1892 / 38 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

schuldig Verurtheilten zu gewähren. Das kann ich versprechen, daß, wenn wir an die Revision der Strafproceßordnung kommen, diese Frage ebenso wie die Einführung der Berufung funditus dabei erörtert werden muß. Das versteht sich dann ganz von felbst. Nicht versprechen kann ich freilich, wie die verbündeten Regierungen sich zur Sache stellen werden, das ist unmöglich. Aber, meine Herren, wenn die Sache dann zur Sprache kommt, wenn sie noch inmal erwogen wird, glaube ich allerdings, und allzu lange wird

as nicht mehr dauern, daß man das Mögliche thun wird, um den jetzigen Zustand, von dem ich zugebe, er ist gerade nicht das Ideal,

*

das uns vor Augen steht, zu verbessern.

Abg. von Strombeck, (Centr.): Der Hauptzweck einer jeden Rechtsprechung sei die Gerechtigkeit. Wenn aber statt der Gerechtigkeit eine offensichtliche Ungerechtigkeit geschaffen sei, so sei es eine Forde⸗ rung christlicher Gerechtigkeit, daß ein unschuldig Verurtheilter ent⸗ schädigt werde. Auch darüber herrsche kein Zweifel, daß das Wieder⸗ aufnahmeverfahren nach mancher Seite reformbedürftig sei. Jetzt könne die Wiederaufnahme nur beantragt werden, wenn auf eine geringere Strafe erkannt werden könne. Wenn jemand wegen Diebstahls verurtheilt sei, oder es habe sich nur um eine ebenso hoch zu bestrafende Unterschlagung gehandelt, so könne die Wiederaufnal me nicht erfolgen. Der Betreffende würde also, wenn er später wegen Diebstahls verurtheilt werde, wegen des Rückfalls schwerer bestraft werden, trotzdem er vorher keinen Diebstahl begangen habe. Hier müsse auch für den Verbrecher Gerechtigkeit geschaffen werden. 8

Abg. Schneider⸗Hamm (nl.): Er fühle sich von dem Verdacht des Abg. Träger, neue Gedanken über die Sache zu haben, völlig frei. Nach den wiederholten Verhandlungen habe er sich vergeblich nach neuen Gesichtspunkten umgesehen. Er begrüße es mit Genug⸗ thuung, daß die Haltung der Regierung heute nicht mehr eine so. ch. lehnende dem Gedanken der Anträge gegenüber sei, wie bei den letzten

Verhandlungen 1888. Daher werde hoffentlich eine erfreuliche Lösung der Sache gelingen. Das ganze deutsche Volk halte die Entschädigung unschuldig Verurtheilter für eine Forderung der Gerechtigkeit. Eine passende Form werde dafür unter allen Umständen gefunden werden müssen. Der Entwurf wolle mit Recht den Anspruch auf Ent⸗ schädigung als einen Rechtsanspruch im Gegensatz zur gung. Auch der Staatssecretär persönlich stehe anscheinend grundsätzlich auf diesem Standpunkt.. Und der Anspruch müsse zunächst gegen die Staatskasse gewährt werden, die ihrerseits auf den zurückgreifen könne, der die Verurtheilung eines Unschuldigen veranlaßt habe. Er Redner) könne aber die Entschädigung nicht billigen, wenn die Unschuld. nicht nachgewiesen, sondern nur ein non liquet vorhanden sei. Die Ge⸗ währung eines Anspruchs in diesen Fällen würde das Vertrauen des Volkes zur Gerechtigkeit, wie sie in der Rechtspflege herrschen solle, erschüttern. Der Abg. Rintelen wolle auch 88 Wiederaufnahmeverfahren beschränken. Der Mangel, des Rechts⸗ mittels der Berufung mache eigentlich diese Beschränkung un⸗ möglich. Das Wiederaufnahmeverfahren könne die Berufung nicht ersetzen, und deshalb dürfe es nicht noch weiter beschränkt werden, so lange nicht die Berufung wieder eingeführt sei. In logischer 8a. folge müßte zunächst die Berufung wieder eingeführt werden, dadurch würde die Möglichkeit geschaffen, das Wiederaufnahmeverfahren zu beschränken, und bei dieser Beschränkung wäre es möglich, diesen Anträgen zuzustimmen. Aber die Wiedereinführung der Berufung stehe noch in weiter Ferne, und daher sei es taktisch richtiger, das Augenmerk zunächst auf die Entschädigung unschuldig Verurtheilter zu richten. Eine Commissionsberathung würde er nicht empfehlen. Abg. Frohme (Soc.): Wenn der Staatssecretär die Meinung habe, es sei außerordentlich schwierig zu entscheiden, ob ZJjemand wirklich unschuldig sei, und in keinem Falle dürfe derjenige eine Entschädigung erhalten, der im Volksbewußtsein noch gelte, so müsse er dieser Ansicht entgegentreten. Viel wichtiger als die Wiederaufnahme des Verfahrens sei die Entscheidung der Frage nach Wiedereinführung der Berufung. Im Jahre 1889 seien von den Amts⸗ und Schöffengerichten im Deutschen Reiche 1 032 880 Fälle behandelt, in 52 073 Fällen sei Berufung eingelegt, und in den meisten Fällen mit Erfolg. Das sei der beste Beweis für 185 Nothwendigkeit des Rechtsmittels der Berufung. Es sei ni zt einzusehen, weshalb die Berufung gegen Urtheile der Straf⸗ kammer weniger allgemeine Berechtigung haben sollte. Die 1 Anträge Träger und Rintelen gingen in dem u“ wo es sich um die Entschädigung unschuldig Verurtheilter handele, nicht weit genug. Die Criminalstatistik des Deutschen Reichs ergebe, daß im Jahre 1889 455 169 Personen angeklagt, 369 644 verurtheilt, also 85 525 freigesprochen worden seien. Die Statistik besage zwar nicht, 85 525 freigesprochen worden seien. Die Statistik besage zwar nich wie viele der Freigesprochenen in Untersuchungshaft gewesen seien, aber gering könne die Zahl dieser Personen nicht gewesen sein. S⸗ hr viele der Freigesprochenen hätten sich längere Zeit in Untersuchungshaft befunden, dazu kämen noch die, di verhaftet gewesen seien, ohne daß es zur Erhebung einer Anklage gekommen sei. Wenn man dem Rechtsgefühl des Volkes in dieser Beziehung Rechnung tragen wolle, so müsse die Entschädigung für die unschuldig in Untersuchungshaft Ge⸗ nommenen in das Gesetz aufgenommen werden. Die Schwierigkeiten, die der Staatssecretär dagegen geltend gemacht habe, üermöge er nirgends zu erkennen. Es bedürfe nur des Aussprechens und der legislatorischen Fixirung des Grundsatzes, daß der Staat zur Entschädigung verpflichtet sei; die Organisation würde gar keine Schwierigkeiten machen. Auch die Mittel würden leicht zu beschaffen sein. Allerdings hätten die verbündeten Regierungen ein großes Interesse daran, daß das Ansehen der Rechtsprechung nach Möglichkeit aufrecht erhalten werde. Wenn das aber dadurch geschet en solle, daß man derartige Rechtsgrundsätze, wie sie in den beiden An⸗ trägen enthalten seien, ignorire, so sei das mit dem Ansehen der Rechtsprechung nicht zu vereinbaren. Die Untersuchungshaft sei selten so leicht verhängt worden als gegenwärtig. Der Fehler liege im System. Ein hervorragender Vertreter der Staatsanwaltschaft und ehemals Mitglied dieses Hauses, Dr. von Schwarze, habe einmal auf die Pflicht der Staatsanwalte hingewiesen, auch diejenigen Momente hervorzuheben, die zur Entlastung des Angeklagten führten, und auch sonst sei dies häufig betont worden, aber leider hätten diese Mahnungen bis jetzt nichts gefruchtet. Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen führen die Staatsanwalte fort, die seit längerer Zeit beobachtete Praxis anzuwenden, wenn auch nur der Schatten eines Beweises vorliege, zumal in politischen Processen. Hier unter seinen Partei⸗ genossen sei fast keiner, der nicht schon unter der zwölf⸗ jährigen Herrschaft des Sszialistengesetzes eine rigorose Hand⸗ habung der strafrechtlichen Bestimmungen habe Herdulden müssen. Häufig würden in politischen Processen Leute in Untersuchungshaft genommen, trotzdem man sich von vornherein wohl sagen könne, daß das wirklich Begangene vor den Gesetzen nicht ausreiche, um ein solches Verfahren zu rechtfertigen. Wenn es nicht anders gehe, mache man das Bedenken einer Möglichkeit eines Fluchtversuchs geltend. Ein in Magdeburg in Untersuchungshaft gebrachter Socialdemokrat Peus habe seine Freilassung gegen Caution nicht erwirken können, trotzdem seine Frau auf dem Sterbebett ge⸗ legen habe. Statt die Unteroffiziere zu declariren als Stellvertreter Gpottes auf Erden, sollte man die mit der Rechtspflege Beauftragten endlich anhalten, kein Unrecht zu thun. Seine Partei verlange die persönliche Haftbarkeit der Justizbeamten in den Fällen der unschuldigen Verurtheilung. Die persönliche Verantwortlchkeit auf anderen Ge⸗ bieten habe man längst. Im Falle einer Körperverletzung könne der Ver⸗ letzte eine Buße verlangen, und wer von der Justiz geschädigt werde, wer unschuldig auf Grund eines Verhaftsbefehls in den Kerker geworfen sei, wessen ganze Lebensstellung und Lebenskraft vielleicht durch diese Handlungsweise zu Grunde gerichtet sei, der solle keinen Anspruch auf Entschädigung haben! Den Avpothekergehilfen, der zum Nachtheil des Kranken die Arzenei verwechsele, werfe man ins Gefängniß, und nur der Justizbeamte solle das Privilegium haben, fahrlässig sein zu dürfen, und dadurch die Freiheit, Ehre, sittliche und materielle Wohlfahrt eines Menschen in Gefahr zu bringen. Wollte man eine persönliche Verantwortlichkeit der Justizbeamten einführen, so würde die Justiz 2

