jene Convention zu ändern oder wohl gar zu kündigen. Die neue französische Zollgesetzgebung mit ihrem Maximal⸗ und Minimaltarif hat bislang auf den Fortbestand dieser Convention keinen Einfluß auszuüben vermocht. Wird die neue französische Fellgesetzgebung in Kraft treten, und das soll ja am 1. Februar der Fall sein, so wird dem entsprechend Oesterreich⸗Ungarn wie den übrigen mit Frankreich auf dem Fuße der Meistbegünstigung stehenden Staaten der Minimal⸗ tarif bewilligt werden; E wird selbstverständlich auch dann, nach wie vor, Frankreich die Meistbegünstigung einräumen. Erst wenn nach einiger Zeit sich die Wirkung dieses französi⸗ schen Minimaltarifs auf den Handelsverkehr nach Frankreich äußern wird, wird Oesterreich⸗Ungarn in die Lage versetzt, über diese Wirkungen sich Rechenschaft geben zu fönnen. Sollten diese schädigend sein, dann dürfte sich die Gelegenheit, ja die Nothwendig⸗ keit ergeben, einer Aenderung des handelspolitischen Verhältnisses zu Frankreich näherzutreten.“
Der „Conservativen Correspondenz“ zufolge wird die Börsensteuer noch während dieser Session in dem Parla⸗ mente verhandelt werden.
Das Abgeordnetenhaus genehmigte gestern eine Re⸗ solution, betreffend die einheitliche Statistik des CC11““ der österreichischen Bahnen, owie eine Resolution, wonach mit den Vertrags⸗ staaten die Aufstellung einer Handelsstatistik auf möglichst gleichartiger Grundlage anzustreben ist. Ferner wurde eine Resolution angenommen, worin die Regierung aufgefordert wird, die durch die Handelsverträge ge⸗ schmälerten Industriezweige möglichst zu fördern, und insbesondere die Leinen⸗Industrie durch Begünstigungen zu entschädigen, ferner die Staatsbahntarife auf der Karl⸗ Ludwigs bahn spätestens am 1. Februar d. J. einzuführen, und endlich, 5 lange der Staffeltarif, ausgenommen für Malz, in Deutschland in Kraft steht, die erforderlichen Maßnahmen in bahn⸗ tarifarischer Beziehung zu treffen, um den Malzexport in den betroffenen Relationen zu ermöglichen. Eine weitere Resolution, worin die Regierung aufgefordert wird, bei künftigen Handelsvertragsverhandlungen mit Serbien und Rumänien die Interessen der Textil⸗ und Metall⸗ industrie möglichst zu berücksichtigen, sowie die Interessen der Grenzbezirke bezüglich des Grenzverkehrs besten wurde vorläufig unerledigt gelassen. 88
Großbritannien und Irland.
Das „Court⸗Circular“ vom 17. d. M. enthält die nach⸗ stehende Mittheilung: „Es war die feste Absicht Ihrer Majestät gewesen, der Trauerfeier in der St. Georgs⸗ Capelle am Mittwoch persönlich beizuwohnen. Auf die dringenden Vorstellungen des Prinzen und der Prinzessin von Wales, sich auf dem Wege von und nach Windsor 0, diesem ungewissen Wetter nicht der 1 einer Erkältung auszu⸗ setzen, hat die Königin von ihrem Vorhaben Abstand genommen. Ihre Majestät ist, obwohl tief betrübt, körperlich wohl.“
Ueber die gestrigen Leichenfeierlichkeiten zu Ehren des Herzogs von Clarence entnehmen wir dem Bericht des „W. T., B.“ Folgendes: Am Mittwoch Vormittag fand die Ueberführung der Leiche von Sandringham nach Windsor statt. Kurz nach 10 Uhr setzte sich der Zug mit dem Sarge, der auf einer von sechs Pferden gezogenen Lafette ruhte, von Sandringham⸗House aus in Bewegung. Der Prinz von Wales und der Herzog von Fif⸗ folgten zu Fuß, die Prinzessin von Wales, ihre Töchter und Prinz Georg, sowie die Herzogin von Teck und ihre Tochter, Prinzessin Mary, die Braut des hohen Ver⸗ blichenen, schlossen sich in Wagen dem Zuge an, der um 11 Uhr 45 Minuten auf der Station 8 olferton und um 3 Uhr in Windsor eintraf. Hier wurde der Sarg von Husaren des 10. Prince of Wales Own Royal⸗Husaren⸗Regi⸗ ments vom Wagen gehoben und unter Escorte der Leibgarde durch die dichte Volksmenge nach der Georgs⸗Capelle getragen. An der Procession dorthin nahmen theil: der Prinz von Wales, die anderen Prinzen, die Vectreter der europäischen
ürstenhäuser, darunter Prinz Friedrich Leopold von
Preußen, und die Deputation des Preußischen Husaren⸗ Regiments „Fürst Blücher von Wahlstatt“. Den Gottesdienst, welchem außer den Prinzen auch die Prinzessinnen beiwohnten,
rrichtete der Bischof von Rochester. Die Kapelle war mit eichem Blumenschmuck und Kränzen gefüllt. Am Abend er⸗ olgte sodann die Beisetzung in der Gruft unter der Albert⸗
Gedächtniß⸗Capelle; an dieser Feierlichkeit nahmen nur die Fa⸗ milienangehörigen theil. Diejenigen Vertreter des diplomatischen Corps, die nich nach Schloß Windsor geladen waren, wohnten Nachmittags der im St. James⸗Palast zu London ver⸗ nstalteten Trauerfeier bei.
Die „Times“ hält es 8 wahrscheinlich, daß der bisherige Gesandte in Athen Monson nach Brüssel versetzt und der Erste Botschaftssecretär in Paris Egerton zum Gesandten
n Athen ernannt werden würde.
“ Frankreich.
Dem T e gottesdienste, der gestern in der eng⸗
ischen Capelle aus Anlaß der Beisetzung des Herzogs von Clarence abgehalten wurde, wohnte, wie „W. T. B.“ meldet, der Minister des Auswärtigen Ribot als Vertreter der Regierung bei.
