1891 / 299 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Für die Zeit vom 1. April 1891 bis zum Schluß des Monats November 1891 sind von Einnahmen (einschließlich der kreditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaft⸗ lichen Seraee ern, sowie von anderen Einnahmen im Deutschen Reich zur Anschreibung gelangt:

Zölle 268 788 895 (gegen denselben Zeitraum des Vor⸗ jahres + 2641 486 ℳ), Tabacksteuer 6449 882 ( 73 864 ℳ), Zuckermaterialsteuer 33 533 198 %ℳ (— 689 299 ℳ), Ver⸗ brauchsabgabe von Zucker 37 901 257 (+ 2 333 429 ℳ), Salzsteuer 28 701 915 (+ 627 573 ℳ), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 4 953 308 (+ 2 622 275 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu der⸗ selben 82 857 588 ℳ% (— 743 457 ℳ), Brausteuer 17014 526 (— 159 484 ℳ), Uebergangsabgabe von Bier 2 227 225 (+ 47 263 ℳ); Summe 415 361 398 (+ 6 762 650 ℳ). Sgpielkartenstempel 795 216 ℳ3 (+ 17858 ℳ), Wechselstempelsteuer 5476 776 (+ 257329 ℳ), Stempelsteuer für a. Werthpapiere 2 762683 (s— 1 036 901 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte 7 773 515 (s— 1598 692 ℳ), c. Loose zu Privatlotterien 1 270 394 (+ 923 789 ℳ), Staatslotterien 4 541 805 (+ 361 752 ℳ8).

Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende November 1891: Zölle 235 689 471 (— 5 026 769 ℳ), Tabacksteuer 8 658 117 (+ 134 543 ℳ), Zuckermaterialsteuer 14 571 969 (+ 7114 789 ℳ), Verbrauchsabgabe von Zucker 36 878 363 (8† 809 477 ℳ), Salzsteuer 26 035 003 (J. 935 484 ℳ), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 10 505 593 (+ 742 217 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 72 457 570 (+ 1 850 529 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 16 351 904 (s— 87, 183 ℳ); Summe 421 147 990 (+ 6 473 087 ͤℳ). Spielkartenstempel 751 512 (+ 35 82

wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs Sitzungen vom 14. bis 17. Dezember die 8§. sowie die auf .

Die Kommission für die zweite Lesung des E. s erledigte in den

die Eintragung der Vereine Tendenzen in das Vereinsregister bezüglichen Vorschläge. Der Abs. 1 des § 49 wurde, soweit er über das Schicksal des Vermögens einer erloschenen Körperschaft in erster Linie das Statut entscheiden lößt, gebilligt; verdeutlicht soll werden, daß im Statut die Bestimmung der Anfallberechtigten nicht unmittelbar zu erfolgen braucht, sondern insbesondere auch in der Weise vorgesehen werden kann, daß die nähere Bezeichnung einem Beschlusse der Mitgliederversammlung oder des Vor⸗ standes vorbehalten wird. 8 8 .“ Für den Fall, daß eine statutarische Bestimmung über die Verwendung des Vermögens nicht getroffen ist, glaubte die Kommission unter Abweichung vom Entwurf nicht auf die Landesgesetze verweisen, sondern die Anfallberechtigung reichsgesetzlich regeln zu sollen und zwar nach folgenden Grundsätzen. Das Vermögen einer Körperschaft, welche aus⸗ schließlich dem Interesse ihrer Mitglieder zu dienen bestimmt ist, soll unter die beim Erlöschen vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen vertheilt werden, das Vermögen anderer Körperschaften dagegen dem Fiskus desjenigen Bundes⸗ staats, in welchem sie ihren Sitz haben, mit der Auflage zufallen, das Vermögen thunlichst in einer den Körperschaftszwecken entsprechenden Weise zu verwenden. Dem dieser Auflage zu Grunde liegenden Bestreben, das Vermögen dem Körperschaftszwecke zu erhalten, trug die Kom⸗

giöse Zwecke

mission durch Aufnahme der weiteren Vorschrift Rechnung, daß bei einer Körperschaft mit idealen Tendenzen die Mit⸗ gliederversammlung, sofern das Statut eine Bestimmung über die Anfallberechtigten nicht enthält, die Zuwendung des Vermögens an eine öffentliche Stiftung oder Anstalt mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen kann. Die Prüfung der von einer Seite angeregten Frage, ob diese Regelung sich auch für die zur Zeit des Inklaft⸗ tretens des Gesetzbuchs bestehenden Körperschaften eigne, blieb der Berathung des Einführungsgesetzes vorbehalten. Hin⸗ sichtlich der Ueberleitung des Vermögens auf die Bezug⸗ berechtigten wurde die Liquidation in Abweichung von der Vorschrift des Abs. 2 des §. 49 für alle Fälle vorgeschrieben, in welchen das Vermögen nicht an den Fiskus fällt.

