1892 / 48 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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ehrten Herrn Abgeordneten, der soeben gesprochen hat, gehe ich aus Geschäftsordnungsgründen nicht ein, weil alle diese Ausführungen zum

erheblich erweitern.

sich davor schützen sollten. Man könne jetzt mit einer Linie von dem einen Punkt zu dem anderen die elektrischen Verbindungen herstellen, indem man es dem Strome überlasse, demnächst unter der Erde sich seinen Weg zu suchen. Sollten mehrere Ströme den gleichen Weg gehen, so störten sie sich in der Erde und hinderten ihr regelmäßiges Functioniren. Darum sage seine Partei, es müßten Vorkehrungen getroffen werden, daß das Reichsmonopol so ausgeübt werde, daß die Benutzung des Erdweges anderen Leuten nicht unmöglich gemacht werde, dazu habe man einen technischen und legislatorischen Zwang, und weil der Zwang bestehe und eine so große Betriebskraft wie die Elektricität nicht ohne Aufsicht gelassen werden dürfe, wünsche seine Partei, daß diese Angelegenheit zugleich mit dem vorliegenden Gesetz erörtert werde, oder daß wenigstens die noth⸗ wendigsten Bestimmungen darüber gleich in das Gesetz hineinkämen, und weil sie keine von diesen beiden Eventualitäten durchsetzen könne, habe sie als Drittes ihren Antrag. eingebracht, dessen Annahme sie empfehle. Staatssecretär Dr. von Stephan: Meine Herren! Auf den letzten Theil der Ausführungen des ge⸗

§ 7a gehören, auf den wir ja später kommen werden. Ich bleibe also bei dem eigentlichen Regalsparagraphen und kann dem Herrn Abgeord⸗ neten die beruhigendste Versicherung darüber geben, daß die Telegraphen⸗ verwaltung nichts Anderes beabsichtigt,als den bestehenden Zustand zu er⸗ halten, mit dem sie zufrieden ist. Die Sache ist nur die und das hat der geehrte Herr Abgeordnete übersehen oder wenigstens vergessen zu sagen —, daß der bestehende Zustand überhaupt ein bestrittener ist, daß die Gerichte ihn zum theil nicht anerkennen, daß wir wider⸗ sprechende Erkenntnisse haben, allerdings auch vom Reichsgericht eine für uns wichtige und nützliche Entscheidung, worin dieser hohe Gerichtshof zunächst in einer Strafsache ausspricht, Telephonanlagen seien im wesentlichen identisch mit Telegraphenanlagen. Aber Un⸗ sicherheit ist vorhanden. Darum eben wollen wir das Gesetz, denn daran knüpft sich die Rechtssicherheit, und darum wünschen wir, daß

Sodann einige beruhigende Erklärungen, die, wie ich hoffe, den Herrn Abg. Schrader befriedigen werden, im Anschluß] an das, was der Herr Abg. Hammacher gesagt hat. Der Ausdruck „er⸗ richten“ im ersten Paragraphen wird von uns so aufgefaßt, wie es der Herr Abg. Hammacher vorhin ausgeführt hat. (Hört, hört!) Wenn wir uns die Materialien für die Telegraphenlinien selber besorgen, also Werkstätten u. dgl. halten wollten, so müßten wir folgende Operationen nachen. Wir müßten uns zunächst, da wir jährlich etwa 130 000 Stück Telegraphenstangen brauchen, einen großen Waldcompler anschaffen,

en wir für Rechnung des Reichs bewirthschaften müßten. Dann nüßten wir ferner, da wir 1 300 000 kg Eisendraht, 35 000 kg Gußstahldraht, 80 000 kg Bronzedraht und 10 000 kg Compound⸗ raht brauchen, uns auch ein großes Drahtziehwerk nach Art der Georg⸗Marienhütte bei Osnabrück oder der großen Werke in Hamm oder Mülheim einrichten. Wir brauchen ferner 2500 Stück eiserne tangen, 760 000 Stück Porzellan⸗Isolatoren; wir müßten also eine große Porzellanfabrik anlegen oder die Königliche Porzellan⸗Manufactur

Wir brauchen über eine hälbe Million Stück Schraubenstützen und müßten also ein Kleineisenwerk, ähnlich denen in Solingen, Rem⸗ scheid, Haspe, Iserlohn einrichten. Wir bedürfen endlich an Erd⸗ und Flußkabeln für mehrere Millionen Mark und würden nach den Be⸗ sorgnissen, die Herr Abg. Schrader hegt, also auch eine eigene Kabel⸗ fabrik wie etwa die von Felten u. Guilleaume in Mülheim oder von Siemens u. Halske in Berlin anlegen müssen.

