wirkend A. Me sämmtl
und wenn allerdings eine verschiedenartige Behandlung dieser beiden Materien stattfindet, so sind dafür innere und äußere Gründe maßgebend. Innere Gründe zunächst nach der Richtung hin, daß ganz zweifellos, wie allgemein anerkannt wird, das Nacht⸗ wachtwesen lediglich und ausschließlich einen Theil der Sicher⸗ heitspolizei bildet. Hier sind die Grenzen so fest gezogen, daß das Gesetz ohne weiteres die Uebertragung auf die Königliche Polizeiverwaltung vornehmen konnte. Bei den Zweigen der Ver⸗ waltungspolizei — der Ausdruck „Wohlfahrtspolizei“ trifft ja nicht ganz zu — liegen die Verhältnisse anders; die Grenzen sind hier überaus fließend. Ich darf die Herren nur an das kürzlich er⸗ gangene Erkenntniß des Ober⸗Verwaltungsgerichts über das Verhältniß der Baupolizei zur Sicherheitspolizei, Feuerpolizei, Verkehrspolizei erinnern. Hier läßt sich die Sache nicht mit einem Worte ein für allemal abmachen, sondern hier müssen die Grenzen speciell für den einzelnen Fall festgelegt werden.
Sodann ist für die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung ein anderes Moment mit maßgebend, das auch, glaube ich, zweifellos anerkannt werden muß: das Nachtwachtwesen befindet sich besser in den Händen der Königlichen Polizei als in den Händen der städtischen. (Sehr richtig! rechts.)
Auf der anderen Seite aber kann ich nicht zugeben, daß sich die Verwaltung der Zweige der Wohlfahrts⸗ oder Verwaltungspolizei besser in den Händen der Gemeinden befinde, als in den Händen der Königlichen Polizeiverwaltung; ich kann höchstens zugeben, daß sie sich ebensogut in Händen der Stadtgemeinden befinde, und daß die⸗ selbe allerdings ein berechtigtes Interesse habe, wegen anderer communaler Rücksichten, diese Zweige der Polizei überwiesen zu er⸗ halten. Es liegt allerdings die Gefahr vor, daß diese anderen commu⸗ nalen Rücksichten auf die Ausübung der Polizei nicht immer den günstigsten Einfluß haben; und vom rein polizeilichen Standpunkte aus gesehen, muß ich sagen: Auch diese Zweige befinden sich min⸗ destens ebensogut in den Händen der Königlichen Polizeiverwaltung, als wie in den Händen der Städte. (Sehr richtig!) Nun aber sind endlich äußere Gründe dafür maßgebend gewesen, daß die Regelung so vorgeschlagen wird, wie es hier geschehen ist, nämlich der Umstand, daß bei den Verhandlungen, die ich mit sämmtlichen Städten einge⸗ leitet habe, irgendwie ein principieller Einwand gegen die Uebertragung des Nachtwachtwesens an die Königliche Polizeiverwaltung, weder von den Provinzialbehörden, noch von den Städten selbst erhoben worden ist, daß aber andererseits gegen die Uebertragung der Zweige der Wohlfahrtspolizei san die Stadtgemeinden in verschiedenen Bezirken sehr erhebliche Einwendungen von den Provinzialbehörden erhoben worden sind, daß eine Reihe von Städten erklärt hat, sie wünschten nicht diese Zweige der Wohlfahrtspolizei zu erhalten, und daß kein genügender Grund vorliegt, sie hierzu wider ihren Willen zu zwingen.
Meine Herren, ich kann ausdrücklich erklären, und zwar nicht nur
in meinem Namen, sondern namens der Königlichen Staats⸗ regierung auf Grund der Verhandlungen, die ich mit den be⸗ treffenden Herrn Ressortchefs innerhalb der letzten zwei Jahre un⸗ ausgesetzt gepflogen habe, — es handelt sich bei den Zweigen der Wohlfahrtspolizei ja zum größten Theil um solche Zweige, die nicht zu meinem Geschäftsbereich, sondern zu dem Ressort anderer Ministerien gehören — ich kann also namens der Königlichen Staatsregierung erklären; wir sind bereit, denjenigen Stadtgemeinden, welche die Zweige der Wohlfahrtspolizei in eigene Verwaltung überwiesen zu erhalten wünschen, dieselbe zu übertragen. (Hört! links.) Es ist ein Vorbehalt inbetreff eines Zweiges für drei Städte gemacht worden, nämlich inbetreff der Baupolizei für die Städte Berlin, Charlottenburg und Potsdam, wo eine besondere Regelung durch ein Allerhöchst zu bestätigendes Regulativ vorbehalten ist. In allen übrigen Fällen werden irgend welche Schwierigkeiten nicht gemacht werden, den Anträgen der Städte nach dieser Richtung voll zu ent⸗ sprechen. Aber, meine Herren, es ist bisher allerdings nur eine wider⸗ rufliche Uebertragung in Aussicht genommen worden, um für den Fall, daß schwere Uebelstände aus dieser Maßnahme entstehen sollten, demnächst wieder baldigst Abhilfe schaffen zu können. Wenn Herr Abg. Langerhans behauptet, mit diesem Vorbehalt der Widerruflichkeit würde sich keine Stadt darauf einlassen, die Wohl⸗ fahrtspolizei zu übernehmen, so muß ich ihm entgegnen: die Stadt Berlin hat sich ohne weiteres darauf eingelassen, die Straßenbau⸗ polizei widerruflich zu übernehmen, und die Uebertragung ist nur widerruflich erfolgt. Bei allen übrigen 22 Städten, denen fast aus⸗ nahmslos irgend ein Zweig der Wohlfahrtspolizei widerruflich über⸗ tragen ist, hat dies bisher niemals Anstoß erregt. Es hat auch nirgends von dem Recht des Widerrufs Gebrauch gemacht werden müssen: ich hoffe, das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein. Aber ein principielles Bedenken kann meines Erachtens hieraus nicht hergeleitet werden.
