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Vorstand des Art. Depots von Wilhelmshaven in gleicher Eigenschaft nach Curhaven über. Hornung, Corv. Capitän, von der Stellung als Ausrüstungs⸗Director der Werft zu Kiel entbunden. Foß, Corv. Capitän, zum Ausrüstungs⸗Director der Werft zu Kiel er⸗ nannt. Draeger, Corv. Capitän, von der Stellung als Ausrüstungs⸗Director der Werft zu Danzig entbunden. Wodrig, Corvetten⸗Kapitän, Commandant des Torpedo⸗ chiffes „Blücher“, zum Präses des Torpedo⸗Versuchscommandos ernannt. Jaeschke, (Corv. Capitän, unter Entbindung von der Stellung als Präses des Torpedo⸗Versuchscommandos, zur Dienst⸗ eistung beim Reichs⸗Marineamt commandirt. Frhr. v. Lyncker, Corv. Capitän, von der Stellung als Art. Offizier vom Platz und Vorstand des Art. Depots zu Friedrichsort entbunden. Stoltz, Forv. Capitän, unter Entbindung von der Stellung als Offizier vom Platz und Vorstand des Art. Depots zu Curhaven, zum Art. Director der Werft zu Wilhelmshaven ernannt. v. Dresky, Corv. Capitän, zum Ausrüstungs⸗Director der Werft zu Danzig, Vüllers, Corv. Capitän, zum Art. Offizier vom Platz d Vorstand des Art. Depots zu Wilhelmshaven, Bröker, Corv. pitän, zum Art. Offizier vom Platz und Vorstand des Art. Depots
zu Friedrichsort, — ernannt. Holzhauer, Capitän⸗Lt., vom Com⸗ mando zur Dienstleistung beim Hydrographischen Amt, v. Heeringen, Capitän⸗Lt., vom Commando zur Dienstleistung beim Reichs⸗Marincamt, Paucke, Capitän⸗Lt., von der Stellung als Referent beim Torpedo⸗ Versuchscommando, — entbunden. Paschen II., Capitän-⸗Lt., als Referent zum Torpedo⸗Versuchscommando commandirt. Schäfer I., Lt. zur See, von der Stellung als Referent beim Torpedo⸗Versuchs⸗
commando entbunden. Bauer, Lt. zur See, als Referent zum
Torpedo⸗Versuchscommando kommandirt.
Preußen. Berlin, 16. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern Abend um 5 Uhr 10 Minuten von Bückeburg zurück⸗ gekehrt. . 11“
Heute Vormittag arbeiteten Seine Majestät von 10 ¾ bis 11 ¾ Uhr mit dem Chef des Generalstabs und von 11 ¾à bis
1 Uhr mit dem Chef des Militärcabinets. Alsdann nahmen
Seine Majestät militärische Meldungen entgegen.
Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr
zu einer Sitzung zusammen.
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Feststellung des Landeshaushalts⸗Etats von Elsaß⸗ Lothringen für das Etatsjahr 1892/93, vorgelegt worden.
Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs setzte in den Sitzungen vom 11. bis 13. Januar die am 17. Dezember v. J. abgebrochene Berathung des Abschnitts über die juristischen Per onen fort. Erledigt wurden zunächst die von den Stiftungen handelnden §§ 58 bis 62. Die Vor⸗ schriften des § 58 Satz 1 und des § 59, daß eine rechtsfähige Stiftung sowohl durch Rechtsgeschäft unter Lebenden als durch Verfügung von Todeswegen errichtet werden kann, fanden keinen Widerspruch. Angenommen wurde die Bestimmung des § 58 Satz 1, daß das Stiftungsgeschäft unter Lebenden der gerichtlichen oder notariellen Form bedarf. Dagegen erfuhr der Entwurf insofern eine sachliche Aenderung, als zur Er⸗ richtung der Stiftung reichsgesetzlich staatliche Ge⸗ nehmigung, und zwar die Genehmigung des Staats erforderlich sein soll, in dessen Gebiet die Stiftung ihren Sitz hat, während der Entwurf (§ 62 Abs. 1) bezüglich des Erfordernisses staatlicher Genehmigung es bei den Landengeseßlichen Vorschriften belassen wollte. Als Sitz der Stiftung soll, wenn nicht ein Anderes erhellt, der Ort gelten, wo die Verwaltung geführt wird. Zum Zwecke der Verdeut⸗ lichung wurde ferner der Zusatz beschlossen, daß die Stiftung, vorbehaltlich der Vorschrift des § 62 Abs. 3, die Rechtsfähig⸗ keit mit der Ertheilung der staatlichen Genehmigung erlangt, der letzteren mithin rückwirkende Kraft nicht beiwohnen soll. Im Laufe der Berathung war von einer Seite die Frage angeregt, ob es sich nicht empfehle, nach dem Vorgange des preußischen Rechts für reine Familien⸗Stiftungen von dem Erfordernisse der staatlichen Genehmigung eine Ausnahme zu machen oder doch mit Rücksicht auf die nahe Verwandtschaft der Familienstiftung mit dem von dem Entwurfe der landes⸗ gesetzlichen Regelung überlassenen Familienfideicommisse in das Einführungsgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, daß die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt bleiben, nach welchen solche Stiftungen, welche ausschließlich die Fürsorge von Angehörigen einer bestimmten Familie bezwecken, staat⸗ licher Genehmigung nicht bedürfen. Man war jedoch über⸗ wiegend der Ansicht, daß die für das Erforderniß staatlicher Genehmigung einer Stiftung sprechenden wirthschaftlichen und socialen Gründe im wesentlichen auch bei Familienstiftungen zuträfen und deshalb für diese die Zulassung einer Ausnahme nicht angemessen sei. Auch die Aufnahme der von anderer Seite angeregten Bestimmung, daß für bestimmte Arten von Stiftungen die Genehmigung durch allgemeine staatliche An⸗ ordnung im voraus solle ertheilt werden können, fand keinen Anklang. Zu einer längeren Erörterung führte der die juristische Construction des Stiftungsgeschäfts bezielende Vor⸗ chlag: im Anschluß an die für