1892 / 42 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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der Umzugstermine für Miethe und Gesinde auf die jedes⸗ maligen Quartalsersten, wie solche bereits in den Chnes. h preußischen Provinzen Hannover, Hessen und Westfalen besteht. Der Etatsanschlag für 1892/93 schließt ab mit einem Ueber⸗ schuß von 225 000 Für die Volksschullehrer ist eine außer⸗ ordentliche Gehaltszulage von 120 für jeden verheiratheten

und 60 für jeden unverheiratheten Lehrer beantragt. Nach

der Wahl der Commissionen, denen die verschiedenen Vorlagen zugetheilt wurden, vertagte sich der Landtag bis zum 28. d. M. Deutsche Colonien.

Im 1. Halbjahr des Etatsjahres 1891/92 betrug die Summe der Zoll⸗ und sonstigen Einnahmen in Kamerun 200 060 8

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Ostafrika Freiherr von Soden hat mit dem Ober⸗-Richter Legations⸗

Rath Sonnenschein und dem stellvertretenden Bezirks⸗Haupt⸗

mann von Dar⸗-es⸗Salam am 11. v. M. eine etwa vierzehntägige Rundreise in dem genannten Bezirk unternommen. Die Ge⸗

schäfte des Gouverneurs wurden während dieser Zeit von dem

Corvetten⸗Capitän Rüdiger wahrgenommen.

Das „Deutsche Colonialblatt“ enthält folgende Mitthei⸗ lung: „Sendungen an die Expedition Emin⸗Pascha, welche bisher an die Station Bukoba zu etwaiger Weiterbeförderung gerichtet wurden, können von jetzt ab nicht mehr befördert

rd 3 Aufenthalt der Expedition unbekannt ist“

Desterreich⸗Ungarn. Die „Wiener Ztg.“ veröffentlicht das Uebereinkommen

zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Spanien wegen Ver⸗ längerung des Handels⸗ und Schiffahrts⸗Ver⸗ trages vom 3. Juni 1880 bis zum 30. Juni 1892. b

Großbritannien und Irland. Der bekannte Afrikareisende Sir Francis de Winton

ist, der „A. C.“ zufolge, zum Hof⸗Marschall des Prinzen

George von Wales ernannt worden; er bekleidete dieselbe

Stellung bei dem verstorbenen Herzog von Clarence.

Der älteste Admiral der britischen Flotte Sir Provo Wallis ist im Alter von 101 Jahren am 13. Februar ge⸗ storben.

Wie der römische Correspondent einer englischen katholischen Zeitschrift mittheilt, beabsichtige der Papst, die alte katholische Hierarchie in England wiederherzustellen, d. h. die Erzdiözese

estminster solle aufhören zu bestehen und England in zwei Kirchenprovinzen getheilt werden, von denen die eine von inom Erzbischof von Canterbury und die ander Erzbischof von York geleitet würde.

Frankreich. Der Präsident Carnot hat, wie „W. T. B.“ berichtet,

Iin der gestrigen Sitzung des Ministerraths auf Antrag

des Handels⸗Ministers Jules Roche einen Gesetzentwurf unterzeichnet, wegen Gewährung eines Credits im Betrage von 3 250 000 Francs für die Betheiligung der französischen Regierung an der Weltausstellung in Chicago.

Die Deputirtenkammer hat gestern ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Der Boulangist Nichard brachte einen Antrag ein, dahin gehend, mit Rücksicht auf die Vertheuerung des Lebensunterhalts in Folge der neuen Zölle ein Minimum der Beamtengehälter festzusetzen. Der Antragsteller verlangte die Dringlichkeit, die mit 366 gegen 100 Stimmen abgelehnt wurde. Der Socialist Lafargue brachte einen Antrag ein, die neuen Zolltarife für Lebensmittel abzuschaffen. Der Abg. Möline protestirte dagegen, indem er betonte, die Absicht Lafargue's sei, das Volk aufzuwiegeln. Er glaube nicht, daß die Con⸗ sumenten sich über das neue Zollregime beklagten; dieselben würden sehr bald aus der Zunahme des nationalen Wohl⸗ standes Nutzen ziehen.

Der General⸗Gouverneur von Algerien war nach der „Köln. Ztg.“ am 14. d. M. in Laghouat und reiste am 15. früh weiter in der Richtung auf Mzab. In seiner Be⸗ gleitung befand sich General Thomassin und Si Haman, das religiöse Haupt der Uled Sidi Scheikh. Der Gouverneur wird in zwei Tagen in Ghardia eintreffen. In Laghouat empfing er den Marabut der Jedjam, der großes Ansehen in der dortigen Gegend genießt. Der Scheriff von Wasan, Abdel Selam, der seit einigen Wochen als Gast des General⸗Gouverneurs in Algier weilte, ist nach Ain S efra Z“ 1 8

Italien.

In der Deputirtenkammer hat, wie man der „Köln. Ztg.“ meldet, der Abg. Bonghi folgenden, durch die Uni⸗ versitätsunruhen veranlaßten Antrag eingebracht: „Die Kammer ist der Ueberzeugung, daß die chronische Unordnung auf italienischen Universitäten den Studenten und dem Lande Schaden und Mißachtung bringt, und fordert den Minister auf, ein Gesetz vorzulegen, das die akade nische Disciplinar⸗ ewalt neu belebt und ihr wirksame Kraft giebt.“ Einem Telegramm des „H. T. B.“ zufolge, bereitet der Unterrichts⸗ Minister Villari eine Aenderung des Universitäts⸗Reglements vor, um für die Zukunft Studentenkrawallen vorbeugen zu können. 1 5 ““

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Die Königin⸗Regentin hat nach einem Telegramm des „Hirsch'schen Bureaus“ aus Madrid von gestern Droh⸗ briefe erhalten, in denen König Alfons für die Hinrich⸗ tungen in Peres verantwortlich gemacht und hinzugefügt wird, er werde hierfür büßen müssen. Es sind umfassende Vorsichtsmaßregeln gegen etwaige Anschläge der Anarchisten getroffen worden.

Belgien.

