1892 / 16 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

meindeabgaben erhoben werden eine gleichzeitige Belastung dieser drei Steuerobjecte, und zwar innerhalb gewisser Verhältnißgrenzen,

stattfinden.

der Abgaben vom Grundbes

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1) bei Erhebung von Zuschlägen. 1 Bei Erhebung von Zuschlägen zur Staatssteuer darf die Be⸗ lastung der Grund⸗, Gebäude⸗ und Gewerbesteuer nicht stärker sein als die der Einkommensteuer, und es müssen andererseits die Grund⸗ und Gebäudesteuer und die drei ersten Klassen der Gewerbesteuer min⸗ destens mit der Hälfte des Procentsatzes herangezogen werden, mit welchem die Einkommensteuer belastet wird. Innerhalb dieser Grenzen ist nach § 12 Abs. 2 die Heranziehung der einzelnen Steuergattungen nach verschiedenen Procentsätzen zulässig. Arch kann die Klasse 4 der Gewerbesteuer sowie die Betriebssteuer 59 des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891) ganz freigelassen werden. 2) bei Erhebung von besonderen Abgaben vom Grundbesitz und Gewerbebetrieb. 1 Werden statt der Zuschläge zu den Staatssteuern besondere Ge⸗ meindeabgaben von Grundbesitz und Gewerbebetrieb erhoben, so müssen diese Abgaben, soweit sie den Grundbesitz belasten, so bemessen werden, daß ihr Gesammtaufkommen zum Gesammtaufkommen der Gemeinde⸗ einkommensteuer in demselben Verhältniß steht, welches bei Erhebung sitze in Gestalt von Zuschlägen zur Staats⸗ steuer festgehalten werden müßte 12 Abs. 3). Um zu prüfen, ob diese Vorschrift erfüllt ist, muß das Procentverhältniß zwischen dem Gesammtaufkommen der Gemeindeabgaben vom Grundbesitze und dem Gesammtaufkommen der staatlichen Grund⸗ und Gebäudesteuer berechnet und mit dem Procentsatz verglichen werden, mit welchem die staatliche Einkommensteuer belastet wird. Wenn der erstere Procentsatz den vollen Betrag des letzteren übersteigen oder den halben Betrag des letzteren nicht erreichen sollte, so würden die Grundsätze, nach denen die besondere Gemeindeabgabe vom Grundbesitze bemessen wird, nicht im Einklang mit dem Gesetze stehen. Die Erhebung dieser Abgabe würde daher unzulässig sein. Vor Einführung aller besonderen Ge⸗ meindeabgaben vom Grundbesitz ist demgemäß durch Probeveranla⸗ gungen festzustellen, ob nicht ein solches Mißverhältniß eintreten wird, und wo solche besonderen Abgaben vom Grundbesitze bestehen, ist all⸗ jährlich an der Hand des Abgabenaufkommens von neuem zu prüfen, ob die Fortentwickelung der Verhältnisse nicht demnächst das Eintreten des vom Gesetz gemißbilligten Zustandes besorgen läßt, und in diesem alle eine rechtzeitige Abänderung der Abgabevorschriften herbeizu⸗ Fülle, Eine gleiche Vorschrift darüber, in welchem Verhältniß

die Belastung des Gewerbebetriebes zur Belastung des Einkommens

bei der Erhebung besonderer Gewerbeabgaben stehen müsse, ist dagegen

im Gesetz nicht enthalten.

v. Mehr⸗ oder Minderbelastung einzelner Theile des Gemeinde bezirks oder einzelner Klassen der Gemeinde⸗ angehörigen bezüglich der directen Gemeindeabgaben.

Nach § 14 ist eine Mehr⸗ oder Minderbelastung eines Theiles des Gemeindebezirkes oder einer Klasse der Gemeindeangehörigen in⸗ soweit gestattet, als es sich um die Aufbringung der Bedarfssumme für die Herstellung und Unterhaltung solcher Einrichtungen handelt, welche in besonders hervorragendem oder in besonders geringem Maße dem einzelnen Theile des Gemeindebezirkes oder der einzelnen Klasse der Gemeindeangehörigen zu Gute kommen. Diese Maßnahme kann immer nur als eine Ausnahme betrachtet werden, welche nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn besondere Einrichtungen zu Gunsten einzelner, wie z. B. ein eigener Nachtwachtdienst für einzelne entfernt gelegene Ausbauten, getroffen werden müssen, oder wenn es sich darum handelt, Straßen⸗, Entwässerungs⸗, Beleuchtungs⸗ und Trottoiranlagen auszuführen, welche außergewöhnliche Kosten verursachen und vorzugs⸗ weise den Hausbesitzern oder einem Theile von ihnen zu gute kommen. Die Bestimmung des § 14 darf nicht verallgemeinert und insbesondere nicht dazu benutzt werden, die sogenannte Zweckbesteuerung als regel⸗ mäßiges Verhältniß in das Gemeindeabgabenwesen einzuführen. Von der im § 13 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 geordneten Mehr⸗ oder Minderbelastung einzelner Kreistheile unterscheidet sich die Bestimmung im § 14 dadurch, daß sie keine e s der Mehr⸗ oder Minderbelastung nach Quoten der betreffenden Abgabe verlangt.

VI. Indirecte Gemeindeabgaben.

1) Verbrauchsabgaben und andere indirecte Abgaben. Indirecte Abgaben können die Landgemeinden gemäß § 15 inner⸗ hall der durch die MFeschsgelas. und den § 2 Abs. 3 des Gesetzes,

etreffend die Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer, vom 25. Mai 1873 (Ges.⸗Samml. S. 222) gezogenen Grenzen erheben; sie haben

hierdurch eine Befugniß erhalten, welche sie bisher entbehrten. Die

in Betracht kommenden reichsgesetzlichen Bestimmungen finden sich hauptsächlich im Art. 5 Nr. I1I § 7 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 (B.⸗G.⸗Bl. S. 81) und in dem Reichsgeseze, he⸗ treffend die Abänderung dieses Vertrages, vom 27. Mai 1885 (R.⸗ G.⸗Bl. S. 109). Indirecte Abgaben von den zum Verbrauch be⸗ stimmten Erzeugnissen können danach die Sanse . sowohl durch Zuschläge zu den Reichs⸗ und Staatssteuern als in Gestalt besonderer Abgaben nur von solchen Gegenständen, welche zum örtlichen Ver⸗ brauche bestimmt sind, und nur unter den im Art. 5 Nr. II1 § 7 a. a. O. näher bezeichneten Einschränkungen erheben. Die im Art. 5 unter II a. a. O. enthaltene weitere Einschränkung für die Abgaben⸗ erhebung von solchen ausländischen Erzeugnissen, welche bereits bei der Einfuhr mit mehr als 15 Groschen vom Centner (3 von 100 kg) belegt werden, ist dagegen für Mehl und andere Mühlenfabrikate, für Backwaaren, Fleisch, Fleischwaaren und Fett, sowie für Bier und Branntwein durch das Gesetz vom 27. Mai 1885 (R.⸗G.⸗Bl. S. 109) beseitigt. Die sonstigen Beschränkungen des Vertrages vom 8. Juli 1867 sind jedoch in Kraft geblieben und, soweit sie die Abgaben von Bier, Essig und Malz betreffen, durch § 44 des Reichsgesetzes wegen Fefesrhg der Brausteuer vom 31. Mai 1872 (R.⸗G.⸗Bl. S. 153) ausdrücklich bestätigt. 1