Eine Pariser Blättern aus Regierungskreisen zugegangene Mittheilung erklärt die Meldung, über die Verlän⸗
erung des französisch⸗spanischen Handelsvertrags
s zum 30. Juni für unbegründet. Es fänden jedoch
erhandlungen statt, um den wirthschaftlichen Bruch zu ver⸗ eiden und einen modus vivendi festzustellen.
Die Budget⸗Commission der Deputirtenkammer berieth die zu dem Gesetzentwurf über die Reform der Gerichtskosten vom Senat beschlossenen Abänderungen. Als mehrere davon von der Commission angenommen wurden, legte Brisson sein Amt als Berichterstatter der Commission nieder.
Die klerikalen Blätter publiciren ein „Exposé über die Lage der Kirche in Frankreich“, sowie eine Erklärung“ der Erzbischöfe von Toulouse, Reims, Rennes, Paris und Lyon, worin die von der Republik ghhen die katholische Religion und den Klerus durchge⸗ ührten Maßnahmen aufgezählt werden und den Katholiken angesichts der Lage folgende Haltung empfohlen wird: Achtung vor den Landesgesetzen, wofern sie nicht Forde⸗ rungen des Gewissens widerstreiten, Achtung vor den Ver⸗ tretern der Staatsgewalt, aufrichtige, loyale Annahme der politischen Einrichtungen, Fisgte h ases auch fester Widerstand gegen Uebergriffe der weltlichen Macht auf das geistliche Ge⸗ biet, treue Erfüllung der Wahlpflicht.
Der Minister des Innern Constans stattete gestern dem Präsidenten der Republik Carnot und dem Präsidenten der
Deputirtenkammer Floquet Besuche ab.
8
Ueber die Vorgeschichte und die weiteren Folg
vorgestrigen Skandalscenen in der Deputirtenkammer liegt folgendes vor: Derr in London wohnhafte Rochefort hatte nach der „Köln. Ztg.“ im „Intransigeant“ eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, die er „Vierzig Jahre aus dem Leben eines Ministers“ überschrieb und in denen er Constans einer Unmasse gemeiner Verbrechen beschuldigte. In Paris hatte man die Wuthausbrüche Rochefort's nicht weiter beachtet, bis Laur sich veranlaßt sah, von dem Vorrechte des Volksvertreters Gebrauch zu machen und den von seinem Genossen in London zusammengescharrten Schmutz vor der Kammer aus⸗ ubreiten. Wie ferner mehrere Blätter wissen wollen, wäre er Minister Constans vorgestern sehr erregt in die Kammer ge⸗ kommen, weil seine Gemahlin zahlreiche beleidigende anonyme Zu⸗ schriften erhalten habe, die allem Anschein nach von Boulangistischer Seite ausgegangen seien.
Auf die von Laur an Rochefort gerichtete Anfrage, wie er sich dem Minister Constans gegenüber zu verhalten habe ssiehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“*) hat Letzterer folgende Antwort ertheilt: „Man schlägt sich nicht mit einem Dieb, Kinderschänder und falschen Spieler, man verklagt ihn nicht vor den Gerichten, weil es keine Gerechtigkeit giebt und die Richter feile Sklaven sind.“ Trotzdem hat sich Laur, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend entschlossen, dem Minister Constans seine Zeugen zu chicken. Letzterer ließ antworten, daß er nach den Ausflüchten seines Gegners und nach der Veröffentlichung der zwischen Laur und Roche⸗ fort ausgetauschten Telegramme davon Abstand nehme, mit den Ver⸗ tretern Laur's in Unterhandlung zu treten.
Eine amtliche Denerche aus dem französischen Sudan meldet, Oberst Humbert habe seine Operationen gegen Samory, der sich auf der Flucht befinde, begonnen. Eine anzösische Abtheilung besetzte nach zwei Gefechten am 12. d.
issanduyon. Bei der Abtheilung wurden 5 Europäer ge⸗ tödtet, 4 verwundet.
Rußland und Polen.
„Durch Kaiserlichen Ukas vom 16. d. M. sind die Groß⸗ fürsten Wladimir und Alexis, Brüder des Kaisers, zu Mitgliedern des Minister⸗Comités ernannt worden.
In St. Petersburg ist, nach einem Wolff'schen Tele⸗ gramm, eine Abordnung französischer Offiziere unter Führung des Artillerie⸗Obersten Bange behufs militärischer Studien eingetroffen. Nachdem die französischen Offiziere ver⸗ schiedenen Einladungen seitens der russischen Kameraden gefolgt waren, besuchten sie am Dienstag die Caserne der 1. Garde⸗ Artillerie-Brigade, woselbst ihnen das Offtziercorps ein Frühstück gab. Hierbei toastete der Brigade⸗Chef General Baumgarten auf den Präsidenten Carnot, Oberst Bange auf das russische Kaiserhaus, während die Musik die „Marseillaise“ und die russische Nationalhymne spielte. Sodann toastete der russische Batterie⸗Chef Oberst Hippius auf die „Brüderschaft der russischen und französischen Armee“ und die Freundschaft der beiden Nationen: andere russische Offiziere toasteten auf die Feldwebel der französischen Artillerie, welche den russischen Artilleristen alljährlich ihre Neujahrswünsche senden. Einer der französischen Capitäne erwiderte einen weiteren Toast auf die französischen Artilleristen in russischer Sprache mit den Worten: „Danke! Auf Eure Gesundheit, Brüder!“
Italien.
