Abg. Graf zu Limburg⸗Stirumscons. ) erklärte angesichts der Finanzlage Sparsamkeit für nothwendig. Das Centrum sei am sparsamsten gewesen, als es sich in der radicalsten Opposition befunden habe; jetzt, wo ein sanfter Wind für das Centrum wehe, wolle es keine Sparsamkeit mehr. Die Ergebnisse des neuen Einkommensteuergesetzes habe er von vornherein nicht so optimistisch 88, Es ergebe sich jetzt, daß es der Landwirthschaft im Osten schlecht gehe. Die Anweisung des Finanz⸗Ministers bezüglich der Declaration müsse geändert werden; die Angabe der Grundlagen des Ver⸗ mögens statt der Declaration müsse auch zulässig sein, wenn die Unmöglichkeit der Declaration in der Perfon des Censiten liege. Das Lob des Abg. Rickert über die Privateisenbahnen sei unzutreffend. Nur mit der Verstaatlichung wäre es möglich Hewesen, die nicht lohnenden Secundärbahnen zu bauen. An die Tarifreform mache das Publicum viel zu große An⸗ sprüche. Die Berathung des Eisenbahn⸗Etats in einer be⸗ fe Commission empfehle sich nicht, es würden darin wahrscheinlich doch nur vhcfre2 behandelt werden. Spar⸗ samkeit könne namentli bei den Bauten geübt werden. Die 150 000 ℳ zur Aufbesserung der Lage der Landwirthschaft im Osten könnten nichts helfen. Der Ausfall an landwirthschaftlichen Zöllen infolge der Han⸗ delsverträge treffe die Gemeinden, also hauptsaäͤchlich auch wieder die Landwirthschaft. Die Finanzlage sei nicht gerade schlecht, aber unbehaglich, da die Einnahmen nicht in dem Maße wie die Ausgaben wüchsen.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel erwiderte, daß die An⸗ weisung zum Einkommensteuergesetz bezüglich der Declarationen fast wörtlich dem entspreche, was er damals bei der Berathung des Gesetzes ausgesprochen habe. Wenn damit der kleine Landwirth gezwungen werde, über seine Ausgaben und Ein⸗
Praxis geübt werde. Die jetzige Regierung, welche für den Culturkampf nicht verantwortlich sei, wolle zum Frieden mit
schweren inneren Entwickelung müßten alle Kräfte zusammen⸗ gefaßt werden. Dazu gehöre auch die Schule, und diese gebrauche dazu das Christenthum, und wolle sie das Christenthum er⸗ fassen, so brauche sie die Confessionen. Die Angriffe der inken auf das Volksschulgesetz seien nur verständlich, wenn sie die Schule religionslos machen wolle. Was den festen Curs betreffe, so sei er sich bisher einer Schwenkung noch nicht bewußt; alle Vorlagen der jetzigen Regierung hätten die Zustimmung der Volksvertretung gefunden. Angesichts der inneren Ge⸗ staltung der jetzigen Parteien könne sich die Regierung auf keine bestimmte Partei stützen, geschweige denn sich von einer solchen ins Schlepptau nehmen lassen. Der Ab⸗ schluß der Handelsverträge auf eine längere Zeit sei im Interesse der Stabilität erfolgt, das Haus möge auch im Interesse der Ruhe und Stabilität unbefangen auf das Volksschulgesetz eingehen.
Abg. Cremer⸗Teltow (b. k. F.) führte aus, daß die Schwankungen in den Eisenbahneinnahmen nicht so bedenklich seien, denn Schwankungen kämen bei allen Betriebsver⸗ waltungen vor.
Abg. Dr. Sattler (nl.) wünschte, daß der Eisenbahn⸗ Etat und namentlich die Frage der Loslösung der Staats⸗ finanzen von dem Einfluß der schwankenden Eisenbahn⸗ überschüsse in einer besonderen Commission geprüft würden, und kritisirte sodann das Entgegenkommen der Regierung gegenüber den Polen und die Volks⸗ schulgesetz⸗Vorlage, welche letztere ein Versuch sei, ldie Ver⸗ fassung im klerikalen Sinne zu interpretiren. Hoffentlich komme das Gesetz nicht zu Stande.
den katholischen Mitbürgern gelangen, denn angesichts der jetzigen
nahmen ziffermäßig Buch zu führen, so sei das nur wünschens⸗ werth. Eine Tarifermäßigung führe allerdings nicht noth⸗
Bei Schluß des Blattes
wendig zu einem Einnahmeausfall infolge stärberen Verkehrs; Zedlitz das Wort.
aber es gebe auch Tarifermäßigungen, welche zu einem solchen Ausfall führen könnten, und deshalb könne man bei knapper Finanzlage auch nicht an solche Tarifreformen denken.
Abg. Freiherr von Huen e (Centr.) bestritt, daß die Handels⸗ verträge die Landwirthschaft so sehr schädigen würden; diese habe gerade unter dem höchsten K. schlechtesten Jahre gehabt. Das
jetzt die Sparsamkeit fallen zu lassen.
Abg. Freiherr von Zedlitz (fc.) besprach zunächst die eine Concession an das Centrum sei, so sei an der ausschlaggebenden Stellung des
der 1. In der Sperrgelderfrage, der Polenfrage,
Volksschulvorlage.