Ich komme nun zu der zweiten wesentlichen Abweichung, nämlich in Bezug auf die Verwendung der Beiträge, welche die Städte künftig zu zahlen haben. Bei den Verhandlungen von 1889 wurde es ausdrücklich als ein Uebelstand bezeichnet, daß diese Beiträge in den großen Säckel des Fiskus fallen sollten, daß ein Gedanke der aus⸗ gleichenden Gerechtigkeit dabei gar nicht verfolgt werde, und gerade mit Rücksicht darauf wurden die Beiträge so wesentlich herabgesetzt. Es wurde nicht mit Unrecht auf die Unbilligkeit hingewiesen, daß auf dem platten Lande ein großer Theil der Polizeikosten von dem Staate getragen werde in Form der Einrichtung des Institutes der Landgendarmerie, und daß von den 1260 Städten der preußischen Monarchie 22 größere Städte eine Königliche Polizeiver⸗ waltung hätten, deren Kosten ihnen nur zum kleinsten Theile zur Last fallen, daß die 1240 übrigen Städte aber die sämmtlichen Kosten ihrer Polizeiverwaltungen aus eigenen Mitteln bestreiten müßten.
Nun geht der jetzige Entwurf davon aus, daß derjenige Betrag, welcher übrig bleibt, nachdem die von den Städten bisher aufge⸗ brachten sächlichen Kosten und die Kosten für das Nachtwachwesen ge⸗ deckt sind, verwendet werden soll zu Gunsten derjenigen vorbezeichneten 1240 Städte, welche bisher eine Unterstützung in der Wahrnehmung
ihrer Polizei seitens des Staates überhaupt nicht hatten. Herr
Abg. von Eynern hat angeregt, ob es nicht möglich wäre, die 1 300 000 ℳ, welche nach dem jetzigen Gesetzentwurf hierfür übrig bleiben würden,
hin in Aussicht nimmt, daß die städtischen Polizeiverwaltungen dabei eine Stärkung erfahren, und das soll in der Weise geschehen, wie es in § 1 angedeutet und in den Motiven näher ausgeführt ist.
Ich erkenne an, daß auch hierbei die größeren Städte, die selb⸗ ständigen Stadtkreise, im ganzen 35, welche keine Königliche Polizei⸗ verwaltung haben, in genügendem Maße berücksichtigt werden und nur einen mittelbaren Vortheil durch die Verstärkung der Polizei in ihren Vororten erhalten. Immerhin hat aber Herr von Eynern, der selbst eine dieser Städte hier vertritt, anerkannt, daß auch diesen Stadtkreisen dadurch wirklich ein Vortheil zugeführt werde.
Nun komme ich schließlich auf die Höhe der Sätze, der von den Stadtgemeinden zu zahlenden Kopfbeiträge, und das ist ja seitens der Herren Vorredner der am meisten angegriffene Punkt. Hierbei muß ich allerdings unterscheiden zwischen Berlin einerseits und den 21. anderen betheiligten Städten in der Provinz. In Bezug auf diese letzteren liegt die Sache so, daß man sagen kann, es enthält der jetzige Entwurf ein Compromiß zwischen den Regierungsvorschlägen von 1889 und den damaligen Beschlüssen dieses hohen Hauses. Um in runden Zahlen zu sprechen, so war für die 21 Städte in den Provinzen im Jahre 1889 ein Betrag von 2 300 000 ℳ in Aussicht genommen; durch den Beschluß dieses Hauses wurde er herabgesetzt auf 1 300 000 ℳ Jetzt verlangt der neue Gesetzentwurf einen Beitrag dieser 21 Städte von 1 600 000 ℳ, welcher Betrag zwischen jenen beiden Zahlen liegt, sich aber weit mehr an den Beschluß des Abgeordnetenhauses von 1889 annähert; er repräsentirt ungefähr ein Drittel der gesammten Kosten, welche für die Polizei in diesen 21 Städten aufgebracht werden. Anders liegt die Sache bei der Stadt Berlin, und da muß ich allerdings zugeben, die Stadt Berlin ist schlechter behandelt wie alle diese anderen Städte. Denn die Stadt Berlin sollte Pnach der Vorlage von 1889 3 100 000 5 ℳ. aufbringen, nach den Beschlüssen dieses Hauses 2 300 000 ℳ, und nach der jetzigen Vorlage, 3400 000 ℳ, sodaß also, während bei den Provinzialstädten eine Verminderung des Beitrags eintritt, für Berlin eine Erhöhung (dieses Beitrags in Aussicht genommen ist. Meine Herren, ich erkenne an, daß ein solches Verfahren einer besonderen Rechtfertigunng bedarf, ich glaubekaber, diese Rechtfertigung läßt sich auch sehr wohl geben. Zu⸗ nächst dadurch, daß seit dem Jahre 1889 sich auch die Ausgaben des Staates für die Polizei in Berlin sehr erheblich gesteigert haben. Wenn Sie den jetzigen Etat vergleichen mit dem Etat von 1888/89, so ergiebt sich eine Steigerung um rund 1 700 000 ℳ Und, meine Herren, wenn der Herr Finanz⸗Minister bei der jetzigen Finanzlage des Staates in der Lage gewesen wäre, den Anträgen vollständig zu entsprechen, die ich an ihn in Betreff einer Erhöhung der Polizei⸗ kosten für Berlin gestellt hatte, so würde es noch eine halbe Million Mark mehr sein. (Hört! Hört!) Sodann liegt wesentlich der Grund für die vorgeschlagene Erhöhung des Beitrags der Stadt Berlin mit in dem Umstande, daß Berlin bisher einen ganz auffallend geringen Betrag für seinen städtischen Nachtwachtdienst zahlt. Ich kann auch hier konstatiren, daß, ehe die Einbringung des Gesetzes beschlossen war, ich bereits Anordnungen getroffen hatte, daß auf die Stadt von Aufsichtswegen hingewirkt werden sollte, um eine andere und bessere Organisation des Nachtwachtwesens herbeizuführen, welche für die Stadt mit sehr erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre, und daß weitere Maßnahmen nur im Hinblick auf den bevorstehenden Erlaß dieses Gesetzes unterblieben sind.
Das Nachtwachtwesen, d. h. die Wahrnehmung der Sicherheit der Stadt während der Nacht, ist hier in Berlin nur dem Namen nach städtisch. Faktisch wird die nächtliche Sicherheit nicht von den städtischen Nachtwächtern, sondern von dem Schutzmann übernommen. (Sehr richtig!) Wenn man plötzlich dazu übergehen wollte, Abends um 9 Uhr die Polizeibureaux zu schließen, den Schutz⸗ leuten die wohlverdiente Nachtruhe zu gönnen und lediglich die Sicherheit der Stadt den Berliner Nachtwächtern zu über⸗ lassen, ich glaube, wir würden binnen 8 Tagen zu absolut unhaltbaren und unerträglichen Zuständen kommen. (Sehr richtig!) Daß Berlin nach dieser Richtung hin auffallend wenig thut, das zeigt eine Vergleichung der Kosten des Nachtwachtwesens in Berlin mit den⸗ jenigen der anderen Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung. Köln, Frankfurt a. Main, Hannover, Königsberg zahlen pro Kopf mehr als das Doppelte von dem, was Berlin für das städtische Nachtwachtwesen zahlt. Ich glaube, Sie können nicht lediglich diese Summe von noch nicht ½ Millionen Mark, welche in Berlin für das städtische Nacht⸗ wachtwesen bezahlt wird, als diejenige Zahl bezeichnen, welche aus⸗ reicht, die nächtliche Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten. Wir haben Ermittelungen dahin angestellt, daß, wenn wir diese Aufgabe vollständig übernehmen und erfüllen sollen, wir ziemlich 1 ½ Millionen Mark gebrauchen werden. (Hört! hört!)