Meine Herren, daß das nicht Absicht sein kann, darüber kann doch wirklich kein Zweifel aufkommen, und ich kann auch die vollste Versicherung geben, daß wir nicht im entferntesten an solche Anlagen denken, und daß ich es auch für einen großen Rückschritt halte, wenn wir dies ebenso wie die Apparate, für welche wir etwa zwei bis drei Millionen ausgeben, der Privatindustrie entziehen würden. Sie können sich über diesen Punkt vollständig beruhigen, da das, was der Herr Abg. Dr. Hammacher in Bezug auf die Begriffsfeststellung des Wortes „Errichtung“ gesagt hat, durchaus zutrifft.

Unter Ablehnung aller Anträge wird §1 darauf nach dem Vorschlage der Commission angenommen:

§ 2 lautet: 1

Die Ausübung des im § 1 bezeichneten Rechts kann für

einzelne Strecken oder Bezirke an Privatunternehmer und muß

an Gemeinden für den Verkehr innerhalb des Gemeindebezirks verliehen werden, wenn die nachsuchende Gemeinde die genügende

Sicherheit für einen ordnungsmäßigen Betrieb bietet und das

Reich eine solche Anlage weder errichtet hat, noch sich zur Errich⸗

tung und zum Betriebe einer solchen bereit erklärt. Die Verleihung

erfolgt durch den Reichskanzler oder die von ihm hierzu ermächtigten

2 2 N. 8 8 1 4 63 8 M

Behörden. Die Bedingungen der Verleihung sind in der Ver⸗

leihungsurkunde festzustellen. 1

Abg. Klemm (cons—): Das Gesetz habe sich in wiederholter Be⸗ rathung als nothwendig erwiesen, auch für den § 2 habe sich die Commission einige Male ausgesprochen, es sei also die Annahme dieses Paragraphen zu empfehlen. Er möchte nur fragen, ob der Paragraph so ausgelegt werden solle, daß das Reich das Recht haben solle, die von Gemeinden eingerichteten Telegraphenlinien gegen eine zu vereinbarende Entschädigung oder auf Grund einer Concessions⸗ bedingung zu übernehmen. 3

Commissar des Reichs⸗Postamts Wirklicher Geheimer Ober⸗Post⸗ rath Professor Dr. Dambach: Nach der historischen Entwickelung der Sache könne es nicht zweifelhaft sein, daß die Auffassung des Abg. Klemm die richtige sei. Weil aber in jedem einzelnen Falle besondere Modalitäten eintreten würden, habe man diese Angelegenheit nicht ins Gesetz aufgenommen. Uebrigens glaube er, daß von der Vorschrift des § 2 wohl wenig Gebrauch gemacht werde.

Abg. Schrader (dfr.): Auch er meine, daß der Paragraph nur selten Anwendung finden werde, bitte aber doch um Annahme der Vorschrift und hoffe, daß sie dahin ausgelegt werde, daß einer Gemeinde das Recht zu solchen Einrichtungen auch gegeben werde, wo die vorhandene fiskalische Einrichtung nicht ausreiche.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Es könnten Zeiten kommen, wo die Telegraphenverwaltung nicht in der Lage sei, das Telegraphennetz auszudehnen; für diesen Fall solle man das Eintreten der Privaten gestatten.

