hauptmann Freiherrn von Graven⸗ reuth. Die Festrede hielt der Adjutant Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Rupprecht, Major à la suite des Generalstabs Zerreiß. Unter den Anwesenden befanden sich Seine Königliche Hoheit der
Prinz Leepold, sowie viele argesehene Persön ichkeiten aus allen Ständen.
London, 13 Dezember. Aus Shanghai wird dem „D. B. H.“ gemeldet, daß der Hafen von Tientsin zugefroren ist.
Olten, 14. Dezember. Der heute Mittag in den hiesigen Bahnbof einfahrende Personenzug von Bern wurde, wie das „W. T. den Zusammenstoß wurden sieben Personen, davon eine schwer, verleßt. Eine Störung des Betrieb; trat, nicht ein.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Wien, 15. Dezember. (W. T. B.) In den Morgen⸗ blättern spiegelt sich der starke Eindruck der gestrigen Debatte im Abgeordnetenhause wider. Das „Fremdenblatt“ sagt, Dank dem Eingreifen des Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe sowie der Führer der Linken und der Polen habe sich die Sitzung, für den Urheber des Zwischenfalls unerwartet, zu einer Loyalitätskundgebung für die Staatsmänner der verbündeten Reiche gestaltet, deren Lauterkeit und Bundestreue hier dem vollsten Vertrauen begegne. Die „Presse“ reiht die schwer⸗ wiegenden Erklärungen des Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe den wichtigen Kundgebungen des Ministers Grafen Kälnoky, des Reichskanzlere von Caprivi und des Minister⸗Präsidenten di Rudini an, welche insgesammt die wachsende Festigkeit des Friedensbundes sowie die hohe Bedeutung und Erweiterung desselben zu einem wirthschaftlichen Bunde dargelegt hätten. Die „Deutsche Zeitung“ konstatirt die volle Wirkung der Worte des Grafen Taaffe. Das „Vaterland“ bezeichnet die Rede Lueger's als mißglückt; derselbe habe aus den Erwiderungen entnehmen können, wie gefäahrlich es sei, leichthin das Gebiet der Ausschlag agebenden äußern Politik zu betreten.
Bern, 15. Dezember. (W. T. B.) Der National⸗ rath hat den Antrag des Bundesraths auf Niederschlagung des vor den Bundesassisen anhängigen Strasprozesses wegen der Tessiner Wahlbestechungen mit 95 gegen 10 Stimmen angenommen.
Konstantinopel, 15. Dezember. Der „Agence de Constantinople“ zufolge erklärt die Pforte die Zeitungs⸗ meldung, daß eine Bande von Albanesen vier mace⸗ donische Ortschaften geplündert habe, für vollständig unrichtig.
Sofia, 15. Dezember. (W. T. B.) Die „Agence Balcanique“ ist ermächtigt, die Mittheilungen der franzö⸗ sischen Presse, der französische Korrespondent Chadourne sei von fünfzehn Gendarmen ergriffen, auf die Präfektur ge⸗ führt und von dem ihn bis an die Grenze begleitenden Polizeikommissar geschlagen worden, für grundlos zu erklären. Chadourne sei nur von zwei Gendarmen an die Grenze ge⸗ bracht worden; ein Kommissar sei dabei nicht betheiligt gewesen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) 3
B.“ meldet, von einem Rangirzuge angefahren. Durdh
———:-—V—V—V——ꝛ—ÿÿꝛꝛꝛꝛꝛꝛ—ꝛꝛM—ᷣMꝛööööMMMööMM———-——. — ,„%„ů„n·q·qC-—-oͤ—
Wetterbericht vom 15. Dezember,
8
8 882
r Morgens.
8
tationen.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim.
Wind. Wetter.
Temperatur
in ° Celsius
Mullaghmore 754 Aberdeen 759 Christiansund 749 Kopenhagen. 752 Stockholm. 745 aranda. 753
t. Petersburg 754 Moskau . 752
bedeckt halb bed. bedeckt
2 heiter¹) bedeckt
4 beiter
2 Schnee 1 Schnee
— S2e 55C. = 40 R.
1b d0,— de”
Cork, Queens⸗ towwu 759 Cherbourg. 762 eider 162 11“ amburg. 757 winemünde 752 Neufahrwasser v 74:
4 Regen
5 Regen 2 wolkig
3 beiter
2 heiter
4 wolkig²) 3 bedeck
5 bedeckt*)
— —
764 761 764 763 7⁵³ 759 755 758 . 755
2 Regen 4 wolkig
4 beiter 2 halb bed. ⁴) 3 bedecki
4 Regen
2 halb bed.
