In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Nachweisung der in den Jahren 1892 und 1893 Behufs anderweiter Verpachtung zur öffentlichen Ausbietung kommen⸗ 88. den Domänenvorwerke veröffentlicht. 8 Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und
b Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der bisherige Privatdozent Dr. Heinrich Kreutz zu Kiel, Observator an der Sternwarte daselbst, ist zum außer⸗ ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der dortigen Universität und
der bisherige Privatdozent Dr. Adolf Elsas zu Mar⸗ burg zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der dortigen Universität ernannt worden.
Dem Kustos an der Universitäts⸗Bibliothek zu Breslau Dr. Karl de Boor ist der Titel Bibliothekar verliehen worden.
Dem Dozenten an der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin Johannes Vollmer und
dem Dozenten an der Königlichen Technischen Hochschule
zu Berlin, Königlichen Regierungs⸗Baumeister Otto Rasch⸗
dorff ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
1 Den Oberlehrern Adolf Schaube am Gymnafium in
Brieg, Emil Gaeßner am Gymnasium in Wilhelmshaven, Dr. A. Köcher am Kaiser⸗Wilhelms⸗Gymnasium in Hannover,
Wilhelm Brandt am Gymnasium in Stade und Dr. Alfred Ruhe am Gymnasium in Meppen, sowie dem Rektor des
Real⸗Progymnasiums in Uelzen Ludwig Schöber ist das
Prädikat Professor beigelegt worden.
Die Beförderung der ordentlichen Lehrer an der Klinger⸗ schule in Franksurt a. M. Dr. Franz Höfler und Hermann 288 chard zu Oberlehrern an derselben Anstalt ist genehmigt
worden.
Am Schullehrer⸗Seminar zu Pilchowitz ist der Lehrer
Reiß aus Primkenau als Hülfslehrer angestellt worden.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der Großherzoglich hessischen Regierung ist die Erlaubniß zur Vornahme allgemeiner Vorarbeiten für eine Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Gedern nach Lauterbach bezüglich des preußischen Staatsgebiets ertheilt worden.
1““ G Angekommen: Seine Excellenz der General der In⸗ fanterie von Parseval, kommandirender General des II. Königlich bayerischen Armee⸗Corps,
Seine Excellenz der General⸗Lieutenant Ritter von Orff, Commandeur der 2. Königlich bayerischen Division, und
Seine Excellenz der General⸗Lieutenant von Woelckern, kommandirender General des XIII. Königlich württem⸗ bergischen Armee⸗Corps.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 31. Dezember.
Ihre Majestäten der Kaiser und König und die Kaiserin und Königin nahmen gestern Morgen um 8 ½ Uhr im Neuen Palais das heilige Abendmahl. Von 10 — 11 ½ Uhr hörten Seine Majestät den Vortrag des Chefs des Civilkabinets, statteten um 1 ¾¼ Uhr dem Ober⸗
Hof⸗ und Hausmarschall Grafen zu Eulenburg einen Besuch Berlin, wo Aller⸗
ab und ritten dann von Potsdam nach w’ höchstdieselben um 5 ½ Uhr im Königlichen Schloß eintrafen. Heute Morgen unternahmen Seine Majestät von 10 bis 11 Uhr einen Spaziergang nach dem Thiergarten, be⸗ sichtigten die Bauarbeiten im Königlichen Schloß und fuhren um 11 Uhr nach der National⸗Galerie. Um 12 ³ Uhr empfingen Seine Maäjestät den General⸗Konsul für Egypten Grafen von Leyden. 8
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen, betreffend die Rechtsverhältnisse der Lehrer, zugegangen. 8
Das große Wecken am Neujahrstage Morgens um 8 Uhr wird in der Weise ausgeführt, daß das Trompeter⸗ Corps des 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiments von der Kuppel der Schloßkapelle einen Choral und einige geistliche Lieder bläst und die Spielleute der hiesigen Regi⸗ menter der 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade mit den Hoboisten des Garde Füsilier⸗Regiments unter Führung eines Adjutanten vom inneren Schloßhof vor Portal I des Königlichen Schlosses aus durch dieses Portal über den Schloßplatz, die Schloßfreiheit und dann die Linden — Mittel⸗ weg — bis zum Brandenburger Thor und ebenso zurück⸗ marschiren. 1 Um 10 Uhr findet in der Garnison⸗ und in der St. Michaelskirche Gottesdienst statt, bei dem die Truppen durch Abordnungen vertreten sind.