Körperschaften gefaßten Be⸗ schlüsse, nach welchen, abgesehen von den Vexeinen mit soge⸗ nannten idealen Tendenzen, in Ermangelung besonderer reichs⸗ geseblicher Vorschriften Vereine die Rechtsfähigkeit durch Ver⸗ eihung von Seiten der Staatsgewalt erlangen, auch bei den Stif⸗ tungen zu bestimmen, daß diese durch Verleihung von Seiten der Staatsgewalt zur Entstehung kommen, Voraussetzung der Verleihung aber die Errichtung und Vorlegung des Stiftungsgeschäfts sei. Die Mehrheit schloß sich jedoch der Auffassung an, daß es den Vorzug verdiene, die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts von staatlicher Genehmigung ab⸗ hängig zu machen, da diese Art der Regelung deutlicher zum Ausdruck bringe, daß das Stiftungsgeschäft der eigentliche constitutive Atkt sei, zu welchem die staatliche Ge⸗ nehmigung als ein weiteres Erforderniß hinzutreten müsse. Ein Antrag, ausdrücklich im Gesetz auszusprechen, daß das Stiftungsgeschäft über den Zweck der Stiftung, über die Zuwendung des Vermögens, mit welchem die Stiftung
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errichtet wird, und, sofern nicht die Verwaltung einer öffent⸗ lichen Behörde obliegt, über die Bestellung eines die Stiftung vertretenden Vorstandes Bestimmung treffen müsse, wurde ab⸗ gelehnt, da die vorgeschlagene Bestimmung, soweit richtig, selbstverständlich, in ihrer Allgemeinheit und Schärfe aber bedenklich sei.
Bezüglich der Frage, von welchem Zeitpunktek an der Stifter bei einer Stiftung unter Lebenden an das Stiftungs⸗ geschäft gebunden sein solle, wurde, abweichend vom Entwurfe (§ 58 Satz 2, § 62 Abs. 2), beschlossen, daß der Stifter das Stiftungsgeschäft, solange nicht die staatliche Genehmigung er⸗ theilt sei, widerrufen, der Widerruf aber von dem Zeitpunkte an, in welchem die Ertheilung der Genehmigung bei der zu⸗ ständigen Behörde nachgesucht sei, nur dieser Behörde gegen⸗ über erklärt werden könne. Stirbt der Stifter nach diesem Zeitpunkte, so soll der Widerruf durch die Erben des Stifters überhaupt nicht mehr zulässig sein. Die Vorschrift des § 58 Satz 3, welcher für Stiftungen unter Lebenden den Uebergang des in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherten Vermögens auf die Stiftung betrifft, fand im wesentlichen Zustimmung;
dagegen wurde der die Gewährleistungspflicht bei der Stiftung
regelnde § 58 Satz 4 in der Erwägung gestrichen, daß es den Vorzug verdiene, die Entscheidung der Frage, ob in dieser Richtung und in anderen Beziehungen die Vorschriften des Schenkungsrechts auf das Stiftungsgeschäft entsprechend anzu⸗ wenden seien, der Rechtswissenschaft zu überlassen. Die im § 62 Abs. 3 für das Stiftungsgeschäft von Todeswegen ge⸗ gebene besondere Vorschrift, daß, wenn die staatliche Genehmi⸗ gung ertheilt wird, sie in Ansehung des Anfalls als schon vor dem Erbfalle ertheilt gilt, wurde, vorbehaltlich der Frage, ob die Vorschrift in das Erbrecht zu versetzen sei, gebilligt. Zu⸗ sätzlich wurde bestimmt, daß die Genehmigung erforderlichen⸗ falls durch das Nachlaßgericht einzuholen sei. Die weitere im § 62 Abs. 3 sich findende Vorschrift, daß das Stiftungs⸗ geschäft von Todeswegen durch Versagung der Ge⸗ nehmigung unwirksam werde, hielt man für e beh ch Ab⸗ gelehnt wurde ferner der Antrag: ausdrücklich im Gesetze aus⸗ zusprechen, daß, wenn der Nachlaß als Ganzes der Stiftung zugewendet sei, die Vorschriften über die Erbeinsetzung, bei anderweiter Zuwendung im Zweifel die Vorschriften über das Vermächtniß entsprechende “ fänden. Man war der Ansicht, daß der sachliche Inhalt dieses Satzes auch in Er⸗ mangelung einer besonderen gesetzlichen Vorschrift nicht werde in Zweifel gezogen werden, es aber nicht angemessen sei, durch Aufnahme einer solchen Vorschrift der juristischen Construction des Stiftungsgeschäfts von Todeswegen vorzugreifen.
Die Vorschrift des K§. 60, daß die Verfassung einer Stiftung, soweit sie nicht auf Reichs⸗oder Landes⸗ gesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt wird, wurde sachlich genehmigt. Der von einer Seite beantragte Zusatz, daß durch das Stiftungsgeschäft Dritten ein Recht auf die Verwaltung oder auf bestimmte Leistungen gegen die Stiftung eingeräumt werden könne, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Man ging davon aus, daß der Satz, soweit nicht nach Maßgabe des § 60 die Verfügungsfreiheit des Stifters in der hier fraglichen Richtung Beschränkungen durch Reichs⸗ oder Landesgesetz, wie z. B. in Baden, unterliege, selbstverständlich sei, ein Eingreifen in die die Verfassung der Stiftungen regelnden landesgesetz⸗ lichen Vorschriften aber wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Recht sich nicht empfehle. Abgelehnt wurde ferner die Aufnahme einer Vorschrift, daß, wenn nach der Verfassung der Stiftung Dritten ein Recht auf die Ver⸗ waltung oder auf bestimmte Leistungen gegen die Stiftung zustehe, dieses Recht im Wege der gerichtlichen Klage oder doch wenigstens im Verwaltungsstreitverfahren solle verfolgt werden können. Die Mehrheit theilte die Ansicht, daß es in dieser Hin⸗ sicht bei den Vorschriften des § 13 des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes bewenden müsse.
