Fortfall des
jie Erhebung eines Schulgeldes in den öffentlichen Volksschulen
det fortan nicht statt. 8 8 8* d. Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf das Fremdenschulgeld (§ 33). Aufbringung der Schullasten in bürgerlichen Gemeinden.
. 37. 1 . In den bürgerlichen Gemeinden werden die Schullasten wie die Kosten der allgemeinen Communalverwaltung aufgebracht. b
3 — 2 * 2*. . Aufbringung der Sthullaften in Gutsbezirken.
. 8. 1 1“ In Gutsbezirken hat der Besitzer des Guts die Schullasten gleich den Gemeinden zu tragen. 9 39 Steht der Gutsbezirk nicht ausschließlich im Eigenthum des Gutsbesitzers, so kann auf dessen Antrag ein Statut erlassen werden, welches die Aufbringung der Koften in dem Gutsbezirk unter Heran⸗ ziehung der in den nicht im Eigenthum des Gutsbesitzers stehenden Theilen des Gutsbezirks vorhandenen Grundbesitzer, Einwohner, zuristischen Personen, Actiengesellschaften, Commanditgesellschaften auf Actien, Berggewerkschaften und eingetragenen Geno senschaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder Hinausgeht (Gesetz vom 27. Juli 1885, Gesetz Samml. S. 327), sowie die Betheiligung derselben an der Verwaltung der Schulangelegenheiten regelt. . Das Statut, welches hinsichtlich der Regelung der Beitragspflicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Vertheilung der Gemeinde⸗ lasten in den ländlichen Gemeinden folgen muß, unterliegt der Be⸗ stätigung durch den Kreisausschuß. Die Vertheilung, Ausschreibung und Einziehung der Abgaben liegt dem Vorsteher des Gutsbezirks ob. 2 Aufbringung der Schullasten in Schulverbänden.
§ 40. 2
In Schulverbänden erfolgt die Aufbringung und Vertheiluug der Kosten der Unterhaltung des gemeinsamen Schulwesens nach den für die Aufbringung und Vertheilung der gemeinsamen Ausgaben in communalen nachbarlichen Verbänden geltenden gesetzlichen Vorschriften.
In denjenigen Provinzen, in denen derartige Vorschriften nicht bestehen, finden bis auf weiteres die betreffenden Vorschriften der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen vom 3. Juli 1891 (Gesetz⸗Samml. S. 233) entsprechende Anwendung.
Der Kreis⸗ (Bezirks⸗) Ausschuß ist befugt, bei der Festsetzung des Maßstabes für die Vertheilung der Beiträge zu den gemeinsamen Ausgaben auf die Mitglieder des Schulverbandes die besonderen Ver⸗
bältnisse, insbesondere etwaige Vorausleistungen (§ 34), die Zahl der
Kinder beziehungsweise Haushaltungen und die Zugehörigkeit eines Verbandsmitgliedes zu mehreren Schulbezirken (Schulverbänden) zu berücksichtigen und hiernach den Maßstab der Vertheilung sowie dem⸗ entsprechend die Vertretung und das Stimmverhältniß der Betheiligten anderweit zu bestimmen.
Die Vereinbarung der Betheiligten beziehungsweise das Verbands⸗ statut unterliegt hinsichtlich des Vertheilungsmaßstabes der⸗ Ge⸗ nehmigung beziehungsweise Festsetzung des Regierungs⸗Präsidenten, wenn von einem Verbandsmitglied ein staatlicher Ergänzungszuschuß (§ 189) beansprucht wird.
Ihren Antheil an den Lasten des Schulverbandes hat jede Ge⸗
meinde (Gutsbezirk) für sich aufzubringen (§§ 37 bis 39) und an die Kasse des Schulverbandes abzuführen.
Leistungen Dritter für Schulzwecke. Schulstiftungen. Kirchliche
Interessenten. § 41.
Die besonderen Schulstiftungen, mit Einschluß der unter die Verwaltung kirchlicher Organe gestellten, zu Schulzwecken bestimmten Sitiftungen und die sonstigen zu Schulzwecken bestimmten kirchlichen Vermögensstücke bleiben ihren Zwecken erhalten.
Dasselbe gilt von denjenigen Vermögensstücken, welche bei der Vereinigung eines Kirchen⸗ und Schulamts schon bisher zugleich für Schul⸗ und für kirchliche Zwecke bestimmt gewesen sind. An der her⸗ kömmlichen Betheiligung der kirchlichen Organe bei der Verwaltung
dieses Vermögens wird durch dieses Gesetz nichts geändert.
§ 42.
Wo mit dem Volksschulamte ein kirchliches Amt vereinigt ist, sind die Kosten des Baues und der Unterhaltung der Gebäude von den Gemeinden (Gutsbezirken, Schulverbänden) und denen, welche für den Wohnungsbedarf des Inhabers des kirchlichen Amtes zu sorgen haben, zu gleichen Antheilen zu tragen. Jedoch sind die ausschließlich für Schulzwecke bestimmten Gebäudetheile und Räume nebst Zubehör von den zur Unterhaltung der Schule Verpflichteten, die ausschließlich
wkirchliche Zwecke bestimmten Gebäudetheile und Räume nebst Zu⸗ behör von den zur Unterhaltung der kirchlichen Gebäude Verpflichteten zu erbauen und zu unterhalten.
Behandlung des bisherigen Schulvermögens.
Das Volksschulzwecken gewidmete Vermögen der Schulgemeinden (Schulsocietäten, Schulverbände), welche bisher als selbständige cor⸗ porative Volksschulverbände bestanden haben, sowie der Volksschulen, welche bisher als selbständige juristische Personen bestanden haben, einschließlich des für Volksschulzwecke bestimmten Stiftungsvermögens, bleibt mit allen daran haftenden Rechten und Pflichten für die einzelnen Schulen als besondere Schulstiftung bestehen. .2
Die Vertretung der Schulstiftung in rechtlicher Beziehung steht den Schulvorständen zu. Die Verwaltung derjenigen Vermögensstücke, welche unmittelbare Verwendung für Schulzwecke finden (Schulräume,
Schulgeräthe, Dienstwohnungen, Spiel⸗ und Turnplätze u. . f.), erfolgt
durch die zur Unterhaltung der Schule kraft dieses Gesetzes verpflich⸗
teten bürgerlichen Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände). Im
übrigen wird das Vermögen von den Schulvorständen für Rech⸗
der Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände) verwaltet.