Die Deputirtenkammer hat gestern in geheimer Ab⸗ stimmung mit 177 gegen 66 Stimmen die Handelsver⸗ träge mit Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn an⸗ genommen; heute werden die Verträge dem Senat vorgelegt. — In der gestrigen Sitzung der Kammer hat der Deputirte Diligenti die Anfrage an den Minister⸗Präsidenten einge⸗ bracht: ob es wahr sei, daß die französische Regierung die italienische Regierung benachrichtigt habe, sie werde vom 1. Februar ab den französischen Maximaltarif auf italienische Producte anwenden, und was die Regierung auf diese Benachrichtigung geantwortet und beschlossen habe. gwischen den französischen und englischen Delegirten der internationalen Sanitätsconferenz ist, wie „W. T. B.“ aus Venedig meldet, nunmehr ein Compromiß abge⸗ schlossen worden, der Inhalt werde jedoch geheim gehalten.
Luyxemburg.
Die Großherzogliche Regierung hat der „Köln. Ztg.“ zufolge einen Gesetzentwurf ausarbeiten lassen, nach welchem die Gehälter der Staatsbeamten erhöht werden sollen, und zwar die Gehälter bis zu 1200 ℳ um 12 Proc., solche von 1200 bis 1600 ℳ um 10 Proc. und solche über 1600 ℳ um 8 Proc. Der Gesetzentwurf wird jedoch auf das Richterpersonal nicht ausgedehnt, da diesem erst im Jahre 1885 eine Gehaltserhöhung zu theil wurde. Der Staatsrat) hat sein Gutachten im Sinne des Entwurfs abgegeben. . Türkei.
Der bulgarische Agent Vulkovitsch hat, wie die „Ag. d. Const.“ meldet, nunmehr dem Großvezier die bul⸗
herdsche Antwortnote in der Chadourne⸗Angelegenheit ehufs Zustellung an den französischen Botschafter übergeben.
Griechenland.
Die griechische Regierung hat, wie man dem „W. T. B.“ gus Athen meldet, die Schiffsg blalglchaften mittels Rund⸗ schreibens aufgefordert, nur solchen Personen Reisebillets von und nach Griechenland auszufolgen, die mit von der Civilbehörde oder dem griechischen Konsulat visirten Pässen versehen sind.
Schweden und Norwegen.
Stockholm, 20. Januar. Der Reichstag ist heute eröffnet worden. In der Thronrede heißt es, dem W. T. B.“ zufolge: Die Verhältnisse zu allen fremden Maͤchten seien foxtdünernd befriedigende, und der König sei unablässig bemüht, dieses wünschenswerthe Verhaͤltniß beizubehalten. Diese Bemühungen würden aber umso⸗ mehr erleichtert werden, wenn ein gut geordnetes Vertheidigungswesen die friedliche Unabhangt keit des Landes bewahre. Dem Reichstag werde daher eine Vor⸗ lage zu einer wesentlichen Verständigung über das Verthei⸗ digungswesen gemacht werden. Ferner werden Mittel zur Fartsesung der nördlichen Stammeisenbahn verlangt un zölle
ließlich erhebliche Herabsetzungen der Fegt.
chin gewisse Sorten von Getreide in Vorschlag gebracht.
8 Amerika.
In Washingtoner Regierungskreisen geben sich, wie man der „Times“ jetzt meldet, hinsichtlich der chilenischen Mnn88 neuerdings ernste Besorgnisse kund. Die Regierung ende Kriepamaterialien nach San Francisco und habe einen Contract für die Beförderung von 20 000 Tons Kohlen nach
8 11. “
en der
dem Süden abgeschlossen. Voraussichtlich werde der Präsident Sfenres dem Congreß noch im Laufe dieser Woche den Schriftwechsel mit Chile in einer Sonderbotschaft unter⸗ breiten. Diese Botschaft selbst werde mäßig und keineswegs beunruhigend gehalten sein; vielleicht werde sie den Vorschlag “ die Frage durch ein Schiedsgericht entscheiden zu assen.
Die Münzcommission des Repräsentanten⸗ hauses wird sich am 2. Februar darüber schlüssig machen, ob dem Repräsentantenhause ein Gesetzentwurf, der die freie Silberprägung gestattet, vorgelegt werden soll. Man glaubt, daß die Majorität der Commission für die Vorlegung stimmen werde. .
Aus Brasilien wird nach längerem Ausbleiben jeder Nachricht über die dortige Lage von einem, wie es scheint, ziemlich ernsten militärischen Aufstande in Santa Cruz zu Gunsten des zurückgetretenen Präsidenten da Fonseca be⸗ richtet. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird der Vorgang in einer aus Rio de Janeiro von gestern datirten Depesche fol⸗ gendermaßen dargestellt: Die Gefangenen der im Eingange des Hafens von Santa Cruz gelegenen Festung hätten sich am 19. d. M. der Festung und bemächtigt und als Hauptforderung die Rückkehr des Marschalls da Fonseca zur Präsidentschaft aufgestelt. Von den Wällen herab hätten sie unausgesetzt ein lebhaftes Gewehrfeuer unterhalten. Bei einem am Mittwoch Vormittag jedoch gleichzeitig von Landtruppen und Kriegsschiffen unternommenen Angriff sei die Festung nach halbstündigem Kampfe wieder Aergeble worden. Der Führer der Aufständischen habe sich getödtet. „Einem Pariser Telegramm aus Buenos⸗Aires zufolge ist der Gouverneur der argentinischen Provin Mendoza durch die gesetzgebende Versammlung abgesetzt Ferber
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (153.) Sitzung des Reichstags stand auf der Tagesordnung die erste und eventuell zweite Berathung des Abkommens zwischen dem Reich und Oesterreich⸗ Ungarn über den gegenseitigen Patent⸗, Muster⸗ und Markenschutz nebst Schlußprotokoll.
In der ersten Berathung begrüßte der Abg. Schmidt (Elberfeld) die Vorlage mit Freude und wünschte den Abschluß ähnlicher Abkommen auch mit anderen Industriestaaten. Durch diese Abkommen werde dem illoyalen Wettbewerb ein Riegel vorgeschoben Es sei aber wünschenswerth, in dieses Ab⸗ kommen noch eine Art Meistbegünstigungsclausel einzufügen. Redner äußerte dann noch einige Bedenken, zu denen ihm die Vorlage Anlaß gab.