Außer den Verbrauchsabgaben kommen als indirecte Abgaben für die Landgemeinden hauptsächlich in Betracht die Hunde⸗ und die Lust⸗ barkeitsabgaben. Für die erstere sind die Allerh. Cab.⸗Ordre vom 29. April 1829 (v. Kamptz Ann. XIII. S. 354), die Allerh. Cab.⸗ Ordre vom 18. Oktober 1834 (v. Kamptz, Ann. XVIII. S. 1092) und das Gesetz, betreffend die Erhöhung der Hundesteuer, vom 1. März 1891 (Ges.⸗Samml. S. 33) maßgebend, für die letztere § 27 A. L.⸗R. II, 19 und § 74 Abs. 2 des Gesetzes vom 8. März 1871, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungs⸗ Wohnsitz (Ges.⸗Samml. S. 151).

Abgesehen von den in den Reichsgesetzen und in besonderen preußischen Gesetzen enthaltenen Vorschriften ist die Einführung in⸗ directer Gemeindeabgaben, sofern diese nur mit den allgemeinen, im

reußischen Staate geltenden Besteuerungsgrundfätzen im Einklange tehen, vorbehaltlich der Bestätigung der Aufsichtsbehörden §§ 16, 19 in das freie Ermessen der Gemeinden gestellt.

u“ 2) Abgabepflicht; Befreiungen.

Die indirecten Gemeindeabgaben werden anläßlich der die Ab⸗ gabepflicht begründenden Vorgänge oder Zustände im Anschluß an diese und ohne Rücksicht auf die Person des Pflichtigen erhoben. Es besteht nur die in § 32 vorgesehene Befreiung bezüglich der Militär⸗ speiseeinrichtungen und ähnlicher Militäranstalten Zu ihrer Er⸗ läuterung wird verwiesen auf die Allerhöchsten Cabinets⸗Ordres vom 12. Fen 1824 (von Kamptz, Ann. S. 1200), vom 13. Februar 1836 (a. a. O. S. 191), die Minifterial⸗Erlasse vom 28. ktober 1824 (a. a. O. S. 1201), vom 7. Februar 1825 (a. a. O. S. 270), vom 6. März 1825 (a. a. O. S. 270) und vom 12. Mai 1837 (a. a. O. S. 452). Außerdem gilt für die Hundesteuer der Militärpersonen die Bestimmung in Nr. 7 der Allerhöchsten Cabinets⸗Ordre vom 29. April 1829 (von Kamptz, Ann. XIII. S. 354).

VII. Gemeindegebühren. 1) Gebühren und den Gebühren verwandte Abgaben.

Die Gebührenerhebung der Landgemeinden regelt § 17. Derselbe bezeichnet als „Gebühr“ ein von der Gemeinde erhobenes Entgelt für die Benutzung der von ihr zu öffentlichen Zwecken bereit ge⸗ haltenen Einrichtungen und Anstalten und der von ihr gewährten

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Leistungen. Die Landgemeindeordnung trifft für die Bemessung solcger Gebühren keinerlei weitere Anordungen; sie hebt aber auch die Be⸗ schränkungen, welche sich aus dem allgemeinen Staatsinteresse ergeben oder welche in anderen besonderen Gesetzen ausgesprochen sind, nicht auf. Solche beschränkenden Bestimmungen finden sich z. B. für Schlachthausgebühren im § 5 des Gesetzes, betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser, vom 18. März 1868 (Gesetz⸗Samml. S. 277), für Marktstandsgebühren im § 2 des Gesetzes, betreffend die Er⸗ hebung von Marktstandsgeld, vom 26. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 513), für Brücken⸗, Wege⸗, Fähr⸗ und Hafengelder in § 90, 94 A. L.⸗R. II. 15 und Artikel 22 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 (B.⸗G.⸗Bl. S. 81). 1

Den Gebühren verwandt sind die im § 72 vorgesehenen Abgaben für die Theilnahme an den Gemeindenutzungen (Einkaufsgelder) und die Beiträge, welche auf Grund des § 15 des Gesetzes, betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen, vom 2. Juli 1875 (Gesetz⸗Samml. S. 561) von den Unternehmern der Straßen⸗ anlagen oder den an eine neue Straße angrenzenden Eigenthümern für die Freilegung und Einrichtung der Straße zu leisten sind.

Die Gebühren sind von Allen zu entrichten, welche die gebühren⸗ pflichtigen Einrichtungen, Anstalten und Leistungen der Landgemeinden in Anspruch nehmen.

85 2) Privpatrechtliche Beiträge an die Gemeinde.

Nicht zu den Gebühren gehören solche Geldleistungen, welche zwar auch ein Entgelt für gewisse Nutzungen und Genüsse darstellen, aber nicht auf öffentlich⸗rechtlicher Grundlage ruhen, sondern auf ein rein privatrechtliches Verhältniß zurückzuführen sind, wie z. B. die Kurtaxen und Musikbeiträge, welche seitens der eine Badeanstalt unterhaltenden Gemeinden von ihren Besuchern in derselben Weise gefordert werden, wie fie ein Privatmann als Besitzer der Badeanstalt fordern könnte.

VIII. Gemeindedienste. 1) Hand⸗ und Spanndienste.

Die Landgemeindeordnung kennt, entsprechend dem bisherigen Zu⸗ stande, Hand⸗ und Spanndienste. Eine Beschränkung der Ge⸗ meindezwecke, für welche solche Hand⸗ und Spanndienste erfordert werden können, besteht nicht. Dagegen folgt aus § 18 Abs. 1, daß eine Verbindlichkeit der Pflichtigen zur Leistung von Gemeindediensten

unbeschadet der Bestimmungen im § 147 Abs. 1 überhaupt nur in denjenigen Landgemeinden besteht, in denen eine solche Ver⸗ pflichtung durch Gemeindebeschluß eingeführt wird; ein solcher Be⸗ schluß betrifft das Gemeindeverfassungsrecht und ist demnach als eine statutarische Anordnung anzusehen, welche nach § 6 Abs. 2 der Ge⸗ nehmigung des Kreisausschusses bedarf.

