1891 / 304 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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dem ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität Marburg Dr. Ferdinand Justi den Cha⸗ rakter als Geheimer Regierungs⸗Rath,

dem Militär⸗Intendantur⸗ Rath Zimmermann vom VIII. Armee⸗ Corps bei dem Ausscheiden aus dem Dienst den Charakter als Geheimer Kriegsrath, . 2

dem Gestüt⸗Direktor Wilhelm Rauschning zu Kosel, sowie dem Gestüt⸗Direktor Major a. D. Arno Dreßler zu Leubus den Rang der Räthe vierter Klasse, und .

dem Universitätskassen⸗Controleur der Universität Greifs⸗ wald Fuchs den Charakter als Rechnungs⸗Rath zu verleihen.

Ministerium des Innern.

em Landrath von Lucke ist das Landrathsamt im Kreise Hoyerswerda übertragen worden.

Justiz⸗Ministerium.

Dem Ober -Landesgerichts⸗Rath, Gebeimen Justiz⸗Rath

Kosche in Breslau ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit

ension ertheilt.

5 2e. sind: der Amtsrichter Dücker in Lübbecke an das Amtsgericht in Bielefeld, der Amtsrichter Wollschlaeger in Johannisburg an das Amtsgericht in Konitz, der Amtsrichter Jaeger in Triebel an das Amtsgericht in Zielenzig, der Amtsrichter Ledebur in Bassum an das Amtsgericht in Hildesheim und der Amtsrichter Otto S chulze in Soraui. Schl. an das Amtsgericht in Spandau.

Dem Amtsgerichts⸗Rath Dultz in Brieg ist die nach⸗ gesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Der Staatsanwalt Wachtel in Waldenburg ist an das Landgericht in Posen versetzt.

Feüch. a osenas 2e- Notar Marfording in Stendal ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt als Notar ertheilt. 8 b In der Liste der Rechtsanwälte ist gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Dr. Methner bei dem Amtsgericht in Schönau.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Busch aus Stettin bei dem Amtsgericht in Heiligenstadt und der Gerichts Assessor Dr. Schwindt bei dem Landgericht I in Berlin. ““ .

Der Landgerichts⸗Rath Dietz in Stettin, der Landgerichts⸗ Rath Siemering in Königsberg i. Pr., der Amtsgerichts⸗ Rath von Issendorff in Stade, der Amtsrichter Dier⸗ gardt in Köln, der bei dem Ober⸗Landesgericht in Naum⸗ burg a. S. zugelassene Rechtsanwalt, Justiz⸗Rath Emil Campe in Bernburg und der Rechtsanwalt und Notar Oppermann in Bergen bei Celle sind gestorben.

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Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Dem Rechnungsführer 8 Sekretär Kloth bei dem

ã en Landgestüt zu Kreuz, sowie sacßlce Rechnungsführer und Sekretär Schulz bei dem westpreußischen Landgestüt zu Marienwerder ist der Amts⸗ charakter Gestüts⸗Rendant verliehen worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Der bisherige Kreis⸗Wundarzt des Kreises Wetzlar Dr. Eick⸗ hoff in Braunfels ist zum Oberamts⸗Physikus des Bezirks echingen ernannt worden. da Den Pächtern der der Universität Greifswald gehörigen Güter Groß⸗ und Klein⸗Kiesbof und Kessin Carl Branden⸗ burg zu Kieshof und Hermann Donath zu Kessin ist der Charakter als Königlicher Ober⸗Amtmann beigelegt worden.

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Bekanntmachung.

In Folge der in den Einkaufspreisen mehrerer Drogen und Chemikalien eingetretenen Veränderungen und der hier⸗ durch nothwendig gewordenen Aenderung in den Taxpreisen der betreffenden Arzneimittel habe ich eine Prüfung der Arznei⸗ taxe angeordnet und hiernach eine neue Auflage derselben an⸗ fertigen lassen. b

Für mehrere in neuester Zeit in Gebrauch gekommene, nicht in das Arzneibuch aufgenommene Arzneimittel sind Preise festgestellt und im Anhange für einige in dem Arzneibuche nicht aufgeführte, gebräuchlichere galenische Mittel Vorschriften hinzugefügt.

Auch sind für die durch den Beschluß des Bundesraths vom 2. Juli 1891 zur Verwendung für äußerliche Arzneien vorgeschriebenen sechseckigen Gläser Preise ausgeworfen, sowie

ndlich einige Aenderungen im Texte der allgemeinen Bestim⸗ mungen und der Arbeitspreise zur Beseitigung von irrthüm⸗ lichen Auffassungen und Auslegungen der Bestimmungen erforderlich geworden.

Die so abgeänderte Arzneitaxe tritt mit dem 1. Januar

892 in Kraft.

Berlin, den 14. Dezember 1891.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Königliche Ober⸗Rechnungskammer.

Die bisherigen Geheimen revidirenden Kalkulatoren Franz und Dutzmann sind zu Geheimen Rechnungs⸗Revi⸗ soren bei der Königlichen Ober⸗Rechnungskammer ernannt worden.