Nachdem sich der Graf von Arnim den Ausführungen des Abg. Dr. Hammacher angeschlossen, wird § 2 genehmigt. Gegen 5 Uhr wird darauf die weitere Berathung der Vorlage vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft. Die Auswanderung im Jahre 1891. Nach der kürzlich veröffentlichten Zusammenstellung des Kaiser⸗ lichen Statistischen Amts verließen im Jahre 1891 über deutsche

: 91 925, im Jahre 1889: 90 259, im Jahre 1888: 98 515, Jahre 1887: 99 712 und im Jahre 1886: 79 874 Deutsche auswanderten. Dieses letztere Jahr weist die ge⸗ ringste Auswanderungszahl seit dem Jahre 1880 auf. Den Höhepunkt in der Auswanderung bildete das Jahr 1881 mit 210547, wogegen das Jahr 1891 also noch sehr erheblich zurückbleibt, wenn⸗ gleich es in der vom Jahre 1887 an wieder aufsteigenden Linie die höchste Stelle einnimmt. Nach Gruppen von fünf zu fünf Jahren geordnet, zeigte das Jahrfünft 1881/85 den stärksten Auswanderungs⸗ trieb mit durchschnittlich 164000, während das Jahrfünft 1886/90 eine Durchschnittsziffer von 92 000 aufweist. Das Jahr 1891 bleibt also weit hinter dem erstgenannten Jahrfünft zurück, während es die Durchschnittsziffer des zweiten Jahrfünfts erheblich überragt.

Ueber die Ursachen dieser Erscheinung läßt sich schwer zu einem abschließenden Urtheil kommen; die, gleichviel ob begründete oder nicht begründete, Hoffnung, „drüben“ bessere Verhältnisse zu finden, und die Art, wie diese Hoffnung genährt wird, ist dabei wohl am meisten ausschlaggebend, ebenso der Umstand, daß die Nähe des Meeres die Auswanderungslust begünstigt. Die Annahme, daß die Schwierigkeit der Erwerbung landwirthschaftlicher Grundstücke eine wesent⸗ liche Ursache für die Auswanderungslust bildet, läßt si angesichts der Thatsache, daß im Jahre 1891 von sämmt⸗ lichen Provinzen die Provinz Posen mit 18 728 Aus⸗ wanderern die höchste Ziffer aufweist, während gerade dort der Erwerb solcher Grundstücke jetzt sehr wesentlich erleichtert ist, nicht aufrecht erhalten. Daß die Theuerung der von Einfluß sein kann, läßt sich angesichts folgender Zahlen nicht ohne weiteres von der Hand weisen: die stärkste Auswanderung im Jahre 1881 mit 210 547 fällt mit der Thatsache zusammen, daß dieses Jahr sehr hohe Roggen⸗ und Weizenpreise 195,/ bezw. 219,5 hatte; das Jahr 1886 mit relativ niedriger Auswanderung hatte im letzten Jahrzehnt beinahe die niedrigsten Roggen⸗ und Weizenpreise 130,6 bezw. 151,3 Die erhebliche Preissteigerung des Vorjahrs könnte somit auch das Anwachsen der Auswanderung erklären. Der durch die Handels⸗ verträge geförderte Preisrückgang läßt vielleicht einen Rückgang der Auswanderung für dieses Jahr erwarten, obwohl der Januar noch gegen denselben Monat des Vorjahrs eine Vermehrung von 2677 auf 3461 aufweist. 88

Jetzt liegt nun auch der Bericht des Reichscommissars für das Auswanderungswesen für das Jahr 1891 vor, der über alle und zwar nur aus deutschen Häfen ausgewanderten Per⸗ sonen, sowohl Deutsche wie Ausländer, Rechenschaft ablegt. Hiernach ist auch die Gesammtauswanderung gegen das Vorjahr gestiegen, sie betrug 289 225 gegen 243 291 Personen im Jahre 1890, mithin 45 934 Personen mehr. Zu dieser Zunahme hat die Auswanderung der aus Rußland ausgewiesenen Israeliten bedeutend beigetragen. Für die Beförderung der Personen ist von dem Bremer Senat bestimmt worden, daß jedem erwachsenen Zwischendeckspassagier ebenso wie in Hamburg 2,85 chm Raum bei höͤchstens 2,40 m Höhe des Zwischen⸗ decks zu gewähren sind. Ferner wurde bestimmt, daß Auswanderer, die den Ueberfahrtspreis oder einen Theil abarbeiten wollen oder die sich Beschränkungen in der freien Bewegung im Ankunftslande unterwerfen müssen, von Bremen aus nicht befördert werden dürfen. Auch von Amerika aus ist der Kreis der Personen, welchen die Landung in den Vereinigten Staaten nicht gestattet wird, erweitert worden. Vielfach sind auch wieder gegen Auswanderungs⸗Agenten und deren Angestellte Klagen eingelaufen, in denen behauptet wird, daß diese einen Druck auf die Auswanderer ausüben, um sie zur Lösung von Fahrscheinen bei einer bestimmten Firma zu veranlassen; doch haben Ermittelungen fast stets die Grund⸗ losigkeit der Klagen ergeben. 3

