1892 / 35 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Kopenhuagen.

schränkung des Entwurfs auf ein Dotationsgesetz technisch durchzu⸗

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führen sei, er halte es aber für einen Fehler, jetzt stückweise vor⸗ zugehen. Alle anderen Materien müßten doch auch geordnet werden. Er habe den dringenden Wunsch, weitere Kreise der Bevölkerung an der Volksschule zu betheiligen. Er erkenne auch an, daß die Com⸗

munen auf dem Gebiet der Volksschule viel geleistet hätten, ins⸗

besondere die Stadt Berlin. Es sei aber nicht zu übersehen, daß dies

keineswegs überall der Fall sei. Die großen Fragen des Schul⸗ gesetzes müßten jetzt endlich gelöst werden. Im weiteren Verlauf der

Debatte, an welcher sich noch die Abgg. Hansen (freicons.), Dr. Virchow (bfr.), Rickert (dfr.), Dr. Friedberg (nl.), Frei⸗ herrvon Huene (Centr.) u. a. betheiligten, hob Staats⸗Minister Graf

von Zedlitz noch hervor, daß der Gesetzentwurf nichts Neues schaffen, sondern im wesentlichen alles das gesetzlich festlegen wolle, was heute

im Wege der Verwaltung Praris geworden sei, wobei den Gemeinden bei der Ausbildung des Schulwesens ein höheres Maß der Mit⸗ wirkung eingeräumt werden solle. Auch nach dem neuen Entwurf sollten die vorhandenen Simultanschulen bestehen bleiben; die Ausschulung von Kindern einer Confession aus einer Simultan⸗ schule, im Falle die Zahl dieser Kinder 30 betrage, und die

EFinrichtung einer Confessionsschule für diese dürfe der Regierungs⸗

Präsident ja nur unter Zustimmung der Gemeinde anordnen. Gegen die ausgesprochene Idee einer Beschränkung der Gesetzgebung auf ein bloßes Dotationsgesetz müsse er noch anführen, daß auch ein solches

nur aufgebaut werden könne auf dem Communalprinzip und der Voraus⸗

setzung, daß die Schule confessionell eingerichtet werde. Schließlich wurde der gestern mitgetheilte Antrag Rickert in seinem ersten Satz (den zweiten Satz hatte der Antragsteller unter dem Vorbehalt der Wieder⸗ einbringung an anderer Stelle zurückgezogen) mit einem Amendement Friedberg (statt „Volksschule“ „öffentliche Volksschule“ zu setzen) mit allen gegen die Stimmen des Centrums und der Polen

angenommen, und mit diesem Antrage der § 1, welcher nunmehr

lautet: „Die öffentliche Volksschule ist eine Veranstaltung des Staats und steht unter seiner Aufsicht. Aufgabe der Volksschule ist die religiöse, sittliche und vaterländische Bildung der Jugend durch Er⸗ ziehung und Unterricht, sowie die Unterweisung derselben in den für

das bürgerliche Leben nöthigen allgemeinen Kenntnissen und Fertig⸗

keiten. Die Berathungen der Commission werden am Donnerstag Abend fortgesetzt werden.

Nr. 5 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 2. Februar hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insb. Influenza.

Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Ein⸗ wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkran⸗

kungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗

und Landbezirken. Gesundheitsstand und Sterbefälle im De⸗ zember. Gesundheitsverhältnisse in der Preußischen Armee ꝛc. 1891, 1. Halbjahr. Mittheilungen aus Britisch⸗Ostindien. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. (Egypten.) Thierseuchen in Ungarn 1890. Veterinär⸗polizeiliche Maßregeln. (Deutsches Reich, Frankreich.) Gesetzgebung u. s. w. Württemberg.) Leichenschauer. (Mecklenburg⸗Schwerin.) Impf⸗ termine. Viehseuchen. (Elsaß⸗Lothringen.) Standgefäße in den Apotheken. (Oesterreich.) Impfung in den Volksschulen. (Nieder⸗ Oesterreich.) Thierquälerei. (Belgien.) Kunstbutter. (Däne⸗ nark.) Schweineeinfuhr. (Rußland.) Kunstbutter. Verhand⸗ lungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Preußen.) Staatshaus⸗ halts⸗Etat 1892/93. (Frankreich.) Schutz der öffentlichen Gesund⸗ heit. Vermischtes. (Preußen.) Aerztekammern. Geschenkliste. Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, Dezember. Desgl. in größeren Orten des Auslandes. Beilage.

Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz. (Verdorbenes 7 eilch. insbesondere Wassersucht, Erkrankungen durch Trächtigkeit und sebären.)

Nr. 6 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 6. Februar hat folgenden Inhalt: Der Städtetag auf der elektro⸗ technischen Ausstellung in Frankfurt a. M. vom 27. bis 29. Auguft 1891. Norwegisches Bauernhaus. Die öffentlichen Bauten Italiens von 1884 bis 1890. Fahrstraßen⸗Entriegelung durch das

Zug⸗Schlußzeichen. Diagramm für Träger und Stützen. Ver⸗

mischtes: Preisrichtergutachten in dem Wettbewerb um ein Rathhaus in Pforzheim. Wettbewerb um den Neubau eines Museums für Darmstadt. Gedächtnißtafel Karl von Gontard's. Incrustat⸗ Stein.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die öffentliche, vor einer Menschenmenge geschehene Aufforderung an die strikenden Arbeiter einer einzelnen Fabrik, Zeche ꝛc., den unter Verletzung der Kündigungsfristen begonnenen Ausstand fortzusetzen, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Straf⸗ senats, vom 27. Oktober 1891, nicht als eine Aufforderung zum Un⸗ ehorsam gegen Gesetze im Sinne des § 110 des Str.⸗G.⸗B. zu estrafen, selbst wenn dem Auffordenden bei seiner Aufforderung be⸗ kannt war, daß die Fortsetzung des Ausstandes eine Verletzung der Kündigungsfristen enhielt.