sehen nur gewinnen. Das Justizwesen sei corrumpirt nicht so⸗ wohl durch den bösen Willen einzelner Personen, als vielmehr durch das System, dem es unterstellt worden sei. Von einer wahrhaften Gleichheit vor dem Gesetz sei heute keine Rede; das werde auch von nichtsocialdemokratischen Männern anerkannt. In den letzten Jahren hätten die Gerichte eine ganze Reihe von Handlungen verfolgt und für strafbar erachtet, die zwanzig Jahre hindurch als straflos ge⸗ golten hätten. Er erinnere an die Arbeitercoalitionen, an die Ver. urtheilung strikender Arbeiter wegen Erpressung u. s. w. Man konstruire immer neue Rechtsfälle und Rechtsbegriffe. Er spreche es aus: Die Corruption in der Strafrechtspflege gehe viel tiefer, als an allgemein glaube. 1 8 Prasident r. Levetzow: Sie haben den Ausdruck „Cor⸗ ruption“ zweimal gegen die Justiz gebraucht. Ich halte diesen Ausdruck für unzulässig und bitte, ihn nicht wieder zu gebrauchen. Abg. Frohme (fortfahrend): Aus den angeführten That⸗ sachen möge Jeder die Schlußfolgerung selbst ziehen. Man möge diese Verhältnisse nicht lediglich unter dem nüchternen Gesichtspunkt der Juristerei, sondern des Rechtsbewußtseins des Volkes betrachten. Man möge lernen gerecht sein und sich warnen lassen! Abg. Dr. von Bar (dfr.): Es seien in der letzten Zeit aller⸗ dings Klagen darüber laut geworden, daß Unschuldige in größerer Zabl als sonst verurtheilt seien. Eine genaue Statistik liege darüber nicht vor. Darum sei die Volksstimme auch ganz allgemein für die Entschädigung dieser unschuldig Bestraften. Wenn er freilich vor die Frage gestellt würde: sollen wir diesen Gesetzentwurf annehmen oder im übrigen die Justiz verbessern, so würde er sich in erster Linie für das letztere aussprechen. Man sage gewöhnlich: die Jurisprudenz sei bloß eine Technik. Nein, sie bilde zugleich auch den Charakter, und eine bloß oberflächliche Bekanntschaft mit der Wissen⸗ schaft diene dazu, daß man den Tagesströmungen mehr nach⸗ gebe, als es nothwendig sei. In dieser Beziehung bedürfe auch die Staatsanwaltschaft erheblicher Verbesserungen. Er halte die Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht für so eilig, wie andere Justizreformen. Der Staatssecretär sage über die vor⸗ liegende Frage, daß ohnehin schon das Nöthige ohne Weiteres eschehe. Aber er (Redner) meine, ein Rechtsanspruch sei doch etwas Anderes als ein Anspruch, der lediglich von dem der höchsten Behörde abhängig sei. Wenn vielleicht wenig Ansprüche in den letzten Jahren erhoben worden seien, so liege dies daran, daß die Leute oft schon so gebrochen seien, daß es ihnen schließlich gleichgültig sei, ob sie die Entschädigung bekämen oder nicht. Er habe auch garnicht das Bedenken, daß die Staatskasse im Fall der Annahme dieses Gesetzentwurfs sehr erheblich in Anspruch genommen würde. Vielmehr befürchte er, daß die Wiederaufnahme des Verfahrens erschwert werden könnte durch die Rücksicht auf eine etwaige Ent⸗ schädigung. Jedenfalls sei die allgemeine Meinung entschieden für den Gesetzentwurf, er entspreche auch dem Geiste der Zeit; denn wenn einem Arbeiter, der vielleicht gar keine Beiträge gezahlt habe, eine Alters⸗ und Invalidenrente gewährt werde, dann verstehe man es nicht, daß eine Schädigung in Folge unschuldig erlittener Strafen ohne Ersatz bleiben solle. 1“ Abg. Stadthagen (Soc.): Im vorigen Jahre habe der Staats⸗ secretär gesagt, es sei selbstverständlich Pflicht des Reiches, dafür zu sorgen, daß Leute auch nicht eine Stunde unschuldig in Untersuchungs⸗ haft zubringen müßten; heute sage er: wir wollen sehen, was die Einzelstaaten in dieser Sache machen werden. Seine Partei wolle nicht um Gnade flehen, wo sie verlangen könne, daß ihr ein Recht zu⸗ gebilligt werde. Wenn eine Volksabstimmung darüber veranstaltet würde, würde die große Mehrheit der Bevölkerung sich dahin ent⸗ scheiden, daß die Urtheile nicht gerecht seien, besonders in Processen mit politischer Tendenz. Der Richter werde oft durch die Umstände so befangen in seinem Urtheil, daß es ihm schwer falle, ein gerechtes Urtheil zu fällen; er sei in vielen Sachen sogar völlig Partei, so z. B. bei Anklagen wegen Aufreizung einzelner Be ölkerungsklassen gegen andere. Bei diesem Mangel an Vertrauen in den Richterstand sei es ein Bedürfniß, daß eine Entschädigung unschuldig Ver⸗ urtheilter baldigst Gesetz werde, die Hauptsache sei nicht die Entschädigung unschuldig Verurtheilter, sondern die Entschädigung unschuldig in Untersuchungshaft Genommener. Wenn in dem Antrag Träger die Rede sei vom Schuldigen, so sei als solcher in erster Reihe der Staatsanwalt in Anspruch zu nehmen. Die Ent⸗ schädigung unschuldig in Untersuchungshaft Genommener sei darum so nöthig, weil die Untersuchungshaft in viel ausgedehnterem Umfang ver⸗ hängt werde, als man es bei Schaffung des Gesetzes im Auge gehabt habe; der Begriff „heimathlos“ in dem Sinne der zur Ver⸗ haftung ausreichenden Voraussetzung werde viel zu weit gefaßt, z. B. wisse er aus seiner Praxis, daß irgend eines Delictes angeklagte Dienst⸗ mädchen, die natürlich von der Dienstherrschaft entlassen worden seien, dann als „heimathlos“ gegolten hätten und verhaftet seien, hinterher sei oft Freisprechung erfolgt. Der Abg. Bebel sei zur Zeit des Socialistengesetzes einmal angcklagt, und da er von der Landes⸗ polizeibehörde gerade ausgewiesen gewesen, sei er als „heimathlos verhaftet und im Polizeiwagen abgeholt. Unter vielen anderen Fällen von zu Unrecht verhängten und aufrecht erhaltenen Verhaftungen wolle er besonders den kürzlich vorgekommenen Fall eines Magdeburger Redacteurs hervorheben, der wegen der Höhe der zu erwartenden Strafe in Untersuchungshaft genommen worden sei; seine Frau habe eine schwere Entbindung durchzumachen gehabt, und seine Freunde hätten 10 000 Caution für ihn gesammelt, damit der Verhaftete aus der Haft entlassen und zum Besuch seines kranken Weibes verstattet würde; das sei nicht genehmigt worden, weil das Geld nicht dem Angeklagten selbst gehört habe. Als die Krankheit seines Weibes schlimmer geworden, sei er nochmals um Haftentlassung eingekommen, es sei abgelehnt und ihm gesagt worden, wenn seine Frau gestorben sei, werde man ihm gestatten, an der Beerdigung theil zu nehmen. Infolge dieser Aufregungen sei die Frau gestorben, und nun sei der Redacteur gegen eine geringere, auch von seinen Freunden aufgebrachte Caution aus der Haft entlassen, während die frühere Entlassung den Tod der Frau verhütet haben würde. Es erscheine schon in höchstem Grade unrecht, jemanden durch ein solches Verfahren seines Weibes zu be⸗ rauben, und wenn das christlich se (Präsident von Lepetzow: Es verstößt gegen die Ordnung des Hauses, daß ein Beamter be⸗ schuldigt wird, einem Angeklagten sein Weib enteignet zu haben!) Das seien die Folgen gewesen der actenmäßig festgestellten Hand⸗ lungen der Beamten. (Präsident von Lepetzow: Das folgern Sie, Andere nicht.) Er folgere das aus den Acten, deren Studium ihm manche schlaflose Nacht gekostet habe, weil er sich gefragt habe, ob denn die Richter und Staatsanwalte diese Folge ihrer Handlungen nicht hätten voraussehen können. Man möge nicht den Nachtheil unterschätzen, der durch solche Dinge dem Rechtsbewußtsein zugefügt werde, und ein abhelfendes Gesetz in zweiter Lesung zu stande pringen. 1 1 Abg. Munckel (dfr.): Wenn die Thatsachen, die der Vorredner vorgebracht habe, wirklich vorgekommen seien, dann seien sie bedauerlich im höchsten Grade und er ziehe ähnliche Schlüsse daraus, wie der Abg. Stadthagen, aber dagegen Remedur zu schaffen, gebe schon die bestehende Gesetzgebung genügende Mittel an die Hand. Der Antrag sei nicht dazu eingebracht, um fahrlässige oder vorsätzliche Ueber⸗ schreitungen der Amtsgewalt zu strafen dafür sei schon jetzt der, welcher sich die Ueberschreitung zu Schulden kommen lasse, haftbar, sondern mit dem Antrage werde bezweckt, die bedauerlichen Folgen von Irrthümern der Justiz nach Möglichkeit zu beseitigen, es handele sich gleichsam um eine Unfallversicherung gegen Unsäöͤlle bei der Rechtspflege. In dem, worin sich die Anträge Träger und Rintelen glichen, sei man einig; beide Anträge unter⸗ schieden sich dadurch, daß in Einzelheiten die Wünsche auseinander gingen. Er habe sonst immer gewünscht, daß auch die unschuldig erlittene Untersuchungshaft entschädigt werde. Aber soweit wie der Abg. Stadthagen könne er nicht gehen, der sage, es sei jedesmal der fungirende Staatsanwalt daran schuld. Auch der Abg. Stadthagen werde sich bei einiger Ueberlegung selbst sagen, daß bei der Adop⸗ tirung dieses Princips in ganz Deutschland sich kein Staatsanwalt

