1892 / 31 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

——ön.—

legenheit wird Herr Meyder mehrere Compositionen aus der neuen Strauß'schen Oper „Ritter Pazmän“ zum ersten Mal in Berlin zur Aufführung bringen.

Das Programm des am nächsten Montag stattfindenden VII. Philharmonischen Concerts unter Leitung Hans von Bülow'’s und solistischer Mitwirkung der Claviervirtuosin Fräulein Sophie von Poznanski sowie des Tenoristen Herrn Raimund von Zur⸗Mühlen bringt die Ouverture zu Berlioz' komischer Oper „Beatrice und Benedict“, das IV. Clavier⸗Concert von Rubinstein, eine Arie aus Rubinstein’s „Sulamith“, eine Reihe von Claviersoli, eine Arie aus Delibes' „Lakmé“ und Schubert’'s C-dur-Symphonie. Dienstag, den 9. Februar, giebt Alice Barbi in der Sing⸗ Akademie ihren zweiten Liederabend mit neuem Programm. Der III. Quartettabend der Herren Professor Josef Joachim und Genossen findet Dienstag, den 16. Februar, in der Sing⸗ Akademie statt. Der Kartenverkauf für alle drei Concerte ist bei Bote u. Bock eröffnet.

In der „Freien musikalischen Vereinigung“, welche sich heute Abend 8 Uhr im Sulzer'schen Musiksaale, Hoisdanme straße 27, versammelt, werden Lieder von Max Loewengard, Max Puchat, Johann S. Svendsen, Gräfin Schlieffen und Hedwig Rosen⸗ feld und Violoncellstücke von Otto Dorn und Wilhelm Popver zum Vortrage gelangen. b“

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Magistratssitzung wurde die Berathung des Stadthaushalts⸗Etats fortgesetzt. Der Etat der Bau⸗ waltung, Straßen⸗ und Brückenbau, schließt, wie wir der „Voss. Ztg.“ entnehmen, in Einnahme ab mit 4 653 795 und in Ausgabe mit 12 126 431 ℳ, der erforderliche Zuschuß beträgt somit 7 472 636 ℳ. Der Etat der Hochbau⸗Verwaltung schließt ab in Einnahme mit 3 600 000 und in Ausgabe mit 8 099 008 ℳ, der Zuschuß beträgt mithin 4 499 008 In Einnahme gestellt sind für den Neubau einer Irrenanstalt bei Lichtenberg und zum Neubau der Pflege⸗Anstalt auf der Feldmark Biesdorf 1 400 000 bezw. 2 000 000 ℳ, zum Ausbau der beiden Dammmühlen und ihre Vereinigung durch einen Vorbau am Mühlendamm zu einem einheit⸗ lichen Gebende 124 500 In Ausgabe gestellt sind außer beträcht⸗ lichen Summen für Schulbauten die Rest⸗Baurate für die Erbauung einer Volks⸗Badeanstalt mit 118 000 Der Etat der Verwaltung der städtischen Wasserwerke für das Betriebsjahr 1892/93 schließt ab in Einnahme im Ordinarium mit 6 746 316 ℳ, im Extraordinarium mit 4 820 869 ℳ, zusammen also mit 11 567 185 In Ausgabe gestellt sind an Verwaltungskosten 182 788 ℳ, Betriebskosten 1 397 627 ℳ, Amortisation und Zinsen 2 892 659 ℳ, Hausanschlüsse 175 000 ℳ, für die Werkstatt 83 5339 ℳ, für das Bauamt 34 440 ℳ, Pensionen und Unterstützungen 11 000 ℳ, zum Reserve⸗ und Erneuerungsfonds 100 000 u. s. w.; der an die Stadthauptkasse zu zahlende Ueberschuß zur Verwendung für allgemeine Communalzwecke beträgt 1 893 703 Der Etat, betreffend die Ge⸗ meindeschulen, schließt ab in Einnahme mit 87 077 ℳ, in Ausgabe mit 9 297 997 ℳ, der von der Stadthauptkasse zu leistende Zuschuß beträgt also 9 210 920

Ddie Ausstellung lebender Blumen in der japanischen Aus⸗ 1 ellung im Kunstgewerbe⸗Museum hat an Glanz noch zugenommen. Die älteren Gewinde werden durch neue ersetzt, weitere Aussteller sind hinzugetreten. Commerzien⸗Rath Spindler hat eine besondere Merkwürdigkeit eingeschickt: drei Zwergbäume, einer Cypressenart angehörig, gegen 200 Jahre alt. Der Besuch der Ausstellung ist ein länzender. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Albrecht haben sie gestern besucht; die Hofgesellschaft, Künstler⸗ und

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Gelehrtenkreise bilden einen festen Stamm der Besucher, deren L jetzt täglich auf über 1200 steigt.

Rosenberg, 1. Februar. Aus Forsthaus Sobisch bei Sausen⸗ berg im hiesigen Kreise wird dem „Oberschlesischen Anzeiger“ be⸗ richtet: Am 31. Januar Mittags entlud sich über unserem Forst⸗ hause ein arges Hagelwetter mit Sturm, Blitz und Donner⸗ schlägen.

Die Befestigungsarbeiten auf der Insel schreiten rüstig vorwärts. Der Bau eines Conversationshauses und einer Badeanstalt ist vorbereitet. Die Kirchengemeinde hat den Anschluß der Insel an die evangelisch⸗lutherische Kirche der Provinz Schleswig⸗ Holstein beschlossen.

Helgoland.