Director im Reichsamt des Innern Nieberding sagte eine Berücksichtigung dieser Bedenken für die zu.
Abg. Dr. Hammacher erblickte in der Vorlage eine Be⸗ ruhigung der interessirten Kreise, hätte aber die Festsetzung gleicher Bestimmungen für das Erlöschen von Patenten in Oesterreich und Deutschland gewünscht. Auch in anderen Be⸗ ziehungen habe er verschiedene Bedenken gegen die Vorlage, und er beantrage deshalb ihre Ueberweisung an eine Com⸗ mission von vierzehn Mitgliedern.
Abg. Liebermann von Sonnenberg sprach den Wunsch aus, daß auch das Urheberrecht für Erzeugnisge der Kunst und Wissenschaft gleichmäßig für Deutschland und Oesterreich geregelt werde. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (3.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums Reichskanzler Graf von Caprivi, der Minister des Innern Herrfurth, der Pesi heeif Dr. von Schelling, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepf ch, her Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Minister für Land⸗ wirthschaft ꝛc. von Heyden, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf vou E1I“ und der! Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, erbat und erhielt zunächst der Erste Vice⸗Präsident Dr. Freiherr von Heereman die Ermächtigung, Seiner Majestät dem Kaiser und König zum Geburtstage die Glückwünsche des Hauses darzubringen.
Das Andenken des gestern verstorbenen Abg. Robert⸗ Tornow ehrte das Haus durch Erheben von den Sitzen.
Auf der Tagesordnung stand zunächst folgende Inter⸗ pellation des Abg. von Eynern:
Ich erlaube mir an die Königliche Staatsregierung die Anfrage zu richten, ob dieselbe beabsichtigt, noch im Laufe dieser Session eine Vorlage zu machen, durch welche die in § 52 und § 69 des Ein⸗ kommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 bestimmte Geheimhaltung der Steuererklärung durch Aufhebung der zur Zeit entgegenstehenden älteren Bestimmungen gesichert wird.
Der Minister des Innern Herrfurth erklärte sich namens der Königlichen Staatsregierung bereit, die Inter⸗ pellation sofort zu beantworten.
Abg. von Eynern (nl.) begründete die Interpellation unter Hinweis auf die schon bei Berathung des neuen Einkommen⸗ steuergesetzes über diesen Gegenstand gepflogenen Verhand⸗ lungen. Der Finanz⸗Minister habe damals eine Geheim⸗ haltung der Rultatz⸗ der Selbstdeclaration zugesagt. Es müßten aber die einer solchen Geheimhaltung 8ebücnden gesetzlichen Bestimmungen, wie sie in den Gesetzen uͤber Kirchen⸗ und politische Wahlen enthalten seien, aufgehoben werden. Ohne Abänderung dieser gesetzlichen Bestimmungen sei eine Beruhigung der Gemüther nicht möglich.
Der Minister des Innern Herrfurth erklärte, daß schon seit längerer Zeit in dieser Sache Erwägungen und Er⸗ örterungen zwischen der Regierung und den Provinzial⸗ behörden schwebten, welche noch nicht abgeschlossen seien, sodaß noch nicht zu sagen sei, ob eine Vorlage behufs Abänderung der einer Geheimhaltung der Steuerver⸗ hältnisse entgegenstehenden Gesete gemacht werden würde Die Sache sei keineswegs so leicht, wie man glaube. Ein formaler Widerspruch zwischen diesen Gesetzen und dem neuen Einkommensteuergesetz bestehe nicht, wohl aber ein innerer, materieller Widerspruch, der allerdings durch Ein⸗ führung des Declarationszwangs noch verschärft sei. Dieser Widerspruch ließe sich beseitigen bezüglich der Steuerlisten, aber nicht vollständig bezüglich der Wählerlisten. Er hoff aber, daß sich eine befriedigende Lösung nach beiden Richtungen hin erzielen lassen werde.
Da die Besprechung der Interpellation nicht beantragt wurde, war diese damit erledigt.
Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts⸗Etats für das Jahr vom 1. April 1892/93
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Abg. Dr. Rickert (dfr.) schob die ganze Schuld der jetzigen Ungunst der preußischen Finanzverhältnisse 8 die Verstaatlichung der Eisenbahnen. Seine Partei habe dieses Resultat schon bei der Verstaatlichung vorausgesagt. Infolge des Rückgangs der Eisenbahnüberschüsse habe Preußen jetzt ein Deficit in einem Jahre von 24 Millionen, und auch der neue Etat balancire nur auf Grund gewagter Vor⸗ aussetzungen. Das Schwanken der Eisenbahnüberschüsse um einige Dutzend Millionen verwirre gleich die ganze Finanzlage. Aus dieser Zwangslage könne den Staat nur eine Rückkehr zu dem alten Eisenbahnsystem befreien; man solle die Eisenbahnen den Privatunternehmungen überlassen. Be⸗ züglich der Tarifreform habe man viel versprochen, aber nichts gehabten Redner bedauerte, daß das neue Einkommensteuer⸗ gesetz nicht die Quotisirung der Einkommensteuer festgesetzt Bass. man habe im Gegentheil die aus dem neuen Steuergesetz zu erwartenden Mehreinnahmen zum Zwecke weiterer Steuer⸗ reformen zu thesauriren beschlossen, aber nehme davon schon jetzt 9 Millionen für Schulzwecke weg. Dazu werde die neue Einkommensteuer in den ländlichen Kreisen voraussichtlich geringere Erträge ergeben, als man an⸗ genommen habe. Drei Minister hätten den Osten be⸗ reist, um die dortige Nothlage kennen zu lernen, aber die daran geknüpften Erwartungen hätten sich nicht erfüllt. Die Staffeltarife brächten den östlichen Provinzen keinen Nutzen. Die Handelsverträge hätten auf die Finanzen des Staats keinen Einfluß, da ein Ausfall an Zöllen infolge der lex Huene von den Kreisen getragen würde. Es sei besser, die lex Huene aufzuheben und eine bestimmte Quote der Staatssteuern den Kreisen zu überweisen. Wenn jetzt Sparsamkeit geübt werden müsse, so könne man solche Aus⸗ gaben, wie für den Berliner Dom und die Ablösung der Stol⸗ gebühren, nicht als dringlich bezeichnen. Redner ging schließlich auf den neuen Volksschulgesetzentwurf ein. Er bezeichnete diesen Schritt als den traurigsten des Ministeriums Caprivi und sprach seine Verwunderung darüber aus, daß dasselbe Ministerium, dem der Reichskanzler bei seinem Amts⸗ antritt die größte Latitüde gelassen und das im vorigen Jahre den Goßler'schen Entwurf eingebracht habe, einen solchen Entwurf wie den vorliegenden 8 beschließen können. Er erblicke hierin eine Auslieferung der Schule an die Kirche, welcher sich alle liberalen Elemente, aber auch die Conservativen, widersetzen müßten. Gegenüber der Front⸗ veränderung des Minister⸗Präsidenten werde die Linke mit aller Kraft das Recht der Schule und des Staats ver⸗ sieren und den ihr aufgedrungenen Kampf siegreich zu Ende ühren.
