1892 / 45 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Coburg, 19. Februar. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Herzogin von Edinburg hat sich mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Marie und Victoria von Edinburg und Seiner Kaiserlichen Hoheit

dem Großfürsten Paul von Rußland nach Stuttgart begeben. 8

Anhalt. Dessau, 19. Februar. Der Landtag des Herzog⸗ thums ist auf den 29. Februar einberufen worden.

Reuß j. L. Gera, 19. Februar. Der Landtag des Fürsten⸗ thums ist auf den 7. März einberufen worden.

Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 19. Februar. Der Landesausschuß begann gestern die zweite Berathung des Budgets. Die Etats des Statthalters und seines Bureaus, des Staatsraths und des Kaiserlichen Raths, der Vertretung beim Bundesrath, des Landesausschusses für Elsaß⸗Lothringen, der Verwaltung der Felc⸗, der indirecten Steuern und des Enregistrements, der

erwaltung der directen Steuern, des Kataster⸗ und Ver⸗ messungswesens, der Tabackmanufactur, der Justizverwaltung und der Cultusverwaltung wurden ohne größere Debatte an⸗ genommen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Dem „Prag. Abdbl.“ zufolge begiebt sich Seine Majestät der Kaiser morgen für zwei Tage nach Budapest, um den ungarischen Reichstag persönlich zu eröffnen.

Das Befinden der Erzherzogin Marie Valerie zeigt, wie „W. T. B.“ meldet, eine anhaltende Besserung.

Die Conferenzen zwischen den beiden Finanz⸗ Ministern haben nach der „B. C.“ das bG gehabt, daß die Valuta⸗Enquéten auf den 8. März einberufen werden. Die Fragepunkte werden den Enquête⸗Mitgliedern am 26. Februar zugestellt werden. Jede Fachcommission wird aus 12 bis 15 Mitgliedern bestehen.

Dem Hause der Abgeordneten ist ein Gesetz⸗ entwurf zugegangen, durch den die Regierung ermächtigt wird, die Außercurssetzung der Vereinsthaler und Vereinsdoppelthaler im Verordnungswege aus⸗ zusprechen. Ferner ist dem Hause der Gesetzentwurf über die Steuerreform zugegangen. Darin wird die be⸗ stehende Erwerbssteuer und Einkommensteuer durch eine Erwerbssteuer, eine Besoldungssteuer, eine Rentensteuer und eine allgemeine Personaleinkommensteuer mit einem Existenzminimum von 600 Fl. und einer Progressionsscala von 0,6 bis 4 Proc. ersetzt. Der Mehrertrag der ersten zwei Jahre soll zu Steuernachlässen, nach zwei Jahren zu einer endgültigen Ermäßigung der Grundsteuer und der Gebäude⸗ steuer, der Erwerbssteuer, mit Ausnahme der von Actien⸗ gesellschaften zu entrichtenden, und der Steuer für das Gewerbe im Umherziehen verwendet werden. Die Erwerbssteuer für Actiengesellschaften bleibt ungefähr der bisherigen gleich. Im übrigen wird bei der Erwerbssteuer zwischen der Stadt Wien, Orten unter 1000 Einwohnern, Orten mit 1000 bis 10 000 Einwohnern und Orten über 10 000 Einwohnern unterschieden. Von der Rentensteuer befreit sind die Zinsen von Staatsobligationen, durch Specialgesetze von Steuern befreite Zinsen und Renten und Spareinlagen unter 525 Fl. Die Rentensteuer beträgt für ständische und öffentliche Handelsobligationen 10, im übrigen 2 Proc. Die Personaleinkommensteuer läßt einen Abzug von 25 Fl. für jedes Kind zu, soweit deren Zahl 2 in den größeren Städten und 4 in kleineren Orten übersteigt. Die Regierung erwartet aus der Personaleinkommensteuer einen Ertrag von 11,5 bis 17,5 Millionen, wovon 10,4 bis 16,1 Millionen zu den erwähnten Steuernachlässen verfügbar 9 In seinem Exposé zu der Steuerreform⸗Vor⸗ age führte der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach aus, die Ziele der Reform seien: gerechte Ausgleichung der Steuerlast durch Heranziehung der bisher der Steuerleistung nicht unterworfenen Elemente, eine bessere Steuerabstufung nach der thatsächlichen Leistungsfähigkeit, Entlastung der bisher Ueberbürdeten, insbesondere der wirth⸗ schaftlich Schwachen und Bedürftigen. Durch die Reform solle auch die stark zurückgebliebene Steuermoral gehoben und der Bevölkerung Ehrlichkeit bei den Steuererklärungen möglich ge⸗ macht werden. Bei der Reform handle es sich um eine andere Vertheilung bereits bestehender Lasten, nicht um neue Opfer. (Lebhafter Beifall.)

Im weiteren Verlauf der Sitzung nahm das Haus dann den Weltpostvertrag an und empfahl der Regierung mehrere Petitionen, betreffend den Ausbau böhmischer Local⸗ bahnen, darunter der Linie Karlsbad—Landesgrenze zur Würdigung. Eine Resolution, betreffend den Ausbau der böhmisch⸗mährischen Transversalbahn Tachau Plan, wurde an⸗ genommen.

In der ersten Clubconferenz der liberalen Partei in Budapest erklärte der Minister⸗Präsident Graf Szapary, die Regierung werde dem bekannten Programm treu bleiben. Der Schlüssel zu der künftigen Lage liege in der Eintracht der Partei und dem Vertrauen zur Regierung. Unter großem Beifall drückte Busbach dem Minister⸗Präsidenten das un⸗ erschütterliche Vertrauen der Partei aus.