Siklos (Ungarn). Am 27. Januar traf Ober⸗Lieutenant Franz Kozma vom Husaren⸗Regiment Friedrich Wilhelm III. König von Preußen Nr. 10 mit einer aus fünf Mann bestehenden Patrouille des vorgenannten Regiments in Sarajevo ein. Diese Patrouille hat den Weg von Siklos bis Sarajevo (etwa 400 km) in fünf Tagen zurückgelegt, was als eine außerordentliche Leistung betrachtet werden muß, umsomehr, da während des ganzen Rittes eine durchschnittliche Temperatur von zehn bis zwölf Grad Kälte herrschte, die Straßen mit tiefem Schnee bedeckt waren und die Reiter wiederholt mit heftigen Schneestürmen zu kämpfen hatten. Wenn man bedenkt, daß diese Patrouille fünf Tage hinter⸗ einander durchschnittlich 80 km täglich zurückgelegt hat, muß der Zu⸗ stand, in dem sämmtliche Pferde in Sarajevo angekommen sind, ein vorzüglicher genannt werden. Die Reiter sind, wie die „Bosn. Post“ berichtet, sämmtlich gesund und in bester Stimmung angelangt. Der commandirende General Baron Appel hat die Patrouille gleich nach ihrem Eintreffen besichtigt und sich sehr lobend über den Zustand von Mann und Pferd ausgesprochen. Da der Hufbeschlag erneuert werden mußte, konnte nicht, wie beabsichtigt war, die Rückkehr am Tage nach der Ankunft also ohne Rasttag angetreten werden, sondern Ober⸗ Lieutenant Kozma ritt, begleitet von allen Kameraden seiner Waffe, bei denen er während seines Aufenthaltes die herzlichste Aufnahme ge⸗ funden hatte, am 29. Januar um 8 Uhr früh wieder ab.

London, 2. Februar. Nach London hat jetzt auch Liverpool eine Marine⸗Ausstellung. Seit einigen Monaten unter Bei⸗ hilfe der städtischen Behörden vorbereitet, wurde sie von dem Ersten Lord der Admiralität, Lord George Hamilton gestern formell eröffnet. Die weiten Räumlichkeiten der Walker'schen Kunstgalerie umfassen, der „A. C.“ zufolge, die gesammten Ausstellungsobjecte, ein Umstand, welcher die Besucher zwar der Annehmlichkeit einer Promenade im Freien beraubt, sie auf der! andern Seite jedoch auch vor den Unbilden der Witterung schützt. Die Sammlung der Kriegs⸗ schiffsmodelle, welche im vergangenen Sommer so lebhafte Bewunde⸗ rung in Chelsea erregte, Modelle der zahlreichen Liverpooler Schnell⸗ dampfer, Erinnerungen an die großen britischen Seesiege, Marine⸗ bilder und zahllose andere Gegenstände, u. a. auch zwei Statuetten „Middie“ und „Eddien“, Schöpfungen des verstorbenen Prinzen Victor von Hohenlohe⸗Langenburg, sind ausgestellt.

vollkommen

London, 3. Februar. Während eines heftigen Süd⸗ Weststurmes wurde der große englische Dampfer „Meath“ aus Sunderland auf die nicht weit von Holyhead befindlichen Clepart⸗ felsen getrieben und daselbst allmählich von der wüthenden See zer⸗ trümmert. Zum Glück hatte die Küstenwache den Unfall bemerkt und ein Rettungsboot entsandt, dem es unter großen Schwierigkeiten gelang, die Mannschaft des Dampfers in Sicherheit zu bringen. Unter dem Sturm hatte auch der bei Runcorn in der Ausführung begriffene

Schiffskanal zu leiden.

Eine müächte Springwelle durchbrach am Sonntag Nachmittag den Schutzwall und schuf eine 200 Fuß breite Bresche, durch welche sich die Fluthen mit wildem Ungestüm ergossen. Dreißig bis die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit zu bringen vermochten, mußten ein unfreiwilliges kaltes Bad nehmen und zufrieden sein, daß sie mit dem Leben davonkamen. Es heißt, daß drei Männer ertrunken sind. Der angerichtete Schaden beläuft sich auf 4000 bis 6000 Pfd. Sterl.

London, 3. Februar. Von dem Ober⸗Befehlshaber des britischen Mittelmeer⸗Geschwaders, Sir George Tryon, traf, der „A. C.“ zu⸗ folge, gestern die telegraphische Mittheilung ein, daß der Admiral nicht eher den Versuch machen werde, das bei Plataea gestrandete britische Panzerschiff „Victoria“ abzubringen, bis die Pumpen in Ordnung wären und der größte Theil der Ladung heraus⸗ geschafft sei.

Paris, 3. Februar. Wegen Veröffentlichung anstößiger Artikel wurden, wie der „Frkf. Z.“ telegraphirt wird, der Gerant und ein Mitarbeiter des „Echo de Paris“ zu je 3000, und der Gerant des „Gil Bas“ zu 1000 Fr. Geldstrafe verurtheilt.

Marseille, 30. Januar. Auf dem Mittelmeere herrschten, wie der „N. Pr. Z.“ berichtet wird, die ganze Woche hindurch schreck⸗ liche Stürme. Der Dampfer „Languedoc“ der Compagnie Transports Maritimes war von Algier nach Marseille, welche Fahrt er in dreißig Stunden auszuführen pflegt, fünf Tage und fünf Nächte unterwegs, trotzdem das Schiff in jeder Beziehung in bestem Zustande sich befindet. Nach den Erzählungen der Reisenden war die Schiffs⸗ mannschaft entschlossen, infolge der unsäglichen Anstrengungen den Dampfer seinem Schicksal zu überlassen und lieber mit ihm unterzu⸗ gehen als eine weitere Nacht durchzuarbeiten, wenn Marseille nicht erreicht würde.

Epinal, 3. Februar. Hier sind, nach einer Meldung des „H. T. B.“, gestern sechs Personen gelegentlich einer Ueberfahrt über die Mosel ertrunken.

Mailand, 1. Februar. Telegramme der „Mgdb. 3.“ aus Turin melden, daß gestern Nachmittag in dem Dorfe Sambuco eine gewaltige Feuersbrunst vierzig Häuser in Asche gelegt habe. Sambuco liegt im Thal des Alpenflusses Stura und zählt etwa 1000 Einwohner. Der Herd des Feuers war das Armenhaus. Ein heftig wehender Sturm übertrug Flammen auf die Nachbarhäuser und setzte binnen wenigen Minuten alle Gebäude in Brand, die in der Richtung des Sturmes lagen. An ein Retten war nicht zu denken. Alles Hausgeräth und viel Vieh ist mitverbrannt. Ob auch der Verlust von Menschenleben zu beklagen ist, ließ sich noch nicht feststellen. Der angerichtete Schaden ist aber jedenfalls außerordentlich groß und viele Familien sind mitten im Winter ihres Obdaches beraubt worden.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

St. Petersburg, 3. Februar. (W. T. B.) In unter⸗ richteten Kreisen wird der frühere Militär⸗Oberprocureor, General⸗Adjutant Fürst Imeritinsky als der wahrschein⸗ üchht Nachfolger des Verkehrs⸗Ministers von Hübbenet be⸗ zeichnet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweit Beilage.)

icht vom 4. Februar, Morgens.