Um 12 Uhr Mittags ist im Lichthofe des Zeughauses in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs 1b die Parole Ausgabe. 1
Das 2. Bataillon des 2. Niederschlesischen In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 47 wird zum 1. Oktober 1892 von Schrimm nach Posen, und der Stab des Ulanen⸗ Regiments Kaiser Alexander II. von Rußland (1. Brandenburgisches) Nr. 3 zum 1. April 1892 von Fürsten⸗ walde nach Frankfurt an der Oder, sowie die 3. und 5. Escadron dieses Regiments bis auf Weiteres nach Beeskow verlegt. Allerhöchster 20 ,. zufolge wird das 3. Badische In⸗ fanterie⸗Regiment Nr. 111 fortan den Namen „Infanterie⸗ Regiment Markgraf Ludwig Wilhelm (3. Badisches) Nr. 111“ führen. 8. 8 8
edwigskirche fand heute Vormittag das seierliche Requiem für den verstorbenen großbritannischen Bot⸗ schafter in Konstantinopel Sir William A. White statt. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich erschien persön⸗
In der St.
lich bei der Feier, zugleich in Vertretung Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und rland. Seine Majestät der Kaiser hatte den General⸗ Adjutanten, General⸗Lieutenant von Wittich entsandt; außer⸗ dem waren von dem militärischen Gefolge Seiner Majestät der General⸗Major, General à la suite Graf Wedel und der Flügel⸗Adjutant Freiherr von Seckendorff erschienen. Anwesend waren ferner der Reichskanzler Graf von Caprivi, der Staats⸗ sekretär des Auswärtigen Amts Freiherr Marschall von Bieberstein, der Unter⸗Staatssekretär Freiherr von Rotenhan, der Gouverneur von Berlin, General⸗Oberst von Pape, der commandirende General des Garde⸗Corps Freiherr von Meer⸗ scheidt⸗Hüllessem, der Commandant von Berlin Graf von Schlieffen I. sowie eine Deputation des 1. Garde⸗Dragoner⸗ Regiments (Königin von Großbritannien und Irland). Vom diplomatischen Corps wohnte die Mehrzahl der z. Z. hier an⸗ wesenden Botschafter und Gesandten der Feier bei. Das Requiem celebrirte der Propst Jahnel. Der Sarg wurde alsdann nach der Krypta gebracht und dort unter Gebeten beigesetztt.
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Am 30. d. M. erlag hier den Folgen der Influenza der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Seiner Majestät des Königs von Portugal, Marquis de Penafiel, welcher seit dem Jahre 1881 am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigt war.
„Die Kaiserliche Regierung und mit ihr ein großer Kreis persönlicher Freunde theilt das Bedauern seines Souveräns über den Verlust eines so langjährigen und bewährten Ver⸗ treters 8
Der Unter⸗Staatssekretär Freiherr von Rotenhan ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte des Unter⸗
Staatssekretärs wieder übernommen.
Der hiesige siamesische Gesandte Maha Yotha ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
S. M. S. „Moltke“, Kommandant Kapitän zur See Uhien von Erhardt, ist am 30. Dezember in St. Vincent West⸗Indien) eingetroffen und beabsichtigt, am 31. Januar nach Dominica (St. Ruperts Bay) wieder in See zu gehen.
Württemberg.
Stuttgart, 30. Dezember. Seine Majestät der König empfing gestern Nachmittag, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, den Kaiserlich und Königlich österreichisch⸗ungarischen Militär⸗ Bevollmächtigten in Berlin, Obersten von Stei⸗ ninger, Flügel⸗Adjutanten Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich, Behufs Uebergabe eines Handschreibens des Kaisers, durch welches Seine Majestät der König zum Oberst⸗ Inhaber des Kaiserlich und Königlich österreichischen Husaren⸗Regiments Nr. 6 ernannt wurde. Zu Ehren dieses Abgesandten fand Abends im Königlichen Residenzschlosse Gala⸗ tafel statt, zu welcher auch Seine Königliche Hoheit der Herzog Albrecht von Württemberg, der Kaiserlich und König⸗ lich österreichisch⸗ungarische Gesandte am hiesigen Hofe, der Prä⸗ sident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Mittnacht, sowie der Kriegs⸗Minister und der Gouver⸗ neur von Stuttgart mit ihren Adjutanten Einladungen er⸗ halten hatten. Vor der Tafel wurde der Oberst Freiherr von Steininger auch von Ihrer Majestät der Königin in Audienz
empfangen.
