aufgegeben sei, keine große Bedeutung mehr. Alle die heren Täuschungen, denen man sich in dieser Hinsicht hingegeben habe, hätten auf Irrthümern beruht. Heute lege niemand mehr in der Welt das geringste Gewicht auf die Handelsbilanz. Wenn auch in der Statistik die Werthe nicht immer richtig geschätzt seien, so gäben sie doch für die Vergleichung im Laufe der Zeit ein zutreffendes Bild und man sollte lieber einige Irrthümer in Kauf nehmen, als allzuoft und allzuviel an den Grundsätzen der Statistik ändern.
Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.): Die von dem Unter⸗ Staatssecretär angeführten Gründe hätten ihn nicht von der Unmöglich⸗ keit der Ausführung der von ihm gewünschten Statistik überzeugt. Er halte eine solche mit Rücksicht auf die neue Aera des Verkehrs und der gesteigerten Handelsbeziehungen durchaus für nothwendig. 8 reiherr von Stumm (Rp.) legt dagegen Verwa rung ein, daß alle Welt — also auch er und seine Parteigenosten — mit der von dem Abg. Dr. Bamberger aufgestellten Handelsbilanz⸗ Theorie einverstanden sei.
Abg. Graf von Kanitz (cons.) weist darauf hin, daß England und Frankreich in den letzten Jahren mit einer viel größeren Unter⸗ bilanz F. hätten alse Deutschland. Nur die österreichische Statisti zeige merkwürdiger Weise einen steten Ueberschuß der Aus⸗ fahr über die Einfuhr. Die Vorlesung über den Werth der Bilanz
ätte der Abg. Dr. Bamberger bei der Berathung der Handelsver⸗ träge machen sollen, als der Reichskanzler die Aenderungen in den handelspolitischen Beziehungen mit dem Hinweis auf die Unterbilanz “ “ habe.
A S Dr. Bamberger (dfr.): Gerade die Verhandlungen bei Gelegenheit der Handelsverträge hätten ihm den Gedanken nahe⸗ Plegt, daß die Herren von der Schutzzollpartei auf eine eigentliche
heorie der Handelsbilanz verzichteten. 1 8 Titel 1 und der Rest des Capitels werden be⸗ willigt.
Ueber das Capitel „Kaiserliches Gesundheitsamt“ berichtet an Stelle des wegen Trauerfalles in seiner Familie verhinderten Abg. Grafen von Behr
Abg. Sin ger (Soc.): Die Frage des Einfuhrverbots von amerikanischem Schweinefleisch habe zu einer längeren beihh in der Budgetcommission geführt. Die Zurücknahme des Einfuhrverbots sei von Seiten der Regierung ausführlich begründet worden. Auf Wunsch der Commission bringe er die Erklärung der Regierung zur Kenntniß des Hauses.
Abg. Siegle (nl.) bittet um Einführung eines Examens für practische Chemiker, weil dazu das Doctorexamen, das einzige, dem sich jetzt die Chemiker unterwerfen könnten, nicht genüge, und bemerkt dabei, daß einer der bedeutendsten Lehrer der Chemie sich dahin aus⸗ gesprochen habe, daß die Ausländer sehr erheblich besser vorbereitet seien, als die auf deutschen Schulen Vorgebildeten.
Unter⸗Staatssecretär Dr. von Rottenburg: Auch von der Regierung sei das Bedürfniß nach einer solchen Prüfung anerkannt, und zwar sei vorläufig ein Gesetz für die Prüfung der Nahrungsmittel⸗ chemiker ausgearbeitet und von einzelnen Regierungen gebilligt. Es bestehe nur die Schwierigkeit, daß man nach den Bestim⸗
der Reichsgewerbeordnung dieses Gesetz hier nicht
Weiteres emaniren könne, sondern daß ein
der Einzelstaaten nöthig sein werde; dieses
Gesetz fordere übri ens so allgemeine Kenntnisse der Chemiker, daß vermuthlich auch solche, die sich anderen Zweigen
Chemie widmen wollten, sich mit Erfolg ihm würden unter⸗ werfen können. Ob ein weiteres Examen nöthig sein werde, könne man erst nach den Erfahrungen beurtheilen, die man mit dem jetzt in Vorbereitung befindlichen Examen machen werde.
Bei den Ausgaben für das Patentamt weist
Abg. Dr. Hammacher (nl.) darauf hin daß die Staaten, die een deutschen Patenten Schutz angedeihen ließen, im „Reichs⸗ An eigeh Sh gemacht werden sollten; diese Bekanntmachung sei och ni olgt.
Unter⸗Staatssecretär Dr. von Rottenburg: Die Re⸗ ierung stehe mit mehreren Staaten wegen Gewährung des Feb Schutzes noch in Verhandlung, deshalb habe sich die Bekanntmachung
verzögert. „Physikalisch⸗technische Reichs⸗
Beim Capitel anstalt“ bemerkt
„Abg. Dr. Witte (dfr.): Die hier geforderte Etatsvermehrung sei durch den erweiterten Umfang der Ar eiten dieses Instituts noth⸗ wendig geworden. Er möchte bitten, daß die Bekanntmachungen über die Arbeiten dieses Instituts in einem weiteren Umfange ver⸗ öffentlicht würden, als es bisher geschehe. Man habe über das Jahr 1890 einen gedruckten Bericht des Präsidenten der Anstalt und einen Vortrag darüber von dem keiter der zweiten Abtheilung, dem in jeder Beziehung seiner schwierigen Stellung vollauf gewachsenen Director Dr. Löwenherz; ü er das Jahr 1891 aber fehle eine solche Uebersicht, trotzdem die Arbeiten, die sich wesentlich auf Herstellung eines einheitlichen Schraubengewindes, elektrischer Maßeinheiten und einer Lichteinheit erstreckten, abgeschlossen seien. Die Arbeiten seien nicht nur im Inlande, sondern auch im Auslande mit roßem Interesse verfolgt worden, schon darum empfehle sich vielleicht eine eingehendere Veröffentlichung der Arbeiten dieser Anstalt, die für das gewerbliche Leben in Deutschland von e Einfluß sei.
