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und neben anderem ein Beweis dafür, wie die Zeitung in guten und bösen Tagen allezeit treu zu König und Vaterland gestanden hat. Indem Ich die inhaltsreiche Festschrift gern annehme, kann Ich es Mir nicht versagen, mit Meinem Glückwunsche zu dem denkwürdigen Jubiläum der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß Ihr Unternehmen fernerhin gedeihen und die gleiche vaterländische Gesinnung auch in Zukunft bethätigen möge. üece Berlin, den 4. Januar 1892. Zilhelm R. 8 “ G “
Bayern.
München, 2. Januar. Die Kammer der Abgeord⸗ neten tritt am nächsten Freitag zu ihren Berathungen wieder zusammen. Nach den bisher getroffenen Bestimmungen nimmt das Plenum zuerst den Eisenbahn⸗Etat in Angriff, während der Finanz⸗Ausschuß in den Nachmittagssitzungen mit dem Cultus⸗Etat beginnt. Von diesem letzteren ist jetzt auch der zweite Theil des Daller'’schen Referats an die Abgeord⸗ neten vertheilt worden. Auch dieser Theil, welcher die Lehrerbildungsanstalten, die Akademien der Wissenschaften und der bildenden Künste, die Ausgaben für Kunstzwecke u. s. w. behandelt, enthält, wie der „Schles. Ztg.“ geschrieben wird, keinen Anhaltspunkt, aus welchem sich auf eine Stellung⸗ nahme der Rechten gegen den Cultus⸗Minister schließen ließe. Selbst der Beitrag zu den Kunstausstellungen sowie der für Erwerbung ausgezeichneter Kunstwerke bestimmte Beitrag,
welcher in der letzten Session zu Auseinandersetzungen Anlaß
gegeben, wird diesmal von dem Referenten zur Annahme empfohlen. Die von den Altkatholiken an die Kammer ge⸗ richtete Beschwerde über Verletzung constitutioneller Rechte
hat keine Aussicht auf Beachtung. Die Beschwerde richtet sich
hauptsächlich gegen die angeblich irrige Auslegung des § 35
des Religionsedicts, welcher den Privat⸗Kirchengesell⸗
schaften verbietet, sich der Glocken oder sonstiger Auszeichnungen der öffentlichen Kirchen zu bedienen.
In maßgebenden Kreisen hält man an der jetzigen
Bestimmung über das Verbot der Amtstracht und des Glockenläutens fest, und die Mehrheit der Kammer
hat keinen Anlaß, für die Altkatholiken einzutreten. — Außer
8 8 5* 2 n 3 2 C. 22 den genannten größeren Etats sind noch die Etats der Justiz, der Forsten, der directen Steuern, der Reichszwecke, der Post
und der Telegraphenverwaltung, dann der Landtagsversamm⸗ lung sowie die Gebührennovelle, die Localbahngesetzentwürfe
und der Gesetzentwurf wegen die Aufbesserung der Beamten⸗ gehälter zu erledigen. Auf eine Beendigung der Session kann mithin vor Mitte des Monats April nicht gerechnet werden.
Sachsen. Dresden, 6. Januar. Das heute früh 8 Uhr aus⸗
gegebene Bulletin über das Befinden des Prinzen Georg
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autet: Der Prinz hatte Nachts wenig Schlaf und klagte über Kopfschmerzen, gleichwohl ist heute fruͤh das Befinden im all⸗ emeinen befriedigend. Fieber ist nicht mehr vorhanden, die Körpertemperatur beträgt 37,2, sodaß der Prinz auf einige
Zeit das Bett verlassen kann.
Der zum Nachfolger des verstorbenen Ministers von
Gerber zum Minister des Cultus und öffentlichen Unterrichts
rnannte Geheime Regierungs⸗Rath Kurt Damm Paul von Seydewitz wurde, wie wir dem „Dresd. Journal“ ent⸗ nehmen, am 3. Mai 1843 zu Lauterbach bei Lausigk als Sohn es Rittergutsbesitzers von Seydewitz auf Mittel⸗Sohland ge⸗ oren. Nachdem er die Fürstenschule zu Meißen von Michaelis
56 bis dahin 1862 besucht und mit der ersten Censur ver⸗ assen hatte, widmete er sich juristischen Studien. Zunächst ls Referendar bei der Kreis⸗Direction zu Leipzig angestellt, wurde er 1872 zum Regierungs⸗Assessor und Hilfsarbeiter im Cultus⸗Ministerium befördert; 1874 erfolgte seine Ernennung zum Regierungs⸗Rath, 1877 zum vortragenden Rath und 1879 zum Geheimen Regierungs⸗Rath in genanntem Ministerium. Im Jahre 1885 wurde er durch Ver⸗ leihung des Ritterkreuzes erster Klasse des Verdienst⸗Ordens ausgezeichnet; auch besitzt Minister von Seydewitz den preußi⸗ schen Kronen⸗Orden zweiter Klasse, den preußischen Kronen⸗ Orden vierter Klasse mit dem rothen Kreuz am Erinnerungs⸗ band, das Fürstlich reußische Civil⸗Ehrenkreuz erster Klasse,
das Ehrenkreuz erster Klasse für Reuß j. L d ist Ehren⸗
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ritter des Johanniter⸗Ordens.
Baden.