In Gent hat dem „D. B. H.“ zufolge am 14. d. M. eine Versammlung von Vlamländern stattgefunden, welche für die Verfassungs⸗Revision einen Artikel über die Gleichberechtigung der vlämischen und französischen Sprache sowie wegen Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bei der Kammer zu beantragen be⸗ schloß. Für die Nothwendigkeit der allgemeinen persönlichen Wehrpflicht trat auch anläßlich des an demselben Tage in Brüssel abgehaltenen Jahresfestes des Vereins ehemaliger Unterofficiere dessen Ehrenpräsident General a. D. van der Smissen ein, indem er betonte, sie habe die deutsche Armee auf die Höhe gebracht, welche er als Vertreter des Königs Leopold bei den Manövern des XIV Armee⸗Corps

Die vorläufige Abnahme der Maasforts ist nach der „Köln. Ztg.“ dieher Tage erfolgt, die endgültige findet im Oktober statt. Es ist alles fertig und die Geeh. stehen zum Gebrauch bereit in den Kuppeln: jedes Fort hat einen Wachtmeister und elf Artilleristen als Besatzung.

Griechenland. Eine weitere Kundgebung gegen die evangelische Ge⸗

meinde in Piräus ist nach einem Wolff'schen Telegramm aus Athen seit Sonntag nicht vorgekommen. Das Gericht ist strengstens gegen die Theilnehmer an der Kundgebung vom 14. d. M. (s. die gestrige Nummer d. 8 eingeschritten; zahlreiche Personen sind verhaftet worden. Dagegen werden die Meldungen mehrerer Blätter, daß die diplomatischen Vertreter der protestantischen Mächte anläßlich der Unruhen vom Sonntag Schritte unternommen hätten, von dem „Wolff schen Bureau“ als unrichtig bzeichnet; ebenso unrichtig sei die Behauptung, daß der Vorstand der evangelischen Gemeinde in Piräus beabsichtige, den Schutz dieser Mächte anzurufen; denn der Vorstand und die Ge⸗ meindemitglieder seien griechische Unterthanen.

Serbien.

Die Skupschtina erledigte nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern die Specialdebatte des Gesammt⸗ budgets. Im Verlauf der Debatte bestritt Avakumovi c(liberal) die Realität des Budgets für 1892 und erklärte, die Annuitäten von 1892 seien ohne eine neue Anleihe unmöglich zu tilgen. Der Minister⸗Präsident Pasic erwiderte, durch den 1 neuen österreichisch⸗serbischen Handelsvertrag würden die Zoll⸗ einnahmen um zwei bis drei Millionen steigen, weil anstatt des Tarifs ad valorem specifische Zölle oder ein autonomer Tarif eingeführt werden würden. Die zwei Millionen be⸗ tragenden Steuerrückgänge könnten successive eingebracht werden; die finanzielle Lage Serbiens habe sich im allgemeinen gebessert. Bei den Konsulatsposten beantragte Cadjevic die Verlegung des Konsulats von Plevlje in Bosnien nach Prizren oder nach Sjenica im türkischen Vilajet Kossowo aus politischen Gründen und wegen der leichteren Verbin⸗ dung mit Montenegro. Der Minister des Aeußern sprach sich für Plevlje aus, ebenso Milan Gyuric, welcher betonte, daß sich in Plevlje eine österreichisch⸗ungarische Garnison befinde und daß Serbien daselbst verläßliche Leute haben müsse.

In parlamentarischen Kreisen verlautet, die Regieru ng i bemüht, die Demission des Skupschtina⸗Prä⸗ denten Katic nicht vor die Skupschtina zu bringen; sie suche denselben zu bewegen, Urlaub zu nehmen, um die Demissionsfrage zu umgehen, von deren Austragung sie große Aufregung besorge.

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Amerika.

Aus dem Staatsdepartement der Vereinigten Staaten in Washington erhält die „Allg. Corr.“ die Nach⸗ richt, daß die Verhandlungen mit Canada für einen Gegenseitigkeitsvertrag ergebnißlos geblieben seien. Die Ursache sei in der an Mr. Blaine von Sir Julian Pauncefote gelangten Mittheilung zu suchen, daß die canadischen Com⸗ missare keinerlei Vollmacht zum Abschluß eines bindenden Ver⸗ trages besäßen. Mr. Blaine habe daher erklärt, die Ver⸗ handlungen nur mit bevollmächtigten Commissaren fortsetzen zu wollen.

Die demokratischen Mitglieder des Reprä⸗ sentantenhaus⸗Ausschusses für Mittel und Wege haben sich über den Zoll auf Wollenfabrikate geeinigt. In der darauf bezüglichen Meldung des „R. B.“ aus Washington heißt es: Die Demokraten sind stets für zollfreie Einfuhr von Rohwolle gewesen, waren aber verschiedener An⸗ sicht, wie es mit den fertigen Fabrikaten gehalten werden sollte. Sie sind jetzt für Herabsetzung des Zolles. Der Ausschuß ist überhaupt für Reducirung aller Zölle, welche der MeKinley⸗Tarif erhöht hat. Eine Abstimmung über die ganze Zollvorlage muß noch stattfinden, bis jetzt hat der Aus⸗ schuß nur über jeden einzelnen Paragraphen abgestimmt. Der höchste Zoll, den der Ausschuß überhaupt gestatten will, beträgt bei Artikeln, welche jetzt 60 Procent zu zahlen haben, 45 Procent. e““