Bekanntmachun

Für die Provinz Sachsen wird die nächste Turnlehrer⸗ Prüfung zu Halle a. S. vom 16. März 1892 ab und die nächste Turnlehrerinnen⸗Prüfung zu Magdeburg vom

7. April 1892 ab stattfinden. 8 Das Nähere über diese Prüfungen enthalten unsere Be⸗ kanntmachungen in den Amtsblättern der Königlichen Regie⸗ rungen zu Magdeburg, Merseburg und Erfurt.

Magdeburg, den 18. Dezember 1891. ,

Königliches Provinzial⸗Schul⸗Kollegiu von Pommer Esche.

Bekanntmachung,

die von Mandt⸗Ackermann'sche Stipendien⸗Stiftung betreffend.

Der Geheime Ober⸗Medizinal⸗Rath und Kaiserlich russische Leib⸗ arzt Dr. Martin von Mandt und dessen Ebegattin Jobanna Char⸗ lotte Ludovika, geb. Ackermann, haben in ihrem am 20. Oktober 1857. errichteten wechselseitigen Testament der Königlichen Rbheinischen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Bonn zur Förderung wissenschaft⸗ licher und technischer Studien unter der männlichen Nachkomm chaft ihrer Seitenverwandten unter dem Namen: ““

„von Mandt⸗Ackermann'sche Stipendien⸗Stiftung“

ein Kapital von 48000 vermacht, mit der Bestimmung, dafß Zinsen desselben, nach Abzug der Verwaltungskosten, zur Unterstützung junger Männer christlicher Religion, welche sich der Arznei⸗, der Rechts⸗ und den in der philosophischen Fakultät vertretenen Wissenschaften auf Universitäten oder der höheren fechnischen Ausbildung auf Gewerbeschulen und ähnlichen Anstalten widmen, als Stipendien ver⸗ wendet werden sollen. 88 .“ Diese Stiftung ist mit dem Sommer⸗Semester 1890 in Wirk⸗ samkeit getreten. 8 Die Zahl der Stipendien ist auf drei festgesetzt. Zum Genusse der Stipendien sind vorzugsweise berufen: T. die ehelichen männlichen Nachkommen der Geschwister der Stifter, und zwar: E“ von Mandt vollbürtigen Bruders Kar eodor Mandt, 8 in zweiter -e von Mandt vollbürtigen Schwester Therese, verehelichten Grano, nög S Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Albert Ackermann, in vierter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Gebhard Ackermann; 88 8 demnächst in Ermangelung von Bewerbern dieser Kategorie II. die männlichen Nachkommen: 8 1 zuerst des Eheees von Mandt beiden Halbbrüder Friedrich Mandt und Franz Mandt, 1b b 1 des Freundes der Stifter, des Appellationsgerichts⸗ Raths Wilhelm Graffunder, 1 drittens des Freundes der Stister, des Regierungs⸗ und Bau⸗ raths Emil Flaminius; 8 und 8. wenn von diesen beiden Klassen von Stipendienberech⸗ tigten keine Bewerber vorhanden sind, können die Stipendien auch an Fremde, insofern dieselben die Eigenschaft preußischer Unterthanen haben, verliehen werden 88 1“ 1 Der Genuß und die Verabfolgung der Stipendien ist nicht von dem Besuche der Bonner Universität, noch überhaupt von der Gegen⸗ wart auf einer der preußischen Universitäten und Lehranstalten ab⸗ hängig; jedoch befreit der Genuß im Auslande in keinem Falle von der Beibringung der zur Verleihung erforderlichen Zeugnisse der wirklich besuchten Unterrichtsanstalten. Bewerbungen, welchen amtliche Zeugnisse über das Verwandt⸗ schaftsverhältniß mit den Stiftern, beziehungsweise den mit Vorzugs⸗ recht bedachten Familien, die Schul⸗ und Sittenzeugnisse der bisber besuchten Unterrichtsanstalten, das Universitäts⸗Immatrikulations⸗ und Sittenzeugniß, sowie ein Dekanatszeugniß; von den Gewerbetreibenden: empfehlende Zeugnisse der Gewerbebehörden und die Unterrichtszeugnisse der Vorschulanstalten und Lehrmeister beigefügt sein müssen, sind

bis zum 5. Jannar 189099 hierher einzusenden.

Bonn, den 22. Dezember 1891. 8 bR““ Das Kuratorium der von Mandt⸗Ackermann'schen Stipendien⸗Stiftung bei der Rheinischen Friedrich⸗ Wilhelms⸗Universität.

Bekanntmachung.

Der konzessionirte Markscheider Carl Zimmermann bat die Markscheiderprüfung bestanden und sich auf Zeche Piesberg bei Osna⸗ brück niedergelassen.

DOortmund, den 21. Dezember 1891. Königliches Ober⸗Bergamt.

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Aichtamtliches. Deutsches Reich

Preußen. Berlin, 28. Dezember.