Der sachliche Inhalt des § 61, welcher verschiedene für Körperschaften gegebene Vorschriften kauf Stiftungen für ent⸗ sprechend anwendbar erklärt, wurde mit den aus den früheren Beschlüssen sich ergebenden Modificationen im wesentlichen ge⸗ billigt. Zusätzlich wurde im Anschluß an die zu § 49 be⸗ schlossenen Vorschriften bestimmt, daß der Fiscus, wenn diesem mit dem Erlöschen der Stiftung deren Vermögen zufällt, das⸗ selbe thunlichst in einer den Zwecken der Stiftung entsprechen⸗ den Weise zu verwenden hat.
Anlangend das Erlöschen der Stiftungen, schloß die Commission sich dem Standpunkte des Entwurfs an, welcher in dieser Beziehung auf die Landesgesetze verweist (§ 62 Abs. 1). Ein Antrag, zu bestimmen, daß die Stiftung auf⸗ gelöst wird, wenn der Concurs über ihr Vermögen eröffnet wird, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Wie die auf das Erlöschen der Stiftung sich beziehenden landesgesetz⸗ lichen Vorschriften sollen auch die landesgesetzlichen Vor⸗ über die Umwandlung der Stiftungen unberührt
eiben.
Der § 63 wurde durch eine Vorschrift ersetzt, welche, ent⸗ gegen dem Standpunkte des Entwurfs, zum Ausdruck bringt, daß die Vorschriften der §§ 41 bis 62 über Körperschaften und Stiftungen für öffentlichrechtliche Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten nicht gelten sollen, jedoch mit Aus⸗ nahme der Vorschrift des § 46 und, soweit nicht die Zu⸗ lässigkeit des Concurses bei diesen Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten ausgeschlossen ist, auch der Vorschrift des § 47. Zu einer eingehenden Erörterung gab ein Antrag Veranlassung, zu bestimmen, daß die Vorschrift des § 46 auch dann Anwendung finde, wenn die zum Schadens⸗ ersatz verpflichtende Handlung in Ausführung von Ver⸗ richtungen begangen worden sei, welche der Vertreter oder Beamte kraft einer ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt vorzunehmen hatte. Die Mehrheit trat jedoch dem Stand⸗ punkte des Entwurfs bei, welcher die Haftung der Körper⸗ schaften ꝛc., vorbehaltlich weiter gehender landesgesetzlicher Vorschriften (ogl. Art. 56 des Entw des Endesgeses auf solche Fälle beschränkt, in welchen der Vertreter in Ausübung einer privatrechtlichen Vertretungsmacht gehandelt hat.
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In Nr. 3 des „Justiz⸗Ministerialblatts“ wird der General⸗ bericht des Präsidenten der Just izs⸗Prüfungscommission für das Jahr 1891 veröffentlicht. Wir heben daraus das Folgende hervor:
Auch für das Jahr 1891 zeigt sich in den Geschäften der Justiz⸗ Prüfungscommission ein allerdings wiederum nur unbedeutender — Rückgang. Die Zahl der neuen Prüfungsaufträge betrug im Vorjahre 647, im letzten Jahre 644, während die Gesammtzahl der Candidaten, mit welchen sich die Justiz⸗Prüfungscommission zu
beschäftigen hatte, im Vorjahre 983 (im Jahre 1887 — 1274), letzten Jahre aber 957 betrug. imß Von den ertheilten 957 Prüfungsaufträgen fielen 37 auf s Candidaten, welche die Prüfung lediglich in Bezug auf ihren schls lichen Theil zu wiederholen hatten. Es blieben sonach 920 Grf⸗ daten, von denen die mündliche Prüfung abzulegen war. Unter zudi⸗ förderten 577 ihre schriftlichen Arbeiten so weit, daß sie in die Li der für die Ansetzung des Prüfungstermins notirten Candidaten üft gehen konnten, 16 gingen in diese Liste über, weil sie lediglich 8 mündliche Prüfung zu wiederholen hatten. Die Lali der seit d 8 1. Januar 1891 bis zum Jahresschluß zur mündlichen Prüfann notirten Candidaten betrug demnach 593 (gegen 586 im Vorjahns und gegen 690 in 1889). Seris
Der Rückgang der Prüfungsaufträge von 818 im Jahre 1885 auf 644 im Jahre 1891 ist darauf zurückzuführen, daß durchschnittlich jährlich 26,1 % der Referendare aus der Justizverwaltung ausgetret und daß etwa die Hälfte der Ausgetretenen (nämlich 987 von 1926 zur allgemeinen Staatsverwaltung übergetreten ist. Gleichwohl ist e 2 Verminderung der Zahl der Gerichts⸗Assessoren nicht eingetreten; te Wahrheit ist die Zahl dieser im Jahre 1891, ebenso wie in ih der früheren fünfzehn Jahre, gestiegen.
Von den Candidaten entfielen auf den Kammergerichtsbezirk 168 auf den Bezirk Köln 133, auf den Bezirk Breslau 108, auf den Be⸗ zirk Naumburg 107, auf Posen 21, Cassel 29, Marienwerder 33 und Kiel 35. Vom Herzoglich anhaltischen Staats⸗Ministerium waren 2 Candidaten zur Prüfung präsentirt.