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Am 25. Dezember v. J. hat, wie s. 3. telegraphisch ge⸗ meldet wurde, die Auflösung des ersten japanischen laments stattgefunden. Ueber die Gruͤnde zu dieser Maß⸗ regel wird der „Frkf. Ztg.“ aus Tokio, vom 3. Januar, ge⸗ schrieben: Die beiden Oppositionsparteien verwarfen nach ihrer Vereinigung jede Regierungsvorlage und nahmen andererseits Vorlagen über die Erweiterung der Preßfreiheit und des Versammlungsrechts an, welchen die Regierung nicht zustimmen zu können erklärte. Der Budget⸗ Ausschuß hatte Abstriche im Gesammtbetrage von 8 600 000 Yens (etwa 35 Mill. Mark) vorgenommen. Der Minister⸗Präsident Graf Matsukata erklärte im Plenum diese Abstriche im allgemeinen für unannehmbar und, soweit sie das verfassungsmäßige eiserne Budget betrafen, einfach für undiscutirbar. In derselben Weise äußerten sich die einzelnen Ressort⸗Minister. Trotzdem wurden sämmtliche Abstriche fast ohne Debatte nach den Ausschußanträgen votirt. Bei der Be⸗ rathung des Marine⸗Etats kam es zwischen dem Marine⸗Minister Admiral Kabayama und der Majorität zu einer heftigen Scene. Der Minister verurtheilte in scharfen Ausdrücken die Obstructionstaktik des Parlaments und verwies dagegen auf die verdienstvolle Vergangenheit der seit der Restauration die Ge⸗ schicke des Landes bestimmenden Sat⸗Cho⸗Combination (Cabinette aus den Clans der Satsuma und der Choshiu). Der Redner wurde durch einen Entrüstungssturm unterbrochen und mußte die Tribüne verlassen. Die Sitzung nahm einen stürmischen Charakter an und wurde aufgehoben. Nach Wiederaufnahme der Berathung wurde die hauptsächlich im Interesse der Marine beantragte Po⸗ sition für die Errichtung eines Eisen⸗ und Gußstahlwerkes ab⸗ gelehnt. Unter den übrigen Regierungsvorlagen, welche von dem gleichen Schicksale betroffen wurden, befanden sich das Project eines Eisenbahn⸗Anlehens zu Zwecken des Anbaues und der Verstaatlichung des Bahnnetzes, dann das In⸗ demnitäts⸗Begehren für die Hilfsaction aus Anlaß der Erdbeben⸗Katastrophe. Von den 6 800 000 Yens, welche die Regierung hierfür verlangte, genehmigte das Haus nur zwei Drittel. Schließlich beantragte die Regierung in einem Gesammtvortrage an den Kaiser die Auflösung des Unterhauses und die Vertagung des Oberhauses, was denn auch am 25. Dezember erfolgte. Die Neuwahlen haben verfassungsmäßig innerhalb fünf Monaten stattzufinden

(. u.). Die Nothstandsdistricte werden übrigens unter

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dem Stillstande der parlamentarischen Berathungen nicht zu leiden haben, da eine Kaiserliche Verordnung die Verwen⸗ dung von rund 3 800 000 Yens für technische Bauten in den Provinzen Aichi, Gifu, Tukuoka und Togama verfügt hat.

Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Yokohama vom 16. d. M. meldet, sind die Vorbereitungen für die Wahlen zu dem neuen japanischen Unterhause bereits in vollem Gange. Zwischen den Anhängern der Regierung und denen der Opposition sei ein sehr harter Wahlkampf entbrannt, der in den Städten Saga (Provinz Nizen) und Tosa zu ernst⸗ haften Wahlkrawallen geführt habe.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (174.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi, sowie die Staats⸗ secretäre Dr. von Boetticher und Dr. Bosse beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats fůͤr das Etatsjahr 1892/93 fortgesetzt.

Zunächst wurden die Einnahmen des Etats der Reichs⸗ Justizverwaltung ohne Besprechung bewilligt und sodann die zu diesem Etat vorliegende Resolution des Abg. Dr. von Bar (dfr.), betreffend die Auslieferungsverträge, bei deren Abstimmung sich neulich die Beschluß⸗ unfähigkeit des Hauses herausgestellt hatte, nochmals zur Abstimmung gestellt. Der Antrag Osann, diese Resolution einer Commission von 14 Mitgliedern zur Vorberathung zu überweisen, wurde abgelehnt. Bei der Abstimmung über die Resolution selbst mußte die Auszählung erfolgen, und es stimmten 98 Mitglieder für und 97 gegen die Resolution. Das Haus war also nicht beschlußfähig.

Präsident von Levetzow beraumte die nächste Sitzung auf heute 2 Uhr an und setzte auf die T d Fortsetzung des Militär⸗Etats.

Schluß 1 ½ Uhr. 8 8

In der um 2 Uhr begonnenen (175.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi und der Staatssecretär Dr. von Boetticher beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs⸗ haushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1892/93.

Die Berathung wurde in der gestern abgebrochenen Be⸗ sprechung über das Kapitel „Militär⸗Justizv erwaltung“ im Etat für die Verwaltung des Reichsheers fortgesetzt.

Abg. von Kardorff (Rp.) meinte, daß in der Ver⸗ urtheilung der Soldatenmißhandlungen alle Parteien einig seien, aber die Resolution Buhl⸗Richter gehe viel zu weit und sei undurchführbar. Wie wäre es möglich, dem Soldaten eine Beschwerdepflicht aufzuerlegen? Die Bestrafung unbe⸗ gründeter Beschwerden sei eine unerläßliche Vorbedingung für die Disciplin.

Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. von Kardorff weiter.

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Die Wahlprüfungs⸗Commission des Reichstags beantragt: Der Reichstag wolle beschließen, die Wahl des Abg.

Zangemeister im 2. Wahlkreise des Herzogthums Sachsen⸗Coburg⸗

Gotha für gültig zu erklären.

Die Reichstags⸗Commission für das Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs hat ihre Berathungen beendet. Der neu eingefügte § 7a erhielt schließlich folgende Fassung: „Elektrische Anlagen sind, sobald gegenseitige Störung zu be⸗ fürchten ist, auf Kosten desjenigen Thells, welcher diese Gefahr ver⸗ anlaßt, so anzuordnen, daß sie sich nicht störend beein⸗ flusten können. Diese Fassung entspricht dem Antrage des Abg. Freiherrn von. Buol (Centr.) § 8 erhielt nach einem Antrage Gagern⸗Hammacher folgende Fassung: „Die Bestimmungen des Gesetzes gelten für Bayern und Württemberg mit der Maßgabe, daß für ihre Gebiete die für das Reich festgestellten Rechte diesen Bundesstaaten zustehen, und daß die Bestimmungen des § 4 c. (Gebührenregelung) auf den inneren Verkehr dieser Bundes⸗ staaten keine Anwendung finden.“ Das Gesetz im ganzen wurde schließlich gegen sechs Stimmen angenommen.