Centrums Wahlen schuld.
der Volksschulfrage Curs nicht mehr erkennen.
zu unterstützen. Der
sehr
werben;
das
Wenn diese wirklich Verhalten
lasse die Regierung
räsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi führte aus, daß die Unterschiede zwischen der Vh ehadorbage und dem Goßler'schen Entwurf iefgehende Specialberathung sie codificire auch nur,
seien. hoffentlich noch mehr
was seit
Kornzoll von 5 ℳ einige der Centrum denke garnicht daran,
1b Das Entgegenkommen gegen die Polen beunruhige die Deutschen in den polnischen Landes⸗ theilen. Redner besprach sodann einzelne Theile des Etats und erklärte sich bereit, die Sparsamkeit des Finanz⸗Ministers
Die Vorlage werde sich in der
etzte die nach ormittag 10 Uhr fort. berg und Dr. Buhl, die
1. Februar auf Transitläger
bei den
einen
zugelassen.“ einstimmig Getreide, die
Schließlich angenommen: nach amtlicher
nicht
Freunde er⸗
langem in der oder
Mehl — letteres unter
lichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten Graf von
„,— In der Budgetcommission des Reichstags wurde gestern Abend der Etat der Verwaltung der Eisenbahnen be⸗ rathen und alle Ansätze der Vorlage im Ordinarium und Extra⸗ ordinarium unverändert genehmigt. “
— Die 20. Commission des Reich
in die G der Vorlage über die Transitläger ein und ängerer Besprechung abgebrochene Berathung heute
Die Anträge der Abgg. Graf zu Stol⸗ Zollbegünstigung auch auf die am
und Nutzholz und auf den Wein auszudehnen, wurden trotz der Er⸗ klärung des Staatssecretärs Freiherrn von Maltzahn, d festen echn des so einschneidend geänderten Gesetzes durch den Bundes⸗ rath unwahrscheinlich sei, bei der Abstimmung mit 15 gegen 5 Stimmen angenommen. Ebenso wurde folgender Antrag Büsing mit 17 gegen 3 Stimmen angenommen: „Ausländisches Getreide (Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Mais und Hülsenfrüchte) wird bis zum 29. Februar 1892 einschließlich ohne Nachweis der Abstammung aus Vertragsstaaten oder meistbegünstigten Ländern zur Entrichtung der für diese Getreide⸗ arten am 1. Februar 1892 W tretenden ermäßigten Zollsätze wurde
;5 n Feststellung am den Inhabern von Mühlen auf Zollconto angeschrieben und in den der Zollbehörde angemeldeten Räumen in Form von Körnern
nahm der Minister der geist⸗
tags trat gestern Abend
befindlichen Bestände an Bau⸗
die An⸗
folgender Antrag Brömel „Die Bestände an ausländischem 1. Februar 1892
Zugrundelegung des festgesetzten
Ausbeuteverhältnisses berechnet weit sie bis zur Abrechnung ohne Nachweis der Abstammung
gelagert sind, sind, so⸗
aus Vertragsstaaten oder meist⸗
begünstigten Ländern bei der Abrechnung zu den am 1. e 1892
in Kraft tretenden ermäßigten Zollsätzen zu verzollen.“ — rathungen der Commission werden morgen fortgesetzt.
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
(W. T. B.)
ein Decret veröffentlichen,
und das Cabinet
Paris, 22. Januar. officiel“ wird demnächst wonach der Generalstab Marine⸗Ministers reorganisirt werden. Der Chef des Generalstabs soll zugleich Director des Cabinets sein und unter Verantwortlichkeit des Ministers sich mit allem dem beschäftigen, trifft. Generale und Offiziere der Marine stehen.
Rom, 22. Januar. (W. T. B.) Die Aerzte verweilten gestern Abend vier Stunden im Vatican, um den Papst, der ruhig schlief, nicht zu stören; gegen 10 Uhr traten sie bei ihm ein und fanden ihn besser. seiner Umgebung gegenüber, er werde im Laufe des Vormittags das Bett verlassen und Audienzen ertheilen. — Mehrere liberale Morgenblätter melden, gestern Abend gegen 10 Uhr
des
nicht zur gelangt sind,
Das „Journal
1 was die Vorbereitung zum Kriege be⸗ Unter seinen directen Befehlen werden sämmtliche
Der Papst erklärte heute früh 8
hätte der Papst schwisnige Expectorationen gehabt, gegen 2 Uhr
jedoch sei ruhiger Schlaf eingetreten. Die „Voce della Verita“ bestätigt die Meldungen der klerikalen Journale von gestern Abend. Danach hätte sich im Vatican während der Nacht nichts Ungewöhnliches ereignet. Heute früh seien wie gewöhnlich die Capläne der päpstlichen Capelle nach einer zweitägigen Unterbrechung zum Gottesdienste erschienen. — Heute Mittag 12 Uhr begann Seine Heiligkeit die gewöhnlichen Audienzen abzuhalten.
„St. Petersburg, 22. Januar. (W. T. B.) Die Kaiserin hat sich bei einer Ausfahrt erkältet und ist infolge eines erneuten Influenza⸗Anfalles das Zimmer zu hüten ge nöthigt; indessen scheint jede Besorgniß ausgeschlossen. — Das neue Gesetz über die Städteordnung sowie die Einführung der Landschafts⸗Institutionen in den baltischen Provinzen, ingleichen die Berathungen über ein neues Judengesetz sind verschoben, da man sich jetzt ausschließlich den Maßregeln zur Bekämpfung des Noth⸗ standes widmet.
Indiagnopolis, 22. Januar. (W. T. B.) In der ver⸗ gangenen Nacht wurde das hiesige nationale chirurgische Institut durch eine Feuersbrunst zerstört. Das Feuer brach in einem der Bureaux aus, über welchen sich die Kinder⸗ und Frauensäle befanden. Die von den Wärtern geweckten Patienten stürzten panikartig nach den Fenstern; aus den oberen Etagen wurden viele Personen mittels Leitern gerettet. Bisher wurden neun Todte unter den Trümmern hervor⸗ gezogen, andere befinden sich noch darunter. Sechs Kinder sind bei dem Brande ums Leben gekommen. 8
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweite Beilage.)