1 11“ Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag von 9 Uhr ab den erbetenen Immediat⸗ Vortrag des Reichskanzlers Grafen von Caprivi entgegen, arbeiteten von 10 Uhr ab mit dem Chef des Civilkabinets,

Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus und hörten von 11 ¼ Uhr ab die Vorträge des Staatssekretärs des Reichs⸗ Marineamts, Vize⸗Admirals Hollmann sowie des stellvertretenden Chefs des Marinekabinets, Kapitän⸗Lieutenants von Usedom. Um 1 Uhr Meittlhas empfingen Seine Majestät den Polizei⸗ Präsidenten von Koseritz. X“

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Diejenigen Personen, welche durch Abgabe von Karten Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin ihre Glückwünsche zum Neujahrstage darzubringen beabsichtigen, werden gebeten, die Karten im Laufe des 31. Dezember bei Ihrer Excellenz der Ober⸗Hofmeisterin Ihrer Majestät, Frau Gräfin von Brockdorff in der Terrassen⸗Wohnung am Portal IV. des Königlichen Schlosses abzugeben.

g83svoischen den betheiligten Ministerien schweben zur Zeit

Verhandlungen darüber, ob das im Einkommensteuergesetz ausgesprochene Gebot der Geheimhaltung der Ver⸗ anlagungsergebnisse im Wege der Gesetzgebung weiter ausgedehnt werden soll, um zu verhüten, daß die Veran⸗ lagungsergebnisse gelegentlich der Auslegung von Wahllisten und von Steuerlisten der Gemeinden und sonstiger Verbände bekannt werden. Da sich ergeben hat, daß ohne eingehende Erhebungen Seitens der Provinzialbehörden die Frage nicht gelöst werden kann, so sind solche bereits ver⸗ anlaßt worden.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche E Rath Graf von Alvensleben hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Weihnachtsurlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗Rath Prinz von Thurn und Taxis als Geschäftsträger.

Der Kaiserliche Minister⸗Resident in Luxemburg Graf

Kaiserlichen Gesandtschaft in Brüssel Prinz von Schönburg⸗ Waldenburg als interimistischer Luxemburg entsandt.

Der Commandeur der 10. Division, General⸗Lieutenant von Kleist ist mit Urlaub hier eingetroffen.

sandtschaft Katsunoske Inouye, der in Abwesenheit des Gesandten zur Zeit als Geschäftsträger fungirte, ist von hier abberufen. Mit Wahrnehmung der laufenden Geschäfte ist bis auf Weiteres der neu ernannte Legations⸗Sekretär Graf Anenokosi beauftraett.. 8 1.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗

und Staats⸗Anzeigers“ wird das im Kaiserlichen Statistischen

Amt zusammengestellte endgültige Ergebniß der Volks⸗ zählung vom 1. Dezember 1890 für das Deutsche Reich veröffentlicht. 16“ 8

1 Bayern. München, 26. Dezember. Der Herzog von Genua

ist laut telegraphischer Meldung heute Nachmittag hier ein⸗

getroffen und am Bahnhofe vom Prinzen Alfons, der Prinzessin Elvira und deren Bräutigam, dem Grafen Wrbna, sowie den Mitgliedern der italienischen Gesandt⸗ schaft empfangen worden. 8 1 3

Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, wird das Kriegs Ministerium auch noch den Haupt⸗Etat der Militär verwaltung für 1892 /93 dem gegenwärtigen Landtage in Vorlage bringen. Ueber den Zeitpunkt läßt sich aber gegen⸗ wärtig noch nichts sagen, weil zuerst der Reichs⸗Militär⸗Eta⸗ im Reichstage erledigt sein muß, um danach den Etat der Militärverwaltung ziffernmäßig fertig stellen zu önnen.

Sachsen.

Dresden, 27. Dezember. Das Befinden Ihrer Majestä der Königin läßt, wie das „Dr. J.“ vom 24. d. M. schreibt insofern noch immer zu wünschen übrig, als in den Abend stunden leichte Fiebererscheinungen auftreten, welche es rath⸗ sam erscheinen lassen, daß Allerhöchstdieselbe nur stundenweis das Bett verläßt. Ihre Majestät fühlt Sich noch ziemlich schwach, und der Appetit ist mangelhaft. uG8““

Der Trauerfeier für den verstorbenen Staats⸗Minister Dr. von Gerber, die heute im Trauerhause abgehalten wurde, wohnten nach einer Meldung des „W. T. B.“ Seine Majestät der König und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Friedrich August, Johann Georg und Max bei. Der König geleitete die Wittwe des Verstorbenen an den Sarg. In der Trauerversammluvg befanden sich Vertreter der Ober⸗Hof⸗ und Hofämter, die Kammer⸗ herren, Vertreter der geistlichen Behörden, die Minister, das diplomatische Corps, der Ober⸗Bürgermeister Dr. Stübel und Vertreter der Ständekammern. Die Trauerrede hielt der Hofprediger Dr. Loeber. Ferner sprachen der Geheime Rath Dr. Petzoldt, der Konsistorial⸗Präsident von Berlepsch, der Rektor der Leipziger Universität Professor Lipsius, der Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. von Seidlitz und der Rektor des Polytechnikums Hempel. 1 kondukt zur Beisetzung nach dem Neustädter Friedhof.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. 1. Weimar, 24. Dezember. Der Landtag des Groß⸗ herzogthums, der im Laufe dieses Herbstes neu gewählt worden ist, wird, wie die „Th. C.“ hört, in der zweiten Hälfte des Februar zu einer Sitzung einberufen werden, in der ihm der Etat für die nächste Finanzperiode vorgelegt werden wird.

Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 24. Dezember. Das Befinden des an der

Influenza erkrankten Kaiserlichen Statthalters Fürsten

Hohenlohe hat sich nach der „Straßb. Post“ in den letzten

Tagen fortdauernd gebessert, und es ist alle Hoffnung vor⸗

handen, daß der Fürst sich in absehbarer Zeit wieder seiner ganzen frischen Rüstigkeit erfreuen werde.

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Oesterreich⸗Ungarn.

Seine Majestät der Kaiser und König hat sich gestern zur Jagd, an der auch Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Großherzog von Toscana und Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold von Bayern theilnehmen, nach Mürzsteg begeben. Die Rückkehr von dort erfolgt am 30. d. M. Am 3. Januar wird Seine Majestät, wie die „Wien. Ztg. mittheilt, zu längerem Aufenthalt in Budapest eintreffen.

Die Handschreiben des Kaisers, durch die am 23. d. M. die Ernennung des Grafen Kuenburg zum Minister erfolgte, haben nach der „Wien. Ztg.“ folgenden Wortlaut:

Lieber Graf Taaffel] Ueber Ihren Antrag ernenne Ich den Landesgerichts⸗Rath Dr. Gandolf Grafen Kuenburg zu Meinem Minister. .

Wien, 23. Dezember 1891. 1

Franz Joseph m. p. Taaffe m. p.

Lieber Graf Kuenbura! Ich ernenne Sie zu Meinem Minister.

Wien, 23. Dezember 1891.

Franz Joseph m,. p.

Wie der „Presse“ aus Linz gemeldet wird, empfing Graf Kuenburg dort am 24. d. M. eine Deputation der Stadt, die ihm zu der Ernennung zum Minister ihre Glück⸗ wünsche darbrachte. In seiner Antwort bemerkte der Minister, daß er immer strenge zur Partei halten und für die Prin⸗ zipien, die er bisher vertreten, auch als Minister mannhaft eintreten werde. 1

Die Rede, die der Jungczeche Gregr im Abgeordneten⸗ hause bei der Etatberathung gehalten (vergl. Nr. 297 des „R.⸗ u. St.⸗A.“), giebt dem aliczechischen Blatt „Chrudimske 23 Veranlassung zu folgender Absage an die Jung⸗ czechen:

1 „Jetzt nach der Rede Grepr's erkennen wir nun selbst, daß mit solchen Elementen beim besten Willen eine Versöhnung nicht möglich ist, denn morgen könnte man uns mit Recht vorwerfen: Du bist so wie Der, mit dem Du umgehst. Es wäre wahrhaftig eine Sünde und ein Vaterlandsverrath, diesen Elementen im böbmischen Landtag

von Wallwitz hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Zu seiner Vertretung ist der Attaché bei der

den unbeschränkten Willen zu lassen. Die altczechische Partei kann den Vorwurf nicht auf ihr Gewissen nehmen, daß sie durch unzeit⸗

schäftsträger nach

Der Legations⸗Sekretär bei der hiesigen japanischen Ge⸗

Hierauf begab sich der Leichen⸗

Taaffe m. o.

gemaße Nachgiebigkeit selber das Ende der Nation beschleuniat habe,

worauf hin, wie es scheint, die Partei Gregr unter Zustimmung ihrer Anhängerschaft mit vollem Dampf arbeitet. Es sei also die Losung: Kein Friede mit den Jungczechen!“ Nach einer der „Presse“ zugegangenen Mittheilung aus Innsbruck hat die deutschliberale Partei durch die jetzt endeten Nachwahlen zum Landtag einen Zuwachs von nf Sitzen erhalten und verfügt somit jetzt über 17 Stimmen im Landtag. Die deutschkonservative Partei zählt mit Ein⸗ schluß des Fürstbischofs Valussi und des Erzpriesters Chini 32 Stimmen, und falls die sieben jetzt gewählten und nicht ur Abstinenzpartei gehörigen Abgeordneten Wälschtirols im Landtag erscheinen, 39 Stimmen. Im letzten Landtag war das Stimmenverhältniß solgendes: Deutschkonservative 32, Deutschliberale 12, italienische Abgeordnete 24. .

Großbritannien und Irland.

Wie das „Court Journal“ meldet, erlitt der Prinz Christian zu Schleswig⸗Holstein, Schwiegersohn der Königin, gestern, als er sich mit dem Herzog von Connaught und dem Prinzen Heinrich von Battenberg in der Nähe von Osborne (Insel Wight) auf der Jagd befand, an dem einen Auge eine Verwundung. Nach dem Bericht des Königlichen G“ ist die Wunde bereits in befriedigender Heilung

egriffen.

In Waterford in Irland hat am 24. d. die Ersatz⸗ wahl zum Unterhause für den verstorbenen parnellitischen Abgeordneten Tower stattgefunden; bei der Wahl siegte der Kandidat der Parnelliten John Redmond über den Anti⸗ parnelliten Michael Davitt; Redmond erhielt 1725, Davitt 1229 Stimmen. Wider Erwarten verlief die Wahlhandlung ohne Ruhestörungen.