Großbritannien und Irland. Das Ergebniß der Montagssitzung des Unter⸗ hauses, in welcher die Adresse mit nur geringer Mehrheit angenommen wurde, hat seinen Eindruck auf die öffentliche Meinung nicht verfehlt. Die Presse schreibt die Schuld der Nachlässigkeit der conservativen Abgeordneten zu. Die „Times“ sucht den Umstand, daß das Sexton’'sche Amendement in derselben Sitzung mit der knappen Mehrheit von 21 Stimmen abgelehnt wurde, dadurch zu erklären, daß ein großer Theil der Abgeordneten der Ansicht gewesen sei, es würde eine Vertagung erfolgen, weshalb viele Mitglieder der unionistischen Partei sich bereits entfernt hätten, während beide Fractionen der irischen Natio⸗ nalisten, welche nahezu die Hälfte der Opposition bilden, voll⸗ zählig anwesend gewesen seien. Ueber die erste Lesung der tungsbill am 18. Februar im Unterhause liegen jetzt nähere Mittheilungen vor. Der Erste Lord des Schatzes Balfour, der die Vorlage ein⸗ brachte, erklärte nach dem Berichte der „A. C.“:

irischen Localverwal⸗

Seit der

Zeit, wo das jetzige Ministerium ins Amt gekommen, habe es sich die Reform der irischen Verwaltung zum Ziele gesetzt, die nicht allein Grafschaften, sondern auch Districte umfassen würde. Das System der Großjury würde unangetastet bleiben. Die E“ aber würden nach dem Vorbilde Eng⸗ lands Verwaltungsfunctionen bekommen und namentlich mit Wegebauten zu thun haben und auch die öffentliche Ge⸗ sundheitspflege besorgen. Die Grafschaftsämter sollten ferner einen Theil der Vertreter für die Irrenhausverwaltung es Districts ernennen; jetzt ernenne der Lordstatthalter sämmtliche Mitglieder. Ferner sollten die Grafschaftsämter die Verwalter der Armenhäuser des Districts ernennen. Was das Verhältniß der Boroughs zu den Grafschaften betreffe, in denen sie liegen, so bestehe folgender Plan: Es gebe in Irland 11 Boroughs und 2 Grafschafts⸗Towns; alle 13 sollten ortan für Verwaltungszwecke Grafschafts⸗Towns sein. Sie foktan alle Befugnisse der Grafschaftsämter haben; die übrigen Städte sollten der Grafschaftsverwaltung untergeordnet werden, während ihre jetzigen Rechte unangetastet blieben. Zwei Be⸗ fürchtungen tauchten auf gegen die jetzige Vorlage, daß sie nämlich Verschwendung und Corruption zur Folge haben würde. Beide Bedenken wären nicht unbegründet, und es müsse diesen Gefahren vorgebeugt werden. Deshalb sollten in den Grafschaftsämtern erstlich vier Beamte des Districts ex officio Mitglieder sein. Für den Kreis aber sollten alle die⸗ jenigen eine Stimme haben, die bei Parlamentswahlen stimmen dürfen, nur daß auch und Pairs eine Stimme hätten, Leute aber, welche des Lesens und Schreibens unkundig wären und die Grafschaftssteuer nicht bezahlt hätten, ihrer Stimme ver⸗ lustig würden. Des weiteren müsse in Irland das Recht der Minorität geschützt werden. Jede Grafschaft solle in eine Anzahl Wahsthecße getheilt werden, aber es solle für die ganze Ein weiteres Schutzmittel gegen Corruption der Grafschaftsämter bestehe in folgender Be⸗ stimmung: 20 Grasfschaftssteuerzahler sollen das Recht haben, an den vorsitzenden Richter der Assisen das Gesuch zu richten, Mitglieder des Grafschaftsamtes wegen Corruption, ungesetzlicher Verwendung von Geldern und Bedrückung ihres Amtes zu entheben. An ihrer Stelle solle der Lordstatthalter andere Leute einsetzen. Capital⸗ ausgaben, nicht laufende, der Grafschaftsämter sollten ferner der Genehmigung des sog. Joint Committee bedürfen. Wenn auch, so sagte der Minister am Schluß, seine Vorlage nicht im stande sein sollte, Irland zu regeneriren, so seien wenigstens dem Iren dadurch die Rechte verliehen, wie sie der Schotte und Engländer bereits besitze. Auch würden die ver⸗ schiedenen Klassen und Confessionen durch das vor⸗ geschlagene Gesetz einander näher gebracht werden. Seitens der Opposition ergriff zunächst John Morley das Wort. Er bezeichnete die Vorlage als eine absichtliche Täuschung, einen Scherz, den man sich mit dem Unterhause erlaube, und einen Bruch der Versprechungen, welche das Ministerium eingegangen sei. Die Iren Redmond, M’Carthy und Healy hatten nur Hohn für die Vorlage. Dagegen traten der liberal⸗-unionistische Abgeordnete von Ty⸗ rone (Irland) T. W. Russell und der conservative Vertreter von Antrim (Irland) für die Bill ein. Der zeitweilige Führer der Gladstonianer Sir W. Har⸗ court fragte, ob es überhaupt der Mühe werth sei, daß sich das Haus mit solch einem „gesetzgeberischen Machwerk“ beschäf⸗ tige. Der Leiter des Hauses Balfour wiederholte auf die erhobenen Angriffe, daß die Regierung bemüht gewesen sei, die irische Localverwaltung möglichst der englischen und schot⸗ tischen anzupassen; die nöthigen Schutzwehren brächte der ge⸗ sellschaftliche Zustand Irlands mit sich. Chamberlain er⸗ klärte, sich nicht eher üͤber die Bill äußern zu können, bis er sie gedruckt vor sich gesehen habe. Die „Morning Post“ schreibt: Die Aufnahme, welche die irische Localverwaltungsbill im allgemeinen gefunden habe, mache es höchstwahrscheinlich, daß die Regierung Abänderungenan den Schutzwehren der Vor⸗ lage treffen werde, ehe diese zur zweiten Lesung gelange. Be⸗ sonders starken Widerstand finde der Plan, daß der Richter der Assisen Grafschaftsräthe absetzen, daß Illiteraten keine Stimme besitzen sollen und ein sogenanntes Joint Committe Capitalausgaben der Grafschaften zu genehmigen habe. Die zweite Lesung der Bill ist auf den 3. Mär angesett.