Darmstadt, 30. Dezember. Die Erste Kammer nahm gestern der „Darmst. Ztg.“ zufolge eine Reihe von Vorlagen in der Fassung der Zweiten Kammer an, darunter die Forde⸗ rungen für größere Herstellungen im Regierungsgebäude zu Mainz, für die Centralstelle für die Gewerbe und den Landes⸗ gewerbverein, für die Errichtung einer Fachschule für Elfenbeinschnitzerei und für die Herstellung von Neben⸗ bahnen. Genehmigt wurden ferner die Vorlage über die nachträgliche Aufnahme der von der früheren Oberhessischen Eisenbahngesellschaft übernommenen Beamten und Bediensteten in den Staatsdienst, sowie die Vorlage, welche sämmtliche Hülfs⸗Gerichtsschreiber nach fünfjähriger Dienstzeit und bei zurückgelegtem dreißigsten Lebensjahre widerruflich anstellen will und eine vorsieht 1
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Großbritannien und Irland.
Jagd unfall des Prinzen Christian zu Schleswig⸗Holstein berichtet die „Daily News“ folgende Einzelheiten:
Der Unfall war einer von denjenigen, die selbst den erfahrensten Die Jagdgesellschaft bestand aus dem Prinzen Christian und seinem Sohne, dem Prinzen Albert, dem Herzog von Connaught und dem Peinzen Heinrich von Battenberg. Peinz Christian selbst jagte nicht mit, sondern begleitete seinen Sohn. Gegen Ende des ersten Jagens geriethen die Jaͤger in einen Sumpf, Prinz Albert, der sich außerhalb der Schuß⸗ linie befand, ging mit seinem Vater auf den rechten Flügel des von den Jägern durchaus jagdgerecht gebildeten Halbkreises. Beide wurden durch das Sumpfterrain genöthigt, auf eine kleine Erhöhung zu steigen. Da ging ein Vogel auf. Prinz Albert wollte schießen, als im gleichen Augenblick Prinz Christian seine Augen mit den Händen bedeckte und ausrief: „Ich bin getroffen.“ Man weiß nicht genau, aus wessen Gewehr das Geschoß kam, vermuthlich aus dem des Herzogs von Connaught. Außer Zweifel steht, daß das Geschoß an einen Baum schlug, von diesem abprallte und erst dann den Prinzen Christian traf. Es drang von oben durch das Augenlid des Prinzen in das innere Auge. Zwei der Schrotkörner vern undeten den Prinzen im Gesicht, und der Charakter der Verwundungen läßt darauf schließen, daß die Geschosse aus unmittelbarer Nähe kamen, also von einem Baume nicochettirten. Prinz Christian begab sich sofort nach Osborne House (in dessen Nähe der Wald, wo man jagte, lag) zurüͤck. Dr. Lawson, der Augen⸗ arzt der Königin, wurde telegraphisch herbeigerufen und erschien Abends um 9 Uhr. Er empfahl sogleich die Herausnahme des Auges, welche Operation am Sonntag unter Assistenz der Aerzte Reid und Hoff⸗ mann vollzogen wurde. Die Operation gelang vollkommen, und das Befinden des Prinzen ist durchaus zufriedenstellend. — Prinz Christian, der am 22. Januar 61 Jahre alt wird, ist ein sehr erfahrener Sportsman und ein ausgezeichneter Schütze Umsomehr ist der Unfall zu beklagen, da auch der Herzog von Connaught, der Prinz Heinrich von Battenberg
Ueber den
Sportsmen begegnen können.
und Prinz Albert im Schießen im bedeckten Terrain geübt sind. Prinz Christian wird bis zu seiner völligen Wiederherstellung in
neue Eintheilung in fünf Gehaltsklassen
Osborne bleiben müssen. Die Theilnahme für den Prinzen ist eine allgemeine. Zahlreiche Besuche und Telegramme trafen aus Anlaß des Unfalls ein. Prinzessin Christian weilt bei ihrem Gatten.