Von den 37 Candidaten, denen lediglich die Wiederholung der Prüfung in ihrem schriftlichen Theile oblag, lieferten 33 ihre Arbeiten noch vor dem Schlusse des Jahres 1891; die Censur dieser Arbeiten und die Berichterstattung über dieselben ist erledigt; bei einem 8 didaten, welcher die schriftliche und mündliche Prüfung zu wiederholen hatte, mußte wegen der gänzlich mißlungenen schriftlichen Probe⸗ arbeiten die Prüfung, gemäß § 41 Absatz 2 des Regulativs 1. Mai 1883, als nicht bestanden angesehen werden. 8
Daneben haben weitere 587 Aufträge durch Abhaltung der mündlichen Prüfung ihre Erledigung gefunden. Diese Zahl würde sich auf 605 erhöht haben, wenn nicht 18 Candidaten in den ihnen angesetzten Prüfungsterminen ausgeblieben wären. 8
Die Frist zwischen der Abtieferung ver zweiten Arbeit bis zum
Prüfungstermine stellte sich in der Regel auf 2 ¼ bis 3 Monate. Dem Antrage einzelner Candidaten auf schleunigere Anberaumung des Termins konnte in der Regel dadurch entsprochen werden, daß die sofort zur Prüfung bereiten Candidaten als Ersatz für die, erst nach erhaltener Vorladung um Ausstand nachsuchenden Prüflinge herange⸗ zogen wurden. Vpon der oben auf 957 berechneten Gesammtzahl der überwiesenen Candidaten sind 15 vorweg zurückgewiesen, es blieben also 942. Davon sind geprüft 621, und zwar schriftlich und mündlich 571, nur mündlich 16, nur schriftlich 34, nämlich die oben schon gedachten 33 Candidaten, welche nur die schriftlichen Arbeiten zu wiederhelen hatten, und ein Candidat, welcher wegen gänzlichen Mißlingens der chriftlichen Arbeiten von der zu wiederholenden Prüfung zurückgewiesen wurde. Demnach blieb am Schluß des Jahres 1891 ein Bestand von 321 Candidaten, welche zum größten Theil nicht zum Abschluß ihrer Prüfung gelangten, weil sie in ihren schriftlichen Arbeiten noch nicht so weit vorgerückt waren, daß ihre Ladung zum Prüfungstermin vor Ablauf des Jahres hätte er⸗ folgen können. Am Ende des Jahres 1890 betrug die Zahl solcher Candidaten 313, im Jahre 1889 336, im Jahre 1888 390, am Schlusse des Jahres 1882 bis 1886 betrug sie mehr als 500 bis 600. Die in der Prüfung verbleibenden 321 Candidaten sind bis auf 3 sämmtlich im Jahre 1891 und zwar meist in der letzten Hälfte des⸗ selben präsentirt. Jene 3 waren lediglich durch Umstände, welche in ihrer Person lagen, bisher an Ablegung der Prüfung verhindert.
Die Prüfungscommission darf hiernach die Geschäfte, welche ihr für das verflossene Jahr oblagen, als völlig erledigt ansehen.
Das Ergebniß der Prüfungen ist folgendes: Von den 621 geprüften Candidaten bestanden die Prüfung 511 (in 1890: 530) und zwar mit der Censur „gut“ 66, mit dem Zeugniß „ausreichend“ 445 (im Vorjahre 1890: 72 bezw. 457). Die übrigen 110 Candidaten haben die Prüfung nicht bestanden. Im Vorjahre betrug die Zahl der Nichtbestandenen 119.
Von den 33 Candidaten, welche nur schriftliche Arbeiten noch zu wiederholen und solche abgeliefert hatten, bestanden 30 die Prüfung, während bei 3 Candidaten, von welchen 2 beide Arbeiten und 1 die Relation nochmals anzufertigen hatten, die Wiederholung auch dieser theilweisen Prüfung als mißlungen erachtet werden mußte.
Unter den 110 nichtbestandenen Candidaten befanden sich diesmal 12, welche sich der Prüfung wiederholt unterzogen hatten. Im Jahre 1890 betrug diese Zahl 15, in 1889 14, in 1888 27, in 1887 22.
Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, General⸗-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, ist von Kiel hierher zurückgekehrt.
Der Referendar Hochapfel in der Justizverwaltung von Elsaß⸗Lothringen ist auf Grund der bestandenen Staatsprüfung zum Gerichts⸗Assessor ernannt worden.