Unter⸗Staatssecretär Dr. von Rottenburg: Der Staats⸗
secretär im Reichsamt des Innern habe nach den Berathungen in der Commission von diesem Wunsche dem räsidenten der Anstalt Kenntniß gegeben⸗ der Letztere habe aber erklärt, daß die Arbeiten der Anstalt zu umfangreich seien, als 7 man alljährlich einen Bericht darüber erstatten könnte, übrigens seien über einzelne dieser Arbeiten Veröffentlichungen in verschiedenen Blättern erschienen⸗
„Die Ausgaben werden bewilligt und nach 5 ¼ Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 12 Uhr vertagt.
“ Haus der Abgeordneten. 2. Sitzung vom Freitag, 15. Januar.
Der Sißung wohnen der Minister des Innern Herrfurth, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der inister für Land⸗ ꝛc. von Heyden, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz⸗Trützschler und der Minister der C“ Arbeiten Thielen bei.
„Auf der Tagesordnung steht zunächst die Wahl des Präsidiums und der Schriftführer.
Abg. Stenge I(freicons.): Es ist mir mitgetheilt worden, daß es der allgemeine Wunsch ist, die Leitung der Geschaͤfte denselben Herren an⸗ zuvertrauen, welche sie bisher geführt haben. ee Ich erlaube mir deshalb den Antrag einzubringen, den Abg. von Köller zum
räsidenten, den Abg. Dr. von Kseereman zum Ersten
ice⸗Präsidenten und den Abg. von Benda zum Zweiten Vice⸗Prä⸗ sidenten durch Zuruf wiederzuwählen. (Beifall.) Abg. Dr. Freiherr von eereman (Centr.): Diese Art der Wahl ist nur zulässig, wenn von keiner Seite Widerspruch dagegen erhoben wird. (Widerspruch erfolgt nicht.) Dann erkläre ich dementsprechend Herrn von Köller als zum Präsidenten des Hauses gewählt. Ich werde Herrn von Köller um Annahme der Wahl telegraphisch er⸗ suchen. — Ich erkläre hiermit, die auf mich gefallene Wahl dankend und Ihnen für das Vertrauen, das mir wieder entgegen⸗ sebracht wird, meinen Dank auszusprechen.
Abg. von Benda (nl.): Ich nehme aufrichtig dankend an.
Ebenfalls auf Vorschlag des Abg. Stengel werden zu Schriftführern durch Zuruf gewählt die 7 Barth⸗ Eberhardt, Hartmann, Im Walle, Ko isch, Dr. Mithoff⸗ Sperlich und Vopelius.
u Quästoren ernennt der JE Dr. Frei⸗ von Heereman die Abgg. von Liebermann und rancke⸗Tondern. Damit ist das Haus constituirt. Seiner
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I
Majestät dem Kaiser und Könige wird hier forderliche Mittheilung gemacht werden.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Hochverehrte Herren! Indem ich die Ehre habe, auf Grund Allerhöchster Ermächtigungen vom 6. und 10. dieses Monats die All⸗ gemeine Rechnung über den Staatshaushalt für 1888/89, die Ueber⸗ sicht der Staatsausgaben und Einnahmen des Jahres 1890/91 und den Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr 1892/93 zur verfassungs⸗ mäßigen Beschlußfassung zu überreichen, bitte ich um die Erlaubniß, den letzteren zur Erläuterung und Begrün⸗ dung mit einigen Bemerkungen begleiten zu dürfen. Der Etat für 1892/93 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit einem Betrage von 1 851 115 697 ℳ Die Ausgaben betragen im Ordi⸗ narium 1.804 452 035 ℳ und im Ertraordinarium 46 663 662 ℳ Der Etat balancirt in Einnahme und Ausgabe ohne Zuhilfenahme extraordinärer Mittel. Es ist nicht leicht gewesen, in der gegen⸗ wärtigen Finanzlage dies Ziel zu erreichen, und es hat einer erheb⸗ lichen Standhaftigkeit des Finanz⸗Ministers (Heiterkeit. Hört! hört!) und einer bedeutenden Resignation meiner Herren Collegen bedurft, um ein Ziel zu erreichen, welches wir doch alle so lange, wie irgend möglich, anstreben müssen.
Gegen den laufenden Etat betragen die Einnahmen für 1892/93 mehr 130 280 948 ℳ, die Ausgaben im Ordinarium mehr 133 472 584 ℳ und im Extraordinarium weniger 3 191 636 ℳ Das Extraordinarium hat also um diesen Betrag zur Erreichung der Ba⸗ lancirung des Etats verkürzt werden müssen. Wir haben darauf Be⸗ dacht genommen, diejenigen Verwendungen, welche wesentlich Landes⸗ meliorationen bezwecken, möglichst unbeschränkt zu lassen und nur in denjenigen Ressorts namentlich die Bauten etwas zu beschränken, in denen in den Vorjahren besonders viel geschehen ist.
Das Extraordinarium hat sich in den letzten Jahren im Ver⸗ hältniß zum Gesammtumschlag des Etats etwas vermindert und be⸗ trägt gegenwärtig 2,5 % des Gesammt⸗Etats. Das hängt aber wesentlich zusammen mit der Vermehrung durchlaufender Posten in dem Gesammt⸗Etat, beziehungsweise mit dem Anwachsen der Ein⸗ nahmen und Ausgaben der Betriebsverwaltungen, und kann keineswegs als ein beunruhigendes Zeichen angesehen werden.
Wenn ich die Einnahmen um rund 130 Millionen diejenigen des laufenden Etats überschreitend bezeichnet habe, so muß ich dabei von vornherein darauf hinweisen, daß davon eigentlich rund 58 490 000 ℳ abzuziehen sind, weil in dieser Höhe durch die Anwendung der Brutto⸗ Etatisirung bei der Lotterie sich ein neuer durchlaufender Posten in Einnahme und Ausgabe ergiebt.
Bezüglich des gesammten Etats muß ich noch einen zweiten Vorbehalt machen.
Wir haben bei der Veranschlagung der Ueberweisungen aus dem Reiche uns nur anschließen können an den Reichs⸗Etat. Der Reichs⸗ Etat seinerseits hat aber noch nicht Rücksicht nehmen können auf die Einnahmeverminderung, welche das Resultat der neuen Handelsverträge sein wird. (Hört! rechts.)