Die Krisis in Quebec ist in eine neue Phase ein⸗

Wie von dort berichtet wird, ist die Legislatur aufgelöst und auf den nächsten März eine allgemeine Wahl ausgeschrieben worden, in welcher der Streit zwischen dem Gouverneur⸗Lieutenant und dem früheren Premier⸗Minister zum Austrag gelangen wird. Daß Mr. Angers als Mann von

Ehre und Gewissen handelte, schreibt die „St. James' Gazette“, indem er Mr. Mercier entließ, werde Niemand in Ab⸗ rede stellen wollen, und es wäre zu wünschen, daß die Wähler um der politischen Moral des Landes willen seine Handlungsweise unterstützten. Sollten jedoch Mr. Mercier und die liberale Partei die Mehrheit erhalten, so würde der Gouverneur⸗ Lieutenant seine Entlassung einzureichen haben und sein Posten mit einem Politiker besetzt werden, welcher der großen „Boodle“⸗ (Bestechungs⸗) Frage mehr oder minder nachsichtig gegenüber⸗ stehe. Der ganze Zwischenfall sei eine schlagende Illustration der 1X4X in den Kolonien.

In dem durch die Erhebung Lord Hartington's in das Oberhaus erledigten Wahlkreise Rossendale wird Sir Thomas Brooks als Kandidat der Unionisten auftreten, während die Gladstonianer John Henry Maden zu ihrem Kandidaten erwählt haben. Da beide sehr populär sind, so erwartet man einen erbitterten Kampf. Uebrigens wird die Wahl nicht vor Ende Januar stattfinden.

Aus der Capstadt vom 22. Dezember ging im „R. B.“ ein Telegramm ein, dem zufolge der Premier⸗Minister Cecil Rhodes vom Pferde gestürzt ist und sich das Schlüsselbein hat; die Verletzung ist jedoch nicht gefährlich.

1.“

Frankreich.

In der vorgestrigen Sitzung des Senats gelangte der von der Deputirtenkammer angenommene Handels vertrags⸗ entwurf zur Berathung. Dabei entspann sich ein lebhafter Meinungsaustaus wischen dem Senator Griffe und dem Minister des eußeren Ribot über die Befugniß der Regierung, in ihren Unterhandlungen niedrigere Sätze als diejenigen des Minimaltarifs zu gewähren. Der Senator Griffe bestritt der Regierung dieses Recht,

der Minister des Auswärtigen hielt daran fest, indem er auf

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die Nothwendigkeit hinwies, befreundete Nationen gut zu be⸗ handeln, damit sie sich von Frankreich nicht abwendeten. Die Regierung, sagte der Minister, werde auf große Schwierig⸗ keiten stoßen, und da sei es billig, daß ihre Handlungsfreiheit durch die Kammern nicht geschmälert werde. Hierauf wurde die Vorlage artikelweise und als Ganzes genehmigt. m weiteren vene der Sitzung wurde, wie „W. T. B“ be⸗ richtet, der Gesetzentwurf über die Verproviantirung der befestigten Plätze für die bürgerliche Bevölkerung im Falle eines Krieges angenommen. Der Kriegs⸗Minister de Freyeinet besürwortete die Annahme, indem er darauf hinwies, daß die Maßregel nothwendig werden könne. Auf den Wunsch der Regierung beschloß der Senat sodann, am Dienstag mit der Budgetberathung zu beginnen. Man glaubt indeß, daß das Budget nicht vor dem 31. d. M. votirt werden dürste. Die Regierung würde alsdann verlangen, daß das Parlament bis zur endgiltigen Beschlußfassung des Budgets und des Zolltariss seine Sitzungen fortsetze.

Die ursprünglich auf Sonnabend angesetzte Berathung der Deputirtenkammer über die Interpellation Mille⸗ voye wegen des französisch⸗bulgarischen Konflikts wurde auf heute verschoben. 88

Rußzland und Polen. 8

Der Kaiser empfing am 23. d. den neu ernannten mexikanischen Gesandten General Pedro Rincon Gatlardo, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte, sowie den nach Wien versetzten rumänischen Gesandten Ghika in Abschiedsaudienz. 1

Der russische Botschafter bei der hohen Pforte Nelidow hat St. Petersburg wieder verlassen, um auf seinen Posten nach Konstantinopel zurückzukehren.

Der Kaiser besuchte mit dem Großfürsten⸗Thron⸗

folger am Donnerstag die französische Gemälde⸗Ausstellung

in St. Petersburg.

Der bisherige Gouverneur von Saratow General⸗Lieute⸗ nant Kos üt ist zum kommandirenden General des IV. Armee⸗Corps in Minsk ernannt worden.

Den „Nowosti“ zufolge werde der bei Rußland und bei dem Deutschen Reiche beglaubigte chines 11 che Gesandte Hsü⸗Ching⸗Chong den Winter über in St. Petersburgbleiben, um einige Fragen wegen der russisch⸗chinesischen Handels⸗

eziehungen zur Erledigung zu bringen.

Italien.

In der Laterankirche zu Rom fand, wie „W. T. B.“ meldet, gestern die Enthüllung des von Papst Leo XIII. für den Papst Innocenz III. errichteten Denkmals statt. Der Feier wohnten der Kardinal⸗Staatssekretär Rampolla

als Vertreter des Papstes, zahlreiche Kardinäle, viele Depu⸗ tationen und eine große Volksmenge bei.