Wetter

00 *

Georges. fang 7 Uhr.

82 8 8₰

40R.

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spiel in

Stationen.

Meeressp. red. in Millim.

fang 7 Uhr.

Bar. auf 0 Gr. Temperatur in o C 0C.

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u.

b einstudirt: 5 Regen 68 2 wolkig 3 Schnee 3 bedeckt 2 halb bed.

still bedeckt 1 Nebel 1 bedeckt

Mullaghmore 746 Aberdeen .. 748 Christiansund 746 Kopenhugen. 744 Stockholm . 746 aranda. 739 t. Petersbg. 747 Moskau 753 Cork, Queens⸗ ETT16616—6161 Cherburg .. 757 WSW I bedeckt JEEECCC66““ 2halb bed. EEETEEEP1111618 NW 2 wolkig mburg .. 746 NNW 1 Nebel winemünde 743 WSW 1 Dunst Neufahrwasser 743 SSO 1 Nebel Memel 743 OSO 2 Nebel 757 WSW 2 Regen 746 NNW F3 edeckt 752 SW A bedeckt 749 SW 3 Schnee 749 NW 6 Regen 747 W 3 wolkig 744 W 2 wolkig 745 W 3 bedeckt 745 WNW 1 bedeckt 748 NW Swolkenlos 747 still halb bed. Uebersicht der Witterung. Das barometrische Minimum, welches gestern über der Nordsee lag, ist mit rasch abnehmender Tiefe ostwärts nach der Odermündung fortgeschritten; ein anderes Minimum liegt über Galizien, eine neue Depression naht vom Ocean, nordwestlich von Schottland und veranlaßt auf den Hebriden stür⸗ ische Südwestwinde. Am höchsten ist der Luft⸗ über Südwest⸗Europa. In Deutschland ist das Wetter vorwiegend trübe und durchschnittlich etwas kälter; vielfach sind daselbst Niederschläge ge⸗ fallen. Im Innern Rußlands herrscht verhältniß⸗ maäßig milde Witterung. Biarritz meldet 26 mm.

Regen. Deutsche Seewarte.

Frauen. LArronge. Marx Grube.

NNW

10 —— Suo=

Crampton.

Vorstellung.

Sonntag:

OStborboSborodOSOS=öWüSSIe S

menceau. Sonnabend:

Robert Misch.

pfeil. A sechste Sinn.

fang 4 Uhr.

Theater⸗Anzeigen. Preitags,

haus. 33. Vorstellung. Cavalleria rusti- cana (Bauern⸗ aa. Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. ert nach dem gleich⸗ namigen Volksstück von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Musik⸗ director Wegener. Vorher: Die Tochter des Regiments. Komische Oper in 2 Acten von G.

Fritzsche.

fang 7 Uhr.

Donizetti. Tert nach dem Französischen des St. Dirigent: Musikdirector Wegener. An⸗

Schauspielhaus. 36. Vorstellung. Zriny. Trauer⸗ sp 5 Aufzügen von Theodor Körner. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. An⸗

Sonnabend: Opernhaus.

Merlin.

P Rüfer. allet von Emil Graeb. Schauspielhaus.

Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph

In Scene gesetzt vom Ober⸗-Regisseur Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater.

Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Don Carlos. Sonntag: College Crampton. Die nächste Aufführung von „Das

von Heilbronn“ findet am Montag statt.

Berliner Theater. Freitag: 21. Abonnements⸗ Der Hüttenbesitzer. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Esther. Der Geizige. (Ludw. Barnay, Agnes Sorma.) Nachmittags 2 ½ Uhr: besitzer. Abends 7 ½ Uhr: Keau.

8 8 Lessing⸗Theater. Freitag: De

Zum und Der sechste Sinn von Gustav von Moser und

Sr Nachmittags 2 ½ Uhr: ends 7 Uhr: Fräulein Frau und Der

Wallner-Theater. Lumpengesindel. von Wolzogen. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend u. folg. Tage: Lumpengesindel.

Sonntag: Nachmittags⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Ein toller Einfall. Schwank in 4 Acten von Carl Laufs.

Friedrich⸗-Wilhelmstüdtisches Theater.

Mit neuer Ausstattung zum 16. Male:

1 1 SDas Sonntagskind. Operette in 3 Acten von 8

Königliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗ Hug I und Julius Bauer. Musik von

ar illöcker.

Dirigent: Kapellmeister Fehermann. Die Decorationen aus dem Atelier von

Costume vom Garderoben⸗Inspector Ventzky. An⸗

Sonnabend: Das Sonntagskind.

burg. Freitag: Zum 8. Male:

Modebazar Violet.

Anfang 7 34. Vorstellung. Neu o1c. Große Oper in 3 Aecten von Text von Dr. Ludwig Hoffmann. Anfang 7 Uhr.

Wohlthätige

37. Vorstellung.

Hofpauer. Zum 8. Male: von Ammergau. Freitag:

Anfang 7 ½ Uhr.

College Tanz“.

Adolph Ernst⸗Theater. 3. Male: Der Tanzteufel.

Gustav Steffens. Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Der Hütten⸗

88 r Fall Clé⸗ Direction: Emil Thomas.

Heinemann. Anfang 7 ½ Uhr.

1. Male: Fräulein Frau Sonnabend:

Der Probe⸗ Musik von Richard Gense.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ Musotte. Sitten⸗ bild in 3 Acten von Guy de Maupassant. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Schwank in 1 Act von Benno Jacobson. In Scene gesetzt von Emil Lessing.

Die Aufführung von „Musotte“ beginnt um 8 Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellungg.

Belle-Alliance⸗Theater. Freitag: semble⸗Gastspiel der Münchener unter Leitung des . Königlich bayerischen Hofschauspielers Herrn Mar Der Herrgottschnitzer Oberbayerisches Volksstück mit Gesang und Tanz in 5 Autzügen von Ludwig Gang⸗ hofer und Hans Neuert. Im 3. Act: „Schuhplattl⸗

Sonnabend: 37. Ensemble⸗Gastspiel der Münchener. Der Herrgottschnitzer von Ammergau.