Dem Landwirthschaftsrath, über dessen Errichtung wir gestern Mittheilung gemacht, liegen, wie der „Köln. Ztg. geschrieben wird, ob: die Berathung und Begutachtung der ihm von der obersten landwirthschaftlichen Behörde zu diesem Zwecke vorgelegten Fragen, insbesondere in Betreff der Ver⸗ wendung der im Staatsbudget für Förderung landwirthschaftlicher Zwecke vorgesehenen Mittel, die Einbringung von Vorschlägen und Anträgen im Interesse der Landwirthschaft, die Wahl der Vertreter der Landwirthschaft zum badischen Eisenbahnrath. Die Mitglieder des Landwirthschaftsrathes bleiben auch außerhalb der Sitzungen im Verkehr mit dessen Präsidium, sie sind dessen Organe für die Begutachtung landwirthschaft⸗ licher Fragen, Beobachtung der landwirthschaftlichen Zustände sowie für die Anregung wichtigerer, im Interesse der Landwirth⸗ schaft zu treffender Einrichtungen und Maßregeln. Ihr Amt ist ein Ehrenamt, doch erhalten die Mitglieder für Geschäfte außerhalb ihres Wohnortes Ersatz der Reisekosten und Tage⸗ gelder. Diese bestreitet, ebenso wie die Kosten der dem Prä⸗ sidium obliegenden Geschäfte, die Staatskasse.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
— Weimar, 4. Januar. Dem Landtag wird, wie die „Schwarzb.⸗Rudolst. Landesztg.“ meldet, seitens des Ministeriums eine Vorlage wegen dühgene Erhöhung der Beamten⸗ gehälter zugehen. Die Gehälter der Beamten mit einem Jahresgehalt von 2000 bis 2500 ℳ sollen um 10, von 2500 bis 3000 ℳ um 7 ½, von über 3000 ℳ um 5 Proc. auf⸗ verden. Seitens des Cultus⸗Departements hat dem Ministerium auch bereits ein Antrag auf Gleichstellung der Gymnasiallehrer im Großherzogthum mit den Richtern im Gehalt zur Begutachtung vorgelegen. Ueber die definitive Stellungnahme des Ministeriums zu diesem Antrage verlautet noch nichts.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Gotha, 5. Januar. Wie die „Gothaische Ztg.“ meldet, wird Seine Hoheit der Herzog nächsten Sonnabend von Coburg hier eintreffen; Ihre Hoheit die Herzogin ist gestern von Coburg nach Nizza abgereist.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser und König hat, wie die „Pol. Corr.“ meldet, dem italienischen Minister⸗Präsidenten und Minister des Auswärtigen Marchese di Rudini das Groß⸗ kreuz des Königlich ungarischen St. Stephan⸗Ordens verliehen. Das „Fremdenblatt“ erblickt hierin eine besondere An⸗ erkennung der beharrlichen Friedenspolitik des Minister⸗ Präsidenten, der sich um die Festigung des Dreibundes wie um das Zustandekommen der wirthschaftlichen Abmachungen der Mächte des Dreibundes wesentliche Verdienste erworben habe; die Ordensverleihung sei ein neuerliches Zeichen der zwischen den beiden verbündeten Nachbarstaaten herrschenden freundschaftlichen und herzlichen Wechselbeziehungen.
Der Thronfolger von Rumänien, Prinz Ferdinand, der gestern in Wien verweilte, ist Abends nach Sigmaringen abgereist. “ — 1
Die Königin von Hannover in Gmunden ist er⸗ krankt; nach dem Krankenbericht hatte Ihre Majestät gestern mäßige Fieberbewegung und litt an ziemlich beträchtlicher Athemnoth, doch war der Kräftezustand gut.
Ende dieser Woche, am 8. Januar, tritt das Abgeord⸗ netenhaus wieder zusammen. In der zweitnächsten Sitzung wird das Haus an die Berathung der Handelsverträge schreiten, welche jedenfalls einige Sitzungen in Anspruch nehmen wird. Sodann wird die Vorlage über die Donau⸗Dampf⸗ schiffahrts⸗Gesellschaft zur Verhandlung gelangen.
Wir haben bereits von der Thronrede, mit welcher gestern der ungarische Reichstag geschlossen wurde, gestern unter den nach Schluß der Redaction eingetroffenen Depeschen Notiz genommen. Einer weiteren Mittheilung über ihren Inhalt entnehmen wir, daß die Handelsvertrags⸗ verhandlungen mit den Nachbarmächten im Süden und Südosten demnächst beginnen würden; auf Seiten Oesterreich⸗Ungarns werde es nicht an Bereitwilligkeit fehlen, auch mit diesen Ländern bis Ende Januar vertragsmäßig geregelte Handelsbeziehungen zu schaffen. Als Grund der Auflösung des Reichstags bezeichnet die Thronrede den Wunsch, die vorbereiteten Reformgesetzentwürfe durch den Reichstag möglichst schnell und mit voller Ruhe ohne Unter⸗ brechung erledigt zu sehen. Die Thronrede wurde auf das beifälligste aufgenommen. Der Kaiser wurde bei seinem Er⸗ scheinen und ebenso beim Verlassen des Saales stürmisch begrüßt.
Großbritannien und Irland.
Wie die englischen Blätter „World“ und „Truth“ melden, werde die Königin ihre Reise nach Südfrankreich nicht über Dover und Calais, sondern wie gewöhnlich über Cherbourg antreten. Auf der Rückreise werde die Monarchin den Gotthard⸗Tunnel benutzen und sich über Basel nach Darmstadt begeben, wo sie zwei Tage bei dem Großherzog von Hessen weilen werde, ehe sie die Kaiserin Friedrich in Kronberg besuche. Dort werde die Königin zehn Tage lang bleiben. Von Kronberg werde Ihre Majestät wahrscheinlich nach Coburg reisen, um an der Feier der goldenen Hochzeit des Herzogs und der Herzogin von Sachsen⸗Coburg⸗Gotha theilzunehmen.
Prinz Georgevon Wales wird in der nächsten Session des Parlaments als Herzog von Kent seinen Sitz im Ober⸗ hause einnehmen.
Der „Standard“ unterzieht die Aussichten der kom⸗ menden parlamentarischen Session einer Betrachtung und kommt dabei zu dem Schluß, daß die konservative Partei es getrost auf die nächste allgemeine Wahl ankommen lassen könne. Dasselbe Blatt führt in einem Leitartikel über die Lage in Marokko eine sehr deutliche Sprache; es beansprucht unumwunden den Hafen von Tanger für die englische Krone.