Es können also diese Zahlen unzweifelhaft demnächst nicht ganz richtig sein; ihre Einwirkung auf den preußischen Staatshaushalt ist aber nicht so bedeutend, wie man wohl im ersten Augenblick glauben sollte, und es kommt hier für den preußischen Staatshaushalt die Bedeutung der sogenannten 1ex Huene in ein sehr günstiges Licht.
Es ist schwer, die Einwirkung der Handelsverträge auf die Ein⸗ nahmen des Reichs und beziehungsweise auf die Ueberweisungen an die einzelnen Staaten gegenwärtig zu übersehen — und zwar vorzugs⸗ weise deswegen, weil es unmöglich ist, die Veränderungen in der Einfuhr auf Grund dieser neuen Zolltarife zu bemessen. Läßt man eine solche doch wahrscheinliche Erhöhung oder Veränderung in dem Import außer Betracht, so würde sich, wie ich in Ueberein⸗ stimmung mit den Schätzungen des Herrn Schatzsecretärs des Reichs annehme, ein Gesammtausfall an Zöllen ergeben in Höhe von 35 014 000 ℳ Nimmt man an, daß der Ausfall durch Mehreinfuhr reducirt wird auf 30 Millionen, erwägt man ferner, daß hiervon Preußen zur Last käme der Betrag von 18 Millionen, daß aber in der gesammten Mindereinnahme des Reichs an Zöllen enthalten sein würden 26 640 000 ℳ an Getreidezöllen und 500 000 ℳ an Vieh⸗ zöllen, in Summa 27 140 000 ℳ, so würden sich daraus 16 300 000 ℳ Minderüberweisungen an die preußischen Communalverbände ergeben, und es würde also für die preußische Staatskasse sich nach dieser Rechnung nur ein Minus von 1 700 000 ℳ herausstellen.
Werfe ich nun einen Blick auf die Gestaltung der gesammten Finanzlage des Staats, so darf ich wohl daran erinnern, daß ich schon bei Vorlegung des laufenden Etats im Vorjahre meine Be⸗ denken in Beziehung auf die volle Erfüllung desselben ausgesprochen habe, daß ich davor gewarnt habe, die großen Ueberschüsse der Eisen⸗ bahnen im Jahre 1889/90 als dauernd anzusehen, daß ich schon damals die Finanzlage zwar als gesund, aber doch als zur Vorsicht auffordernd bezeichnete. Man hat in dieser da⸗ maligen Auffassung vielfach eine unberechtigte Aengstlichkeit, eine ge⸗ wisse pessimistische Anschauung gefunden. Meine Herren, der heutige Etat giebt mir nur zu sehr Recht. Ich habe meine Anschauung durch die Erfahrungen, die in der Zwischenzeit gemacht sind, nur bestätigt gefunden, und ich hoffe, auch diejenigen Herren, die damals mir nicht beitreten konnten, werden sich heute überzeugen, daß meine Gesammtanschauung über die Finanzlage eine durchaus zutreffende war.
Meine Herren, jeder Voranschlag gründet sich auf die Ver⸗ muthungen für die Zukunft, welche herzuleiten sind: aus den Erfah⸗ rungen der Vergangenheit und der Gegenwart. Es wird daher unsere Aufgabe sein, hierauf zuerst einen Blick zu werfen, um den Etat richtig beurtheilen zu können. Das Wesentliche aus dem Final⸗ abschluß des Rechnungsjahres 1. April 1890/91 habe ich bereits in der vorigen Session mitgetheilt. Ich will daher hier nur daran erinnern, daß der Finalabschluß 1890/91 noch mit einem rechnungsmäßigen Ueberschuß von 12 632 136 ℳ abschloß. Der⸗ selbe vermindert sich, wenn man seine wirthschaftliche Bedeutung untersucht, durch 1 601 776 ℳ Mehreinnahme an hinterlegten Gel⸗ dern auf 11 030 360 ℳ Dieser Abschluß ist als ein durchaus gün⸗ stiger zu bezeichnen und ist wesentlich herbeigeführt durch den günstigen Abschluß der meisten Betriebsverwaltungen.
Ich will in dieser Beziehung nur hervorheben, daß die Domänen⸗ verwaltung mit einem Mehrüberschuß von 206 000 ℳ — ich will nur runde Zahlen nennen —, die Forstverwaltung mit einem Mehr⸗ überschuß von 7 707 000 ℳ abschließt, die Verwaltung der directen
Steuern mit einem solchen von 3 466 000 ℳ, die Verwaltung der
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indirecten Steuern mit einem solchen von 6 838 452 ℳ und die Berg⸗ verwaltung sogar mit einem Ueberschuß von 10 149 484 ℳ ihr Rech⸗ nungsjahr beendete. Die Ueberweisungen vom Reich sind zwar auch bedeutender gewesen, als veranschlagt wurde, sie sind aber durch ent⸗ gegenstehende Ausgaben im wesentlichen wieder aufgezehrt. Die Mehreinnahme beim Antheil aus den Erträgen der Zölle betrug 50 550 900 ℳ, ebenso der Antheil am Ertrage der Reichsstempel⸗ abgaben 2 388 500 ℳ Dagegen erhöhten sich aber auch die Ueber⸗ weisungen an die Communalverbände um nicht weniger als 22 251 622 ℳ und die Matricularumlagen um 27 239 326 ℳ Bei der Verbrauchsabgabe für Branntwein ergab sich ein Ausfall von 4 320 900 ℳ
Meine Herren, ich habe diesen Abschluß als einen günstigen be⸗ zeichnet mit Rücksicht auf so außerordentlich ergiebige Mehrüberschüsse der meisten Betriebsverwaltungen, umsomehr, als die größte Betriebs⸗ verwaltung, die Eisenbahnverwaltung, einen Ausfall in den Ergeb⸗ nissen des eigentlichen Betriebes von 31 640 726 ℳ ergab. Meine Herren, wir werden uns mit dieser Frage ja noch mehr beschäftigen müssen, und ich werde darauf noch nachher mit zwei Worten bei der Charakterisirung des muthmaßlichen Ergebnisses des laufenden Jahres zurückkommen. Wenn eine große Betriebsverwaltung einen so erheb⸗ lichen Ausfall zeigt, und dennoch die Gesammtheit der Rechnung mit einem Ueberschuß von über 11 Millionen abschließt, so durfte ich wohl sprechen von den, gesunden, guten, festen Grundlagen der preußischen Staatsfinanzen.