Ist die Prolongation eines Börsen⸗Kaufgeschäfts nicht durch vereinbarte Verschiebung der Erfüllung des bestehenden Geschäfts, sondern durch Vornahme zweier, allerdings durch einen Entschluß bethätigten und miteinander verbundenen Geschäfte, nämlich eines Verkaufs der abzunehmenden Werthpapiere und eines Wiederkaufs derselben auf Zn erfolgt, so liegt, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, IV. Civilsenats, vom 30. November 1891, ein eigentliches Reportgeschäft vor, und es ist im Sinne der Nr. 4 A des Tarifs zum Reichs⸗Stempelgesetz vom 29. Mai 1885 als ein zweifaches An⸗ schaffungsgeschäft zu versteuern.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Nach § 6 des Krankenversicherungsgesetzes besteht die Krankenunterstützung in Gewährung freier ärztlicher Behandlung, Arznei sowie Brillen, Bruchbänder und ähnlicher Heilmittel und im Falle der Erwerbsunfähigkeit in Zahlung eines Krankengeldes. Wenn nun der § 7 weiter bestimmt:

An Stelle der in § 6 vorgeschriebenen Leistungen kann freie

Kur und Verpflegung in einem Krankenhause gewährt werden, so entsteht die Frage, ob die Krankenkasse, sofern sie Kranken⸗ hauspflege gewährt, verpflichtet ist, das erkrankte Mitglied in das Krankenhaus zu transportiren bezw. einem Ortsarmenverbande emäß § 57 die erforderlichen Transportkosten zu ersetzen. Das O.⸗. 8. hat diese Frage in dem Urtheil vom 17. Dezember 1891. III 1137 bejaht und ausgeführt: Wenn in § 7 der Kasse die Befugniß gegeben ist, sich ihrer gesetzlichen Verpflichtung durch Gewährung der Krankenhauspflege zu entledigen, so gehören zur Gewährung dieser Pflege alle diejenigen Leistungen, die erforderlich sind, damit der Kranke der Krankenhauspflege auch wirklich theilhaftig werde. Die Kasse hat daher den Kranken, wenn er unfähig ist, zu gehen, unter Anwendung geeigneter Transportmittel in das Krankenhaus zu schaffen. 8

2 8 b Land⸗ und Forstwirthschat. Gestern haben in der Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin, Invalidenstraße 42, Unterrichtscurse für praktische Landwirthe begonnen; sie dauern bis zum Sonnabend, 13. Februar; die Curse beziehen sich auf: 1) Landwirthschaft und Gartenbau (Professor Dr. Lehmann, Professor Dr. Orth, Professor Dr. Werner, Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Wittmack, Dr. C. Weigelt, Weinbau, Kellerwirthschaft, Wein⸗ bereitung, Ingenieur, Geheimer Rechnungs⸗Rath Schotte, Meliorations⸗ Bauinspector Gerhardt). 2) Naturwissenschaften. a. Botanik und Pflanzenphysiologie. (Professor Dr. Frank.) b. Bodenkunde. (Professor Dr. Gruner.) c. Zvoologie, Thier⸗ physiologie und Thierheilkunde. (Professor Dr. Nehring, Professor Dr. Zuntz, Roßarzt Dr. Hagemann.) 3) Volkswirthschaft. (Professor Dr. Sering.)

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Bremen, 9. Februar. (W. T. B.) Die Direction des Norddeutschen Lloyd erhielt von dem Inspector Leist folgendes Telegramm aus Newport von gestern Abend: Wind westlich und frisch,., Bergungs⸗Dampfer können wegen hohen Seegangs nicht arbeiten; Zahlmeister Nelson überbringt mit dem Dampfer „Trave“ das Silberzeug und Inventar der „Eider“; Lage des Dampfers unverändert.

London, 9. Februar. (W. T. B.) Weitere Verordnungen des Ackerbau⸗Ministeriums verbieten anläßlich der kürzlich vor⸗ gekommenen Fälle von Maul⸗ und Klauenseuche unter dänischem Vieh auch die Vieheinfuhr aus den Nieder⸗ landen, ebenso die Abhaltung von Viehmärkten sowie öffentliche und private Verkäufe von Vieh innerhalb des städtischen Polizeibezirks von London mit Ausnahme des Viehmarkts in Deptford.

St. Petersburg, 9. Februar. (W. T. B.) Der „Nowoje Wremja“ zufolge wird die Anzahl der im Stillen Ocean stationirten russischen Kriegsschiffe in diesem Jahre auf elf erhöht werden, wobei Torpedoleger und andere Hilfsfahrzeuge nicht mit eingerechnet sind. Konstantinopel, 9. Februar. (W. T. B.) [Meldung der Agence de Constantinople.] Der französische Bot⸗ schafter Cambon beantwortete die letzte Note der Pforte in der Chadourne⸗Angelegenheit mit einer Empfangs⸗ bestätigung, indem er den Inhalt der Note wiederholte und hinzufügte: die französische Regierung betrachte den Zwischen⸗ fall als geschlossen, obgleich sie die Anschauung der Pforte in Betreff der Hauptfrage nicht theilen könne.

Athen, 9. Februar. (W. T. B.) In dem Befinden der Kronprinzessin Sophie ist eine Besserung eingetreten. Bei dem gestrigen Wiederzusammentritt der Deputirten⸗ kammer verlangte der Vorsitzende der Commission zur Prü⸗ fung der Frage, ob der frühere Minister⸗Präsident Trikupis in Anklagezustand versetzt werden solle, einen weiteren Auf⸗ schub für die Vorlegung des Berichts. Die Kammer bewilligte schließlich trotz des lebhaften Widerspruchs Trikupis' einen noch⸗ maligen Aufschub von zehn Tagen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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NW 5 ͤbedeckk 5 1 wolkig still wolkenlos 4

stadtluft. Donnerstag:

¹) Dunst. ²) Gestern Regen. ³) Gestern Regen. Augen. Der sechste Sinn.