Wetterbe
t vom 22. Januar, Morgens.
8 8₰
Stationen.
[00 sp. 12 im. 2
2
.d. Meeres red. in Mill
Wetter.
peratur 0 Celsius 0 C. = 40R.
Tem in
5 9
Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm 1 Frnd 3 Petersbg. Moskau. Cork, Queens⸗ town ... Cherburg .. “ ylt mburg.. Fasafmünde Neufahrwasser Memel ...
bedeckt wolki⸗ bedeck bedeckt Schnee bedeckt halb bed. heiter
bedeckt bedeckt Nebel Dunst 1 bed.
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alb bed. edeckt bedeckt
18 11““ Münster.. Karlsruhe ..
München.. Chemnitz.. Berlin... Wien... Breslau...
762 1 766 Wiesbaden. 766 766 768 ⁸ 766 O 772 768
LATTTOTTANRENENEENESEEEENEEv
bedeckt bedeckt heiter:¹) bedeckt2) wolkenlos heiter
halb bed. ³) wolkenlos wolkenlos
stil S8O
—
Nizza... Triest ....
¹) Reif.
767 769
2) Reif.
Regen heiter
still
³) Reif.
8
Uebersicht der Witterung. Während das barometrische Maximum aber Nord⸗
Europa sich etwas
ostwärts verschoben hat, hat sich
zwischen der Adria und Galizien ein neues Maximum
pre
ausgebildet, welches in Wechselwirkung mit dem De⸗ stonggebiete im Nordwesten schwach
e meist südliche
und südöstliche Winde in Central⸗Europa verursacht.
In Deutschland ist das trübe, im Osten heiter,
ziemli⸗ Niederschläge. und nchen und mehr als 15 Grad minus 20 Grad.
Wetter kalt, im Westen
ohne meßbare
Auf dem Gebiete zwischen Berlin
Leonberg liegt die Temperatur unter Null, Bamberg meldet Indessen dürfte die Frpärmane
welche sich heute über Frankreich zeigt, sich demnächst ostwärts über unsere Gegenden ausbreiten. St. Prüch burg meldet minus 23, Moskau minus 30 Grad.
Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
haus. 21. in 5 Acten von G.
Föriatiche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ estölung. Die Afrikanerin. e
Oper eerbeer. Text von E. Scribe,
deutsch von F. Gumbert. Ballet von Paul Taglioni. In Scene seseßt vom Ober⸗Re Tilaff Diri⸗ gent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 23. Vorstellung. Uriel Acosta. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Carl Gutzkow. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 22. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem leremigen Volksstück von Verga. In Secene ge⸗ etzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Vorher: Die Verlobung bei der Laterne. Operette von J. Offenbach. Text aus dem Französischen von M. Carré und L. Batty. Diriggt Mhuse irector Wegener. Hierauf: Coppelia. Phantasti 6 Ballet in 2 Aufzügen von Ch. Nuitter und A. Saint⸗Leon. Puser von Leo Delibes. Für die hiesige Königliche Bühne be⸗ arbeitet von Paul Taglioni Dirigent: Musikdirector Hertel. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 24. Vorstellung. Der zer⸗ brochene Krug. Lustspiel in 1 Aufzug von H. von Kleist. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. — Der eingebildete Kranke. Lustspiel in 3 Aufzügen von Molière, mit Benutzung der Baudissin'schen Ueberfehung. In Scene ge etzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 8 r.
Deutsches Theater.
Crampton. Anfang 7 Uhr. Sonntag: College Crampton. Nhontag⸗ 2 3 eeeee “ Fau .Abend des Dritten Goethe⸗Cyelus findet am Mittwoch statt. 8 8
Berliner Theater. Sonnabend: Der Hütten⸗ besitzer. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr:
Abends 7 ½ Uhr: Othello.
Montag: Die Journalisten.
——
Lessing⸗Theater. Sonnabend: Das vierte Fee8; hin rusticana.
onntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Ehre. Abends 7 Uhr: Die d8, 2,nnr. 8 Montag: Die Großstadtluft.
Sonnabend: College
Wallner⸗Theater. Sonnabend: Zum 14. Male:
König Krause. Posse mit Gesang in 4 Acten vo J. Keller und L. Herrmann. Musik von V. Hollän⸗ der. Anfang 7 Uhr. Sonntag u folg. Tage: König Krause. es 9 85 Se 84* zu een. reisen. Ein toller Einfall. S in 4 Acten von Carl Laufs. Ainfa ine ennk
Friedrich-Wilhelmstüdtisches Theater.
Sonnabend: Mit neuer Ausstattung Das Sonntagskind. Operette in
Carl Millböcker. Fritzsche. Decorationen aus dem Atelier von F Costume vom Garderoben⸗Inspector fang 7 Uhr.
Sonntag: Das Sonntagskind.
In Scene
godin. Schwank in 3 Acten von Ern Raoul Toché.
Modebazar Violet. Benno Jacobson. In Scene gesetzt vo Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Madame Mongodin Modebazar Violet.
Kroll's Thealer. Zur Feier
ontag, den 25. Januar, Abends 7 ½ Fest⸗Concert.
(Bergter), Gesangchor des
2 u. 3 ℳ sind vorher im Bureau
der Abendkasse zu haben.
semble⸗Gastspiel der Mün
Königlich bayerischen Hoff
Hepener. Der Meineidbauer. esang in 4 Au
Anzengruber. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: 24. Ensemble⸗Gastspiel d 8 Nullerl. von Karl Morrée.