Der Abschluß für das laufende Jahr wird sich aber allerdings aller Voraussicht nach ungünstiger gestalten. Selbst eine sorgfältige Inbetrachtnahme aller bisher erfolgten Abschlüsse in den einzelnen Verwaltungen kann natürlich ein sicheres Resultat bezüglich des Ge⸗ sammtabschlusses am 1. April dieses Jahres noch nicht geben, und ich kann daher diese Ziffern nur mit dem größten Vorbehalt Ihnen vorlegen, glaube aber allerdings, daß im großen und ganzen das Re⸗ sultat, welches sich aus diesen Ziffern ergiebt, durch die Ergebnisse der nächsten Monate nicht wesentlich wird verändert werden.
Als günstige Factoren im Vergleich mit der Etatisirung ergeben sich namentlich wiederum die Forsten; wir nehmen an, daß der Mehr⸗ überschuß der Forsten 3 500 000 ℳ betragen wird. Ebenso werden voraussichtlich die directen Steuern ein Mehr ergeben von 4 040 000 ℳ, die indirecten Steuern ein solches von 650000 ℳ Die Bergwerke dürften einen Mehrüberschuß liefern von 3 790 000 ℳ Die Ueber⸗ weisungen vom Reich dürften mehr betragen 23 700 000 ℳ Die Justizverwaltung dürfte besser abschließen um 1 600 000 ℳ und das Finanz⸗Ministerium um 500 000 ℳ, sodaß sich als günstig für den Abschluß bei allen diesen Verwaltungen voraussichtlich ein Gesammt⸗ betrag von 37 780 000 ℳ ergeben wird.
Als ungünstige Factoren sind dagegen in Betracht zu ziehen: ein wahrscheinlicher Minderertrag bei der Domänenverwaltung in Höhe von 240 000 ℳ (hört, hört! rechts. Heiterkeit links), bei der öffent⸗ lichen Schuld dürfte ein Mehrbedarf von 3 360 000 ℳ entstehen; die Ueberweisungen an die Communalverbände werden etwa 10 Millionen mehr erfordern. Der Matricularbeitrag wird infolge der Nachtrags⸗ Etats beim Reich um 2 190 000 ℳ höher sein. Die Bauverwaltung dürfte rund 660 000 ℳ, die Verwaltung des Innern 500 000 A, die landwirthschaftliche Verwaltung 780 000 ℳ, die Gestütver⸗ waltung 170 000 ℳ und die Cultusverwaltung 1 000 000 ℳ mehr erfordern. Hieraus ergäbe sich nun, wenn ein Minderüberschuß, wie vir ihn nach den bisherigen Monatsabschlüssen berechnen, bei der Eisenbahnverwaltung gegen den Etat von 42 Millionen Mark angenommen wird, ein Gesammtausfall von 61 Millionen Mark und demgemäß überhaupt ein mögliches Deficit von 24 320 000 ℳ
Meine Herren, so unerfreulich dies ist, so darf man daran doch nicht eine zu erhebliche Beunruhigung knüpfen. Sie sehen, daß alle übrigen Einnahmequellen des preußischen Staats und nur, allerdings bei der größten Betriebsverwaltung, bei der Eisen⸗ bahnverwaltung, ist ein erheblicher Ausfall zu erwarten. Aber auch dieser Ausfall liegt nicht in einer Verminderung der Einnahmen — vielmehr ist anzunehmen, daß nahezu wenigstens in dieser Beziehung der Etat erfüllt wird —, er liegt lediglich in einer allerdings in den beiden letzten Jahren überraschend schnellen und bedeutenden Steigerung der Ausgaben.
Meine Herren, wenn einmal eine so gewaltige Betriebsverwaltung, die größte vielleicht in der ganzen Welt, ohne jede wickliche Scheide⸗ grenze zwischen ihr und der allgemeinen Staatsfinanzverwaltung ge⸗ lassen ist, wenn man einmal auf die hohen Ueberschüsse dieser Be⸗ triebsverwaltung sehr bedeutende, dauernde Ausgaben basirt hat, wenn dann diese Ausgaben in ungünstigen Jahren bleiben, dagegen die Ueberschüsse sich vermindern, so wird man sich auf solche Schwankungen im Etat gefaßt machen müssen und sich nicht zu sehr beunruhigen dürfen, wenn diese Betriebsverwaltung in ihren Ueberschüssen schwan⸗ kende Ergebnisse aufweist, wie alle anderen Betriebsverwaltungen und großen industriellen Unternehmungen auch. . “
Das kann aber allerdings nicht dahin führen, daß man sich gleich⸗ gültig gegen eine so rapide Steigerung der Ausgaben gegenüber dem Etat in dieser Verwaltung verhalten darf. Wenn im Vorjahr die Mehrausgaben im Etat 66 Millionen Mark betrugen und in diesem Jahre schwanken werden zwischen 40 und 45 Millionen, dann wird man allerdings dem Finanz⸗Minister es auch nicht verdenken können, wenn er auch dieser Verwaltung, die naturgemäß keine externe Ver⸗ waltung ist, und von der das Gedeihen der Finanzen des Staats mit abhängt, eine besondere Aufmerksamkeit schenkt.
sprochen von einer gegensätzlichen Auffassung zwischen mir und meinem
nicht die Rede.