Die in den §§. 50 bis 56 enthaltene Regelung des Liquidationsverfahrens blieb im Wesentlichen unbeanstandet. Der §. 55 erschien gegenüber dem §. 50 Abs. 4 verb. mit §. 47 entbehrlich. Abweichend von dem zu §. 44 Abs. 5 ge⸗ faßten Beschlusse, nach welchem die Entscheidungen des Vorstandes nach Stimmenmehrheit ersolgen, soll beim Vorhandensein mehrerer Liquidatoren an dem Erforderniß der Stimmeneinheit festgehalten und dies durch Aufnahme eines Zusatzes zum Ausdrucke ge⸗ bracht werden. Im Uebrigen wurden noch einige, vor⸗ wiegend redaktionelle Aenderungen vorgenommen, welche durch die beschlossene Ausdehnung der Liquidation sich erforderlich machten. Der den Konkurs über das Vermögen einer Körperschaft behandelnde §. 57 wurde in die Konkursordnung verwiesen. Der zu §. 44 Absatz 2 gefaßte Beschluß, wonach die Bestellung des Vorstandes, so⸗ weit nicht im Statut ein Anderes bestimmt ist, jeder Zeit widerruflich sein soll, erfuhr nachträglich eine Ergänzung da⸗ hin, daß durch statutarische Bestimmung die Zulässigkeit des Widerrufs auf die Fälle beschränkt werden kann, in welchen ein wichtiger den Widerruf rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund soll als vorliegend insbesondere dann an⸗ zunehmen sein, wenn der Vorstand sich grober Pflichtver⸗ lezungen schuldig macht oder wenn er zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden ist.

Mehrere Anträge, welche berweckten, die Rechtsstellung der⸗ jenigen Vereine, welche die Rechtsfähigkeit nicht erlangt haben, besonders zu regeln, wurden bis nach Erledigung des Gesellschaftsrechts zurückgestellt. Die Berathung wandte sich sodann zu der Eintragung der Vereine mit idealen Tendenzen in das Vereinsregister und den sich anschließenden Fragen. b 1

Die Voraussetzungen der Eintragung wurden olgenderweise festgestellt: Wesentliches Erforderniß für die

demselben Orte oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden eingetragenen Vereine; Statutbestimmungen über den Eintritt und Austritt der Mitglieder, über die von diesen zu leistenden Beiträge, über die Zusammensetzung des Vor⸗ standes, über die Voraussetzungen und die Form der Berufung der Mitglieder⸗Versammlung, sowie über die Beurkundung der gefaßten Beschlüsse. Die Anmeldung des Vereins bei dem Amtsgericht Behufs Eintragung hat durch den Vorstand zu erfolgen. Der Anmeldung sind beizufügen: das von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnete Statut nebst einer Abschrift desselben, eine Abschrift der Urkunde über die Bestellung des Vorstands und ein Verzeichniß der dem Verein angehörenden Mitglieder. 1“ 1

Zu einer eingehenden Erörterung gab die Frage Veran⸗ lassung, ob den vom Standpunkte des öffentlichen Rechts gegen die in Aussicht genommene Erleichterung des Erwerbs der

Rechtsfähigkeit erbobenen Bedenken dadurch abzuhelfen sei, daß

vor der gerichtlichen Eintragung des Vereins die Sache zur Kenntniß der zuständigen Verwaltungsbehörde gebracht und dieser ein Einspruchsrecht für gewisse Fälle gewährt werde. Das Ergebniß der Berathung war: das Amtsgericht soll zunächst prüfen, ob den im Gesetz für die Eintragung aufgestellten Voraussetzungen genügt ist, und, Falls dies nicht der Fall ist, das Eintragungsgesuch unter Angabe der Gründe zurückweisen. Ist den bezeichneten Voraussetzungen genügt, so hat das Amtsgericht das Eintragungsgesuch der nach den Landes⸗ gesetzen zuständigen Verwaltungsbehörde mitzutheilen. Diese kann gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn der Ver⸗

ein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder ver⸗

boten werden kann, oder politische, sozialpolitische oder reli⸗ verfolgt. Wird Einspruch erhoben, so bleibt die Eintragung ausgesetzt; das Amtsgericht hat den Einspruch dem Vorstande mitzutheilen. Der Einspruch kann im Wege des Verwaltungsstreit⸗ verfahrens und, vo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der §§ 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden. Die Eintragung ist erst zulässig, wenn seit der Mittheilung des Gesuchs an die Verwaltungsbehörde sechs Wochen abgelaufen sind und Einspruch nicht erhoben oder der erhobene Einspruch endgültig verworfen ist.

Anlangend den Inhalt der Eintragung, so sollen im Register der Name und der Sitz des Vereins, das Datum des Statuts und die Mitglieder des Vorstandes angegeben werden. Ferner sollen, wenn die Vertretungsmacht des Vorstandes durch die Verfassung beschränkt ist, diese Beschränkung und, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, die Be⸗ stimmungen eingetragen werden, welche für die Willenserklä⸗ rungen des Vorstandes gelten.

Nach erfolgter Eintragung ist das Statut, Bescheinigung derselben versehen, zurückzugeben, während die

Abschrift des Statuts nach vorgängiger Beglaubigung sammt

den übrigen Schriftstücken bei Gericht aufbewahrt wird. der Eintragung erhält der Name des Vereins die zusätzl; Bezeichnung „eingetragener Verein“. Das Amtsgerich die Eintragung zu veröffentlichen. 6 1

Jede Aenderung in der Zusammensetzung des Vor⸗ standes sowie die Wiederwahl eines früheren Vorstands⸗ mitgliedes ist zur Eintragung in das Vereinsregister an⸗ zumelden. Eine nicht eingetragene Aenderung kann von dem Verein einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß der Dritte die Aenderung kannte; anderer⸗ seits muß der Dritte die eingetragene Aenderung gegen sich gelten lassen, wenn er nicht nachweisen kann, daß er sie weder kannte noch kennen mußte. Gleiche Folgen soll die Nichteintragung bezw. Eintragung haben bei einer Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes sowie bei der Feststellung besonderer Grundsätze für die Gültigkeit der Willenserklärungen eines mehrgliedrigen Vorstandes. Zur Legitimirung des Vorstandes Behörden gegenüber genügt ein Zeugniß des Amtsgerichts über die Eintragung. Aenderungen des Statuts bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gleichfalls der Eintragung; die Eintragung ist nur zulässig, wenn die zu⸗ ständige Verwaltungsbehörde Kenntniß von der Aenderung genommen und von dem oben bezeichneten Einspruchsrecht keinen Gehrauch gemacht hat. Im Uebrigen ist dem Vorstande noch zur Pflicht gemacht, dem Gericht auf dessen Verlangen zu jeder Zeit ein Verzeichniß der Vereinsmitglieder einzu⸗ reichen. 11““