8 Schulvorstände sind gehalten, über die Verwaltung des⸗
selben den Gemeinden (Gutsbezirken, Schulverbänden) alljähr⸗
lich Rechnung zu legen. Der Ertrag dieses Vermögens ist, soweit erforderlich, von der Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) zur Unter⸗ haltung der betreffenden Schule zu verwenden. Ein Rückgriff auf das
Vermögen selbst ist nur soweit zulässig, als es dem Stiftungszweck eutspricht. Die Schulvorstände sind berechtigt, die Vertretung und Verwaltung des vorbezeichneten Vermögens den Gemeinden (Guts⸗ bezirken, Schulverbänden) zu übertragen. 1
Wird der bisherige Bezirk der Schule in mehrere Schulbezirke getheilt, so geht das im Absatz 1 bezeichnete Vermögen auf diejenigen bürgerlichen Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände) über, für deren Einwohner die betreffende Schule bisher bestimmt war. Die Aus⸗ rinandersetzung zwischen denselben erfolgt auf dem im § 34 vorge⸗ chriebenen Wege.
22 . 2. . — 44.
Besteht ein Gutsbezirk als besonderer Schulbezirk, so bildet das zach § 43 Absatz 3 auf ihn übergegangene Vermögen eine besondere ö Bei Aufhebung des Gutsbezirks oder bei einer ander⸗ weiten Regelung der Schulbezirke erfolgt die Verfügung über die Stiftung nach Maßgabe des im § 34 vorgeschriebenen Verfahrens.
2.
DSpoweit das in den⸗§§ 43, 44 bezeichnete Vermögen in Grund⸗ tücken, dinglichen Rechten, Hypotheken oder Grundschuldforderungen besteht, ist die Eintragung im Grundbuche auf den Namen der Schul⸗
stiftung beziehungsweise in den Fällen des §. 43 Absatz 3 und § 44
auf den Namen der berechtigten bürgerlichen Gemeinde (Schulver⸗ bandes, Schulstiftung) kosten⸗ und stempelfrei zu bewirken, sobald die Berechtigten darauf antragen und der Regierungs⸗Präsident den Ver⸗ mögensübergang bescheinigt.
H
3 2 § 46.
“ vbisher für Volksschulzwecke bestimmt gewesene oder dafür
benützte Vermögen der. hürgerlichen Gemeinden und Gutsbezirke sowie s in den §§ 43 bis 45 bezeichnete Vermögen bleibt auch ferner
seiner Bestimmung erhalten. . Verhältnisse der Garnisonschulen und der Anstaltsschulen.
„ 1 „ 2— 2d 7. —
In den Rechtsverhältnissen der Garnisonschulen, sowie solcher
—
. welche mit Anstalten verbunden sind, die anderen Zwecken dienen, wird durch dieses Gesetz nichts geändert (vergl. § 108). Regelung der Pegss der Schulfonds.
Scoweit eine anderweite Ordnung der Verhältnisse derjenigen, anz oder theilweise Schulzwecken gewidmeten Fonds, welche ne ass ejondere Stiftungen bestehen und nicht für eine besondere Schule bestimmt sind (§§, 43 bis 45), durch gegenwärtiges Gesetz erforderlich wird, erfolgt solche mit Rücksicht auf die bisherige Zweckbestimmung mit Königlicher Genehmigung durch den Unterrichts⸗Minister und den Finanz⸗Minister. 82 . 82 Verpflichtungen Dritter e besonderen Rechtstiteln.
Schulen,
Die auf besonderen Rechiettteln beruhenden Verpflichtungen Dritter zur Schulunterhaltung oder zu Leistungen für Schulzwecke bleiben bestehen. Von den bisherigen Leistungen des Fiscus im Um⸗ fange der Schulordnung für die Provinz Preußen vom 11. Dezember 1845 werden nur diejenigen fortgewährt, welche in dem § 45 Nr. 4 und 5 daselbst bestimmt sind, und nur mit der Maßgabe, daß diese Leistungen für die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes neu errichteten Schulstellen ohne Entschädigung der Domänendörfer in Fortfall kommen, sowie daß an Stelle der Lieferung des Brennbedarfs in Holz oder Torf eine Geldrente tritt, welche auf 2,50 ℳ für das Cubikmeter weiches Klobenholz zu bemessen ist.
Aufhebung bisheriger Verpflichtungen. . 50.
Alle sonstigen auf Gesetz oder Gewohnheitsrecht, Bezirks⸗, Orts⸗ oder Schulverfassung, Observanz oder Herkommen beruhenden rechtlichen Verpflichtungen zu Schulleistungen fallen fort, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz abweichende Bestimmungen enthält.
— Dritter Abschnitt. 8 Verwaltung der Volksschulangelegenheiten. Schulbehörden.
§ 51. 3
Die Verwaltung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) zu und erfolgt nach den Vorschriften der Gemeindeverfasst. gsgesetze, in Schulverbänden vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes nach den für communale nachbarliche Verbände gegebenen Vorschriften.
In denjenigen Provinzen, in welchen für die Verwaltung und Beaufsichtigung von communalen nachbarlichen Verbänden besondere Vorschriften nicht bestehen, finden in gleicher Weise bis auf weiteres die Vorschriften des vierten und fünften Titels der Landgemeinde⸗ ordnung für die sieben östlichen Provinzen vom 3. Juli 1891 (Ge⸗ setz⸗Samml. S. 233) ““
Findet im Gutsbezirk eine Untervertheilung der Volksschullasten statt, so wird zur Verwaltung der Schulangelegenheiten ein besonderer Schulausschuß eingesetzt, welcher aus dem Gutsvorsteher oder dessen Stellvertreter oder aus den von den Schullastenpflichtigen gewählten Mitgliedern besteht.
Die Zusammensetzung des Schulausschusses, die Stimmrechte seiner Mitglieder und die Art der Wahl derselben werden durch ein vom Kreisausschusse zu bestätigendes beziehungsweise festzusetzendes Statut geregelt.
In Betreff der Verpflichtung zur Uebernahme des Amts und in Betreff der Enthebung im Wege des Disciplinarverfahrens gelten die für unbesoldete Gemeindebeamte bestehenden gesetzlichen Vor⸗ schriften.