könenn und entziehen wollen. Auf der anderen Seite, meine
namentlich sich hüten, so beschränkend eingreifen zu wollen, daß da⸗
durch die Erfüllung der Hauptaufgabe dieses gewaltigen Verkehrs⸗ mittels in irgend einer Weise beschränkt oder gelähmt würde. Die
allgemeinen Gesichtspunkte, welche die beiden Minister vertreten,
1““
sind
8 Icge dieselben; daß “ aus den verschiedenen Standpunkten 8 können, das ist nicht bloß gegenüber dem Minister für 2-25 in der Nothwendigkeit, in dieser Beziehung ebenso gut auch 8 gemachten Bedürfnissen anderer Ressorts. Jedenfalls muß der Finanz⸗
Minister angesichts der Finanzlage, wie ich sie eben charakterisirt habe, seine Befugnisse nicht bloß in vollem Maße geltend machen,
ist ein so bedeutendes Staatsinteresse, daß sich auch alle anderen Ressorts
ziehung eine, hoffentlich nur kurze Unterbrechung im allgemeinen ein⸗
durchaus ergiebig fließen,
Meine Herren, man hat in der Presse sonderbarer Weise ge⸗
hochverehrten Collegen, dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten. Von einem solchen Gegensatz kann gar nicht die Rede sein und ist Meine Herren, der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten ist durchaus davon durchdrungen, daß, wie die Gesammtlage sich einmal gestaltet hat, auch die Eisenbahnverwaltung mit in Rück⸗ sicht auf die allgemeinen Staatsfinanzen geführt werden muß. Das ist das Product der finanziellen Entwickelung der Vergangen⸗ heit, dem wird sich kein Chef der Eisenbahnverwaltung entziehen
Herren, wird aber auch der Finanz⸗Minister sehr wohl die Rücksichten, welche er bei der Einwirkung der finanziellen Gesichtspunkte auf eine so große Betriebsverwaltung zu nehmen hat, wahren und wird
2. I11“
entstehen
auf Einzelfragen Meinungsverschiedenheiten öffent⸗
in Bezug
Arbeiten der Fall, sondern der Finanz⸗Minister ist zu⸗
abzuweichen von den Wünschen und selbst von den mit Recht geltend
sondern er muß das auch für eine Gewissenspflicht halten; die Blüthe der Finanzen Preußens und die Erhaltung ihrer gesunden Grundlagen
in dieser Beziehung diesen Rücksichten nicht werden entziehen wollen. Meine Herren, es wird Ihnen erklärlich sein, daß wir bei einer Finanzlage, wie ich sie dargelegt habe, nicht in der Lage waren, in dem gewünschten Umfange die begonnene Aufbesserung der Beamten⸗ gehälter von unten nach oben fortzusetzen; wir haben in dieser Be⸗
treten lassen müssen, ohne daß wir das Ziel selbst in irgend einer Weise aus dem Auge verlieren. Aus der Thronrede haben Sie be⸗ reits erfahren, daß das System des Aufrückens nach Altersstufen und die Befreiung der Beamten aus der bisherigen Unsicherheit in Bezug auf die Gestaltung ihrer Gehaltsverhältnisse in der Zukunft für sämmtlichen etatsmäßige Unterbeamten in dem neuen Etat bereits durchgeführt ist. Wir werden damit weitergehen und zunächst das⸗ selbe System auch bei den Kanzleibeamten und Zeichnern zur Durch⸗ ührung bringen. 8 8 Meine Herren, ein anderer Wunsch, den sowohl die Staats⸗ regierung als die Landesvertretung hegt, die Zahl der etatsmäßigen Stellen in vielen Dienstzweigen zu vermehren und die Zahl der Diätarien zu vermindern, hat in diesem Etat gleichfalls noch nicht zur Ausführung gelangen können, nicht sowohl oder wenigstens nicht allein wegen der Finanzlage — allerdings würden hier sehr erhebliche Mehrausgaben erforderlich sein —, als wegen der Schwierigkeiten, welche in der Sache selbst liegen. Es sind die Verhältnisse in dieser Beziehung, wie sie sich bisher entwickelt haben, in den einzelnen Dienstzweigen so verschiedenartig, es tauchen dabei so schwierige Fragen auf, namentlich hinsichtlich der gewiß nicht ganz abzuweisenden Anrechnung der bisherigen Dienstzeit für die Diätarien, es hängt diese Frage auch vielfach mit einer anderweitigen Regulirung der Gehaltsverhältnisse zusammen, daß wir noch nicht im stande waren, eine wohlvorbereitete Vorlage zu machen. Wir hoffen, das im nächsten Jahre nachholen zu können. Wir halten daran fest, daß as allerdings nur allmählich zu erreichende Ziel dahin gehen muß, daß für dauernde dienstliche Bedürfnisse auch dauernde Dienst⸗ tellungen den Beamten gesichert werden, daß die Diätarien, wenn ie eine gewisse Probezeit bestanden haben, auch darauf rechnen men, in eine etatsmäßige Stelle zu gelangen, pensionsberechtigt u werden, Wohnungsgeldzuschuß zu bekommen und der staatlichen rsorge für ihre Wittwen und Waisen sicher zu sein, und daß von dem Augenblick der etatsmäßigen Anstellung an ein regelmäßiges Aufrücken nach Altersstufen für diejenigen Beamten gesichert ist, welche sich dazu nach ihrem Verhalten und nach ihren Dienstleistungen würdig erweisen. Wir hoffen, wenn es uns gelingt, dieses System zur Durchführung zu bringen, damit viel Unsicherheit, Unruhe und Unzufriedenheit in der Beamtenwelt zu beseitigen und die Beamten auf sicherere Lebensgrundlagen zu stellen, als es nach dem bisherigen System der Fall war. 18—
Meine Herren, von diesen allgemeinen Grundsätzen haben wir aber geglaubt wegen der Dringlichkeit der Sache eine Ausnahme machen zu sollen in Beziehung auf die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den höheren Schulen. Leicht ist es allerdings nicht geworden, im gegenwärtigen Augenblick die hierfür erforderlichen Mittel in den Etat einzustellen; wir haben aber doch geglaubt, im Anschluß an die Frage der Schulreform und gegenüber den offenbar in ganz unverhältniß⸗ mäßiger Weise zurückgebliebenen Gehaltsverhältnissen der Lehrer an den höheren Schulen, welche geradezu einen Mangel an Lehrkräften bei diesen Schulen herbeizuführen drohen, nicht länger damit zögern zu sollen. Auf das Nähere in dieser Beziehung will ich, um die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses nicht allzulange in Anspruch zu nehmen, nicht eingehen; es wird dazu später noch Gelegenheit sein. Ich will nur im Allgemeinen bemerken, daß die Aufbesserung der Gehaltsverhält⸗ nisse sich bei den höheren Schulen auf die Directoren und auf die Lehrer namentlich in den Provinzen erstreckt, daß in⸗ sonderheit das Maximalgehalt der Oberlehrer von 4 500 auf 5 400 ℳ steigen wird. Auch die Gehaltsverhältnisse der Lehrer und Directoren an den Seminarien und ebenso diejenigen der Vorsteher und Lehrer an den Präparandenanstalten sind auf⸗ gebessert worden; außerdem sind die Gehälter der Kreisschulinspectoren erheblich erhöht worden. Meine Herren, für die Lehrer an den höheren Schulen ist daneben ein Betrag von 300 000 ℳ in den Etat eingestellt, um auch an den nichtstaatlichen Gymnasien die bei den staatlichen Gymnasien bereits durchgeführte Fürsorge für die Wittwen und Waisen zur Ausführung zu bringen.