Bei Schluß des der Abg. von Huene das Wort.
Blattes ergriff Freiherr
— Die XX. Commission des Reichstags zur Vor⸗ berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Anwendung der vertragsmäßigen Zollsätze auf das am 1. Februar 1892 in Peutschland vorhandene unverzollte ausländische Getreide, besteht aus folgenden Mitgliedern: Fürst von Hatzfeldt⸗Trachenberg, Vorsitzendem; Freiherr von Wendt, Stellvertreter des Vorsitzenden; Graf von Carmer, Schriftführer; Wenders, Schriftführer; Dr. Barth, Broemel, Bruhns, Büsing, Dr. Buhl, Fritzen (Koblenz), Horn, Graf von Kanitz, Letocha, Dr. Graf von Matuschka, Menzer, Dr. Meyer (Berlin), Rickert. Seipio, Udo Graf zu Stolberg⸗ Wernigerode, von Vollmar, Dr. Witte.
— Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in der Gemeinde Lechenich, zugegangen.
— Dem Hause der Abgeordneten sind eine Denk⸗ schrift des Ministers der öffentlichen Arbeiten über die in der Zeit vom 1. April 1890 bis zum 31. März 1891 erfolgten Bauausführungen an denjenigen Wasserstraßen, über deren Regulirung dem Landtag besondere Vorlagen gemacht worden sind, sowie zwei Nach⸗ weisungen des Ministers für Landwirthschaft ꝛc., und zwar J. über die bei der Domänenverwaltung und II. über die bei der Forstverwaltung im Etatsjahre 1. April 1890/91 durch Kauf und Tausch vorgekommenen Flächen⸗ zugänge, sowie über die durch Verkauf, Tausch und infolge von Separationen und Ablösungen ein⸗ getretenen Flächenabgänge, zugegangen.
— Im 3. Osnabrück'er Landtagswahlkreise (Bersenbrück⸗Wittlage) ist für den verstorbenen Oekonomen Buddenberg in Bersenbrück der Gutsbesitzer Mues⸗Hesepe 89 mit 109 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Der Hoßbesitzer Gerkepott⸗ Brockhausen (ultramont.) erhielt 96 Stimmen.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Ein Gewerbetreibender, welcher Waaren, insbesondere Lebensmittel, an seine Arbeiter zu einem die Anschaffungskosten Uiecste ägäh Preise gegen baar verkauft (also nicht creditirt),
macht sich S. einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 20. Okrober 1891, dadurch nicht trafbar. Ein Gewerbe⸗ treibender, welcher an seine Arbeiter Bier zu einem die Anschaffungs⸗ kosten überf “ Preise gegen baar verabfolgt hatte, wurde von der Strafkammer wegen Zuwiderhandelns gegen § 115 Abs. 2 der Reichs⸗Gewerbeordnung verurtheilt. Auf die Revision des An⸗ getlagten hob das Reichsgericht das erste Urtheil auf, indem es egründend ausführte: „Abs. 2 des § 115 verbietet nicht das Ver⸗ lgen von Waaren an die Arbeiter, sondern, von Ausnahmen ab⸗ gesehen, die Creditirung von Waaren ...“
— Der durch §§ 13 und 14 des Naichs⸗ Marhenschubgeseten dem Gewerbetreibenden ertheilte Firmenschutz erstreckt sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 29. Oktober 1891, auf jede kaufmännische Firma, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen zur rechtlichen Existenz gelangt ist, gleichviel, ob sie im Handels⸗ register eingetragen ist, oder nicht.
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Der § 104 der Gewerbeordnung bestimmt im Abs. 4: Die Aufsichtsbehörde entscheidet Streitigkeiten über die Auf⸗ nahme und Ausschließung der (Innungs⸗) Mitglieder . . .. und im Abs. 7: Gegen die Anordnungen und Entscheidungen der Aufsichts⸗ behörde ist die Beschcrerde an die nächstvorgesetzte Behörde nzubringen
vier ei Aufsichtsbehör
zlässig ö“ ist binnen einer präclusivischen Frist von
Diese Vorschriften als reichsgesetzliche haben durch die preußische Landesgesetzgebung eine S” nicht erleiden können. Deshalb steht die Bestimmung in § 125 Abs. 2 des Zuständigkeits⸗Gesetzes, daß gegen die Entscheidungen der Aufsichtsbehörde die Klage beim Bezirks⸗ ausschuß stattfinde, mit dem § 104 Abs. 7 nicht im Widerspruch, da hier das Wort im weiteren Sinne und die Be⸗ stimmung über die orm der Beschwerde ebenso wie über die zur Entscheidung derselben zuständige Behörde den einzelnen Bundesstaaten überlassen ist. Aus diesen Gründen ist, wie das O.⸗V.⸗G. in dem Urtheil vom 14. Dezember 1891 III 1116 ausgesprochen hat, die Klage gegen die Entscheidung der Aufsichts⸗ behörde (d. i. des Magistrats) bei diesem und nicht gemäß der Vor⸗ schrift in § 63 des Landes⸗Verwaltungsgesetzes bei dem Bezirks⸗ ausschuß anzubringen. Die Aufsichtsbehörde hat darauf die Klage an letzteren abzugeben.