Unlangend die Beendigung der Rechtsfähigkeit, so soll zu den allgemeinen Erlöschungsgründen als Spezialvorschrift hinzutreten, daß das Amtsgericht, wenn die Zahl der Mit⸗ glieder eines eingetragenen Vereins unter drei herabsinkt, auf Antrag des Vorstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten gestellt wird, von Amtswegen nach An⸗ hörung des Vorstandes die Auflöfung auszusprechen hat. Als allgemeiner Erlöschungsgrund für alle Körperschasten wurde sodann noch aufgestellt: Die Körperschaft kann auf⸗ gelöst werden, wenn sie im Widerspruche mit den im Statut angegebenen Zwecken einen auf einen wirthschaftlichen Ge⸗ schäftsbetrieb gerichteten Zweck verfolgt oder durch gesetz⸗ widriges Verhalten ihres Vorstandes oder durch gesetzwidrige Beschlüsse das Gemeinwohl gefährdet; hat die Körperschaft nach ihrem Statute keinen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck, so kann die Auflösung auch dann erfolgen, wenn sie einen solchen Zweck verfolgt. Das Verfahren und die Zu⸗ ständigkeit der Behörden soll sich entsprechend dem §. 79 Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes gestalten.

Das Erlöschen eines eingetragenen Vereins ist, abgesehen von dem Fall des Konkurses, in das Register einzutragen. Werden Liquidatoren ernannt oder tritt eme Aenderung in der Zusammensetzung derselben ein oder bestehen besondere Grundsätze für die Gültigkeit ihrer Willenserklärungen, so ist dies ebenfalls in das Register einzutragen.

Schließlich fanden noch Bestimmungen Aufnahme über die Oeffentlichkeit des Registers, über die Art und Weise, wie der Vorstand bezw. die Liquidatoren die ihnen obliegenden Anmeldungen zum Register zu bewirken haben, sowie über die Besugniß des Gerichts, den Vorstand und die Liquidatoren zur Befolgung gewisser Vorschriften durch Ordnungsstrafen anzuhalten.

Nachdem hiermit die in Gemäßheit des früheren Be⸗ schlusses eventuell vorgenommene Durchberathung einer reichs⸗

Gültigkeit der Eintragung ist ein Statut, welches Namen, Sitz und Zweck des Vereins enthalten und ergeben muß, daß der Verein eingetragen werden soll. Reglementäre Er⸗ fordernisse, ohne deren Vorliegen zwar die Ein⸗ tragung nicht ersolgen soll, deren Fehlen aber die gleichwohl erfolgte Eintragung nicht hinfällig macht, sind: ein Bestand von mindestens 7 Mitgliedern; deutliche Unterscheidung des Namens von den Namen der an

gesetzlichen Regelung der Körperschaften zu Ende geführt war, trat die Kommission in die Erörterung der grundsätzlichen Frage ein, ob im B. G.⸗B. die Entstehung und der Verlust der juristischen Persönlichkeit in Ansehung der privatrecht⸗ lichen Körperschaften geregelt werden solle, oder ob es bei dem die Frage aus dem Bereich der Kodifikation aus⸗ scheidenden Standpunkte des Entwurfs zu bewenden habe. Nach eingehender Erwägung der Gründe ür und wider entschied

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sich die Mehrheit zu Gunsten der reichsgesetzlichen Regelung nach Maßgabe der bisher eventuell an⸗ genommenen Bestimmungen. 116“

Zur Beachtung bei der Anwendung der Vorschriften unter Nr. 3 und 6 des Artikels II der Branntweinsteuer⸗ Novelle vom 8. Juni 1891 hat der Finanz⸗Minister bestimmt, daß die darin für landwirthschaftliche Brennereien vorgesehene 8 ½ monatliche Betriebsfrist schon dann als gewahrt gilt, wenn nach dem stattgehabten Betrieb für die Zeit vom 1. September des einen Jahres bis zum 15. Juni des nächsten Jahres einschließlich nicht mehr als 255 Tage als Ein⸗ maischungstage für die Brennerei in Ansatz zu bringen sind.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath. Kaiserlicher Unter⸗ Staatssekretär von Schraut und Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath Heller, sind von Berlin wieder abgereist.

Der General⸗Lieutenant von Krosigk, Inspecteur der I. Kavallerie⸗Inspektion, hat einen Urlaub nach Werna bei Ellrich angetreten.

Hannover, 18. Dezember. Nach Erledigung der Wege⸗ ordnung nahm der Provinzial⸗Landtag in seiner heutigen Sitzung folgende Anträge an: 8

.1) Die Frage, ob und cventuell in welcher Weise die bestehende Schließung des Etats von Provinztalstraßen zu beseitigen ist, wird zu nochmaliger Prüfung an den Provinzial⸗Ausschuß bezw. das Landes⸗Direktorium zurückverwiesen und der Provinzial⸗Ausschuß beauftragt, dem rächsten Provinzial⸗Landtag über das Ecgebniß dieser Prüfung unter eventueller Vorlegung der von ihm beschlossenen An⸗ träge zu berichten. b 1

2) Die Koͤniglich: Staatsregierung zu ersuchen, eine amtliche Zusammenstellung des nach Verabschiedung dieser Wegegesetznovelle in der Provinz Hannover geltenden Wegerechts aufstellen zu lassen und in der Gesetz⸗Sammlung zu veröffentlichen.“