Dann muß ich aber auch darauf hinweisen, daß das Verhältniß des Gesammtbetrages der Kosten zu diesem Beitrag der Stadt Berlin gerade infolge der Erhöhung sich nicht anders stellt, wie in den Pro⸗ vinzen, sondern daß er genau derselbe ist und sich auf ungefähr ein Drittel der Gesammtkosten beläuft, gerade so wie der Gesammtbetrag der Beiträge der Provinzialstädte zu den Kosten sich ebenfalls auf ein Drittel beläuft.
Wenn nun der Herr Abg. Eberty darauf aufmerksam gemacht hat, man dürfe die Steuerzahler in Berlin gerade unter den jetzigen Theuerungsverhältnissen nicht allzusehr mit Steuern belasten, so möchte ich ihm doch entgegnen, daß gerade durch die neuere Gesetzgebung, wie dieselbe theils bereits emanirt, theils in bestimmte Aussicht genommen ist, für Berlin sich eine erhebliche Verbesserung seiner finanziellen Lage herausstellt. (Sehr richtig!) Wir sind ja heute noch nicht in der Lage, irgend⸗ wie das Ergebniß der neuen Einkommensteuer übersehen zu können. Ich glaube aber, es ist eine wohlbegründete communis opinio, daß in Berlin sich der Betrag dieser Steuer sehr erheblich erhöhen wird, so erheblich, daß die Stadt in die Lage kommen wird, den Gesammtbetrag ihrer bisherigen Steuern mit einem geringeren Prozentsatz der Zuschläge aufzubringen, als sie bisher erhoben hat. Es wird gesagt, statt 100 % würden in Zukunft 66 ¾ % genügen, das ist ja nicht vorauszusehen, es können ja vielleicht 80 % oder 90 %, sein. Jedenfalls aber ist das die allgemeine Annahme, in Berlin wird sich der Prozentsatz der Steuerzuschläge ohne Verminderung des aufzu⸗
finanziellen Lage; denn der Gemeinde werden neue Steuerquellen, die bisher latent waren, erschlossen; sie ist in der Lage, von diesen neuen Steuerquellen Gebrauch zu machen; sie kommt ohne Belastung, namentlich der unteren Klassen, dahin, daß sie erheblich höhere Be⸗ träge mit dem bisherigen Prozentsatz erreicht.
Sodann möchte ich daran erinnern, daß, wenn die in Aussicht genommene Ueberweisung auch nur der Hälfte der Grund⸗ und Ge⸗ bäudesteuer in Ausführung gebracht wird, gerade Berlin ganz be⸗ sonders gut dabei fortkommt. (Sehr wahr! rechts.) Berlin würde von diesen 37 ½ Millionen ungefähr 3 800 000 ℳ erhalten. Meine Herren, ich will einmal, ohne irgendwie Zukunftsmusik zu machen, sagen, wenn man die lex Huene aufhübe und den Betrag von 37 ½ Millionen, die die Hälfte der Grund⸗ und Gebäudesteuer re⸗ präsentirt, lediglich überwiese, so würde gegenüber der Vertheilung nach den Grundsätzen des Ueberweisungsgesetzes von 1885 die Stadt Berlin ungefähr um 600 000 ℳ besser wegkommen. (Hört, hört! rechts.)
Wenn das neue Schulgesetz in Betreff seines finanziellen Theils unverändert angenommen werden sollte, würde Berlin von den 9 Millionen Mehrausgaben dieses Gesetzes ungefähr 6⸗bis 700 000 ℳ erhalten. (Hört! hört! rechts.) Denn Berlin würde nicht nur als Mehrbeträge für den ersten und zweiten Lehrer die erhöhten Beiträge bekommen, sondern es würde auch die Alterszulagen, welche Berlin bisher nicht erhalten hat, bekommen, nnd ebenso die Zuschüsse zu den Pensionen. Also ich meine, daß Berlin doch nicht allzu un⸗ günstig auch gerade bei der neuen Gesetzgebung situirt ist und daß man es wohl rechtfertigen kann, ihm hier bei diesem Gesetz einen etwas höheren Beitrag aufzuerlegen, es hier etwas anders zu be⸗ handeln. Und das geschieht allerdings in dieser Vorlage. Dagegen muß ich bestreiten, daß Berlin nach einer anderen Richtung hin hier absichtlich und irriger Weise schlecht behandelt worden sei, indem man den Grund und Boden, auf dem das Polizei⸗ präsidialgebäude errichtet worden ist, bei der Berechnung der Höhe der Aufwendungen nicht in Ansatz gebracht habe, indem man ferner übersehen habe, daß das hiesige Polizeipräsidium eine erste Ab⸗ theilung habe, welche nicht Ortspolizei, sondern Landes polizei ver⸗ walte, und daß man nicht darauf Rücksicht genommen habe, daß Berlin gewissermaßen als Centralpolizeistelle polizeiliche Aushilfe für den ganzen Staat leiste, indem Berliner Criminalcommissarien, wenn es sich um Entdeckungen von schweren Verbrechern handelte, durch das ganze Land geschickt werden.
Was zunächst den letzteren Punkt, der in finanzieller Hinsicht fast bedeutungslos ist, anbelangt, so entsteht weder dem Staat noch der Gemeinde Berlin ein Pfennig Kosten aus einer derartigen Entsendung von Criminalcommissarien; denn eine solche Entsendung erfolgt nur, wenn diejenigen, welche es beantragt haben, sei es der Justizfiskus, sei es nun Gemeinde oder Korporation, sei es ein Privater, die vollen Kosten zahlen. (Hört, hört! rechts.)