Gesangsposse in 4 Acten von Ed. Jacobson und W. 1 Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von In Scene gesetzt von

Sonnabend: Der Tanzteufel.

1 Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Frau Doctor. Schwank in 4 Acten von Heinrich

Zum 1. Male: (Novität!) Roth⸗ köpfchen. Vaudeville⸗Posse in 3 Acten von Meilhac und Halévy, frei bearbeitet von Richard Genée.

Paäsmaͤn“. Eva⸗Walzer aus „Ritter Pasmän“. Große Phantasie aus „Ritter Päsmän“.

Vorher: 8 1 8 Circus Renz. Karlstraße. Freitag, Abends 7 ¼ Uhr: Auf Helgoland oder: Ebbe und v. Große hydrol. velattungs Pantomime in 2 Ab⸗ theilungen mit Nationaltänzen (60 Damen), Auf⸗ zügen. Neue Einlage: „Die Garde⸗Husaren“ und „Tscherkessen“. Dampfschiff⸗ u. Bootfahrten, Wasser⸗ fälle, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffecten ꝛc., arrangirt und inscenirt vom Director E. Renz. Außerdem: 6 Trakehner Rapphengste, zusammen dressirt und vorgeführt von Herrn Franz Renz. Eine Schulquadrille, geritten von 8 Herren. „Elimar“ (Strickspringer), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. „Solon“, geritten von Frl. Clotilde Hager. Sisters Lawrence am fliegenden Trapez. 4 Gebrüder Briatore, Akrobaten. Auftreten der vorzüglichsten Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns ꝛc. Täglich: Anf Helgoland. 8 Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei). Aschenbrödel. (Ballet⸗Einlage: Frühlingsreigen⸗Walzer.) Abends 7 ½ Uhr: Auf Helgoland.

——— Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Marie Kattner mit Hrn. Gerichts⸗ Assessor Anton Croce (Mogwitz-—- Breslau). 1

Verehelicht: Hr. Oberförster Wilde mit Frl. Marie Duttenhofer (Carlsruhe i. Schl.). Hr. Prediger Ernst Nauck mit Frl. Johanna Iffland (Berlin). 8

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungs⸗Assessor Dr. Mauve (Berlin). Hrn. Prem.⸗Lieut. von Kalckreuth (Rawitsch). Hrn. Pastor M. Hart⸗ mann (Hermersdorf b. Trebnitz, M.). Eine

8 36. En⸗

Zum

Freitag:

annstädt.

Adolph

8 8

Herr und

Freitag: Zum 6. Male:

Komödie in 4 Acten von Ernst Geöffnet von 12—11 Uhr.

wissenschaftlichen Theater. zettel. Anfang 7 ½ Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Täglich Vorstellung im

Näheres die Auschl

Tochter: Hrn. Stabsarzt Dr. Schian (Glatz). Hrn. Prem.-⸗Lieut. Graf Conrad Moltke

(Berlin). Gestorben: Hr. Rechnungs⸗Rath Carl Raake

(Oels). Hr. Major z. D. Robert Schneider 8s (Wohlau). Hrn. Regierungs⸗Baumeister Friedrich Maillard Sohn Fritz (Rathenow). Hr. Hauptmann Johannes Busse (Zwickau).

Parquet 1 ꝛc. An⸗

Concert-Haus. Concert. 7 Uhr.

Zum 1. Male in Berlin:

In Scene gesetzt von Julius

alk. Die neuen

aus „Ritter Pasmäaͤn“.

Concerte.

Saal der Gesellschaft der Freunde. Frei⸗ tag, Anfang 7 Uhr: Populärer Liederabend von Frau Elisabeth Feininger unter Mitwirkung der Pianistin Frl. Doris Kretschmann.

Freitag: Strauß⸗Suppé⸗Offenbach⸗Abend.

„Ritter Päsmän“ von Strauß. Czardas aus „Ritter Päsmäan“. Pasmäan⸗Polka aus „Ritter

Hr. Pastor em. Fr. Richter (Stettin).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. M Sechs Beilagen (eeinschließlich Börsen⸗Beilageh,

sowie das Sachregister des Deutschen Reichs⸗ Anzeigers und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeigers für 1891.

Karl Meyder⸗

Anfang

Pasmäuün⸗Walzer

No 31.

Deutscher Reichstag. 162. Sitzung vom Mittwoch, 3. Februar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschall und Dr. Bosse.

Ohne Debatte genehmigt der Reichstag in erster und weiter Berathung die Declaration, betreffend die theilweise Verlängerung des zwischen dem Deutschen Reich und Spanien unter dem 12. Juli 1883 abgeschlossenen Handels⸗ vertrags und tritt alsdann in die erste Berathung des von den Abgg. Grafen Dönhoff, Douglas, Gehlert, Lutz, Menzer und dem verstorbenen Grafen Moltke eingebrachten Entwurfs eines Heimstättengesetzes.

Nach dem Antrage hat jeder Angehörige des Reichs nach vollendetem 24. Lebensjahre das Recht zur Errichtung einer Heimstätte. Die Größe derselben darf die eines Bauernhofes nicht übersteigen und muß wenigstens einer Arbeiter⸗ oder Bauernfamilie Wohnung und Production der nothwendigen Nahrungsmittel gewähren. Der zur Heimstätte festzulegende Besitz darf nur bis zur des Ertragswerthes mit amor⸗ tisirbaren Renten verschuldet sein. Schulden dürfen auf Heim⸗ stätten nicht eingetragen werden. Die Heimstätte ist un⸗ theilbar.