Es wurden sodann eine Anzahl Schreiben über Ver⸗ handlungen und Beschlüsse des Landtags an den Königlichen Ober⸗Prösidenten verlesen und genehmigt. 3

Der Provinzial⸗Landtag wurde darauf durch den König⸗ lichen Kommissarius, Ober⸗Präsidenten der Provinz Hannover, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Bennigsen mit folgender Rede geschlossen:

ochgeehrte Herren! 88 während mehr als zwei Wochen haben Sie eiten beendigt.

zlage der Provinz sich aus verschiedenen

letzten Jahren weniger günstig gestaltet hat,

doch möglich gewesen, in dem Haushaltsplan

nachste Jahr eine Reihe von wünschenswerthen Ver⸗

vorzunehmen, insbesondere nothwendig gewordene Er⸗

der Gebälter einzelner Beamten und Beamtengrupven ein⸗

lassen, für eine Anzahl gemeinnütziger und wohlthätiger

bisher immer nur für ein Jahr aus den Ueberschüssen

es Vorjahres gewährten Beihülfen durch Aufnahme in den Etat

dauernd sicher zu stellen, sowie zu den Kosten der Vorarbeiten für den Rhein⸗Weser Elbe⸗Kanal einen nambaften Beitrag zu bewilligen.

Für den Landstraßen⸗ und Gemeindewegebau stand Ihnen im nächsten Jahre noch ein Rest aus der letzten Wegeanleihe zur Ver⸗ fügung, welcher freilich Apfwendungen in der bisherigen Höhe neben den übrigen bereiten Mitteln nicht mehr gestattete. Der nächste Landtag wird sich voraussichtlich von Neuem mit dieser wichtigen Frage zu beschäftigen haden. Dabei werden die von Ihnen beschlos⸗ senen Anträge auf Abänderung einer Reihe von Bestimmungen der geltenden Wegegesetze, deren sorgfältiger Prüfung Seitens der König⸗ lichen Staatsregierung Sie sich versichert balten dürfen, von eingrei⸗ fender Bedeutung werden, sobald die Gesetzgebung denselben Folge gegeben haben wird. 88

Ihten Antrag, daß bei Vertheilung der Kosten des Landarmen⸗ und Korrigendenwesens fortan nur die Einkommensteuer zu Grunde gelegt werde, werde ich den Herren Ressort⸗Ministern zur Entscheidung vorlegen, erinnere aber daran, daß ein gleicher Antrag bererts wieder⸗ holt abgelehnt worden ist.

Einem mir ausgedrückten Wunsche, die beantragte Ausdehnung des Krankenversicherungszwanges auf die Dienstboten einschließlich des in der Land⸗ und Forstwirtbsehaft beschäftigten Gesindes betreffend, bin ich gern durch eine Befürwortung des Inhalts der von Ihnen beschlossenen Petition an den Reichstag bei den Herren Ressort⸗ Ministern nachaekommen.

Auf Grund des § 26 der Peovinzialordnung schließe ich den 25. Hannoverschen Provinzial⸗Laadtag. 8

Nach dem Schluß dieser Ansprache brachte der stell⸗ vertretende Vorsitzende des Provinzial⸗Landtags, Ober⸗Bürger⸗ meister Lauenstein zu Lüneburg ein dreimaliges Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte.

Bayern.

München, 18. Dezember. 1 Großherzog von Luxemburg traf nach der „Allgem. Ztg.“ heute Vormittag hier ein und setzte sofort die Reise nach Tölz weiter fort. Von Tölz begiebt sich der Großherzog nach Schloß Hohenburg, wo seine Schwiegermutter, die Perin⸗ zessin Marie von Anhalt, erkrankt ist. -

In der heutigen Sitzung der Kammer der Neichs⸗ räthe kündigte der Finanz Minister Freiherr von Riedel an, daß gleichzeitig mit der Vorlage über die Aufbesserung der Beamtengehälter eine Novelle über Gebührenermäßigung dem Landtage zugehen werde. Die Regierung hoffe, daß dadurch die Annahme der Gehaltsaufbesserung der Kammer erleichtert werde. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig trat, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, im Laufe der Sitzung lebhaft in zweimaliger Rede füͤr die Kanalisirung des Mains bis Bamberg ein. Der Minister Freiherr von Crailsbeim befürchtete davon eine Schädigung der Schiffahrt und der Flößerei und hielt die Frage noch nicht für spruchreif. Der Prinz Ludwig erwiderte, dem be⸗ stehenden Wassermangel vermöge die moderne Technik durch Schleusen abzuhelfen, und verwies auf das, was in Nord⸗ deutschland Alles für Hebung der Wasserstraßen neben den Bahnen geschehe. Was am Rhein und der Elbe möglich sei, müsse auch am Main gelingen. Die Mainschiffahrt könne sich in ihrem jetzigen Zu⸗ stande nicht halten; daß am Eade des 19 Jahrhunderts noch Schiffe von Menschen aufwärts gezogen werden, sei ein Anachronismus. Aufwärts könne die Kette helfen. Der Prinz Ludwig regte auch die Bildung einer Genossenschaft der Mainschiffer an. Im weiteren Verlauf der Sitzung nahm die Kammer, wie „W. T. B.“ meldet, einstimmig die Forde⸗ rungen für Telegraphen⸗ und Telephonanlagen an und ge⸗

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nehmigte eine Reihe kleinerer Etats nach den von der Kammer aßten Beschlüssen.