Der Graf Max zu Solms⸗Rödelheim, erbliches Mitglied des Herrenhauses, ist, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, am 15. d. M. in Assenheim gestorben.

—— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung der Volks⸗ schulgesetzoommission des Hauses der Abgeordneten wurde nach längerer Debatte der Antrag der Nationallibe⸗ ralen auf Streichung des § 14 gegen ihre und die Stimmen der Freisinnigen abgelehnt, Absas 1 des § 14 mit 19 gegen ? Stimmen in der Fassung der Vorlage angenommen. 3 Heute setzte die Commission die Berathung des § 14 fort. Abs. 2 lautet: „Der Regel nach soll ein Kind den Unterricht durch einen Lehrer seines Bekenntnisses empfangen.“ Die National⸗ liberalen beantragen wieder Streichung dieses Absatzes. Die Freif innigen wollen an Stelle des Abs. 2 und des Abs. 3 Folgendes setzen: „Die Anordnung der Verwandlung einer Confessionsschule in eine Simultanschule und umgekehrt ist an die Zustimmung der Gemeinde geknüpft.“ Die Freiconservativen schlagen für den Eingang folgende Fassung vor: „Soweeit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes anderes ergiebt, soll der Regel nach ein Kind“ u. s. w. Das Centrum beantragt, nach „Kind“ ein⸗ zuschalten: „welches einer vom Staat anerkannten Religionsgesellschaft angehört.“ Abg. Freiherr von Huene (ECentr.) erklärte, daß seine Freunde ihren 9 A

ntrag aufrecht erhielten und gegen die anderen 2 träge stimmen würden. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.): Sein Antrag bezwecke, die Befugnisse des Regierungs⸗Präsi⸗ denten einzuschränken. Bleibe die Vorlage ohne diese Ein⸗ schränkung bestehen, so könne der Regierungs⸗Präsident, welcher das Recht habe, einzugreifen, nach gewissen Directiven die Simultan⸗ schulen beseitigen. Abg. Rintelen (Centr.): Absatz 2 sei von der Commission auch im vorigen Jahre angenommen worden. Der Zusatz von Zedlitz erscheine ihm überflüssig. Staats⸗Minister Graf Zedlitz: Er sei der Meinung, daß die Anträge von Zedlitz und des Centrums, gegen deren Tendenz er nichts habe, nicht nöthig seien, da das, was sie be⸗ zweckten, schon im Gesetz enthalten sei. Abg. Hobre cht (nl.): Auch er sei mit der Tendenz des Antrags von Zedlitz einverstanden, die von demselben geäußerten Bedenken müßten aber dahin führen, den ganzen Abs. 2 zu streichen. Abg. Dr. Enneccerus (nl.): Er müsse daran erinnern, daß Abs. 2 eine große Behinderung herbeiführen werde dadurch, daß den Communen die Beschränkung auferlegt werde, daß jeder Unterricht durch einen Lehrer desjenigen Bekenntnisses ertheilt werden müsse, dem die Kinder angehören. Der Antrag der Conservativen verschärfe noch diese Beschränkung. Nach der Vorlage dürfe sogar ein reformirter Lehrer keinem lutherischen Kinde Unterricht ertheilen. Der Minister von Goßler habe im vorigen Jahre die Lutheraner und Reformirten als besondere Confessionen anerkannt und den letzteren ausdrückli

das Recht zuerkannt, für ihre Kinder in der Schule die Unterweisung

im Heidelberger Katechismus zu verlangen. Abg. Rickert (dfr.)⸗

agesordnung die

Auch er sei der Meinung, daß man sich mit den Declarationen in den Motiven zum Gesetz nicht begnügen könne. Er behalte sich vor, in zweiter Lesung dahin zu streben, daß der Begriff „anerkannte Re⸗ ligionsgesellschaften“ im Gesetz genau declarirt werde. Abg. Dr. Virchow (dfr.) eremplificirte auf Kinder der buddhistischen, chinesischen, muhamedanischen Religion. Sollten denn auch diese einen Lehrer ihres Bekenntnisses erhalten? Staats⸗Minister Graf Zedlitz: Die der evangelischen Kirche zugehörigen Lutheraner und Reformirten hätten sowohl innerhalb als außerhalb der Union gemeinsame Schul⸗ systeme. Die Lehre vom Unterschiede beider Confessionen gehöre nicht in die Schule, sondern in den Confirmations⸗Unterricht. Auch die verschiedenen evangelischen Dissidenten, wie Baptisten, Mennoniten ꝛc. rechneten sich als zur evangelischen Kirche zugehörig. Was die vom Abg. Virchow angezogenen Buddhisten, Muhamedaner ꝛc. anenage so werde für diese schon gesorgt werden; er halte es für nützlich, wenn solche Kinder in der Schule einen christlichen Unterricht empfingen. Im übrigen glaube er doch, daß einen Minister, der im Entwurf das vorgeschlagen, was im vorigen Jahre die Majorität der Commission beschlossen habe, ein Vorwurf nicht treffen könne. Auf Interpellation der Abgg. Dr. Fried⸗ berg (nl.) und Rickert (dfr.) theilte der Minister noch mit, daß die Staatsregierung einen Unterschied zwischen Katholiken und Altkatholiken nicht mache, letztere gehörten also auch zu den an⸗ erkannten Religionsgesellschaften. Abg. Dr. Virchow (dfr.): Er sei tolerant genug, jeder Kirche den ihr gebührenden Schutz zu gewähren, er könne aber der Kirche nicht die Herrschaft über den Staat ein⸗ räumen. Abg. Freiherr von Huene wandte sich gegen die Erklärung des Ministers bezüglich der Gleichstellung der Katho⸗ liken und Altkatholiken. Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Nationalliberalen auf Streichung von Abs. 2 gegen die Stimmen derselben und der Freisinnigen abgelehnt. Der freisinnige Antrag scheidet aus, um bei Abs. 3 wieder aufgenommen zu werden. Der freiconservative Antrag wurde gegen 12 Stimmen (Nationalliberale, Freiconservative und Freisinnige) abgelehnt. Der Centrumsantrag wurde angenommen. Ein fernerer Antrag Virchow, statt „Unterricht“ zu sagen Religionsunterricht: fiel gegen die Stimmen der Frei⸗ sinnigen und Nationalliberalen. Abs. 2 der Regierungsvorlage wurde schließlich mit dem Zusatz des Centrums in folgender Fassung angenommen: „Der Regel nach soll ein Kind, das einer vom Staat anerkannten Religionsgesellschaft angehört, den Unterricht durch einen Lehrer seines Bekenntnisses erhalten.’. Die Debatte wandte sich darauf zu Absatz 3 des § 14.