Der mit der Untersuchung des bei der Explosion in Dublin Castle verwendeten Exvplosivmittels betraute Sachverständige hat seinen Bericht nunmehr fertiggestellt. Da⸗ nach wurde die Explosion durch eine Anzahl Dynamit⸗ Cartouchen herbeigeführt und war das Resultat eines reiflich überlegten Planes.
Wegen der egyptischen Frage schweben, wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, zur Zeit keine Unterhandlungen zwischen England und der Türkei Die Berufung Sir Drummond Wolff's oder Sir Evelyn Baring's auf den Posten des Botschafters in Konstantinopel gelte als unwahrscheinlich; die Wahl der Regierung dürfte vielmehr auf Sir Edmund Monson oder Sir Clare Ford oder auch auf Lord Lansdowne fallen.
Der indische National⸗Congreß hielt am 30. v. M. in Nagpur seine Schlußsitzung ab. Der Congreß faßte den Beschluß, das geplante Meeting in England bis nach den all⸗ gemeinen Wahlen zu verschieben und die nächste Zusammen⸗ kunft in Allahabad abzuhalten. Die Delegirten gingen mit enthusiastischen Hochrufen auf die Königin Victoria aus⸗ einander.
Der Ober⸗Commissar für Birma Sir A. Mackenzie wird einer Conferenz von Offizieren der Provinzen Ben⸗ galen, Assam und Birma beiwohnen, die am 25. Januar in Kalkutta abgehalten werden soll. Den Gegenstand der Berathungen wird die Politik bilden, welche gegenüber den Stämmen in den Chin⸗ und Luschai⸗Bergen zu ver⸗
Frankreich.
Die französische Regierung hat ein Kriegsschiff in die marokkanischen Gewässer entsandt. Zur Begründung dieses Schrittes meldet „W. T. B.“ aus Paris: „Obwohl es sich bei den aus Tanger gemeldeten Ruhestörungen bisher nur um lokale Streitigkeiten der Eingeborenen unter einander und nicht um Angriffe gegen die Fremden handelt, hat die französische Regierung gleichwohl beschlossen, zum Schutz ihrer Staatsangehörigen das Kriegsschiff „Cosmao“ in die marokka⸗ nischen Gewässer zu entsenden. Das Schiff ist gestern Vormittag von Toulon abgegangen.“ (Vgl. „Afrika“.)
Die Zollvorlage ist gestern vom Senat endgültig mit 205 gegen vier Stimmen angenommen worden, nachdem er verschiedene von der Deputirtenkammer vorgenommene Abände⸗ rungen genehmigt und beschlossen hatte, die gegenwärtigen Zollsätze auf Petroleum von 18 und 24 Francs bis zum 30. September d. J. aufrecht zu erhalten. Der Finanz⸗ Minister Rouvier hatte sich mit diesem Beschluß einverstanden erklärt und versprochen, vor dem 1. Oktober einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Zollsätze ermäßige.
Die Deputirtenkammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf wegen Entschädigung un⸗ schuldig Verurtheilter an und berieth alsdann den Bericht, in welchem gefordert wird, daß die Petitionen der
Inhaber von Panama⸗Actien, die eine⸗ öffentlichen Gewalt in Anspruch nehmen, an die Regierung über wiesen werden. In Beantwortung einer an ihn gerichteten
Anfrage erklärte der Justiz⸗Minister Fallières, daß die
gerichtliche Untersuchung gegen die Verwalter und Unter⸗ nehmer des Panama⸗Kanals beschleunigt werden würde. Der Finanz⸗Minister Rouvier erklärte, er habe nicht erst das Einbringen von Petitionen abgewartet, um sich den Bemühungen zu unterziehen, zu denen er verpflichtet war; allein die Intervention der Re⸗ gierung könne nur eine offiziöse sein. Die Kammer nahm einstimmig die Tagesordnung Peytal an, in welcher das energische und rasche Einschreiten gegen alle diejenigen gefordert wird, welche in dieser Angelegenheit die Verantwortlichkeit auf sich genommen hätten. Die Kammer verfügte schließlich, daß die Petitionen an die Regierung überwiesen würden.
In Nizza ist gestern die Fürstin von Monte⸗ negro, von Genua kommend, eingetroffen und auf dem Bahnhofe von dem Großfürsten Peter von Rußland und dem Großherzog von Leuchtenberg erwartet worden.
Rußland und Polen.
Der russische Minister der Verkehrsanstalten hat,
wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus St. Petersburg telegraphirt, die Versetzung aller deutschen Eisenbahnbediensteten in den baltischen Provinzen verfügt: nach dem betreffenden Erlaß sollen sie fortan in russischen Gouvernements beschäftigt werden.
Aus Baku, dem Hauptort des gleichnamigen Gouverne⸗ ments in Transkaukasien, waren verschiedenen auswärtigen Blättern Berichte zugegangen, wonach in der letzten Dezember⸗ woche die eingeborenen Perser sich zu blutigen Gewalt⸗ thätigkeiten gegen ihre russischen Mitbürger hätten hin⸗ reißen lassen. Die „Pol. Corr.“ erhielt nun eine aus St. Petersburg, vom 31. v. M. datirte Meldung, welche den Vorfall in wesentlich anderem Lichte erscheinen läßt. Es heißt darin:
In Baku sind neuerlich ernste Unruhen ausgebrochen, welche noch durch Conflicte zwischen einem Theil der Bevölkerung und der Polizei verschärft wurden. Die Tumulte hatten jedoch keinerlei politischen oder religiösen Charakter, und ähnliche Vorkommnisse sind in dieser noch wenig cultivirten Gegend ziemlich häufig. Die Un⸗ ruhen wurden durch den ganz zufälligen Umstand veranlaßt, daß ein Polizeiagent die Menge von der Mißhandlung eines Tataren abhielt, der beschuldigt war, einem russischen Arbeiter den Geldbeutel gestohlen zu haben. Mehrere Agenten mußten ihrem Kameraden zu Hilfe eilen, der sich in eine Schenke geflüchtet hatte, und die Menge bewarf dieselbe mit Steinen. In einigen Häusern wurden die Fensterscheiben zertrümmert, mehrere tatarische Läden wurden geplündert, aber das Erscheinen einer berit⸗ tenen Kosakenabtheilung genügte, um die Urheber der Tumulte zur Vernunft zu bringen und sie zu zerstreuen. Die Polizei traf ener⸗ gische Maßregeln, um einer Erneuerung der Krawalle für den nächsten Tag vorzuber und die Ruhe wurde nicht weiter gef 8
. Italien.