Bei den Bestimmungen über Verpflichtungen der Gemeinden, welche Dritten gegenüber durch Hand⸗ und Spanndienste zu erfüllen sind, behält es sein Bewenden. Für die Provinz Posen ist ins⸗ besondere das Gesetz vom 21. Juni 1875 (Gesetz⸗Samml. S. 324), betreffend die Verpflichtung zur Leistung von Hand⸗ und Spann⸗ diensten für die Unterhaltung der Land⸗ und Heerstraßen, durch die Landgemeindeordnung nicht aufgehoben.

2) Leistung in Natur oder nach dem Geldwerth.

Eine Unterscheidung hinsichtlich der Leistung der Gemeindedienste besteht zunächst insofern, als dieselben nach dem Beschlusse der Gemeinde entweder in Natur oder ihrem abzuschätzenden Geld⸗ werthe nach zu leisten sind. Wird die Leistung in Geld als Regel beschlossen, so handelt es sich um eine der Genehmigung hs Kreisausschusses bedürfende statutarische Anordnung 18 Abs. 2).

3) Gemeindedienstpflicht; Befreiungen.

Im Falle der Naturalleistung sind gleichmäßig handdienst⸗ pflichtig alle Diejenigen, welche directe Gemeindeabgaben zu entrichten haben (s. B 1 1), einschließlich der etwa wegen eines nicht mehr als 900 betragenden Einkommens freigelassenen Gemeindeabgaben⸗ pflichtigen, spanndienstpflichtig dagegen unter diesen nur die ge⸗ spannhaltenden Grundbesitzer, und zwar nach dem Verhältnisse der Anzahl der Zugthiere, welche die Bewirthschaftung ihres Grundeigen⸗ thums erfordert. Das Nähere 1. Nach Abs. 7 können die Naturaldienste, mit Ausnahme von Noth⸗ fällen, durch taugliche Stellvertreter geleistet werden.

Im Falle der Geldleistung sind dienstpflichtig alle zur Leistung

von directen Gemeindeabgaben Verpflichteten nach näherer Bestimmung in § 18 Abs. 5 und 6.

Wegen der Befreiung der Geistlichen, Volksschullehrer, Kirchen⸗ diener, Beamten und Militärpersonen von dem Gemeindedienste ent⸗ halten §§ 29, 30 die näheren Bestimmungen.

IX. Feststellung der Abgaben, Gebühren und Dienste und des Maßstabs im allgemeinen. 9

3 1) Durch Gemeindeumlageordnungen.

Nach § 20 können die Landgemeinden über die Aufb Gemeindeabgaben und Dienste Gemeindeumlageordnungen beschließen. Unter „Gemeindeumlageordnung“ versteht das Gesetz eine umfassende, auf die Dauer berechnete Regelung der zu leistenden Abgaben und Dienste; eine solche Regelung ergeht zur Ergänzung des objectiven Rechts im Wege der Selbstgesetzgebung (Autonomic) und steht im Gegensatz zu den auf die Abgaben und Dienste bezüglichen, im Wege der Selbstverwaltung ergehenden Einzelbeschlüssen. Gemeinde⸗ umlageordnungen gehören demnach formell zu den Statuten 6) und bedürfen dementsprechend wie § 20 ausdrücklich hervorhebt der Genehmigung des Kreisausschusses. Sie bieten den Vortheil, daß sie einen dauernden, dem wiederholten Interessenkampfe entrückten, all⸗ feitig erwogenen und vom Kreisausschuß nachgeprüften Rechtszustand schaffen, welcher so lange gilt, als er nicht auf demselben Wege auf⸗ gehoben oder abgeändert ist. Außerdem kommt in Betracht, daß die ÜUmlageordnungen geeignet sind, über die den Abgabe⸗ und Dienst⸗ pflichtigen obliegenden Erklärungen, betreffend Ab⸗ und Zugang, Steuerquellen, Vorgänge u. A., nähere Vorschriften zu gehben, und daß das Gesetz gestattet, gegen Zuwiderhandlungen Ordnungsstrafen bis 10 in den Umlageordnungen anzudrohen, was die Durchführung derselben sichert und erleichtert. Die verwirkten Ordnungsstrafen sind vom Gemeinde⸗Vorsteher einzuziehen.

Wenn die Einrichtung der Umlageordnungen wesentlich darauf berechnet ist, das Abgaben⸗ und Btaast wesen in der Gemeinde er⸗ schöpfend und gleichzeitig zu regeln, se schließt dies doch nicht aus, ihren Inhalt auf einen Theil desselben, z. B. auf die indirecten Abgaben oder die Gemeindedienste, zu beschränken, und den übrigen Theil besonderen Umlageordnungen oder besonderer Beschlußfassung zu überlassen. Den Charakter einer Umlageordnung haben 888 die auf die Dauer berechneten Festsetzungen der Gemeinde, betreffend die Er⸗ hebung von Gebühren 17).

Gegen den die Genehmigung einer Umlageordnung betreffenden Beschluß des Kreisausschusses steht nach der allgemeinen Regel die Beschwerde an den Bezirksausschuß offen. Gegen den auf Beschwerde ergehenden Beschluß des Bezirksausschusses steht, abweichend von der allgemeinen Regel, dem Vorsitzenden aus Gründen des öffentlichen Interesses noch die Einlegung der weiteren Beschwerde an die Minister des Innern und der Finanzen nach Maßgabe des § 123 des Landes⸗ verwaltungsgesetzes offen 19 Abs. 1, § 20).

Werden durch eine Umlageordnung besondere (d. h. nicht dem Zuschlagssystem entsprechende) directe oder indirecte Gemeindeabgaben neu eingeführt oder in ihren Grundsätzen verändert, so ist zu dem Genehmigungsbeschluß die Zustimmung der Minister des Innern und der Finanzen einzuholen 19 Abs. 2, § 20).

Ein Zwang zur Einführung von Umlageordnungen besteht nicht. Es wird jedoch den Aufsichtsbehörden empfohlen, die Gemeinden über die Vortheile Folcher Ordnungen zu belehren, sie zu deren Erlaß anzu⸗ regen und ihnen zu diesem Zweck durch Anleitung behilflich zu sein. Bei der Beschlußfassung des Kreisausschusses und des Bezirksausschusses wegen Genehmigung von Gemeindeumlageordnungen haben die Vor⸗ itzenden sorgfältig darauf zu achten und dahin zu wirken, daß die

estimmungen dieser Ordnungen dem Gesetz, der Gerechtigkeit und dem Bedürfniß entsprechen, und gegen ungeeignete Beschlüsse sofort die oben bezeichneten Rechtsmittel einzulegen.

bestimmt § 18 Abs. 3, 4 und 8.

w22929) Durch Einzelbeschlüsse.