Die Budgetcommission des Hauses der Abge⸗ ordneten hat nach der „Nat. Lib. Corr.“ beschlossen, die erste Baurate für ein Dienstwohngebäude des Ministers für Handel und Gewerbe in Höhe von 180 000 abzulehnen.

Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur Vor⸗ berathung des Gesetzentwurfs über die Kosten der Königlichen Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden trat heute in die Berathung ein. Von einer Generaldebatte wurde abgesehen, da⸗ gegen beschlossen, zwei Lesungen vorzunehmen. § 1 der Regierungsvorlage autet: „In denjenigen Stadtgemeinden, in welchen die örtliche Polizei⸗ verwaltung ganz oder theilweise von einer Königlichen Behörde geführt wird, bestreitet der Staat alle durch diese Verwaltung entstehenden Ausgaben einschließlich der Kosten für das Nachtwachtwesen und erhebt unbeschadet der Bestimmung des Gesetzes vom 23. April 1883 alle mit dieser Verwaltung verbundenen Einnahmen. Zu den Aus⸗ gaben tragen nach Maßgabe der Kopfzahl der Civilbevölkerung bei a. Stadtgemeinde Berlin je 2,50 ℳ, b. Cassel je 0,44 ℳ, Von den übrigen Stadtgemeinden mit Königlicher Polizeiverwaltung: c. diejenigen mit mehr als 75 000 Einwohnern je 1,50, d. mit 25 000 bis 75 000 Einwohnern je 1,10, e. mit weniger als 25 000 Einwohnern je 0,70 für jeden Kopf der Bevölkerung. Ueber die Verwendung dieser Beiträge, insbesondere auch zur Vermehrung der Landgendarmerie behufs Ausdehnung der Thätigkeit derselben auf die zu Landkreisen gehörigen Stadtgemeinden und behufs Verstärkung derselben in den Vororten der einen eigenen Kreis bildenden Städte mit communaler Polizeiverwaltung, wird durch den Staatshaushalts⸗Etat alljährlich Bestimmung getroffen.“ Abg. Dr. Krause (nl.) beantragte, an Stelle von 2,50, 1,50, 1,10, 0,70 zu setzen 2,10, 1,10, 0,80, 0,50 und will außerdem in Abs. 2 die Worte „insbesondere .. . . bis .. Polizeiverwaltung“ gestrichen wissen. Staats⸗Minister Herrfurth wünschte ebensowenig wie Abg. Krause eine „Durchpeitschung“ der Vorlage; es gehöre kein be⸗ sonderer Scharfsinn dazu, um vorauszusehen, daß die Landtagssession über Ostern hinaus dauern werde. Der Minister erkannte wiederholt an, daß Berlin gegenüber den anderen Städten ungünstiger behandelt sei, und erklärte sich schließlich gegen den Antrag Krause. Abg. von Itzenplitz (cons., Breslau) erklärte es für unmöglich, den Gesetz⸗ entwurf abzulehnen. Er betrachtete es aber als eine große Härte, daß die gesammten Kosten des Nachtwachtwesens und der Gendarmerie den 22 Städten auferlegt seien. Abg. Eberty (dfr.) betonte die unaufhaltsam und rasch wachsende Steuerlast gerade der großen Communen, mit oder ohne Königliche Polizeiverwaltungen. Er müsse die Regulirung im Namen der ausgleichenden Gerechtigkeit gerade in jetzigen Zeiten für unzeitgemäß halten. Die Belastung mit Kosten würde doch sehr ungleich wachsen, da das Wachsthum der Bep ölkerung in den verschiedenen Städten, z. B. in Berlin, Charlottenburg, Potsdam sehr verschieden sei. Staats⸗Minister Herrfurth gab die wachsende Steuerlast der roßen Communen zwar zu, trat aber den sonstigen Aus⸗ führungen des Abg. Eberty entgegen: der Gesetzentwurf wolle die unge⸗ rechte Bevorzugung der 22 Städte, welche zum Nachtheil deranderen Städte ohne Königliche Polizeiverwaltung bisher obgewaltet habe, beseitigen. Abg. Greiß (Centr., Köln) hielt das Princip der Vorlage in §1 micht für das richtige. Die Einführung der Königlichen Polizei⸗ verwaltung sei kein Beneficium, vielmehr eine Zurücksetzung der Selbstverwaltung der betheiligten Städte. (Bei Schluß des Blattes dauerte die Debatte fort.)

Kunst und Wissenschaft.

„Von dem Königlichen magnetischen Observatorium in Potsdam erhalten wir folgende Mittheilung:

1 m 13. und 14. Februar sind im magnetischen Zu⸗ stande unseres Erdkörpers bedeutende Aenderungen eingetreten, die an Größe und Lebhaftigkeit ihres Auftretens alle ähnlichen Erscheinungen der letzten Jahre übertreffen. Zbit dem Bestehen des Königlichen magnetischen bservatoriums in Potsdam (1. Januar 1890) ist sone gleich intensive „magnetische Störung“ die zennt man diese Erscheinung beobachtet worden. Apparate des genannten Instituts zeichnen Richtung und hee der erdmagnetischen Kraft ununterbrochen auf photo⸗ Naphischem Wege auf und lassen die kleinsten wie größten hücs vörnugen erkennen. Im vorliegenden Falle brach die Störung guraähühlsch am 13. Februar, früh 6 ½ Uhr, aus; mit einer schnellen Ma ahme der Kraft begann eine äußerst lebhafte Bewegung der erreschetnadeln die bei zweien derselben einen Umfang von zwei Grad bei dem dritten sehr empfindlichen Instrument als zretische Wage) betrug die Amplitude der Bewegung mehr nicht 5 Grad, sodaß die Registrirvorrichtung zur Aufzeichnung die Nönehr ausreichte. Im Laufe des 14. Februar kehrten aber 18 n wieder annähernd in ihre Mittellage zurück, zeigten 18 888 fortdauernd kleine aber sehr schnelle Schwankungen,