Von den ausgewanderten 289 225 Personen gingen über Bremen 139 821, über Hamburg 144 239 und über Stettin 5165 Personen. Zurückbefördert wurden nach Bremen 33 974 Personen, worunter 130, denen in den Vereinigten Staaten wegen mangelnder Mittel und aus anderen Gründen die Landung verweigert wurde. Nach Hamburg wurden 20 345 zurückbefördert, worunter 175, die in Amerika nicht landen durften; nach Stettin 104 bezw. 9 Personen. 2

Von den ausgewanderten 93 145 Deutschen diese Zahl betrifft nur die aus deutschen Häfen ausgewanderten Personen, während die oben mitgetheilte Zahl 115 392 diejenigen Deutschen mit ein⸗ schließt, welche über holländische Häfen auswanderten ist in dem Bericht des Reichscommissars auch der Beruf ermittelt worden. Es gehörten nämlich

der Landwirthschaft 14 681 Personen = 15,7 % an, 1I114“ 1 = 18,0 % dem Handel und Verkehr . . . 5 172 8 5,6 °%

dem Arbeiterstande . . . . . 28 703 6 30,8 ° anderen Berufsarten (freien Be⸗

rufen, öffentlichen Diensten) 1 130.

ohne Berufsangabe .26 698 8

Von diesen deutschen Auswanderern wandte sich wieder der größte Theil 88470 nach den Vereinigten Staaten Nord⸗ Amerikas (46 470 Männer und 42 000 weibliche Personen). 474 Männer und 123 weibliche Personen gingen nach Afrika, 1133 bezw. 519 nach Brasilien.

Aus nichtdeutschen Staaten stammten 196 080 Auswanderer, wovon 174 664 nach Nord⸗Amerika gingen. Von den nichtdeutschen Auswanderern stammten 55 196 aus Oesterreich⸗Ungarn, 109 515 aus Rußland.

1,2°

28,7 %0.

Der Congreß deutscher Landwirthe, Resolutionen über den Unterstützungswohnsitz und das Frei⸗ zügigkeitsgesetz mit zwei dazu eingebrachten Abänderungsanträgen zur weiteren Veranlassung dem Vorstand:

„I. Durch den Abschluß der Handelsverträge, insbesondere des⸗ jenigen mit Oesterreich⸗Ungarn ist die deutsche Landwirthschaft un⸗ zweifelhaft schwer gefährdet; demzufolge wird es Verpflichtung der ver⸗ bündeten Regierungen sein, durch die Gesetzgebung Maßnahmen zu treffen, welche geeignet sind, die Lebensinteressen der Landwirthschaft wirksam zu fördern. II. Zu den Lebensinteressen der Landwirth⸗ schaft gehört unbedingt die Arbeiterfrage. Auf diese haben die Ge⸗ setze über die „Freizügigkeit vom 1. November 1867“ und über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 ganz besonders nachtheilig gewirkt. Es erscheint daher dringend geboten, bezüglich dieser Gesetze Wandel eintreten zu lassen. III. Die Freizügigkeit, das Recht eines jeden unbescholtenen Deutschen (Reichsangehörigen), innerhalb des Deutschen Reichs seinen Wohnsitz nach Belieben zu wählen und zu verändern, kann nicht wesentlich beschränkt werden. IV. Dagegen sind die Grundsätze über die Pflicht der Gemeinden zur Unterstützung verarmter Personen dahin zu ändern, daß fortan: a. die städtischen und solche ländlichen Gemeinden, welche als Fabrikscentren einen städtischen Charakter angenommen haben, verpflichtet sind, von Neuanziehenden Einzugsgeld zu erheben; b. der Gemeinde das Recht zu geben, Neuanziehende abzuweisen, wenn der Nachweis nicht erbracht ist, daß der Neuanziehende in der Lage ist, für sich und seine Familie eine den sanitätspolizeilichen Vor⸗ schriften entsprechende Wohnung zu beschaffen; c. die Rechte und Pflichten zum Erwerb eines seltstündigen Wohnsitzes schon mit dem vollendeten 18. Lebensjahre beginnen“. Die Herren von Bredow und Gontard beantragten, den Passus IV b folgendermaßen zu fassen: „den Gemeinden das Recht zu ertheilen, Neuanziehende abzu⸗ weisen, wenn der Nachweis nicht erbracht ist, daß der Neuanziehende in der Lage ist, für sich und seine Familie die nöthigen Subsistenzmittel, vor allem aber eine den ortsüblichen Ansprüchen entsprechende Woh⸗ nung zu beschaffen.“ Landrath von Tschoppe beantragte, der Resolution sub IVa, b und c folgende Fassung zu geben: „daß fortan: a. die Gemeinden befugt sind, von Neuanziehenden wegen des Anzugs eine Abgabe zu erheben; b. die Beweislast der §§ 4 und 5 des Freizügigkeitsgesetzes den Neuanziehenden auferlegt wird; c. die