§ 54. 1 Die Aufsicht über die Verwaltung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule wird vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes unter Oberleitung des Unterrichts⸗Ministers von den Regierungs⸗Präsidenten und den Landräthen nach Maßgabe der Ge⸗ meindeverfassungsgesetze geübt. 9 55 55.
Für die Aufsicht über die Verwaltung des Schulstiftungsvermögens (§§ 41, 43, 44) finden, unbeschadet der für die Verwaltung der kirch⸗ lichen Organe bestehenden Aufsicht, die Vorschriften der Gemeinde⸗ verfassungsgesetze sinngemäße “
§ 56.
Die Leitung und Beaufsichtigung der inneren Volksschulangelegen⸗ heiten wird unter Oberleitung des Unterrichts⸗Ministers von dem Regierungs⸗Präsidenten geübt, sofern in diesem Gesetze nicht ander⸗ weite Vorschriften getroffen sind.
§ 257. 1 en Stadtkreis Berlin tritt das Provinzial⸗Schulcollegium elle des Regierungs⸗Präsidenten. Ordnung der Verhältnisse in den Grafschaften Wernigerode olberg wird durch Königliche Verordnung bestimmt.
e 2 1
Der Regierungs⸗Präsident (Provinzial⸗Schulcollegium in Berlin) kann sich zur Durchführung seiner Anordnungen der einfachen und verstärkten Kreis⸗(Stadt⸗) Schulbehörden, der Landräthe und Schul⸗ aufsichtsbeamten bedienen, dieselben mit Anweisung versehen, auch ihnen innerhalb ihres Geschäftskreises einzelne Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung übertragen.
Gegen die Anordnungen derselben findet vorbehaltlich der be⸗ sonderen Bestimmungen dieses Gesetzes die Beschwerde an den Re⸗ gierungs⸗Präsidenten statt.
Kreis⸗Schulbehörde. In jedem Landkreis wird für die Schulen auf dem Lande eine Kreisschulbehörde gebildet.
Gehören Schulverbände mehreren Kreisen, Regierungsbezirken oder Provinzen an, so wird die Zuständigkeit durch den Regierungs⸗ Präsidenten beziehungsweise Ober⸗Präsidenten oder Unterrichts⸗Minister bestimmt.
§ 61.
„Die Kreisschulbehörde besteht aus dem Landrath und dem zu⸗ ständigen Kreisschulinspektor. In denjenigen Fällen, in welchen das Gesetz die Beschlußnahme der verstärkten Kreisschulbehörde über⸗ trägt (§§ 19, 21, 33, 147), treten diesen Beamten die gewählten Mitglieder des Kreisausschusses mit beschließender Stimme hinzu.
Die Kreisschulbehörde ist zur Mitwirkung an der Beaufsichtigung der Volksschulangelegenheiten nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes berufen. 8
§ 63.
Für die Beschlußfähigkeit de genügt die Anwesenheit eines ständigen und zweier zutretenden Mit⸗ glieder. Nehmen die beiden ständigen Mitglieder an der Beschluß⸗ fassung theil, so müssen mindestens drei zutretende Mitglieder an⸗ wesend sein. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Anwesenheit einer geraden Zahl von Mitgliedern nimmt das dem Lebensalter nach jüngste zutretende Mitglied an der Abstimmung keinen Antheil.
verstärkten Kreisschulbehörde
§ 64.
Bei Anwesenheit des Landraths führt dieser den Vorsitz. Im übrigen wird der Geschäftsgang bei den Kreisschulbehörden durch ein vom Unterrichts⸗Minister zu erlassendes Regulativ geordnet.
Dem Landrath liegt hauptsächlich die Erledigung der äußeren Angelegenheiten und die Besorgung der Bäerancges äftr ob, dem Schulaufsichtsbeamten die Ueberwachung des inneren Dienstbetriebes der Volksschulen.
Stadtschulbehörde. 8 § 65.
In jeder Stadt wird eine Stadtschulbehörde gebilder. Die Zuständigteit der Stadtschulbehörde erstreckt sich auch auf die Schulen der etwa mit der Stadt zu einem Verbande vereinigten Land⸗ gemeinden (Gutsbezirke). 8
Die Stadtschulbehörde besteht aus dem
—
Bürgermeister und dem
teres Mitglied des Magistrats mit beschließender Stimme hinzu. In
betheiligten Kreis⸗Schulinspector. In denjenigen Fällen, in welchen dieses Gesetz die Beschlußnahme der verstärkten Stadtschulbehörd überträgt (§§ 6, 19, 21, 33), treten diesen Beamten zwei von Stadtverordneten⸗Versammlung auf sechs Jahre gewählte Mitglieder dieser Versammlun
und ein von dem Bürgermeister ernanntes wei⸗ denjenigen Städten, in denen ein collegialischer Gemeindevorstand nicht besteht, wird das ernannte Mitglied aus der Zahl der Schöffen oder der Beigeordneten entnommen. Den Stadtgemeinden, die einen besonderen Stadtkreis bilden, bleibt überlassen, die Zahl der wählten und ernannten Mitglieder in gleichem Verhältniß bis das Dreifache zu erhöhen. Sind Landgemeinden (Gutsbezirke) mit einer Stadt zu einem Verbande vereinigt, so treten die Vorsteher derselben der verstärkten Stadtschulbehörde hinzu. . 67.
Auf die Stadtschulbehörde finden die Vorschriften der §§ 62 biz
64 entsprechende Anwendung. Der Schulvorstand. 1 § 68. „Für jede einzelne Schule wird ein besonderer Schulvorstand ein⸗ gesetzt. . 8 Der Schulvorstand hat die Interessen der Schule wahrzunehmen und den Gemeinde⸗ und Schulbehörden helfend und berathend zur Seite zu stehen. § 69.