Im Congostaat soll, laut Meldung der „Köln. Ztg.“ aus Antwerpen, auf Wunsch der Behörde und auf Anordnung des Papstes in Kurzem ein neues General⸗Vikariat unter Leitung belgischer Jesuiten errichtet werden.

Einem Wolss'schen Telegramm aus Madrid zufolge ist Prinz Albrecht von Preußen gestern von dort in der Richtung nach Paris abgereist.

Schweiz.

Als Delegirte für die am 4. Januar in Zürich wie⸗ der beginnenden Handelsvertrags⸗Unterhandlungen mit Italien sind der Vorsteher des Departements der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten, Bundesrath Droz, sowie die Nationalräthe Hammer (Solothurn), Cramer und Frey (Zürich), bestimmt.

Der Bundesrath hat für sämmtliche Artillerie⸗Geschütze die Einführung des rauchschwachen Pulvers beschlossen.

Niederlande.

Auch die Erste Kammer hat in ihrer Sitzung vom 24. d. M. den von der Zweiten Kammer angenommenen Gesetzentwurf wegen Aufnahme einer Staatsanleihe im Betrage von 45 Millionen Gulden genehmitt.

Belgien.

Die Sektionen der Deputirtenkammer beriethen am Donnerstag den Handelsvertrag mit dem Deutschen Reich. Von den Sektionen, welche mit der Prüfung der Vorlage beauftragt waren, empfahlen drei die An⸗ nahme des Vertrages, drei die Ablehnung oder Umänderung. Im Ganzen wurden 22 Stimmen für und 21 gegen den Vertrag abgegeben; nicht weniger als 13 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. Die belgische Regierung ist, nach einem Bericht der „Köln. Ztg.“, davon überzeugt, daß es ihr gelingen werde, die Mehrzahl der Schwankenden zu gewinnen; sie würde ohne Zweifel die Kabinetsfrage stellen, wenn die Annahme des Ver⸗ trages ernstlich bedroht wäre. Trotz aller Bemühungen der Schutzzöllner erscheine die Annahme denn auch noch immer sicher. Darum lohne es sich kaum, auf den Verlauf einer, in Brüssel kürzlich abgehaltenen Versammlung von Kaufleuten und Gewerbetreibenden einzugehen, die sich gegen den Vertrag ausgesprochen habe Die „Union syndicale“, welche laut Meldung des „W. T. B.“ aus Brüssel der Minister⸗Präsident und Finanz⸗Minister Beernaert am Sonnabend empfangen hat, wünscht, daß auf Baumwollgewebe spezifische Zölle an Stelle der Zölle ad valorem treten möchten, und daß die Zölle auf Baumwollgewebe, soweit es sich um rohe Waare handelt,

änzlich aufgehoben oder doch sehr stark herabgesetzt, dagegen ür Baumwollgewebe je nach dem Grade ihrer Vervoll⸗ kommnung oder Vollendung zum Vertriebe durch den Handel erhöht werden.

Die Deputirtenkammer hat sich am 24. d., nachdem sie mit 61 Stimmen gegen 21 dem Gesetz über die Ver⸗ minderung der Wartegehalte der ausgewiesenen lehrer zugestimmt, bis zum 19. Januar vertagt.

Türkei. 8

Erzherzog Leopold Ferdinand von Oesterreich wohnte, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, am Freitag dem Selamlik bei und wurde hierauf von dem Sultan empfangen, der ihm den Großkordon des Osmanié⸗Ordens überreichte. Der Sultan erwiderte alsbald den Besuch des

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A1AXX“ „Belgrad, 27. Dezember. Der Sekretär der hiesigen britischen Gesandtschaft E. B. Lyon ist laut Meldung des „W. T. B.“ in Folge von Verletzungen, die er bei einem Sturz vom Pferde erlitten, gestorben. b 1

Bulgarien.

„Spofia, 27. Dezember. Die Sobranje beschloß in ihrer gestrigen Stzung, wie der Wiener „Presse“ gemeldet wird, einen Betrag von 200 000 Fr. für die Errichtung eines Denkmals in Sliwniza zur Erinnerung an den serbisch⸗bulga⸗ rischen Krieg zu widmen, und bewilligte ferner 3000 Fr. für Denkmäler zu Ehren der verstor⸗ benen Minister Mutkurow und Beltschew. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde durch die Annahme des Kriegsbudgets das gesammte Budget erledigt. Heute erfolgte nach einer Meldung des „W. T. B.“ der seierliche Schluß der Session mit einer Thronrede, in welcher die Be⸗ mühungen der Sobranje für den Fortschritt des Landes und die Hebung der Landwirthschaft und Industrie hervor⸗ gehoben werden. Der Prinz Ferdinand wurde bei seinem Erscheinen in der Sobranje und beim Verlassen lebhaft begrüßt. Die „ZBulgarie“ veröffentlicht das Ergebniß der gericht⸗ lichen Untersuchung wegen der den hiesigen Vertretern der Mächte von Frau Karawelow übergebenen zwei Memoranden, in denen die Intervention des Auslandes für die in der Beltschew⸗Affaire Verhafteten nachgesucht wird. Mehrere der vernommenen Damen erklärten, daß sie das erste Memorandum auf das Drängen der Frau Karawelow hin unterzeichnet, von dem zweiten, die bulgarische Regierung ver⸗ leumdenden Memorandum aber nichts gewußt hätten. Das Blatt fügt hinzu, es werde auf Grund des Strafgesetzes gegen Frau Karawelow vorgegangen werden.