Was nun aber die beiden anderen Einwendungen anbelangt, so kann ich dieselben mir nur daraus erklären, daß das Gesetz schon heute sehr rasch auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, nachdem es erst vorgestern eingebracht worden ist. Ich glaube, der Herr Abg. Dr. Langerhans hat wohl noch nicht Zeit gefunden, ganz genau die Motive zu lesen. Auf Seite 15 und auf Seite 21 sind die Beträge für den Grund und Boden des Polizei⸗Präsidial⸗Gebäudes mit 4 500 000 ℳ angegeben, und es ist daraus ein Betrag von 0,35 ₰ pro Kopf auf die Kosten des Polizeigebäudes inel. Grund und Boden berechnet worden.
Sodann ergiebt die Tabelle II der Motive, daß hier nur für Berlin die Kosten der Ortspolizei in Ansatz gebracht sind, und daß die Kosten der Landespolizei gänzlich außer Ansatz gelassen sind.
Meine Herren, es ist ja richtig, daß im wesentlichen das vor⸗ liegende Gesetz in seinen einzelnen Theilen nur in der Commission wird berathen werden können; ich gebe mich aber der Hoffnung hin, daß, wenn dieses Gesetz jetzt zum dritten Male vorgelegt wird, es Ihnen auch zum letzten Male vorgelegt ist, und daß es in der Form, wie es Ihnen jetzt vorgelegt ist, die Zustimmung beider Häuser des Land⸗ tags finden wird. (Beifall.)
Abg. Althaus (cons.) hält die Vorlage für eine Verbesserung der früheren Vorlage, namentlich weil die Sicherheitspolizei ver⸗ bessert werden solle durch die Uebertragung des Nachtwachtdienstes auf den Staat. Die Heranziehung der Städte sei eine durchaus gerechte. 8 Abg. Dr. Krause (nl.): Er habe bereits vor drei Jahren aus⸗ geführt, daß er die Principien der Staatsregierung grundsätzlich nicht für richtig ansehen könne. Wenn man der Gemeinde die Rechte nehme, könne man ihr auch keine Pflichten auferlegen. Aber da die große Mehrheit für diese Auffassung nicht zu gewinnen sei, fühlten seine Freunde sich nicht stark genug, gegen den Strom zu schwimmen. Die Gegner des Entwurfs hätten durchaus nicht bloß die Interessen der Staͤdte im Auge. Als Vertreter der Stadt Königsberg stehe er um so weniger in diesem Verdacht, als die Stadt zu seinem Bedauern die Uebernahme der Wohlfahrtspolizei abgelehnt habe. Wenn man fage, daß diese, 22 Städte Privilegien genössen, weil der Staat einen Theil der Kosten trage, so müsse man doch auch gerecht sein und sagen, 888 das platte Land sich derselben Vortheile erfreue, weil der Staat die Kosten der Landgendarmerie ebenfalls trage. Die Vorschläge des Gesetzentwurfs könne er übrigens für den Ausdruck der ausgleichenden Gerechtigkeit nicht halten; würden denn den privilegirten Städten irgendwelche Kosten erspart? Nein, sondern es sollten Mehraufwendungen für die Landgendarmerie im staatlichen Interesse erfolgen. Diese Ansicht der Staatsregierung sei seines Wissens auf keinen Widerspruch ge⸗ stoßen. Der Entwurf enthalte ja gegen den früheren einige ganz wesentliche Verbesserungen; aber es müßten doch z. B. gegen die
jederzeitige Widerruflichkeit der Verträge noch Cautelen geschaffen werden. Auch die Berechnung der Sätze mit dem Hinweis auf die Einkommensteuer scheine ihm nicht ganz richtig zu sein. Das be⸗ deute wieder eine Mehrbelastung der wohlhabenderen Klassen, und en fürchte, man werde hierbei bald an der Grenze der Leistungsfähigkeit ankommen. Endlich sollte man den gesetzgeberischen Monolog über die Verwendung der Ersparnisse zur Stärkung der Sicherheitspolizet in den Vororten doch streichen. Etwaige Ersparnisse müßten jedesma im Etat besonders gerechtfertigt und darnach verwendet werden. Er hoffe, daß der Minister diesen Wünschen entgegenkommen werde⸗ denn er habe ja selbst diesen Entwurf schon als einen Compromis zwischen der früheren Vorlage und den Beschlüssen des Hauses be⸗ zeichnet.
Minister des Innern Herrfurth:
beiden voerhergehenden Redner sprachen so pro domo, ganz aus⸗ schließlich für Berlin, daß ich glaubte, zu einer solchen Bemerkung
nicht ganz unberechtigt zu fein. W11 G
Ich möchte ihm gegenüber nur in Betreff des zweiten Absatzes des § 1 einige Worte hinzufügen. Er hat ganz Recht: es ist in diesem Paragraphen nicht beabsichtigt, einen Verwendungszweck gesetz⸗ lich festzulegen. Im Gegentheil, es soll lediglich in dem Staats⸗ haushaltsetat darüber disponirt werden, und es wird der künftigen Entscheidung dieses hohen Hauses in keiner Weise präjudicirt und dasselbe nicht gehindert, demnächst die Ueberschüsse aus §l auch anders
zu verwenden. 1
In so fern kann ich ihm nicht Unrecht geben, daß dieser Satz mehr oder minder einen gesetzgeberischen Monolog enthält. Er war aber meines Erachtens nothwendig, weil sonst die Absicht, die die Staatsregierung verfolgt und die allerdings, glaube ich, als eine Maß⸗ nahme anzufehen ist, welche auf dem Wege der ausgleichenden Ge⸗ ꝛechtigkeit liegt, überhaupt nicht hätte zum Ausdruck gebracht werden
Tönnen.
Im übrigen muß ich aber aihm gegenüber doch daran festhalten: es liegt eine Maßnahme der ausgleichenden Gerechtigkeit vor. Denn es sollen diese Summen aus Staatsfonds verwendet werden zur Stärkung der Sichexheitspolizei in denjenigen Städten, in welchen bisher die Gemeinden die Kosten ganz allein tragen müssen. Insofern liegt es auf demselben Boden wie das In⸗ stitut der Landgendarmerie auf dem platten Lande, welche auch nicht ausschließlich die Polizei wahrzunehmen hat, sondern eine Unter⸗ stützung des Staats bei Wahrnehmung der Sicherheitspolizei auf dem Lande enthält. 8
Abg. Barth (freicons.) erkennt die Vorzüge der Vorlage an und bezeichnet es als einen Act der ausgleichenden Gerechtigkeit, daß die Gendarmerie in der Nähe der großen Städte vermehrt werden solle. Redner bittet nur den Minister, für die Gehälter und Wohnungs⸗ elder der Gendarmen in den Vororten der Großstädte deren Fheuerun Sverhältnisse in Betracht zu ziehen. Bedenklich sei Fol⸗ gendes: Die Gendarmen sollten auch in den kleinen Städten even⸗ tuell Executivpolizei ausüben. Während sie sonst ihre Weisungen vom Amtsvorsteher empfingen, würden sie sie in diesen Kleinstädten von dem Polizeicommissar empfangen müssen, der ebenso wie sie die Unteroffizierslaufbahn durchgemacht habe, also ihnen gleichgestellt sei. Hier werde die Instruction aushelfen müssen. Bezüglich 8 Ueber⸗ tragung einzelner Zweige der Polizeiverwaltung könne, wenn diese Zweige auch ausdrücklich bezeichnet würden, dennoch eine große Anzahl von Competenzstreitigkeiten entstehen. Deshalb müsse man sich diese Vorschriften in der Commission näher ansehen.