Freitag: Die Großstadtluft.

Nächste Nachmittags⸗Vorstellung zu volksthümlichen bearbeitet von Richard Genée. Preisen: Sodoms Ende. Genée. In Scene gesetzt von Emil Thomas. An⸗ Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pastor Berger

4) Nachts Schnee und Regen. ⁵) Vormittags Regen, Nachmittags Schnee.

Uebersicht der Witterung. Eine breite Zone hohen Luftdrucks erstreckt sich von den britischen Inseln ostnordostwärts über das Nord⸗ und Ostseegebiet nach Finland hin, während

westlichen Gebietstheile ausgenommen, herrscht Frost⸗

Schauspielhaus. 41. Vorstellung. brochene Krug. ig vor Kleist. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Der eingebildete Kranke. Lustspiel in 3 Aufzügen von Baudissin'schen Uebersetzung. In Secene gesetzt vom Negisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

valleria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper

dem gleichnamigen Volksstück von Ver gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. t Musikdirector Wegener. Prometheus. Musik Beethoven.

Frauen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph LᷓArronge. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Hofpauer. Anfang 7 Uhr.

S College Crampton. Sonntag: College Crampton.

Berliner Theater. Mittwoch: Esther. 4 Acten von Ed. Jacobson Der Geizige. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Der Hüttenbesitzer.

Freitag: 22. Abonnements⸗Vorstellung. Kean. Ernst.

Lessing⸗Theater. Mittwoch: Die Groß⸗

Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 1. Male: eine südostwärts fortschreitende Depression über Un⸗ Der Bärenführer. Schwank in 3 Acten von garn lagert. Der Druckvertheilung entsprechend Franz Wallner und Oscar Teuscher. Vorher, zum wehen über Central⸗Europa durchschnittlich mäßige 1. Male: Der berühmte Mitbürger. Burleske nördliche Winde, unter deren Einflusse die Tempera⸗ mit Gesang in tur erheblich gesunken ist. In Deutschland, die süd⸗ Anfang 7 ½ Uhr.

Lustspiel in 1 Aufzug von H. von fang 7 Uhr.

olière, mit Benutzung der

Dirigent: Anfang 7 ½ Uhr.

Nach einer mythologischen

Donnerstag: Das Sonntagskind.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ u 11 ö“ Donnerstag: Opernhaus. 38. Vorstellung. Ca- bild in 3 Acten von Guy de Maupassant. In 71 Uhr⸗ Auf He⸗ 1 1 8 * Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher: & Uhr: Auf elgoland oder: Ebbe und Flut 1 w 8 egs⸗ 4 8* 1 Rp Große hydrol. Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Ab⸗ in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Tert nach Modebazar Violet. Schwank in 1 Aet von theilungen mit Nationaltänzen (60 Damen), Auf⸗

Verga. In Scene Benno Jacobson. In Sceene gesetzt von Emil Lessing. zügen. Neue Einlage: „Die Garde⸗ Husaren“ und

Der zer⸗ Costume vom Garderoben⸗Inspector Ventzky. An⸗ „Le carneval de Venice“ für die Flöte von ).

Demerssemann (Herr Herbort „Spreewellen“, Walzer von Müller. „Mazurka“ für die Violine von Wieniawski (Herr Carnier). „The lost chord“ für Piston von Sullivan (Herr Böhme).

Circus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends

„Tscherkessen“. Dampfschiff⸗ u. Bootfahrten, Wasser⸗

Die Aufführung von,Musotte“ beginnt um 8Uhr. 22 †.9ꝗꝙʒQ¶—ene, 1 1 8 Donnerstag: Dieselbe Vorstellung. fälle, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffecten ꝛc., be Tanzdichtung E. Taubert's in 2 Acten von Emil —— 1 Nebel Graeb. Dirigent: Musikdirector Hertel. Anfang

arrangirt und inscenirt vom Director E. Renz. Außerdem: Zum 1. Male in Europa: Die 3 Ameri⸗ kaner Gebrüder Rirfolds, die vorzüglichsten Springer

Shr. 8 Belle-Alliance-⸗Theater. Mittwoch: 41. En⸗ und Akrobaten der Gegenwart. 4 hohe Schulen, Schauspielhaus. 42. Vorstellung. Wohlthätige semble⸗Gastspiel der Münchener, unter Leitung des zu gleicher Zeit geritten von den Damen Frls. Clot. Königlich bayerischen Hofschauspielers Herrn Mar Hager, Oceana Renz, Vidal und Helga Hager. „Zum 13. Male lletzte Woche): Der 6 Trakehner Rapphengste, zusammen dressirt und Herrgottschnitzer von Ammerganu. Ober⸗ vorgeführt von Herrn Franz Renz. „Emperor’,

8 baverisches Volksstück mit Gesang und Tanz in geritten von dem Schulreiter Herrn Gaberel.

Im 3. Act: „Schuhplattl⸗Tanz“.

48. Male: Der Tanzteufel.

Anfang 7 ½ Uhr.

Fräulein Frau.

fang 7 ½ Uhr.

8 . Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: 42. Ensemble⸗Gastspiel der Münchener. Cottrelly, Equilibristinnen. Auftreten der besten

Donnerstag: College Crampton. „er; Freitag: Die Welt, in der man sich laug⸗ Der Herrgottschnitzer von Ammergau.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch: Zum

Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. In Scene gesetzt

Donnerstag: Der Tanzteufel.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Deutsches Theater. Mittwoch: Das 5 von Ludwig Ganghofer und Hans Neuert. Gigerl⸗Manöver, geritten von 16 Damen. Sisters Wintermärchen. Anfang 7 Uhr.