4 bedeckt
ooh Cœ cCegnOU be o᷑ codo ooh2
761 760
¹) Dunst. ²) ) Nachts Regen.
1 heiter still wolkig
Regen. ⁵) Nachts Regen und stürmisch.
Uebersicht der Witterung.
Das Minimum, welches gestern Morgen über Süd⸗Schweden lag, ist ostwärts nach dem Rigaischen
Busen fo
— n D
Nachts und Morgens Regen. ⁴) Gestern Abend und Nachts
rtgeschritten und veranlaßt an der deutscher
Küste böige, stellenweise starke Nordwestwinde. Eine eue Depression ist westlich von Schottland erschie⸗ en und breitet ihren Einfluß langsam weiter ost⸗
wärts aus.
Ein ziemlich hohes barometrisches
Maximum liegt über Südwest. Eurepa. In Deutsch⸗ land, wo allenthalben Regenfälle stattfanden, ist das Weiter kälter, böig, im Westen aufflarend, im Osten trübe; die Temperatur liegt indessen über dem
Durchschnittswerthe.
Haparanda meldet
minus
Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗
haus.
Keine Vorstellung.
Fünfte Symphonie der Königlichen Fapele. An⸗
fang 7 ½ Uh
““
Schauspielbaus. 278. Vorstellung. Die Jour⸗ nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. Regie: Herr Plaschke. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Opernhaus. 266. Vorstellung. Fidelio. Oper in 2 Akten von L. van Beethoven. Text nach dem Französischen von F. Treitschke. Anfang 7 Uhr. Schauspielbaus. 279. Vorstellung. Die Büste. Lustspiel in 2 Akten, nach der gleichnamigen Novelle von Edmond Abouts, von F. Zell. In Scene gesetzt vom Regisseur A. Plaschke. Herrn Kaudel’s Gardinenpredigten. Lustspiel in 1 Aufzug von G. v. Moser. Regie: Hr. Krause. Anfang 7 Uhr.
Cyelus. 7. Abend. Faust, I. Theil. Donnerstag: Der Compagnon.
Freitag: Die Stützen der Gesellschaft. Sonanabend: II. Goethe⸗Cyelus. 8. Abend. Fanst’s Tod.
Berliner Theater. Mittwoch: Zum 1. Male: Der Väter Erbe. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Der Hüttenbesitzer. (Nuscha Butze, Agnes Sorma, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.)
Freitag: 16. Abonn.⸗Vorst. Der Väter Erbe.
Tessing-Theater. Mittwoch: Das vierte Gebot. Volksschauspiel in 4 Akten von Ludwig Anzengruber. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Die Großstadtluft. Schwank in 1 Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadel⸗ urg.
Die nächste Doppel⸗Vorstellung von „Satis⸗ faktion“ und „Cavallerin rusticann““ findet am Freitag statt. “
Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 30. Male: Immer zerstrent! Posse in 3 Akten von Barrieère und Gondinet. Bearbeitet von Franz Wallner Vorher, neu einstudirt: Die Hauni weint — der Hansi lacht. Komisches Singspiel in 1 Akt von Jacques Offenbach. Anfang 7 ⅛ Uhc.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Mittwoch: Neu einstudirt: Der Zigenner⸗ baron. Operette in 3 Akten nach M. Jokat’s Erzählung von M. Schnitzer. Musik von Joharnn Strauß. Regie: Herr Binder. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg Mittwoch: Zum 18. Male: Madame Mon⸗ godin. Schwank in 3 Akten von Ernest Blum und Raoul Toché. Deutsch von Emil Neumann. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. An⸗ fang 7 ½ Uhr. 3
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
2
—
Beutsches Theater. Mittwoch: II. Goethe⸗
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Er⸗ mäßigte Eintrittspreise! Zum 16. (322.) Male: Der Rattenfänger von Hameln. Phantastisches Volksstuck mit Gesang in 12 Bildern. Nach Sprenger's Geschichte und Ehrich's Chronik der Stadt Hameln, frei bearbeitet von C. A. Görner. Musik von Catenhusen. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Zum 17. (323.) Male: Der Ratten⸗ fänger von Hameln. Voranzeige Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Letzte Kinder⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen! Zum 19. (325.) Male: Der Ratten⸗ fänger von Hameln.
Adolph Ernst-Theater. Letzte Woche.
Mittwoch: Zum 107. Male: Der große Prophet.
Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Prophet.