mehr finden würde. Der Abg. Rintelen wolle nicht nur

unschuldig Verurtheilte, sondern auch durch Beschränkung des Wiederaufnahmeverfahrens eine Ver⸗ hütung der nachträglichen Ermittelung der Unschuld. Diese Verbindung sei höchst unglücklich. Das Wiederaufnahmeverfah⸗ ren sei ja vielleicht verbesserungsbedürftig. Es sei als Ersatz für die Berufung gegeben, und ohne daß dieser Ersatz eintrete, könne er einer solchen Beschränkung nicht zustimmen. Man halte es für ein Unglück, daß jetzt so leicht das Verfahren wieder aufgenommen werde. Wer in der Criminalpraxis stehe, wisse, was dieses „zu leicht“ bedeute. Bisher habe man diesen Zustand ertragen, aber jetzt, wo es anfange, dem Staate möglicherweise einige hundert Mark zu kkosten, werde der Zustand unerträglich und solle beschränkt werden. Den Unschuldi⸗ gen wolle seine Partei nicht auf den Weg der Bitte verweisen, sondern er müsse ein Recht haben, eine Entschädigung verlangen zu können. Man frage: Ist denn der Freigesprochene auch wirklich un⸗ schuldig? Merkwürdig, diese Stimme des Gewissens schlage erst jetzt, wo das Gesetz an den Geldbeutel greife. Früher habe man nicht danach gefragt, die Freisprechung habe ausgereicht für die Annahme der Unschuld. Beim non liquet wolle man keine Entschädigung zahlen und sage: Nein, so unschuldig ist er nicht! Für den Juristen wenigstens sollte, wenn etwas nicht bewiesen sei, es unschuldig er⸗ scheinen. Die Staatsanwalte sollten es sich dreimal überlegen, ehe sie mit Verdächtigungen anfingen, von denen immer etwas sitzen bleibe. Bisweilen gehe man bei der Erhebung der Anklagen mit den kostbarsten Gütern der Menschheit: Ruf, Freiheit und Ehre zu rasch und leicht⸗ lebig um. Er habe nichts dagegen, wenn man die Beamten nicht nur für beabsichtigte, sondern auch für grobe, vielleicht sogar mäßige Ver⸗ gehen haftbar machen wolle.

eine Entschädigung für

Habe ein zweiter Richterspruch die Schuld nicht anerkannt, so solle nicht erst ein Regierungsbeamter darüber entscheiden, ob der Angeklagte halb oder ganz unschuldig sei. Er bitte also, den Antrag Träger anzunehmen, für ihn sei das ein Anfang im Princip: aber der Anfang mit ganzer Kraft gemacht, werde zeigen, daß 52 Reichstag nicht so ganz machtlos den verbündeten Regierungen gegenüber sei. 1“ * Damit schließt die Besprechung. Persönlich bemerkt

Abg. Dr. Lingens (Centr.), daß er in der Budgetcommission nicht die Unteroffiziere als Stellvertreter Gottes hingestellt habe; er habe nur im allgemeinen mit Bezug auf Autorität und Gehorsam betont, daß nur der Gehorsam als menschenwürdig gelten könne, der aus höheren Rücksichten gemäß Gottes Gebot erfolge. Von den Unteroffizieren als Vorgesetzten habe er dabei nicht gesprochen, ebenso wenig von dem den Unteroffizieren etwa schuldigen Gehorsam.