Die englische Presse widmet zur Zeit vornehmlich der Frage ihre Aufmerksamkeit, wer in Zukunft der Führer der liberalen unionistischen Partei sein werde. Der „Liverpooler Post“ wird geschrieben, daß der neue Herzog von Devon⸗ shire auch in Zukunft der Führer der Partei bleiben werde. Der Herzog empfinde ein tiefes Interesse an der Home Rule⸗Frage, und so lange diese die innere Politik Englands beherrsche, werde er sich an den öffentlichen Angelegen⸗ heiten betheiligen. Im Unterhause werde Mr. Chamber⸗ lain der Führer der liberalen Unionisten sein, aber nur als Fürsprecher und Stellvertreter des Herzogs von Devonshire. Chamberlain habe sich deshalb dem Letzteren unterzuordnen.
„Dem Andenken des so plötzlich in Berlin verstorbenen britischen Botschasters in Konstantinopel Sir William White widmen die englischen Zeitungen ohne Unterschied der Parteien warm empfundene Nachrufe, in denen sie dem seltenen Geschick, mit welchem der Entschlafene seinen schwierigen Posten am Goldenen Horn ausgefüllt hat, volle Gerechtigkeit widerfahren lassen. b
Frankreich. 3 9 Paris, 31. Dezember. Der Senat hat gestern die von der Deputirtenkammer votirten Zolltarife mit Ausnahme derjenigen auf gekämmten Hanf und Petroleum geneh⸗ migt. Für Petroleum hat der Senat den bereits früher von ihm festgesetzten Zoll von 18 und 24 Fr. aufrecht⸗ erhalten. Im weiteren Verlaufe der Sitzung nahm der Senat den Gesetzentwurf, betreffend die Bewilligung eines provisorischen Zwölftels, ohne Debatte an. Die De⸗ putirtenkammer hat gleichfalls diesen Gesetzentwurf ge⸗ nehmigt. Der Finanz⸗Minister Rouvier beantragte, daß die Kammer ihre Sitzungen bis zur endgültigen Annahme des Budgets fortsetzen möge.
Anläßlich der Einweihung der neuen Geschäftsräume der hiesigen Handelskammer hielt der Handels⸗Minister Jules Roche gestern eine Ansprache, in welcher er betonte, es werde unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine schwere Auf⸗ gabe sein, den Produkten Frankreichs günstige Exportbedingun⸗ gen zu sichern. 1 1
„Der „Gaulois“ veröffentlicht eine ihm von dem päpst⸗ lichen Nuntius übermittelte Erklärung über die Politik des Papstes Frankreich gegenüber, die nach der „Köln. Ztg.“ im Wesentlichen folgendermaßen lautet:
Der souveräne Papst wünscht vor Allem die Beruhigung der Gemüther, und man sollte nicht vergessen, daß das Oberhaupt der Kirche, der heilige Vater, so hoch gestellt ist, daß er den menschlichen Leidenschaften unzugänglich ist, daß er die Ereignisse so sieht, wie sie sind, und daß er sie richtiger würdigt, als es Männer thun können, deren Urtheil durch politische Einseitigkeit verdunkelt werden muß. Was ist der einzige Zweck des Papstes? Den Triumph der Kirche zu sichern Er ist aber der einzige Schiederichter über die zur Er⸗ reichung dieses Zwecks anzuwendenden Mittel, und die erste Pflicht der Katholiken ist, in diesem Punkt wie in allen anderen seine oberste Autorität anzuerkennen. Was Frankreich im Besonderen anlangt, so hat der heilige Vater keinen anderen Wunsch, als daß alle Franzosen zur Herrschaft der Ordnung und Gerechtigkeit beitragen. Der den Papst vertretende Nuntius aber muß sich gewissenhaft nach den Wünschen des Papstes richten. Man würde sich eine sonderbare Ansicht von der Aufgabe eines apostolischen Nuntius bilden, wenn man glaubte, er sei beauftragt, die Regierung zu bekämpfen, bei der er beglaubigt ist, und diese oder jene Partei 8 begünstigen. Warum also katholischer sein als der Papst? Die Kirche be⸗ schäftigt sich nicht mit der Regierungsform. Um ein Beispiel der neuesten Zeit anzuführen, sei erwähnt, daß der Papst niemals die spanischen Karlisten unterstützt hat, die sich doch auf ihre katholischen Gesinnungen berufen. Und warum? Weil der heilige Stuhl von