Der König hat der „Köln. Ztg.“ zufolge einen Flügel⸗ Adjutanten nach Mailand gesandt, der den auf der Durch⸗ reise nach Pallanza dort erwarteten König von Rumänien begrüßen soll. Zu gleichem Zweck ist der rumänische Gesandte aus Rom gestern dort eingetroffen.
In Venedig ist gestern die internationale Sanitäts⸗ Conferenz durch den Grafen d'Arco eröffnet worden. Wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, sind bei der Conferenz fünf⸗ zehn Staaten durch dreißig Delegirte vertreten. Graf d'Arco überbrachte den Gruß des Königs von Italien, welcher den Arbeiten der Conferenz mit großem Interesse folge. Der Delegirte Oesterreich⸗-Ungarns, Graf Kuefstein, beantragte, dem König und der Königin von Italien die Huldigung der Conferenz⸗Delegirten zu entbieten und den Mächten für die Beschickung der von Oesterreich⸗Ungarn angeregten Conferenz zu danken. Graf d'Arco wurde zum Präsidenten gewählt und das Bureau aus drei italienischen und drei ausländischen Secretären zusammengesetzt. Die Frage, die zur Ver⸗ handlung steht, ist die Reform der Gesundheits⸗ polizei im Suezkanal. Wie der „Hamb. Corr.“ mittheilt, liegt der Conferenz ein hierauf gerichteter Ent⸗ wurf der italienischen Regierung vor, wonach mit der Handhabung der Gesundheitspolizei im Rothen Meer ein internationaler, bleibender und selbständiger Ausschuß, der aus wesentlich technischen Mitgliedern aller vertragschließenden Staaten besteht, betraut werden soll. Die Kosten sollen die einzelnen Staaten selbst tragen. Außerdem sollen Gesundheits⸗ polizei⸗Aemter in Bab⸗el⸗Mandeb und Suez mit entsprechenden Desinfectionsanlagen für die Ueberwachung der passirenden Schiffe errichtet werden. Ferner soll ein internationales Reglement für die Gesundheitspolizei auf den Schiffen selbst, besonders wenn sie vom Orient anlangen, u. a. über die An⸗ nahme von Personen und Gütern, angestrebt werden. Wie das „Fremdenblatt“ mittheilt, hat die österreichisch⸗ ungarische Regierung sich lebhaft um eine Vereinbarung in dieser Frage mit Großbritannien bemüht; das Ergebniß dieser Action liege in einem am 27. Juli 1891 zu London ab⸗ geschlossenen Protokolle vor. Dieses Ab kommen — so berichtet das genannte Blatt —giebteinerseits Zeugniß von dem guten Willen Englands, die unsicheren, kaum mehr haltbaren Verhältnisse des internationalen Gesundheits⸗Conseils in Alexandrien einer end⸗ gültigen, befriedigenden Lösung zuzuführen, andererseits von dem Entgegenkommen, das Oesterreich⸗Ungarn und jene Mächte, auf deren Zustimmung es sein Vorgehen zu stützen vermochte, den berechtigten Interessen der englischen Schiffahrt entgegen⸗ zubringen bereit waren. Durch das Abkommen vom 27. Juli 1891 wurde seitens Englands die Reformbedürftigkeit des Conseils und seiner Reglements und die Nothwendigkeit der Erhöhung der Einnahmen des Conseils anerkannt. Dieses Abkommen wird berufen sein, die Grundlage der Berathungen der Conferenz zu Venedig zu bilden, die, indem sie den internationalen Charakter der Sanitäts⸗Institutionen in Egypten wie auch an anderen Orten festhält, hoffentlich das Ziel erreichen wird, ausreichende und wirksame Bürgschaften gegen die Einschleppung der Epidemien aus ihren Brutstätten nach Europa zu schaffen, ohne den Handel und die Schiff⸗ fahrt über das unbedingt nothwendige Maß hinaus zu hemmen oder zu erschweren.
Ueber die Gründe der Entlassung des Justiz⸗Ministers Ferraris erfährt der „Hamb. Corr. 7 Folgendes: Ferraris hätte sich geweigert, die Vollzugsverordnung für die neuen Gesetze über die Landbezirksgerichte zu unterzeichnen, weil darin ohne sein Zuthun wichtige Abänderungen vorgenommen worden seien. Ferner habe er eine Amnestie für die bei. den Un⸗ ruhen am 1. Mai verhafteten sogenannten Anarchisten vor⸗ geschlagen; dieser Vorschlag aber sei, da er in die Amnestie
. auch die Rädelsführer Cipriani, Bardi und andere einschließen
lassen wollte, zuruͤckgewiesen worden. Da Ferraris im Minister⸗ rathmit keinem Antrage durchdrang, sei er um seine Entlassung eingekommen. An seine Stelle soll, sobald die Kammer die Handelsverträge berathen haben wird, der bis⸗ herige Minister fur Ackerbau, Industrie und Handel Chimirri berufen werden, wogegen das Handelsportefeuille von dem Abg. Garelli, einem einflußreichen Mitgliede der Gruppe Giolitti, übernommen werden würde.