Der, wie gestern gemeldet, in Kairo versxe Abgeordnete Sir George Campbell hat den schottischen District Kirkcaldy seit dem Jahre 1875 im Unterhause vertreten. Früher war er Gouverneur von Bengalen.

Aus Montreal in Canada wird dem „R. B.“ be⸗ richtet:

Die Mehrheits⸗ und Minderheitsberichte der König⸗ lichen Commission zur Untersuchung der Bay Chaleur⸗ Affaire wurden am 17. d. M. in Montreal veröffentlicht. Der Präsident der Commission, Richter Jette, spricht Mr. Mercier und die anderen Minister von den wider sie erhobenen Anschuldigungen frei und verurtheilt nur den Redacteur Pacaud und den Unternehmer Armstrong wegen einer geschäftlichen Transaction, durch welche die Provinz Quebec einen Verlust von 175 000 Doll. erlitt. Die anderen Richter, Mr. Baby und Mr. Davidson, brechen rücksichtslos den Stab sowohl über Mr. Mercier, wie über den früheren Secretär der Provinz Mr. Langelier. Wie sie erklären, sei es erwiesen, daß beide einen Theil der Subvention für die Bay von Chaleur unter⸗ schlagen hätten. Der Richter Jette sagt, daß das größte Verbrechen, welches man Mr. Mercier und seinen Collegen vorwerfen könne, Nachlässigkeit sei. Richter Jette ist liberal, während die beiden

Grafschaft gestimmt werden.

anderen Richter der conservativen Partei angehören. 8

Frankreich. UMUeber den Stand der französischen Ministerkrisis

liegen heute folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor: Der Minister⸗Präsident de Freyecinet begab sich gestern Vormittag um 10 Uhr nach idem Elysée, um dem Präsidenten der Reh über die vorgestrige Kammer⸗ sitzung und über die Vorfälle Bericht zu erstatten, welche zur Stellung der Cabinetsfrage geführt haben. Der Präsi⸗ ent Carnot forderte Freycinet auf, Nachmittags 3 Uhr mit den übrigen Ministern im Kriegs⸗Ministerium zu conferiren. In dieser Conferenz, die 1 ¼ Stunde währte, beschlossen die Minister nach Erwägung der verschiedenen Eventualitäten, sich in das Palais Elysée zu begeben, um die Demission es gesammten Cabinets zu überreichen. Der Prä⸗ sident Carnot nahm die Demission an; diese ist bereits heute im „Journal Officiel“ veröffentlicht worden. enich eihen will nun die Präsidenten der Kammern

zu sich berufen, um mit ihnen über die Lage zu berathen. Ferner meldet das Wolff'sche Bureau aus Paris: Die Meldungen der Journale über die Cabinetskrisis lassen die Situation als vollständig verworren erscheinen. Diese Auffassung giebt sich auch darin kund daß weder seitens

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einer der leitenden parlamentarischen Persönlichkeiten noch von einem der hervorragenden Organe irgend eine neue Minister⸗ combination als ernsthaft oder nur möglich in Erwägung gezo 8 wird. Vielerseits nimmt man an, das Ministerium Frenchh 1 werde schließlich bleiben und nur eine Reconstruction Sen nehmen, nur Constans und Falliéres würden austreten Mehrere Blätter melden, hohe militärische Würdenträger hätten bei Freycinet Schritte unternommen, um ihn zu bewegen seine Demission zurückzuziehen, da sein Rücktritt von der Armee als großer Verlust empfunden würde. 3 Der Papst hat eine Encyklica an die Erzbischöfe Bischöfe, den niederen Clerus, sowie alle Katho⸗ liken Frankreichs erlassen, worin er seinen Schmerz darüber ausdrückt, daß gewisse Männer sich zur Vernichtun des Christenthums in Frankreich zusammengethan hätten worin er ferner die Mahnung an alle französischen Katholiken richtet, für die Beruhigung ihres Vaterlandes einzutreten, und es als eine Pflicht für alle hinstellt, die be⸗ stehende Regierung anzuerkennen und nichts zu ihrem Sturze zu unternehmen. Bezüglich des mehrfach erhobenen Ein wandes, daß die Katholiken die Republik wegen ihrer antichristlichen Gesinnungen nicht mit gutem Gewiseen anerkennen könnten, bemerkt die Enchklica, man müsse zwischen der einmal bestehenden Regierung und den gesetzgebenden Körperschaften unterscheiden. Deshalb sollten sich alle guten Katholiken vereinigen, um mit allen verfassungsmäßigen Mitteln die Mißbräuche der Gesetzgebung sn bekämpfen. Am Schluß spricht sich die Encyklica gegen ie Trennung von Staat und Kirche und für die Concordats⸗

politik aus. 8 Rußland und Polen.

Ein gestern veröffentlichtes Gesetz unterstellt die Un⸗ sätze der Eisenbahnlinien Orenburg, Iwangorod⸗Dom⸗ browo, Orel⸗Grigsy, Riga⸗Dünaburg, Koslow⸗Woronesch⸗ Rostow und Griasy⸗Zarizyn der unmittelbaren Controle der Regierung. Ein anderes gestern publicirtes Gesetz belegt das russische Quecksilber und den daraus hergestellten Zinnober mit einer Montansteuer von 50 bezw. 45 Kopeken

pro Pud.

amtliche Blatt veröffentlicht ferner eine neue Classi⸗ fication der russischen Kriegsschiffe, wonach die Panzerschiffe in Hochsee⸗ und Küstenvertheidigungsschiffe, die Kreuzer in zwei Klassen und die Kanonenbvoote in Hochsee⸗ und Küstenvertheidigungs⸗Kanonenboote eingetheilt werden

Italien.