Zu den Befugnissen und Obliegenheiten der Schulvorstände ge⸗ hört insbesondere:
1) die Mitwirkung bei der Anstellung und Pensionirung von und Lehrerinnen der öffentlichen Volksschulen (§§ 117, 20, 167); . w
2) die gutachtliche Aeußerung bei der Festsetzung der Lehrpläne,
soweit eine besondere Vefächbcheenas der örtlichen Verhältnisse statt⸗
finden soll (§ 6), und bei der Festsetzung der Stundenpläne;
2
3) die gutachtliche Anhörung bei Uebertragung anderweiter Lehr⸗
stunden an den Religionslehrer, welcher bei confessionell eingerichteten
Schulen für die Kinder einer anderen Confession angestellt ist (§ 17);
5. 9 5 Pachtliche Aeußerung bei Einrichtung von Schulbesuchs⸗
ezirken 22*
. 5) die gutachtliche Aeußerung bei einer Aenderung der Schu
einrichtungen 8 6) die Theilnahme an den Schulprüfungen;
2) die jährlich mindestens einmalige Theilnahme an den Revisionen
der Schulen durch die Schulaufsichtsbeamten;
8) die Kenntnißnahme von dem Verhalten der Lehrer und Lehrerinnen;
9) die gutachtliche Aeußerung bei Gewährung eines über vier Wochen dauernden Urlaubes;
10) die gutachtliche Aeußerung bei Ertheilung der Genehmigung zur Uebernahme von Nebenämtern und Nebenbeschäftigungen;
11) die Mitwirkung bei der Ueberwachung des Schulbesuchs und bei Feststellung und Bestrafung der Schulversäumnisse (§ 87);
12) die Mitwirkung bei der Handhabung der Schulzucht und Be⸗ Seichtigung des sittlichen Verhaltens der Kinder außerhalb der Schule;
13) die Erstattung der von der Schulaufsichtsbehörde von ihnen geforderten Gutachten;
8 “ Verwaltung des speciellen Schulvermögens (vergl. §§ 41, 43).
Auf die in äußeren Angelegenheiten hervortretenden Mängel hat der Schulvorstand die Verpflichteten zur Abhilfe aufmerksam zu machen. Nöthigenfalls ist der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde Anzeige zu erstatten. 1 1
Ueber eintretende Epidemien ist der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde alsbald zu berichten. Bei Gefahr im Verzuge ist der Schulvorstand berechtigt, die Schule einstweilen zu schließen, h.
Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde 15 zu erstatten. 71 .
Der Schulvorstand besteht:
1) aus dem Orts⸗Schulinspector als Vorsitzenden.
Sofern der Orts⸗Schulinspector nicht zugleich der mit der Leitung des Religionsunterrichts betraute Geistliche sein sollte, aus
2) dem mit der Leitung des Religionsunterrichts betrauten und zum Besuch desselben befugten Geistlichen oder Religionsdiener;
3) einem der an der Schule definitiy angestellten, von der Kreis⸗ Stadt⸗) Schulbehörde dazu ernannten Lehrer;
4) aus sämmtlichen Vorstehern der zur Schule gehörigen Ge⸗ meinden (Gutsbezirke) beziehungsweise deren Vertretern;
5) aus mehreren und zwar mindestens drei Mitgliedern, welche von den zur Schule gehörigen Hausvätern gewählt werden. —
Für die Fälle, in denen der Drts Schulinspector verhindert ist, Vorsitz zu führen, wählt der Schulvorstand einen Stellvertreter. An Berathungen und Beschlüssen über solche Gegenstände, welche das Privatinteresse eines Mitgliedes des Schulvorstandes oder seiner Angehörigen berühren, darf das betreffende Mitglied nicht theil⸗ nehmen.
§ 71.
Wahlberechtigt und wahlfähig als Hausvater (§. 70 Nr. 5) ist jede im Schulbezirke wohnhafte und zu der betreffenden Schule ge⸗ wiesene selbständige männliche Person, welche das dreißigste Lebensjahr vollendet hat. In Betreff der Verpflichtung zur Uebernahme der
den
Stellen gelten die für unbesoldete Gemeindebeamte bestehenden ge⸗
setzlichen Vorschriften.
Die Zahl und die Vertheilung der zu wählenden Hausväter auf ie zu einem Verbande gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke wird durch ein vom Kreisausschuß zu bestätigendes beziehungsweise beim Mangel einer Einigung der Betheiligten festzustellendes Statut bestimmt.
Im übrigen wird die Art der Wahl in den Gemeinden (Guts⸗ bezirken) durch die Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde allgemein geordnet.
Die gewählten Mitglieder Schulvorstandes können aus Gründen, Beamten aus seinem Amte rechtfertigen (§ 2 des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, Gesetz⸗Samml. S. 465), im Wege des Disciplinarverfahrens ihrer Stellen enthoben werden.
Für das Disciplinarverfahren gelten die Vorschriften des ge⸗ nannten Gesetzes mit folgenden Maßgaben:
Die Einleitung des Verfahrens sowie die Ernennung des Unter⸗ suchungs⸗Commissars erfolgt durch den Regierungs⸗Präsidenten.
Die entscheidende Behörde erster Instanz ist für Mitglieder städtischer Schulvorstände der Bezirksausschuß, für Mitglieder länd⸗ licher Schulvorstände der Kreisausschuß. Die entscheidende Behörde zweiter Instanz ist das Ober⸗Verwaltungsgericht.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft wird für das Verwaltungsgericht vom Unterrichts⸗Minister, im übrigen Regierungs⸗Prasidenten ernannt.
Ober⸗ vom — * „ 73. 8 „ Bestehen in einer Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) mehrere Schulen derselben Confession oder derselben Schulverfassung, so kann für dieselben durch Gemeinde⸗(Gutsbezirks⸗, Schulverbands⸗) Beschluß je ein gemeinsamer Schulvorstand 218 werden. Auf die Zu⸗ jammensetzung desselben finden die §§ 70, 71 sinngemäße Anwendung⸗ Die Behandlung und die Vertheilung der Geschäfte im Schul⸗ vorstand wird durch eine von der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde zu erlassende Anweisung geregelt. Vierter Abschnitt. und Bestrafung der Schulversäumnisse⸗
Schulpflicht 1— 8 Privatunterricht.—
Jedes Kind hat den Unterricht
öffentliche Volksschule vorgeschrieben sst. 8 1
hat aber sofort der
zu empfangen, welcher für di
„
Beginn der Schulpflicht. § 76
Die Schulpflicht eines Kindes beginnt mit dem, auf das voll⸗
andete sechste Lebensjahr vol enden Aufnahmetermin.
Kinder, welche innerhalb dreier Monate nach einem Aufnahme⸗ termin das sechste Lehensjahr vollenden, können auf Antrag der Eltern oder deren Stellvertreter in die öffentliche Volksschule auf⸗
ommen werden, wenn sie die für den Schulbesuch erforderliche rxerliche und geistige Reife besitzen.