welcher gestern im Architektenhause tagte, überwies nachfolgende

Ferner wurde einstimmig folgende Resolution über die persönliche Inanspruchnahme der Bewobnkr des platten Landes durch die Gesetzgebung der letzten Jahre angenommen: 8

„In Erwägung, daß die Gesetzgebung der beiden letzten Jahr⸗ zehnte an die Bewohner des platten Landes so hohe Anforderungen stellt, daß unter diesen entweder die Ausübung des Berufs oder die sachgemäße Handhabung jener Gesetze leiden muß, beschließt der Congreß: 1) Es ist Pflicht jedes Bewohners des platten Landes soweit er zur Annahme eines aus der Gesetzgebung resultirenden, ihm angetragenen Amts seinen Zeit⸗ und Vermögensverhältnissen nach im Stande ist dieses Amt anzunehmen, und zwar um: a. dasselbe nicht ungeeigneten Händen zu überlassen, b. seine Berufsgenossen zu entlasten. 2) Als die Aufgabe der gesetzgebenden Körperschaften aber muß es angesehen werden, dahin zu wirken, daß die Bewohner des platten Landes mit neuen Aemtern, insonderheit Ehrenämtern, weiter⸗ hin nicht belastet werden.“

Die Vereinigung der Steuer⸗ und Wirthschafts⸗

reformer

trat heute zu ihrer diesjährigen Generalversammlung zusammen. Graf Mirbach leitete die Sitzung mit einem Hinweis auf die durch die Aufhebung der Zuckererportprämien und durch die Handelsverträge veränderte Lage der Landwirthschaft ein, forderte aber die Versamm⸗ lung auf, nicht mißmuthig zu sein und für eine starke Vertretung der Interessen der Landwirthschaft in Parlament und Presse zu sorgen. Redner schloß seine Ansprache mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser. 88

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildeten „Die Forde⸗ rungen der deutschen Landwirthschaft in Consequenz der jüngsten wirthschaftspolitischen Maßnahmen“.

Der Referent Landrath von Kardorff (Wabnitz) bean⸗ tragte in Gemeinschaft mit dem Rittergutsbesitzer Grafen von Schwerin (Läwitz) folgende Resolution: „Die General⸗ versammlung der Vereinigung der Steuer⸗ und Wirthschafts⸗ Reformer beschließt: Mit Rücksicht auf die am 1. Februar d. J. in Kraft getretenen Handelsverträge und das hiermit der deutschen Land⸗ wirthschaft auf lange Jahre hinaus auferlegte neue Opfer muß dieselbe, neben unbedingter Erhaltung ihres Zollschutzes in der jetzigen Höhe, auf eine beschleunigte Durchführung der nach⸗ stehenden Forderungen dringen: 1) Initiative des Deutschen Reichs zur internationalen Wiederherstellung des Silbers zum Münzmetall; 2) Besserung der ländlichen Arbeiterverhältnisse durch: a. Revision des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 und des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. No⸗ vember 1857; b. Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter speciell in Preußen durch Begünstigung der Errichtung kleiner Rentengüter von Seeiten der Generalcommissionen auf Grund der Gesetze vom 27. Juni 1890 und 7. Juli 1891; c. unbeschränkte Zulassung von Arbeitern aus Nachbarstaaten; d. Stellung des Contractbruches unter das Strafgesetzbuch; 3) Erleich⸗ terung des Verkehrs durch a. Ermäßigung der Frachtsätze auf den bestehenden Staatsbahnen für Massentransporte auf weite Entfernung; b. Ausbau des Eisenbahn⸗und Straßennetzes besonders in den vorwiegend ackerbautreibenden bisher vernachlässigten Landestheilen; c. Erleichterung des Grunderwerbs und der Concessionserlangung für öffentliche Tertiärbahnen; 4) Beseitigung der Doppelbesteuerung in Preußen durch Suspension der Grund⸗ und Gebäudesteuer. Zur Arbeiterbewegung.