Die Herwage werden nicht an eine Commission verwiesen, sondern in zweiter Berathung demnächst im Plenum verhan⸗ delt werden.

Schluß 4 ¾ Uhr.

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Denkschrift der Ansiedelungscommission.

Dem Hause der Abgeordneten ist gemäß § 11 des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, eine Denkschrift über die Ausführung dieses Gesetzes im Jahre 1891 vorgelegt worden. Wir entnehmen ihr folgende Mittheilungen:

Das Jahr 1891 kann, vom landwirthschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, als ein günstiges in dem Geschäftsbereiche der An⸗ siedelungscommission nicht bezeichnet werden. Witterung und Ver⸗ theilung der Niederschläge waren dem Gedeihen der Feldfrüchte nicht vortheilhaft. Das Wintergetreide hat nicht nur durch Auswinterung, die strichweise, insbesondere in Westpreußen, solche Dimensionen an⸗ nahm, daß sich eine Umackerung und Neubestellung ganzer Felder als geboten erwies, sondern auch durch Junifröste während der Blüthe⸗ zeit des Roggens empfindlich gelitten; sein Körnerertrag war im großen Durchschnitt nur ein mittelmäßiger. Die Ernte der Sommer⸗ halmfrüchte muß als wenig befriedigend und die Kartoffelernte als eine geringe bezeichnet werden. Der Ertrag der Futtergewächse ist lohnender gewesen. Die guten Preise für alle landwirthschaftlichen Producte, das Vieh eingeschlossen, gleichen die Ernteausfälle nicht aus. Die geringen Ernten der letzten drei Jahre beeinträchtigen nicht nur die Betriebsergebnisse der von der Ansiedelungscommission bewirth⸗ schafteten Güter, sondern verzögern auch vielfach die gedeihliche Ent⸗ wickelung der Ansiedelungen; immerhin hebt sich der Viehstand be den Ansiedlern in erfreulicher Weise, und läßt die vermehrte Dünger⸗ production gesteigerte Ackererträge in der Zukunft erhoffen. Alle Grundstücke, die sich von Altersher in besserem Culturzustande be⸗ finden, und die frisch drainirten Felder zeichnen sich bei den ungünstigen Witterungsverhältnissen durch ihre Ertragssicherheit aus. Der Werth der Drainage wird überall von den Ansiedlern rückhaltlos anerkannt. 1 .

Von den bisherigen Mitgliedern der Ansiedelungscommission sind ausgeschieden der erste Präsident der Ansiedelungscommission seit ihrer Begründung Graf von Zedlitz⸗Trützschler, infolge Ernennung zum Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten am 12. März 1891, und der Ober⸗Präsident der Provinz Westpreußen von Leipziger, verstorben zu Danzig am 22. April 1891. 8

Neu eingetreten sind als Mitglieder der Ansiedelungscommissio der frühere dienstälteste Rath der Ansiedelungscommission, Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. von Wittenburg, welcher zugleich zum Prö⸗ sidenten der Ansiedelungscommission ernannt wurde, die beiden Ober⸗ Präsidenten der Provinzen Posen und Westpreußen, von denen ersterer rsitzenden der Commission ernannt worden Kegierungs⸗Rath von Rheinbaben als Cem⸗ missar des Herrn Minister⸗Präsidenten. 8

Im Jahre 1891 sind der Ansiedelungscommission freihändig zum Ankauf angeboten: 76 Güter und 33 bäuerliche Grundstücke: davon aus polnischer Hand: 34 Güter und 17 bäuerliche Grundstücke, aus deutscher Hand: 42 Güter und 16 bäuerliche Grundstücke. „ZIr 23 Fällen trat die Ansiedelungscommission außerdem dem Ankaufe

Gütern und Grundstücken, welche zur Zwangsversteigerung näher. Thatsächlich sind im Jahre 1891 für Zwecke

Ansiedelungscommission angekauft und übernommen:

Rittergüter, 4 Güter, zusammen 16 größere Güter (Haupthöfe, mit oder ohne ausgebaute Vorwerke und theilweise mit zugeschriebenen, früher angekauften bäuerlichen Grundstücken 2 sowie 2 kleinere selbständige Vorwerkswirthschaften, ein Wiesenstreifen am See des Ritterguts Koldromb zur Arrondirung der fiscalischen Güter Niedzwiady und Skörki. Hiervon entfallen: u“

A. Auf den Regierungsbezirk Marienwerder: die Güter Druszyn, Kreis Strasburg, Lulkau, Kreis Thorn, und das Rittergut Gryzlin, Kreis Löbau, mit einem Gesammtflächeninhalt von 1854 ha 68 a 14 gm zu einem Gesammtkaufpreise von 1 008 310 8

B. Auf den Regierungsbezirk Bromberg: das Rittergut 898 Rvbno, Kreis Gnesen, und der Wiesenstreifen am See des Ritterguts Koldromb, Kreis Wongrowitz, mit einem Gesammtflächeninhalt 89 891 ha 93 a 93 m zu einem Gesammtkaufpreise von 665 322 70 ₰.

C. Auf den Regierungsbezirk Posen: die Rittergüter Wvganen⸗ Kreis Koschmin, Kleszezewo, Kreis Lissa, Kowalewo, Pieru zyce, Krer Pleschen, Wydzierzewice, Trzek und Orzeszkowo, Kreis Schroda, Nori 2 Kreis Schrimm, Biechowo mit Vorwerk Syberia, Kreis Wreschen, die Güter Gluchowo, Kreis Koschmin, Wesolki, Kreis Pleschen, und Domt. nowo mit Vorwerk Szrapki, Kreis Schroda, die Vorwerke Wanda, en Schildberg, und Neudorf, Königl. Nr. 1, Kreis Wreschen, mit . Gesammtflächeninhalt von 5779 ha 79 a 76 qm zu einem Gesamn kaufpreise von 4 115 984 47 ₰. jüen

Unter Hinzurechnung der Erwerbungen aus den fünf Vorja 8 umfaßt somit der Gesammterwerb der Ansiedelungsco. 8 mission a. an Gutsareal 57 192 ha 05 a 17 qm zu einem 988 preise von 35 166 533 37 ₰, b. an bäuerlichem Areal 1334 8 36 a 82 qm zu einem Kaufpreise von 904 294 80 ₰28, zusammes⸗ 58 526 ha 41 a 99 qm zu einem Kaufpreise von 36 070 828

8

9 zum stellvertretenden V ist, und der Geheime 1

1

8 8 8

M

17 ₰.

besseren Bodenqualität der Erwerbungen des Jahres 1891 recht⸗ fertigt.