Potsdam, 15. Januar. Dem Magistrat und der Stadtverordneten⸗Versammlung ist folgendes Handschreiben Ihrer Majestät der Kaiserin zugegangen:
Dem Magistrat und den Stadtverordneten zu Potsdam sage Ich für die Mir zum Jahreswechsel dargebrachten Glückwünsche Meinen aufrichtigen Dank und spreche bei dieser Gelegenheit Ihnen Meine Freude darüber aus, daß Sie alle Werke, welche der sittlich⸗religiöfen und leiblichen Hebung der Einwohnerschaft Potsdams dienen, mit Verständniß und Freude begrüßen und fördern. Wir müssen mit diesen Werken auch den in Potsdam immer ernster hervortretenden Noth⸗ ständen gemeinsam und so rechtzeitig begegnen, daß dieselben nicht weiter um sich greifen können, sondern von Jahr zu Jahr vermindert werden. 1 “
Berlin, den 9. Januar 1892
“ Auguste Victoria, Kaiserin und Königin
“ 8 “
Sigmaringen, 15. Januar. Ihre Königlichen Hoheiten
der Fürst von Hohenzollern und der Prinz Ferdinand
von Rumänien sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute nach Pallanza abgereist. “
Bayern .“
München, 15. Januar. Die Kammer der Avb⸗ geordneten fuhr heute mit der Berathung des Eisenbahn⸗ Etats fort. Sämmtliche Personalvermehrungen wurden der „Köln. Ztg.“ zufolge nach der Regierungsvorlage bewilligt⸗
5 8 Sachsen. ““
Dresden, 15. Januar. Die Zweite Kammer bo⸗ willigte heute, wie das „Dr. J.“ berichtet, die Cap. 73 bis 87 (mit Ausnahme des Cap. 77a), 102 und 103, 32 bis 37 des Staatshaushalts⸗Etats, Departement der Finanzen, Ministerium des Auswärtigen und Gesandtschaften, Gesammt⸗Ministerium und Dependenzen, auf den Bericht der Finanzdeputation A, und zwar⸗
was die geforderten Summen anlangt, unverändert nach der Re⸗
gierungsvorlage. Eine Debatte knüpfte sich nur an Cap. 79,
Fraßen⸗ und Wasserbauverwaltung, zu welchem von mehreren Fednern Wünsche ausgesprochen wurden, namentlich auf ünftige Erhöhung des für den Gemeindestraßenbau bestimmten
Betrags. v11“ 8 Bladen. 8
Karlsruhe, 14. Januar. Am vergangenen Sonntag
purde in Schopfheim der 10. Verbandstag der süddeutschen
Arbeiterbildungsv ereine abgehalten. Auf ein an Seine
Königliche Hoheit den Großherzog abgesandtes Ergebenheits⸗
telegramm ging nach der „Karlsr. Ztg.“ folgende huldreiche Antwort ein: 8 1 danke den Vertretern der badischen Arbeiterbildungsvereine, meiner bei Gelegenheit des 10. Verbandstages so freundlich gedacht zu haben. Ich freue mich dieser werthen Kundgebung und erwidere se mit meinen wärmsten Wünschen für ein ferneres Gedeihen Ihrer Vereine und deren nützlichen Bestrebungen, welche zu unterstützen und zu fördern ich nicht unterlassen werde. Ich bitte Herrn Professor Keller um nähere Mittheilung über diesen Verbandstag und seine Beschlüsse. Friedrich, Großherzog.“
2
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 15. Januar. Aus Anlaß der am 8. Okto⸗
beer d. J. stattfindenden goldenen Hochzeit Ihrer König⸗ liichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin
hat sich ein Comité gebildet, dem angesehene Staats⸗ hbürger aus allen Theilen des Landes angehören, um zur
Erinnerung an das seltene Fest eine segensreiche Stiftung Huu begründen, nämlich die Einrichtung einer geordneten, odurch berufene Pflegerinnen (Schwestern) ausgeübten Gemeinde⸗
pflege für alle Orte des Großherzogthums, wo ein Bedürfniß
hierfur hervortritt. Diese Gemeindepflege soll sich nicht auf
die Pflege Kranker allein beschränken, sondern namentlich auch die Kleinkinderpflege, die Fürsorge für die der Schule ent⸗
wachsene weibliche Jugend, sowie die Fürsorge für Verlassene und Arme umfassen. “ 8 Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 15. Januar. Ihre Hoheit die Herzogin hat sich, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, gestern von hier nach Nizza begeben.
Lippe.
Detmold, 14. Januar. In der heutigen Sitzung des Lanodtags erfolgte, wie wir dem „Hannov. Cour.“ entnehmen, ie Beantwortung einer von 15 Abgeordneten unterschriebenen Interpellation betreffs eines Regentschaftsgesetzes.
Der Präsident von Lengerke begründete die Interpellation
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igefähr folgendermaßen: Die Regentschaftsvorlage der Re⸗ gierung vom Jahre 1890 sei gescheitert, weil der Landtag den Contutoren (Beiräthen des Regenten) eine Gewalt habe verleihen wollen, die der Regierung mit dem monarchischen Princip nicht vereinbar erschienen sei; sie habe deshalb die Vorlage zurückgezogen. Jene Vorlage habe eine Regentschaft festsetzen wollen für den Fall, daß der geisteskranke Prinz Alexander Fürst würde; heute fordere der Landtag eine Vor⸗ age, im Falle Prinz Alexander vor Seiner Durchlaucht sterbe. Wenn Prinz Alexander gesund oder krank zur Regierung ge⸗
„so bestehe doch eine Basis, auf der weitergearbeitet könne: Gerichte und Behörden könnten in seinem
Namen Recht sprechen, sterbe aber Prinz Alexander
vor dem Fürsten, so würde nach des Fürsten Tode ein⸗
vollständig rechtloser Zustand im Lande herrschen. Die Urtheile
der Gerichte und der Behörden könnten angefochten, Lücken im
Beamtenpersonal könnten nicht besetzt werden. Der Landtag
verlange daher ein Regentschaftsgesetz wie das, nach welchem
in Braunschweig vor Berufung des Prinzen Albrecht die
Regentschaft geleitet worden sei. Es scheine ihm (Redner)
nicht thunlich, einen fremden Prinzen ins Land zu
rufen, da hierdurch die Gerechtigkeit in der Behandlung der
Thronfolgestreitigkeit leiden würde. Republikanisch sei der Ge⸗
danke eines solchen Regentschaftsgesetzes nicht, da auch in Braun⸗
schweig, einem streng monarchischen Staate, darnach gehandelt
worden sei und der Bundesrath das dortige Gesetz anerkannt
habe. Er wünsche keine Dictatur des Ministers, obgleich er
ihm volle Sympathie entgegenbringe, er wünsche aber auch
keine Dictatur des Reichs, die eintreten würde, wenn man keine Bestimmungen treffe. Die beste Regelung würde ja ein
Thronfolgegesetz sein, ein solches sei aber nur möglich, wenn eine Einigung zwischen den streitigen Linien erzielt würde. Einer der streitenden Agnaten könne hier aber nicht die Initiative ergreifen, da sie fürchteten, den Schein zu erwecken, als seien sie von ihrem Recht nicht völlig überzeugt. Der Fürst, der am geeignetsten sei, die Initiative zu ergreifen, werde es nicht thun, da er für die eine der Linien ein⸗ genommen sei. Der Minister von Wolffgramm verlas hierauf eine Erklärung der Regierung, nach welcher diese keinen Grund habe, eine neue Vorlage zu machen, da der Landtag in seiner Majorität wohl noch dicselbe Ansicht habe, wie vor zwei Jahren, durch welche die damalige Vorlage der Regierung gescheitert sei. Die Regierung sei zur Vorlage eines neuen Regentschafts⸗Gesetzentwurfs bereit, doch nur auf dem Boden des 1890 gescheiterten, wenn begründete Aussicht vorhanden sei, daß die Majorität des Landtags ihre Ansicht geändert habe.