Lawrence am fliegenden Trapez. Geschwister

Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns. Täglich: Auf Helgoland. Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr

Gesangsposse in (1, Kind frei). Mazeppa's Verbannung. Große

und W. Mannstädt. historische Pantomime mit Ballet (Polnischer

Nationaltanz vom gesammten Corps de Ballet). von Adolph Abends 7 ½ Uhr: Auf Helgoland.

—y —y ————— Familien⸗Nachrichten.

8

2 Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Verlobt: Frl. Victoria von Biel mit Hrn. von Unter vier Direction: Emil Thomas. Mittwoch: Zum 5. Male: r

(Novität!) Rothköpfchen. Vaudeville⸗Posse mit Verehelicht: Hr. Gerichts⸗Assessor Kurt Frhr. Gesang in 3 Acten von Meilhac und Halévy, frei Musik von Richard

Gadenstedt (Zierow—Gadenstedt).

Schenk von Schweinsberg mit Frl. Maude Jackson (Ballinderry Rectory, Irland).

(Liebenwalde)h. Hrn. Prem.⸗Lieut. von Donop (Salzwedel). Hrn. Aug. von Beulwitz (Maria⸗ hütte)h. Eine Tochter: Hrn. Hauptmann

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Gestorben: Hr. General⸗Lieut. z. D. Rudolf von

Hans von Graevenitz (Dessau). Hrn. Haupt⸗ mann Arthur von Barby (M.⸗Gladbach).

1 Act. Musik von V. Holländer. Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im Rer (Wiesbaden).

wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ Donnerstag u. folg. Tage: Der Bärenführer. zettel. Anfang 7 ½ Uhr.

Redacteur: Dr. H. Klee, Director.

wetter; in Westdeutschland ist Aufklären eingetreten, Ein berühmter Mitbürger. 3

im Süden und Osten fällt vielfach Schnee. Sonntag:

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. In

Scene gesetzt vom II gent: Kapellmeister Sucher. *

nfang 7 Uhr.

Nachmittags⸗Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Ein toller Einfall. Schwank in 4 Acten von Carl Laufs. Parquet 1 ꝛc. An⸗

Friedrich-

Concert-Haus. In Scene gesetzt von Julius Concert. Anfang 7 Uhr.

(Dir.: G. Kulen⸗

alk. Die neuen Elster“ von Rossini. „Si j'Etais roi“ von Adam.

Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

s 7 ½ Uhr: Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Concert von Emil Götze, unter Mitwirkung des 8

Wilhelmstädtisches Theater. I“ Frauenchors Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ Mittwoch: Mit neuer Ausstattung zum 21. Male: ˖˖¶˖˖—B haus. 37. Vorstellung. Othello. Oper in 4 Acten Das Sonntagskind. Operette in 3 Acten von von G. Verdi. Text von Arrigo Boito. Für die Luge Wittmann und Julius Bauer. Musik von rl. Millöcker. seur Tetzlaff. Diri⸗ Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Femann. Die Decorationen aus dem Atelier von

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

Mittwoch: Karl Meyder⸗ sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗

lichen Anzeigers (Commanditgesellschaften auf

Ouv. „Egmont“ von Beethoven. „Die diebische Actien und Actiengesellschaften) für die Woche

vom 1. bis 6. Februar 1892.

An

Erste Beilage ““ 1 zeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger. “““ 1892.

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Berlin, Dienstag, den 9. Februar

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Deutscher Reichstag. 166. Sitzung vom Montag, 8. Februar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Staatssecretär Dr. von Boetticher.

Vor dem Eintritt in die Tagesordnung erklärt der Abg. Dr. Hartmann (cons.), daß er sich durch die Berichtigung des Abg. Dr. Meyer vom Sonnabend nicht für widerlegt halte, und citirt einen Satz aus dem stenographischen Text der bestrittenen Rede: „Theoretisch liegt die Sache so, daß ein Angehöriger des Deutschen Reichs von dem Particularstaat Schwarzburg⸗Rudolstadt ausgewiesen werden kann, während er in voller Sicherheit wäre, wenn er sich in dem Particularstaat Schwarzburg⸗Sondershausen befände.“ (Abg. Dr. Meyer ist zur Zeit nicht im Hause anwesend.)

Die Berathung des Etats des Reichsamts des Innern (Altersversicherung und Reichs⸗Versicherungsamt) und des Antrags des Abg. Auer und Genossen, der die Revision des Unfallversicherungsgesetzes verlangt und vier Punkte als be⸗ sonders revisionsbedürftig bezeichnet, wird darauf fortgesetzt.

Heute liegt außerdem ein Antrag von Vertretern der Nationalliberalen, des Centrums, der Conservativen und der Reichspartei, den Abgg. Möller, Hitze, Dr. Hartmann und Freiherr von Stumm vor, der die verbündeten Re⸗ gierungen ersucht, baldigst einen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Unfallversicherungsgesetzes, vorzulegen.