Montag: Der Meineidbauer.
Adolph Ernst⸗Theater. Son 30. Male: Der Tanzteufel. 4 Acten von
Gustav Steffens. Ernst. 8— 7 ½ Uhr. Sonntag: Der Tanzteufel.
August Kurz. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Cacao.
Hugo Wittmann und Julius Bauer. ke. 1 ggesetzt von Julius Dirigent: Kapellmeister Federmann. Die
Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum 54. Male: Madame Mon⸗
Deutsch von Emil Neumann. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Schwank in 1 Act von
tages Seiner Majestät des Kaisers und Königs am
Mitwirkende: Musikcorps 4. Garde⸗Regts. zu Fuß gter) 9 Mohr'schen vatoriums (O. Schmidt). Zur Aufführung gelangen Original⸗Composition f. Mil.⸗Musik, u. A. a. Kaiser⸗ Hymne, sowie Preciosa f. Chor u. Orchester (Streich⸗ musik). Einlaßkarten zu 50 ₰, 1 ℳ, 1 ℳ 50 ₰,
Militär⸗Musiker⸗Zeitung, Dessauerstr.
Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: 23. En⸗ ener unter Leitung des auspielers er. Volksstück mit fzügen (7 Bildern) von Ludwig
Volksstück mit Gesang in 5 Aufzügen
Gesangsposse in Ed. Jacobson und W. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von In Scene gesetzt von
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Sonnabend: Zum 2. Male: Cacao. (Novität!) Posse in 4 Acten von Fritz Berend. In Scene gesetzt vom Ober WMxaßf
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel. Anfang 7 ½ Uhr.
Concerte.
((Cgponrert-Haus. Sonnabend: 14. Stiftungsfest 1 des Vereins „Waldeck“. Karl Meyder⸗Concert. Festrede — Tombola — Ball. Anfang 7 Uhr. Concert und Ball Entrée 1 ℳ
Sonntag, Abends 6 Uhr: Gesellschafts⸗Abend.
zum 3. Male: 3 Aeten von Musik von
alk. Die neuen Ventzky. An⸗
nest Blum und 8
Circus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends 7 ¼ Uhr: Parade⸗Gala⸗Vorstellung. Zum 125. Male: Auf Helgoland oder: Ebbe und Fluth. Große hydrol. Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Ab⸗ theilungen mit Nationaltänzen (60 Damen), Auf⸗ zügen. Neue Einlage: „Die Garde⸗Husaren“. Fernere Einlage: „Die Ulanen“ ꝛc. Dampfschiff⸗ und Bootfahrten, Wasserfälle, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffeecten ꝛc. arrangirt und inscenirt vom Director E. Renz. Außerdem: 4 hohe Schulen, geritten von den Damen Frls. Clotilde Hager, Oceana Renz, Vidal und Helga Hager. — 6 irlän⸗ dische Jagdpferde, zusammen dressirt und vorgeführt von Herrn Franz Renz. — Eine Fahnenquaͤdrille, geritten von 16 Damen. — 4 Gebrüder Briatore, Akrobaten. — Sisters Lawrence am fliegenden Trapez. Auftreten der vorzüglichsten Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. — Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns ꝛc.
Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei). Auf vielseitiges Verlangen: Die Touristen. Abends 7 ½ Uhr: Auf Helgoland.
Vorher: n Emil Lessing.
.— Vorher:
des Geburts⸗ Uhr,
Conser⸗
der Deutschen
32, und an
Familien⸗Nachrichten.
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oberförster Künster (Treis a. d. Mosel). — Hrn. Rechtsanwalt Ernst Heinitz (Berlin).
Gestorben: Hr. Prem.-Lieut. Emil von Zakrzewski (Anklam). — Fr. Ober⸗Forstmeister Plüschow, geb. Erull (Wismar). — Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Jobst von Dewitz (Jennishöh). — Hr. Ritter⸗ ütabestser und Landschafts⸗Deputirter Theodor Gotthilf von Osterroht trellentin). — Fr. Stabsarzt Maria Fritz, geb. Gröbler (Perleberg). — Hr. Oberforstmeister Heinrich August von Cotta (Auerbach).
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er Münchener.
nabend: Zum
Mannstädt.
Adolph Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verl s⸗ Anstalt, Berlin SW., hchrnckerei Nr. Ras
“ Sechs Beilagen 88 1e9. e(einschließlich Börsen⸗Beilage).