Deutsche Colonien. Das „Deutsche Colonialblatt“ veröffentlicht die Rang⸗
liste der Offiziere und Aerzte der Kaiserlichen S truppe für PeutscheOstafrika Hiernach ist die Stelle des Commandeurs zur Zeit unbesetzt. Oberführer ist Wilhelm Schmidt. Ferner sind neun Compagnieführer, neunzehn Lieutenants, ein Compagnieführer à la suite (Ramsay), ein Oberarzt und neun Aerzte vorhanden.
8 Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 16. Januar. Der Minister des Aeußern Graf Kälnoky hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ namens der Regierungen von Oesterreich und Ungarn dem englischen Premier⸗Minister Lord Salisbury telegraphisch das tiefste
eileid über den unersetzlichen Verlust ausgesprochen, welcher das englische Königshaus und die englische Nation durch den Tod des Herzogs von Clarence Heeeesee hat. Graf Kälnoky ersuchte Lord Salisbury, auch der Königin Vic⸗ toria sowie dem Prinzen von Wales die Gefühle innigster Theilnahme auszudrücken. 8
Der General⸗Inspector der Cavallerie Freiherr von Gemmingen⸗Guttenberg ist an der Influenza gestorben.
Bei der gestern im Abgeordnetenhause fortgesetzten Generaldebatte über die Handelsverträge wies der Abgeordnete von Koslowski darauf hin, wie die loyale Haltung der preußischen Polen von der deutschen Regierung anerkannt worden sei; umsomehr müßten die österreichischen Polen für die Handelsverträge eintreten, bei denen das Vorbild des Kaisers, welcher ein Leitstern in der Politik der Versöhnung und der Völkerliebe sei, sowie die Dankbarkeit der Polen in Betracht kämen. Der Redner polemisirte energisch gegen die russophilen Ausführungen der Abgg. Kramarz und Vasaty und hob hervor, er wolle als Pole über die Unterdrückung der Polen durch Rußland schweigen, aber die Bedräͤngung der Bulgaren durch den General Kaulbars sei nicht geeignet, slavische Sympathien für Rußland zu wecken. Würden solche Reden, wie Vasaty gehalten, in Rußland ge⸗ halten werden, so würde der Redner bald dahin befördert werden, von wo es keine Rückkehr gebe. (Beifall.) Der Redner kündigte an, die Polen seien gegen den Vertrag mit Rumänien. Prinz Liechtenstein (gegen die Verträge) sprach die Hoffnung aus, der Dreibund werde forthestehen, auch wenn die zweifelhafte Errungenschaft der Handelsverträge wieder vergessen sei; er sei aus wirthschaftlichen und socialen Gründen gegen die Handelsverträge. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erklärte der Abg. Fournier, die Jungczechen seien den Dele⸗ gationen fern geblieben aus Besorgniß, mit ihren Ansichten über den Dreibund nicht ernst genommen zu werden; sie entgingen aber einem gleichen Schicksal auch im Abgeordnetenhauser nicht. Der Abg. Bulat sprach die Befürchtung aus, Dalmatien werde seinen Weinbau aufgeben müssen und ein krankes Mit⸗ glied des Reichs werden. Aehnliche Besorgnisse brachte der Abg. Malfatti bezüglich Südtirols vor und bemängelte gleichzeitig die Zollposition „rohe gezwirnte Seide“ als Schä⸗
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digung der Südtiroler Seidenzucht. Großbritannien und Irland.
Für den verstorbenen Herzog von Clarence ist am Königlichen Hofe eine sechswöchige und für die Oeffentlichkeit eine dreiwöchige Trauer angeordnet worden. Die Leiche wird von Sandringham nach Windsor übergeführt, mit militärischem Gepränge nach der Albert⸗Memorial⸗Kapelle ge⸗ bracht und dort aufgebahrt. Die Beisetzung findet voraus⸗ sichtlich am Mittwoch in der Königsgruft der St. Georgs⸗ Kapelle in Windsor statt. Officielle Bestimmungen sind indeß noch nicht getroffen. Das „Court⸗Cir⸗ cular“ vom Donnerstag Abend schreibt: Die Königin Victoria sei ihrem geliebten Enkel innig zugethan gewesen, der auch seinerseits stets die größte Zärtlichkeit gegen Ihre Majestät bezeugt habe und dessen liebenswürdige Eigen⸗ schaften und vornehmer Charakter ihn ihr seit seiner Kindheit theuer gemacht hätten. Die gestrigen Londoner Morgen⸗ zeitungen bringen Leitartikel über den Tod des Prinzen, in denen sie ihre warme Sympathie für die Königliche Familie und ihre Theilnahme für die hohe Braut, Prinzessin Mary von Teck, aussprechen. Aus allen Landestheilen werden noch immer Kundgebungen innigen Bedauerns der Bevölkerung mitgetheilt. Allenthalben sind die Festlichkeiten abgesagt. Wie mehrere Blätter melden, ist die Gesundheit der Prinzessin von Wales sehr stark angegriffen, doch ist der Zustand Ihrer Königlichen Hoheit bis jetzt nicht beunruhigend. Der italienische Minister⸗Präsident Marchese di Rudini hat den italienischen Botschafter in London beauftragt, der englischen Regierung das Beileid Italiens anläßlich des Ab⸗ lebens des Herzogs von Clarence zu übermitteln. Der König der Belgier wird neueren Meldungen aus Brüssel zufolge wegen der schlechten Witterungsverhältnisse den Leichenfeierlichkeiten nicht persönlich beiwohnen.