Königlich bayerischer stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann: Als nichtständiges Mitglied des Reichs⸗Versicherungsamts erwidere er dem Abg. Grillen⸗ berger auf seine Ausführungen vom Sonnabend: Als der Antrag auf Vermehrung der nichtständigen Mitglieder des Reichs⸗Versicherungs⸗ amts an das Amt gelangt sei, habe auch er gewisse Bedenken gehabt, habe sie aber zurück gedrängt, nachdem von dem Präsidenten des Amts die Gründe der Zweckmäßigkeit und Dringlichkeit dargelegt worden seien, die sofortige Abhilfe erfordert hätten. Mit der Vermehrung der nichtständigen Mitglieder geschehe niemand ein Unrecht, am aller⸗ wenigsten den Arbeitern. Man verfahre bei der Auslegung der Ge⸗ setze immer mit einer gewissen Freiheit und rufe nicht immer gleich nach dem Gesetzgeber, um eine authentische Auslegung zu erlangen. Dieser Schritt habe auch allseitige Anerkennung gefunden. Jedenfalls sei der Vor⸗ wurf, daß der Staatssecretär eine Gesetzwidrigkeit begangen habe, unbe⸗ rechtigt, wenn er auch wohl nicht so böse gemeint sei. Der Abg. Grillenberger habe eine Beseitigung der Landes⸗Versicherungsämter gewünscht, dafür aber nur das alte Bedenken einer möglicher Collision mit dem Reichs⸗Versicherungsamt und eine Entscheidung des sächsischen Landes⸗Versicherungsamts vorgebracht, die einer Ent⸗ scheidung des Reichs⸗Versicherungsamts widerspreche. Aber er sei falsch unterkichtet. Das Amt habe die betreffende Frage als eine offene bezeichnet. Es handele sich darum, welche Berufsgenossen⸗ schaft bei der Holzabfuhr das Risico zu tragen habe. Bei Un⸗ fällen, die sich bei der Holzabfuhr ereigneten, heiße es einerseits, daß das Risico der landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft mit dem Augenblick aufhöre, wo das Holz zur Abfuhr bereit gestellt sei; nach einer anderen Meinung habe die landwirthschaft⸗ liche Berufsgenossenschaft das Risico noch bis zu dem Augenblick zu tragen, wo das Holz auf die nächste öffentliche Straße durch den Wald gefahren sei. Man meine, daß, wenn der Unfall während der Fahrt von dem Holzlagerplatz bis zur Straße erfolge, nicht die Holz⸗ industrie⸗, sondern die landwirthschaftliche Berufsgenossenschaft haften solle. Das Reichs⸗Versicherungsamt habe in dieser Beziehung eine Entscheidung überhaupt noch nicht getroffen. Reichs⸗Versicherungs⸗ amt und Landes⸗Versicherungsämter seien bis jetzt noch niemals in eine Meinungsverschiedenheit gekommen, sie wirkten immer in größter Eintracht und Harmonie zusammen, indem die letzteren sich dem ersteren anzupassen suchten. Um in allen Verwaltungsangelegenheiten eine möglichste Uebereinstimmung zu erzielen, würden Conferenzen ab⸗ gehalten. Unter Bezugnahme auf diese Conferenzen heiße es in dem letzten Jahresbericht des Reichs⸗Versicherungsamts: die Berufs⸗ genossenschaften lieferten von neuem den Beweis für das allseitige Bestreben, mit dem Reichs⸗Versicherungsamt Hand in Hand zu ar⸗ beiten. Wenn das Reichs⸗Versicherungsamt selbst anerkenne, daß es sich mit den Landes⸗Versicherungsämtern gut wirthschaften lasse, so hrauche man nicht die Gefahr an die Wand zu malen, daß sie die Rechtseinheit gefährdeten. Sie entsprächen aber auch einem Be⸗ dürfniß der Rechtsuchenden, da es zweifellos leichter und bequemer sei, dei den nahegelegenen Landesämtern sein Interesse zu wahren als in Verlin. Die Schlesier oder Westfalen entschlössen sich leichter, nach Berlin zu reisen, als die Süddeutschen. Außerdem seien sie nicht so belastet wie das Reichs⸗Versicherungsamt. Das bayerische habe 1891 nur 230 Recurse zu entscheiden gehabt. Auch den Vor⸗ wurf des Abg. Grillenberger, daß die Berufsgenossenschaften und Schiedsgerichte mit einer gewissen Parteilichkeit und Rücksichtslosigkeit gegen die Arbeiter urtheilten, müsse er aus seiner Erfahrung als durch⸗ 5 unbegründet bezeichnen. Der Abg. Grillenberger habe sich zum Beweise 8 zunehmende Zahl der Recurse berufen. Allein man müsse, wenn man hier die Statistik zu Hilfe nehme, nicht nur mit absoluten, mit relativen Zahlen rechnen. Nach dem letzten Jahresbericht Es Reichs⸗Versicherungsamts habe die Zahl der Berufungen gegen die Intscheidungen der Genossenschaftsvorstände allmählich abgenommen. Während früher in ¼ der Fälle Berufung erhoben worden sei, 85 sich im Jahre 1890 die Berufungen auf 5, im Jahre 1891 8 8 eges Gegen Entscheidungen der Schiedsgerichte sei 1890 1891 1a0. er Fälle Berufung an das Reichs⸗Versicherungsamt erhoben, 8. gr, h 10 7o der Fälle. Das beweise, daß die Arbeiter mit erceh Ses ungen der Schiedsgerichte und Genossenschaftsvorstände densh nicht so⸗ unzufrieden seien, wie es der Abg. Grillenberger be⸗ für de. Die zuständigen Körperschaften vollzögen das Gesetz in einer sur den Arbeiter wohlwollenden und gerechten Weise.