In der Deputirtenkammer brachten, wie dem „V. T. B.“ aus Rom berichtet wird, gestern am Schlusse der Sitzung Ferrari, Barzilai und andere der radicalen Partei angehörende Deputirte eine Motion des Inhalts ein: „die Kammer, überzeugt von der anormalen Lage in Rom, fordert die Regierung auf, vorzusorgen, daß die Aufrechterhaltung der Ordnung mit der persönlichen Freiheit in Uebereinstimmung gebracht werde“. Der Minister des Innern Nicotera ersuchte die Antragsteller, die Motion im Interesse der Würde des Landes zurückzuziehen; eine anormale Lage in Rom bestehe nicht; der gesunde Sinn der Arbeiter habe den von einigen Uebelwollenden angestrebten allgemeinen Strike scheitern lassen; er wolle die verfassungsmäßige Freiheit schützen, müsse jedoch verhindern, daß einige Individuen die Freiheit Anderer angriffen. Der Deputirte Ferrari zog hierauf unter allgemeiner Bewegung die einge⸗ brachte Motion zurück; als Barzilai und Imbriani hierzu Bemerkungen machen wollten, bestritt der Präsident ihnen das Recht dazu und schnitt durch Aufhebung der Sitzung eine weitere Erörterung ab. b

In Venedig hat gestern das Leichenbegängniß der verwittweten Fürstin Darinka von Montenegro statt⸗ gefunden. Der Trauerfeier wohnten außer dem Herzoge von Genua auch die Konsuln und Localbehörden bei. Die Leiche wird auf dem Seewege von Venedig nach Cetinje übergeführt.

Portugal.

Der frühere Minister Mendoza Cortez ist auf Grund eines Mandats des Präsidenten der Pairskammer, das vom Justiz⸗Minister gegengezeichnet ist, verhaftet worden. Die Ursache der Verhaftung hängt, wie es in bar be ügliche Meldung des „W. T. B.“ heißt, mit der An gelegen eit des Banco Lusitano zusammen, dessen Präsident Mendoza war⸗

Der von der Commission der Pairskammer er stattete Bericht über die von der Deputirtenkammer bereits angenommenen finanziellen Vorschläge der Regierung spricht sich ebenfalls zu Gunsten der Vorlagen aus.

Schweiz. 1

Der Bundesrath hat auf Grund des Berichtes un auf Antrag des Bundesanwaltes beschlossen, die Acten üb die am 14. Juni v. J. stattgehabte Eisenbahnkatastropl von Mönchenstein den Gerichten von Baselland zur gericht⸗ lichen Untersuchung und eventuellen Aburtheilung zu über⸗ weisen. In der Begründung des Beschlusses wird nach 88 „Frkf. Ztg.“ ausgeführt: Der Bundesrath glaube nicht, daß der Thatbestand genügende Anhaltspunkte biete, gegen bestimmie Personen eine Klage einzuleiten. Auch die beschlossene weitern Untersuchung werde offenbar ein negatives Resultat ergeben. Wenn jedoch, wie der Bundesanwalt seinem Berichle beifügt, die Behauptungen der bundesräthlichen Experten richtig sein sollten, so läge die Annahme nahe, daß die ge⸗ rügten Uebelstände an der Brücke auf das Verschulden düe EE zurückzuführen seien. Mit Rucksicht auf ten

ichtigkeit des Falles und im Interesse aller Betheiligten erscheine es geboten, wenn in dieser Angelegenheit 1“ gerichtliche Untersuchung Klarheit geschaffen werde un big richterlichen Behörden über ein Schuldig oder Nichtschu n ihr Urtheil abgäben. Die Behörden von Baselland hätten Beurtheilung des Falls durch eidgenössische Geschworene ge⸗ wünscht; der Bundesrath nehme von einer Einberufung e Bundesgeschworenen Umgang, weil die Eisenbahnumbe⸗ gemäß der constanten Praxis den cantonalen Gerichten un

wiesen würden. Griechenland. bete

Ueber die in Nr. 41 d. Bl. telegraphisch gemechen Störung des Gottesdienstes in der evangelif nete Kirche im Piräus, die sich am vorigen Sonntag eighe und wobei das ganze Innere des Gotteshausee eegt fanatischen Studenten gewaltsam vernichtet wurde, liegen se⸗ der „Köln. Ztg.“ folgende nähere Mittheilungen vor⸗

Das hübsche Kirchlein, das am vergangenen Sonntag ihf ganz verwüstet wurde, war erst in neuerer Zeit aus milden e die England und Amerika zuflossen, erbaut worden⸗

““ Eigenthum des evangelischen Predigers, der griechischer Unterthan ist und ein anstoßendes Gebäude bewohnt. Der Zweite Prehähes ist ein Grieche Namens Kalopothaki, der vor langer Zeit in Amerika von der orthodoxen zur protestantischen Kirche übergetreten war und seit fast 30 Jahren für die Verbreitung seines neuen Be⸗ kenntnisses wirkt; auch ist er griechischer Staatsangehöriger und dabei Agent der englischen Bibelgesellschaft. Es scheint, daß sich gegen ihn hauptsächlich die Erbitterung der griechischen Studenten richtete. Schon vor einigen Wochen wurde von diesen ein Versuch gemacht, den Gottesdienst zu stören. Kalopothaki ließ damals die Unruhestifter aus dem Kirchlein entfernen und zur Anzeige brin⸗ gen; daher der Zorn, der sich am verwichenen Sonntag in so wüster Weise Luft machte. Viele von den Ruhestörern waren mas⸗ kirt und ihre Ansammlung auf den Straßen erregte zur Carnevals⸗ zeit keine besondere Aufmerksamkeit. Sie überfielen die Kirche, verschafften sich gewaltsam Eingang, mißhandelten den vorerwähnten Kalopothaki und einige andere Gemeindemitglieder, schleppten Kirchen⸗ stühle, sämmtliche Geräthe, Bücher, sogar das Harmonium und das Hausgeräthe des anstoßenden Gebäudes draußen auf einen Haufen zusammen, übergossen diesen mit Petroleum und zündeten ein ge⸗ waltiges Feuer an. Einzelne von den Gemeindemitgliedern wurden auch noch auf der in wilder Hetzjagd verfolgt und fanden erst im englischen Konsulat Schutz und Juflucht, Mit wildem Geschrei verlangte die tobende enge ihre Auslieferung und nahm eine drohende Haltung an, als der Konsul sich weigerte, seine Schützlinge preiszugeben, und die Ruhestörer zum Auseinandergehen mahnte. Erst das Eintreffen der Gendarmen bewog die Aufrührer, das Weite zu suchen. Zahlreiche Verhaftungen sind vorgenommen worden. Ruhestörer, Gemeindemitglieder und die beiden Prediger sind sämmtlich griechische Staatsangehörige. Von englischer Seite wird gemeldet, die Bibelgesellschaft beabsichtige, für ihren Agenten von der griechischen Regierung Schadenersatz zu fordern.