Abg. Graf von Dönhoff (cons.): Er gebe zunächst dem Gefühle der Trauer Ausdruck, daß es dem von Allen so hoch ver⸗ ehrten Grafen und Feldmarschall Moltke nicht mehr vergönnt ewesen sei, diesen Gesetzentwurf zu befürworten, wie es seine Absicht gewesen. Dieser große Mann, welcher in der Erhaltung des Bauernstandes im Interesse der nationalen Wehrkraft die erste und wichtigste Aufgabe des Patrioten erkannt habe, sei auch der Erste gewesen, der mit banger Sorge die Entwickelung verfolgt habe, daß die Majorität der ländlichen Bevölkerung sich aus den ländlichen Be⸗ zirken in die industriellen und städtischen zurückgezogen habe. Er habe auch die Einbuße an Selbstvertrauen und Zuversicht erkannt, welche sich des Bauernstandes bemächtigt habe. Man begegne in der Bauern⸗ schaft mehr und mehr dem Gefühl der Der Bauer könne sich auf seiner Scholle nicht mehr erhalten. Keiner Partei, mit Ausnahme der socialdemokratischen, könne es gleichgültig sein, ob dieser Zustand fortdauere, und darum habe seine Partei es für ihre Pflicht gehalten, in dieser Richtung Vorschläge zu machen, welche neben dem Höferecht und Rentenrecht gut hergingen. Andere Länder seien auf diesem Wege vorangegangen; es handele sich darum, ihre Vorzüge sich anzueignen und ihre Mißgriffe zu vermeiden. Zu den letzteren zäble seine Partei, wenn die Heimstätten nicht von vorn⸗ herein gesichert und lebenskräftig ausgestaltet würden. Das werde der Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben müssen, damit locale, klimatische und geographische Verhältnisse gebührende Berücksichtigung fänden. Deswegen habe seine Partei auch nur ein Rechtssystem geschaffen, und man werde dem Entwurf vielleicht mit Recht den Vorwurf machen, daß er etwas mager ausgefallen sei. Das Nähere werde man in der Commission besprechen können, welche er hiermit beantrage. Die Bedürfnißfrage stehe außer Zweifel. Wenn einmal das Reichsgesetz erlassen sein werde, so würden sicher die Landesgesetzgebungen nicht die Hände in den Schoß legen, um einen zu⸗ friedenen, stabilen Bauernstand zu schaffen. Das sei nicht nur für den Staat, sondern auch für die Gemeinden von Wichtigkeit. Im Osten wenigstens fehlten für die zahlreichen Verwaltungsehrenstellen der neuen Gesetze die Elemente, welche dieses Gesetz vermöge der Stetigkeit, welche es in die Verhältnisse bringe, mit sich bringen werde. Wenn Deutschland mit einem Netz solcher Heimstätten über⸗ zogen werde, werde es unbesiegbar für seine inneren und äußeren Feinde werden und bleiben. Man spreche von einem freien Spiel der Kräfte; der Bauer sei aber diesem freien Spiel, von dem nur der Stärkere Vortheil habe, nicht gewachsen, er sei dabei zu kurz gekommen, und es müsse etwas für ihn geschehen. Die letzten Jahr⸗ zehnte hätten in Bezug auf die politische Gesetzgebung sehr viel für Tagelöhner, Handarbeiter und andere Klassen gethan; krüßere Decennien hätten viel, vielleicht viel zu viel, für die Kapitalkräfte gethan; es sei hohe Zeit, auch für die mittleren Existenzen, speciell für den Bauer, etwas zu thun. Alle, welche für die Bedeutung des Bauern⸗ standes im Staat ein Verständniß hätten, sollten auch durch Rath und That dazu mitwirken, daß in der Commission etwas gutes und brauchbares zu stande komme.

Abg. Dr. von Bar (dfr.): Es sei begreiflich, daß dieser Antrag viele Sympathie gefunden habe. Wer woslte nicht der Familie eine gesicherte Heimstätte gönnen, in der sie eine „gesättigte Existenz“ habe? Der Antragsteller habe nur in entfernter Weise die Glückseligkeiten gestreift, welche nach der Schilderung gewisser im Lande verbreiteter Broschüren über das Deutsche Reich kommen würden, wenn dieser Entwurf Gesetz werden sollte. Man sehe da die Familie des Armen vor der Thür in einem Garten sitzen, die gebe der Familie das Abendbrot, ein leiser Wind umfächele die rosigen Wangen der Kinder, und die untergehende Sonne vergolde das Ganze. Menschen, die so gestellt seien, heiße es dann, würden nicht Social⸗ demokraten. Andererseits werde das Elend der Arbeiter geschildert: die blassen Wangen der Kinder, der Executor führe das nothwendige Hausgeräth fort, und da wundere man sich nicht, wenn solche Arbeiter die Beute der Socialdemokratie würden. Diese und ähn⸗ liche Vortrefflichkeiten, welche man dem Entwurf nachrühme, könnten seine Partei doch nicht hindern, das Ganze einer sorgfältigen und nüchternen Prüfung zu unterwerfen. Lese man den § 1: „Jeder Angehörige des Deutschen Reichs hat nach vollendetem 24. Lebensjahre das Necht zur Errichtung einer Heimstätte“, so sollte man meinen, es handle sich um eine Art von Bodenvertheilung. Eine odenvertheilung scheine hier aber nicht angedeutet zu sein. Juristisch olle der Satz nur besagen, daß jeder Grundbesitzer unter den Be⸗ dingungen des Gesetzentwurfs seinen Besitz in eine Heimstätte verwandeln onne. Wenn das so ausgedrückt wäre, würde allerdings der agita⸗ torische Werth erheblich gesunken und der Erfolg jener Broschüren entsprechend geringer sein. Wenn bemerkt werde, man habe es hier zu thun mit einer Einrichtung der Deutschen, das deutsche Recht sei von jeher viel mehr geneigt gewesen, den 8 zu schützen, 8 das böse römische Recht, welches der Herrschaft des Hapitals und damit der Sklaverei der Schwachen Vorschub leiste, e sei es ihm eigentlich ganz neu, daß das deutsche Recht zum Schutz der Schwachen gewirkt habe. Nein, es sei sehr hart gewesen, wie überhaupt das alte Recht immer sehr hart gegen die Schwachen gewesen sei. Das böse römische Recht sei seiner Zeit g8 ein noth⸗ dbendiges ulturelement gewesen, welches wesentlich dazu geholfen habe, bhch ie Schwachen zu emancipiren. Das deutsche Recht habe mit jesem Antrag viel weniger zu thun, als das amerikanische. Nach amerikanischem Recht sei das Heimstättengut dem Angriff der ge⸗ mwöhnli en, nicht der Hypothekengläubiger, entzogen, über dieses ut könne der Mann nur verfügen mit Zustimmung er Frau. Nun fehle es dem Gesetz nicht an Lobrednern. Es sei aber nicht verborgen geblieben, daß das Gesetz die Zerstörung der armen nicht habe verhindern können. Die Verschuldung der üg in Nord⸗Amerika gehe anscheinend viel weiter, als die in 8 eukschland. Das Gesetz habe auch die Sicherun es Grundeigenthums vom Vater auf den Sohn nicht erzielt.