Der Beginn des schulpflichtigen Alters kann von dem Re⸗ jerungs⸗Präsidenten für bestimmte Bezirke aus örtlichen Gründen bis zur Dauer eines Jahres und von der Kreis⸗(Stadt⸗) Schulbehörde zus persönlichen Gründen für körperlich oder geistig nicht genügend etwickelte Kinder auf angemessene Zeit hinausgeschoben werden.
Ende der Schulpflicht. § 77. ,
Die Schulpflicht eines Kindes endet mit dem auf das vollendete vierzehnte Lebensjahr folgenden Entlassungstermin. 1
Die Kreis⸗(Stadt⸗) Schulbehörde trifft darüber Bestimmung, ob die Entlassung aus der öffentlichen Volksschule einmal oder zweimal im Jahre stattfinden soll. 8 8 1b
Findet nur einmalige Entlassung statt, so müssen doch Kinder, welche im Laufe des ersten Schulhalbjahres das vierzehnte Lebensjahr vollenden, mit Schluß dieses Halbjahres auf Antrag der Eltern oder deren Stellvertreter aus der Schule entlassen werden. .
In der Provinz Schleswig⸗Holstein kann, soweit bisher ein späteres Lebensjahr als Ende der Schulpflicht üblich war, es hierbei durch Beschluß der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde belaj
is Schulbe ssen werden. Inhalt der Schulpflicht. 1
Vorbehaltlich der Bestimmung des § 17 ist die Theilnahme an
ellen Unterrichtsgegenständen der öffentlichen Volksschule allgemein verbindlich.
Schulpflicht der blinden und taubstummen Kinder.
§ 79.
Blinde und taubstumme Kinder sind der Schulpflicht nur soweit unterworfen, als besondere Veranstaltungen für ihren Unterricht vor⸗ handen sind.
Für taubstumme Kinder dauert das schulpflichtige Alter bis zum vollendeten sechzehnten Lebensjahre. 8 Behandlung der nicht in einer öffentlichen Volksschule unterrichteten
b Kinder.
Zum Besuche der öffentlichen Volksschule sind diejenigen Kinder nicht verpflichtet, welche im Inlande in einer anderen öffentlichen Schule oder in einer Privatschule oder von einem Hauslehrer nach einem Lehrplan unterrichtet werden, durch welchen mindestens die Lehr⸗ jiele der öffentlichen Volksschule erreicht werden. Falls diese Vor⸗ aussetzungen nicht zutreffen, ist die Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde be⸗ fugt, den Besuch der öffentlichen Volksschule anzuordnen.
Der Verzicht auf die Benutzung der öffentlichen Schule begründet keinen Anspruch auf Befreiung von den zur Unterhaltung der öffent⸗ lichen Volksschule zu erhebenden Beiträgen.
Bestimmungen für Privatunterricht.
§ 81.
Für Privatunterricht, welcher die Ziele der Volksschule verfolgt, gelten folgende Bestimmungen:
Zur Ertheilung von Unterricht, wie zur Begründung und Leitun von Unterrichtsanstalten wird jeder Preuße zugelassen, welcher sei sittliche, wissenschaftliche und technische Befähigung der betreff Staatsbehörde nachgewiesen hat.
Als Leiter (Leiterin) von Privatschulen dürfen insbesondere nur Lehrpersonen, welche die Rektoratsprüfung (Schulvorsteherinnen⸗ Prüfung) vor einer preußischen Prüfungscommission bestanden haben, zugelassen werden, als Lehrer (Lehrerinnen) nur solche Lehrpersonen, welche den für die Lehrthätigkeit an einer Volksschule erforderlichen Befähigungsnachweis besitzen.
Für Hauslehrer wird die Befähigung ohne weiteres als vor⸗ handen angenommen: bei Geistlichen (Predigern, Predigtamts⸗Candi⸗ daten beziehungsweise Priestern) der vom Staat anerkannten Religionszefellschaften, bei Lehrern und Schulamts⸗Candidaten, bei Studirenden, und sofern es sich nur um Nachhiifeunterricht eines eine öffentliche Schule besuchenden Kindes handelt, bei Schülern der beiden
) enden
oberen Klassen höherer Lehranstalten,
Wer auf Grund der Vorschrift des § 81 beabsichtigt, eine Unter⸗ richtsanstalt zu gründen oder die Leitung einer solchen oder eine Lehrer⸗ (Lehrerinnen⸗) Stelle an einer solchen zu übernehmen oder häuslichen Unterricht zu ertheilen, hat dieses zuvor unter Nachweis seiner Befähigung der Kreis⸗(Stadt⸗) Schulbehörde anzuzeigen. Die letztere hat binnen einem Monat zu erklären, entweder, daß sie gegen die Befähigung nichts zu erinnern habe, oder daß sie dieselbe als vor⸗ handen nicht anerkenne und im letzteren Falle die Thatsachen, welche den Mangel der Befähigung begründen, anzugeben. Gegen den Bescheid findet die Beschwerde an den Bezirksausschuß statt.
Mit der Anzeige von der Absicht, eine solche Unterrichtsanstalt zu gründen, ist der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde außerdem ein Lehr⸗ plan einzureichen.
Derselbe ist von dem Regierungs⸗Präsidenten festzusetzen. Aende⸗ rungen des Lehrplanes sind vor Einführung derselben zur Ge⸗ nehmigung in dem gleichen Verfahren vorzulegen. Wird der Lehrplan beziehungsweise werden die beantragten Abänderungen nicht ge⸗ nehmigt, so steht dem Antragenden die Beschwerde an den Unter⸗ richts⸗Minister zu.
Bevor die Befähigung zur Ertheilung von Unterricht oder Gründung oder Leitung von Unterrichtsanstalten seitens der zu⸗ ständigen Behörde anerkannt und bevor der Lehrplan genehmigt ist, darf mit der Ertheilung von Unterricht oder mit der Eröffnung der Unterrichtsanstalt nicht begonnen werden.
Treffen die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die Erthei⸗ lung von Privatunterricht und die Leitung von Privat⸗Unterrichts⸗ anstalten erfolgen darf (§§ 81, 82), nicht mehr zu, so kann durch einen mit Gründen zu versehenden Beschluß des Bezirksausschusses die fernere Unterrichtsertheilung oder Anstaltsleitung bei Vermeidung
gesetzlichen Zwangsmittel untersagt werden. G
Gegen diesen Beschluß ist der Antrag auf mündliche Verhand⸗ lung beziehungsweise Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgericht zulässig.