Der Papst empfing gestern den belgischen Staats⸗Minister Woeste in mehr als einstündiger Audienz. Wie das „W. T. B.“ vernimmt, hätte sich die Unterredung nicht auf die Haltung der katholischen Deputirten Belgiens gegenüber der Verfassungs⸗ revision bezogen, sondern vielmehr eine kräftigere Förderung der Antisklaverei⸗Bestrebungen mit Hilfe der Katholiken Bel⸗ giens bezweckt. 1 1
Wie der „Germania“ aus Rom gemeldet wird, hat der Papst Msgr. Francesco della Volpe zum Majordomus, Migr. Ottavio Cagiano de Azevedo zum Maestro di Camera, Migr. Rafael Mery del Valle zum Geheimkämmerer ad instar participantium und den Pater Joseph Maria Granniello zum Secretär der Congregation der Bischöfe und Regularen ernannt.
Schweiz.
Der Bundesrath hat wegen der mit Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn vereinbarten Handelsverträge eine Botschaft an die Bundesversammlung gerichtet, in welcher es, dem „W. T. B.“ zufolge, heißt: Jeder der beiden Verträge gewähre dem Lande dasjenige Maß von Befriedi⸗ gung, welches unter Berücksichtigung aller Factoren hätte erwartet werden können. Der Bundesrath empfinde es bitter, daß es nicht gelungen sei, für schwerwiegende Interessen eines ziemlich großen Theils der schweizer Erport⸗Industrie größere Erleichterungen zu Gunsten der Aus⸗ fuhr zu erwirken. Die Schutzzollpolitik der großen Nachbar⸗ staaten hätte aber Interessen geschaffen, welche eine etwas tiefer greifende Beschneidung nicht zu ertragen schienen. Die Landwirthschaft habe wesentliche Vortheile erzielt. Zu Gunsten des Gewerbes sowie einiger für den in⸗ ländischen Absatz arbeitenden Zweige der Groß⸗Industrie seien mit wenigen Ausnahmen im schweizerischen Zoll⸗ tarif solche höhere Ansätze stehen geblieben, wie sie mit den wirthschaftlichen Bedingungen der Schweiz verträg⸗ lich seien. Einigermaßen sei das eine Compensation für manche nicht in genügendem Maße erreichte Herabsetzung der aus⸗ ländischen Zollsätze. Alles in Allem genommen seien die neuen Vereinbarungen annehmbar. — Die Bundesversamm⸗ lung ist zur Ratification der neuen Handelsverträge auf den 18. Januar einberufen worden.
In Zürich haben am 4. d. M. im dortigen Zunfthause „Zum Schneggen“ die Handelsvertrags⸗Verhand⸗ lungen der Schweiz mit Italien begonnen. Nach einer der „Voss. Ztg.“ aus Rom zugehenden Drahtmeldung wären in der ersten Sitzung der beiderseitigen Delegirten die streitigen Punkte des Handelsabkommens festgestellt worden. Man hofft auf eine Erledigung der Berathungen bis zum Zusammentritt der Bundesversammlung.
Bulgarien.
Die mehrfach erwähnte Denkschrift der bulgarischen Regierung über den Fall Chadourne ist, wie die „Agence de Constantinople“ meldet, am Sonnabend in Konstantinopel dem Großvezier übergeben worden. Ueber ihren Inhalt wird weiter mitgetheilt, daß sie ausführt, die Capitulationen hätten hauptsächlich bezweckt, die im ottomanischen Reiche weilen⸗ den Christen sowie die übrigen fremden Culte und den Handel im ottomanischen Reiche zu schützen: die Capitulationen seien überwiegend handelspolitischer Natur und enthielten keine Be⸗ stimmungen uͤber Ausländer, welche gemeinsame Sache mit den Feinden der Ordnung und der Sicherheit des Staats machten.
In derselben Angelegenheit meldet die „Agenzia Stefani“ aus Sofia, der dortige diplomatische Agent Italiens stelle in Abrede, daß die italienische Regierung die Ausweisung
Chadourne’s mißbilligt und daß sich auch der italienische Botschafter in Konstantino pel Reßmann auf der Durchreise in Wien in diesem Sinne geäußert habe. Die italienische Re⸗ gierung habe im Gegentheil auf eine Anfrage der französischen Regierung erklärt, jedem Staate stehe das Recht zu, lästige und gefährliche Ausländer auszuweisen. 8 8
Amerika.