zum Deutschen Reich
Berlin, Freitag, den 22. Januat
3. Sitzung vom Donnerstag, 21. Jan
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Interpella⸗ tion des Abg. von Eynern: S „Ich erlaube mir, an die Königliche Staatsregierung die An⸗ frage zu richten, ob dieselbe beabsichtigt, noch im Laufe der Session eine Vorlage zu machen, durch welche die in §§ 52 und 69 des Ein⸗ kommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 bestimmte Geheimhaltung der Steuererklärung durch Aufhebung der zur Zeit entgegenstehenden älteren Bestimmungen gesichert wird.“
Nach der Begründung der Interpellation durch den Abg. von Eynern nimmt das Wort der
Miinister des Innern Herrfurth:
Die von dem Herrn Abg. von Ennern angeregte Frage, welche
Maßnahmen zur besseren Sicherung der Geheimhaltung nicht nur
des Inhalts der einzelnen Steuererklärungen, sondern auch des Er⸗ gebnisses der Einschätzungen zu der neuen Einkommensteuer, getroffen werden sollen, hat, wie es ja auch bereits im „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeiger“ zur öffentlichen Kenntniß gebracht worden ist, bereits seit längerer Zeit den Gegenstand eingehender Erwägungen zwischen den betheiligten Ministerien gebildet. Diese Erörterungen haben dazu geführt, daß gegen Ende des vorigen Jahres die sämmtlichen Provinzial⸗ behörden zur Berichterstattung darüber aufgefordert worden sind, ob und inwieweit es zweckmäßig und ausführbar sein werde, zur Er⸗ reichung des angestrebten Zweckes Aenderungen in denjenigen Bestim⸗ mungen eintreten zu lassen, welche die Offenlegung von Steuerlisten für Communal⸗, Kirchen⸗, Schulsteuern und andere öffentliche Ab⸗ gaben, sowie von Wählerlisten für die Wahlen zum Abgeordneten⸗ hause und für communale Wahlen theils ausdrücklich vorschreiben, theils wenigstens gestatten. Die geforderten Berichte der Provinzial⸗ Behörden sind erst zum kleinsten Theile eingegangen. Die Erörte⸗ rungen sind noch nicht zum Abschluß gediehen, und es läßt sich daher augenblicklich noch nicht mit Bestimmtheit übersehen, ob und welche Maßnahmen nach dieser Richtung hin zu treffen sein werden, und insbesondere, ob, was ich für meine Person allerdings für wahr⸗ scheinlich halte, es nothwendig werden wird, mit der Vorlage eines besonderen Gesetzentwurfs an dieses hohe Haus heranzutreten.
Ich möchte mir dabei noch die Bemerkung gestatten, daß die Sache doch nicht ganz so einfach liegt, wie dies seitens des Herrn von Eynern angenommen zu werden scheint, und wie dies in ver⸗ schiedenen Positionen der einzelnen Handelskammern Ausdruck gefunden hat. Ich bin mit dem Herrn Abg. von Eynern darin ein⸗ verstanden, daß die Absicht des neuen Einkommensteuergesetzes, welche auf eine Geheimhaltung des Inhalts der Steuererklärungen, der Commissionsverhandlungen und überhaupt der zur Kenntniß gebrachten Einkommens⸗ und Vermögensverhältnisse der einzelnen Censiten ge⸗ richtet ist, sich nicht im Einklang mit den Bestimmungen über Offen⸗ legung von Steuer⸗ oder Wählerlisten befindet, aus denen entweder das Ergebniß der Einschätzung unmittelbar zu ersehen ist, oder welche wenigstens einen ganz sicheren Rückschluß auf jene Ergebnisse gestatten. Aber ein äußerlicher directer Widerspruch zwischen den be⸗ treffenden Bestimmungen, eine vollständige Antinomie liegt nicht vor. Das Einkommensteuergesetz verpflichtet die Mitglieder der Commissio⸗ nen und die betheiligten Beamten zur Geheimhaltung der zu ihrer Kenntniß gelangten Steuerklärungen, Commissionsverhandlungen und überhaupt der Einkommens⸗ und Vermögensverhältnisse. Dieses Gesetz ordnet an, daß das Ergebniß der Einschätzung in einem ver⸗ schlossenen Couvert den einzelnen Censiten zugestellt werden soll, und dasselbe nimmt Abstand von der Offenlegung dieser Listen. Damit steht es nicht in einem directen Widerspruch, wenn die Vorstände eines com⸗ munalen Kirchen⸗ oder Schulverbandes Listen veröffentlichen, aus denen die Höhe der Communal⸗, Kirchen⸗ oder Schulsteuer ersichtlich ist, oder wenn Wählerlisten ausgelegt werden, in denen die Gesammtbeträge der einzelnen directen Staatssteuern oder die Staatssteuern unter Hinzu⸗ rechnung der Gemeinde⸗ bezw. Kreis⸗ und Provinzialabgaben zu ersehen sind. Wenn diese Disharmonie zwischen den bezeichneten Gesetzen in Petitionen, die der Staatsregierung zugegangen sind, als ein geradezu unerträglicher Zustand bezeichnet wird, so möchte ich darauf auf⸗ merksam machen, daß wir diesen Zustand bereits seit länger als 40 Jahren ertragen haben. Dieselben Bestimmungen, welche das neue Einkommensteuergesetz enthält, finden sich wörtlich oder fast wörtlich, jedenfalls dem Sinne nach gleichlautend, in dem Gesetz über die klassi⸗ fizirte Einkommensteuer vom 1. Mai 1851. Als dieses Gesetz erlassen wurde, bestanden bereits Bestimmungen, welche die Offenlegung von Wähler⸗ und Steuerlisten ausdrücklich anordnen. Es bestand das Gesetz über die Verjährung öffentlicher Abgaben vom 18. Juni 1840, die Gemeindeordnung vom 11. März 1850 und das von dem Herrn Abg. von Eynern citirte Wahlgesetz vom Jahre 1849. Man hat es aber damals nicht für erforderlich erachtet, diesen, wie ich zugebe, vor⸗ handenen inneren Widerspruch durch ausdrückliche gesetzliche Be⸗ stimmungen zu lösen. Vielmehr hat man unmittelbar nach der Emanation des Gesetzes vom Jahre 1851 eine Reihe von Gemeinde⸗ Verfassungsgesetzen in den Jahren 1853 und 1856 erlassen, welche die Offenlegung der Wähler⸗ und Steuerlisten unter Angabe der Steuer⸗ beträge ausdrücklich anordnete.