Insoweit eine dauernde Festsetzung durch eine Gemeindeumlage⸗ ordnung nicht getroffen ist, verordnet das Gesetz in Betreff der directen Gemeindeabgaben (vom Einkommen, vom Grundbesitz und vom Gewerbebetrieb), daß die Gemeinde hierüber für das einzelne Steuerjahr welches in Gemäßheit des Gesetzes vom 29. Juni 1876 (Ges.⸗Samml. S. 177) zweckmäßig auf den 1. April bis 31. März zu bestimmen ist innerhalb der drei ersten Monate desselben Be⸗ chluß zu fassen hat 21 Abs. 1). Inwieweit ein solcher Beschluß zu seiner Gültigkeit der Genehmigung des Kreisausschusses bedarf, er⸗ hellt aus § 16. In Betreff der Beschwerde gegen den auf die Genehmigung bezüglichen Beschluß und der unter Umständen erforder⸗ lichen Zustimmung der Minister gilt das oben bezüglich der Umlage⸗ ordnung Erörterte 19).

Kommt dieser Vorschrift entsprechend ein gültiger Beschluß in Betreff der directen Gemeindeabgaben innerhalb der drei ersten Monate des Steuerjahres nicht zu stande, so ist für das erste Steuerjahr der Bedarf der Gemeinde dergestalt durch Zuschläge zu den directen Staats⸗ steuern aufzubringen, daß der Procentsatz des Zuschlages zur Grund⸗ und Gebäudesteuer und zu den drei obersten Klassen der Gewerbesteuer die Hälfte des Procentsatzes des Zuschlags zur Staats⸗Einkommensteuer beträgt 21 Abs. 2), die vierte selasse der Gewerbesteuer und die Betriebsabgaben 59 der Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891) aber frei bleiben. Für die nachfolgenden Steuerjahre gilt, wenn inner⸗ halb der ersten drei Monate ein neuer gültiger Beschluß nicht zu stande kommt, der Maßstab des Vorjahres, mag dieser auf einem Gemeindebeschlusse beruhen oder nicht 21 Abf. 3).

Was die indirecten Abgaben betrifft, so wird es kaum vor⸗ kommen, daß bei dem Fehlen einer darauf bezüglichen, für die Dauer berechneten Umlageordnung die Erhebung von indirecten Abgaben für einen einzelnen Fall oder für ein einzelnes Steuerjahr beschlossen wird. Sollte es dennoch vorkommen, so bedarf der Beschluß der Genehmigung des Kreisausschusses nach § 16 Nr. 4. Bezüglich der zulässigen Be⸗ schwerde und der erforderlichen Zustimmung der Minister gilt das in Betreff der Umlageordnung Erörterte 19).

Einzelbeschlüsse in Betreff der Erhebung von Gebühren be⸗ dürfen der Genehmigung des Kreisausschusses gemäß § 17.

Inwiefern bei dem Fehlen einer bezüglichen Umlageordnung die Gemeindebeschlüsse in Betreff der Art und Weise der Leistung der Gemeindedienste und ihrer Vertheilung auf die Pflichtigen der Ge⸗ nehmigung des Kreisausschusses bedürfen, erhellt aus § 18 Abs. 2 und 6. Wegen der Beschwerde gilt das oben in Betreff der Umlage⸗ ordnungen Erörterte 19 Abf. 1).

X. Feststellung der einzelnen Leistungen; Bekannt⸗ machung, Zahlungstermin, Beitreibung, Rechtsmittel. 1) Feststellung.

Die Feststellung der einzelnen Leistungen (Abgaben, Gebühren, Dienste) ist nach Maßgabe der Gemeindeumlageordnungen, der Gemeindebeschlüsse oder nach dem hilfsweise zur Anwendung ge⸗ langenden gesetzlichen Maßstabe durch den Gemeinde⸗Vorsteher oder, wo ihm dies Geschäft übertragen ist, den Gemeindevorstand zu bewirken

88 Nr. 8). .“ . Für diese Feststellung sind, namentlich was die directen Gemeinde⸗ abgaben betrifft, die eingehenden Vorschriften des § 33 wegen des Beginnes und Erlöschens der Abgabepflicht zu beachten. 2) Bekanntmachung.

Sodann hat der Gemeinde⸗Vorsteher in Betreff der directen

Gemeindeabgaben auch für die gehörige Bekanntmachung der Leistungen an die Pflichtigen Sorge zu tragen. Dieselbe ist je nach besonderen Vorschriften des § 34 durch ortsübliche Bekannt⸗ machung der zur Erhebung gelangenden Zuschlagsprocentsätze, durch Auslegung der Hebeliste während eines Zeitraums von zwei Wochen nach ortsüblicher Bekanntmachung des Beginns und Endes der Aus⸗ legefrist und näherer Bezeichnung der zur Auslegung bestimmten eneh oder durch besondere Mittheilung an die Pflichtigen zu be⸗ wirken.

Eine Offenlegung von Hebelisten, aus denen die von den einzelnen Pflichtigen zu entrichtenden Staatseinkommensteuerbeträge ersichtlich sind, darf nicht stattfinden.

Zu den Gemeindediensten werden die Pflichtigen durch ortsübliche Bekanntmachung oder besondere Mittheilung aufgefordert. 3) Zahlungstermin. Die Zahlung der directen Gemeindeabgaben hat nach erfolgter

Bekanntmachung in den ersten acht Tagen eines jeden Monats und,

sofern die Erhebung in mehrmonatlichen Raten durch Gemeinde⸗ beschluß angeordnet wird, in den ersten acht Tagen des Hebemonats zu erfolgen; durch Gemeindebeschluß kann für jeden Hebemonat ein bestimmter Steuererhebungstag festgesetzt werden; Vorausbezahlung bis zum ganzen Jahresbetrage ist zulässig 35).

Hinsichtlich der indirecten Abgaben, der Gebühren und Dienste bedurfte es in den vorstehenden Beziehungen keiner besonderen gesetz⸗ lichen Vorschriften. Hinsichtlich der in Natur zu leistenden Dienste ist verordnet, daß, sobald der Pflichtige säumig ist, der Gemeinde⸗ Vorsteher die Dienste durch Dritte leisten lassen und die dadurch ent⸗ stehenden Kosten von den Pflichtigen fordern kann 36 Abs. 2); der § 132 des Landesverwaltungsgesetzes findet hier, da es sich nicht um einen Aet der allgemeinen Landesverwaltung handelt, keine An⸗ wendung.

4) Beitreibung.

Alle Abgaben, Gebühren, in Geld zu leistende Dienste und nach Leistung durch einen Dritten in eine Geldschuld umgewandelte Dienste sind im Nichtzahlungsfalle durch den Gemeinde⸗Vorsteher im Ver⸗ waltungszwangsverfahren nach der Verordnung vom 7. September 1879 beizutreiben 36). Auf andere Forderungen, welche der Gemeinde auf Grund eines privatrechtlichen Titels zustehen, find das Verwaltungszwangsverfahren keine Anwendung.