— Die Polizeiverwaltung zu S. hatte dem dortigen Magistrat die Abhaltung von Viehmärkten auf den bisher dazu benutzten Plüben innerhalb der Stadt untersagt. Auf Klage des Magistrats at das O.⸗V.⸗G. in dem Urtheil vom 23. November 1891 III- 1043 die polizeiliche Verfügung mit folgender Begründung aufgehoben: Der § 69 der Gewerbeordnung bestimmt: In den Grenzen der Bestimmungen der §§ 65 bis 68 kann ddie Orts⸗Polizeibehörde im Einverständniß mit der Gemeinde⸗ behörde die Marktordnung nach den örtlichen S fest⸗ setzen, namentlich auch für das Feilbieten von gleichartigen GSegenständen den Platz.. . bestimmen. 1 2 Aus den (näher angegebenen) Gesetzesmaterialien ergiebt sich, daß die Thätigkeit der Polizeibehörde durch die vorgeschriebene Mit⸗ wirkung der Gemeindebehörde beschränkt ist und diese Mitwirkung sich 8 auf die polizeiliche Seite der Marktordnung erstreckt. Die Festsetzung der Marktordnung soll von der Polizeibehörde und der Gemeindebehörde als zwei gleichberechtigten Factoren ausgehen. Folgeweise kann auch eine Abänderung derselben nur im Einvernehmen dieser beiden Behörden vorgenommen werden. Die Bestimmung des Marktplatzes bildet einen Theil der Marktordnung. (Entsch. B. 15 S. 366.) Es kann also die Polizeibehörde nicht einseitig eine den Marktplatz betreffende An⸗ ordnung erlassen, auch nicht in der Form, daß sie die Benutzung des bisherigen Platzes untersagt, denn hierin liegt nichts anderes als eine Abänderung der Marktordnung. Sie kann ein solches Vorgehen auch namentlich nicht durch Geltendmachung polizeilicher Interessen recht⸗ fertigen, da die polizeilichen Interessen, soweit die Marktordnung da⸗ bei betheiligt ist, von der Ortspolizei und der Gemeindebehörde ge⸗ meinschaftlich zu wahren sind.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Eichelmast.
bestände im vergangenen Jahre vom Eichenwickler fast ganz verschont worden sind und sich sehr gut entwickelt haben, so steht zu hoffen, daß in diesem Jahre endlich wieder eine Eichelmast eintreten wird, was für den diesseitigen Bezirk in forstwirthschaft⸗ licher Beziehung dringend wünschenswerth ist.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Influenza.
Die neueste Nummer der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ berichtet über den Stand dieser Krankheit in Folgendem:
Nach den neuesten Mittheilungen der Zeitungen herrscht die Influenza in den westlichen Staaten Europas: England, Belgien, Frankreich und Portugal, sowie in Italien mit besonderer Heftig⸗ keit. Portugal scheint von der Seuche erst neuerdings befallen zu sein. Nach einem in Brüssel veröffentlichten amtlichen Bericht 8 die Influenza in Belgien zur Zeit mehr Opfer fordern als die letzte Cholera⸗ epidemie. Nach den dem Gesundheitsamt zugegangenen Angaben ist die Sterblichkeit in Brüssel von 30,7 (auf das Jahr und 1000 Einwohner berechnet) in der Vorwoche auf 37,5, die Zahl der Todes⸗ fälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane von 18 auf 30 gestiegen. Aus Paris sind 34 Todesfälle an Influenza gegen 5 in der Vorwoche gemeldet worden und auch die Gesammtsterblichkeit und die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungs⸗ organe hat in Paris (31,5 gegen 26,7 % und 303 gegen 204), wie in der zweiten französischen Berichtsstadt Lyon (24,8 gegen 20,1 %0 und 52 gegen 46), gegenüber der Vorwoche eine Steigerung er⸗ fahren. Das Gleiche trifft für Venedig (53,1 gegen 34,8 %0 und 56 gegen 19) zu. Dagegen ist die Gesammtsterblichkeit in den meisten englischen Städten bereits wieder in der Abnahme begriffen, so in London (32,8 gegen 42,0 %), Dublin (30,5 gegen 45,8), Liverpool (36,3 gegen 42,2), Manchester (24,0 gegen 35,6), obwohl die Zahl der Todesfälle an Influenza in London von 37 in der Vorwoche auf 95 gestiegen ist. Nur in Edinburg ist die Gesammtsterblichkeit, welche daselbst bereits mehrere Wochen hindurch geringer geworden war, mit 24,0 gegen 22,9 %o wieder angestiegen und auch die Todesfälle an Influenza erhöhten sich dort von 10 auf 12. 1
Außer den genannten Ländern werden nach den vorliegenden Mit⸗ theilungen auch Oesterreich⸗Ungarn, Polen, Schweden, Norwegen, Dänemark und die Niederlande von der Influenza noch immer heim⸗ gesucht. In weiterer Zunahme begriffen erscheint dieselbe in
ien (Gesammtsterblichkeit [St.] 30,3 gegen 26,2 in der Vorwoche, Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungs⸗ organe [A.] 214 gegen 137, Todesfälle an Lungenschwindsucht [L½] 125 gegen 113), Brünn (St. 28,3 gegen 25,6, A. 5 gegen 7, L. 10 gegen 8), Graz (St. 69,6 gegen 64,1, A. 74 gegen 56, L. 14 gegen 18), Lemberg (St. 35,3 gegen 26,9, A. 23 gegen 13, L. 18 gegen 13), Triest (St. 57,5 gegen 39,6, A. 55 gegen 30, L. 18 gegen 12), Budapest (St. 43,9 gegen 40,7, A. 109 gegen 89, L. 72 gegen 56), Warschau (St. 34,6 gegen 21,5, A. 58 Fegen 31, L. 35 egen 31), Stockholm bei 53 Todesfällen und 1129 Erkrankungen an Influenza gegen 21 und 539 (St. 48,1 gegen 37,1, A. 106 gegen 53, L. 25 gegen 19) und in Amsterdam bei 9 Todesfällen an Influenza (St. 26,5 gegen 24,2, A. 70 gegen 45, L. 14 gegen 19). Dagegen 8. Krakau (St. 40,4 gegen 48,1, A. 6 gegen 16, L. 14 gegen 15), Chri⸗ stiania (St. 23,4 gegen 26,5, A. 18 gegen 24, L. 5 gegen 7) und Kopenhagen bei 72 Todesfällen und 1632 Erkrankungen an Influenza gegen 110 und 2288 (St. 39,7 gegen 45,5, A. 112 gegen 157, L. 20 gegen 25) eine Besgrungo de⸗ Gesundheitszustandes erkennen.