Nun gebe ich ja zu, daß durch die Einführung der Declarations⸗ pflicht in dem neuen Einkommensteuergesetz allerdings dieser innere Widerspruch ganz wesentlich verschärft wird, — ja, ich glaube sogar sagen zu können, er hat jetzt einen anderen Charakter angenommen. (Sehr richtig!) Früher war diese Bestimmung der Geheimhaltung lediglich im Interesse der einzelnen Censiten getroffen, jetzt liegt es nicht nur in erhöhtem Maße im Interesse der einzelnen Censiten, daß die Steuerbeträge nicht öffentlich bekannt werden, sondern es ist hierbei auch ein öffentliches Interesse wesentlich mit im Spiel, weil nämlich — ich glaube nicht mit Unrecht — gesagt worden ist, daß das Bekanntwerden der Steuersätze eine ungünstige Rückwirkung auf die Rüstigkeit und Vollständigkeit vieler Steuererklärungen äußern, und also den Effect des Gefetzes selbst durch solche entgegenstehenden Bestimmungen schädigen würde.
Wenn ich mich nun frage, ob es möglich sein würde, diesen Wider⸗ spruch, der zwischen den Absichten der betreffenden Gesetze vorhanden ist, zu beseitigen, so glaube ich unter Vorbehalt der definitiven Ent⸗ scheidung auf Grund der noch nicht zum Abschluß gelangten Erörterungen sagen zu können, ich glaube, dieser Widerspruch läßt sich voll ständig beseitigen bezüglich der Steuerlisten, nicht vollständig aber be⸗ seitigen bezüglich der Wählerlisten.
Was zunächst die Steuerlisten anlangt, so ist richtig, daß
gewisse Steuerlisten, selbst wenn sie auch nicht, wie es häufig vor⸗
kommt, den Betrag der Staatssteuer in einer besonderen Spalte mit enthalten, doch einen directen und unmittelbaren Rückschluß auf dieselbe zulassen. Wenn hier in Berlin die evangelische Kirchensteuer mit 10 % der Einkommensteuer erhoben wird, so ist eine Offenlegung dieser Steuerliste eigentlich so gut wie eine Offenlegung der Ein⸗ kommensteuerliste; man braucht einfach nur das Komma um eine Dezimalstelle nach rechts zu verrücken, dann hat man eben den Betrag der Einkommensteuer. —
Nun, glaube ich, kann man bei den Steuerlisten darauf hin⸗ weisen, daß die Offenlegung lediglich ein Interesse für den einzelnen Steuerzahler bezüglich seiner eigenen Steuerleistung hat. Für die Gemeinde hat sie nur den Vortheil, daß sie auf die be⸗ quemste und einfachste Weise die Censiten von der Einschätzung in Kenntniß setzt und daß der Beginn der Reclamationsfrist ein⸗ für allemal festgestellt ist. Im Uebrigen aber hat die Offenlegung der Steuerliste kein öffentliches Interesse; denn es steht dem Ein⸗ zelnen nur das Recht zu, gegen seine eigene Einschätzung zu reclamiren, nicht aber das Recht, diese Steuerliste anzufechten aus dem Grunde, weil er selbst zwar richtig, Andere aber falsch eingeschätzt sind.
Ich muß aber auch zugeben, daß diese Offenlegung der Steuer⸗ listen andererseits mit vielen Inconvenienzen verbunden ist. Wenn darauf aufmerksam gemäaͤcht worden ist, daß sogar in einzelnen Fällen die Steuerlisten gedruckt und öffentlich verbreitet worden sind, so muß ich sagen, das ist eine Maßnahme, deren Zweckmäßigkeit mir im höchsten Grade zweifelhaft erscheint, oder, wie ich richtiger sagen sollte, deren Unzweckmäßigkeit mir unzweifelhaft erscheint. Ein öffentliches Interesse wird durch eine derartige Veröffentlichung der Steuerliste nicht gefördert; gefördert wird höchstens die so wie so schon im Ueber⸗ maß vorhandene Neigung, die Einkommens⸗ und Vermögensverhältnisse des lieben Nächsten zum Gegenstand der Unterhaltung auf der Bierbank oder im Kaffeekränzchen zu machen. Hier kann man und soll man allerdings meines Erachtens eine Aenderung eintreten lassen, und der Weg ist genau dafür angegeben in der Landgemeindeordnung vom 3. Juli v. J. Im § 34 der Landgemeindeordnung ist nämlich in Betreff der hier allein in Frage kommenden Zuschläge zur Staatseinkommensteuer vorgeschrieben, daß die Bekanntmachung der Abgabebeträge in folgender Weise erfolgen soll. Bezüglich aller derjenigen in den Gemeinden selbst wohnenden Personen, deren Principalsteuersatz unverändert dem Zuschlage zu Grunde gelegt wird, soll die ortsübliche Bekannt⸗ machung des Zuschlagprozentes genügen; in Betreff aller übrigen Personen, welche nicht in der Gemeinde wohnen oder bei denen eine besondere Berechnung der Steuer stattfindet, also bei allen Forensen, bei den Beamten, bei denjenigen, welche auswärtigen Grundbesitz oder auswärtigen Gewerbebetrieb haben, muß eine besondere Benachrichti⸗ gung stattfinden.