5) Rechtsmittel.

In Betreff aller dieser Lasten ist ein Rechtsmittel zulässig, welches bei dem Gemeinde⸗Vorsteher anzubringen ist, und worüber digse c zu beschließen hat. Die Landgemeindeordnung bezeichnet dieses Rechtsmittel in § 38 im wörtlichen Anschluß an die Ausdrucks⸗ weise in § 34 des Zuständigkeitsgesetzes als „Beschwerden und Ein⸗ sprüche, betreffend die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Gemeindelasten“; eine Unterscheidung von Bedeutung hat indessen hierdurch für das im allgemeinen als „Beschwerde“ bezeichnete ein⸗ heitliche Rechtsmittel nicht aufgestellt werden sollen. Für die An⸗ bringung des Rechtsmittels bei dem Gemeinde⸗Vorsteher sind in Betreff der Gemeindeabgaben Fristen vorgeschrieben. Frist beträgt für die directen Abgaben drei Monate von erfolgter Bekanntmachung ab, für den Anspruch auf Zurückzahlung zu viel er⸗ hobener indirecter Gemeindeabgaben ein Jahr vom Tage der Ver⸗ steuerung ab 37). b

Der Gemeinde⸗Vorsteher hat über die Beschwerde zu beschließen und einen Bescheid zu ertheilen. Gegen diesen Bescheid ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung, für deren Beurkundung in jedem Falle Sorge zu tragen ist, die Klage an den Kreisausschuß zulässig; egen die Entscheidung des Kreisausschusses ist die Berufung an den Berirkausschuß, gegen dessen Entscheidung die Revision an das Ober⸗ Verwaltungsgericht zulässig (§§ 38, 144; §§ 82 ff., 93 ff. des Landes⸗ verwaltungsgesetzes). Die Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung 38 Abs. 5). 8

In materieller Beziehung ist in Betreff dieser Rechtsmittel darauf hinzuweisen, daß bei Zuschlagsabgaben einerfeits die Höhe des Prineipal⸗ satzes nicht angefochten werden kann, andererseits aber auch eine Er⸗ mäßigung des Principalsatzes die Ermäßigung des Zuschlages von selbst nach sich zieht, ohne daß es der Einlegung eines Rechtsmittels über⸗ haupt bedarf 38 Abs. 4).

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Die ültig bestätigten Gemeindebeschlüsse 8 bis zum 1. Januar 1893

diesen erwarte ich demnächst bis zum 15.

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Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi

Berlin, Dienstag, den 19. Januar

een Staats⸗Anzeiger. 1892.

Anweisung III

1) Die neuen Gewerbesteuerklassen.

Das Gewerbesteuergesetz vom 24. Juni 1891 kommt nach § 82 desselben erst vom 1. April 1893 ab zur Anwendung. An Stelle der drei obersten Gewerbesteuerklassen dieses Se wo sie in der Land⸗ gemeineordnung und dieser Ausführungsanweisung erwähnt sind, treten daher bis dahin die Klassen A I und A II der bisherigen Gewerbe⸗ steuer, und zwar sind die Gewerbetreibenden der Klasse A I, welche mehr als den Mittelsatz entrichten, der ersten, diejenigen, welche in der Klasse A I den Mittelsatz oder weniger steuern, der zweiten und die Gewerbetreibenden der Klasse A II der dritten Gewerbesteuer⸗ klasse zuzurechnen. An Stelle der vieten Gewerbesteuerklasse treten

ie ichen anderen Klasst rbisherigen G 12

8 2) Fortbestehen älterer Rechtsnormen innerhalb des dem Statutarrechz überlassenen Gebiets.

Nach § 147 Abs. 1 bleiben die Ortsstatuten, allgemeinen Ge⸗ wohnheitsrechte und Observanzen, welche bei der Verkündigung der Landgemeindeordnung (durch die am 27. Juli 1891 ausgegebene Nr. 23 der Gesetz⸗Sammlung) bereits bestanden haben, bis zum 1. April 1895 in Kraft, insoweit sie Bestimmungen enthalten, welche nach der Landgemeindeordnung durch Ortsstatut getroffen werden können, und insoweit nicht inzwischen eine von diesen Bestimmungen abweichende statutarische Regelung g Diese Uebergangsbestimmung gilt auch für das Gemeindeabgabenwesen, und zwar nach § 6 „insoweit, als das Gesetz Verschiedenheiten gestattet oder auf ortsstatutarische Regelung verweist oder überhaupt keine gesetzliche Regelung enthält“. Diese Vorschrift des § 147 Abs. 1 soll verhindern, daß in dem Rechtsleben der Landgemeinden durch den Wechsel der Gesetzgebung Lücken ent⸗ tehen, welche bisher durch Ortsstatuten, Gewohnheitsrechte und bservanzen ausgefüllt waren; sie hindert aber die Landgemeinden keineswegs, die Geltung solcher älteren Normen, wenn sie sich als unzweckmäßig erweist, schon vor dem Ahlaufe der dreijährigen Frist durch eine zweckentsprechende ortsstatutarische Regelung zu beseitigen. Die Aufsichtsbehörden haben hierauf ihr Augenmerk zu richten, be⸗ sonders aber dem entgegenzutreten, daß etwa ohne weiteres nach älteren Normen, obwohl sie nicht in den neuen Rahmen des Statutar⸗

rechts fallen, auch ferner verfahren wird.

) Aufrechthaltung älterer, dem neuen Gesetz widersprechender Normen durch Gemeindebeschluß.

Wesentlich verschieden von der vorerörterten Uebergangsvorschrift ist die sich gleichfalls auf das Gemeindeabgabenwesen, und zwar aus⸗ schließlich auf dieses, beziehende Bestimmung des § 147 Abs. 2, wo⸗ nach bis zum Inkrafttreten eines Communalsteuergesetzes, längstens bis zum 1. April 1897, die bei Verkündigung der Landgemeinde⸗ ordnung für die Vertheilung der Gemeindeabgaben statutarisch oder observanzmäßig bestehenden Maßstäbe durch Beschluß der Gemeinde mit Genehmigung des Kreisausschusses aufrecht erhalten werden können. Diese Bestimmung ermöglicht die Aufrechthaltung des am 27. Juli 1891 vorhandenen statutarischen und observanzmäßigen Rechts bis zum 1. April 1897, auch insofern dasselbe von den Bestimmungen des neuen Gesetzes abweicht, also nicht auf ortsstatutarischem Wege neu eingeführt werden kann. Sie erfordert aber zu dieser Aufrecht⸗ haltung einen ausdrücklichen Gemeindebeschluß, welcher der Ge⸗ nehmigung des Kreisausschusses bedarf. Es ist zu beachten, daß ein solcher Seehes in Betreff der directen Gemeindeabgaben nur in den ersten drei Monaten des Steuerjahres gefaßt werden kann; denn es ergiebt sich aus §§ 20, 21, daß die Erhebung der directen Gemeinde⸗ abgaben soweit sie nicht durch eine Gemeindeumlageordnung oder durch einen in den ersten drei Monaten des Steuerjahres gefaßten Gemeindebeschluß ihre Regelung gefunden hat sich lediglich nach den in § 21 Abs. 2 und § 12 aufgestellten Grundsätzen bestimmt.