Abg. Tschocke (nl.): Der Minister könne nicht erwarten, daß die Vertreter der zweiundzwanzig Städte, die durch die gegenwärtige Vorlage schwer belastet würden, dieselbe freudig aufnehmen sollten. Er habe aber nicht lediglich als Vertreter einer großen Stadt, sondern, wie der Abg. Krause, als Vertreter des Landes das Wart gegen die Vorlage genommen. Unzweifelhaft habe dieser Gesetzentwurf gegenüber dem vor drei Jahren vorgelegten sehr erhebliche Vortheile: so sei, wie schon hervorgehoben, der un⸗ natürliche Unterschied zwischen Sicherheitsdienst bei Tag und in der Nacht beseitigt. Ferner könnten nach § 6 die Großstädte eine Anzahl von Zweigen der Verwaltungspolizei in eigene Verwaltung übernehmen. Bedenklich sei ihm zwar die Widerruflichkeit dieser Uebertragung, am allerbedenklichsten die Höhe der Sätze. Der Minister habe bei derselben Gelegenheit vor drei Jahren zut efordert, kein Mitleid zu haben mit den Städten der Millionäre. ngerecht würde es sein, wenn darunter auch die Städte des Ostens gemeint sein sollten. Diese Behauptung könne zutreffen bei Städten im Westen, wie die Declaration zeigen werde. (eiterkeit.) Nicht nur in Breslau, sondern auch in Posen, Stettin, Danzig blieben nur die Leute wohnen, die durch Beruf oder Grundbesitz an die Scholle ge⸗ fesselt seien, die anderen, die ihr Schäfchen im Trocknen hätten, zögen nach Berlin oder Wiesbaden. Der Schwerpunkt liege in der Höhe der Kosten. Der Minister sder die Commission werde scheiden müssen zwischen Städten im Osten und im Westen; wenn nicht, werde errüt einigen Fractionsgenossen gegen den Gesetzentwurf stimmen müssen. Abg. von Eynern (nl.): Wenn auch in Berlin eine kleine Unzu⸗ friedenheit bestehen bleibe, so werde die Vorlage doch sonst überall Zufriedenheit verbreiten. Berlin genieße immer noch einen Staats⸗ zuschuß zu seinen Polizeikosten von 8 Millionen Mark, abgesehen von allen anderen Voͤrtheilen, die der Stadt Berlin afs der Reichshauptstadt, als dem Sammelpuntt des Verkehrs zufielen. Auch aus den kleineren Städten des Westens zögen die Rentiers na Berlin. Der Zuzug werde sich immer mehr verstärken, kiens, anch
wenn Berlin jetzt auf 66 % Zuschlag zu den Staatssteuern herunterkomme. Er habe die Ueberzeugung, in der Commission werde
die Entscheidung dohin ausfallen, daß das, was der Abg. Eberty für
die Berliner Stemerzahler angeführt habe, nicht der wahren Ge⸗
rechtigkeit entspreche. Damit schließt die erste Lesung. Die Vorlage wird einer Commission von 21 Mitgliedern überwiesen.
Darauf wird die zweite Berathung des Staats⸗
haushalts⸗Etats fortgesetzt und zwar beim Elat der
Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung.
Referent ist Abg. Stengel. Beim ersten Titel der Einnahmen „Aus Bergwerken“ bemerkt
Abg. Schultz⸗Bochum (nl.), daß die Folgen des Bergarbeiter⸗ gusstandes sich noch immer bemerkbar ma 8 namentlich in dem Rückgang der Leistungen der Arbeiter. Die Fhag eines Arbeiters habe in den Jahrnen 1888 bis 1890 imn Saar ncerrevjer 253 bezw. 233 bis 223 t, in Niederschlesien 221, 218, 196 t, im Ruhrgebiet 315, 293 und 278 t betragen. Dieser Rückgang sei nur zum Theil erklärlich . die Verkürzung der Arbeitszeit; denn im westfälischen Kohlengebiete sei eine erhebliche Verkürzung er Arbeitszeit nicht eingetreten. Die Löhne hätten dagegen eine teigende Tendenz angenommen, und zwar betrügen in den ge⸗ nannten drei Jahren die Jahreslöhne in Niederschlesien 630, 632, 88 ℳ; an der Ruhr 869, 941, 1067 ℳ und in Saarbrücken 842, 933, 1140 ℳ s. Löhne ließen sich nur aufrecht erhalten, wenn der Preis der Kohlen nicht erheblich zurückgehe. Dazu sei aber nothwendig, daß zwei alte Forderungen erfüllt würden: die Reform er Bergwerksteuer und die Ermäßigung der Eisenbahntarife. „ Abg. Schmieding (nl.): Die Lohnfrage sei noch nicht so ge⸗ mügend geklärt, daß man sie hier in der Oeffentlichkeit schon besprechen önne. Er halte es auch für wünschenswerth, daß eine Reduction nicht Platz greifen möge. Wenn die auswärtige Concurrenz es zulasse, 88 der hohe Stand der Löhne ein Segen 8 das Land, weil ie Kaufkraft dadurch wachse. Die hohen Löhne seien immer noch der beste Schutz gegen die Socialdemokratie. Die plötz⸗ iche Steigerung der Löhne verführe allerdings die jungen 2 zu unnützen Ausgaben; aber der Fehler habe dann dien nur in der Plötzlichkeit der Steigerung gelegen, denn auch au jesem Gebiete sei Stetigkeit die Hauptsache. Freilich müßten auch ie Kohlenpreise die bisherige Höhe behalten. Redner wendet sich da⸗ gegen, daß die Budgetcommission den Fonds für unvorhergesehene
sein werde. Das sei geschehen, aber von Verhandlungen über die Bergwerksteuer habe man nichts gehört. Miinister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Mieeine Herren! Es ist mir peinlich — ich kann das nicht leugnen — genöthigt zu sein, die Interpellation, die der Herr Vor⸗ redner an mich gerichtet hat, zu beantworten, weil ich ihm zu meinem Bedauern heute keine andere Antwort geben kann, als ich im vorigen Jahre gegeben habe, trotzdem ich mit ihm der Ueberzeugung bin, daß in der Bruttobesteuerung der Bergwerke, wie sie augenblicklich in umserem Vaterlande existirt, ein ungerechtes und übermäßig er⸗ schwerendes Element für den Bergwerksbetrieb liegt. Dieser Auf⸗ fassung hat mein Herr Amtsvorgänger Ausdruck gegeben, und ich schließe mich ihm darin an. Nur kann ich mich heute noch nicht definitiv darüber äußern, ob ich es für richtig halte, die Bergwerks⸗ steuern ganz zu beseitigen, oder ob es nicht vielmehr vorzuziehen wäre, sie zunächst zu reduziren. Die Schwierigkeit der Beurtheilung dieser Frage liegt darin, daß es eine ganze Reihe von Bergwerksbetrieben giebt, die eine Abgabe an private berechtigte Personen