Seite tg. 81 8 16 8 Den Rednern von der rechten und linken nisches des. Häuses Fließe er sich in dem Wunsche an, daß ein tech⸗ ches Mitglied des Reichs⸗Versicherungsamts die Bemerkungen z der vorliegenden Materie an Stelle d 8 Staatssecretäts hätte Keant⸗ worten solle 8 aterie an S elle des Staatssecretärs hätte beant⸗ zu versuch Es frage sich, ob es nicht richtig sein würde, jetzt schon ersicheru en; durch die Gesetzgebung nachzuholen, was in dem Unfall⸗ 1 eme heset, zweifelbaft und lückenhaft sei, wie man ja sei eind v. Krankenkassengesetz eine Novelle vorgelegt habe. Nun hin in Aasdn zum Unfallversicherungsgesetz mach der Richtung werde Wessicht gestellt, daß der Kreis der Versicherten erweitert denke nicht alte dies bei gewissen Betrieben für gerechtfertigt. Er b netsmge so wie früher, wo er geglaubt habe, die Organisation überflüsss versicherungsgenossenschaften werde jede andere Organisation msig machen. Die Praxis habe dies als unrichtig erwiesen. gleich Cencdaß diese Novelle dem Reichstag recht bald zukomme und zu⸗ S hwierigkelt sich erstrecke, die jetzt in der Praris hervorgetretenen 8 Sefißkei en des Gesetzes zu beseitigen. Ob schon in der laufen⸗ davon an on ein solches Gesetz vorzulegen sein werde, hänge natürlich Auer laßfe wie weit es vom Bundesrath vorbereitet sei. Der Antrag der Faß e einerseits wichtige Punkte vermissen, andererseits sei er in reBassung seiner Wünsche sehr der Kritik ausgesetzt. Der Antrag bleccc nmnlch 9öe. 8böö 8 8

inige Punkte auf, die der Abänderung bedürfen sollten; es gebe

gelegt seien. Der Abg. Grillenberger habe getadelt, daß die Arbeiter zu wenig in der Organisation vertreten seien; diese Klage sei gerecht⸗ fertigt. Die Arbeiter seien vertreten bei der Untersuchung von Unfällen, bei der Begutachtung von Unfallverhütungsvorschriften und bei der Festsetzung der Rente in der Recursinstanz beim Reichs⸗Versicherungsamt, sie seien aber nicht vertreten bei der ersten Feststellung der Rente. Die Recurse würden sich wahrscheinlich vermindern, wenn die Arbeiter schon hier vertreten wären. Er halte es jedoch für besser, auf eine Speciali⸗ sirung zu verzichten, weil sonst leicht eine Partei Forderungen stellen könnte, die für eine andere unannehmbar seien, und nur die allgemeine Resolution anzunehmen, daß möglichst bald eine Novelle zum Kranken⸗ kassengesetz vorgelegt werde. Man habe, glaube er, eine viel zu große Abneigung gegen eine Abänderung von Gesetzen. Beim Kranken⸗ kassengesetz habe man zehn Jahre gewartet, bis man sich zu einer Novelle entschlossen. Es wäre aber gut gewesen, schon nach drei bis vier Jahren damit zu kommen, es würden sehr schwer empfundene Mißstände schon viel früher beseitigt sein. Ebenso sollte man nun auch beim Unfallversicherungsgesetz verfahren und auch bei dem Invaliditätsgesetz. Namentlich bei dem letzteren bitte er, nicht so lange zu warten wie beim Krankenkassengesez. Dem Antrag Nr. 1 der Socialdemokraten stimme er zu, denn in der That könne es sehr häufig vorkommen, daß auch bei schweren, nicht nur bei leichten Un⸗ fällen die Heilung in sehr kurzer Zeit eintrete, der Betroffene also eine längere Zeit weder von der Krankenkasse, noch von der Berufs⸗ genossenschaft unterstützt werde. In Betreff der Ziffer 2 müßte eine genaue Regelung eintreten, wie die verschiedenen Berufsgenossen⸗ schaften mit einander abzurechnen hätten. Bei Nr. 3 müßte der wirk⸗ liche Arbeitsverdienst der Gefangenen ermittelt werden. Seine Partei sei dem Invaliditäts⸗ und Altersrentengesetz, so wie es zur Verabschiedung gekommen sei, nicht gerade freundlich gesinnt gewesen; nachdem es aber Gesetz geworden, sei sie bemüht, loyal an seiner Durchführung mitzu⸗ wirken und da, wo sich Fehler zeigten, an ihrer Beseitigung zu arbeiten. Der Staatssecretär Dr. von Boetticher meine, das Gesetz sei über Er⸗ warten günstig aufgenommen und vollkommen durchgeführt worden. Er wisse ja nicht, was der Staatssecretär erwartet habe, aber er müsse bestätigen, daß dies Gesetz wenig dankbar aufgenommen sei; das beweise allerdings nur wenig, denn es sei psychologisch be⸗ greiflich, daß, da die Wohlthaten erst in der Zukunft lägen, die Lasten und die Unbequemlichkeiten aber in der Gegenwart, zunächst die Unzufriedenheit überwiege, aber die Thatsache habe er doch fest⸗ stellen wollen. Namentlich habe das Klebesystem viel Antipathien gefunden, aber nachdem das Gesetz einmal diese große Ausdehnung ge⸗ funden habe, werde man das Kleben kaum vermeiden können. Hätte man sich auf den Kreis der Berufsgenossenschaften beschränkt, so wäre ein anderes System vielleicht denkbar gewesen; nachdem aber auch die kleinsten Arbeitgeber einbezogen seien, wisse er keinen Weg, das Klebe⸗ system zu umgehen. Auch wenn man die Berufsgenossenschaften und die Ortskrankenkassen jetzt heranziehen wolle, würde das Kleben nur anderen Organen zugewiesen, würde aber nicht mehr aufhören können. Der Abg. Grillenberger habe die heutige Entwerthungsmethode der Marken bemängelt, und der Staatssecretär Dr. von Boetticher habe die Beantwortung dieses Punktes wohl nur vergessen. Es sei schwer, hier die richtige Manipulation zu finden, bei der die Versicherungskarte nicht zum Arbeitsbuch werde. Wie der Abg. Grillenberger an Stelle des Aufschreibens des Datums das Aufdrücken des Firmastempels habe empfehlen konnen, begreife er nicht, denn daraus könne der Arbeitgeber doch noch genauer den früheren Auf⸗ enthalt des einzustellenden Arbeiters erfahren und sich bei dem früheren Arbeitgeber über ihn erkundigen. Vielleicht würde es ein befriedigender Ausweg sein, das Datum nicht auf, sondern unter die Marke zu setzen; das würde in Zweifelfällen genügend sein, denn man könnte durch Entfernen der Marke das Datum feststellen, der spätere Arbeitgeber aber würde nicht befugt sein, die Marke so ohne Weiteres fortzunehmen, um das Entwerthungszeichen zu betrachten. Im Uebrigen glaube er nicht, daß die Leute zu leichtsinnig dabei seien, gegen Ent⸗ scheidungen der unteren Instanz über zugebilligte Renten an die Recursinstanz zu appelliren, sondern sie glaubten einfach, im Recht zu sein, und es sei ja bekannt, daß man in eigener Sache sehr häufig ein schlechter Richter sei. Er schließe mit der Wiederholung der Bitte, dem Reichstag recht bald eine Novelle zum Unfall⸗ und auch zum Invaliditätsversicherungsgesetz vorzulegen, die die jetzt hervorgetretenen Mängel beseitigen könne. 8 ö