Durch diese Bestimmung hat den Unzuträglichkeiten vorgebeugt werden sollen, welche möglicher Weise dadurch entstehen würden, daß die in einzelnen Gemeinden zur Zeit bestehenden und ohne Beschwerde ertragenen Vorschriften über die Gemeindeabgaben in kurzer Zeit viel⸗ leicht zweimal nämlich zuerst durch die Landgemeindeordnung und sodann nochmals durch ein neues Gemeindeabgabengesetz abgeändert werden. Bei Anwendung dieser Bestimmung ist indessen zu beachten, die längere Beibehaltung veralteter, den Grundsätzen einer ge⸗ rechten Lastenvertheilung nicht entsprechender Maßstäbe, wie solche zur Zeit in manchen Gemeinden gelten, mit dem öffentlichen Interesse meist unvereinbar ist. Soweit daher einzelne Gemeinden die Bei⸗ behaltung solcher Besteuerungsmaßstäbe beschließen, haben die Kreis⸗ ausschüsse die Gemeindebeschlüsse vor der Bestätigung sorgfältig darauf zu prüfen, ob danach keine Klasse der Gemeindeangehörigen übermäßig eschwert wird, ob die Lastenvertheilung klar und zweckentsprechend ist, und ob die von der Gemeinde geltend gemachten Gründe für die einstweilige Aufrechthaltung zutreffen, oder ob das Gemeindeinteresse die alsbaldige Beseitigung jener Maßstäbe erheischt. Letzteren Fals würde dem Gemeindebeschlusse die Bestätigung zu versagen sein, und,

Us diese dennoch vom Kreisausschuß ertheilt werden sollte, der Land⸗ tath gegen diesen Beschluß gemäß § 123 des Landesverwaltungs⸗ Gesetzes die Beschwerde an den Bezirksausschuß einzulegen haben. Als ein hauptsächliches Erforderniß aller derartiger Beschlüsse, wenn se die Bestätigung des Kreisausschusses erlangen sollen, wird aufzu⸗ stellen sein, daß sie Art und Maß der Abgabe bestimmt und deutlich bezeichnen und die aufrecht zu haltende Norm ihrem ganzen Inhalte

nach wiedergeben. 1 Abschriften aller auf Grund des § 147 Abs. 2 ergangenen end⸗

Von ebruar 1893 einen Ge⸗ sammtbericht über die Ausführung des § 147 Abs. 2 unter ziffermäßiger

eitens der Landräthe den Regierungs⸗Präsidenten einzureichen.

Angabe der in jedem Kreise bestätigten Gemeindebeschlüsse.

1) Gemeindevermögen im engeren Sinne und Gemeindegliedervermögen.

Ueb Der Abs⸗ nitt 5 des Titels II der Landgemeindeordnung mit der eberschrift emeindevermögen“ handelt namentlich von dem Unter⸗ kar. zwischen „Gemeindevermögen im engeren Sinne“, dessen Nutzung zusteht, und „Gemeindegliedervermögen“ dessen

8 semeindean gehörigen zusteht. Das letztere Ver⸗ niß wird nicht vermuthet, sondern muß erforderlichenfalls nach⸗ vöö ; bierzn 5r en im 8 Uäcfätiche 9 18 uellen en, e in 8 als maßgeblich für das eilnahmenj⸗ verhältniß der zur Nutzung des 2 1

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emeindegliedervermögens Berech⸗

tigten aufgeführt sind: „Verleihungsurkunde, vertragsmäßige Fest⸗ setzungen, hergebrachte Gewohnheit.“ Aus der Bezeichnung „Ge⸗ meindegliedervermögen“ darf nicht geschlossen werden, daß dessen Nutzung grundsätzlich auf die Gemeindeglieder (die stimm⸗ und wahl⸗ berechtigten Gemeindeangehörigen) beschränkt sei; es sind vielmehr an sich alle Gemeindeangehörigen zu dieser Nutzung berufen; ihr Theil⸗ nahmeverhältniß bestimmt sich, wenn die oben angegebenen Rechts⸗ quellen hierfür keinen Anhalt bieten, nach der Theilnahme an den Gemeindelasten.

UMeber Beschwerden, betreffend den Mitgebrauch von 8 Gemeindeanstalten und die Theilnahme an den Nutzungen des Ge⸗ meindegliedervermögens, beschließt der Gemeindevorsteher, wo aber ein Gemeindevorstand esteht, und ihm diese Aufgabe übertragen ist, der Gemeindevorstand. Gegen den Beschluß ist binnen zwei Pochen die Aacgs 88 Verwaltungsstreitverfahren beim Kreisausschuß zulässig ND 27 ( ).

Wohl zu unterscheiden vom Gemeindegliedervermögen ist das so⸗ genannte Interessentenvermögen. Hierzu gehören namentlich die den Grundbesitzern in gemeinschaftlichen Jagdbezirken zustehenden Jagdnutzungsrechte, hinsichtlich deren die bisherigen Vorschriften in ihrem Inhalte durch die Landgemeindeordnung nicht verändert werden, sowie das Vermögen, welches einer Klasse von Gemeindeangehörigen auf Grund einer privatrechtlichen Gemeinschaft zusteht.

Ueber die Voraussetzungen, unter denen Gemeindevermögen im engeren Sinne in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden kann und umgekehrt, enthält § 69 Abs. 1 und 3 nähere Bestim⸗ mungen; die Zustimmung des Kreisausschusses ist hier nur für den letzteren Fall vorgeschrieben, ist indessen wie sich aus § 114 Abs. 2 ergiebt auch für den ersteren Fall erforderlich, da es sich bei einem solchen Gemeindebeschlusse um eine „Veränderung im Genusse der Gemeindenutzungen“ handelt. Die Umwandlung von Gemeindever⸗ mögen im engeren Sinne in Gemeindegliedervermögen wird nur aus⸗ nahmsweise zulässig erscheinen, während sich die umgekehrte Maß⸗ nahme vielfach als zweckmäßig erweisen wird.

Weder das Gemeindevermögen im engeren Sinne noch das Ge⸗ meindegliedervermögen darf durch eine Gemeinheitstheilung in Privat⸗ vermögen der Gemeindeangehörigen umgewandelt werden; dies ist der wesentlichste Inhalt der im § 68 Abs. 2 angeführten Deelaration vom 26. Juli 1847.