zu zahlen haben, die erheblich höher ist als die fiskalische Steuer. Man wird sich fragen müssen, ob, wenn man zu einer Aenderung der Bergwerkssteuer übergeht, man die ganzen 2 % zu beseitigen hat, von denen wir 1 % als Aufsichtssteuer bezeichnen, das andere als Zehnt, oder ob man sich damit wird begnügen müssen, zunächst nur das eine Prozent der Aufsichtssteuer zu beseitigen, wie ich schon hervorgehoben habe, im wesentlichen mit Rücksicht auf den Umstand, daß eine große Reihe von Bergwerken nicht 1, sondern 5 und mehr Prozent an private Berechtigte zu zahlen haben. Zu diesen gehört z. B. der größte Theil der sehr bedeutenden oberschlesischen Montanindnstrie; die Ver⸗ größerung der vorhandenen Ungleichheit der Behandlung unserer Berg⸗ werke in steuerlicher Beziehung würde nicht unbedenklich sein. Der Herr Vorredner hat bemerkt, daß bisher von Verhandlungen oder wenigstens von erfolgreichen Verhandlungen des Handelsministers mit dem Herrn Finanzminister nichts verlautet habe. Von erfolg⸗ reichen Verhandlungen konnte allerdings leider nichts verlauten, —zweil diefe Verhandlungen bisher zu einem Abschluß nicht geführt haben. Eingeleitet aber sind sie, und sie sind eingeleitet zu dem in „Aussicht gestelltenzZeitpunkt, nachdem die Einkommensteuer⸗ und die Gewerbe⸗ steuer⸗Gesetzgebung ihren Abschluß gefunden hat; ich nehme auch an, daß sie in Zukunft einen erfreulicheren Fortgang nehmen können, als sie bisher gehabt haben, je mehr sich herausstellen wird, daß auf der einen Seite die erwarteten Einnahmen aus der Einkommensteuer sich erhöhen, andererseits die Lage der Bergwerke eine Abänderung dieser Bruttobesteuerung immer dringender erfordert. In ffrüheren Jahren ist ja eine Umänderung der Bruttobesteuerung zur Netto⸗ besteuerung auf die Schwierigkeiten gestoßen, daß man sie zur Ein⸗ kommensteuer nicht überführen wollte, weil man das damit verbundene Eindringen in die Erwerbsverhältnisse der Bergwerke fürchtete; daß man auf der anderen Seite sie nicht zur Gewerbesteuer überführen wollte, weil da derselbe Fehler vorlag, wie auch bei der Brutto⸗ besteuerung der Bergwerke, daß nämlich die kleinen Bergwerke un⸗ verhältnißmäßig stark getroffen werden gegenüber den großen. Beide Momente, die damals aus dem Zustande der Einkommensteuer und Gewerbesteuer hergeleitet sind, liegen heute, in demselben Maße wenigstens, nicht vor. Heute sind unsere Bergwerke, wenigstens zum großen Theil der Einkommensteuerdeklaration unterworfen, die sich nicht vollziehen kann, ohne daß ein Ein⸗ dringen anderer Kreise in die Verhältnisse der einzelnen Bergwerke stattfindet; andererseits ist die Gewerbesteuer dahin reformirt worden, daß die kleinen Betriebe entlastet, die größeren entsprechend mehr be⸗ lastet sind. Es rückt also die Möglichkeit, die Frage der Bergwerks⸗ besteuerung dahin zu lösen, daß man an Stelle der Bruttobesteuerung die Nettobesteuerung treten läßt, meines Erachtens näher. Ich kann nur versichern, daß ich es weiter versuchen werde, mit dem Herrn Finanzminister über diese Fragen zu einer Einigung zu gelangen. Auch bei dem Herrn Finanz⸗Minister ist eine Abneigung über diese Frage, mit dem Handels⸗Minister sich zu verständigen, in keiner Weise vorhanden. Daß das Wort „Sparsamkeit“, welches über allen Titeln unseres Etats schwebt, auch in dieser Beziehung nicht ganz ohne Ein⸗ fluß sein kann, werden Sie ja selbstverständlich finden; und infolge dessen ist allerdings der gegenwärtige Augenblick für eine energische Behandlung vdieser Fragen kein außerordentlich günstiger. Wenn ich nun noch wenige Worte mir gestatten darf zu den Ausführungen, die der Herr Abg. Dr. Schultz gemacht hat, so möchte ich zunächst ihm sowohl wie auch den anderen Herren Rednern meinen Dank dafür aussprechen, daß sie es vermieden haben, des weiteren und näheren auf die Frage der Bergarbeiterausstände einzugehen. Es ist ja richtig und zutreffend, daß die Folgen der Ausstände heute noch nicht verwunden sind, daß sie nachzittern in einer Menge von Erscheinungen, die wir durchaus nicht zu unserer Freude empfinden. Im großen und ganzen ist aber doch das ver⸗ gangene Jahr von Bergarbeiterausständen nur wenig be⸗ rührt worden, und ich bin der Meinung, daß, wenn solche Fragen in der Praxis nicht vorliegen, wir besser thun, möglichst wenig von ihnen zu reden. Ich glaube, dieser Standpunkt beeinträchtigt durchaus nicht die nöthige Vorsicht und auch nicht das Gefühl der Verpflichtung, die wir uns auferlegen, auf alle Erscheinungen auf diesem Gebiet unser Augenmerk zu richten. Indessen, wie gesagt, je weniger in der Oeffent⸗ lichkeit von diesen Dingen verhandelt wird, desto weniger findet die künstliche Agitation zum Ausstand, die meines Erachtens heute allein noch vorliegt, ihre Nahrung. Es ist richtig, wenn angeführt worden ist, daß die Verminderung der Arbeitsleistung auch auf die Strikezeit zurückzuführen ist. Indessen, meine Herren, ausschließlich, glaube ich, ist sie doch nicht darauf zurückzuführen. Es treten da noch eine Reihe anderer Momente hinzu, z. B., daß die Arbeiten der Bergwerke sich auf eine größere Reihe von Vorrichtungsarbeiten erstrecken als vor und während der Strikezeit vorgenommen wurden und infolge dessen die Arbeiterzahl im Verhältniß zu der Arbeitsleistung im ganzen eine größere geworden ist. Ein zweites Moment, was wenigstens einigermaßen die ver⸗ minderte Arbeitsleistung erklärt, das ist die in dem letzten und vor⸗ letzten Jahre vermehrte Zahl der durchaus ungeübten Arbeiter im Steinkohlenbergbau. Dies gilt sicher für Rheinland und Westfalen, sicher auch für Saarbrücken. Es ist das eine Erscheinung, meine
ich, ist das doch nicht, so weit ist die Arbeitsleistung nicht zurückgegangen.