Staatssecretär Dr. von Boetticher:

Es sei mir gestattet, gleich mit einigen Worten auf die An⸗ regungen des Herrn Vorredners einzugehen. Was zunächst seine Be merkungen über die Unfallversicherung anlangt, so wird der Gesetz⸗ entwurf, welchen ich hoffentlich die Ehre haben werde, im nächsten Jahre vor Ihnen zu vertreten, nicht allein die Ausdehnung der Unfall⸗ versicherungsgesetze auf einige Kategorien solcher Berufskreise, die zweck⸗ mäßig und, wie wir behaupten, nothwendig der Unfallversicherung unter⸗ zogen werden müssen, behandeln, sondern es wird darin auch eine Correctur aller derjenigen Bestimmungen der jetzigen Unfallversiche⸗

rungsgesetzgebung vorgesehen werden, welche sich aus der bisherigen Praxis der Unfallversicherungsgesetze als empfehlenswerth heraus⸗ gestellt haben.

Wenn nun der Herr Vorredner den Wunsch geäußert hat, es möge dieses Gesetz möglichst bald, und, wenn irgend thunlich, noch in dieser Session dem Reichstag vorgelegt werden, so möchte ich zunächst doch daran erinnern, daß das Bedürfniß nach einer Ausdehnung und nach einem Ausbau unserer socialpolitischen Gesetzgebung in weiten Kreisen des Landes als ein dringendes nicht anerkannt wird. (Sehr richtig! links.) Ich möchte vor allen Dingen auch darauf hinweisen, daß beispielsweise der Berufsgenossenschaftstag noch vor eineinhalb Jahren einen Beschluß dahin gefaßt hat, daß ein Bedürfniß zur Reform der Unfallversiche⸗ rungsgesetzgebung nicht anzuerkennen sei. Gleichwohl wird diese Ab⸗ neigung gegen die baldige Inangriffnahme einer Reform der Unfall⸗ versicherungsgesetzgebung nicht ausschließlich entscheidend sein dürfen, und es wird Sache des Bundesraths und des Reichstags sein, dem⸗ nächst an der Hand einer Vorlage zu prüfen, wie weit man zweck⸗ mäßiger und nothwendiger Weise in der Reform und in der Cor⸗ rectur gehen will. Ich stelle also hiermit diese Berathung für die nächste Session in Aussicht, natürlich immer unter dem Vorbehalt, daß die verbündeten Regierungen meinen Intentionen, wie sie zur Zeit bestehen, ihren Beifall geben; denn ohne dieselben kann ich es auch nicht machen.

Nun hat der Herr Vorredner gemeint, man müsse die Novellen in kürzeren Perioden folgen lassen und müsse in jedem Augenblicke, wo sich ein Mißstand herausgestellt habe, mit der Correctur durch die Gesetzgebung bei der Hand sein. Ja, meine Herren, ich stehe eigentlich auf demselben Standpunkt; ich

sage: sobald die Verwaltung und die Gesetzgebung auf irgend

aber je . . viel dringendere Forderungen, als sie in dem Antrag nieder⸗

einem Gebiete einen Mißstand erkennt, soll sie nicht anstehen, auch

die Mittel zu ergreifen, die zur Abstellung dieses Mißstandes er⸗ forderlich sind. Allein, auf einem Gebiete wie der sozialpolitischen Gesetzgebung ist denn doch die Erfahrung nicht zu unterschätzen, und man erkennt heute etwas als einen Mißstand, was man vielleicht morgen auf dem Gebiete der practischen Verwaltung schon corrigiren kann, ohne daß man nöthig hat, die Gesetzgebung in Be⸗ wegung zu setzen. Es wechseln weiter auch die Anschauungen über das, was ein Mißstand ist, und was als Bedürfniß anzuerkennen ist, und da möchte ich doch glauben, daß allzu kurze Perioden, in denen man die Novellen etwa bringen könnte, auf diesem Gebiet sich nicht empfehlen.

Was nun die Bemerkungen des zur Alters⸗ und Invaliditätsversicherung anlangt, begreife i Stand punkt vollständig, Gesetzes ist.

z eine Fraction bei der Berathung dieses Gesetzes zur Geltung gebracht haben, und ich freue mich und begrüße es besonders, daß er namens seiner Frac tion erklärt hat, nachdem nun einmal dieses Gesetz in Kraft getreten, sei auch diese Fraction bereit, in voller Loyalität und mit vollem Verständniß zur Ausführung des Gesetzes hilfreiche Hand zu leisten.