Aus Bielefeld berichtet ein Telegramm des „D. B. H.“ vom gestrigen Tage: In der Nähmaschinenfabrik von Baer u. Rempel sind Lohndifferenzen ausgebrochen. Eine Metallarbeiterversammlung erklärte sich mit den Arbeitern dieser Fabrik solidarisch und beschloß, sie mit allen Kräften zu unterstützen.

In Leipzig wurde am letzten Sonntag und Montag ein socialdemokratisches Flugblatt vertheilt, in dem, wie das „Chemn. Tgbl.“ mittheilt, die Einwohner zur Erwerbung des Bürger⸗ rechts und der sächsischen Staatsangehörigkeit aufgefordert werden, damit sie sich an den Wahlen zur Gemeindevertretung und zum Landtag betheiligen können.

In Zwickau fand nach demselben Blatt am Sonnabend und Sonntag eine zahlreich besuchte Conferenz der socialdemokrati⸗ schen Partei Sachsens statt, zu der acht Mitglieder der social⸗ demokratischen Landtagsfraction, gegen fünfzig Delegirte aus Burgstädt, Chemnitz, Crimmitschau, Dresden, Leipzig, Meißen, Plauen, Wurzen, Zwickau ꝛc., ferner mehrere Reichstags⸗Abgeordnete und gegen zweihundert auftraglose Socialisten erschienen waren. Am Sonnabend fand eine fünfstündige Debatte über die socialdemokratische Parteipresse statt. Im Laufe der Discussion wurden von letzterer die privaten Preßunternehmungen ausgeschlossen. Schließlich wurde eine Commission zur weiteren Vorberathung der Sache niedergesezt. Auf Grund des Berichts dieser Commission wurde in der Sonntagsversammlung beschlossen, der social⸗ demokratischen Landesversammlung zu empfehlen, für den 18., 22. und 23. Reichstagswahlkreis ein neues Parteiblatt, das in Zwickau erscheinen soll, zu gründen und eine Verschmelzung der in Chemnitz und Burgstädt erscheinenden Parteiblätter „Beobachter“ und „Volksstimme“ anzubahnen. Sodann fand eine Discussion über Organisation und Agitation statt, wobei eine schärfere Organisation und Verbindung der für Sachsen geordneten vier Organisations⸗ bezirke empfohlen wurde.

Aus Mülhausen i. E. wird der „Frkf. Ztg.“ geschrieben: Unter den Spinnerei⸗ und Webereibesitzern des Ober⸗Elsaß ist eine Vereinbarung wegen Verkürzung der Arbeitszeit um 10 %, trotz der Bemühungen der eingesetzten Commission, nicht zu stande gekommen. In Bühl, wo man den Arbeitslohn um 10 % verkürzen wollte, striken 800 Arbeiter bereits seit mehr als acht Tagen. Sie verlangen den vollen Lohn, sind aber damit einverstanden, einen Tag in der Woche ganz zu feiern, da sie alsdann sich ander⸗ weitig beschäftigen könnten. Das spätere Anerbieten des Arbeitgebers, nur einen Lohnabzug von 5 % zu machen, haben die Arbeiter nicht angenommen. Die Arbeiter unterstützen sich gegenseitig, sollen auch noch von den Arbeitern der Fabrik Rogelet Unterstützung erhalten.