Deroarii Nachmittags fast völlige Ruhe eingetreten war.

begleitet artige Erscheinungen pflegen häufig von Nordlichtern de zu sein, leider wurde eine Beobachtung in dieser

Richtung durch bedeckten Himmel verhindert; privaten Nach⸗ richten aus Wilhelmshaven zufolge ist dort am 13. Abends Nordlicht gesehen, auch die magnetische Störung wurde im Observatorium der Kaiserlichen Marine dafelbst in vollem Um⸗ fange aufgezeichnet. (Ueber das in der Nacht vom 13. zum 14. Februar in Göttingen, Kopenhagen, Lübeck ꝛc. beobachtete Nordlicht haben wir gestern und vorgestern berichtet. D. R.)

Nach einer freundlichen Mittheilung des Königlichen Astrophysikalischen Observatoriums ist seit den ersten Tagen des Februar eine erhöhte Sonnenthätigkeit bemerkt worden, doch konnten bestimmte Schlüsse auf den Zusammenhang beider Arten von Erscheinungen bisher nicht gezogen werden.

Magnetische Störungen der geschilderten Art treten ge⸗ wöhnlich auf der ganzen Erde gleichzeitig auf, sie sind am intensivsten in den Polarregionen. Wir sind in der Lage, dies auch im vorliegenden Falle bestätigen zu können. Ein Telegramm aus Bossekopp (Alten) im nördlichen Nor⸗ wegen (70 Grad nördl. Breite), wo sich zur Zeit zwei deutsche Beobachter, Dr. Brendel und Baschin, zu privaten Studien auf⸗ halten, theilt uns mit, daß die Schwankungen der Magnet⸗ nadeln ganz beträchtliche waren, innerhalb acht Minuten fanden Standänderungen von zwölf Grad statt, die Störung erstreckte sich daselbst auch auf die Telegraphenleitung (Erdströme), Nordlicht konnte jedoch des bewöͤlkten Himmels wegen 9* beobachtet werden.

Es steht zu hoffen, daß durch den weiteren Verfolg dieser interessanten Erscheinungen, denen in den letzten Jahren von allen Seiten erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet wird, die Ursachen derselben, welche auf einen kosmisch⸗terrestrischen Ur⸗ sprung deuten und welche zeitweise durch Störung des Telegraphenbetriebs auch den menschlichen Verkehr beeinflussen, ergründet werden; die nächsten Jahre dürften in dieser Hin⸗ sicht manches Interessante bieten, da in ihnen die Häufigkeit der genannten Erscheinungen, die an eine elfjährige Periode gebunden sind, im Zunehmen begriffen ist.

Wir schließen hieran noch folgende Mittheilung:

Das Nordlicht ist auch in Amerika gesehen worden und hat auch dort seine Wirkungen auf die elektrischen Leitungen aus⸗ geübt. Der „Allg. Corr.“ wird darüber gemeldet: „Ein Nordlicht, wie es in solcher Stärke und Schönheit niemals im Norden der Vereinigten Staaten vorgekommen ist, wurde am 13. Februar Abends von Jowa bis zum atlantischen Ocean beobachtet. Das Nord⸗ licht störte den telegraphischen Verkehr mehrere Stunden lang. Die Drähte wurden so mit atmosphärischer Elektricität gesättigt, daß man auf der Strecke von New⸗York nach Albany keine Batterien brauchte. 8

Am 11. Februar ist in Dresden Herr Georg Kestner, der Enkel von Werther's Lotte, im Alter von 86 Jahren gestorben. In seinem Besitze befanden sich, nach der „Schles. Ztg.“, Goethe's Briefe an Lotte und Kestner und viele Erinnerungen aus der Wetzlarer Zeit Goethe's, die der Verstorbene theilnehmenden Be⸗ suchern bereitwilligst zeigte; manches daraus ist auch bereits ver öffentlicht. Sein Vater war der 1868 verstorbene Archiv⸗Rath Kestner in Hannover, von dem er die Handschriftensammlung erbte, während der künstlerische Theil des Nachlasses in Hannover verblieb, wo er gegenwärtig in dem neubegründeten „Kestner⸗Museum“ aufbewahrt wird.

Verdingungen im Auslande. Dänemark.

25. Februar, 12 Uhr. Banechefen for gylland-Fyen Aarhus. Lieferung für den Staatsbahnbetrieb von:

1) ca. 45 000 Stück Zaunpfosten von Eichenholz.

2) ca. 25 000 Pfund Zaundraht.

3) ca. 4 500 Centner Portland⸗Cement. 8

4) ca. 30 000 lauf. Fuß 2“ Fichtenplanken.

5) ca. 2 500 Pfund Telegraphendraht.

6) ca. 10 000 Stück Zinkeylinder. vW

Bedingungen für jede der angeführten Lieferungen beson ausgefertigt auf dem Comptoir des Bahnvorstandes einzusehen, werden auf Verlangen auch brieflich mitgetheilt.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Venloo ist die erste englische Zost über Vlissingen vom 16. d. M. ausgeblieben. Grund: Sturm auf See.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite englische Post über Ostende vom 16. d. M. ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England und stürmisches Wetter.

Laut Telegramm aus Aachen ist die dritte englische Post über Ostende vom 16. d. M. ausgeblieben. Grund: unbekannt.