Für größere Gemeinden empfiehlt sich die Anlegung und regel⸗ mäßige Fortschreibung eines Lagerbuches, in welches sowohl das unbe⸗ wegliche Vermögen (Grundstücke, Gebäude, Gerechtigkeiten) als auch das bewegliche Eigenthum der Gemeinde (Forderungen, Bücher, Feuer⸗ löschgeräthschaften) einzutragen ist.

8 2) Verwaltung des Gemeindevermögens. 1

Die Beschlußfassung über die Verwaltung und Benutzung des Gemeindevermögens unbeschadet der Nutzungsrechte der Gemeinde⸗ angehörigen bezüglich des Gemeindegliedervermögens steht der Ge⸗ meindeversammlung (Gemeindevertretung) zu 113). In Betreff der Veräußerung und Verpachtung von Grundstücken und Gerecht⸗ samen enthält das Gesetz in §§ 115, 116 Bestimmungen, welche als Regel den Weg des öffentlichen Meistgebots vorschreiben, jedoch die daselbst näher bezeichneten Ausnahmen zulassen; Auf die Verpachtung der Jagdnutzung findet § 116 keine Anwendung. Die Genehmigung des Regierungs⸗Präsidenten ist nach § 114 erforderlich zur Veräußerung oder wesentlichen Veränderung von Sachen, welche einen besonderen wissenschaftlichen, historischen oder Kunstwerth haben; die Genehmi⸗ gung des Kreisausschusses zur Veräußerung von Grundstücken und Gerechtsamen, zu einseitigen Verzichtleistungen und Schenkungen und zu Veränderungen im Genusse des Gemeindevermögens.

Die Ausführung der Beschlüsse der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung), betreffend die Verwaltung und Benutzung des Gemeindevermögens, liegt dem Gemeindevorsteher ob; hinsichtlich der Benutzung des Gemeindevermögens ist ihm, abweichend von der all⸗ gemeinen Regel die zuvorige Berathung mit den Schöffen vorge⸗ schrieben. Demgemäß hat der Gemeindevorsteher die laufende Ver⸗ waltung bezüglich des Vermögens und der Einkünfte der Gemeinde sowie der Gemeindeanstalten, für welche keine besondere Verwaltung besteht, zu führen und diejenigen Gemeindeanstalten, für welche be⸗ sondere Verwaltungen eingesetzt sind, zu beaufsichtigen 88 Abs. 4 Nr. 3). Wo ein Gemeindevorstand eingeführt ist, können demselben die vorerwähnten Befugnisse und Pflichten durch Ortsstatut ganz oder theilweise übertragen werden 89). 8 8

3) IEinnahn

Zur Ergänzung der Einnahmen aus dem Gemekndevermögen und desjenigen, was sonst von den Gemeinden durch pripatrechtliche Titel erworben wird, dienen die auf dem öffentlich⸗rechtlichen Titel des Be⸗ steuerungsrechts der Gemeinde beruhenden Einnahmen (Abgaben, Gebühren, in Geld zu leistende Dienste, vgl. oben B VIII). Alle Gemeindeeinnahmen müssen zur Gemeindekasse gebracht werden 119 Abs. 5).

4) Ausgaben.

Den Einnahmen stehen die Ausgaben gegenüber, welche der Ge⸗ meinde aus ihren privatrechtlichen Verpflichtungen und zur Erfüllung ihrer öffentlich⸗rechtlichen Aufgaben erwachsen. Hierbei sind zu be⸗ achten die Vorschriften in § 114 Abs. 2, wonach Anleihen, durch welche die Gemeinde mit einem Schuldenstande belastet oder der vor⸗ handene vergrößert wird, und neue Belastungen der Gemeindeange⸗ hörigen ohne gesetzliche Verpflichtung der Genehmigung des Kreisaus⸗ schußtes bedürfen, sowie die Vorschriften in § 88 Abs. 4 Nr. 7 über die Form der die Gemeinde verpflichtenden Urkunden.

5) Gemeindehaushalt, Voranschlag.

Einnahmen und Ausgaben bilden den Gemeindehaushalt. Der⸗ selbe soll der Regel nach unter .“ eines Voranschlags geführt werden, der für das Rechnungsjahr oder für eine längere, von der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) festzusetzende Rechnungsperiode, welche die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen vans ansergecen ist und alle Einnahmen und Ausgaben ersichtlich machen soll, welche sich im voraus veranschlagen lassen 119 Abs. 1).

Der Voranschlag ist von dem Gemeinde⸗Vorsteher oder dem Ge⸗ meindevorstand, wo ihm dies Geschäft übertragen ist, zu entwerfen, zwei Wochen lang in einem von der Gemeindeversammlung (Gemeinde⸗ vertretung) zu bestimmenden Raume zur Einsicht aller Gemeinde⸗ vnge Faüg auszulegen, demnächst rechtzeitig vor Beginn der Rechnungs⸗ periode durch die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) fest⸗ zustellen und dem Vorsitzenden des Kreisausschusses abschrifllich mitzutheilen 119 Abs. 2 bis 4). 1 .““

Der Voranschlag ist dergestalt für die Haushaltsführung der Ge⸗ meinde maßgebend, daß Ausgaben, welche darin nicht oder nur vor⸗ esonderer Beschlußfassung vorgesehen sind, sowie Ueber⸗ schreitungen der vorgesehenen Ausgabebeträge der vorherigen Genehmigung der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) bedürfen 119

.5).

Nach § 119 Abs. 6 kann durch Beschluß des Kreisausschusses ein⸗ zelnen Gemeinden die Aufstellung eines Voranschlags erlassen werden, wenn deren Verhältnisse dies unbedenklich erscheinen lassen. Von dieser

Befugniß wird indessen nur in beschränktem Umfange Gebrauch zu machen sein, da die Einrichtung eines Voranschlags im allgemeinen nicht nur für große, sondern auch für kleinere Landgemeinden sich empfiehlt und sich bei nicht ganz einfachen Verhältni 8. sogar als unentbehrlich erweist. Sie verbürgt die nothwendige Ordnung des Gemeindehaushalts und die Durchführung des Grundsatzes, daß die Ausgaben sich stets in den Grenzen der zur Verfügung stehenden Ein⸗ nahmen zu halten haben. Dementsprechend ist die Einrichtung eines Voranschlags auch bereits in einer erheblichen Anzahl von großen wie kleinen Landgemeinden im Gebrauch, hat sich überall als nützlich erwiesen und nirgends zwecklose Schwierigkeiten bereitet. Insoweit es dem Gemeinde⸗Vorsteher an hinreichender Erfahrung und Gewandtheit zur Aufstellung eines Voranschlags fehlt, werden die Aufsichtsbehörden ihm Unterstützung zu be;. haben. zu diesem Zweck ist das an⸗ liegende Muster eines Voranschlags beigefügt, welches für größere Gemeinden bestimmt und selbstverständlich je nach den örtlichen Be⸗ dürfnissen der Abänderung, insbesondere durch Weglassung einzelner Titel und auch der Spalten 4 bis 6, fähig ist.