Der Privatunterricht untersteht der Aufsicht des Regierungs⸗ Präsidenten. Derselbe kann die letztere den Kreis⸗ (Stadt⸗) Schul⸗ hörden übertragen oder durch besondere Beauftragte ausüben lassen. Zwangsweise Zuführung 85 Kindern zur Volksschule. Keinder, welche zum Besuch S. öffentlichen Volksschule verpflichtet sind, können derselben nach näherer Anordnung der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde zwangsweise zugeführt werden, wenn sie die Schule
ehne genügenden Grund beharrlich versäumen. 8 Bestrafung der Schulversäumnisse.
§ 85. 1 EFrltern und deren Stellvertreter, insbesondere alle diejenigen Per⸗ sonen, deren Obhut schulpflichtige Kinder unterstellt sind, sowie Dienst⸗ und Lehrherren haben dafür Sorge zu tragen, daß die zum Besuch der öffentlichen Volksschule verpflichteten Kinder den Unterricht regel⸗ mäßig besuchen.
§ 86.
Ia S Wird der Unterricht ohne genügenden Grund versäumt, so werden die im § 85 bezeichneten Personen für jeden Tag, an welchem eine solche Versäumniß stattfindet, mit einer Ordnungsstrafe von zehn fennigen bis zu zwei Mark, und, falls diese nicht beigetrieben werden ann, mit Haft von drei Stunden bis zu zwei Tagen bestraft.
Statt der Haft kann während der für dieselbe bestimmten Dauer derjenige, gegen welche die Strafe festgesetzt ist, ohne in Haft ge⸗ genommen zu werden, zu Gemeindearbeiten, welche seinen Verhält⸗ nissen und Fähigkeiten angemessen sind, angehalten werden. —
Die an Stelle einer nicht beizutreibenden Ordnungsstrafe ein⸗
zur
tretende Haft kann vollstreckt werden, ohne daß der Versuch der Bei⸗ treibung der Geldstrafe den zur Zahlung Verpflichteten gemacht worden ist, sofern die Zahlungsunfaähigkeit desselben ortskundig ist. Die Ordnungsstrafen fließen zur Kasse des Schulbezirks (Schul⸗ verbands). „ — § 8
Der Schulvorstand hat die Fälle einer Versäumniß des Unter⸗ richts zu prüfen und die Strafe nach Ausschluß der Fälle, welche er nach dem Ergebniß seiner Ermittelungen im Einverständniß mit dem Orts⸗Schulinspector für entschuldigt erachtet, durch Beschluß festzusetzen.
Gegen die Festsetzung des Schulvorstandes fteht sowohl dem Beschuldigten wie dem Orts⸗Schulinspector binnen zehn Tagen die Berufung an die Kreis⸗(Stadt⸗) Schulbehörde zu. Der Beschluß der⸗ selben ist endgiltig.
Die rechtskräftig gewordenen Beschlüsse sind von dem Vorsteher derjenigen Gemeinde (Gutsbezirk), in welcher der Bestrafte wohnt, zu vollstrecken.
Die näheren Anordnungen über das Verfahren werden von dem Unterrichts⸗Minister getroffen. 2. 1
88. I
Arbeitgeber, welche schulpflichtige Kinder während der Unterrichts⸗ unden, zu deren Besuch sie verpflichtet sind, beschäftigen oder die zeschäftigung solcher Kinder in ihrem Dienst während der Unter⸗ richtsstunden durch ihre Aufseher, Gehilfen oder Arbeiter dulden, wer⸗ den, sofern nicht nach den Bestimmungen der Reichs⸗Gewerbeordnung eine härtere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe von einer Mark bis zu einhundert und fünfzig Mark und, falls diese nicht beizutreiben ist, mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft.
Die Bestrasung erfolgt in dem durch das Gesetz vom 23. April 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 65) vorgeschriebenen Verfahren.
Verpflichtung zur Beschaffung der Lernmittel.
Eltern und deren Stellvertreter sind verbunden, nothwendigen Lernmittel, sowie das nothwendige Material für weib⸗ liche Handarbeiten anzuschaffen. Unterlassen sie dies, so werden die Lernmittel und das Material aus der Kasse des Schulbezirks (Schul⸗ verbands) angeschafft und die Kosten von den Pflichtigen, sofern nicht ihre Armuth ortskundig ist, im Verwaltungswege beigetrieben.
Beschulung blinder, taubstummer, kranker, idioter und verwahrloster Kinder.
Von den für den Unterricht blinder und taubstummer Kinder be⸗ stimmten Veranstaltungen ist für diese Kinder Gebrauch zu machen, sofern für ihren ausreichenden Unterricht nicht anderweit üs die Veranstaltungen von ihrem Wohnort aus besucht werden önnen.
Gegen Eltern und deren Stellvertreter, welche für die Erfüllung dieser Pflicht nicht Sorge tragen, finden die Vorschriften der §§ 86 ff. mit der Maßgabe Anwendung, daß derjenige Schulvorstand über die Versäumnisse zu befinden hat, welcher zuständig sein würde, wenn das Kind die öffentliche I1“ besuchen hätte.
806
Blinde Kinder, welche das sechste, taubstumme Kinder, welche das achte Lebensjahr zurückgelegt haben und genügend entwickelt und bil⸗ dungsfähig sind, sind während des schulpflichtigen Alters von Obrig⸗ keitswegen an einem innerhalb der Provinz belegenen Orte, an welchem sich eine Blinden⸗ beziehungsweise Taubstummenanstalt befindet, unter⸗ zubringen, sofern nicht anderweit für einen ausreichenden Unterricht derselben gesorgt ist.
Kinder, welche wegen körperlicher oder geistiger Mängel nicht mit Erfolg oder nicht ohne erhebliche Gefahr für die andern Kinder am Schulunterricht theilnehmen können, dürfen nach Entscheidung der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde vom Unterricht ausgeschlossen werden. Dieselben sind von Obrigkeitswegen, soweit erforderlich, bis zum vollendeten sechzehnten Lebensjahr in eine geeignete Erziehungsanstalt unterzubringen.
§ 92.