zum Deutschen Reichs⸗A

nzeiger und Königlich Preuß

Berlin, Donnerstag, den 4. Februar

1 chen

Umsomehr müsse man Bedenken tragen, ein Rechtsinstitut, welches auf ganz anderen Grundlagen beruhe, auf Deutschland zu übertragen. Wenn es im § 4 heiße, daß mit Bewilligung der Heimstättenbehorde bis zur Hälfte des Er⸗ tragswerthes Rentenschulden mit einer dem Zweck entsprechenden Amortisationsperiode eingetragen werden könnten, so heiße das nichts Anderes, als der Eigenthümer werde unter die Vormundschaft der Behörde Pbe Nur unkündbare Hypotheken sollten bestellt werden; eine Subhastation der Heimstätte könne nicht stattfinden, sondern nur eine Zwangsverwaltung. Diese und andere Bestimmungen erschienen juristisch in hohem Grade bedenklich, denn sie kämen in Conflict mit anderen Rechtsvorschriften. Die Uebertragung eines solchen auf ganz anderen Grundlagen beruhenden Instituts nach Deutschland sei sehr bedenklich. Mit Bewilligung der Heimstätten⸗ behörde sollten allerdings bis zur Hälfte des Wertös amortisable Rentenschulden eingetragen werden können im Falle einer Mißernte, zu nothwendigen Meliorationen und zur Abfindung von Miterben. Die Ausschließlichkeit der Amortisationshypotheken würde aber nur den Zinsfuß steigern, denn ohne höhere werde man kaum sein Capital auf Nimmerwiedersehen hergeben wollen. Früher habe man die Sequestration im großen und ganzen sowohl vom juristischen wie vom national⸗öconomischen Standpunkt immer für ein Unglück gehalten. Hier werde sie auf einmal als eine Panacee hingestellt. Liefere das Gut keinen Ueberschuß, dann werde es von Staatswegen sequestrirt, und auf diese Weise, wie Schaeffle sage, die Indolenz groß gezogen. Das erinnere an die Fideicommiß⸗ verwaltung, wenn der Besitzer seine Schulden nicht bezahlen könne. Am bedenklichsten sei, daß für alle übrigen Fragen, auch für das Erbrecht, die Landesgesetzgebung competent sein solle. Solche bäuer⸗ lichen Fideicommisse würden der socialistischen Propaganda, die man doch damit hauptsächlich bekämpfen wolle, s werlich wirksam ent⸗ gegenarbeiten. Die gute Absicht der Antragsteller sei auf diesem Wege also nicht zu verwirklichen. Der Ausdehnung des kleinen Bauernstandes stehe in weiten Gegenden des Deutschen Reiches am meisten die Geschlossenheit des Großgrundbesitzes und des Besitzes der todten Hand entgegen. 8 8

Abg. Graf von Ballestrem (Centr.): Er habe nicht die Absicht, sich so eingehend mit dem Entwurf zu beschäftigen, wie der Vorredner, sondern wolle nur im Namen seiner politischen Freunde erklären, daß sie der Idee sympathisch gegenüberständen, und sie sachgemäß gesetzgeberisch ausgeführt für geeignet hielten, nicht nur den Bauernstand, sondern auch alle mit Land angesessenen Arbeiter, sei es in der Landwirthschaft, sei es in der Industrie, zu sichern und zu stärken in ihrem gesellschaftlichen und Erwerbsleben. Deshalb wünschten und beantragten sie, daß die Idee des Gesetzentwurfs weiter ausgeführt und berathen werde in einer Commission von 21 Mitgliedern. Ihre Arbeit würde ein schätzbares Material geben für die Commission, welche gegenwärtig das deutsche Civilgesetzbuch ausarbeite.