Seine Königliche Hoheit der

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Die Kammer der Abgeordneten brachte nach der „Allg. Ztg.“ in ihrer gestrigen Abendsitzung die General⸗ diskussion über den Etat des Ministeriums des Innern mit einer Rede des Ministers Freiherrn von Feilitzsch zum Abschluß, in welcher er die in der Diskussion vorgebrachten Anregungen erledigte. Der Minister bezeichnete hierbei u. A. die Frage einer Aenderung der pfälzischen Jagdgesetzgebung für noch nicht spruchreif; an der durch die Reichsgesetzgebung geschaffenen Belastung durch die Invaliditätsversicherung lasse sich nichts ändern, doch werde das Urtheil mit Eintritt der Wirkungen des Gesetzes sich günstiger gestalten. Die bayerische Landwirthschaft befinde sich nicht in dem beklagenswerthen Zustande, wie dies nach den Darlegungen des Abg. Zott scheine. Jede Anregung sei der Regierung willkommen und werde thunlichste Berücksichtigung finden. In der solgenden Spezialdebatte wurden eine Reihe Petitionen erledigt; der Abg. Jos. Wagner wünschte eine liberalere Gestaltung der Einsichtnahme von Archivalien, welche der Minister zusicherte.

Oesterreich⸗Ungarn.

Gegenüber einer gestern früh von der „Neuen Freien Presse“ gebrachten Meldung von K onferenzen zwischen dem Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe und den Abga. Dr. von Plener und von Chlumecky, in Folge deren Graf

Taaffe beabsichtige, dem Kaiser die Ernennung eines

Mitgliedes der vereinigten deutschen Linken zum

Minister ohne Portefeuille vorzuschlagen, stellt die „Presse“ von gestern Abend fest, es hätten that⸗ sächlich zwischen dem Minister⸗Präsidenten und den genannten beiden Abgeordneten Verhandlungen statt⸗ gefunden; über ihr Ergebniß sei jedoch nichts bekannt, zumal die streng vertraulichen Konferenzen unter Ausschluß jeder anderen Persönlichkeit nur zwischen den drei Genannten sett⸗ gefunden hätten. Auch die übrigen Abendblätter besprechen den Eintritt eines Mitgliedes der vereinigten deutschen Linken als Minister ohne Portefeuille in das Kabinet Taaffe als sehr wahrscheinlich. Das „Fremdenblatt“ und die „Neue Freie Presse“ bezeichnen die Annahme, daß der Abg. von Plener hierzu berufen werden solle, als unzutreffend.

In der gestrigen Vormittags⸗Sitzung des Ausschusses des Abgeordnetenhauses zur Vorberathung der Handels⸗ verträge erklärte nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Sektions Chef von Wittek, wenn als Nachtheil hervor⸗ gehoben worden sei, daß Deutschland sich billigerer Eisenbahn⸗ tarife auf den österreichisch⸗ungarischen Eisenbahnen bei dem Export nach dem Orient werde bedienen können, so stehe dem das große Interesse Oesterreich⸗Ungarns gegenüber, sich bei der Beförderung von Zucker und Getreide der nach Norden und Westen führenden Eisenbahnen Deutschlands eben⸗ falls unter den gleichen Bedingungen bedienen zu können. Auch die Refaktien seien in die Tarife einzubeziehen; die Re⸗ gierung werde jedoch bestrebt sein, die Refaktien möglichst ein⸗ zuschränken. Im weiteren Verlauf der Berathung sprachen sich fast sämmtliche Redner zu Gunsten der Handelsverträge aus. Der Abg. Schuklje erklärte, die Slovenen stimmten der in dem letzten Dezennium befolgten äußeren Po⸗ litik zu und nähmen den Dreibund an, weil sie darin eine Garantie für den Frieden Europas erblickten. Der Hinweis, daß die Handelsverträge dieses Friedensbündniß noch kräftigen würden, bestärke die Slovenen in ihrem Entschlusse, für die Verträge zustimmen. Der Abg. Bareyther erklärte im Namen der Deutschnationalen, daß auch sie für die Ver⸗ träge stimmen würden. Der Abg. J dszejowicz hob hervor, daß der wirthschaftliche Fri ebenso wichtig wie der politische sei; jeder ertreter müsse in der Ueberzeugung, daß der thschaft⸗ liche Friede zur Stärkung des Dreibundes, dieser Basis der österreichisch⸗ungarischen Politik, beitrage, für die Verträge stimmen. In der Abendsitzung erkannten die Abgg. Schorr und Rolsberg die der Landwirthschaft in den Verträgen gewährten Vortheile an. Der Abg. Rainer sprach sich im Interesse einer friedlichen Gestaltung des Ver⸗ hältnisses zu den Vertragsstaaten für die Verträge aus. Der Abg. Tekly behauptete, Oesterreich sei wieder einmal von Deutschland übervortheilt worden. Die Abgg. Popper und Menger befürworteten das baldige Zustandekommen eines rumanischen Handelsvertrages. Bei der Berathung über den Antrag des Prinzen Liechtenstein auf Einholung der Gutachten der Handels⸗ kammern und Gewerbegenossenschaften dankte der Minister von Zaleski dem Ausschuß für die gründliche, einsichtsvolle und rasche Berathung der Verträge, sowie für die damit be⸗ wirkte Förderung der großen historischen Bedeutung des Werkes. Der Minister wiederholte sodann die Aeußerung des Handels⸗ Ministers Marquis de Bacquehem, das Ergebniß der Ver⸗ handlungen dürfe durch Bestrebungen vom Standpunkte ein⸗ zelner Interessen nicht gestört werden. Die Einholung neuer Gutachten sei zwecklos, da eine praktische Verwerthung von den der Regierung bekannten genossenschaftlichen Wünschen in den Verträgen selbst enthalten sei. Hierauf wurde der Antrag des Prinzen Liechtenstein, vorher die Handelskammern wegen der Verträge zu befragen, gegen die Stimme des Antragstellers ab⸗ gelehnt. Der Ausschuß schritt hierauf zur Abstimmung. Es wurden die Handelsverträge mit Deutschland, Belgien und der Schweiz mit 25 gegen die Stimmen der Abgeordneten Prinz Liechtenstein, Tekly, Wohanka, der Handelsvertrag mit Italien mit 22 gegen 6 Stimmen angenommen. Der Abg. Klaic meldete zu dem italienischen Vertrage ein Minoritäts⸗ votum an, das die Regierung auffordert, neue Verhandlungen einzuleiten. Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Hallwich gewählt. Dann hob der Vorsitzende Schwegel die dankens⸗ werthe Leistung des Ausschusses hervor und sprach die Hoffnung