In Vorbereitung: Der Tauztenfel. Gesangs⸗ posse in 4 Akten von Ed. Jacobson und W. Mann⸗ städt. Gesangstexte theilweise von Gust. Görß. Musik von Gust. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst.
Zum 108. Male: Der großte
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30
Direktion: Emil Thomas. Mittwoch: Zum 14. Male: Fliegende Blätter. Humoristische Bilder mit Gesang in 3 Akten und einem Vor⸗ und einem Nach⸗ ven. arrangirt von Alfred Schönfeld. Anfang r.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
In Vorbereitung: Zum 1. Male: Kläffer. Posse mit Gesang in 4 Akten von Heinrich Wilken.
b111414“ Sing-Akademie. Mittwoch, Anfang 8 Uhr: Liederabend von Auguste Hohenschild.
Concert-Haus. Mittwoch: Karl Mevder⸗ Concert. Beethoven⸗Feier unter gefälliger Mitwir⸗ kung der 10jährigen Klaviervirtuosin Anna Sanguerlet. vu Besten der deutschen Reichsfechtschule. Anfang
Donnerstaag, 31. Dezember (Sylvester):
I. Familien⸗Ball⸗Fest.
Billets à 3 ℳ im Bureau des Hauses. 8
Mrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof) Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstell w a, Sen ae anür Theater. ,v zettel.
Circus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7 ¼ Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebhe und Fluth“, große bydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in
Näheres die Anschlag.
2 Abtheilungen mit National⸗Tänzen (60 Damen),
Aufzügen ꝛc., Dampfschiss⸗ und Bootfahrten, Wasser⸗ fällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, Riesen⸗ Fontaine, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außerdem: Colmar, geritten von Frl. Clotilde Hager. — Elimar (Strickspringer), vorge⸗ führt von Frl Oceana Rerz. — Eine Vergnügungs⸗ fahrt mit verschiedenen Hindernissen von der Elton Troupe. — 4 Gebrüder Briatore, weltberühmte Akrobaten. — Eine Quadrille aus der Zeit Friedrich's des Großen, geritten von 8 Damen und 8 Herren. — Mlle. Theresina auf dem 20 Fuß hohen Draht⸗ seil. — Auftreten der Reitkünstlerinnen Frl. Natalie und Mm. Bradbury. — Mr. Jules, Jockeyreiter ꝛc. — Komische Entrées und Intermezzos von sämmt⸗ lichen Clowns. Täglich: „Auf Helgoland“. Sonntag: 2 Vorstellungen.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Helene Kaul mit Hrn. Lieut. Mar Holtz (Katklau). — Frl. Hedwig Zersch mit Hrn. Professor Dr Albert Landerer (Rittergut Kostritz, Thür. — Leip; ia)
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Viebeg (Wesel). — Hrn. Ober⸗Stallmeister Frhrn. W. von Girsewald (Braunschweig). — Hen. Regie⸗ rungs⸗Assessor Ernst Lohmann (Siegen) — Hrn. Rechtsanwalt Carl Haenschke (Berlin). — Eine Tochter: Hrn. Johannes Grafen Saurma Feltsch (Jeltsch). — Hrn. Lieut. von Preinitzer (Allen⸗ stein) — Hin. Prem. Lieut. Schede (Saar⸗ burg i. EC). — Hrn Pastor Barwasser (Merk⸗ lingen i. Württ).
Gestorben: Hr.
Kammerherr Hermann von Kalitsch (Dobr tz) — Hr. Amtsrath Carl Klug (Posen). — Fr. Pauline Gräfin Finck von Fiackenstein, geb. Noht (Fürstenwalde). — Hr. Major z. D. Eduard Dzondi (Obergersdorf bei Kamenz) — Fr. Rosalie von Hirsch, geb. von Braunschweig (Cbarlottenburg). — Hr. Super- intendent und Oberpfarrer Julius Grabe (Grö⸗ ningen, Bez. Magdeburg). — Hr. Oberst⸗Lieut. a. H. Emil Cramer (Görlitz) — Hr. Gero von Byern (Borna bei Bornitz) — Fr. Oberst⸗Lieut. Toni von Jerni geb. von Madeyski (Görlitz). — Hofdame Marie Freiin von Eynatten (Bonn).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: 1
Verlag der Expedition (Scholzz. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗
Neun Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗
lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf
Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 7. bis 12. Dezember 1891.
4
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 33.
zum Nℳ. 295.
Berlin, Dienstag, den 15. Dezember
Deutscher Reichstag. 140. Sitzung vom Montag, 14. Dezember, 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths der Reichskanzler von Caprivi und die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall.