An dem gleichen Tage wie der jugendliche Herzog von Clarence ist, wie schon gemeldet, auch der hochbetagte Cardinal Manning aus dieser Zeitlichkeit abberufen worden. Er war im Jahre 1808 in Totteridge in der Grafschaft “ geboren und bis zum Jahre 1851 Geistlicher der anglikanischen Kirche. In dem genannten Jahre trat er . römisch⸗katho⸗ lischen Kirche über, die ihn zu ihren bewä hrtesten Streitern rechnete. Nach dem Tode des Cardinals Wiseman empfing er am 8. Juni 1865 die Weihe zum Erzbischof von West⸗ minster, und im Dezember 1877 wurde er zum Cardinal er⸗ nannt. Cardinal Manning war in weiten und nicht allein katholischen Kreisen des Königreichs geschätzt und beliebt, da er an den großen socialen Fragen der Gegenwart lebhaften Antheil nahm und häufig von strikenden Arbeitern als Ver⸗ mittler zur Beilegung des Streites angerufen wurde. .
Die „Morning Post“ erfährt, der bisherige Gesandte in Bukarest Sir Drummond Wolff sei zum englischen Bot⸗ schafter in Madrid ausersehen. v“
Vor dem Polizeigericht in Walsall. (Staffordshire) erschienen, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, in Sachen des Anarchistencomplotts gestern sechs Angeklagte, darunter ein Franzose Cailes, und der Schuhmacher Bartola alias Devganoff unter der Beschuldigung des gesetzwidrigen Be⸗ sitzss von Sprengstofsen. Der Ober-⸗Constabler von Walsall beschrieb seinen Besuch im Socialisteneclub, wo er Bomben⸗ modelle vorfand sowie in französischer Sprache angefertigte Anweisungen zur Anfertigung von Bomben, ferner ein Manifest in der Handschrift Cailes', welches zur Herstellung von Bomben und Dynamit behufs Umwälzung der Gesellschaft auffordert und Instructionen ertheilt, um öffentliche Gebäude in die Luft zu sprengen. Der Staatsanwalt beantragte die Vertagung des Prozesses, um die Polizei in Stand zu setzen, sich über eine mit dieser Angelegenheit zu⸗ sammenhängende, in England und dem Auslande weit ver⸗ breitete Verschwörung zu informiren. Die Verhandlung
Angeklagten wurde von dem Gericht verweigert.
Frankreich.
Paris, 16. Januar. In hiesigen unterrichteten Kreisen verlautet, wie „W. T. B.“ berichtet, die Unterhandlungen zwischen Frankreich und den Niederlanden über die gegen⸗ seitige zollpolitische Behandlung würden voraussichtlich in nächster Zeit zu einem befriedigenden Abschlusse führen. Frankreich würde das Recht der meist begünstigten Nation erhalten, wogegen es den Niederlanden seinen Minimaltarif ge⸗ währen würde. Eine Fristbestimmung werde das Ueberein⸗ kommen nicht enthalten. Zu den Handelsvertrags⸗Ver⸗ handlungen mit der Schweiz wird dem „Temps“ aus Bern gemeldet, der Bundesrath habe an die französische Regierung eine Note gerichtet, worin gesagt werde, daß der Bundesrath die Forderung, die Schweiz möge Frankreich dieselben Zuge⸗ ständnisse machen, welche sie Deutschland und Oesterreich⸗
Ungarn bewilligt habe, als eine zu weitgehende betrachte, denn
wurde schließlich vertagt. Eine Cautionsannahme seitens der
diese beiden Staaten hätten der Schweiz umfangreiche Con⸗ ö gemacht, im Gegensatze zu Frankreich, welches nichts bewillige. Die Meldung des „Temps“ sagt weiter, die Note lasse gleichwohl hoffen, daß ein Tarifkrieg vermieden bleiben würde, indem Frankreich Zeit gelassen werde, die Situation zu pruͤfen und den Minimaltarif zu modificiren.
Der Deputirte Dreyfus wird am Montag an den Minister des Auswärtigen Nibot eine Anfrage über die Lage in Tanger und über die den Commandanten der französischen Schiffe ertheilten Instructionen richten.
Italien. 8
Ddie italienische Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung der Handelsverträge fort. Im Verlaufe der
Debatte führte Pantano nach dem Bericht des „W⸗ X. B. aus, der Handelsvertrag mit Deutschland, verschlechtere zwar die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland nicht, könne auch ein lebensfähiges Element enthalten, er schütze aber die Volkswirthschaft, Industrie und den Ackerbau Italiens nicht wirksam genug. Den Vertrag mit Oesterrei ch⸗-Ungarn bemãn⸗ gelte der Redner deshalb, weil er die unvortheilhafte Lage Italiens auf Grund des Vertrages von 1887 nicht ändere; für den italienischen Handel im Oriente könnte der Vertrag verhäng⸗ nißvoll werden, da der Einfluß Oesterreich⸗Ungarns in den Balkanstaaten wachse. Materi erklärte sich für die Verträge, verlangte jedoch Oesterreich⸗Ungarn gegenüber die Anwendung einer Clausel auf Zulassung italienischer Weine zu dem Zollsatz von 5 Frcs. 77 Cims. Saponitosprach gegen die Verträge.