Die Gesammtmittel, welche erforderlich werden, dürften sich etwa auf 4 Millionen belaufen; diese 4 Millionen fallen aber nicht im vollen Betrage der Staatskasse zur Last; vielmehr ist die Absicht, einen Theil dieser Ausgaben zu decken durch eine mäßige Erhöhung des Schulgeldes, welche wir gegenüber dem rapiden Steigen der Aus⸗ gaben der höheren Lehranstalten für durchaus berechtigt halten. Ueber den ganzen Plan werden Ihnen ausführliche Mittheilungen gemacht werden, und ich will daher jetzt nicht näher darauf eingehen.
Ich darf hieran wohl die Hoffnung knüpfen, daß, wenn die Lehrer an den höheren Anstalten vielleicht auch nicht alle ihre Hoffnungen er⸗ füllt sehen — und wann wäre das überhaupt im menschlichen Leben der Fall? — (sehr richtig! und Heiterkeit) sie doch in Erwägung, daß diese Verbesserungen in einer Zeit geschehen, wo der gesammte Auf⸗ besserungsplan für die übrigen Beamten in diesem Jahre nicht weiter geführt werden kann, wenn die Lehrer ferner erwägen — es werden Ihnen darüber die näheren Belege mitgetheilt werden —, daß diese Gehaltserhöhungen sie in ihren Gehaltsbezügen höher stellen als die Lehrer fast aller deutschen Staaten, — daß dann doch gehofft werden darf, daß die Lehrerwelt in diesem Vorgehen der Staatsregierung den Beweis des möglichsten Entgegenkommens und größten Wohlwollens erblicken wird und daß sie nunmehr ihre Anforderungen für befriedigt
erachtet. Meine Herren, auch noch in einer zweiten Beziehung haben wir
auf die Staatskasse nicht zu übernehmen, eine Ausnahme machen müssen; wir haben 750 000 ℳ zur Förderung der Ablösung der Stol⸗ gebühren in den evangelischen Kirchengemeinschaften in den Etat auf⸗ genommen. Wir folgen in dieser Beziehung den Beschlüssen beider Häuser des Landtags aus der vorigen Session; wir sind erfreut, eine lange behandelte Frage hiermit zum endlichen Abschluß zu bringen und den Bedürfnissen und Wünschen der evangelischen Kirchen⸗ gemeinden entgegenkommen zu können. Wir konnten uns um so eher hierzu entschließen, als nach dem Kirchen⸗ gesetz, dessen staatliche Sanktion von Ihnen erbeten werden wird, diese Verwendungen wesentlich den unbemittelteren Mitgliedern dieser Kirchengemeinschaften zu gute kommen und vor allem zu deren Ent⸗ lastung bestimmt sind. Wenn wir bezüglich der katholischen Kirche noch keine Anträge stellen konnten, lo liegt das lediglich daran, daß das statistische Material noch nicht in genügendem Maße beschafft werden konnte, und anderntheils, daß Verhandlungen mit den Kirchen⸗ oberen noch erforderlich sein werden. Wir werden nach Lage der Ver⸗ hältnisse hierauf später zurückkommen.
Gestatten Sie mir nun, meine Herren, noch auf einzelne wichtigere Veränderungen im Etat etwas näher einzugehen. Im Ordinarium gestalten sich die Etats der Betriebsverwaltungen in der Weise, daß insgesammt ein Mehrüberschuß von 2 596 000 ℳ veranschlagt ist. Derselbe setzt sich zusammen aus Mehrüberschüssen von 10 719 884 ℳ und aus Minderüberschüssen von 8 123 620 ℳ. Die direkten Steuern sind höher veranschlagt um 7 462 700 ℳ Die Herren werden sich er⸗ innern, daß das Einkommensteuergesetz dem Staat die aus der neuen Veranlagung der Einkommensteuer resultirenden Beträge bis zum Höchst⸗ betrage von 80 Millionen überläßt, während die Mehrerträge zur Ent⸗ lastung von Grund und Boden durch Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuern beziehungsweise Verwandlung dieser Steuern in Com⸗ munalsteuern dienen sollen. Ich ebenso wenig, wie Sie alle, kann heute eine Schätzung anstellen, welches das Mehrerträgniß der neuen Veranlagung sein wird. (Sehr richtig!) Allerdings tritt schon jetzt hervor, daß erhebliche Verschiebungen eintreten werden. (Sehr richtig!) Es tritt namentlich hervor, daß eine erhebliche Entlastung der ge⸗ ringeren Einkommen im Verhältniß zu den höheren eintreten wird, (sehr richtig!) und daß auch in den verschiedenen Einkommensarten sehr erhebliche Veränderungen sich ergeben werden. (Sehr richtig!) Wir müssen das Resultat also erwarten.
Wir haben aber doch geglaubt, ohne Bedenken die Einkommen⸗ steuer um 7 084 000 ℳ höher veranschlagen zu können, weil wir be⸗ stimmt annehmen, daß gegenüber dem laufenden Etat unter allen Umständen dieser Mehrbetrag sich ergeben wird.
Die Gebäudesteuer ist um 1 473 000 ℳ und die Gewerbesteuer um 318 000 ℳ höher veranschlagt.
Bei der Verwaltung der Einkommensteuer entsteht eine Mehr⸗ ausgabe von 790 000 ℳ wesentlich durch die Vermehrung der sub⸗ alternen Kräfte bei den verschiedenen Veranlagungsbehörden, be⸗ ziehungsweise durch die Kreirung neuer Stellen für Beamte zur Führung des Vorsitzes in den Veranlagungskommissionen.