Die zweite Berathung der Handelsverträge wird über die einzelnen Verträge nacheinander eröffnet. b
Abg. von Massow: Nachdem die Mehrheit eine Kom⸗ missionsberathung abgelehnt habe, müsse sie es sich gefallen lassen, daß die Verhandlungen im Plenum bei der zweiten Lesung einen etwas breiteren Raum einnähmen. Ein Eingehen auf die auswärtige Politik werde dabei auch nicht zu vermeiden sein. Der Reichs⸗ kanzler habe bei allen seinen Vorträgen die Landwirthschaft erst in zweiter Linie berücksichtigt. Die liberale Presse sage, die dreißig oder vierzig Konservativen hätten es leicht, Widerstand zu leisten, denn sie wüßten, daß die Handelsverträge doch angenommen würden. Das sei eine ungerechte Beurtheilung der politischen Entscheidungen eines ge⸗ wissenhaften Volksvertreters. Seine Partei sei sich der Folgen ihrer Entscheidung klar bewußt und würde sie ziehen, selbst wenn ihre Stimmen den Ausschlag gäben. Er schließe sich dem Abg. Grafen von Kanitz nur in der Beziehung nicht an, daß er von einer Suspendirung der Getreidezölle sich keinen Erfolg versprochen hätte. In Betreff der Zölle selbst stehe er ganz auf dem Boden des früheren Staats⸗Ministers Dr. von Lucius, der aus einem bewußten Freihändler, durch die zwingende Kraft der Thatsachen überzeugt, ein treuer An⸗ hänger der Schutzzollpolitik geworden sei und nicht seine Ueberzeugung, sondern sein Amt geopfert habe, um die jetzt sich vollziehende Schwenkung der Regierung nicht mitzumachen. Auch er (Redner) könne sie nicht mitmachen. Das Reich müsse seine politischen Verbündeten auch wirthschaftlich stärken und sie nicht wirth⸗ schaftlich bekriegen, habe der Reichskanzler gesagt. Sehr schön! Aber er (Redner) habe von diesem wirthschaftlichen Kriege nichts bemerkt, wie auch Fürst Bismarck nicht die Besorgniß gehegt habe, daß seine Wirthschaftspolitik zu schweren Differenzen mit Oesterreich und Italien hätte führen müssen. Im Gegentheil: der Dreibund werde vielfach die Quelle großer Unzufriedenheit werden und das sogenannte wirthschaftliche Band das politische nicht befestigen. Es sei kein angenehmes Gefühl, für eine verlorene Sache zu kämpfen. Er habe es aber für seine Pflicht gehalten, seiner Ueberzeugung als Volksvertreter Anusdruck zu geben. Er werde gegen die Handels⸗ verträge stimmen, weil er ihren Inhalt nicht billigen könne in seiner als Volksvertreter und aus Vaterlandsliebe. (Beifall rechts.)
Artikel 1, Formalien enthaltend, wird angenommen; ebenso Artikel 2, der die Meistbegünstigungsklausel enthält. Beim Art. 3, der den Tarif als Anlage enthält, be⸗ streitet
Abg. Leuschner, daß die Zölle die Lebensmittel vertheuerten, daran sei namentlich die Börse schuld. Der Landwirthschaft könne noch auf andere Weise als durch die Zölle geholfen werden, nämlich durch die Doppelwährung, die Ermäßigung der Eisenzölle werde namentlich England zu Gute kommen und die deutsche, durch die sozialpolitische Gesetzgebung ohnehin schwer belastete Eisenindustrie empfindlich treffen. 3
Staatssekretär Dr. von Boetticher: 8
Ich halte mich verpflichtet, die Bedenken, die der Herr Vorredner im Laufe seiner Auseinandersetzungen namentlich bezüglich des Inter⸗ esses der Eisenindustrie geäußert hat, mit einigen Worten zu beleuchten und, wie ich hoffe, zu widerlegen.
Meine Herren, es mag ja sein, daß unsere Eisenindustrie nicht in vollem Umfange mit allen österreichischen Betrieben derselben Branche konkurriren kann. Es wird dieser Zustand darauf zurück⸗ geführt werden müssen, daß seit der Hinaufsetzung der österreichischen Eisenzölle im Jahre 1885 die österreichische Industrie sich nicht unerheblich entwickelt hat, sodaß sie eine wirksamere Konkurrenz der deutschen Industrie hat entgegenstellen können.