Rumänien.

Die Wahlen zum Senat haben 81 Conservative und

17 Oppositionelle ergeben. 14 Stichwahlen sind erforderlich. Serbien.

Die Skupschtina überwies den Antrag des Kriegs⸗ Ministers, 200 000 Fr. für die diesjährigen Divisions⸗ manöver sowie zur Vornahme der Probemobilisirung einzustellen, unter lebhafter Zustimmung dem Ausschusse.

Amerika. In der Einwanderungscommission des Reprä⸗

sentantenhauses der Vereinigten Staaten ist, wie

man der „Wes.⸗Ztg.“ aus Washington meldet, der Vor⸗ schlag gemacht worden, jeden Einwanderer mit einer Kopfsteuer von 3 Doll. zu belegen. Das sei das beste Mittel, um Einwanderer, die im Auslande einen Contract ab⸗ geschlossen hätten, und überhaupt unliebsame Elemente von den Vereinigten Staaten fernzuhalten. Jetzt haben die Dampf⸗ schiffsgcgellschaften nur 50 Cents für jeden Einwanderer zu entrichten, dem die Landung verboten wird. Falls die Ge⸗ sellschaften mehr zu zahlen hätten, so meint man, würden sie vorsichtiger verfahren in Bezug auf die Personen, die sie an Bord nehmen. Die Einwanderungscommission hat in der letzten Zeit wiederholt über den Vorschlag berathen. Darüber sei man innerhalb derselben einig, daß eine Reform der Ein⸗ wanderungsgesetze dringend geboten sei. Der Commissar Owens sei der Pafich die Dampfschiffsgesellschaften sollten für jeden Zwischendecksfahrgast einen Dollar entrichten. Auf diese Weise werde ein Fonds geschaffen werden, aus dem solche Einwanderer, die sonst der Gemeinde zur Last fallen würden, mindestens ein Jahr lang unterstützt werden könnten.

Aus New⸗York meldet ein Wolff'sches Telegramm von gestern, daß auf Anordnung der Behörden dreizehn von Wohlthätigkeitsanstalten dorthin gesandte europäische mittellose und arbeitsunfähige Auswanderer nach Europa zurückgesandt worden sind.

Nach in Paris eingegangenen M

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teldungen aus Rio de

Janeiro sind der frühere Präsident da Fonseca und der

General Artologano schwer erkrankt.

Asien.

Eine von Honolulu in San Francisco eingetroffene Depesche des „R. B.“ meldet, daß die Parlaments⸗ wahlen in Japan der Regierung eine Mehrheit verschafft haben. 8

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (19.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnte, wurde die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung bei dem Titel der Einnahme aus dem Güterverkehr 660 700 000 fortgesetzt.

Abg. Schöller (freicons.) wünschte angesichts des Rück⸗ gangs der Einnahmen aus dem Güterverkehr eine Verbesserung der Gütertarife, namentlich dahin, daß sie mit den weiteren Entfernungen abnähmen, damit der Austausch der Producte der einzelnen Landestheile gefördert werde.

Abg. Lucius⸗Erfurt (freicons.) wünschte, daß Tarif⸗ veränderungen drei Monate anstatt wie bisher sechs Wochen vor ihrem Eintritt bekannt gemacht würden.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen dies wegen der nothwendigen Verhandlungen mit Verwaltungen für unmöglich.

Abg. von Puttkamer⸗Treblin (cons.) bedauerte, daß den hinterpommerschen Landwirthen keine Frachtermäßigung für die Beschaffung von Saatgetreide gewährt worden sei.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erwiderte, daß die Verhältnisse zu einer Staatsunterstützung nicht angethan gewesen seien. Da es sich nur um eine geringfügige Summe handele, hätte die Gewährung derselben den Nothstand auch nicht mildern können. Uebrigens sei der Ober⸗Präsident nicht ermächtigt gewesen, den Kreisen eine Frachtermäßigung in Aussicht zu stellen. 8 —Abg. Stengel (freicons.) wünschte eine Abschaffung der Staffeltarife für Getreide, sobald deren Ursachen beseitigt seien, da die mittleren Provinzen Preußens durch die Staffel⸗ tarife gegenüber den östlichen eishich seien.

erklärte anderen

Die Abgg. Seer (nl.) und von Puttkamer⸗Plauth (cons.) sprachen sich Füs die Staffeltarife aus; der letztere wollte sie nur preisgeben, wenn dafür der Identitätsnachweis aufgehoben würde, während der Abg. Schöller (freicons.) sogar noch eine Ausdehnung der Staffeltarife zu Gunsten des Ostens

efürwortete.

Abg. Broemel (bfr.) besprach die Mißstände, welche sich aus der Vertheuerung der Kohlen durch die Vereinigung der Kohlenzechen zu Gunsgen der ausländischen und zu Ungunsten

er deutschen Industrie ergeben hätten, und welche durch die Ausnahmetarife der Staatseisenbahnen unterstützt würden.

Abg. Herold (Centr.) sprach sich gegen die Staffel⸗ tarife aus.