In der von mir kürzlich erlassenen Ausführungsanweisung ist aus⸗ drücklich noch darauf hingewiesen worden, daß eine Offenlegung der Listen, namentlich insoweit in dieselben die Beträge der Staats⸗ einkommensteuer ersichtlich gemacht würden, unzulässig sei. Ich glaube man wird ohne große Bedenken diese Bestimmung generalisiren können, was allerdings im Wege eines besonderen Gesetzes würde geschehen müssen, weil Bestimmungen einzelner Gemeinde⸗Verfassungsgesetze da⸗ durch abgeändert werden. Zu diesem Gesetzentwurfe würde man be⸗ stimmen müssen, daß in der gleichen Weise, wie dies im § 34 der Landgemeindeordnung vom 3. Juli v. Is. für die Landgemeinden der Ostprovinzen verordnet ist, die Bekanntmachung der Communal⸗, Kirchen⸗, Schul⸗ und Synagogenbeiträge und überhaupt aller öffent⸗ lichen Abgaben, welche als Zuschläge zu der Staatseinkommensteuer erhoben werden, in Zukunft erfolgen soll.
Anders liegt die Sache bezüglich der Wählerlisten. Zunächst ist in Betreff der Wählerlisten die Sache weitaus nicht so gefährlich wie bezüglich der Steuerlisten. Denn bei keiner Wählerliste wird ausschließlich der Betrag der Staatseinkommensteuer zu Grunde gelegt. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhause und bei den Communalwahlen in der Rheinprovinz werden sämmtliche directen Staats⸗Steuern, also außer der Einkommensteuer nach die Grund⸗, Gebäude⸗ und Gewerbesteuer, bei den Communalwahlen in Westfalen bezw. in allen übrigen Landestheilen die sämmtlichen directen Staats⸗ Steuern, unter Hinzurechnung der Gemeinde⸗ bezw. der Kreis⸗ und Provinzialabgaben zu Grunde gelegt. Aus einer Wählerliste, welche nur die gesammte Steuerleistung des einzelnen Wählers enthält, wird man deshalb nur in einzelnen Fällen einen unmittelbaren Rückschluß auf seine Veranlagung zur Einkommensteuer machen können.
Auf der anderen Seite ist aber die Offenlegung der Wählerliste nothwendig im öffentlichen Interesse, und zwar zur Sicherung eines wichtigen politischen Rechts; denn gegen die offenge⸗ legte Wählerliste kann jeder Einzelne das Rechtsmittel ergreifen, nicht nur, wenn er selbst falsch veranlagt oder überhaupt nicht in die Liste aufgenommen worden ist, sondern auch wegen jeder anderen Unrichtig⸗ keit dieser Liste. Diese Bestimmung ist nothwendig, weil das Schwer⸗ gewicht des Wahlrechts des einzelnen Wählers bedingt wird durch die richtige Einschätzung sämmtlicher übrigen Wähler, durch die Richtigkeit der Wählerliste. Es mußte also hier im öffentlichen Interesse eine Controle der Richtigkeit der Wählerliste gegeben werden.
Zu dieser⸗Beziehung hat nun die Handelskammer in Frank⸗ furt a. Main einen Vorschlag gemacht, welcher in der Verfügung an die Provinzialbehörden ebenfalls angedeutet worden ist, nämlich den Vorschlag, daß nur der Mindestbetrag jeder Wahlklasse in der Wählerliste angegeben und innerhalb der Klasse die Locirung alphabetisch bemerkt werden solle. Allein bei diesem Vor⸗
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schen Staats⸗Anzeiger.
schlage würde, wenn nicht noch andere Vorschriften gegeben würden, die Möglichkeit der Controle nach der angegebenen Richtung nicht hinreichend gesichert sein, und ich glaube, daß noch andere Vorsichtsmaßregeln würden getroffen werden müssen. Es ist z. B. in Erwägung gezogen, ob man etwa durch das Loos einzelne Vertrauensmänner bestimmen solle, denen die Liste mit allen ihren Details vorgelegt wird und welche sie nun im Interesse aller Wähler controliren sollen. Ich bin aber doch sehr zweifelhaft, ob das genügen würde, und ich muß fagen: während das öffentliche Interesse nach meinem Dafürhalten nicht verletzt wird, wenn man von der Offenlegung von Steuerlisten, welche Zuschläge zur Ein⸗ kommensteuer enthalten, vollständig absieht, so kommt ein wesentliches öffentliches Interesse mit in Betracht, soweit es sich darum handelt, die Offenlegung der Wählerlisten in Zukunft auszuschließen.
Die Königliche Staatsregierung sieht sich vor die Aufgabe gestellt, diese öffentlichen Interessen gegen einander abzuwägen und dafür zu sorgen, daß nicht durch die einseitige Betonung des einen dieser Interessen ein ebenso berechtigtes anderes öffentliches Interesse ge⸗ schädigt werde. Ich glaube mich aber der Erwartung hingeben zu können, daß es gelingen wird, zu einem Ergebniß zu gelangen, welches nach beiden Richtungen hin thunlichste Befriedigung hervorzurufe geeignet sein wird.
Da eine Besprechung der Interpellation von keiner Seite beantragt wird, ist dieser Gegenstand der Tagesordnung damit erledigt.
Es folgt die erste Lesung des Etats.