Abg. Gamp (Rp.): Das amerikanische Gesetz stehe nur in einem sehr losen Zusammenhang mit dem vorliegenden Entwurf, dessen Grundgedanken, den Bauernstand zu erhalten und den indu⸗ striellen wie landwirthschaftlichen Arbeitern den Besitz eines kleinen Anwesens zu ermöglichen, seine politischen Freunde theilten. Aber sie hielten es nicht für richtig, beide Ziele in demselben Gesetz er⸗ reichen zu wollen, da die Verhältnisse des Bauernstandes und der Arbeiter viel zu verschieden seien. Die Seßhaftmachung der Arbeiter sei ein Ziel von hoher socialpolitischer Bedeutung, das alle Parteien mit Ausnahme der Socialdemokratie stets im Auge haben sollten; nur auf diesem Wege werde man zu einer Ver⸗ söhnung der socialen Gegensätze kommen. Die Ansprüche der Arbeiter durch Lohnerhöhung zu befriedigen, wie die Socialdemokratie wolle, sei unmöglich. Eine dauernde Befriedigung sei weder mit einer partiellen noch mit einer allgemeinen Lohnerhöhung zu er⸗ reichen. Die Illusion des Theilens werde in dem Gros der Socialdemokratie immer das Beliebtere sein. Wie hoch würde sich denn das Durchschnittseinkommen in Preußen stellen nach den Steuerlisten? Auf 750 und es erhöhe sich auf 890 ℳ, wenn man annehme, daß alle Steuerpflichtigen nur mit der Hälfte ihres Einkommens herangezogen würden. Unter den heutigen Verhältnissen sei in vielen Gegenden dem Arbeiter die Seßhaft⸗ machung sehr erschwert. Im rheinisch⸗westfälischen Kohlenrevier, z. B. in der Dortmunder Gegend, steige der Preis der Pacht für einen Morgen bis auf 120 Ebenso würden die Bestrebungen, in den Großstädten das Elend der Wohnungsnoth zu bekämpfen, so lobens- und anerkennswerth sie seien, doch keinen Erfolg haben, schon weil der Boden der Großstädte und ihrer Umgebung viel zu theuer sei und weil an Stelle der Arbeiter, für welche man soeben Wohnung geschaffen habe, sofort hunderttausend Andere träten. Bei den Vorschlägen, die Arbeiter in einiger Entfernung von den Industrie⸗ centren anzusiedeln, berücksichtige man den Zeitverlust nicht, der sich z. B. zwischen Berlin und Erkner des Morgens und Abends auf je eine Stunde stelle. Gegen die im Entwurf vor⸗ eschlagenen Heimstätten werde eingewendet, daß sie den Arbeiter an die Scholle fesselten und die Gelegenheit zur Ver⸗ werthung seiner Arbeitskraft auf einen geringen Bezirk beschränkten. Die Industriellen wünschten es deshalb vielfach nicht, weil sie dann auf diese bestimmten, angesiedelten Arbeiter angewiesen seien. Beide Befürchtungen seien grundlos. Die Ansiedelung um die Fabrik herum werde in beiden Theilen die Ueberzeugung festigen, daß sie nur durch einträchtiges Zusammenleben ihre gemeinsamen Zwecke am besten verfolgen könnten. Er habe es persönlich beobachtet, daß die mit Wohnung und Acker angesessenen Arbeiter gegen die Lockungen zum Ausstand viel länger Widerstand geleistet hätten, als die anderen. Im übrigen werde dieses Gesetz allein nicht dazu führen, den Bauern⸗ stand zu erhalten und die Arbeiter sefthaft zu machen. Andere Maß⸗ regeln müßten hinzukommen. Vor allen Dingen müsse der Staat als Arbeitgeber eine größere Initiative ergreifen, z. B. als Besitzer der großen Eisenbahnwerkstätten einen Versuch der Kolonisation seiner Arbeiter auf diesem Wege in größerem Umfange machen. Dem ständen freilich vielfache Erschwerungen entgegen, so der schwerfällige Geschäftsgang der Behörden, die Ansprüche der Ge⸗ meinden bezüglich der Verpflichtung zu Schulbauten an die neuen Ansiedler u. s. w. Das von conservativer Seite vorgeschlagene Ein⸗ zugsgeld halte er nicht für angebracht. Dagegen könnte man den Minderjährigen sehr wohl den Zuzug in eine größere Stadt solange verwehren, bis sie nachwiesen, daß sie eine Arbeitsstätte bereits ge⸗ funden hätten. Das Wesentlichste aber sei eine Aenderung der Ver⸗ sicherungsgesetzgebung nach der Richtung hin, daß man den Renten⸗ berechtigten gestatte, den capitalisirten Betrag ihrer Rente zu beanspruchen, damit sie für denselben unter Mitwirkung der Behörden eine Heimstätte erwerben könnten. Ein ähnliches Verfahren müßte bei Pensionen der Soldaten u. s. w. gestattet werden. Er habe schon früher den Gedanken angeregt. Es sei ihm aber immer erwidert: ja aber; und doch wäre, wenn irgendwo, hier der Ort ewesen, zu sagen: ja also. Er beschränke sich auf diese Aus⸗ Ffehen⸗ en und gehe auf das Detail nicht näher ein, gegen das er zum Theil die erheblichsten Bedenken habe.

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): Im Namen seiner poli⸗ tischen Freunde erkläre er, daß sie dem Gedanken und den Absichten des Entwurfs sympathisch gegenüberständen und gern damit einver⸗ standen seien, daß er in einer Commission einer näheren Prüfung unterzogen werde. Das sei um so nothwendiger, da er eine ein⸗ seitige Gestalt habe. Er sei noch gar nicht fertig. Würde er Gesetz,

solches

so wäre damit die Ausführung in den einzelnen deutschen Staaten noch nicht gesichert. Wichtige Einzelheiten, wirthschaftliche und recht⸗ liche, seien in den Grundzügen noch nicht gegeben. Die juristischen Bedenken des Abg. Dr. von Bar könnten leicht beseitigt werden. Wenn er davon ausgegangen sei, daß der Akt der Errichtung einer Heimstätte ein freier Entschluß sei, daß die einmal errichtete einen fideicommissarischen Charakter haben würde, so überlasse es ja der Entwurf ganz der Einzelgesetzgebung, was sie über die Erbfolge fest⸗ stellen wolle, wie es ja bei dem Höferecht auch geschehen sei. Der ö zwischen dem deutschen und römischen Recht durchziehe vielfach diese Verhältnisse; dabei sei aber nicht zu ver⸗ kennen, daß vielfach für die besseren Besitzrechte des Bauern⸗ standes das römische Recht seiner Zeit von dem größten Vortheil gewesen sei. Im 16. Jahrhundert hätten die römisch⸗ rechtlich gebildeten Kanzler der braunschweigisch⸗lüneburgischen Fürsten dafür gesorgt, daß ersterer unter der Form der Emphyteuse und des Colonats wieder ein wirkliches, dingliches, erbliches Recht an seinem Grundstück erhalten habe, welches vorher so weit ver⸗ loren gegangen sei, daß die Bauern nur noch als Zeitpächter auf ihren Gutern gesessen hätten. Den Bauernstand erhalten und die Ansässigmachung von Bauern und Arbeitern nach Möglichkeit fördern wer im Rei 18 wäre nicht gern bereit, das zu unterstützen, wenn er bedenke, wie viel Werth für den deutschen Staat nach der ganzen Natur des Deutschen und seinem Charakter die Erhaltung und Be⸗ festigung des Grundbesitzes in seinen mittleren und unteren Klassen habe? Wenn irgendwo, so sei sie in Deutschland wichtig, dessen Existenz auf die Wehrhaftmachung des ganzen Volkes begründet sei. Und eben nur in der Landwirthschaft könne man sich das kräftige Material erhalten, das man brauche. Daher sei seit vielen Jahren die gesetzgeberische und private Thätigkeit dahin gerichtet, nicht nur einen besseren hypothekarischen und persönlichen Credit für den kleinen Grundbesitz zu beschaffen, sondern es seien bereits ähnliche directe Versuche mit den Höferollen und den Rentengütern gemacht worden. Dabei sei nicht ausgeschlossen, daß dieses Gesetz in den ver⸗ schiedenen Ländern und Provinzen in verschiedener Weise wirken werde, daher denn auch die Verfasser des Entwurfs die Ausführung des⸗ selben in die Landesgesetzgebung verlegen wollten. Im ganzen würde mit diesem Gesetz den ungünstigen wirthschaftlichen und politischen Erscheinungen entgegengearbeitet werden können, besonders der Strömung, welche jetzt vom platten Lande in die großen Städte, die Industriebezirke und uͤber das Meer dränge. Wenn man es den Arbeitern ermögliche, Grundbesitz zu erwerben, so werde dieser Zug zum großen Theil seine Kraft verlieren. Der Heißhunger nach einem eigenen Besitz sei in der Brust der Deutschen von uralten Zeiten so groß, daß die Berücksichtigung desselben große Gefahren abwenden werde. Man brauche gar nicht zurückzugehen bis in die Zeiten der Völkerwanderung, wo die deutschen Stämme an den Grenzen des Römerreichs keine weitere Forderung erhoben hätten als die nach Ackerland für sie und nach Weiden für ihr Vieh. Es genüge, sich in der Gegenwart umzusehen. Jeder, der von wirthschaftlichen Verhältnissen etwas gesehen habe, der wisse, welchen Werth der Arbeiter darauf lege, Grundbesitz zu erwerben und ihn sich und den Seinigen zu sichern. Leider würden aber, um Grundbesitz zu erwerben, oft ganz unvernünftige Preise gezahlt, sodaß es dann gar nicht mög⸗ lich sei, eine Verzinsung herauszubringen. Wenn es in dieser Richtung durch dieses und andere Gesetze und durch das Zusammen⸗ wirken von Verwaltungs⸗ und privater Thätigkeit gelinge, diese wirth⸗ schaftlichen Bedingungen und diese Neigungen der Menschen zu er⸗ füllen, so sei viel gewonnen. Auch die Staatsverwaltung könne auf diesem Gebiet erheblich viel thun. Er halte es für wünschenswerth, daß die Staatsverwaltung dafür sorge, daß ihre Arbeiter nicht nur zur Miethe untergebracht würden, sondern daß sie es ebenso wie Pri⸗ vate als ihr nobile officium auffasse, eine größere Zahl ihrer Ar⸗ beiter und Angestellten seßhaft zu machen. Man brauche ja nicht in der unmittelbarsten Nähe der Industriecentren die Arbeiter anzusiedeln. Bei weiterer Ausbildung des Tramway⸗ und Tertiärbahnwesens wäre es sehr wohl denkbar, daß ein größerer Theil der Arbeiter in einiger Entfernung von den Centralpunkten auf dem Lande angesiedelt werde. Für den Staat wäre es ja sehr leicht, wenn er einen Theil der Dominial⸗Grundstücke dazu zur Verfügung stellen wollte. Der Ent⸗ wurf sei noch sehr unfertig, das Verhältniß zur Landesgesetzgebung be⸗ dürfe einer genaueren Festsetzung. Er könne dazu beitragen, daß hier und da in einzelnen Theilen von Deutschland in der Richtung der Sicherung des kleineren und mittleren Besitzes und in der Ansässig⸗ machung von Bauern und Arbeitern etwas geschehe.