Bei der Forstverwaltung ist ein Mehrüberschuß gegen den laufenden Etat, durchaus berechtigt Angesichts dem wirklichen Ergebniß des laufenden Jahres, von 2 153 000 ℳ veranschlagt und bei der Bergwerksverwaltung ein Mehrüberschuß von 1 102 000 ℳ, welcher sich zusammensetzt aus Mehreinnahmen von 6 654 000 ℳ und einer Mehrausgabe von 5 552 000 ℳ
Der Ueberschuß der Eisenbahnen dagegen ist geringer veranschlagt um 6 446 000 ℳ; an Mehreinnahmen sind veranschlagt 36 573 000 ℳ, und an Mehrausgaben 43 019 000 ℳ Es ist dies wohl die zweifel⸗ hafteste Veranschlagung, und niemand wird mit Sicherheit die Garantie übernehmen können, daß der so veranschlagte Eisenbahnetat in vollem Maße zur Wahrheit werden wird. —
Die indirekten Steuern ergeben einen Minderüberschuß von 1 447 000 ℳ Obwohl die Einnahmen von Stempelabgaben und von der Erbschaftssteuer noch um 1 400 000 ℳ höher veranschlagt sind, ergiebt sich dies Resultat aus einer Verminderung der Vergütung des Reichs für die Kosten der Erhebung bei der Verwaltung der Reichs⸗ steuern in Höhe von 2 948 000 ℳ, wesentlich veranlaßt durch die Veränderungen, welche bezüglich der Zuckersteuer eingeführt sind.
Der Reinertrag der Seehandlung ist um 190 000 ℳ namentlich deswegen geringer veranschlagt worden, weil ein erhebliches Minus an den im Besitz der Seehandlung befindlichen Effecten durch Curs⸗ reduktion hervorgetreten ist.
Bei den Dotationen und der allgemeinen Finanzverwaltung ergiebt sich ein Minderbedarf von 944 600 ℳ
Die öffentliche Schuld erfordert einen Mehrbedarf von 6 956 752 ℳ zur Verzinsung neuer Anleihen und außerdem einen Mehrbetrag für Verzinsung von Schatzanweisungen in Höhe von 1 400 000 ℳ
Nach Maßgabe der Beschlüsse des Jahres 1886/87 ist der Finanz⸗ Minister ermächtigt, an Schatzanweisungen 30 Millionen auszugeben. Damals betrug der Umschlag der Staatsfinanzverwaltung etwa 1300 Millionen Mark; er ist seit der Zeit um mehr als 40 % ge⸗ stiegen. Hieraus schon ergiebt sich, daß der damals schon knapp be⸗ messene Betrag der Schatzanweisungen nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Auch ist der Betriebsfonds der General⸗Staatskasse nach der heutigen Entwickelung im Finanzwesen in Höhe von nur wenig über 30 Millionen Mark unzweifelhaft sehr niedrig, und man konnte mit diesem niedrigen Betriebsfonds überhaupt nur ausreichen unter Be⸗ rücksichtigung der fortwährend laufenden Staatsanleihen.
Endlich ist es höchst wünschenswerth, daß der Finanz⸗Minister durch eine Erhöhung der Ermächtigung zur Ausgabe von Schatz⸗ anweisungen mehr als bisher in die Lage versetzt wird, den ihm kon⸗ venirenden Zeitpunkt für die Ausgabe von Anleihen zu wählen und nicht, beschränkt durch diese Mittel, vielleicht einen ungünstigen Zeit⸗ punkt in dieser Beziehung nehmen muß. Daher wird beantragt, dem Finanz⸗Minister die Ermächtigung zur Ausgabe von Schatzanweisungen im Höchstbetrage von 100 Millionen einzuräumen.
Wir gehen in dieser Beziehung noch nicht über den Betrag im Reich hinaus, dessen Umschlag noch erheblich niedriger bemessen ist
mehreren Jahren hat die Reichsfinanzverwaltung die Ermächtigung zur Ausgabe von Schatzanweisungen bis zur Höhe von 100 Millivnen Mark gehabt. Meine Herren, die Matrikularumlagen erfordern in dem vor⸗ liegenden Etat 780 879 ℳ weniger. Ich kann wohl sagen, sie ge⸗ stalten sich in diesem Jahre noch günstig. Wer aber einen Blick auf wer erwägt, daß in diesem Reichsetat
und sich auf etwas über eine Milliarde beziffert, und schon seit,
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„Ueberschüsse aus den Vorjahren“ — und berechtigte Zweifel
haben muß, ob dieser Ueberschuß auch im nächsten Jahre noch vorhanden ist; wer erwägt, daß der dreijährige Durchschnitt der Zölle, auch abgesehen von der Einwirkung der Handelsverträge, eher Gefahr läuft, in den nächsten Jahren nicht erreicht zu werden — eine solche Etatisirung ist günstig in aufsteigenden Zeiten, ungünstig in herabgehenden; — wer nicht glaubt an eine wesentliche Verminderung der Ausgaben des Reichs und eine Steigerung, auch selbst wenn extra⸗ ordinäre Fälle nicht eintreten, für wahrscheinlicher hält, — der wird allerdings befürchten müssen, daß in den nächsten Jahren diese günstigere Gestaltung der Matrikularumlagen nicht wiederkehrt.
Im Etatsjahre ergeben die Ueberweisungen von Zöllen noch 15 165 870 ℳ mehr, und von den Reichsstempelabgaben ist ein Plus von 1 341 000 ℳ vorhanden, während wiederum die Verbrauchs⸗ abgaben von Branntwein ein Minus von 4 571 000 ℳ ergiebt.
Die Einnahme vom Staatsschatze hat um 2 747 000 ℳ höher veranschlagt werden können, während die Ueberweisungen an die Communen immer unter der ja nur formell richtigen Voraus⸗ setzung, die ich früher bezeichnet habe, um 6 400 000 ℳ höher ver⸗ anschlagt sind.