Präsident Harrison hat, wie man der „A. C.“ berichtet, den berufsmäßigen Politikern in den Vereinigten Staaten unlängst eine sehr bittere Enttäuschung bereitet, indem er sich bei der Ernennung von sechs neuen Richtern über ihren Rath hinweggesetzt und sogar zwei Bewerber aus den Reihen der demokratischen Partei gewählt hat. Es sei dies ein weiteres erfreuliches Anzeichen des in den Vereinigten Staaten mehr und mehr um sich greifenden Bestrebens, Recht⸗ sprechung und Politik völlig von einander zu trennen. In Washington ist am Sonnabend im Alter von 75 Jahren einer der ausgezeichnetsten Offiziere der Vereinigten Staaten, der General⸗Major Montgomery Cunningham Meigs gestorben. Er hat den Bau der Vertheidigungswerke an den Küsten und Grenzen der Republik geleitet und war beim Ausbruch des großen Bürgerkrieges General⸗Quartier⸗ meister der Armeen der Nordstaaten. Im Jahre 1873 wurde er nach Europa gesandt, um die militärische Orga⸗ nisation der Staaten auf dem Continent zu studiren, und bei, dieser Gelegenheit auch von Kaiser Wilhelm I. empfangen. Im Jahre 1882 nahm er nach fünfzigjährigem activem Dienst seinen Abschied aus der Armee. Erkundigungen, die „R. B.“ bei der chilenischen Gesandt⸗ schaft in London eingezogen hat, bestätigen die (gestern n. Schl. d. Bl. mitgetheilte, Meldung des „New⸗York Herald“, wonach die chilenische Regierung gegenüber den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika ihrem aufrichtigsten Bedauern über den Angriff auf die Matrosen des Kriegsschiffes „Bal⸗ rimore“ Ausdruck gegeben haben soll. b Der frühere preußische Hauptmann E. Körner, welcher sich in Chile im Kampfe gegen Balmaceda große Verdienste um den Sieg der Verfassungspartei erworben, ist zum Brigade⸗General ernannt worden. Der „N. A. Z.“ ent⸗ nehmen wir darüber Folgendes: 10 Der neu erwählte Präsident von Chile J. Montt hat unter dem 10. November 1891 nachstehenden, vom chilenischen Kriegs⸗Minister l. Holley Legengezeichneten Antrag an den Senat gerichtet: „Mit⸗ bürger des Senats! Herr Emil Körner hat sich im Heere hohes An⸗ sehen erworben. Seine Einsicht, Wissen und Erfahrung haben sich im letzten Feldzuge kund gethan und es liegt im öffentlichen
Interesse, ihn dem Dienst des Landes zu erhalten. Nach
den von Herrn Körner gebrachten Opfern und bestandenen Gefahren ist es auf der anderen Seite gerecht, ihm die wohlverdienten Ehren und Belohnungen zuzuerkennen, und zu dem Ende fordere ich Eure Zustimmung, Herrn Emil Körner zum Brigade⸗General zu er⸗ nennen.“ In derselben Sitzung wurde die Zustimmung zur Ernennung des Herrn Emil Körner zum Brigade⸗General einstimmig, mit 16 Stimmen, ertheilt. vn Herr Körner gehörte bis zum Jahre 1885 der preußischen Feld⸗Artillerie als Hauptmann an und war bis zu dieser Zeit Lehrer an der Artillerie⸗ und Ingenieurschule. Er wurde als⸗ dann als Lehrer der Artilleriewissenschaft und Taktik nach Chile engagirt. 8 5 “
Assien.
Nach in Singapore bis zum 4. Januar eingegangenen Nachrichten des „R. B.“ aus Pahang hat sich der in den dortigen Bergwerken ausgebrochene Aufstand der Malayen jetzt über den gesammten Montanbezirk ausgedehnt. Der britische Resident und der Sultan sind mit einer starken malayischen Truppenmacht von Pulau Tawer nach Temerloh aufgebrochen. Man hofft, der Sultan werde jetzt energische Maßregeln gegen den Führer der Aufständischen Orang Kyah ergreifen. Die Regierung der Straits⸗Settlements hat es noch nicht für nothwendig befunden, eine Truppen⸗Abtheilung von Singapore nach dem Schauplatz des Aufstandes abzusenden.
Afrika.
Nach Meldungen aus Tanger in Marocco haben die Feindseligkeiten der Eingeborenen gegen den Pascha zugenommen. Es ist bereits ein englisches Kanonenboot dort angekommen und weuitere englische Schiffe werden, wie es heißt, folgen. Der diplomatische Vertreter Englands soll laut Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid den Pascha davon benachrichtigt haben, daß zum Schutze der englischen Staats⸗ angehörigen nöthigenfalls englische Marinesoldaten in Tanger landen würden. (Vgl. „Frankreich.“)
Nach einer Meldung der „Times“ aus Kairo vom
d. M. hat die egyptische Regierung beschlossen, telegraphisch je einen französischen, englischen und deutschen Ingenieur zu ersuchen, sich nach Kairo zu begeben, um eine Com mission zu bilden zum Studium der Verbesserung des Gesundheitszustandes der Stadt. Der Auf⸗ enthalt der Ingenieure in Kairo dürfte sechs Wochen dauern, die Remuneration ist auf 600 Pfd. festgesetzt.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nach § 6 Abs. 1 und 2 der Concursordnung sind Rechts⸗ handlungen, welche der Gemeinschuldner nach der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen hat, den Concursgläubigern gegenüber nichtig, und dem andexen Theil ist die Gegenleistung aus der Masse zurückzugewähren, soweit letztere durch diese bereichert ist. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Civilsenat, durch Urtheil vom 24. September 1891 ausgesprochen: Die Ver⸗ pflichtung des anderen Theils zur Herausgabe der auf Grund solcher Rechtshandlungen erlangten Vermögenswerthe an die Concursmasse ist eine unbedingte, gleichviel ob der andere Theil z. Z. der Vornahme der Rechtshandlungen von der Concurseröffnung Kenntniß gehabt hat oder nicht. Dagegen ist der andere Theil für die Erstattung des Werths der durch die nichtige Rechts⸗ handlung erlangten, aber nicht mehr in seinem Besitz befindlichen Ver⸗ mögensstücke nicht unbedingt haftbar, vielmehr regelt sich diese Haft⸗ barkeit nach den landesrechtlichen Vorschriften über Rückgewähr des aus einem nichtigen Rechtsgeschäft Empfangenen.
— Als ein hinterlistiger Ueberfall im Sinne des § 223 a. des Strafgesetzbuchs (betr. Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Ueberfalls) ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 1. Oktober 1891, nicht zu erachten ein zufolge plötzlich ge⸗ faßten Entschlusses unmittelbar von hinten geschehener Angriff.
Statistik und Volkswirthschaft.