Der am Donnerstag in der Kammer eingebrachte Vor⸗ anschlag für das Rechnungsjahr 1892/93 schließt nach einer Mailänder Meldung der „Köln. Ztg.“ mit einem Fehlbetrag von 17 377 000 Lire, wobei jedoch zu berücksichtigen bleibe, daß 30 Millionen für Eisenbahnbauten unter den ordentlichen Aus⸗ gaben eingestellt sind. Der Schatz⸗Minister hoffe, obigen Fehl⸗ betrag durch 22 700 000 höhere Einnahmen und 3 800 000 geringere Ausgaben zu decken.
Spanien.
Das Standgericht in Peres hat, wie man der „Magdb. Ztg.“ aus Madrid meldet, drei der verhafteten Anarchisten⸗ führer zum Tode verurtheilt; die Königi n⸗Regentin habe zwei von ihnen begnadigt; der dritte werde am Montag stand⸗ rechtlich erschossen werden.
Portugal. 8
Das amtliche Lissaboner „Diario do Governo“ vom 15. d. M. veröffentlicht ein Decret, durch welches eine aus fünf Staatsbeamten bestehende Commission ernannt wird, welche mit der Untersuchung gegen die Verwaltungs⸗ räthe der portugiesischen Eisenb ahn⸗Gesellschaft, die sich gegen die Landesgesetze vergangen haben, sowie mit der Untersuchung der Statuten der Gesellschaft betraut ist.
Schweiz.
Der Bundesrath hat nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ aus Bern zum Commandanten der G otthardbefesti⸗ gung mit dem Range und den Competenzen eines Divisions⸗ Commandeurs den Obersten Heinrich von Segesser in Luzern und zum Artillerie⸗Chef und Chef⸗Instructor der Festungs⸗Artillerie in demselben Wirkungskreis den Oberst⸗ Lieutenant Ferdinand Affolter aus Deitingen ernann
Türkei.
Wie die „Agence de Constantinople“ meldet, dürfte die demnächst erwartete Aeußerung der bulgarischen Regie⸗ rung über die französische Note, betreffend die Aus⸗ weisung Chadourne's, dem Bedauern über den be⸗ gangenen Formfehler Ausdruck geben und zur Vermeidung von Mißverständnissen in der Zukunft die Ausweisungs⸗ bedingungen festsetzen. Danach solle 14 Tage vor der Ausweisung der betreffende Konsul davon benachrichtigt werden, damit zu einem eventuellen Ausgleich Zeit gewonnen werde. Nach Ablauf dieser Frist solle, falls der betreffende Konsul nicht interveniren oder eine Verständigung nicht erzielt werden sollte, die Ausweisung erfolgen. Andere Fragen, wie die Ent⸗ schädigung der Betroffenen zu erledigen sei, sollen der Zukunft überlassen bleiben. Die von mehreren Mächten anläßlich des Falles „Chadourne“ vorgeschlagene analoge Auslegung der
Capitulationen sei von der Pforte angenommen worden.
Schweden und Norwegen.
(F) Stockholm, 13. Januar. Der Kronprinz wird, wie „Aftonbladet“ berichtet, seine Reise nach St. Petersburg am 22. d. antreten und seinen Weg über Berlin nehmen.
Die Arbeiten an den einzelnen Etats des Budgets sind jetzt trotz der in den Ministerien herrschenden Kränklich⸗ keit soweit vollendet, daß das Budget heute in einer außerordentlichen Staatsrathssitzung zur Vorlage kommen kann. Am Freitag wird die verfassungsmäßige Prü⸗ fung der Mandate der neugewählten Abgeordneten stattfinden und am folgenden Tage der Zusammentritt der Kammern unter ihren Alters⸗Präsidenten, um die Er⸗ nennung der ordentlichen Präsidenten und Vice⸗Präsidenten vom König zum erbitten. Die feierliche Eröffnung des Reichstags im Reichssaale ist noch nicht bestimmt. 1
Der Chef der politischen Abtheilung des Departements des Aeußern Freiherr Fleetwood ist am Sonnabend ge⸗ storben. Er war seiner Zeit den Gesandtschaften in Kopen⸗ hagen, Paris und London attachirt und auch als Legations⸗ Secretär thätig. 8
— öecceg gemeinschaftlichen schwedis Fenseee ischse Staats⸗ rath ist der Handelsvertrag zwischen Schwe en⸗Norwegen und Frankreich genehmigt worden. Der Vertrag enthält eine Verlängerung der Handels⸗ und Schiffahrtsconvention mit Ausschluß dessen, was die Zolltarife betrifft. In Kraft tritt der Vertrag am 1. Februar. Er ist auf ein Jahr abge⸗ geschlossen mit zwölfmonatlicher Kündigungsfrist. ¹Christiania, 13. Januar. Wie verlautet, ist nunmehr zwischen Norwegen und Spanien über die Verlängerung
es Handelsvertrags bis zum 1. Julsi Einigung erzielt,
wobei alle Zollsätze mit Ausnahme derjenigen für Alkohol
unverändert bleiben. 11A4XA“
Aus Alexagdrien meldet ein Wolff' sches Telegramm, daß der Dampfer e Massimiliano“ mit dem Khedive Abbas an Bord heute früh 7 Uhr dort in Sicht
ommen ist. 8 Die 88 in Tanger ist nach einem Pariser Telegramm des ‚Wolff schen Bureaus“ unverändert; der Sultan von
Marokko habe den Gouverneur von Tanger nach Fez berufen.
In einem Drahtbericht der „Times“ vom 13. d. aus Dan ger
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