Außerdem ist im Etat der allgemeinen Finanzverwaltung eine Rente eingestellt von 530 000 ℳ an die Provinz Sachsen, welche resultirt aus der Uebernahme von staatlichen Straßen auf Grund der Wegeordnung für die Provinz und welcher Mehrausgabe in dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung eine entsprechende, wenn auch nicht so hohe Minderausgabe in der Bauverwaltung gegenübersteht. Die eigentlichen Staatsverwaltungen erfordern 6 732 000 ℳ mehr im Ordinarium, jedoch ist unter Mitberücksichtigung des Extra⸗ ordinariums ein Mehr erforderlich von nur 4 847 000 ℳ Hier ist also namentlich die Verminderung der extraordinären und einmaligen Ausgaben zu suchen. 3 Das Finanzministerium hat ein größeres Erforderniß in Höhe von 2 574.000 ℳ, das beruht aber wesentlich auf einer Uebertragung der Pensionen für die Landgendarmerie aus dem Etat des Innern in Höhe von 1 526 500 ℳ
In der Bauverwaltung findet sich der Wasserbaufonds um 1 060 680 ℳ erhöht.
Das Ministerium für Handel erfordert mehr 451 663 ℳ Es sind namentlich die Fonds verstärkt zur Durchführung der Gewerbe⸗ inspection mit 90 900 ℳ für Gewerberäthe und Inspectoren, mit 46 000 ℳ zur Ertheilung von Remunerationen an Inspectoren. Außer⸗ dem sind 106 878 ℳ wiederum neu für den gewerblichen Unterricht eingestellt. 8 .“
Die Justizverwaltung schließt auch im ganzen günstig ab. Nur das Extraordinarium har verstärkt werden müssen. Beim Ministerium des Innern ist der im vorigen Jahre beschlossene neue Senat für Steuerwesen beim Ober⸗Verwaltungsgericht mit 85 000 ℳ etatisirt 8 außerdem eine Mehrausgabe verauschlagt für die Polizeiverwaltung von Berlin mit 424 000 ℳ, anderer geringerer Erhöhungen nicht zu gedenken. —
Die landwirthschaftliche Verwaltung erfordert einen Mehrbedarf im Ordinarium von 468 635 ℳ Namentlich sind veranschlagt Mehr⸗ ausgaben bei den Generalkommissionen 319 000 ℳ Für Lande meliorationen sollen mehr eingestellt werden 82 609 ℳ.
Endlich der Cultusetat erfordert eine Mehrausgabe im Ordinariun wie ich schon gesagt habe, von 4 460 780 ℳ, im ganzen, mit Berück⸗ sichtigung des Extraordinariums, einen Mehrbedarf von 2 143 000 ℳ. Neben den Ausgaben für die höheren Lehranstalten sind für das Elementarunterrichtswesen 1 701 817 ℳ neu eingestellt, theilweise in Folge der fortschreitenden Steigerung. Bei dem Titel zur Erleichterung der Volksschullasten, theilweise durch Vermehrung der Ausgaben füi 8 Beihilfen des Staates in Höhe von 200 000 ℳ zu Schulbauten, theil⸗ weise durch Vermehrung der Ausgaben für neue Schulstellen. Si sehen also: es sind in dieser Beziehung die verschiedenen Zweige des Schulwesens mit gleichem Maße gemessen. 8
Meine Herren, wenn ich nun zum Schlusse eile, so darf ich wohl auf Ihre Zustimmung rechnen, wenn ich sage: der langen Rede kurzer Sinn ist der: noch sind heute wie bisher die gesammten Grundlagen der preußischen Staatsfinanzen als durchaus sichere und gesunde zu bezeichnen; irgend ein Grund zur schweren Sorge ist in keiner Weise
Zustand zu erhalten. Preußen ist groß geworden nicht durch übe reiche Mittel, die ihm zur Disposition standen, sondern durch d pflegsame und sparsame Verwendung derselben. Hieran werden wir festhalten müssen, wir werden, soweit möglich, bei der schwierigen Aufgabe, in verschiedenen Ressorts die Staats ausgaben nicht über Gebühr anwachsen zu lassen und, womöglich, zu vermindern, vor Allem bei denjenigen Ausgaben beginnen müssen, welche mehr oder weniger den Charakter von Luxusausgaben haben (Zustimmung), namentlich auch im Bauwesen. (Beifall.) In der Zahl der Bauten nicht bloß, sondern auch in der Art der Ausführung, in Prachr⸗ und Luxusbauten werden wir uns möglichst beschränken müssen (Bravo!) Unsere Techniker werden ihren größten Ruhm und ihre größte Ehre darin finden, für keine Anlage und für kein Gebäude mehr zu verwenden, als der Zweck desselben erheischt. (Heiter⸗ keit.) Es kann allerdings ein Gebäude auch den Zweck haben 1 seiner ganzen Bestimmung nach, einen monumentalen Prachtbau dar⸗ zustellen; aber sehr viele Gebäude, die praktischen, nützlichen Zwecken dienen, brauchen diesen Charakter nicht zu haben. (Sehr richtig Zuruf.)
Ich hoffe, daß in dieser Beziehung der Landtag dem Finanz Minister zur Seite stehen wird, während ich auch nicht bezweifle, daß die gegenwärtige Lage von selbst und naturgemäß in allen Ressorts diese Wirkung üben wird. 1
Meine Herren, ich weiß sehr wohl, daß auch eine solche sparsam Verwendung der Mittel ihre Grenzen hat; est modus in rebus, und man kann namentlich nicht eine große Staatsverwaltung aus extremen Gesichtspunkten behandeln; aber das Ziel muß doch nament⸗ lich gegenüber der Abhängigkeit unserer Finanzen von den Betriebs⸗ verwaltungen mit Consequenz und Festigkeit im Auge behalten werden Sparsamkeit — ich mache die Erfahrung täglich — billigt jeder nur finde ich immer, daß jeder einzelne, jeder Interessent und Nächst betheiligte nicht dulden will, daß die Sparsamkeit auch auf ihn Anwendung findet. Finanz⸗Minister naturgemäß nicht allen zu Willen sein. Die Aufgabe, die mir gestellt ist, ebensowohl wie meinem Herrn Collegen aus dem
von dem Grundsatz, neue dauernde Lasten, so weit wie i 1“.“ S 11111144“
ist
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vorhanden, und unsere Aufgabe wird wesentlich darin bestehen, diesen
(Heiterkeit. Sehr richtig)) Ja, meine Herren, da kann der
Ministerium der öffentlichen Arbeiten, ist keine besonders erfreuliche,
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