Aus Braunschweig wird der „Mgdb. Ztg.“ über die Be⸗ wegung unter den dortigen Arbeitslosen berichtet: Nachdem auf Veranlassung der socialdemokratischen Parteileitung in Brannschweig wiederholt Versammlungen von Arbeitslosen stattgefunden und letztere ohne Erfolg Deputationen an den Stadt⸗ magistrat wie an das Staats⸗Ministerium entsandt hatten, fanden am Montag Vormittag auf den öffentlichen Plätzen im Innern der Stadt, vornehmlich in der Gegend des Stadthauses, demon⸗ strative Ansammlungen der Feiernden statt, die offenbar damit einer ausgegebenen Parole zur Veranstaltung einer Massen⸗ demonstration folgten. Zahlreiche Polizei⸗Patrouillen durchzogen die Straßenzüge und zerstreuten durch ruhiges aber bestimmtes Auftreten

die Gruppen. Vormittags 11 Uhr war von den Ansammlungen nichts mehr zu bemerken. Vom gestrigen Tage wird dem Blatt telegraphisch weiter gemeldet: Heute Nachmittag fand hier eine Arbeitslosenversammlung statt, die stürmisch erregt war. Sie wurde polizeilich aufgelöst. Auf der Straße schlossen sich tumul⸗ tuarische Scenen an, die Polizisten wurden mit Steinwürfen miß⸗ handelt; durch ein großes Polizeiaufgebot wurde die Ordnung wieder hergestellt. Sieben Verhaftungen haben stattgefunden. 8

Hier in Berlin beschäftigte sich eine Tapezirerversamm⸗ lung am Montag mit dem socialdemokratischen Gewerkschafts⸗ congreß in Halberstadt und nahm eine Resolution an, in der die Versammlung erklärt, nach wie vor die locale Organisation mit dem Vertrauensmänner⸗System für das Richtige zu halten. Der gewählte Vertreter auf dem Congreß wurde, wie der „Vorwärts mittheilt, verpflichtet, für solche Organisationen einzutreten und zu wirken.

Wie die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, dauert der Maschinistenausstand am Tyne und Wear fort. Einige Tausend Maschinisten und eine noch größere Zahl von Handwerkern

Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam 115 392 reichs⸗ tsche Auswanderer das Deutsche Reich, wogegen im Jahre

Rechte zum Erwerb eines selbständigen Unterstützungswohnsitzes schon mit dem vollendeten sechzehnten Lebensjahre beginnen.

nd Arbeitern sind infolgedessen gegenwärtig ohne Beschäftigung.

Zweite Beilage s⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 24 Februar

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 11“ —— Maßregeln.

BAMAeber den Stand der Influenza berichtet Nr. 8 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts“ im Folgenden:

Die Epidemie ist im Auslande fast durchweg weiter zurückgegangen. Todesfälle an Influenza sind aus London 183 gegen () 314 in der Vorwoche, aus 13: 19 gemeldet worden. In Brüssel ist die Gesammtsterblichkeit mit 38,1 auf je 1000 Einwohner gegen 36,9 in der Vorwoche zwar etwas gestiegen, doch hat sich die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane (A.) mit 41:44 auch dort verringert. In Paris betrug die Zahl der Todesfälle an Influenza 26: 58 in der Vorwoche. In Lyon war die Sterblichkeit, wenn auch niedriger als in der Vorwoche, doch verhältnißmäßig hoch (St. 35,6: 42,5 %%, A. 127: 159). Das gleiche gilt von Venedig (St. 39,7: 50,7 %%, A. 33: 54). Lemberg wies unter Abnahme der Gesammtsterblichkeit (St. 36,1: 42,1 %) eine Zunahme der Todes⸗ fälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane (23: 19) auf. In Wien kamen 263 Erkrankungen an Infl.: 300 zur Meldung, während die Sterblichkeit allerdings gleichzeitig ein wenig stieg. In Prag haben sich die Gesundheitsverhältnisse etwas verschlechtert (Todesf. u. Erkrank. an Infl. 5 u. 181: 4 u. 174, St. 34,9: 34,5 %, A. 40: 32). In Kroatien soll die Influenza Zeitungs⸗ nachrichten zufolge eine sehr hohe Sterblichkeit hervorrufen. Un⸗ zünstiger lauten die Nachrichten auch aus Kopenhagen, wo die Er⸗ krankungen an Infl. (224: 282) zwar ab⸗, die Zahl der Todes⸗ fälle (15:15), wie die Sterblichkeit überhaupt (St. 23,1: 20,90 %o0, A. 42: 36) aber zugenommen hat. In Stockholm erlagen der Seuche 9 Personen: 21 und erkrankten an derselben 70: 119.