Von den deutschen Berichtsorten haben Altona 2 (Vorwoche 3), Braunschiveig 3 (5), Charlottenburg 5 (2), Danzig 7 (3), Dortmund 5 (3), Dresden 5 (3), Frankfurt a. O. 5 (4), Görlitz 3, Halle 3, Kiel 5, Magdeburg 29 (12), Münster 3 (6), Stettin 5 (5) Todes⸗ fälle; Berlin (4 EE11 31 (37), Frankfurt a. O. 129 (154), Reg.⸗Bez. Posen 64 (90), Nürnberg 79 (36) Erkrankungen an In⸗ fluenza gemeldet. Erhöht war hiernach die Sterblichkeit an Influenza gegenüber der Vorwoche besonders in Magdeburg und Danzig. Gleichwohl ist die Gesammtsterblichkeit Magdeburgs von 31,9 auf 28,0 %o, bei Erhöhung der Zahl der “ an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane von 43 auf 51, heruntergegangen. In Danzig dagegen war sewoh die Gesammtsterblichkeit (26,4 gegen 21,4 % ), wie die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane (16 gegen 8) und an Lungenschwindsucht (5 gegen 1) wesentlich erhöht. Ferner zeigten die Gesammtsterblichkeit und die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane eine namhafte Zunahme in Königsberg (St. 27,4 gegen 15,0 %, A. 23 gegen 6), Kiel (St. 23,7 gegen 21,9 %, A. 15 gegen 7), Görlitz (St. 34,0 gegen 29,8 %o, A. 15 gegen 4), Dort⸗ mund (St. 26,2 gegen 21,7 %, A. 18 gegen 7), Frank⸗ fu . (St. 18,5 gegen 13,9 %0, 8 3 gegen 4), an se
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egierungsbezirk Düsseldorf wird geschrieben: Da
entsprechende Abnahme in Lübeck (St. 28,3 egen 13), Altona (St. 23,8 gegen 28,6 0⁄00, A egen 12), Braun- schweig (St. 21,6 gegen 27,0 %, A. 9 gegen 14), Chaclottenburg (St. 16,6 gegen 22,5 %, A. 8 gegen 12), Chemnitz (St. 34,1 gegen 39,1 %%, A. 7 gegen 6, L. 4 gegen 14), Freiburg (St. 14,2 gegen 27,2 %°, A. 4 gegen 5), Fürth (St. 18,2 gegen 27,5 %, A. 2 gegen 6), Münster (St. 32,6 gegen 44,8 % , A. 5 gegen 15). Von den vorstehend sasgefeceen Orten haben Danzig und Kiel schon in früheren Wochen höhere Sterbeziffern gezeigt, sodaß. es sich dort möglicherweise um ein Wiederaufflackern der Epidemie handelt.
Im übrigen starben in der Berichtswoche mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen an Diphtherie und Croup (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte für 1878/87: 4,34 %): in Duisburg, Elbing, Gera, Halle, Osnabrück, Remscheid, Stuttgart, Zwickau und Krakau; außerdem sind in Berlin 83, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 168 und Düsseldorf 139, in Budapest 62, Kopenhagen 85 Erkrankungen ge⸗ meldet worden. Ferner sind an Masern 165 Erkrankungen in Berlin, 131 im Reg.⸗Bez. Arnsberg und 169 im Reg.⸗Bez. Düssel⸗ dorf vorgekommen.
Rostock, 19. Januar. Die Influenza wüthet nach einer der „N. Pr. Ztg.“ zugegangenen Mittheilung stellenweise im Großherzogthum noch immer mit großer Heftigkeit und fordert fort⸗ dauernd neue Opfer. In den Städten wie auf dem flachen Lande tritt die Krankheit gleich heftig, zum Theil epidemisch auf. Die Aerzte sind an einigen Orten außerordentlich beschäftigt und vermögen den an sie gestellten Anforderungen kaum gerecht zu werden.
London, 19. Januar. In London ist, wie die „A. C.“ be⸗ richtet, in der letzten Woche die Zahl der Todesfälle in Folge von Influenza reißend gewachsen. Während sie in den drei vorher⸗ gehenden Wochen 19, 37 und 95 betrug, bezifferte sie sich in der letzten Woche auf 271. Bei weiteren 63 Fällen gaben die Aerzte die Influenza als secundäre Todesursache an. Die Mehrzahl des Zuwachses an Todesfällen betraf jedoch alte, kränkliche Leute, bei denen die Influenza nur den Anlaß gab, daß sie ihren Leiden erlagen. — In dem Londoner Stadtbezirk Stoke Newington liegen hundert Schutzleute an der Influenza darnieder. Seit Jahren hat es nicht so viel Kranke in dem Bezirk gegeben. In dem Londoner Stadtbezirk Croydon leiden gewiß 1000 Personen an der Influenza.