Abg. Menzer (cons.): Seine Partei habe diese Vorlage, die, zum Gesetz geworden, dem socialen Frieden dienen solle, als ein theueres Erbe des Grafen Moltke übernommen, das sie treu verwalten wolle. Er selbst habe gegen die Vorlage den Einwand zu erheben, daß sie die Mindestgröße der Heimstätte so hoch fixire. Von Juristen seien dagegen schwerwiegende Einwendungen erhoben worden, z. B. daß sie Eingriffe in das bestehende römische Recht enthalte, und daß das darin Gewollte rechtlich nicht erreichbar sei; aber andere Juristen hätten diametral entgegengesetzte Gutachten ver⸗ öffentlicht. „Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ewege Krankheit fort“, und „Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage!“ Welches Recht sei dem Menschen mehr angeboren als das Anrecht auf die Mutter Erde, als der Anspruch auf Luft, Licht und Sonne? Hier wolle die Vorlage berechtigten Ansprüchen entgegenkommen, sie stehe ganz auf dem Boden der Kaiser⸗ lichen Botschaft von 1881, ja sei eigentlich ihr Abschluß, die Krönung des Gebäudes. Man habe in den bisher er⸗ lassenen socialpolitischen Gesetzen so viel zum Ausgleich der wirthschaftlichen Gegensätze gethan, daß man sagen dürfe: keine Nation hat mehr guten Willen an den Tag gelegt, den wirth⸗ schaftlich Schwächeren zu helfen, als die deutsche. Der Gedanke der Heimstätten habe nach mehreren Richtungen hin eine ganz bedeutende wirthschaftliche Kraft. Wenn er zur Reichstagssession nach Berlin komme, sage er sich immer: wie viel Elend verbirgt sich in den langen Reihen dieser fünfstöckigen Häuser! Die Entwickelung der nehr Städte sei eine ungesunde, und das Bedürfniß nach Aenderung dieser Verhältnisse werde in den weitesten Kreisen anerkannt; schon hätten ja private Bestrebungen zur Schaffung eigener Heimstätten kleiner Leute viele und schöne Erfolge gezeitigt, aber noch müsse für viele Hunderttausende gesorgt werden; denn jetzt müßten die Leute ihre Kinder in interhäusern aufwachsen lassen, wo ihnen Luft und Licht fehle. Man müsse den Gemeinden, in denen sich kreuzspinnenartig die Ver⸗ bößerung vollziehe, das Expropriationsrecht geben zu Gunsten der eschaffung kleiner Heim⸗ stätten; jetzt seien die Verhältnisse so, daß die Socialdemokraten in diesen Kreisen große Verbreitung gewönnen. Der Entwurf sei in seinen wesentlichen Bestimmungen durchaus nicht undurchführhar. wenn man das Großcapital in die Wege leite, den wirthschaftlich Schwächeren die Schaffung eigener Heimstätten im Wege der Amortisation zu er⸗ möglichen. mPhne den Amortisationszwang werde freilich ein aus⸗ reichender Credit nicht gewährt werden können. Schon jetzt seien von den 7 ½ Millionen deutscher Haushaltungen 4 Millionen in der Lage, sich eigene Heimstätten zu erwerben. Dies wolle seine Partei ver⸗ allgemeinern ohne gewaltsamen Umsturz, ohne große Schwankungen, aber sie wolle auch dem Bauernstand die Erlösung von seiner Schulden⸗ last ermöglichen und ihm etwas von der Abundanz des Capitals zukommen lassen. Den Uebelständen in den großen Städten könne der Gesetzentwurf Abhilfe bringen, anderen Nationen ein Vorbild