Bremen, 16. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Ems“ hat am 15. Februar Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 221 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Aller“ hat am 14. Februar Abends die Reise von Southampton nach New⸗ PYork fortgesetzt. Der Postdampfer „Hohenzollern“ ist am 13. Fe⸗ bruar Mittags in Baltimore und der Reichspostdampfer „Sachsen“, nach Ost⸗Asien bestimmt, am 14. Februar Vormittags in Genua angekommen. Der Postdampfer „Berlin“ hat am 15. Februar Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Oporto, und der Postdampfer „München“ die Reise von Antwerpen nach Corunna fortgesetzt. Der Postdampfer „Darmstadt“, vom La Plata kommend, hat am 15. Februar Vormittags Las Palmas, und der Schnelldampfer „Aller“, nach New⸗York bestimmt, Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Elbe“ ist am 13. Februar Abends von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Ems“, von New⸗York kommend, hat am 15. Februar Morgens Dover, und der Postdampfer „Braun⸗ schweig“, von Baltimore kommend, Prawle Point passirt.

17. Februar. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Fulda“ hat am 15. Februar, Abends, von Gibraltar die Reise nach Genua fortgesetzt. Der Postdampfer „Stuttgart“, von Ost⸗ Asien kommend, ist am 16. Februar, Vormittags, in Genua ange⸗ kommen. Der Postdampfer „Braunschweig“, von Baltimore kommend, hat am 16. Februar, Mittags, Eastbourne passirt. Der Reichs⸗Postdampfer „Salier“, nach Australien bestimmt, ist am 15. Februar, Abends, in Aden angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 15. Februar, Nachmittags, die Reise von Genua nach Port Said fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Ems“, von New⸗ Bork kommend, ist am 16. Februar, Morgens, auf der Weser an⸗ gekommen.

amburg, 16. Februar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Hostdampfer „Rugia: hat, von New⸗York kommend, heute Morgen Lizard passirt. Der Postdampfer „Suevia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Nachmiktag in New⸗York eingetroffen. 3

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Gestern Abend fand die erste Aufführung von Ernst von Wildenbruch's neuestem Werk „Das heilige Lachen“” statt; der Dichter nennt es einen Märchenschwank in sechs Bildern, dem er als Begleiterinnen Musik und Tanz mit auf den Weg gegeben hat. Die Tänze sind von Emil Graeb ersonnen und der mustkalische Theil rührt von Ferdinand

ders

E. von Wildenbruch hat sich mit seinem Märchenschwanke einem von ihm bisher noch unbetretenen und sehr schwierigen Gebiete, dem der allegorischen Dichtung, zugewandt. Nachdem er in seiner „Hauben⸗ lerche“ einen prüfenden Schritt auf den Weg des modernen Natura⸗ lismus gewagt hat, wendet er sich jetzt mit der ganzen Kraft seines dichterischen Empfindens kampfesmuthig gegen diese neueste und trüb⸗ seligste aller Richtungen. Er personificirt die Begriffe, die dem menschlichen Geiste entspringen, er führt die Nacht, Sonne, Mond und Sterne allegorisirend in Menschengestalt vor. Der große Principal, der Inhaber der großen Apotheke, verkörpert die ewigen Gesetze, die Ordnung und die Harmonie des Weltalls; seine beiden Provisoren, Optimus und Pessimus, stehen sich als Vertreter der beiden widerstreitenden Lebens⸗ und Weltanschauungen gegenüber; Optimus unterliegt eine kurze Zeit den listigen Ränken des Pessimus, der schleunigst in die gute Stadt Terra herniedersteigt, um dort in Begleitung seiner Gehilfen, der Lüge, der Häßlichkeit, des Neides und des Hasses, die sich in gleißenden Gewändern unter den falschen Namen der Wahrheit, Echtheit, des kritischen Bewußtseins und der Unentwegtheit einschleichen, die Köpfe der bis dahin friedlichen, fröhlichen Menschen zu verwirren. Die echte Wahrheit, die Schönheit wird vertrieben, bis ihr Sohn Lachegott mit seinem übermüthigen Scherz, seinem „heiligen Lachen“ die schlimmen Gesellen austreibt und Heiterkeit und Lebensfreude, ge⸗ gründet auf Glaube, Liebe, Hoffnung, beseligend die Gemüther der Menschen erfüllt; der gute Optimus, der etwas zu süßlich war, muß seinen Vertrauensposten der Wahrheit abtreten; der böse Pessimus, der so viel Verwirrung und Unheil angerichtet hat, wird in eine große Flasche gesperrt, wo er, zähnefletschend, in sicherem Verwahr⸗ sam die dem Menschen nothwendige Dosis Bitterkeit brauen darf.

Es wird viel poetischer Sinn und warmes Gefühl und nicht minder satirisches Witzgeplänkel in dieser Allegorie entwickelt, die innerhalb philosophischer Kategorien literarische und sociale Zeit⸗ und Streitfragen wie in einem Zauberkreis abhandelt. Von naiver Herzlich⸗ keit und seelenvoller Empfindung durchglüht erschienen besonders das erste Bild mit seinem fröhlichen, heiteren Heer von Himmelskörpern, Sonnenstrahlen und Heinzelmännchen und das sechste, das den ruhenden Bürgermeister Animus darstellt, der sehnsüchtig von der verstoßenen Schönheit, seiner Gattin, träumt; sie läßt ihm als An⸗ denken ihres „Hauptes flatternde Zier“, ihren Schleier, zurück, dessen Hauch und Duft ihn auch im Wachen an das entschwundene Glück gemahnt. Beißender Spott kennzeichnet die gegen den modernen Naturalismus gerichteten Gedanken: als Pessimus seinen die Sinne verwirrenden Trank, den Pessimismus, braut, werden als besonders würzende Zuthaten Krokodilsthränen, das Hirn eines in die Häßlich⸗ keit verliebten Jünglings und die Riesenfeder eines am Gallenfieber verstorbenen Recensenten hinzugethan. Die Wahrsprüche des Natu⸗ ralismus, als da sind: „Es giebt keinen Willen, der Mensch ist das Product der Verhältnisse und Vererbungen; es giebt keine Liebe, der natürliche Zustand zwischen Mann und Weib ist der Kampf“ werden bei der bürgermeisterlichen Taufgesellschaft als Knallbonbon⸗ verse, die die Lüge reicht, verlesen. Pessimus, der ein heimliches Sehnen nach der Schönheit nicht unterdrücken kann und sie heimlich besucht, obgleich er sie in sein Regierungsprogramm nicht aufnehmen kann, vergißt bei ihr seine Principien, die er in Form einer Kette um den Hals trägt, später in die Tasche steckt und endlich auf einem Stein liegen läßt. Im ganzen wirkten diese kaustischen Anspielungen mehr befremdend als erheiternd, weil ein ziemlich hoher Grad allgemeiner Bildung und gedank⸗ licher Schulung erforderlich ist, um den Dichter völlig zu begreifen; außerdem kommt in Betracht, daß dem Publikum solche allegorischen Spiele, wie das „heilige Lachen“, eine ganz ungewohnte Erscheinung sind. Größeres Gefallen erregten die rein märchenhaften auf naiver, urwüchsiger Anschauung begründeten Scenen, bei denen man der philosophischen Weisheit und der literarischen Fehden vergaß oder ihrer wenigstens zum Verständniß nicht unbedingt bedurfte: wie bei der himmlischen Gesellschaft des ersten Actes, als die Sternlein mit zutraulichen Worten ins Bett geschickt werden, die Heinzelmännchen kehren und scheuern, und der Adebar das Glück bringende Kindlein, den Lachegott, zur Erde niederträgt. Das Ziel, das der Dichter im Auge hat, das fröhliche, befreiende Lachen anstatt des Seufzens und Trübsinns zum Herrn der Erde zu machen und in seinem Gefolge alle