kann ich nicht zugeben, und ich nehme auch an, daß die beiden Herren 8 4 2e
Vorredner auf demselben Standpunkte stehen; denn sie haben beide bemerkt, sie würden es lebhaft beklagen, wenn eine Reduction der Löhne erfolgen müßte. Genau auf demselben Standpunkte bewegt sich die preußische Bergverwaltung auch; sie muß indeß ebenso wie die Privatindustrie sich darüber klar sein, wenn die Kohlenpreise die Höhe nicht mehr haben wie im Augenblick, daß dann die Aufrechthaltung der augenblicklich gezahlten sehr hohen Löhne auf die Dauer nicht durchzuführen ist. Wir haben den Grundsatz, als Betriebsverwaltung müssen wir im großen und ganzen gerade so wirthschaften wie die Privat⸗ industrie, und wir halten uns nicht für befugt, aus dem Säckel der Steuerzahler bedeutende Zuwendungen an die Arbeiter zu machen über das Maß dessen hinaus, was sie für ihre redliche Arbeit verdienen. Dabei, meine Herren, kann man aber sehr wohl auf dem Standpunkte stehen — und wir stehen darauf — daß eine fiskalische Verwaltung immer verpflichtet ist, sobald eine Möglichkeit einer Lohnzulage vorliegt, ihrerseits die ersten Schritte nach dieser Richtung zu thun; sie hat meines Erachtens die Aufgabe, ein gutes 9 3 4 9 8; osg (; 2 ; . 1 Beispiel auch in diesem Sinne zu geben, immer unter den von mir bereits erwähnten Kautelen. (Sehr richtig!)
Ich habe mit den Herren aus dem Hause die aufrichtige Hoff⸗ nung, daß es möglich sein wird, die Löhne auf der Höhe zu halten, wie sie augenblicklich stehen. Eine Erhöhung ist für die nächste Zeit nach der Lc ge unserer allgemeinen industriellen Verhältnisse aus⸗ geschlossen; es kann sich nur darum handeln, ob wir in der Lage sind, die bestehenden Löhne auf dieser Höhe zu halten. Sie sind gewachsen. bis in die Mitte des vorigen Jahres etwa: seitdem ist ein ganz ent⸗ schiedener Stillstand eingetreten, und, wie gesagt, deshalb ist es nur zu wünschen, daß wir in der Lage bleiben, nicht zu einem Rückgang dieser Beziehung übergehen zu müssen.
8 Abg. von Scha Ischa (Centr.): Die jetzigen Kohlenpreise seien von en früheren so verschieden, daß man wohl sagen könne: auch bei einer erheblichen Verringerung derselben werde es noch mögli sein, die jetzigen Löhne der Bergarbeiter zu bezahlen. Es frage sich, ob man nicht bei einer ungesunden Höhe der Kohlenpreise angekommen sei. Daß hohe Löhne ein Mittel gegen die Socialdemokratie seien, möchte er estreiten; der Appetit komme beim Essen; man wolle bald höhere Löhne haben. Es werde leicht gesagt, daß man nicht mehr auskomme, man verlange höhere Löhne. Aber die Kunst sei, auszukommen mit dem, was man habe. Die Kohlenproducenten seien von Conjuncturen abhängig; man könne es diesen nicht verdenken, daß sie bei guten Zeiten etwas ersparten für schlechtere Zeiten. Unter den hohen Kohlenpreisen litten alle Industrien, namentlich die Eisenindustrie. Bedenklich scheine es ihm daher, wenn die fisͤcalischen Werke eine Erhöhung der Kohlenpreise anstrebten, denn die fiscalischen Werke hätten die allgemeinen Interessen wahrzunehmen, um so mehr, als die fiscalischen Gruben nur mit einem Händler ihre Production ab Feschlossen hätten, so daß ungezählte Millionen in diese zwei Hände össen. 88 Abg. Graf Strachwitz (Centr.) weist darauf hin, daß die Selbstkosten der Bergwerke sich erheblich vermehrt hätten, namentlich durch die Unfall⸗ und Invalidenversicherung. Nur bei der besten Fac der Würfelkohle, werde ein Verdienst erzielt, die anderen Kohlensorten müßten oft unter dem Selbstkostenpreis weggegeben werden. Die Kohlenpreise seien noch nicht solche, daß man berechtigt sei, einen Feldzug gegen die Kohlenproducenten zu eröffnen. Man spreche von dem großen Verdienst des Zwischenhandels, aber der Grubenbesitzer könne nicht seine Producte selbst absetzen, er müsse an feste Abnehmer verkaufen, welche zahlungsfähig seien. Ring⸗ bildungen, welche für Massengebrauchsartikel die Preise in un⸗ gemessene Höhe trieben, verwerfe er; aber eine gewisse Stetigkeit der Preise sei nur durch eine Art von Ringbildung zu erreichen. Den Klagen der Eisenindustrie würde abgeholfen werden, wenn die Eifen⸗ bahnverwaltung statt der ausländischen Holzschwellen inländische eiserne Schwellen verwenden wollte. Abg. Szmula (Centr.): Dem Vorredner müsse er doch entgegen⸗ treten. Es bestehe ein Kohlenring. Die beiden großen Firmen Cäsar Wollheim und Friedländer hätten die kleineren Zwischenhändler aus⸗ gekauft und nun die Macht, die Kohlenpreise zu diktiren, umso⸗ mehr, da die Staatswerke ihnen auch ihren Verschleiß übertragen hätten. Die Kohlenwerke könnten sehr wohl einen Theil ihrer Pro⸗ duktion direkt verkaufen, wenn sie auch den größten Theil an Händler verschleißten. Die Eisenindustrie sei wichtiger als die Kohlen⸗ industrie und man überlege sich schon in Oberschlesien, ob man nicht einen Theil der Hochöfen demnächst ausblafen solle, weil die Absatz⸗ verhältnisse sich verschlechterten. Für die Eisenindustrie würde es angenehm sein, wenn die Regierung etwas für die Ermäßigung der Kohlenpreise thun würde. Dazu komme noch, daß Oberschlesien keinen bequemen Absatzmarkt habe. Nach Rußland sei der Absatz, außer zu Schleuderpreisen, verschlossen; nach Oesterreich habe der enhe den Absatz nicht gerade erleichtert. 