zelnen Gutsverwaltungen sind im Jahre 1891 siedelung drei aufgelöst. . 1 1 der auf den neuen Erwerbungen eingerichteten Gutsverwaltungen eristiren jetzt 63 einzelne Verwaltungen, denen 78 Rittergüter resp. Güter und Vorwerke unterstellt sind. B 1 scheiden: a. 43 Verwaltungen, die lediglich mit dem reinen land⸗ wirthschaftlichen Großbetriebe zu thun haben, b. 14 Verwaltungen, bei denen das Besiedelungsgeschäft begonnen hat, c. 6 Verwaltungen,

63 Verwaltungen. ü um 11 vermehrt, und ist dadurch treffenden Geschäfte erheblich gestiegen.

commission geleiteten zwischenzeitlichen Verwaltung von Ansiedelungs⸗ günstiges Bild.

auch verwahrlosten Bau⸗, Betriebs⸗ und Culturzustande der über⸗ wiegend aus schwachen Händen erworbenen Besitzungen, die daher zu⸗ nächst erhebliche Aufwendungen für Retablissement und Betrieb er⸗ fordern,

und energischen Hebung des allgemeinen Culturzustandes, namentlich bei der Durchführung von Drainirungen,

der Ernteerträge infolge ungünstiger Witterungsverhältnisse,

gingen im Jahre 1891 ein 969 Anträge, also gegen das Vorjahr mehr 133 Anträge. Davon sind 584 durch Einsendung der ausgefüllten Fragebogen zur Notirung in die Ansiedlerliste gekommen. Das

also dasselbe, wie im Vorjahre. Die Anmeldungen katholischer An⸗ wärter haben sich im letzten Jahre vermehrt, nämlich auf 99 gegen 30 im Vorjahre. Im Bureau der Ansiedelungs⸗Commission zu Posen haben vorgesprochen 258 Bewerber. viesenen Vermögen steigt. Er betrug bei den Protestanten 6617 ℳ,

geben: vom Herbst 1886 bis Ende 1887 133, im Jahr m Jahre 1889 196, im Jahre 1890 176, im Jahre 1891 195, zu⸗ ammen 904.

überwiegend ungeeignetes Ansiedlermaterial enthielten, was sich aus iemlich constante geblieben. Man kann annehmen, daß ein Viertel n den Unsiedler ine steigende Bewegung in den 21

ganze Ansiedelungsvorgang in ji Deutschlands noch sehr wenig bekannt ist.

82 28S=S8S88

——⸗ 800—

Gesammtwerthe von 2 476 512,30 ℳ, mithin seit dem Jahre 1886 bis ein⸗ schließlich 1891 904 Stellen an 883 Ansiedler mit einer Fläche von 16 240,72,83 ha zum Gesammtwerthe von 10 611 906,6141 Un⸗ begeben blieben an ausgebotenen Stellen 298 mit 5975,91,69 ha zum Gesammtwerthe von 3 655 445,62 Auch in dem Betriebsjahre nd, ohne in der statistischen Aufnahme zu figuriren, etwa 40 Punc⸗ n gee mit Ansiedlern, die in diesem Frühjahre anziehen wollen, ab⸗ geschlossen.

uft Provinzialeingesessenen eine Betheiligung von im Ganzen 46,3 %. Der Zuwachs an Katholiken 8 uf O echnung eingewanderter Westfalen. Bewirthschaftung von Ansiedlern: im Regierungsbezirk Posen 194 Stellen, im Regierungsbezirk Bromberg 381 Stellen, in der Provinz Westpreußen 196 Stellen, zusammen 771 Besitzstände.

milien einschließlich des aus der Heimath mitgebrachten Gesindes (Spalte 10 und 20):

das sind von 5082 Köpfen 52,53 %.

achses einschließlich des dorther zugezogenen Gesindes beträgt:

weitere freie Einwanderung bäuerlicher Wirthe aus Westdeutschland stattfindet, ist wieder mehrfach beobachtet. weise die Thatsache, daß allein in der Landgemeinde Kaczanowo, 58 Kreises, wo ein Complex von 172 Hectaren von der An⸗ nedelungscommission an deutsche Katholiken (vorwiegend Westfalen) vergeben worden war, 4 Bauerstellen von 3 westfälischen katholischen Familien 0

nichealischen Gutsbezirke in Landgemeinden, haben im Be⸗ anlen. * zu einem positiven Ergebniß nicht geführt, weil die Publi⸗ hälcnff er neuen Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 die Ver⸗

tnisse überall wesentlich verschob. Die neuen Festsetzungen, die dies

. esetz trifft, ließen es schon aus dem Grunde nicht angezeigt erscheinen, uf besondere 8

inzuwirken, we

a - 2*

Se Zusammensetzung zur Entfaltung eines regen communalen ist, zumlicht ohne Schwierigkeiten gelangen können, kaum zuzumuthen alf 58sel⸗ April 1892, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, des

2 r eranderung der Grundlagen ihrer Existenz durchzumachen. Es hat

Angekauft aus deutscher Hand sind: das Gut Druszvn, früher ein

Vorwerk des im Besitz der Ansiedelungscommission befindlichen Ritter⸗ auts Griewenhof, und das Gut Lulkau im Zwangsversteigerungs⸗

8

Der Umfang der Ankäufe im Jahre 1891 beträgt 8526 ha 41 a 83 qm, gegen 7774 ha 85 a 23 qm des Vorjahres, ist also um 751 ha 56 a 60 am gestiegen. Der⸗ stel 679 für den Hektar, was eine Steigerung gegen den früheren Ge⸗ sammtdurchschnittspreis von 616 bedeutet, die indeß sich aus der

Von den nach dem vorigen Jahresberichte bestehenden 52 ein⸗ gal infolge der Be⸗ Unter Abzug dieser und unter Hinzurechnung

Bei diesen sind zu unter⸗

denen das Besiedelungsgeschäft nahezu beendet ist, zusammen Die Zahl der Verwaltungen hat sich also wieder

auch der Umfang der be⸗ Die Ergebnisse der von der Abtheilung B. der Ansiedelungs⸗

ütern zeigen, vom bloßen finanziellen Gesichtspunkte betrachtet, kein Die Gründe dafür liegen: 8 1) in dem mit sehr wenigen Ausnahmen geringen und zumeist

2) in der Unabweislichkeit weiterer Aufwendungen zur raschen

3) in einem seit dem Jahre 1888 fühlbar eingetretenen Rückgang 4) in vielerlei Leistungen für das Ansiedlerinteresse. 1“ Was die Anmeldung Ansiedelungslustiger betrifft, so

* edeutet gegen das Vorjahr eine Zunahme von 71 Noti⸗ ungen. Von den 584 Notirten waren 216 Angehörige er Ansiedelungsprovinzen, d. i. 37 %, das Verhältniß ist

4

Der Durchschnitt der nachge⸗

ei den Katholiken, die überwiegend aus Westfalen stammen, 9464 An Ansiedlerstellen wurden durch Punctationsabschluß ver⸗ Jahre 1888 204,

Abgesehen von den Anmeldungen der ersten beiden Jahre, die er Neuheit der Sache erklärt, ist die Nachfrage bisher eine

er eingehenden Anträge nicht ernst gemeint ist, und daß von den Listen Notirten ein starkes Dritttheil sich als ansässig macht. In allerjüngster Zeit macht sich Anfragen bemerkbar, die eilich in ihren Ausführungen vielfach den Beweis erbringen, daß der W en Schichten der Kleingrundbesitzer Charakteristisch ist, daß größte Theil der Zuzügler aus engeren Landsleuten von früher gezogenen Ansiedlern besteht. Große Gebiete Deutschlands mit arker ackerbautreibender Bevölkerung sind bisher unvertreten ge⸗ eben. Im Berichtsjahre wurden begeben: 195 Parcellen an 93 Ansiedler zu einer Gesammtfläche von 3336,81,98 ha und zum