Arbeitercolonie für Hamburg. Die Gründung einer „Arbeitercolonie für Hamburg“ ist, wie der „H. C.“ meldet, kurz vor Neujahr in aller Stille durch den seit mehreren Jahren in Hamburg bestehenden „Christlichen Verein“ erfolgt. Es ist zunächst ein Miethslocal im Centrum der Stadt, im Skandinavischen Missionshause, beschafft. Der Verein will arbeits⸗ losen und arbeitslustigen Männern so lange Obdach und Beschäftigung gewähren, bis es ihnen gelungen ist, eine andere lohnende Beschäfti⸗ gung zu finden, und den Arbeitsscheuen die Entschuldigung abschneiden, daß sie keine Arbeit finden könnten. Der Gründer der deutschen Arbeitercolonien, Pastor Dr. von Bodelschwingh aus Bethel bei Bielefeld, wird im Laufe dieses Monats in Hamburg einen Vortrag über Arbeits⸗ und Heimathlose halten. Unfälle bei der Arbeit.
Dem internationalen Congresse, welcher vom 21. bis 26. Sep⸗ tember 1891 in Bern zur Besprechung der Unfälle bei der Arbeit ab⸗ gehalten worden ist, sind über die verschiedenen Seiten dieser Frage und der Aufgabe des Staats zur Verhinderung solcher Unfälle und der Hilfe für die Verunglückten Specialberichte vorgelegt worden. Ueber die Verhandlungen ist überdies ein eingehendes Protokoll aufgenommen worden. Jene Berichte und das Protokoll sind nunmehr in einem stattlichen Bande zusammengestellt, welcher den sämmtlichen Congreßmitgliedern und anderen Intsressenten zugestellt wird. Dieses übersichtlich geordnete, sehr reiche Material wird, wie der Berner „Bund“ schreibt, Behörden, Gesellschaften und Privaten, die sich mit der humanitären Frage beschäftigen, ganz wesentliche Dienste zu leisten geeignet sein. 8 11“
Bevölkerungsstatistik Belgiens.
Der belgische „Staats⸗Anzeiger“ vom 31. Dezember v. J. veröffent⸗ licht eine Uebersicht der Einwohnerzahl sämmtlicher Gemeinden Belgiens am Ende des Jahres 1890, der die „Köln. Ztg.“ Fol⸗ gendes entnimmt: Die Gesammtbevölkerung belief sich auf 6 070 284 Seelen. 1880 zählte Belgien 5 520 009 Einwohner, sodaß es seitdem eine Bevölkerungszunahme von einer halben Million aufweist. Unter den bedeutendsten Städten hatten Einwohner: Brüssel mit den Vorstädten 471 789, Antwerpen 224 012, Gent 148 729, Lüttich 147 660. Außerdem zählten 57 Städte 10⸗ bis 51 000 Einwohner. In allen Gemeinden über 5000 Seelen war die weibliche Bevölkerung stärker als die männliche, auf dem Lande dagegen war das Verhältniß umgekehrt, wodurch sich in ganz Belgien die Zahl der weiblichen Einwohner (3 042 597) mit derjenigen der männlichen (3 027 687) fast gleich stellt. 1
Kunst und Wissenschaft.
Der Privatdocent an der Königlichen Technischen Hochschule, Architekturmaler Professor Paul Gräb, Sohn des auf demselben Gebiete berühmt gewordenen Karl Gräb, ist gestern früh hier im Alter von 50 Jahren gestorben. “ “
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 5. Januar gestellt 9158, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
In Oberschlesien sind am 4. d. M. gestellt 3700, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Anhaltende Stille war die Signatur des Eisenmarktes während der abgelaufenen Woche. Zum Versand kam nur wenig, und wenngleich der Markt augen⸗ blicklich an sich wenig lebhaft ist, so darf die weitere Stille doch noch als Nachwirkung der Festtage betrachtet werden. Anzeichen, daß in der nächsten Zeit eine Besserung des Marktes eintreten werde, sind jedoch noch so gut wie gar nicht vorhanden. In Eisenerzen ist der Verkehr noch wenig lebhaft. Das Geschäft ist flau, und die Preise sind gedrückt. Im Siegerlande finden Erze nur wenig Absatz, und auch in nassauischen Rotheisensteinen ist das Geschäft schwach. Das Roheisengeschäft ist unverändert schleppend. Die Preise sind zwar im Ganzen unver⸗ ändert geblieben, doch versuchen die Kaufer stets, sie zu drücken, trotz⸗ dem sie meist nur kleinere Posten abnehmen. Spiegeleisen ist in letzter Zeit gleichfalls ruhig. Von einem Nutzen kann unter den heutigen Marktverhältnissen und besonders bei den jetzigen Kohlen⸗ preisen keine Rede sein. Auf dem Walzeisenmarkt macht sich ein lebhafterer Eingang von Aufträgen vorläufig noch nicht bemerkbar; da man indessen weiß, daß bei den Großhändlern nennenswerthe Lager⸗ bestände nicht mehr vorhanden sind und der Bedarf endlich einmal an den Markt treten muß, so hofft man, daß in nicht zu ferner Zeit das Geschäft einen Anstoß zum besseren erhalten werde. Sta eisen war vom Inlande her schwach gefragt. Etwas lebhafter ge staltete sich bei einzelnen Werken die Nachfrage vom Auslande, doch giebt man sich in dieser Hinsicht nicht allzu großen Hoffnungen hin. Einige gut situirte Werke haben noch Aufträge für das erste Vierteljahr gebracht, die bei regelmäßigem Eingang der Specification einen mäßigen Gewinn gewähren würden; viel⸗ fach wird jedoch auch auf Lager gearbeitet. Die Preise sind gedrückt und im Verhältniß zu den Kohlen zu niedrig; die officiellen Verbandspreise kommen kaum noch zur Anwendung. In Band⸗ eisen dauert die Zurückhaltung der Käufer und infolge dessen un-⸗ genügende Beschäftigung der Werke fort. In Grobblechen war der Verkehr infolge der Festtage in den letzten Wochen ein sehr geringer, doch war die Tendenz im ganzen eine feste. Die Aufträge sind im allgemeinen bei mäßigem Betrieb für die nächste Zeit ausreichend; Aufträge auf längere Lieferfristen werden noch vermißt. Bis jetzt haben sich Anzeichen eines Umschwunges noch nicht bemerkbar gemacht. Feinbleche sind nach wie vor flau und die Preise gedrückt. Walz⸗ draht, gezogene Drähte und Drahtstifte sind unverändert.
ie Maschinen fabriken und Eisengießereien sind nur zum kleinen Theil befriedigend beschäftigt; die meisten klagen über Arbeits mangel und gedrückte Preise. Die Geschäftslage der Eisenbahn⸗ wagen⸗Fabriken ist unverändert eine gute.