Ueber die Zulässigkeit der Unterbringung (§ 91) hat das Vor⸗ mundschaftsgericht auf Antrag der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde zu beschließen.
Dasselbe hat vor der Beschlußfassung die Eltern, sofern deren Vernehmung ohne erhebliche Schwierigkeiten erfolgen kann, bei Mün⸗ deln außerdem den Vormund oder Pfleger zu hören, und die gut⸗ achtliche Aeußerung des Waisenrathes einzuholen. Das Vormund⸗ schaftsgericht kann Zeugen eidlich vernehmen.
§ 93.
Der Beschluß des Vormundschaftsgerichts ist in einer Schluß⸗ verhandlung zu verkünden. Von dem zur Schlußverhandlung anbe⸗ raumten Termine ist außer den im § 92 genannten Personen und Behörden der Schulvorstand, sowie der Gemeinde⸗ (Guts⸗, Verbands⸗) Vorstand zu benachrichtigen. Dieselben sind berechtigt, über den Gegenstand der Verhandlung ihre Erklärung in diesem Termine oder vorher schriftlich abzugeben. 8
§§ 92 und 93 genannten Personen und Behörden das Recht der Be⸗ schwerde zu, den Eltern jedoch nur dann, wenn der Beschluß auf Unterbringung lautet.
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, wenn sie innerhalb einer Woche, von Verkündung des Beschlusses an gerechnet, bei dem Vormundschaftsgerichte eingereicht wird.
§ 95.
Hat die im § 92 angeordnete Anhörung der Eltern, des Vor⸗ mundes oder Pflegers nicht stattfinden können, so sind dieselben jeder⸗ zeit berechtigt, die Wiederaufnahme Verfahrens zu verlangen.
§ 96.
Das Vormundschaftsgericht übersendet seinen auf Unterbringung gerichteteten Beschluß dem verpflichteten Communalverbande (§ 97) durch Vermittelung der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde.
§ 97.
Die Provinzialverbände, die communalständischen Verbände Wies⸗ baden und Cassel, der Landescommunalverband der Hohenzollernschen Lande, sowie der Stadtkreis Berlin haben die Verpflichtung, auf Grund des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts die Unterbringung in einer diesem Gesetz entsprechenden Weise nach näherer Bestimmung der zu erlassenden Verwaltungsreglements (§ 102) herbeizuführen.
Verpflichtet zur Unterbringung ist derjenige Communalverband, in dessen Gebiete das betreffende Kind seinen Wohnsitz hat.
§ 98.
In Betreff der nach diesem Gesetze untergebrachten nicht bevor⸗ mundeten Kinder üben die Waisenräthe eine gleiche Aufsicht, wie ihnen solche die Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 (Gesetz⸗ Samml. S. 431) insbesondere in den §§ 53 und 54 in Betreff der Mündel übertragen hat.
Die Communalverbände haben von der Unterbringung und von jedem Wechsel des Aufenthalts eines Zöglings dem Waisenrathe des Aufenthaltsortes Kenntniß zu geben. 1
Ingleichen ist dem Vormundschaftsgerichte von der Unterbringung und Entlassung eines Zöglings Mittheilung zu machen.
Das Recht der zwangsweisen Unterbringung hört, abgesehen von der Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses im Falle des § 95, auf
1) mit dem vollendeten Ablauf des schulpflichtigen Alters des Zöglings (§§ 77, 79, 91),
2) mit dem Beschlusse der Entlassung aus der Zwangserziehung.
Die Entlassung aus der Zwangserziehung ist von dem ver⸗ pflichteten Communalverbande zu beschließen, sobald die Erreichung des Zweckes der zwangsweisen Unterbringung anderweit sichergestellt ist.
Wird von den Eltern, dem Vormund oder Pfleger die Ent⸗ lassung aus der Zwangserziehung beantragt, weil der Zweck dieser Erziehung anderweit sichergestellt sei, so entscheidet über den Antrag das Vormundschaftsgericht. Gegen den abweisenden Beschluß des Gerichts steht dem Antragsteller das Recht der Beschwerde zu. Die
den Kindern die
esorgt ist
Gegen den Beschluß des Vormundschaftsgerichts steht den in den
Beschwerde muß innerhalb einer Woche bei dem Vormundschaftsgericht
eingereicht werden. — 1 1 8 gich abgewiesener Antrag darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten
erneuert werden. § 100
Die gerichtlichen Verhandlungen sind gebühren⸗ und stempelfrei.
Die baaren Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. Beschwerden werden in dem für Vormundschaftssachen bestehenden Instanzenwege erledigt. § 101.
Falls nicht anderweit die Aufbringung der Kosten für die Ver⸗ sorgung hilfsbedürftiger Blinden, Taubstummen, Idioten, Verwahr⸗
losten geregelt ist, fallen diejenigen Kosten, welche durch die Unter⸗
bringung und die dabei nöthige reglementsmäßige erste Ausstattung
des Zöglings und durch die Rückreise der Entlassenen erwachsen, dem Ortsarmenverbande, in welchem der Zögling seinen Unterstützungs⸗ wohnsitz hat, alle übrigen Kosten des Unterhalts und der Erziehung den vorerwähnten Verbänden zur Last, soweit sie nicht aus dem eigenen Vermögen des Zöglings getragen oder von den aus privat⸗
rechtlichen Titeln zur Alimentation Verpflichteten eingezogen werden
können.
Die Verbände sind befugt, zur Bestrestung der Kosten die ihnen zufolge der Gesetze vom 8. Juli 1875 (Gesetz⸗Samml. S. 497), vom
2229
223),
7. März 1868 (Gesetzsamml. S. 223), der Allerhöchsten Cabinets⸗ ordre vom 16. September 1867 (Gesetz⸗Samml. S. 1528) und des
Gesetzes vom 11. März 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 257) aus der Staats⸗
kasse gewährten Renten und Fonds zu verwenden. mögen des Zöglings oder von den aus privatrechtlichen Titeln zur Alimentation Verpflichteten werden nach Anhörung des Communal⸗ verbandes durch den Minister des Innern bringung festgestellt.
§ 102. —
Die näheren Bestimmungen über die Verwaltung des den Communalverbänden durch dieses Gesetz übertragenen Verwaltungs⸗ zweiges erfolgen durch besondere von den Vertretungen der betreffenden Verbände zu erlassende Reglements.