Abg. Dr. Schultz⸗Bochum (nl.) widersprach den Aus⸗ führungen des Abg. Broemel.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erklärte, daß die Ermäßigungen der Kohlentarife hauptsächlich für den inländischen Consum, speciell für unsere Küstenstriche bestimmt seien; die ganz unerheblichen Ermäßigungen für den Ver⸗ kehr nach dem Ausland hätten auf den Kohlenpreis keinen Einfluß. Ueber eine etwaige Aufhebung der Staffeltarife habe sich die Regierung noch nicht schlüssig gemacht, aber diese Frage werde gründlich erörtert werden.

Darauf wurden die Einnahmen bewilligt.

Es folgte die Berathung der Ausgaben:

Die Abgg. Hitze (Centr.) und Dr. Lieber (Centr.) be⸗ antragten dazu:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, Maßnahmen und Einrichtungen zu treffen, um die Sonntagsruhe den im Eisenbahn⸗ dienste beschäftigen Beamten und Arbeitern im weiteren Maße, insbesondere durch möglichste Einschränkung des Güterverkehrs an Sonntagen zu sichern.

Bei Schluß des Blattes nahm Abg. Hitze (Ctr.) das Wort zur Begründung dieses Antrages.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden, ist gestern Abend von der mit der Vorberathung beauftragten Kommission des Hauses der Abgeordneten mit wenigen Abänderungen an⸗ genommen worden.

In der Budge mission des Reichstags wurde heute die Berathung des Extra⸗Ordinariums des Marine⸗Etats fortgesetzt. Zum Bau der Kreuzer⸗Corvette H wurde die fünfte Rate, 1 000 000 ℳ, bewilligt, ebenso die vierte Rate für das Panzerschiff „Brandenburg“ in Höhe von 3 330 000 Für das Panzer⸗ schiff B wurden als vierte Rate statt der geforderten 1 800 000 ℳ, dem Antrage des Referenten von Koszielski entsprechend, nur 1 000 000 bewilligt; zum Bau des Panzerschiffks C statt 1 500 000 ebenfalls nur 1 000 000 ℳ, für das Panzerschiff „Kur⸗ fürst Friedrich Wilhelm“ statt zwei nur eine Million. Für die Panzerfahrzeuge „Frithjof“ Q und R, für den Kreuzer E, und zum Bau eines Avisos für größere Commandoverbände, wurden die geforderten Schlußraten von 600 000 ℳ, 1 200 000 ℳ, 350 000 und 1 500 000 voll bewilligt. Auch für die Panzerfahr⸗ zeuge S und U wurden die geforderten je 1 500 000 genehmigt. Zur Herstellung von Torpedoboten wurde die zweite Rate von 1 080 000 bewilligt; über eine neue Rate von 2 200 000 wurde die Beschlußfassung einstweilen ausgesetzt. Wegen der zum Bau für die Kreuzercorvette J (2. Rate), für vier Panzercorvetten K, T, V, W, für den Kreuzer F und für das Aviso H geforderten Summen entspann sich eine längere Berathung, die abgebrochen wurde, um eine Pause eintreten zu lassen.

Nr. 7 des „Centralblatts der Baupverwaltung“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 13. Februar hat folgenden Inhalt: Technische zur Be⸗ wältigung des Pilgerverkehrs in Trier im Sommer 1891. Landhaus F. Vorster bei Köln a. Rh. Kälte⸗Biegeversuche mit Flußeisen. Der Städtetag auf der elektrotechnischen Ausstellung in Frank⸗ furt a. M. vom 27. bis 29. August 1891. (Fortsetzung.) Ver⸗ mischtes: Uebelriechende Schornsteine. Zur Frage der Wirkung des Schienengewichtes. Fortlaufende Veröffentlichung der Ent⸗ würfe deutscher Preisbewerbungen. Eisenbahnbrücke über den Ohio bei Kenova in West⸗Virginien.

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Der Besitzer eines einen selbständigen Gutsbezirk bildenden Guts hatte beantragt, den über seinen Gutshof führenden öffentlichen Communicationsweg auf einen um den Hof herumführenden vorhan⸗ denen Weg zu verlegen. Dem Antrage war durch Beschluß des Amtsvorstehers stattgegeben. In dem darüber zwischen den wider⸗ sprechenden Gemeinden und dem Amtsvorsteher entstandenen Verwal⸗ tungsstreite hatten die ersteren geltend gemacht, daß der Weg, auf den der Communicationsweg verlegt werden solle, nach Lage, Breite und Gleichwerthigkeit dem letzteren nachstehe und daß die Wege⸗Polizei⸗ behörde die nicht eher aussprechen dürfe, bis den Mängeln des neuen Weges in jeder Beziehung abgeholfen sei. Durch Erkenntniß vom 13. November 1891 hat das Königliche Ober⸗ Verwaltungsgericht IV. Senat (Nr. IV 1049) ausgesprochen, daß es weder gesetzlich vorgeschrieben, noch auch im öffentlichen Inter⸗ esse geboten und daher nothwendig, noch endlich auch nur thatsächlich immer möglich sei, die Beschaffenheit des neu anzulegenden oder in verstärkte Benutzung zu nehmenden Weges und seiner Umgebung bei dem Beschlusse über die Verlegung oder Einziehung eines Weges in jeder Hinsicht im voraus erschöpfend zu regeln. as in dieser Be⸗ ziehung e nothwendig, könne sich jederzeit ändern, und die Polizeibehörde habe die Möglichkeit, je nach der concreten thatsächlichen Lage des einzelnen Falles die Ausführung ihres die Verlegung oder Einziehung aussprechenden Beschlusses von Be⸗ dingungen abhängig zu machen, die eine Schädigung oder gar Unterbrechung des öffentlichen Verkehrs ausschlössen. Hieraus ergebe sich auch die rechtliche Möglichkeit, für die Verlegung oder Ein⸗ ziehung eines Weges solche Einwendungen auszuschließen, denen jederzeit ohne Schwierigkeiten und unbillige Belastung des Wegebau⸗ pflichtigen oder der Grundstücksnachbarn durch das zulässige Eingreifen der Polizeibehörde begegnet werden könne, und welche daher für die Entschließung über die Verlegung nicht maßgebend ins Gewicht fielen, sodaß für diese Entschließung nur die nähere Erörterung solcher Be⸗ denken erübrige, welche, wenn sie begründet, sich nicht ohne weiteres in dem bezeichneten Verfahren mit Leichtigkeit und Sicherheit über⸗ winden ließen, und mit denen daher die für das streitige Project sprechenden öffentlichen Interessen nothwendig abgewogen werden müßten.