Wenn die Herren die Güte haben wollen, sich die Zahlen der Einfuhr und Ausfuhr an Eisen aus dem Deutschen Reich nach Oester⸗ reich und vice versa zu vergegenwärtigen, so werden sie finden, daß schon, was das Roheisen anlangt, die Einfuhr nach Oesterreich aus Deutschland seit der Einführung der österreichischen Zölle ganz erheblich zurückgegangen ist. Ich führe in dieser Beziehung an, daß, während die Einfuhr ars Deutschland nach Oesterreich noch im Jabre 1885 über 18 000 t betrug, im Jahre 1886 23 000 Tonnen, im Jahre 1887 21000 Tonnen, sie seitdem zurückg gangen ist, im Jahre 1888 auf 10 000 Tonnen, im Jahre 1889 auf 9000 Tonnen und im Jahre 1891 vom Januar bis zum September auf 5000 Tonnen. Umgekehrt hat die Einfuhr aus Oesterreich nach Deutschland in derselben Periode, von der ich soeben gesprochen habe, nicht unerheblich sich gesteigert.
Während im Jahre 1885 diese Einfuhr nur 521 Tonnen betrug, ist sie im Jahre 1891 auf 2442 Tonnen gestiegen (Zuruf) — ja, es ist ja möglich, daß auch die hohen Kohlenpreise zu dieser wirthschaftlichen Aenderung beigetragen haben; jedenfalls, glaube ich, wird man aber nicht unrichtig konkludiren, wenn man einen Theil der Schuld der veränderten Tariffestsetzung, die im Jahre 1887 auf diesem Gebiete der österreichische Tarif erfahren hat, beimißt.
Im Uebrigen könnte ich Ihnen noch flagrantere Zahlen anführen aus der Statistik über den Verkehr mit Eisenwaaren, z. B. über den Verkehr des geschmiedeten Eisens. Da ist anzuführen, daß, während im Jahre 1883 an Eisenbahnschienen aus Deutschland nach Oesterreich 124 946 Doppel⸗Centner gegangen sind, diese Ausfuhr nach Oesterreich zurückgegangen ist in der Weise, daß für das Jahr 1889 nur 13 711 Doppel⸗Centner haben angeschrieben werden können.
Nun hat der Herr Vorredner gemeint, daß die Ermäßigung, welche der Handelsvertrag für die Einfuhr des deutschen Eisens nach Oesterreich bringt, doch nur eine minimale sei. Ich möͤch te dem⸗ gegenüber darauf hinweisen, daß die Herabsetzung der Eisenzölle im österreichischen Tarif bis zu 25 % erfolgt ist, daß also der Vortheil, welcher der deutschen Eisenindustrie geboten wird durch den Vertrag, als ein minimaler nicht angesehen werden kann. Der Herr Vor⸗ redner hat auch aus den Ausführungen, welche am Sonnabend sein Fraktionsgenosse, der Herr Abg. Fürst Hatzfeldt gemacht hat, ent⸗ nehmen können, daß die Herabsetzung der Eisenzölle im österreichischen Bereich keineswegs als eine geringe erscheint, und der Herr Abg. Fürst Hatzfeldt hat meines Erachtens mit großem Recht den Nachweis an⸗ getreten, daß das Geschäft für unsere Eisenindustrie ein weitaus
besseres nach Oesterreich sein wird, wenn die Vertragssätze zur Geltung kommen, als wie es bisher sich hat entwickeln können.
Nun, meine Herren, hat der Herr Vorredner sich auf Preß⸗ stimmen bezogen. Er hat einerseits gemeint, daß man in Deutsch⸗ land in industriellen Kreisen von den Verträgen keineswege sehr erbaut sei, — und hat andererseits geäußert, daß in Oesterreich eine große Befriedigung herrsche darüber, daß man, wie die „Bohemia“ sich aus⸗ drückt, mit einem blauen Auge davon gekommen sei. Nun, meine Herren, was die Preßstimmen anlangt, so könnte ich Ihnen an jedem Morgen, der mir zahlreiche Zeitungsausschnitte bringt, die ver⸗ schiedenartigsten Urtheile über die Handelsverträge vorlegen; es kommt immer darauf an, welchen Preßorganen man eine Autorität in diesen Dingen beimessen will. In der Regel sind die Preßstimmen, soweit sie nicht aus Fachkreisen kommen, mehr oder weniger von dem politischen Standpunkt, den das betreffende Preßorgan gegenüber der Frage der Handelsverträge einnimmt, diktirt, und sie müssen, wenn sie recht gewürdigt werden wollen, mit Rücksicht auf diesen politischen Standpunkt betrachtet werden.