den bürgerlichen Staatsgewalten nur verlangt, daß sie seine Aufgabe nicht hindern, die darin besteht, die Seelen auf die Bahn des Heils zu leiten. Der Papst, der die Regierung Frankreichs anerkennt, hütet sich, von den Katholiken zu verlangen, daß sie ihre politischen Ansprüche aufgeben, er fordert sie nur auf, von der bestehenden Regierung das größtmögliche Gute für die Kirche entgegenzunehmen. Und wegen dieser einfachen Thatsache wird er aufs Heftigste ange⸗ griffen. Warum greift man nicht deshalb auch den Zaren an, der in Kronstadt deutlich bewies, daß er in Frankreich die Republik aner⸗ kenne? In diesem Falle siegte der Patriotismus über die politischen Leidenschaften, und man muß sich dazu beglückwünschen, zugleich aber be⸗ dauern, daß die religiöse Gesinnung bei denselben Männern nicht so stark ist, daß sie sich freuen, weil der Papst, der Frankreich, die älteste Tochter der Kirche, liebt, sich bemüht, ihm die augenscheinlichsten Be⸗ weise seiner väterlichen Liebe zu geben. Hat der Papst, der ein Ita⸗ liener ist, nicht die französische Schirmheirschaft im Orient aufrecht erhalten; hat der Papst, der ein Italiener ist, nicht letzihin Frankreich durch seine Anerkennung der republikanischen Regierung die moralische Kraft gegeben, das französisch⸗russische Einverständniß möglich zu machen? Das sind Thatsachen, die jedermann kennt. Und trotzdem versucht man, sich gegen den Papst zu empören. Man arbeitet gegen den Papst, zur größten Freude seiner Feinde, an dem Bruch des Kon⸗ kordats, welches die Kirche Frankreich und Frankreich der Kirche zu⸗ rückgab. (Die Note der Nuntiatur weist sodann auf den Schaden hin, welcher der Kirche durch die Abschaffung des Konkordats entstehen würde, und fährt dann fort:) Deshalb wird das französische Episkopat nicht auf dieser Bahn folgen. Taub gegen die Drohungen des Herrn von Freycinet, hat es die Stimme des souveränen Papstes ver⸗ nommen, und fortan und für lange Zeit herrscht Ruhe. Die Bischöfe, man kann dessen sicher sein, werden in Zukunft nur auf die Stimme des Vatikans hören, welcher Frankreich groß will zum Besten der Kirche, der Gesittung und der Menschheit. Möge dieses Wort zugleich von allen französischen Katholiken befolgt werden, mögen sie nach dem Beispiel der deutschen Katholiken unter Windt⸗ horst zu einer verfassungsmäßigen Opposition sich zusammenschaaren. Indem sie der Regierung jedes Mal, wenn es sich um die Be⸗ kämpfung der anarchistischen Parteien handelt, ihre Unterstützung ge⸗ währen, wird man ihre Macht würdigen, und sie werden den Erfolg ihrer Forderungen sichern. Das Land aber wird ihnen Dank wissen, und vielleicht wird es sie berufen, eine wichtigere Rolle in der Re⸗ gierung zu spielen.
Rußland und Polen.
Nach dem für die öffentlichen Arbeiten in den Nothstandsbezirken feestgestellten Plan haben diese nun⸗ mehr am 27. Dezember in den Gouvernements Nishni⸗Now⸗
orod, Kasan, Ssamara, Ssaratow, Ssimbirsk, Tambow und vse begonnen. Der „St. Pet. Ztg.“ wird darüber be⸗ richtet:
Diese ersten Arbeiten werden im Fällen von Baubolz in den Kronswäldern bestehen und sich auf ca. 50 000 Dessjatinen Wald er⸗ strecken. Die oberste Aufsicht haben die Gouverneure, sie wählen die Aufseher über die Arbeiten und bestimmen den Arbeitern die Lager⸗ orte. Die Arbeiter selbst werden von den Landschaften geschickt und unter Anweisungen der Kronsförster an's Werk Pbier Ein Theil der Arbeiter richtet die Lagerstätten ein, ein anderer muß die Nahrungsmittel und die Instrumente, Pferde, Wagen ꝛc heranführen. Die technische Leitung der Arbeiten ist speziellen Technikern der Forstwirthschaft anvertraut, die von St. Petersburg aus abgeschickt werden. Das gefällte Bau⸗ holz wird sogleich fortgeschafft und zwar 8 bereits der Absatz des