Montenegro.

„Cetinje, 26. Dezember. Die Fürstin Milena hat sich, wie Wiener Blättern gemeldet wird, von dem französischen Minister⸗Residenten Grafen Amelot begleitet, auf dem „Jaroslaw“ nach Nizza eingeschifft.

Amerika.

Nach in Paris eingetroffenen Meldungen aus Rio de Janeiro sind in Desterro, der Hauptstadt des brasilia⸗ nischen Staats Sta. Catharina sowie an verschiedenen anderen Orten Unruhen ausgebrochen; der Zweck der auf⸗ ständischen Bewegung scheine auch dort die Absetzung des Gouverneurs zu sein.

Asien.

Aus Pahang in Hinterindien wird der „Times“ über Singapore vom 23. Dezember von einem Malayen⸗ aufstande berichtet. Die Aufständischen hätten auf einen britischen Beamten gefeuert. Von Selangor sei eine Ab⸗ theilung berittener Polizei nach dem Sitz der Unruhen abge⸗

S

gangen. Als Ursache des Aufstands gelte der Haß der Ein⸗ wohner von Pahang gegen den Malayensultan.

Parlamentarische Nachrichten

Der Vertreter des 7. Posenschen Wahlbezirks (Schrimm, Schroda, Wreschen) im Hause der Abgeord⸗ neten Dr. von Stablewski hat sein Mandat niedergelegt.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Der §. 57, des Krankenversicherungsgesetzes hält im ersten Absatze die auf gesetzlicher Vorschrift beansenbe Verpflichtung der Armenverbände zur Unterstützung hülfsbedürftiger Personen aufrecht und bestimmt im zweiten Absatze, daß, soweit von einem Armenverbande auf Grund der ihm öbliegenden gesetzlichen Ver⸗ pflichtung Unterstützungen für einen Zeitraum geleistet sind, für welchen dem Unterstützten auf Grund des Krankenversiche⸗ rungsgesetzes ein Unterstützungsanspruch zusteht, der Letztere im⸗Betrage der geleisteten Unterstützung auf den Armenverband über⸗ geht, von welchem die Unterstützung geleistet ist. Hierdurch ist nicht das Verhältniß zwischen der Krankenversicherung und einem bestimmten Armenverbande, sondern das Verhältniß zwischen der Kranken⸗ versicherung und der Armenpflege als solcher geordnet. Es muß daher, wie die Entsch des O.⸗V.⸗G. vom 15. Oktober 1891 III. 902 annimmt, unter dem „Armenverbande“, von welchem die Unter⸗ stützung geleistet ist, sowohl derjenige, welcher die Unterstützung gemäß §. 28 des Ges. vom 6. Juni 1870 thatsächlich geleistet hat, als derjenige verstanden werden, welcher dem bloß zur vorläufigen Unterstützung verpflichteten Armenverbande (§. 30 a. a. O.) Ersatz geleistet hat. Fordert und erhält der Armenverband, welcher vorläufig unterstützt hat, den seiner Auslagen nicht von dem Träger der Kranken⸗ versicherung, sondern von dem zersatzpflichtigen Armenverbande, so geht der Anspruch gegen die Krankenversicherung nach Maß⸗ gabe des Ersatzes von dem zur vorläufigen Unter⸗ stützung verpflichteten Armenverband auf den ersatzleistenden Armen⸗ verband über. Sind durch die Ersatzleistung die Aufwendungen des vorläufig verpflichteten Armenverbandes vollständig gedeckt, so besteht daher ein Anspruch gegen die Krankenversicherung nicht mehr für den vorläufig verpflichteten Armenverband, sondern allein noch für den ersatzleistenden Armenverband.

8 Deutsches Theater.

Die beiden Novitäten des ersten Weihnachtsfeiertags, das von Gustav Kadelburg nach dem Englischen des Henry Arthur Jones bearbeitete Schauspiel „Der Hungerthurm“ und der kleine, von Gustav Kadelburg verfaßte Schwank „In Civil“, hatten sich eines hübschen Erfolgs zu erfreuen, der vorzugsweise den heiteren Scenen und der trefflichen Darstellung zu danken ist.