Neulich hat in einem Berliner großen Blatt auf der ersten Seite ein Artikel gestanden, welcher den Nachweis versuchte, daß Deutsch⸗ land bei den Handelsverträgen ganz außerordentlich schlecht gefahren sei, und auf der dritten Seite brachte dieses selbe Blatt eine Correspondenz aus Wien, welche genau dasselbe für Oesterreich deduzirte (Heiterkeit) und die Meinung aussprach, daß das Geschick der österreichischen Unterhändler doch ein sehr geringes gewesen sein müsse, daß sie nicht etwas Besseres herausgeschlagen hätten, als die durch die Verträge im Interesse der österreichischen Industrie und der österreichischen Land⸗ wirkhschaft getroffenen Abreden. Nun, meine Herren, das Geschick der Unterhändler hat auch bei uns in der Presse eine Rolle gespielt, indessen kann ich die gegen dieselben erhobenen Vorwürfe nicht als berechtigt ansehen. Es waren unsere Unterhändler zum Theil die⸗ selben bewährten Kräfte, welche schon mit früheren Handelsverträgen befaßt gewesen sind, und es ist während der ganzen Dauer der Verhandlungen kein Moment hervorgetreten, welches auch nur den leisesten Zweifel daran begründete, daß die Herren nicht mit voller Energie darauf hingewirkt haben, für Deutschland so viel wie möglich zu erwirken.
Meine Herren, Opfer müssen bei jedem Handelsvertrage gebracht werden, und so konnten wir auch nicht in die Ver⸗ handlungen eintreten, ohne uns mit dem Gedanken zu be⸗ freunden, daß wir Opfer würden zu bringen haben. Unser Augenmerk war indessen darauf zu richten, daß die Opfer, die zu bringen sind, keine unerträgliche Höhe für die betheiligten Wirth⸗ schaftskreise annehmen, und daß sie nur solchen Wirthschaftsgruppen angesonnen werden, welche sie ohne Gefahr für ihre eigene Pro⸗ sperität und für das Gesammtinteresse des Staates übernehmen können. Diesen Standpunkt haben die Unterhändler mit vollem Interesse und mit Aufopferung ihrer Kräfte vertreten, und ich meine, sie haben dabei sehr gute Geschäfte gemacht.
Daß man in industriellen Kreisen die Handelsverträge nicht un⸗ günstig beurtheilt, dafür habe ich heute Morgen gerade einen Beweis erhalten von der Frankfurter Handelskammer, die ja bekanntlich nicht nur Handeltinteressen, sondern auch eine lebhafte und entwickelte Industrie vertritt Die Handelskammer in Frankfurt sagt:
Durch die für zwölf Jahre vereinbarte Gültigkeit der Verträge ist die von der Geschäftswelt so dringend befürwortete Stabilität auf lange Zeit hinaus gesichert, und man darf erwarten, daß auf dieser festen Grundlage unsere Handelsbeziehungen mit den Vertrags⸗ ländern an Umfang gewinnen und in ungestörter Entwicklung sich von Jahr zu Jahr weiter ausdehnen werden.
Ich meine, dieses Urtheil sollte nicht unterschätzt werden; es ist das einer sachverständigen Körperschaft.
Wenn ich richrig unterrichtet bin, so ist gleich die Diskussion über die Tarife eröffnet worden, und ich darf dann wohl auch auf einige Positionen übergehen, die in der Rede des Herrn Vorredners nicht berührt worden sind, um meinerseits dazu beizutragen, daß einige schon in der Generaldiskussion geäußerten Zweifel ihre Erledigung finden.
Herr Abg. von Kardorff hat einzelne Fragen in den Kreis seiner Betrachtung gezogen und darum gebeten, daß man ihm Auskunft über verschiedene Dinge geben möchte.
Er hat zunächst das amerikanische Schweineeinfuhrverbot gestreift, welches indeß nicht auf dem Gebiete der Handelsverträge liegt. Ich gestatte mir in dieser Beziehung nur die eine Bemerkung: Wenn der Herr Abg. von Kardorff die Aufhebung des Schweineeinfuhrverbots als einen politischen Fehler ansieht, so sind die ver⸗ bündeten Regierungen anderer Meinung und glauben viel⸗ mehr, daß gerade die Verhandlungen über diesen Gegenstand die wirthschaftspolitischen Interessen ganz besonders gefördert haben, welche wir zu vertreten haben, und daß andererseits unsere gesundheits⸗ polizeilichen Interessen wenigstens nicht geschädigt worden sind.