6) 3Kassen⸗zund zRechnungswesen.

Dem Gemeinde⸗Vorsteher liegt ob, die auf dem Voranschlag oder auf⸗ Beschlüssen der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) beruhenden Einnahmen und Ausgaben anzuweisen und das wesen, soweit er es nicht selbst führt, d. h. soweit besondere Beamte hierfür angestellt sind (Einnehmer, Rechnungsführer), zu beaufsichtigen 88 Abs. 4, Nr. 4).

7) Gemeinderechnungsbuch.

Während der Rechnungsperiode muß der Gemeindehaushalt und das Kassen⸗ und Rechnungswesen stets klar gehalten werden. Hierzu dient die in § 120 Abs. 1 angeordnete Führung eines Gemeinde⸗ rechnungsbuchs, wie solches bereits in vielen Gemeinden in Gebrau ist. In dieses Buch sind alle Einnahmen und Ausgaben sofort daf der Vereinnahmung und Verausgabung einzutragen. In einem An⸗ hange des Gemeinderechnungsbuches werden zweckmäßig noch andere laufende Aufzeichnungen Platz finden, z. B. ein Register der von den Pflichtigen reihenweise geleisteten Hand⸗ und Spanndienste, sowie eine Rechnung über Einnahmen und Ausgaben des Jagdbezirks, bei welchen es sich nicht um Gemeinde⸗, sondern Interessenten⸗Vermögen handelt. Behufs Anleitung der Gemeinde⸗Vorsteher bei Aufstellung und Führung des Gemeinderechnungsbuches wird das anliegende Muster beigefügt, welches nach den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Gemeinde ab⸗ geändert werden kann.

Für größere Gemeinden empfiehlt sich die Anlegung eines nach den Einnahme⸗ und Ausgabe⸗Titeln des Voranschlags geordneten Handbuchs neben dem Rechnungsbuch und die Führung einer Hebe⸗ liste für die Gemeindesteuern. 1

8) Kassenrevisionen.

Zur Controle der Kassenführung dienen, außer der Ueberwachung durch die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) gemäß § 103, regelmäßige und außerordentliche Kassenrevisionen. Wenn ein besonderer Gemeindebeamter die Kasse führt, sind sie vom Gemeinde⸗Vorsteher vorzunehmen, und zwar die regelmäßigen alle drei Monate, die außer⸗ ordentlichen mindestens einmal im Johhre, können aber außerdem jeder Zeit von Aufsichtswegen veranlaßt werden. Führt der Gemeinde⸗ Vorsteher die Kasse, so hat der Landrath als Vorsitzender des Kreis⸗ ausschusses mindestens einmal im Jahre selbst oder durch einen Beauftragten ihre Revision zu bewirken. Bei allen Kassenrevisionen sind die Eintragungen im Gemeinderechnungsbuche, vom letzten Ab⸗ schlusse ab, mit den Belägen zu vergleichen, zusammenzurechnen und der Kassenbestand, welcher danach vorhanden sein muß, festzustellen und der wirkliche Bestand nachzuzählen; über das Ergebniß ist ein Protokoll aufzunehmen. Die Kassenrevisionen können mit den Rechnungs⸗ revisionen (s. Nr. 10) verbunden werden.

9) Rechnungslegung. 8 8 8 Nach § 120 Abs⸗ 2 bis 6 ist die Gemeinderechnung binnen drei Monaten nach dem Schlusse des Rechnungsjahres der Gemeinde⸗ versammlung (Gemeindevertretung) zur Prüfung, Feststellung und Ent⸗ lastung vorzulegen. Wo ein besonderer Gemeinde⸗Einnehmer bestellt ist, reicht dieser die Rechnung senächst dem Gemeinde⸗Vorsteher oder, wo dies statutarisch vorgeschrieben ist, dem Gemeinde⸗Vorstande ein, welcher sie einer Vorprüfung zu unterziehen und, mit seinen Er⸗ innerungen versehen, der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) vöfis eh hat. Bei dieser Vorprüfung hat der Gemeinde⸗Vorsteher die Schöffen zuzuziehen; außerdem ist die Gemeinde befugt, ihm für diesen Zweck eine besondere Gemmiffien zur Seite zu stellen. Die Feststellung der Rechnung muß innerhalb drei Monaten nach Vorlegung der Gemeinderechnung bewirkt sein. Nach erfolgter Feststellung ist die Rechnung während eines Zeitraumes von zwei Wo en nach vor⸗ heriger Bekanntmachung in einem von der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) zu bestimmenden Raum zur Einsicht der Ge⸗ meindeangehörigen auszulegen. Dem Vorsitzenden des Kreisausschusses ist eine Abschrift des Feststellungbeschlusses sofort einzureichen.

110) Revision der Gemeinderechnungen.

8s Außerdem bestimmt § 120 Absatz 7, dc alljährlich bei mehreren Gemeinden des Kreises eine Revision der Gemeinderechnungen durch den Kreisausschuß stattfindet. Die Revisionen sind durch den Vor⸗ sitzenden oder einzelne zu beauftragende Mitglieder des Kreisausschasses zu bewirken. Die vegelmäßige Vornahme von Rechnungsrevisionen ist von hohem practischen Werth und verdient sorgfältige Bea tung, da sie geeignet ist, den Eö“ allmählich mit dem Haushalte und allen übrigen Fehältnüssen der Landgemeinden im Kreise vertraut zu machen, die Aufsichtsfü rung zu erleichtern und Beschwerden vorzu⸗ beugen; von derselben ist deshalb in möglichst ausgedehntem Maße Gebrauch zu machen.

11) Defecte. b Ergiebt sich bei Kassenrevisionen, bei Prüfung oder Revision der Gemeinderechnungen ein Defect, so ist gemäß § 121 Nr. 1 die Be⸗ schlußfaffung des wegen Fesiseläng und Ersatzes des⸗ selben nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Januar 1844 (Gesetz⸗Samml. S. 52) zu veranlasen.

Mitzdem 1. April 1892 -atritt die durch die allgemeine Verfügung vom 20. September 1873 (M.⸗Bl. S. 258) mitgekheilte efügung zur ebecdo der drei ersten Abschnitte des zweiten Titels der Hreisordnungf oweit sie sich nicht auf die Aufhebung der mit dem Besitze gewisse

r Grundstücke verbundenen Berechtigung und V . tung zur Verwaltung des Schulzengutes erstreckt (dritter Abschatit 8b außer Wirksamkeit.

Berlin, den 29. Dezember 1891.

Der Minister des Innern. Herrfurth.