1

1 Jd

7

Anlangend die Herk der Stellenabnehmer, so zeigen die

29 im Jahre 1890 kommt zumeist

Am 1. Dezember 1891 befanden sich in der selbständigen

Von diesen 771 Besitzständen waren

bis 5 ha groß 73

von 5 15 ha groß 355

von 15 30 ha groß 248

über 30 ha groß 95

Auf diesen 771 Besitzungen lebten

a. Familien der Besitzer (S

b. Gesinde (Spalte 19) . . . 601 1111

9,46 % 46,06 32,16 12 32

2,92 m ganzen an Köpfen: te 8) 4481

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9

8 8

b im ganzen. Köpfe. 1— N . 7 r 0 a0, e . . 6 8— Von diesen 5082 Köpfen entfielen auf die provinzialfremden Fa⸗

5082 S

a. im Regierungsbezirk Posen. . . . 1ö11u“““ b. im Regierungsbezirk Bromberg 181 *. in der Provinz Westpreußen L““ 355 8 8 im gatzen 5670 * 7 8 . 2 Der Procentsatz dieses aus anderen Provinzen stammenden Zu⸗ a. im Regierungsbezirk Posen. b. im Regierungsbezirk Bromberg 66,2 aC 111 Daß neben der Ansetzung von westdeutschen Ansiedlern eine

. 74,2 %

Bezeichnend ist beispiels⸗

1a öhne Zuthun der Ansiedelungscommission angekauft wurden. Die Verhandlungen, betreffend die Umwandelu ng der

Beschleunigung der Constituirung neuer Gemeinden il diesen neuen Gebilden, die ohnehin bei ihrer eigen⸗

innerhalb ihres ersten Entwickelungsjahres, eine vollständige

perfahren, sowie der oben bezeichnete Wiesenstreifen am Koldromber Seee freihändig.

Der Durchschnittspreis stellt sich auf

Kirchspiele naturgemäß in der Regel nur rücksichtlich der in der

besetzten Landestheilegüberall entweder am Orte der Ansiedelung selbst

und Pfarrsysteme finden. In der angegebenen Richtung ist im Berichtsjahre im Einvernehmen mit den Kirchenbehörden im wesent⸗ lichen Folgendes veranlaßt worden: Die neu erbaute evangelische Kirche in Lubowo, §. 1

begründet. Die Verhandlungen wegen Begründung einer neuen

sind zwar noch nicht zum definitiven Abschluß gelangt, indeß bereits soweit gediehen, daß der Bau der Kirche demnächst eingeleitet werden kann. Zu dieser Parochie sollen die Ansiedelungen Zerniki, Ustaszewo und Skörki, sowie eine Reihe von anderen, in der Nähe belegenen, zum theil mit Evangelischen werden. Inzwischen werden die dort in Betracht kommenden Ansiede⸗ lungsorte durch einen aus Mitteln des Ansiedelungsfonds remunerirten, zur Zeit noch in Ustaszewo untergebrachten Provinzial⸗Vicar pastorirt. Ein unter gleichen Bedingungen angestellter Provinzial⸗Vicar ver⸗ sieht die Seelsorge in den westpreußischen Ansiedelungen Rynsk, Bo⸗ browo, Niewierz und Kujawamühle. für die Filialkirchengemeinden Imielinken, Kreis Wongrowitz, Jablowo, Kreis Schubin, und Wengierki, Kreis Wreschen, sind im Berichts⸗ jahre fertiggestellt. Bei den Verhandlungen über die Begründung der entsprechenden Gemeinden hat sich, um eine Ueberbürdung der⸗

dürfniß herausgestellt, diese Körperschaften mit kleineren Landdotationen

Kirchenbehörden sind endlich in Ortschaften, in deren näherer Um⸗ gebung es an allen zur Abhaltung von Gottesdiensten geeigneten Lokalitäten gebrach, die Schulklassenzimmer mit einer verschließbaren Apsis versehen worden, um so deren Ingebrauchnahme für gottes⸗ dienstliche Zwecke zu ermöglichen.

gründung neuer deutscher Schulen auf folgenden Ansiedelunger erfolgt beziehungsweise witz, Gr. Zalesie, Kreis Koschmin, Kornatv, Kreis Wreschen, Czarne⸗pigtkowo, Kreis Schroda, Strzyzewo paczkowo, Kreis Mogilno, Slawoszewo, Kreis Jarotschin, Wosciechowo, Kreis Jarotschin, Ludowitz, Kreis Briesen Wpr., Kiewo, Kreis Kulm, Alt⸗Bukowitz, Kreis Berent. In Gr. Zalesie befindet sich der Unter⸗ richt in dem neu erbauten Schulhause bereits im Gange, in Sadlogosch und Czarne⸗piatkowo ist die Eröffnung des Unterrichts nur noch von dem Eintreffen des Lehrers bezw. einem verstärkten Zuzuge von An⸗ siedlern auf letztbezeichnetem Gute abhängis Ortschaften die Schulgebäude noch nicht g größtentheils der Vollendung nahe sind. von Ansiedlern es wünschenswerth erscheinen ließ, sind Schulzirkel mit eigenem Lehrer schon vorläufig begründet und in verfügbaren Räumen einstweilen untergebracht. Ansiedelungscommission sind danach 33 neue deutsche Schulen ins Leben gerufen worden. terials eine anderweitige Auswahl von geeignetern gefunden hat, ist nunmehr die Anlieferung von 12 weiteren Volks⸗ bibliotheken, deren Verwaltung nach wie vor den Lehrern der betref⸗ fenden Ansiedelungsschulen übertragen wird, im Gange.

sich demnach die Thätigkeit der Commission im wesentlichen darauf

beschränken müssen, das Material für die bevorstehenden neuen Orga⸗ nisationen dergestalt zu ordnen, daß daraus die Möglichkeit folgt, kurz nach dem Inkrafttreten des Gesetzes die neuen Gemeinden einzurichten. Da die Landgemeindeordnung eine Reihe von Fragen nicht generell regelt, vielmehr für die betreffenden Materien auf die geltenden Orts⸗ statuten und Gewohnheiten verweist, so hat es sich schließlich als nöthig erwiesen, für die neuen Ansiedelungsgemeinden, die einer historischen Entwickelung entbehren, ein Normalgemeindestatut aufzu⸗ stellen, in welchem die fraglichen Punkte gleich bei Constituirung der Gemeinde eine Regelung erfahren. Bei dieser Aufstellung ist der Grundsatz maßgebend gewesen, die Selbstständigkeit der Gemeinden so wenig als möglich einzuengen, vielmehr der freien Ent⸗ schließung der Communen den weitesten Spielraum zu lassen. Es sind deshalb nur Vorschriften getroffen worden, deren Bestehen im Gesetz unbedingt vorausgesetzt wurde, oder deren Zweckmäßigkeit all⸗ gemein anerkannt ist. Selbstverständlich wird trotzdem im Einzelfalle geprüft werden, ob und inwieweit eine Abweichung von der Normal⸗ satzung geboten erscheint; schließlich aber wird auch den Gemeinden überlassen bleiben können, kraft ihrer Autonomie die etwa sich als unzuträglich erweisenden Sätze späterhin im Wege der Beschlußfassung abzuändern beziehungsweise zu beseitigen. 3