„ — Die „Zeitschrift für das gesammte Actienwesen“, Organ für Commanditgesellschaften auf Actien und Actiengesellschaften und speciell für die Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsraths, die von Josef Bauer in Leipzig herausgegeben wird, hat in Nr. 1 des II. Jahrgangs folgenden Inhalt: Der Vorstand der Actiengesellschaft. Begriff und Charakter des Vorstandes. Recht⸗ liche Stellung der Vorstandsmitglieder. Zusammensetzung und Bestellung des Vorstandes. Qualification für die Vorstands mitglieder und Vergütung für deren Mühewaltung. — Vom Ober⸗Landesgerichts⸗Rath Th. Hergenhahn. — Berufung der Generalversammlung der Commanditisten durch die per sönlich haftenden Gesellschafter. — Die Firma der Commandit gesellschaften auf Actien und der Actiengesellschaften. — Ist der Auf⸗ sichtsrath verpflichtet, in der Generalversammlung zu erscheinen? Von Dir. Dr. Weidemann. — Actienfälschung, begangen von dem Vorsitzenden des Aufsichtsraths. — Vorzeitige Entlassung eines Ge⸗ sellschafts⸗Dir wegen übler Nachrede. — Die rechtliche Natur der Rübenlieferungspflicht der Actionäre. Stempelabgabenpflicht einer zu errichtenden Actiengesellschaft. — Schutzverein für Besitzer von Werthpapieren. — Neue Actiengesellschaften. — Literatur.
Leipzig, 5. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Januar 3,65 ℳ, per Februar 3,65 ℳ, per März 3,65 ℳ, per April 3,67 ½ ℳ, per Mai 3,70 ℳ, per Juni 3,72 ½ ℳ, per Juli 3,72 ½ ℳ, per August 3,77 ½ ℳ, per September 3,77 ½ ℳ, per Oktober 3,77 ½ ℳ, 3,77
per Dezember 3,77 ½ ℳ Umsatz 50 000 kg.
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Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 5. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. er Dampfer „Weser“ ist heute von Lissabon weiter gefahren. er Dampfer „Nürnberg“ hat heute St. Catherines passirt.
— 6. Janugr. (W. T. B.) Der Postdampfer „Baltimore“, vom La Plata kommend, hat am 5. Januar Nachmittags Dover Hassirt.
Hamburg, 5. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Borussia“ ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen.
6. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia;“ ist, von New⸗York kommend, heute Morgen 8 Uhr auf der Elbe einge⸗ troffen.
London, 5. Januar. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Tartar' ist auf der Ausreise am Sonnabend in Capetown an⸗ gekommen. Der Union⸗Dampfer „Spartan“ ist heute auf der Aus⸗ reise von Lissabon abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Dunrobian Castle“ ist auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.
Theater und Musik. G
Am Freitag geht im Königlichen Opernhause „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Rothauser und Lammert, den Herren Sylva und Betz in Scene. Der Oper geht die mythologische Tanzdichtung „Prometheus“ voran. In der am Sonnabend statt⸗ findenden Vorstellung „Die Hochzeit des Figaro“ sind die Damen Leisinger, Dietrich, Herzog und Kopka, die Herren Krolop, Bulß, Stammer und Lieban beschäftigt.
Im Königlichen Schauspielhause wird, wie schon mit⸗
getheilt, Herr Vollmer die Titelrolle des „Eingebildeten Kranken“ spielen; die Frau Argan's wird von Frau Kahle dargestellt. Die weitere Besetzung lautet: Toinette: Fräulein Conrad, Angslique: Frau von Hochenburger, Beralde, Argan’'s Bruder: Herr Keßler, Cleanthe: Herr Purschian, Dr. Diafiarus: Herr Link, Thomas, sein Sohn: Herr Hertzer, Dr. Purgon: Herr Krause, Fleurant, Apotheker: Herr Siegrist, Herr de Bonnefoi: Herr Winter. Im Lessing⸗Theater haben heute die Proben zu dem fünf⸗ actigen Schauspiel „Helga“ von Hans von Hopfen begonnen, welches als nächste Novität am Freitag, 15. d. M., zur Aufführung gelangen soll. Das Stück behandelt einen Conflict aus dem modernen Gesell⸗ schaftsleben. Vorbestellungen für die erste Aufführung werden schon jetzt entgegengenommen und von der Kassenverwaltung schriftlich be⸗ antwortet.
Der angekündigte einactige Schwank „Modebazar Violet“ von Benno Jacobsen, dem Verfasser der im vorigen Jahr an gleicher Stelle mit Beifall gegebenen „Friquette“, geht im Residenz⸗ Theater am Fritag, 8. d. M., zum ersten Male in Scene. Ihm folgt das Repertoirestück „Madame Mongodin“.
Im Belle⸗Alliance⸗Theater findet Sonntag, den 10. Ja⸗ nuar, Nachmittags 3 ½ Uhr, wieder eine Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen (sämmtliche Plätze des Theaters 1 ℳ) statt. Zur Auf⸗ führung gelangt das fünfactige Lustspiel von Gogol „Der Revisor“.