H. A. Jones, der in seiner Heimath ebensosehr als Theaterdichter wie als Bühnenleiter geschätzt wird, hat gerade durch sein Schau⸗ spiel „Der Hungerthurm“ bei seinen Landsleuten die meiste Aner⸗ kennung gefunden; der ernste seelische Konflikt, in den ein junger, schwärmerischer Geistlicher geräth, der zuerst an die übernatürliche Heilkraft eines schönen Wundermädchens glaubt, dann durch die Geliebte in Lüge und Betrug verstrickt wird und endlich durch ein öffentliches Bekenntniß seiner und ihrer Schuld sich wieder aus dem Verderben emporringt, das ihn und sie in die Tiefe zu ziehen drohte, diese ernste Seite des Schauspiels erregte in England ebenso lebhaftes Interesse wie die heiteren Scenen des Stückes. Bei uns erwies sich die Wirkung der beiden verschiedenen Momente des Schauspiels, der ernsten und der heiteren, nicht als gleichwerthig. Der Verfasser erregt fröhliche Theilnahme, herzliche Heiterkeit, wenn er die Schale seines Spottes über die wunderthätigen Wirkungen der unsichtbaren Geister ausgießt, wenn er in dem Liebeswerben eines modernen Verstandesvpärchens, das weder Glauben noch Ideale kennt, eine köstliche Persiflage auf die nüchterne, gemüthlose Pedanterie und Alltäglichkeit darbietet; es sprudelte hier echter und rechter Humor, derb und packend. Dieser kraftvollen Zeichnung der komischen Charaktere und Scenen gegenüber erscheinen die sogenannten Idealgestalten des Schauspiels schwächlich und verschwommen. Fast unbegreiflich bleibt der Gedankengang des jungen Geistlichen, dem eine Last von der Seele fällt, als er den Wunderbetrug entdeckt, weil nun die Geliebte, die er trotz Lug und Trug zum Weibe begehrt, nicht mehr wie eine Heilige vor ihm steht, sondern ihm, dem unvollkommenen Menschen, als Sünderin näher steht; begreiflicher ist schon die Lüge, die er um der schönen Sünderin willen ausspricht, die angstvolle Reue und das Entfliehen aus dem Netz der Lüge und das Emporziehen der Geliebten zu seiner sittlichen Höhe. In der Gestalt des Wunder⸗ mädchens Mary Dethie will der Verfasser die sittliche und heiligende Kraft der echten Liebe zeigen: das Mädchen, das halb und halb an ihre eigene Wunderkraft glaubt, diese aber in Gemeinschaft mit ihrem Vater unter dem verhüllenden Schleier betrügerischer Kunstgriffe aus⸗ übt, soll durch die Liebe zur Wahrheit dem demüthigen Bekenntniß in die Arme geführt werden,. Wir sehen die Handlungen des Wunder⸗ mädchens, wir hören den Ausdruck ihrer Gefühle, aber wir glauben nicht an sie, selbst wenn sie so schön und lieblich in die Erscheinung tritt, wie in Frau Geßner; für ein betrügerisches Wundermädchen zeigte die Künstlerin im Beginn zu viel Adel der Seele und Tiefe der Empfindung; das erklärte zwar die folgende sittliche Wandelung, aber deckte sich nicht mit dem Bilde, das man sich von der reizvollen, oberflächlichen Betrügerin machte. Ganz Kind. frisch und rein, war Fräulein Retty als leidende und dann fröhlich gesundende Eve. Herr Sommerstorff gab den jungen Geistlichen mit schwärmerischer Empfindung in fast zu tragischem Tone inmitten der heiteren Umgebung. Herr Pahe stattete die Figur des klaren Denkers und klugen orschers, Professor Jopp, mit wirkungsvollen Zügen feiner Ironie aus; die Schärfe und Spott⸗ lust, die sich in seinem unausrottbaren Unglauben an die Steine werfende und Fenster zerschmetternde Geisterwelt kund gaben, erregten behagliche Heiterkeit. Ganz vortrefflich war Herr Engels in seinem Spitzbubenhumor als früherer Zauberkünstler und gegen⸗ wärtiger, mit listigen Augen auf praktische Erfolge bedachter, gefühl⸗ voller Vater des Wundermädchens. Als Juxon und Sophie, das verständige, jede gemüthvolle Empfindung verabscheuende Liebespaar, entfalteten Fräulein Lenau und Herr Nissen ergötzliche gute Laune. Nach dem ersten und letzten Akt konnte Herr Kadelburg dankend vor dem Publikum erscheinen. B“ 1

Der den Abend abschließende einaktige Schwank „In Civil⸗ macht uns mit den Aengsten und Nöthen eines verliebten Lieutenants bekannt, der in Eivil im Hause seines Obersten überrascht wird; es werden so viele kleine Scherze, komische Situationen und heitere Verwicklungen daraus abgeleitet, daß die Zuschauer aus dem Lachen nicht herauskommen; und darin besteht das Verdienstliche des kleinen Schwankes. Denn gegenüber der naturalistisch⸗pessimistischen Welt⸗ anschauung, wie sie im modernen Drama als Spiegel der Wirk⸗ lichkeit schwermüthig und quälend zum Ausdruck kommt erscheint beinahe Alles gut, was Anlaß zu harm⸗ loser, die Seele befreiender Heiterkeit giebt. Die gute Darstellung erhöhte noch die fröhliche Laune der Zuschauer; Herr Kadelburg als Lieut nant in Civil, der durch Schränke, Tische und fremde Millitärpaletots endlich in seine kriegerische Uniform hineingejagt wird, und Herr Engels als pfiffiger Offiziersbursche mit einem erzdummen, Gesicht hielten die fröhliche Laune des Publikums bis zum letzten Augenblick in Spannung.