Kunst und Wissenschaft

Den Sitzungsberichten der Königlichen Akademie der Wissenschaften entnehmen wir folgende Mittheilungen über Be⸗ willigungen für wissenschaftliche Zwecke: Die physi⸗ kalisch⸗mathematische Klasse der Akademie hat bewilligt: 1500 der Verlagsbuchhandlung in Berlin zu den Herstellungskosten des von dem Professor Dr. Julius Wolff hierselbst herauszugebenden Werkes „das Gesetz der Transformation der Knochen“; 2000 der Phvsikalischen Gesellschaft hierselbst zur weiteren Fortsetzung der Herausgabe der „Fortschritte der Physik“; 750 der Deutschen Anatomischen Gesell⸗ schaft zur Herausgabe einer einheitlichen anatomischen Nomenclatur; 300 den Professoren Runge und Kayser zu Hannover zur Fort⸗ setzung ihrer Untersuchungen über die Spectren der Elemente; 1600 Herrn Otto Jesse in Steglitz zur Fortsetzung der photo⸗ graphischen der leuchtenden Wolken an correspondirenden Erenvnen; 2000 dem Professor Dr. A. Goette zu Straßburg i. E. zur Untersuchung der Turbellarien in Neapel und an der dalmatinischen Küste; 1500 dem Professor Dr. Th. Liebisch in Göttingen zur Fort⸗ führung der Versuche zur Herstellung photographischer Aufnahmen von

88s

Interferenzerscheinungen doppelt brechender Krystallplatten; 2000 dem Privatdocenten Dr. Richard Aßmann hierselbst zu Luftschiffahrten bez. für die Ausführung zusammenhängender Untersuchungen mittels des Fesselballons; 700 dem Mitgliede der Akademie Herrn Klein zur Ergänzung der in der akademischen Sammlung vorhandenen krystallographischen Apparate; 2000 dem Forstassessor Dr. A. Möller z. Z. in Blumenau, Sa. Catharina, Brasilien, zur Fortführung seiner mykologischen Studien. Die philosophisch⸗historische Klasse bewilligte dem Professor Dr. Aufrecht zu Heidelberg den Betrag von 500 zur Herausgabe eines Katalogs der Florentiner Sanskrit⸗ Handschriften.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. In der Sitzung vom 10. Februar legte Herr Amtsrichter Dr. Holtze ein Exemplar der soeben erschienenen zweiten Ausgabe der „Beschreibung der Kriegsthaten des General⸗Feld⸗ marschalls Ernst Albrecht von Eberstein“ geb. 1605, gest. 1676), eines Geschenks des Verfassers, des Freiherrn Louis Ferdinand von Eberstein, vor und zeigte, in wie mannigfacher Weise durch die zahlreichen, hier zum ersten Male veröffentlichten Urkunden, namentlich aus den Jahren 1657 bis 1659, unsere Kenntniß dieses Zeitraums vertieft wird. Er bewies dies durch ein näheres Eingehen auf den Kriegszug des Großen Kurfürsten nach Jütland und auf das Treffen von Niborg (14. November 1659), bei welchem Eberstein den linken dänischen Flügel befehligte, während das brandenburgische Hilfs⸗ Corps unter von Quast im Centrum stand. Die mannigfachen, zum theil allerdings sich widersprechenden Berichte aus jenen Tagen machen es im hohen Grade wahrscheinlich, daß Marschall Eberstein hauptsächlich aus politischen Gründen damals den Kampf gegen das letzte schwedische Heer auf Fünen empfahl und gegen alle Bedenken, die aus strategischen Gründen flossen, durchsetzte. Jedenfalls ist es dem unermüdlichen opferfreudigen Sammelfleiße des Herausgebers gelungen, nicht nur seinem Ahnherrn ein stattliches Ehrendenkmal zu

setzen, sondern auch der Wissenschaft zu dienen. . Herr Dr. Wolf, als Gast anwesend, behandelte die branden⸗ burgische Politik in der zweiten Hälfte des 16. Jahr⸗ hunderts, namentlich die verschiedenen Versuche, im Erzstifte Magdeburg festen Fuß zu fassen. Bei diesen Versuchen war ein Conflict mit den sächsischen Kurfürsten unvermeidlich, da diese ebenfalls die ihnen benachbarten Gebiete des Stiftes zu erwerben trachteten. Die Befürchtung, daß Erzbischof Sigis⸗ mund, der Sohn Joachim's II. von Brandenburg, die stiftischen Gebiete säcularisiren werde, war sächsischerseits im Jahre 1560 so stark, daß Kurfürst August damals kein Bedenken trug, den geistlichen Vorbehalt gegen diese Absicht geltend zu machen. Der Gegensatz erreichte nach dem Tode des Erzbischofs Sigismund (1566) seinen eg getaet da Sachsen alle Mittel aufbot, um die Wahl des randenburgischen Prinzen Joachim Friedrich durch die meist märkisch gesinnten Domherren zu hintertreiben. Von Sachsen ging der Vor⸗ schlag des Domherrn von Böcklin aus, das Erzstift zwischen Branden⸗ burg und Sachsen zu theilen und nur einen Rest einem unverheiratheten Erzbischof zu unterstellen. Als dieser Vorschlag keinen Anklang fand, wünschte Kurfürst August die Stiftsgebiete in Cere ende zu erhalten, dann begünstigte er die Candidatur seines Verwandten Johann von Holstein und suchte sogar durch den Kaiser die Wahl des branden⸗ burger Prinzen zu hintertreiben. Alle diese Versuche scheiterten aber, Joachim Friedrich wurde vom Capitel zum Administrator gewählt und in dieser Stellung vom Kaiser Maximilian II. zwar nicht aus⸗ drücklich durch Verleihung der Regalien bestätigt, indeß stillschweigend

anerkannt.