Wenn jetzt in der Presse vielfach über das Auffinden von Trichinen in amerikanischem Fleisch berichtet wird, so hat der Herr Reichs⸗ kanzler neulich bereits darauf hingewiesen, daß diese Trichinen nach den bis jetzt vorliegenden amtlichen Nachrichten noch nicht in einem Stück amerikanischen Fleisches vorgefunden sind, welches auf Grund der meat-inspection-Bill von der berufenen kompetenten Behörde unter⸗ sucht und als gesundheitsunschädlich attestirt worden ist. Die für trichinös befundenen Sendungen sind alle solche, welche ohne amt⸗ liche Untersuchungsatteste hier eingegangen sind und für deren Gesundheitsschädlichkeit die amerikanische Regierung also keine Ver⸗ antwortung trägt. Wenn erst diese nicht mit amerikanischen amtlichen Attesten versehenen Transporte aufhören werden — wir haben übrigens rücksichtlich dieser Transporte an der Grenze die Untersuchung angeordnet, sodaß, soweit dies gehindert werden konnte kein Stück über die Grenze gekommen ist, welches hätte gesundheitsschädlich werden koͤnnen — ich sage: wenn erst diese Transporte aufgehört haben und wenn wir nur legal untersuchtes Fleisch aus Amerika bekommen werden, so wird meines Erachtens die möglicher Weise noch bestehende geringe Gefahr für den Gesundheitszustand im Inlande völlig ausgeschlossen sein.
Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Kanigich Preufischen Stauts⸗Anzeiger
1891.
Daß die amerikanische Regierung den besten Willen hat, auch im Verkehr mit Europa volle Sicherheit für die Unschädlichkeit der Transporte zu gewähren, dafür haben wir die sprechendsten Beweise. Sollte wider Erwarten die Hoffnung sich nicht erfüllen, daß wir nur gesundheitsunschädliche Waare aus Amerika beziehen, dann wird es ja an der Zeit sein, sich darüber zu unterhalten, was zu thun kei, ob man namentlich eine Kontrole an unserer Grenze einführen will oder nicht.
Nun hat der Herr Abg. von Kardorff gemeint, daß durch den vorliegenden Vertrag die Interessen des kleinen Mannes, namentlich des kleinen Landmannes, nicht in ausreichendem Maße gewürdigt wor⸗ den seien. Er hat in dieser Beziehung daran erinnert, daß in dem Vertrage nicht ein Gänsezoll stipulirt sei.
Nun, meine Herren, mäöchte ich Sie darauf auf⸗ merksam machen, daß man doch nicht Handelsverträge schließt, um Zölle einzuführen, sondern man schließt Handelsverträge, um bestehende Zölle herabzusetzen. Man hat lücksichtlich des Geflügelzolls nach meiner Erinnerung keine Verabredung getroffen, und damit würde es also möglich sein, wenn das Bedürfniß besteht, einen Gänsezoll in Deutschland einzuführen. Gegenstand dieses Vertrages konnte die Sache nicht sein, weil man eben, wie gesagt, Handelsverträge nicht dazu benutzt, um Gänsezölle (Heiterkeit) — um neue Zölle einzuführen.
Dann hat der Herr Abg. von Kardorff gesagt, er hätte in der Denkschrift nichts darüber gefunden, ob Oesterreich seine Rübenzucker⸗ Exportprämie fortbestehen lassen will oder ob es dieselbe aufgehoben hat. Er hat hinzugesetzt, wir, das Deutsche Reich, haben ja aus eigener Initiative dieselbe einseitig aufgehoben. Nun ist diese Voraussetzung nicht richtig; im Gegentheil, wir haben durch das im Mai dieses Jahres erlassene Gesetz über die Zuckersteuer ausdrücklich eine offene Prämie vom 1. August des nächsten Jahres ab auf sieben Jahre eingeführt; wir können also unmöglich in dem Moment, wo wir selber bei uns eine Exportprämie in Wirksamkeit zu setzen im Begriff sind, von Oester⸗ reich⸗Ungarn verlangen, daß es seine Exportprämie aufhebe. Wir würden damit kein Glück gehabt haben; man würde uns einfach ge⸗ sagt haben: was du nicht willst, daß man dir thu, das füg' auch keinem Andern zu.
Im Uebrigen gebe ich mich, was dieses Kpitel anbelangt, der Hoffnung hin, daß es doch schließlich gelingen werde, auf dem Wege internationaler Vereinbarung, wie das ja bekanntlich auf der Londoner Konferenz vergeblich versucht ist, zu einer Abschaffung der Prämie zu gelangen.