Diese hilfreiche Hand können wir allerdings nicht entbehren, wir sind bei diesem Gesetz auf die Mithilfe aller Kreise der Nation ange⸗ wiesen. Diese Mithilfe ist, was die Behörden anlangt, und was nament⸗ lich das Reichs⸗Versicherungsamt anlangt, was die Kommunalbehörden in den preußischen Provinzen, die mit der Einrichtung von Ver sicherungsanstalten betraut sind, anlangt, was sämmtliche Landes⸗ behörden, in deren Geschäftskreis die Alters⸗ und Invaliditäts⸗ versicherung einschlägt, betrifft, bereitwillig und mit gutem Erfolge geleistet worden.

Es ist neulich meine Bemerkung, daß das Gesetz sich über Er⸗ warten günstig eingeführt habe, belächelt worden, und auch der Herr Vorredner hat heute seine Zweifel darüber geäußert, ob ich mit dieser Behauptung wohl recht hätte. Nun war diese Behauptung nicht aus der Luft gegriffen, sondern sie ist das Resultat einer ganzen Reihe von Thatsachen, die ich zusammenhalten muß, wenn ich über die Wirkung eines solchen Gesetzes urtheilen will. Zu⸗ nächst will ich darauf hinweisen, daß die Besorgniß außerordentlich nahe lag, daß eine große Zahl von Beitragspflichtigen in der ersten Zeit der Geltung des Gesetzes sich ihren pflichtungen entziehen und das Einkleben von Marken zu recht unterbleiben würde. Das ist auch gewiß geschehen, und gewis in einem größeren Umfang, als es angenehm ist. Allein, meine Herren, wenn ich die Rechnungsgebahrung der Versicherungs⸗ anstalten für das erste Jahr der Wirksamkeit dieses Gesetzes ins Auge fasse, dann bin ich berechtigt zu sagen: über Erwarten günstig ist nach der Seite des finanziellen Ergebnisses hin die Durchführung des Gesetzes erfolgt. Aus dem Bericht des Reichs⸗Versicherungsamts über seine Geschäftsthätigkeit für das vorige Jahr, welcher dem Reichstag in den nächsten Tagen zugehen wird ich habe eben die Verfügung unterzeichnet, wonach der Reichstag diesen Bericht erhalten soll —, ergiebt sich Folgendes: Die im Jahre 1891 insgesammt zur Aus⸗ zahlung gekommene Summe an Renten ist überschläglich auf 15,45 Millionen Mark anzunehmen. Das ist also die Summe der Renten, die im vergangenen Jahre gezahlt worden sind. Der Capitalwerth dieser gesammten Rentenlast, die ausgerechnet worden ist im Rechnungsbureau des Reichs⸗Versicherungsamts, berechnet sich nach versicherungstechnischen Grundsätzen auf rund 54,5 Millionen Mark; wird dazu nach der Vorschrift des Gesetzes ein Reservefonds im Betrage von 10,9 Millionen Mark hinzugelegt, und wird an Verwaltungskosten der in der Denkschrift zu dem Gesetzentwurf angesetzte Betrag von rund 11 Millionen, nämlich für den Kopf der Versicherten eine Mark, gleichfalls hinzugerechnet, so stellt sich die den Versicherungsanstalten im Laufe des Jahres 1891 erwachsene Belastung auf zusammen 76,4 Millionen Mark, und wenn Sie damit vergleichen die Einnahme von 88,8 Millionen Mark, welche erwachsen ist durch den Verkauf von Versicherungsmarken durch die Postanstalten, so werden die Herren mir zugeben, daß der Bedarf des ersten Jahres für die Versicherungs⸗ gesellschaften und ich wiederhole: nicht bloß der Rentenzahlungs⸗ bedarf, sondern der Bedarf, wie er sich nach der Capitalisirung der Rente herausstellt mehr als gedeckt ist. .

Dabei ist freilich und diese Einschränkung mache ich sofort nicht außer Acht zu lassen, daß im ersten Jahre in der Hauptsache nur Altersrenten und nur wenige Invalidenrenten gezahlt worden sind. Allein, meine Herren, wenn ich nun weiter in Be⸗ tracht ziehe, daß angenommen, im Durchschnitt der Ge⸗ sammtheit aller vier Lohnklassen wäre der Beitrag der zweiten Lohnklasse für jede versicherungspflichtige Person zu zahlen man zu dem Ergebniß kommt, daß danach im Ganzen 103 Millionen Mark hätten einkommen müssen, dann ist das Ergebniß des ersten Jahres, daß hier über 88 Millionen Mark Marken gelöst worden sind, ein außerordentlich günstiges. Ich zweifle nicht daran, daß die Fehler, die in der Heranziehung der versicherungspflichtigen Personen bisher noch bestehen, vielleicht niemals vollständig, aber von Jahr zu Jahr in immer erhöhtem Maße abgestellt werden können.

Weiter, meine Herren, ist ja kein Zweifel darüber, daß in der That andere Kreise, und zwar nicht bloß zum Zwecke der Erlangung einer Alters⸗ rente, sich dafür interessiren, daß sie in die Alters⸗ und Invalidenver⸗ sicherung einbezogen werden. Beim Reichsamt des Innern sind eine ganze

Reihe von Vorstellungen eingegangen, welche darauf abzielen, solche Personen, die jetzt noch nicht von dem Gesetz getroffen sind, dem⸗ nächst der Versicherungspflicht zu unterwerfen. Alle diese Personen führen aus, daß die Wohlthat dieser Gesetze, die ihren Nachbarn zu theil wird, auch von ihnen gewünscht und begehrt wird. Die Stimmen, allerdings in der Hauptsache von Rentenempfängern, welche über die Wohlthaten des Gesetzes sich günstig aussprechen, stehen keineswegs vereinzelt da; mir sind sogar schon Photographien

von Rentenempfängern zugestellt worden (Heiterkeit), welche dadurch

ihre Dankbarkeit für das Gesetz haben aussprechen wollen. Einen