aus, daß die Anträge des Ausschusses Seitens des Hauses

angenommen würden. Er schloß mit den Worten: „Möge das segensreich inaugurirte Werk den durch die Verträge ver⸗ bundenen Vörkern eine Quelle neu belebender, schaffensfroher e-Sege und Thätigkeit sowie ein wahres Bollwerk des Friedens werden.“

z„Bei den Landtagsersatzwahlen im Trentino wählten die Städte Trient und Roveredo wieder drei An⸗ hänger der Abstinenzpolitik zu Abgeordneten.

Im ungarischen Unterhause hat vorgestern die Spezialdebatte über den Gesetzentwurf wegen Regelung der Pensionsbezüge der Volksschullehrer begonnen. Bei §. 2 wurde nach einem Bericht der „Presse“ das Amendement des Ministers Grafen Csäky, wonach Lehrer

iimm fünfundsechzigsten Lebensjahre in jedem Falle die volle

Pension erhalten, angenommen. §. 3 wurde auf Antrag des Ministers durch die Bestimmung ergänzt, daß im Mobilisirungsfalle die im Heeresdienst oder in der Kriegshaft verbrachte Zeit eingerechnet werde. Bei §. 4 wurde ein von dem Abg. Jranyi beantragtes Amendement, welchem auch der Minister zustimmte, wonach bei Feststellung der Pension die Durchschnittsziffer der Schulgebühren von fünf Jahren eingerechnet werde, angenommen. Die Debatte wurde bei §. 9 abgebrochen. Großbritannien und Irland.

Dem „New⸗York Herald“ ist ein telegraphischer Bericht über Unruhen auf der zur westindischen Inselgruppe ge⸗ hörigen Insel St. Vincent zugegangen. Den Anlaß dazu soll der Versuch der Regierung geboten haben, die Zahl der Appellationsrichter von vier auf drei herabzusetzen. Dies habe bei der Bevölkerung große Erbitterung hervorgerufen. In der Meldung heißt es dann weiter:

Die Proteste der Bevölkerung waren nutzlos, und der Gouverneur empfing von dem britischen Kolonialamt die Weisung, den betreffenden Erlaß durchzuführen. Als der Gouverneur von Grenada eintraf, folgte ihm das Volk unter lauten Verwünschungen und wildem Ge⸗ schrei bis zum Regierungsgebäude, in welches er seine Zuflucht nahm. Der Gouverneur citirte darauf die Kriegsschaluppe „Buztard“ von Barbados herbei, welche bald darauf vor der Hauptstadt von St. Vincent, Kingstown eintraf. Kapitän Browne begab sich ans Land, wurde jedoch von dem Mob verfolgt und mit Steinen bom⸗ bardirt, wobei er mehrere nicht unerhebliche Verletzungen empfing. Die Haltung der Menge wurde so drohend, daß dreißig Matrosen landen mußten, welche die Straßen auf kurze Zeit von den Aufrührern säuberten. Die Unruhen erneuerten sich am Abend, als Kapitän Browne das Regierungsgebäude verließ, und es wäre zweifellos zu Blutvergießen gekommen, wenn nicht weitere siebzig Matrosen mit einem Nordenflycht⸗Geschütz erschienen wären und die Ordnung wieder bergestelt hätten. Der Gouverneur berief bierauf das Legislatur⸗ Conseil ein, in welchem der Antrag von der amtlichen Majorität gegen das einstimmige Votum der nichtamtlichen Mitglieder an⸗ benommen wurde.

Frankreich.

Paris, 19. Dezember. Der Deputirte Léon Say wird, wie verlautet, nächsten Montag ein Amendement zum Zoll⸗ gesetzentwurf beantragen, in welchem die Verlängerung der bestehenden Handelsverträge auf ein halbes Jahr festgesetzt wird. Die Regierung soll dadurch Zeit zu neuen Verhandlungen gewinnen. Der Deputirte Deloncle und Genossen würden einen Antrag auf Vertagung der Berathung des gesammten Zollgesetzes einbringen.

Der Bischof von Annecy hat nach der „Köln. Ztg.“ aus Anlaß der Kammerverhandlung einen Brief an den Minister⸗Präsidenten de Freycinet gerichtet, in welchem er die religiösen Rechte auseinandersetzt. Da die Bischöfe die

Gefahr, so müßten sie an das Bibelwort denken: „Urtheilt selbst, ob es recht, daß wir uns vor den Menschen mehr beugen als vor Golt“. Hoffentlich, so schließt der Bischof, werde er nicht gezwungen sein, zwischen den Geboten Gottes und den Gesetzen der Menschen zu wählen.

Rußland und Polen.