Dann hat der Herr Abgeordnete von den Eisenbahnrefaktien gesprochen und hat sich namentlich darüber gewundert, daß — wenigstens glaube ich dieses Verwundern aus seinen Ausführungen entnehmen zu können — ein Passus des Art. 20, glaube ich, des Vertrages von 1878, welcher die Gewährung der Refaktien im Eisenbahnverkehr untersagt, nicht in den neuen Vertrag übergegangen sei. Ich habe in dieser Beziehung zu bemerken, daß schon im deutsch⸗österreichischen Vertrag von 1881 der Passus des Vertrages von 1878, welcher über Refaktion bandelt, keine Aufnahme gefunden hat, und daß wir diesen Vertrag, der uns jetzt vorliegt, auf Grundlage des Vertrages des Jahres 1881 ge⸗ schlossen haben. Ich darf weiter bemerken, daß die Aufnahme einer Bestimmung über die Refaktien um deswillen entbehrlich erschien, weil inzwischen das internationale Abkommen über den Eisenbahn⸗ frachtverkehr geschlossen worden ist, welches Sie ja im letzten Früh⸗ jahr auch genehmigt haben. In diesem internationalen Ueberein⸗ kommen über den Eisenbahnfrachtverkehr ist im Art. 11 festgesetzt, daß „die Berechnung über die Fracht nach Maßgabe der zu Recht be⸗ stehenden gehörig veröffentlichten Tarife erfolgen solle. Jedes Privat⸗ übereinkommen, wodurch einem oder mehreren Absendern eine Preis⸗ ermäßigung gegenüber den Tarifen gewährt werden soll, ist verboten und nichtig. Dagegen sind Tarifermäßigungen erlaubt, welche gehörig veröffentlicht sind und unter Erfüllung dergleichen Bedingungen Jedermann in gleicher Weise zu Gute kommen“.
Nun war bei der Verhandlung über die Artikel 15 ff. der Ge⸗ danke ausschlaggebend, daß man bezüglich der Eisenbahntarif⸗Politik sich so wenig wie möglich auf gegenseitige Bindungen einlassen sollte. Uns gegenüber ist beispielsweise bei den Verhandlungen mit Belgien der Anspruch erhoben worden, daß gewisse Vergünstigungen, welche wir für den Transport von unseren Seeplätzen in das Binnenland einge⸗ führt haben, auch für den Verkehr von Antwerpen nach Deutschland ge⸗ währt werden möchten. Wir haben diesen Anspruch abgelehnt und mit gutem Grunde, denn wir können uns in dieser Beziehung nicht die Hände binden, wir müssen uns vielmehr die volle Freiheit der Aktion auf diesem Gebiete wahren.
Ich möchte übrigens, sofern der Herr Abg. von Kardorff, was ich freilich nicht annehme, dm Mangel einer Festsetz ing des Verbots der Refaktien in dem Handelsvertrag eine ausschla gebende Bedeutung für seine Stellungnahme zu diesem Vertrage beimessen sollte, ihn darauf aufmerksam machen, daß, falls der Vertrag nicht zu Stande käme, wegen der Refaktien nichts geändert wäre; im Gegen⸗ theil, dann bleibt es bei dem Vertrage von 1881, vorausgesetzt, daß es überhaupt möglich ist, denselben zu verlängern, und dieser Vertrag enthält, wie gesagt, wegen des Verbots der Refaktien keine Bestim⸗ mung. Wir müssen hoffen, daß das internationale Uebereinkommen in dieser Beziehung einen Zustand, wie er unseren Interessen ent⸗ spricht, herbeiführt.
Der Herr Abg. von Kardorff hat unseren Unterhändlern weiter den Vorwurf gemacht, daß sie bei der Normirung der Holzzöͤlle in dem österreichischen Vertrage eine Unterscheidung herbeigeführt hätten, welche nicht rationell sei und welche außerdem noch an dem Feyler leide, daß die Verzollung nach Festmetern nicht im richtigen Ver⸗ hältniß zu der Verzollung nach Gewicht stehe. In dieser Beziehung habe ich Folgendes zu bemerken: Unsere Kommissarien sind an dieser Duplizität des Verzollungsmaßstabes vollständig unschuldig; dieselbe steht bereits in unserem autonomen Tarif. Eine solche Duplizität ist aber auch gar nicht zu entbehren; denn, meine Herren, wie wollen Sie bei⸗ spielsweise das Holz, welches zu Wasser in das Land kommt, wiegen bei dem Uebergang über die Grenze? Da kann nur gemessen werden.