In Malta richtet die Influenza große Verheerungen unter den Seeleuten der britischen Marine an. Im Marine⸗Hospital liegen 200 Kranke, darunter viele Offiziere. An Bord der bei Malta liegenden Kriegsschiffe sind außerdem 250 Mann an der Grippe er⸗ krankt. Auf dem bei Alexandrien liegenden britischen Panzerschiff „Dreadnought“ hat die Seuche etwas nachgelassen und die Zahl der Kranken ist auf 87 gefallen.
gegen 33,0 %o A. 7
Egypten.
Nachdem in dem Hafen Poetjakwangs in der Regentschaft Japara auf der Insel Java die Cholera zum Ausbruch gekommen ist, hat der internationale Quarantänerath zu Alexandrien am 30. Dezember 1891 beschlossen, gegen Schiffe, welche seit dem 18. dess. M. den gedachten Hafen verlassen haben, das zur Verhütung der Cholera⸗Einschleppung bestimmte Reglement in Kraft zu setzen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Amtlicher Mittheilung zufolge ist die Dampfschiffahrt auf der Strecke Dagebüll — Föhr —- Amrum Eises halber eingestellt. Die Güterbeförderung auf dieser Strecke ist bis auf weiteres aus⸗ geschlossen.
Bremen, 20. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Frankfurt“ ist gestern in Bremerhaven und die Dampfer „Köln“ und „München“ sind gestern in Ant⸗ werpen angekommen. Der Dampfer „Weimar“ hat gestern Seilly passirt. Der Dampfer „Ohio“ ist gestern von Vigo, der Dampfer „Neckar“ von Genua und der Schnelldampfer „Fulda“ heute früh von Genua abgefahren. Der Schnelldampfer „Saale“ hat gestern Nachmittag von New⸗York die Heimreise nach der Weser angetreten.
— 21. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Karlsruhe“, von Australien kommend, hat am 20. Januar Mittags Quessant passirt. Der Postdampfer „Berlin“ hat am 20. Januar die Reise von Vigo nach Antwerpen fortgesetzt. Der Postdan 1 „Weimar“, von Baltimore kommend, hat am 20. Januar Nachmittags Dover passirt. G
Hamburg, 20. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Virginia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Mittag in New⸗York eingetroffen. Der Postdampfer „Suevia“ ist, von New⸗York kommend, heute Morgen auf der Elbe eingetroffen. Der Postdampfer „Francia“ hat heute Morgen Lizard passirt.
London, 21. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Norham Castle“ hat auf der Ausreise heute Madeira vfüht Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist auf der Heimreise gestern
von den Kanarischen Inseln abgegangen. 8 1
Theater und Musik
Belle⸗Alliance⸗Theater.
Die „Münchener“ unter der bewährten Leitung des Königlich bayerischen PTT Herrn Max Hofpauer gaben als drittes Stück ihres diesjährigen Gastspielecyklus gestern Abend zum ersten Male „'s Nullerl“, Volksstück mit Gesang von Carl Morre. Das hier von früheren Aufführungen derselben Gefellschaft wohlbekannte Werk fand wegen der vortrefflichen Inscenirung und Dar⸗ stellung eine recht freundliche Aufnahme. Wenn der Erfolg der Vorstellung kein so bedeutender war, wie bei den beiden vorher⸗ gehenden Aufführungen Anzengruber’'scher Stücke, so ist das wohl dem Umstande afcreiben, daß die zahlreichen Rührscenen, deren
er Zuschauer schnell voraussieht, b mehr dem Geschmack der heutigen Zeit entsprechen, auch den hochbegabten Schauspielerinnen, besonders Hedwig Bleibtreu, keine Rolle zuertheilt werden kann, in der sie wie im „Meineidbauer“ und in dem „Ledigen Hof“ genügende Gelegenheit finden zur Entfaltung ihres schönen Talents. Doch muß anerkannt werden, daß sie wie Julie Laska in den Rollen des Schwesternpaares, Töchter des „dickschädeligen“ Bauern Volkmar Quarzhirn durchaus Tadelloses leisteten. Den gegen seine Töchter bis zur rücksichtslosesten Grausam⸗ keit harten und ihnen doch mit inniger Liebe zugethanen Gutsbesitzer und Gemeinde⸗Vorstand Volkmar Quarzhirn, gab Amand Kolbe seiner düchat entsprecheud. Herr Max Selus erheiterte die Zu⸗
befriedigende Lösung
hörer durch seine sehr gelungene Darstellung des erzdummen Knechts Stoffel. Außerdem sind zu erwähnen Amalie Schönchen als die alte Einliegerin Agerl, Robert Balaithy als ihr Sohn, der Groß⸗ knecht Ruxpert, und Max Hofpauer als der reiche Iöeeetit von Kronwild. Den größten Erfolg errang jedoch Carl Swoboda durch die unübertreffliche Verkörperung des alten Null⸗Anerl. Concerthaus. 1 Der Erk’sche Gesangverein für gemischten Chor gab gestern unter Leitung des Königlichen Musikdirectors Gaebler ein Concert, das ungemein zahlreich besucht war. Die Leistungen des Chors waren, was Präcision in der Zusammenwirkung betrifft, höchst lobenswerth. Blieb in der feinen Schattirungsweise mit⸗ unter noch etwas zu wünschen, wie es z. B. bei de „Sonntagslied“ und „Es fiel ein Reif“ der Fall war, so gelangen doch auch in dieser Beziehung die sechs Chorgesänge von Erk am Ende des ersten und zweiten Theils ganz vortrefflich. Einen schönen Eindruck machte besonders die Cantate „Die Hoffnung“ von Schiller, von Aloys Schmitt für Soli und Chor componirt und von Gaebler mit Orchesterbegleitung arrangirt. Die Concertsängerin Fräu⸗ lein L. Reimann und die Herren Domsänger Neubauer und Werk⸗ meister trugen mit ihren So ö sehr wesentlich zum Gelingen des interessanten Werks bei. Auch ein sehr stimmungsvoll gehaltenes
„Abendlied“ von Gaebler moͤchten wir h esonders lobend
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