Diese Reglements bedürfen der Genehmigung des Ministers des Innern und des Unterrichts⸗Ministers in Betreff derjenigen Be⸗ stimmungen, welche sich auf die Unterbringung, die Behandlung, der Unterricht und die Entlassung 5 Aöͤglinge beziehen.
Wenn einer der im § 97 gedachten Verbände die ihm nach diesem Gesetze obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen zu erfüllen verweigert oder unter⸗ läßt, so entscheidet das Ober⸗Verwaltungsgericht auf den Antrag des Ober⸗Präsidenten, beziehungsweise in den Hohenzollernschen Landen des
Regierungs⸗Präsidenten. Fünfter Abschnitt.
Zum Zweck der Beitreibung der Kosten aus dem eigenen Ver⸗
Pauschsätze für die Unter⸗
Vorbildung, Anstellung, Dienstverhältniß und Dienst⸗
der Lehrer und Lehrerinnen lichen Volksschulen. Einrichtung der Seminare und Prüfungen. 8 § 104. 1 Der Staat sorgt für die Vorbildung der an den Volksschulen
einkommen an den öffent⸗
anzustellenden Lehrer und Lehrerinnen durch Einrichtung und Unter⸗
haltung von Schultehrer⸗Seminaren.
§ 105. Vorbildung der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen dienenden Seminare sind auf confessioneller Grundlage Leiter, Erzieher, Lehrer und Lehrerinnen an diesen An⸗
Die zur Volksschulen einzurichten.
stalten müssen der betreffenden Confession angehören. “
8 8. 1. 8 8 1— Die Seminare sollen ihren Zöglingen die ihrem Beruf ent⸗
sprechende allgemeine Bildung verschaffen und sie insbesondere für das Lehramt an den Volksschulen vorbereiten. Der Lehrcursus in den Seminaren ist in der
jähriger. 14 § 107.
Die Bestimmungen über die Einrichtung der Seminare, ins⸗
Regel ein drei⸗
besondere über den Unterrichtsbetrieb sowie über die Aufnahme in die⸗
selben, erfolgen durch den Unterrichts⸗Minister. 8 88 Die Einführung neuer Lehrpläne und Lehrbücher für den Re⸗
—
ligionsunterricht erfolgt im Einvernehmen mit den zuständigen kirch⸗
lichen Oberbehörden. 108.
Mit jedem Seminar ist eine Uebungsschule zu verbinden, in welcher den Seminaristen Gelegenheit zu geben ist, den Unterrichts⸗ betrieb der einklassigen und der mehrklassigen Volksschulen kennen zu lernen.
Für die Seminarübungsschulen können von dem Provinzial⸗Schul⸗ collegium im Einvernehmen mit dem Regierungs⸗Präsidenten nach An⸗ hörung der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde, sowie der betheiligten Gemeinde⸗ (Guts⸗, Verbands⸗) und Schulvorstände Schulbesuchs⸗
2à
bezirke mit der Wirkung eingerichtet werden, daß die im Bezirk wohn⸗
haften schulpflichtigen Kinder (§§ 75, 80) die Seminarübungsschule zu besuchen haben. Die Befugnisse der Gemeinde⸗ und Orts⸗ (Kreis⸗, Stadt⸗) Schulbehörden werden in diesem Falle vom Seminar⸗Direktor ausgeübt.
Die Gemeinden (Gutsbezirke, Schulverbände) haben, vorbehaltlich der durch besondere Verträge getroffenen Regelung, für die Beschulung“ ihrer in die Uebungsschule aufgenommenen Kinder an die Staatskas⸗ eine Vergütung zu entrichten, welche mangels einer Einigung der Be⸗ theiligten für eine Schule auf dem Lande von dem Kreisausschuß, für eine Schule in der Stadt von dem Bezirksausschuß festzusetzen ist. Dabei ist auf die Zahl der in die Uebungsschule aufzunehmenden Kinder sowie auf die Kosten Rücksicht zu nehmen, welche bei ander⸗ weiter Beschulung der Kinder erwachsen würden, und welche aus deren Beschulung in den Seminarübungsschulen entstehen. 3
§ 109.
ie Directoren der Seminare werden vom Könige ernannt. Die Anstellung der Lehrer (Lehrerinnen) an den Seminaren erfolgt auf Vorschlag des Provinzial⸗Schulcollegiums durch den Unter⸗ richts⸗Minister. 1
Die mit der Ertheilung des Religionsunterrichts zu beauftragenden Lehrer (Lehrerinnen) sind vorher den kirchlichen Oberbehörden namhaft zu machen behufs Aeußerung, ob gegen Lehre und Wandel derselben Finwendungen zu erheben sind. Letztere sind durch Thatsachen zu be⸗ gründen.
— 95.
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§ 110. Die kirchlichen Oberbehörden sind befugt, jederzeit von dem Religionsunterricht an den Seminaren durch einen Commissarius nach vorhergegangener rechtzeitiger Benachrichtigung des zuständigen Pro⸗ vinzial⸗Schulcollegiums Kennmiß zu nehmen und etwa vorgefundene Mängel dem Provinzial⸗Schulcollegium mitzutheilen. [11 An jedem Seminar wird jaͤhrlich eine Prüfung abgehalten, über deren Ausfall eine Commission entscheidet, welche aus Commissarien des Provinzial⸗Schulcollegiums und des Regierungs⸗Präsidenten, dem Director und den Lehrern des Seminars und dem von der zuständigen kirchlichen Oberbehörde gesandten Commissar (§ 112) besteht. Zu dieser Prüfung können auch außerhalb der Seminare vorge⸗ bildete Lebramtsbewerber zugelassen werden. Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeugniß, durch welches er zur einstweiligen Anstellung an öffentlichen Volksschulen befähigt erklärt wird. 1 § 112.
Als Lehrer oder Lehrerin an öffentlichen Volksschulen kann angestellt werden, wer die vorgeschriebene Prüfung bestanden hat. Die kirchlichen Oberbehörden sind befugt, sich durch einen Beauf⸗ tragten mit Stimmrecht an der Prüfung zu betheiligen. Erhebt* derselbe wegen ungenügender Leistungen eines Eraminanden in der Religionim Gegensatz zu der Mehrheit der Prüfungscommission Wider⸗ spruch gegen die Ertheilung des Befähigungszengnisses, so ist an den
1“