1 Regierungscommissar Geheimer Ober⸗Bergrath Bendemann: Eine Erhöhung der Preise der fiskalischen Bergwerke sei nicht an⸗ Fenctunacn⸗ die Etatsansätze blieben noch zurück hinter den bisher chon erzielten Preisen. Das Bestreben werde allerdings dahin gehen müssen, die Preise nicht plötzlich allzu stark sinken zu lassrr..“ Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Nur noch wenige Worte auf den direkten Appell, der an mich gerichtet worden ist, bei den fiskalischen Werken mit einer Preis⸗ ermäßigung und zwar in der Weise vorgehen, daß die oberschlesische Eisenindustrie dabei wieder mit Vortheil — so, glaube ich, waren die Worte — arbeiten kann. Meine Herren, es ist mir bekannt, daß die oberschlesische Eisenindustrie wie andere Eisenindustrien unseres Vater⸗ landes sich augenblicklich in einer sehr üblen Situation befindet, und ich will es auch nicht bestreiten, daß das in Oberschlesien härter und für einzelne erschwerender auftritt, weil die geographische Lage unserer oberschlesischen Eisenindustrie für den Absatz außerordentlich ungünstig ist. Indessen so schlimm, daß bei dem jetzigen Kohlenpreise unsere Eisenindustrie in Oberschlesien zum Erliegen kommen mußte, in einen Zustand zurückversetzt wurde, wie er vor 26 Jahren bestand, so liegt die Sache doch nicht. Es sind an die fiskalische Grubenverwaltung im Laufe des ver⸗ gangenen Jahres eine ganze Reihe von Anforderungen herangetreten auf Ermäßigung der Kohlenpreise, denen auch bis zu einem gewissen Grade Rechnung getragen ist. Gegner derartiger Ermäßigungen sind
alle diejenigen Eisenwerke, die selbst Kohlengruben haben, und ich bitte zu beachten, daß sich in Oberschlesien eine ganze Reihe solcher Werke vorfinden, wo die große Eisenindustrie mit der großen Kohlenproduktion verbunden ist, und ganz naturgemäß ist die Höhe der Kohlenpreise f die betreffenden Herren wichtiger gewesen, weil sie besonders hoch waren,
als die bessere Ausgestaltung der Eisenindustrie.
Meine Herren, die Lohnhöhe ist eine erhebliche; daß sie zu hoch ist, 8
Wenn der Herr Vorredner Dr. Krause zunächst gegen den Ein segahfn 18 280 000 ℳ auf 100 000 ℳ b v 19eegg.
. . 2 1 2 . g Be † 69 Foß porae 3 8 9 gang meiner vorigen Rede sich gewendet und dagegen Verwahrun 5 enigsten 2 sSbarfamleit. bei, zuvarhfcgaschecen die Falng am eingelegt hat, daß ich die Gegner des Gesetzes lediglich als Vertrer⸗ sün aus alter Zeit stammenden Bruttobergwerksteuer, deren Be⸗ Arbeitsleistun über der Aerektete ir. nbener S der Städte bezeichnet hätte, welche mit höheren Beiträgen heran Uüitigung schon vom Minister von Maybach seit vielen Jahren in Arbeitsleistung gegenü vI11 früherer Jahre. gezogen werden sollen, so will ich ihm zugeben, daß, wenn ich na Bessicht gestellt sei. Auch der jeßige Minister habe die Reform der 8 In umgekehrtem Verhältniß zur Arbeitsleistung steht, wie der ihm gesprochen hätte, ich ihn enommen haben würde. Aber die gwerksteuer zugesagt, sobald die Gewerbesteuer Gesetz geworden] Abg. Dr. Schultz bemerkt, die Erhöhung des Lohns. Ganz richtig, glaube
8 8
8f bringenden Steuerquantums ermäßigen lassen. (Hört! hört!) Nun gebe ich
ja zu, daß das für den einzelnen Steuerzahler keine Erleichterung be⸗ deutet; für diese 8 % der „Obern Zehntausend“ die die Herren Abgg. Eberty und Langerhans anführten, bedeutet das sogar eine er⸗ hebliche Erhöhung ihrer Steuern. Aber, meine Herren, für die Stadtgemeind e als solche bedeutet e eine Verbesserung ihrer
Herren, die wir nicht ändern können, und sie erklärt einigermaßen
Das soll uns aber nicht abschrecke enjeni ie sich in einer die: 1 1 2 8 öt abschrecken, denjenigen, die sich in einer das — wie ich anerkenne — schlechte Resultat in Bezug auf die
solch günstigen Lage einer Verbindung ihrer Kohlengruben mit Eisen⸗ werken nicht befinden, die gewünschte Preisermäßigung zu geben, soweit wir dazu in der Lage sind. Wir haben aber auch die fiskalischen
Interessen ins Auge zu fassen, und ich glaube, die fiskalischen Inter
unter die übrigen Städte zu vertheilen. Ich glaube, es ist von vorn⸗ herein schon die Geringfügigkeit des Betrages, welche die Vertheilung unmöglich macht, denn danach würde im Durchschnitt jede Stadt etwa nur 1000 ℳ erhalten, auf den Kopf noch nicht 15 ₰ entfallen. Aber auch abgesehen davon, hat die Staatsregierung geglaubt, richtiger zu handeln, wenn sie die Verwendung von vornherein nach der Richtung