Herr Oberst⸗Lieutenant Schnackenburg sprach über die Herzogin Luise Dorothee von Sachsen⸗Gotha, eine Tante des Königs Georg III. von England, die während des siebenjährigen Krieges ihre mannigfachen Beziehungen benutzte, um Friedrich dem Großen zu nützen, ihm namentlich einen günstigen Frieden zu ver⸗ schaffen. Der Vortragende hatte vor einiger Zeit Gelegenheit, Original⸗Briefe Friedrich's an diese Dame im Hausarchiv zu Gotha einzusehen und dabei festzustellen, daß Preuß, der die 72 Königlichen Schreiben im 18. Bande der Oeuvres (S. 165 256) veröffentlicht hat, den Brief Nr. 24 irrthümlich vom 3. Januar 1761 datirt, während er thatsächlich über ein Jahr später geschrieben ist. Dieser hier von Preuß begangene Irr⸗ hun ist umg so aufilliger, als diesem aus Leipzig 3. Februar 1762 datirten Briefe über den neuen englischen Premier⸗Minister Bute äußert, der erst am 5. Oktober 1761 an Pitt's Stelle getreten, und vom Tode der Kaiserin von Rußland redet, der am 5. Januar 1762 erfolgt ist. Der König behandelt in jenem Schreiben die durch diese Ereignisse veränderte politische Lage, und Preuß hat in der von ihm gegebenen Fußnote ganz richtig auf das 15. Capitel der „Histoire de la guerre de 7 ans“ verwiesen, in dem sich der König S. 153 ff. eingehend über die politischen Veränderungen im Winter von 1761 auf 1762 ausspricht.

Herr Professor Dr. Schmoller machte Mittheilungen aus einem im Wiener Staatsarchiv befindlichen Hofjournale über mili⸗ tärische Vorkommnisse zu Berlin während der Jahre 1722 1723. Trotzdem der in österreichischem Solde stehende Correspondent keinerlei Wohlwollen für König Friedrich Wil⸗ helm I. hat und mit offenbarem Behagen über Streitig⸗ keiten bei Werbungen und über Desertionen berichtet, ist doch auch hier das eifrige Bemühen des Königs erkennbar, die Tüchtigkeit und Schlagfertigkeit seines Heeres zu heben. In Nürnberg werden vorzügliche Waffen beschafft, preußische Offiziere sollen in Paris die militärischen Einrichtungen Frankreichs kennen lernen, unter den Augen des Königs erhalten zu Berlin die in der Provinz stehenden Regimenter den letzten Schliff u. s. w.

Im Anschluß hieran gab Herr Dr. Krauske verschiedene ur⸗ kundliche Notizen über das militärische Leben in jener Zeit; diese beweisen, wie fein und aufmerksam jener österreichische Bericht⸗ erstatter damals die Berliner Zustände beobachtet hat.

Die Kaiserliche Leopoldinisch⸗Karolinisch⸗Deutsche Akademie der Naturforscher in Halle hat nach der „Mgdb. Ztg.“ ihre größte Auszeichnung, die goldene Cothenius⸗Medaille, dem Professor Retzius in Stockholm verliehen. ““

In Osnabrück macht, wie man dem „Hann. Cour.“ schreibt, der beabsichtigte Verkauf des Kaiserpokals, des schönsten Stücks

des städtischen Rathssilberschatzes, seit einigen Tagen viel von sich reden und hat die Bürgerschaft in große Aufregung versetzt. Ein Extrablatt einer dortigen Zeitung meldete, daß der Verkauf seitens der städtischen Collegien einstimmig genehmigt sei. Der Käufer sei bereits dort gewesen, um den Kauf perfect zu machen; die Kauf⸗ summe von 250 000 nebst 4000 für die Anfertigung einer Copie sollten in der Reichsbank⸗Filiale deponirt werden. Inzwischen ist jedoch, dem „H. C.“ zufolge, dem Magistrat eine Verfügung des Regierungs⸗Präsidenten zugegangen, durch welche auf Grund des Zu⸗ ständigkeitsgesetzes der Verkauf untersagt wird.

In ein Fenster des Rathhaussaales zu Lindau ist, wie die M. „Allg. Ztg.“ berichtet, zur Erinnerung an die oftmalige Durchreise des Kaisers Wilhelm I. ein Glasgemälde nach dem Entwurfe des Professors von Widmann eingefügt worden. Das Gemälde zeigt das Brustbild des Kaisers inmitten einer säulen⸗ getragenen Halle; zu beiden Seiten stehen zwei den Sieg und den Frieden darstellende Frauengestalten, welche über das Haupt des Kaisers den Lorbeer halten. Rechts und links des Kaiserbildes be⸗ finden sich Vasen mit Kornblumen; unter diesen sieht man das Reichs⸗ wappen. Die Inschrift lautet: „Zur Erinnerung an Kaiser Wilhelm's I. Besuche am Bodensee 1871 1887.“ Die Glasmalerei ist in dem

Atelier von Uhle in München hergestellt worden.

Der englische Alpenclub hat in Verbindung mit der Londoner geographischen Gesellschaft eine Expedition zur Erforschung der zweithöchsten, bei den Eingeborenen unter dem Namen „Schneeberg“ bekannten Gruppe des Himalgya⸗ Gebirges ausgesandt. Die Führung hat, nach der „Frkf. Ztg.“,

Mr. W. Conway übernommen, ein bekannter Bergsteiger, der nicht