Bezüglich der kirchlichen Versorgung der Ansiedler ist nach den in der Denkschrift für 1890 dargelegten Grundsätzen weiter ver⸗ fahren worden. Es ist in Aussicht genommen, in Colonien, die in polnischer Umgebung mit deutschen Katholiken besiedelt werden, der Kirche die Mittel zur Verfügung zu stellen, um neben dem polnischen Gottesdienste für die einheimische Bevölkerung deutschen Gottesdienst für die zugezogenen deutschen Ansiedlerfamilien einzurichten. Im übrigen wird eine besondere Fürsorge der Commission durch Bildung neuer

Diaspora sich ansiedelnden evangelischen Colonisten erforderlich, da die Ansiedler katholischer Confession inmitten der mit Katholiken dicht

oder in unmittelbarer Nachbarschaft Anschluß an bestehende Kirchen⸗

8 Kreis Gnesen, ist eingeweiht und dem Ge⸗ brauch übergeben worden; der betreffende Pfarrsprengel ist definitiv

evangelischen Parochie mit dem Mittelpunkte Zerniki, Kreis Inin,

2

dicht besetzten Ortschaften gewiesen

Die Bethäuser bezw. Betsäle

mit kirchlichen Abgaben zu verhüten, das unabweisliche Be⸗

98 18

szustatten, die ihnen die Aufbringung der Kosten für die Fuhren auswärts wohnenden Pfarrer erleichtert. Auf Wunsch der

Nach Verständigung mit den Schulaufsichtsbehörden ist die Be⸗ eingeleitet: Wisniewko, Kreis Wongro⸗ Sadlogosch, Kreis Schubin,

während in den übrigen nz fertig gestellt, indeß Wo ein stärkerer Zuzug

9

28 8 ga

8

Während der bisherigen Thätigkeit der

Nachdem auf Grund des gesammelten Ma⸗

Schriften statt⸗

Abgeordneten setzte, wie die Morgenblätter mittheilen, gestern Nachmittag die Berathung des § 5 der Vorlage fort, welcher von dem Lehrplane und der inneren Einrichtung der Volksschule handelt. Abg. Hansen (freicons.) beantragte, in den Lehrplan auch die „Ge⸗ sundheitslehre“ f „paterländische Geschichte“ sagen: ländische Geschichte“ zu § 5: „Mit Genehmigung der verstärkten Kreis⸗ beziehungs⸗ weise Stadtschulbehörde kann in den Lehrplan für der Handfertigkeitsunterricht, für Mädchenschulen der hauswirthschaft⸗ liche Unterricht aufgenommen werden.“ besonders auf die großen Vortheile, welche der Handfertigkeitsunter⸗ richt für die Knaben habe, und auf die Einrichtungen mancher Städte aufmerksam, wo die Mädchen in der Elementarklasse in einfacher Weise das Kochen erlernten. Baden habe beide von ihm gewünschten Bestimmungen in das Gesetz aufgenommen, Preußen müsse mit an der Spitze marschiren. Bezüglich des Geschichtsunterrichts glaube er, daß die Volksschule allen Anlaß habe, auch die Geschichte anderer Völker zu lehren. Er wolle nicht, daß im Gesetz die Beschränkung des Unterrichts in Geschichte allein auf die vaterländische festgelegt werde. rung des Lehrplans auf Gegenstände, welche nicht im Vordergrund des allgemeinen Interesses lägen. 8 habe er das Bedenken, daß die Seminaristen, welche jetzt kaum im stande seien, die Menge der Lehrgegenstände zu bewältigen, dadurch

werde übrigens nach dieser Richtung hin schon gewirkt. Er habe dies früher ö gethan. Was den er in der Werthschätzung solcher Bestrebungen mit dem Abg. Rickert einig. In Bezug auf die Erweiterung des Geschichtsunterrichts, glaube er und er spreche aus Erfahrung —, daß die Erweiterung des Lehrplans für Geschichte eine Gefahr der Beeinträchtigung der vaterländischen Geschichte in sich schließe. Heydebrand und Graf zu Limburg⸗Stirum (cons.) sowie Abg. Freiherr von Huene

Antrags Rickert auf facultative Aufnahme des Handfertigkeits⸗

und Haushaltungsunterrichts. Für diesen Fall beantragte er aber ein⸗

Parlamentarische Nachrichten. 8

Die Volksschulgesetzcommission des Hauses der

aufzunehmen. Abg. Rickert (dfr.) wollte statt „Geschichte, insbesondere pater⸗

und beantragte außerdem folgenden Zusatz 8 8 2 Knabenschulen

Der Antragsteller machte

8

Der Minister Graf Zedlitz erklärte sich gegen jede Erweite⸗

Bezüglich der Gesundheitslehre

sehr belastet würden. Auf dem Wege der Instructionen als Regierungs⸗Präsident in

3‧Prasid in Oppeln wiederholt Handfertigkeitsunterricht

betreffe, so sei

Die Abgg. Dr. von (Centr.) erklärten sich gegen die

§ 5 für ausreichend, hatte aber nichts gegen die Annahme des

P

Religionsstunden.

vorschlägen vor.

zu streichen; dagegen diesem Absatz hinzuzufügen: neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen ist unter Zustimmung de bürgerlichen Gemeinde (Gutsbezirk, Schulvorstand) in gleicher Weise anzu⸗ ordnen. Die versagte Zustimmung kann bei Landschulen durch den Kreis⸗ ausschuß, bei Stadtschulen durch den Bezirksausschuß ergänzt werden.“ Abg. Hansen ffreicons.) beantragte, in Abs. 3 die Worte „mit den kirchlichen Oberbehörden bezw.“ zu streichen und als Abs. 4 einzu⸗ schalten: schaft) können Einwendungen gegen die Einführung neuer Schul⸗ bücher der bezeichneten Art nur wegen der in ihnen enthaltenen Lehre erhoben für § 6 folgende neue Fassung vor: Lehrplans und die Vertheilung der gegenstände, die Veränderung der bestehenden Schuleinrichtungen, die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen, erläßt der Unterrichts⸗Minister nach Maßgabe dieses Gesetzes und nach Anhörung des obersten Schulrathes allgemeine Vorschriften. derselben überwacht der Regierungs⸗Präsident, insbesondere gestattet er unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zulässige Ab⸗ weichungen von dem allgemeinen Lehrplan und der Vertheilr Stunden nach Anhörung, bezw. auf Antrag der Kreis⸗(Stadt⸗) Schu behörde. In Stadtkreisen beschließen die Gemeindebehörden über di Errichtung neuer Volksschulen, führung neuer Lehrpläne und Schulbücher für den Relig erfolgt nach Anhörung der zuständigen Organe der betreffenden Reli gionsgesellschaft, bezw. der kirchlichen Oberbehörden. Die Aufhebung bestehender öffentlicher Volksschulen bedarf der Genehmigung des Unter richts⸗Ministers.“ folgenden Abs. 2 (statt „dabei“ „bei der Lehrerstellen“) um istungen der Unterhaltungspflichtigen erforderlich machen und wird deren Leistungsfähigkeit bestritten, so darf die Feststellung nur nach Anhörung der verstärkten Kreisschulbehörde (Stadtschulbehörde) er⸗ folgen.“ Abg. dem Absatz 1 des § 6 am Schlusse zuzufügen: „Wegen Zahl und Zeit

jeder Umwandlung ihrer beantragte Abg.

seiner Fractionsgenossen,

zuschalten, daß dieser Unterricht durch technisch gecignete Kräfte ertheilt

werde, da der Lehrer hierzu häufig außer stande sein werde. Abg.