Ueber die Rede des Abg. Rickert haben wir gestern be⸗ reits berichtet. Nach ihm nahm das Wort
Abg. Freiherr von Huene (Centr.): Was thue denn das Volksschulgesetz? Es lasse die Einwirkung der Kirche auf die Schule zu, wie die Verfassung es bestimme; er wundere sich, daß hier Gegner der Vorlage vorhanden seien. (Widerspruch links.) Die Herren von der Linken wollten aber das Christenthum aus der Schule heraus haben; sie wollten die Staatsschule, seine Freunde wollten aber auch das Christenthum in der Schule. (Lebhafter Widerspruch links.) enn ein Schulgesetz nach dem Herzen der Herren (nach links deutend) zu Stande komme, dann werde in wenigen Jahrzehnten die Socialdemokratie über die heutige Gesellschaftsordnung zur Tagesordnung übergehen. (Großes Gelächter links; Beifall im Centrum, Zuruf bei den Nationalliberalen: Für Sie ist Christenthum und Ultramontanismus identisch.) Ihm scheine, die Herren seien etwas nervös geworden. Der Finanz⸗Minister habe davon gesprochen, daß die Ermächtigung zur Ausgabe von Schatzanweisungen auf 100 Millionen Mark erhöht werden solle. Das sei zuerst be denklich erschienen; aber bei ruhiger Ueberlegung werde man sich sagen. müssen, daß die Verhältnisse des preußischen Etats eine solche Er⸗ höhung nothwendig machten. Der Etat gebe zu erheblichen Bedenken Veranlassung, denn es ständen festen Ausgaben unsichere Einnahmen gegenüber. Seine Freunde seien gegen die Verstaatlichung der Cisen⸗ bahnen gewesen, aber trotzdem müßten sie nach Möglichkeit dafür sorgen, daß die schädlichen Folgen dieser Maßregel ferngehalten würden. Wenn der Abg. Dr. Hammacher von der Verpachtung oder dem Verkauf der Bahnen gesprochen habe, so gebe es doch wohl noch einen Mittelweg. Man könnte die Eisenbahn als einen be⸗ sonderen Finanzstaat einrichten, welcher gewisse, fest bemessene Ueber⸗ schüsse abzuliefern hätte. Das erscheine verlockend. Aber wer gebe die Sicherheit, daß die Eisenbahnen die Ueberschüsse liefern würden; solle der Eisenbahnfiseus Schulden machen? Dafür würde doch der Staat wieder eintreten müssen. Die Einwirkung der Handelsverträge auf die Gemeinden und Kreise sei eine sehr bedeutende; für den Staat sei es gut gewesen, daß dieses Geld damals reservirt worden sei; es würde sonst auf Heller und Pfennig ausgegeben worden sein, und man müßte heute Anleihen machen. In den Kreisen sei wenigstens etwas Gutes ge⸗ schaffen worden, und wenn die Gelder mißbräuchlich verwendet worden seien, wo sei denn da die Aufsichtsbehörde, der Regierungs⸗Präsident, der die schlechte Verwendung hätte hindern können? Das Ein⸗ kommensteuergesetz werde für eine Reihe von Jahren einen großen Fortschritt für Preußen bedeuten. Weshalb solle Preußen nicht dasselbe leisten können, was andere Staaten: Sachsen, Bayern, Württemberg ꝛc. schon lange leisteten? Wenn eine gerechte Ein⸗ schätzung herbeigeführt werde, so werde das die Zufriedenheit stärken. Wenn in den ländlichen Kreisen niedrige Einschätzungsergebnisse sich bemerkbar gemacht hätten, so liege das an den schlechten Er⸗ gebnissen der beiden letzten Jahre. Wenn ein Landrath seinen ganzen Kreis schlecht gemacht und von unrichtiger Ein⸗ schätzung gesprochen habe, so sollte die Regierung dem Herrn ein Mißtrauensvotum geben. Den Rückgang der Pachten habe der Abg. Rickert doch zu leicht genommen; im Osten seien die Pachtgelder sämmtlich erheblich zurückgegangen. Die Schulden machten bei der Lage der Landwirthschaft nichts; denn die Schulden würden nicht ge⸗ Sa wenn man die Rentabilitär der Landwirthschaft untersuche. Die Schuldenzinsen müßten jetzt zugezahlt werden. Daß bei einzelnen Landwirthen die gesteigerte Lebenshaltung zur Verschlechterung der Lage beitrage, sei selbstverständlich. Der Finanz⸗Minister habe zur Sparsamkeit gemahnt bezüglich der Bauten. Er (Redner) habe das seit zebn Jahren immer versucht, aber er habe das undankbare Ge⸗ schäft aufgegeben. Der Baumeister, die betheiligte Behörde, ja die Stadt, in welche das Gebäude kommen solle, verlangten einen schönen Bau, der natürlich viel Geld koste. Die Tariffrage, die der Abg. Rickert berührt habe, sei keine Geldfrage allein, sondern eine wirthschaftliche Frage; sie müsse behandelt werden im Zusammen⸗ hang mit der Zollgesetzgebung und im Zusammenhange mit Industrie und Landwirthschaft. Vom Finanz⸗Minister erwarte er, daß er auf diesem Gebiete alle berechtigten Interessen wahren werde. (Beifall im Centrum.)
Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi:
Ich bitte um die Erlaubniß, auf zwei Fragen, welche die allge meine Politik berühren, in aller Kürze eingehen zu dürfen.
Einmal ist hier und an einer anderen Stelle die Rede gewefen von einer Verpachtung der Staatseisenbahnen, von einem Verlassen des Staatsbahnsystems über den Umfang hinaus, den es jetzt an⸗ genommen hat. Ich erkläre hiermit, daß die Staatsregierung auf eine solche Idee einzugehen nicht im stande ist. Es liegen in der Existenz der Staatsbahnen so starke staatliche Momente, von den militärischen bis zu denen der allgemeinen Politik, enthalten, daß die Staats⸗ regierung darauf nicht würde eingehen können.
Der Herr Abg. Rickert hat gemeint, die gegenwärtige Regierang habe eine Schwenkung ihrer Politik vorgenommen, und hat dies damit. motivirt, daß das Volksschulgesetz ihm nicht zusagt. Ich hab- schon an einer anderen Stelle ausgesprochen, daß ich nicht fS. richtig halte, wenn heutzutage die Regierung eines monarchischen Staats sich aus⸗