uten Geister einziehen zu lassen, fand ebenso oft, als es lebendig zum Ausdruck kam, lebhaften Beifall. Wildenbruch will der Komödie damit ein weites Feld in der Zukunft zugewiesen sehen, und daß ihr ein reicher Blüthen⸗ und Früchtesegen ersprießen wird, ist zu hoffen und auch ernstlich zu erwarten, wenn auch die endgültige Antwort auf die uralte ungelöste Frage „Was ist Wahrheit?“, die Wildenbruch als Hüterin und Schließerin der harmonischen Entwickelung der Menschheit eingesetzt wissen will, den Menschen niemals erklingen darf und erklingen wird. Denn das Streben nach Wahrheit macht das Wesen und den Sinn des Menschenthums aus.

Um den Kern der Dichtung breitete sich ein weites strahlendes Gewand aus, das aus köstlichster Farbenpracht, aus Tanz und Musik gewoben war. Das gleißte und glänzte in blendendem Farbenschmelz von der Bühne herab, die kunstreichsten maschinellen Vorrichtungen schufen Feenpaläste aus dunklen Höhlen, weite in Frühlingsbluthen und Rosengeländen prangende Gefilde aus dumpfen Schreibstuben; der rhythmische Tanzschritt schuf einschmeichelnde, bewegliche Bilder, die Musik tönte rauschend und stimmungsvoll hinein. Auch die die Dichtung einhüllende verschwenderische Pracht des Ausstattungsmärchens fand beim Publikum volle Würdigung.

Zur Darstellung waren die besten Kräfte auserlesen. Herr Arndt trug die naive Heiterkeit des Optimus würdevoll zur Schau; Herr Grube, als galliger Pessimus, der später sich demüthig ergeben muß, drückte durch Spiel und Bewegung die düstere Stimmung, die le⸗ hafte Schadenfreude an der Vernichtung des Frohmuths aus. Als Sonne sprach Fräulein Poppe mit Begeisterung einen schwungvollen Gruß an das neu erwachte Leben, und Fräulein Lindnerstellte die zärtliche, friedliche Sternenmutter edel und mild dar. Die Schönheit fand in Frau von Hochenburger eine vorzügliche Repräsentantin, denn auch ihren Bewegungen wohnte das Schönheitsmaß formvollendet inne. Frau⸗ lein Conrad als Lachegott kicherte und lachte in ihrem glänzenden Flügelkleide entzückend, übertrumpfte ihren „Puck“ und flog wie ein Socnenftrab über die Bühne. 1

Der Dichter erschien viele Male vor dem Vorhange und ihm schlossen sich auf stürmisches Rufen auch die anderen Helfer an dem Werk an. Dem starken Beifall war aber zuweilen lebhafter Wider⸗ spruch beigemischt, der jedoch nur nach dem dritten Act das Feld be⸗ haupten konnte. 11

Der Vorstellung wohnten Seine Majestät der Kaiser, sowie Pe Fentolschen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Hein⸗ rich bei.

Am Freitag gelangt im Königlichen Opernhause „Di Regimentstochter“ mit den Damen Herzog, Kopka und Lammert den Herren Krolop, Philipp und Krasa zur D Darauf folgt »Cavalleria rusticana“ mit den Pierson., Dietrich und Lammert, den Herren Sylva Fränkel. Am Sonnabend gehen unter Leitung des Herrn Capellmeisters Weingartner „Die Meistersinger“ neu einstudirt in Scene. Den Hans Sachs giebt Herr Betz, den Pogner Herr Möd linger, den Beckmesser zum ersten Male Herr Schmidt, den Kothner Herr Krolop, den Walter von Stolzing Herr Rothmühl, den David Herr Liban, die Eva Fräulein Leisinger und die Magdalena Frau Staudigl. Anfang 6 ½ Uhr. 8

Die am Sonnabend im Wallner⸗Theater zum ersten Male in Scene gehende Posse, welche Laufs und Krämer mit theilweiser Be⸗ nutzung eines französischen Stoffes verfaßt haben, heißt „Yvette“ und ist ein im Genre von „Nitouche“ Febalbe nes Vaudeville. Billet⸗ bestellungen für die ersten drei Vorstellungen werden von heute ab ohne Aufgekd an der Theatercasse entgegengenommen.

Conrad Alberti's neues Bühnenwerk: „Ein Vorurtheil“, das in der bereits angekündigten Wohlthätigkeits Matinee am Sonntag im Residenz⸗Theater zur Auffuͤhrung gelangt, be⸗ handelt, wie der Name andeutet, einen modernen Stoff in realistischer Form 8