Freiherr von Zedlitz (freicons.) beantragte zu dem Absatz des § 5,

welcher lautet: „Die Aufnahme anderer Gegenstände in den Lehrplan

bedarf der Genehmigung des Unterrichts⸗Ministers“, hinzuzufügen: „Die Aufnahme des Handfertigkeitsunterrichts, bei Mädchenschulen

des hauswirthschaftlichen Unterrichts jedoch nur des Regierungs⸗ Präsidenten.“ nüge gezeigt, daß der Geschichtsunterricht sich auf die vaterländische Geschichte deutung des Rickert'schen Antrages anerkannt und sich nur gegen die Form desselben ausgesprochen. Er stehe auf demselben Standpunkt. Abg. Hansen (freicons.) zog darauf seinen Antrag zurück. Bei der Abstimmung wurden alle Anträge abgelehnt, § 5 in der

Antragsteller führte aus, die Praxis habe zur Ge⸗

concentriren müsse. Der Minister habe die Be⸗

Fassung der Regierungsvorlage unverändert angenommen. Abg. Tickert (dfr.) wünschte nunmehr Auskunft über die Zahl der Selbst der Minister von Mühler habe in

9

dieser Beziehung Schranken gewollt und in seinem Gesetzentwurf die Zahl der Religionsstunden auf 5 bis 6 festgesetzt, während der Mi⸗ nister Falk nur 4 bis 5 zugestanden habe. Er wolle an den bestehen⸗ den Bestimmungen nichts ändern; sie aber dürch Gesetz f

deshalb den Antrag, folgenden § 5a anzunehmen: „Für den Reli⸗ gionsunterricht können in den Lehrplan in den mehrklassigen Volks⸗ schulen bis zu 4, in der einklassigen Volksschule bis zu 5 Stunden wöchentlich H (Centr.): bestimmung der Religionsstunden ins Gesetz aufgenommen werden sollte. Die Abgg. Dr. von Heydebrand und Graf zu Limburg⸗ Stirum waren der Meinung, daß den Verwaltungsbehörden die Fest⸗ stellung der Zahl der Religionsstunden überlassen bleiben müsse. Minister Graf Zedlitz: Die bestehende Praxis sei 4 bis 5 Religionsstunden, es liege nicht in seiner Absicht, diese Zahl zu vermehren; der An⸗ trag Rickert bedeute ein Mißtrauensvotum gegern

Dr. Enneccerus, Dr. Friedberg und Hobrecht nl.) bestritten das, aber der gegenwärtige Moment nöthige sie, derartige Cautelen zu fordern. Die gegenwärtige Praris sei sehr verschieden. Gegenüber den Be⸗ strebungen, die Religionsstunden zu vermehren, sei gesetzliche Regelung geboten. Minimalbestimmungen enthalte, so brauche sie das jetzige Gesetz doch auch nicht zu fordern. h votum ausgesprochen haben. Gesetze dürften nicht auf die eines Ministers zugeschnitten, sie müßten für die Dauer berechnet werden. Er vertrete staatliche Interessen gegenüber den zu weit gehenden kirchlichen Ansprüchen. Abg. Dr. Brüel erblickte im An⸗ trag Rickert ein Mißtrauen gegen die Religion und gegen das religiöse

festlegen und stelle

aufgenommen werden.“ Abg. Freiherr von Huene Darüber lasse sich sprechen, wenn auch die Minimal⸗

n ihn. Die Abgg.

Wenn der Entwurf des Ministers von Mühler nicht einmal

Abg. Rickert (dfr.) wollte nicht ein Mißtrauens⸗ Person

geg

Leben. Die Abgg. Rickert (dfr.) und Dr. Friedberg (nl.) wiesen diese Auffassung mit Entschiedenheit rei von Zedlitz (freicons.): In der Verfassung sei der Religions⸗

Freiheerr

nterricht nicht besonders behandelt, ebenso sei darin das Zu⸗

sammenwirken der geistlichen und staatlichen Behörden vorgesehen, es sei deshalb richtig, die Minimal⸗ und Marximalstunden im Gesetz festzulegen. Was die Stundenzahl betreffe, so behalte er sich die Ent⸗ scheidung vor, da die Erklärung des Ministers noch ausstehe. In diesem Sinne stimme er für den inzwischen eingereichten An⸗

trag Enneccerus, welcher lautet: „Für den Religionsunterricht

werden im Lehrplan der mehrklassigen Schulen drei bis fünf und in

dem der einklassigen drei bis vier Stunden festgesetzt“. Bei der Ab⸗

stimmung wurde der Antrag Rickert mit 5 Sti (2

3 Nationalliberale), und der Antrag Enneccerus die Stimmen

der Nationalliberalen, Freiconservativen und Freisinnigen abgelehnt. 8

Freisinnige,

In der Sitzung von heute Vormittag stand § 6 zur Berathung,

welcher lautet:

Der Lehrplan und die innere Einrichtung der Volksschule, insbesondere die Vertheilung der Stunden auf die einzelnen Unterrichtsgegenstände, die Veränderung der bestehenden Schul⸗ einrichtungen, die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen, werden auf Grund der von dem Unterrichts⸗Minister nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erlassenden allgemeinen Vor⸗ schriften von dem Regierungs⸗Präsidenten nach Anhörung be⸗ ziehungsweise auf Antrag der Kreis⸗ (Stadt⸗) Schulbehörde unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse bestimmt.

In Stadtkreisen trifft die verstärkte Stadt⸗Schulbehörde Be⸗ stimmung über die Errichtung neuer Klassen und Lehrerstellen an bestehenden Volksschulen.

Die Einführung neuer Lehrpläne und Schulbücher für den Religionsunterricht erfolgt im Einvernehmen mit den kirchlichen Oberbehörden beziehungsweise den zuständigen Organen der be⸗ treffenden Religionsgesellschaft.

Die Aufhebung bestehender öffentlicher Volksschulen bedarf der Genehmigung des ÜUnterrichts⸗Ministers

Zu diesem Paragraphen lag eine große Zahl von Abänderungs⸗ Abg. Hobrecht (nl.) beantragte in Abs. 1

8 1 L

8

Worte „die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen“

„Die Errichtung

„Von den letzteren (se. Organen der betr. Religionsgesell⸗

werden.“ Abg. Dr. Virchow (dfr.) schlug „Ueber die Aufstellung des innere Einrichtung der Volksschule, insbesondere Stundeun auf die einzelnen Unterrichts⸗

Die Ausführung

Klassen und Lehrerstellen. Die Ein⸗ sunterricht

Abg. Bartels (cons.) beantragte hinter Abs. 1. einzuschalten: „Handelt es sich dabei schlägt Freiherr von Zedlitz (freicons.) vor: Errichtung neuer Volksschulen Klassen und

Anforderungen, welche neue oder erhöhte

Dr. Brüel und Genossen (Centrum) beantragten,

für den Religionsunterricht bestimmten Stunden bedarf es dabei vorgängigen Benehmens mit den zuständigen Organen betreffenden Religionsgesellschaft“. Ferner den Absatz 3 folgt zu fassen: „Der Lehrplan für den Religions⸗

unterricht wird von der kirchlichen Oberbehörde bezw. den zuständigen Organen der betreffenden Religionsgesellschaft festgestellt und von dem Regierungs⸗Präsidenten dem allgemeinen Lehrplan eingefügt. Die für den Reli

Schulbücher bestimmt die kirchliche Oberbehörde bezw. das zuständige Organ der Rickert'schen Anträge. Abg. Dr. Ritter (freicons.) hielt die Fassung soll

gionsunterricht und die religiösen Uebungen dienenden

betreffenden

betr Religionsgesellschaft.“ Dem Abs. 4 am Schluß

hinzugefügt werden: „Dasselbe gilt von confessionellen Verfassung.“ Endlich Rintelen (Centrum), ohne Unterstützung dem Abs. 3 folgende Fassung zu geben.