Die Petersburger Zeitung „Nowoje Wremja“ giebt in einer Besprechung des Konflikts zwischen Bulgarien und Frankreich der Meinung Ausdruck, daß das Recht auf Seiten des Letzteren sei, indem sie die prinzipielle Wichtigkeit der Respektirung der Kapitulationen detont. Wenn Frankreich nachgäbe, so würde es einen in Egypten gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Das Blatt meint, Frank⸗ reich werde sich nicht auf die Abberufung seines diplomatischen Vertreters in Sofia beschränken können, und nimmt an, der französische Botschafter in Konstantinopel Cambon werde dem Sultan nicht die Nethwendigkeit verhehlt haben, daß die französische Regierung noch weitergehende Maßnahmen ergreife.

Wie die „Köln. Ztg.“ meldet, ist der Commandeur des IV. Armee⸗Corps in Minsk, Petroschewsky zur Ver⸗ fügung des Kriegs⸗Ministers gestellt worden.

Italien.

Die Deputirtenkammer hat am Mittwoch die Be⸗ rathung des sogenannten Sperrgesetzes begonnen. Man wird sich erinnern, daß durch ein am 23. November publizirtes Königliches Dekret (vgl. Nr. 277 d. Bl) die Zölle auf Bier, Zucker und Spirituosen und gleichzeitig die Steuern für die Erzeugung dieser Artikel namhaft erhöht worden sind. Die Verme hrung der Staatseinnahmen, welche sich aus diesen am 30. v. M. in Kraft getretenen Erhöhungen ergeben soll, wird auf 17 Millionen Lire veranschlagt. Es handelt sich nun darum, das Königliche Dekret durch die Zustimmung der Kammer in ein Gesetz zu verwandeln, d. h. die Indemnität der Kammer für das Ministerium zu erhalten, welches die Verantwortung für das Dekret auf sich genommen hat. Der Beginn der Debatte trug, wie dem „Hamb. Corr.“ berichtet wird, durch das Eingreifen Crispi's einen stürmischen Charakter. Der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini hatte die von Imbriani gestellte Vorfrage bekämpft und ein Vertrauensvotum gefordert. Da erhob sich Crispi und be⸗ zeichnete dies als eine Vergewaltigung der Kammer. Rudini warf Crispi vor, sich hinter der Vorfrage zu ver⸗ schanzen, um der Diskussion zu entgehen, worauf Crispi eine persönliche Beleidigung gegen Rudini richtete. Dies rief den lebhaften Protest einer starken Maäjorität hervor, die die Ausführungen Rudini's beifällig aufnahm. Vor der Abstimmung zog Imbriani zur Ueberraschung Aller die Vorfrage zurück, weil er eine große Mehrheit für die Regierung voraussah. Die sachliche Diskussion war zunächst nur unbedeutend. Gestern setzte die Kammer die Berathung fort. Es sind nicht weniger als sechzehn verschiedene Tagesordnungen beantragt worden.

Wie die „Agenzia Stefani“ aus Massovah meldet, ist durch einen gestern dort veröffentlichten Erlaß der Kriegs⸗ zustand in der gesammten Kolonie Eritrea vom 1. Januar 1892 an aufgehoben worden.

Der Bischof von Genf Kardinal Mermillod ist am Dienstag in Rom angekommen, um dort, wie er selbst sagt, sein Ende zu erwarten. Der 87 jährige Greis leidet schwer am Magenkrebs, und die Aerzte halten seinen Zustand für hoffnungslos. 8

Prinz Albrecht von Preußen besuchte, wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, gestern den Escorial und beabsichtigt, sich heute nach La Granja zu begeben.

Schweiz.

Ueber die Sitzung der Vereinigten Bundes⸗

versammlung vom 17. Dezember, in welcher die Neuwahl b

eines Bundesrathsmitgliedes sowie eines Bundes⸗Präsidenten und Vize Präsidenten vorgenommen wurde, entnehmen wir dem Bericht des Berner „Bund“ Folgendes: Zur Verhand⸗ lung gelangte zunächst das Entlassungsgesuch des Bundes⸗ Präsidenten Welti. Nachdem Präsident Lachenal das Ent⸗ lassungsgesuch verlesen, verlangte Göttisheim, Präsident des Ständeraths, das Wort zu einer längern Ansprache, in welcher er der Verdienste Welti’'s um die Eidgenossenschaft gedachte und zum Schlusse den Antrag stellte, es sei dem Gesuche zu entsprechen und dem Bundesrath Welti für die geleisteten aus⸗ gezeichneten Dienste der Dank auszusprechen durch Ueber⸗ reichung einer entsprechenden Urkunde. Dies wurde einstimmig beschlossen. Es folgte nun die Wahl eines neuen Bundes⸗ rathsmitgliedes. Abgegeben wurden 183 Stimmen, davon 28 leer und eine ungültig; gültige Stimmen somit 154, ab⸗ solutes Mehr 78. Gewählt wurde (wie schon gemeldet) Nationalrath Zemp mit 121 Stimmen. Weitere Stimmen erhielten: Keel neun, Munzinger fünf, Künzli und Muheim je drei. Zemp erklärte, die Wahl anzunehmen in dem Gefühl der Erfüllung einer Pflicht, und er thue dies um so lieber, als nicht nur seine näher stehenden veeenn. sondern auch die übrigen Gruppen der Bundesver ammlung seine Kandidatur wohlwollend aufgenommen hätten. Zugleich möchte er konstatiren, daß die Räthe mit der eben vollzogenen Wahl eines Vertreters der konservativ⸗ katholiscen Kreise dem Wunsche hätten Ausdruck geben wollen, daß auch diese mitwirken möchten an der gesetzgeberischen Arbeit. Es sei dem Redner ferne, in der neuen Stellung in den Dienst einer Partei zu treten; er fasse seine Aufgabe vielmehr dahin auf, die Gesammtinteressen des Vaterlandes gleichartig wahrzunehmen und zu vertreten. Dabei hoffe er, daß er mit offenem Vertrauen in seiner neuen Stellung aufgenommen werde und daß die Bundesversamm⸗ lung ihm dieses Vertrauen andauernd schenken möge. Namens seines Heimathkantons dankte schließlich Herr Zemp für die ihm erwiesene Ehre, wünschte jedoch die Verschiebung seines Amts⸗ antritts bis Ende Januar zum Zwecke der Abwickelung seiner Berufsgeschäfte. Dann erfolgte die Beeidigung des neu⸗ gewählten Mitgliedes des Bundesraths. Hierauf ging die Ver⸗ sammlung über zur Wahl des Bundes⸗ Präsidenten. Gewählt wurde, wie schon mitgetheilt, Bundesralh’ Hauser mit 165 Stimmen. Die Wahl des Vize⸗Präsidenten fiel mit 129 Stimmen auf den Bundesrath Schenk. Der neue Bundes⸗Präsident Hauser war bisher Vize⸗Präsident und Chef des Finanzdepartements, der neue Vize⸗Präsident Dr. Schenk stand an der Spitze des Departements.

Der „Bund“ begleitet die Wahl Zemp's mit folgender Bemerkung:

Seit dem Bestehen des neuen Bundes, d. h. seit 1848, war kein

Ueberzeugung gewonnen hätten, der christliche Glaube sei in Ultramontaner im Bundesrath.

Die Wahl eies Ultramontanen in den Bundesrath ist eine that⸗ sächliche Neuerung, eine grundsätzliche kaum. Haben wir doch jüngst erst einen Bundesrichter gewählt, um der Minderbeit einen Vertreter zu geben, und zwar gegenüber der gegebenen Kandidatur eines vorzüg⸗ lichen Juristen. Bei der Bestellung des obersten Gerichtshofs sollten aber im Prinziv viel weniger politische Rücksichten maßgebend sein, als bei der Wahl der obersten Verwaltungsbehörde. Die Politik der Freisinnigen wird durch die heutige Bundesrathswahl in keiner Weise modifizirt. Wohl aber dürfte sie an Festigkeit und Ent⸗ schiedenheit gewinnen, nachdem der Gegner in der Lage ist, ihr in allen Stellen die Spitze zu bieten. Der ultramontanen Minderheit legt die Wahl aber Pflichten auf; sie wird mit zur Regierung berufen und ist nicht mehr reine Oppositionspartei.

Es war ganz natürlich, daß nach der Gründung des neuen Bundes, dem die Niederwerfung des Sonderbundes vorausgehen mußte, der Bundesrath aus lauter verfassungstreuen Männern zusammengesetzt

wurde. Man sah aber längst voraus, daß der ultramontanen Hertt,

nachdem sie sich mit der Neuordnung der Dinge vertragen gelernt, im Laufe der Zeit eine Vertretung einzuräumen sei. Mit dem Rücktritt Welti's war eine Bresche da, die Freisinnigen

waren nicht einig und geschlossen, sie zu decken, und so gelangten die

Gegner mühelos ins Bundesrathshaus. Nun ist aber die Kampf stellung gegeben; die Wahl des Herrn Zemp ist also eine ernste Mahnung an den schweizerischen Freisinn. ö16“

Amerika taatsdepartement in Washington bat, wie ein amm des „R. B.“ meldet, am 16. d. den Abschluß mit dem britischen West und dem britischen Guiana angekündigt. Nach diesem Vertrage verpflichten sich die genannten Kolonien, als Entgelt für die weitere freie Einfuhr von Zucker und Kaffee in die Vereinigten Staaten, bedeutend medr Produkte auf ihre Freiliste zu setzen und den Zoll auf die bedeutendsten landwirthschaftlichen und andere Erzeugnisse der Vereinigten Staaten in großem Maße zu reduziren. Der Vertrag wird wahrscheinlich noch vor dem 1. Januar bekannt gemacht werden.

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Brasilien Peixoto hat laut Meldung des „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro an den gestern dort zusammengetretenen Kongreß eine Botschaft gerichtet, in welcher es heißt: Das Land habe am 23. November seine Stärke bewiesen. Das brasilianische Volk sei eifersüchtig auf seine Freiheiten. Der Kongreß werde sich mit der Handelskrisis zu beschästigen und zur Abhülfe derselben das Bankwesen zu organisiren haben. Das Defizit des Jahres 1890 werde auf 30 000 Contos geschätzt, das Defizit des laufer d Rechnungsjahres dürfte unerheblich sein. er Aufstand im Norden von China scheint nunmehr unterdrückt zu sein. Dagegen meldet ein Telegramm der „A. C.“ aus Shanghai vom 16. Dezember: In vielen Theilen der westlichen Provinz Shan⸗Si würden jetzt Plakate angeschlagen, die zu einer allgemeinen Ermordung der christ⸗ lichen Missionare auffordern. Ein ernstlicher Ueberfall sei gegen die Missionare in Ho Nan verübt worden, doch lägen derzeit noch keine näheren Meldungen vor.

Afrika. 8

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Kairo, der Pater Ohrwalder habe, bevor er Korosko verlassen, erklärt: es befänden sich in Omdurman gegen 40 Gefangene, darunter der Kaufmann Neufeld und Slatin Bey. Neu⸗ feld sei in Ketten gelegt und Slatin Bey werde aufmerksam bewacht. Die Nahrungsmittel im Sudan seien billig, doch

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wünsche Jedermann, daß die Oberhoheit Egyptens wiederher⸗ gestellt werde. 8

Der Afrikareisende Oskar Borchert ist gestern in Kaira angekommen.