In den Städten Norwegens kamen nach den nunmehr ein⸗ gegangenen Monatsausweisen im Dezember v. J. 5917 Erkrankungen sund 57 Todesfälle) an der Influenza zur Anzeige,

Die Gesammtzahl der Sterbefälle in den 61 norwegischen Städten stieg von 191 im November auf 322 im Dezember und erreichte damit das Maximum des Jahres 1891.

Aus den Städten Norwegens sind übrigens während des ver⸗ flossenen Jahres allmonatlich zahlreiche Erkrankungen an Influenza gemeldet worden, z. B. im April 11 640 und im Mai 4588, von

64 bezw. 70 tödtlich geendet hatten. In den Monaten August bis Oktober waren 372 Erkrankungen, aber kein Todesfall an Influenza zur Anzeige gelangt, im November 659 Er⸗ krankungen mit vier Todesfällen. Das nachträglich festgestellte Herrschen der Influenza in Norwegen zu Beginn des Sommers 1891, namentlich während der Monate April und Mai, entspricht dem gleichzeitigen, s. Z. erwähnten, Auftreten der Influenza in Kopen⸗ hagen und Löondon. Aus Kopenhagen wurden damals innerhalb eines Vierteljahres (12. April bis 11. Juli 1891) 6243 Erkrankungen

Influenza gemeldet, in London verursachte die Influenza zu gleicher Zeit nicht weniger als 2046 Todesfälle (vgl. Veröff. 1891, Nr. 17— 29); ihre Höhe erreichte die Krankheit in beiden Orten Ende Mai (innerh. 14 Tagen 2077 Erkr. bezw. 629 Todesf.).

Im Staate New⸗York hat die Influenza, wie der jüngst ein⸗ gegangene Jahresausweis ergiebt, im Dezember v. J. 2000 Todesfälle perursacht, während in den Monaten März, April und Mai 1891. nicht weniger als 8000 Personen der Influenza erlegen waren. (Vgl. auch Veröffentl. 1891 S. 317.)

Die Thatsache, daß während des Sommers 1891 die Influenza

a. im Staate New⸗York stark verbreitet war, läßt vermuthen, daß die neuerliche Einschleppung der Seuche nach Deutschland z. Th. dorther aufdem Seewegeerfolgt ist. Diese Vermuthung gewinnt dadurch an

rscheinlichkeit, daß die Städte Bremen, Altona, Hamburgschon im Monat Oktober (welcher sich im Deutschen Reiche sonst durch die Mindestzahl der täglichen Sterbefälle auszeichnet) ein deutliches inwachsen der Sterbeziffer, namentlich an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane, zeigten, und daß diese Städte besonders früh, schon in November den Höhepunkt der Sterblichkeit erreichten, mithin jüerst von der Influenza⸗Epidemie betroffen zu sein scheinen. Ign den meisten anderen von der Seuche betroffenen größeren Etädten des Deutschen Reichs ist der Höhepunkt der auffallend ge⸗ stegenen Sterbeziffer erst im Monat Dezember beobachtet worden. lusgenommen namentlich noch Kiel, Breslau, Posen.)

Wenig betroffen von der Seuche scheinen die Städte der Schweiz

sein. Innerhalb der sechs Wochen vom 27. Dezember bis 6. Fe⸗ bruar kamen daselbst unter einer städtischen Bevölkerung von mehr

5 ½ Million Einwohnern nur 19 Todesfälle infolge der Influenza zur Anzeige, und sowohl die Gesammtzahl der Sterbefälle (1130), wie auch besonders die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Lunge (139) waren, erstere um 306 bezw. 784, letztere um 39 bezw. 345, geringer als in dem entsprechenden Zeitraume der beiden Verjahre. (Vgl. die Wochenbulletins.)

In der Capcolonie soll die Influenza nach Zeitungsmitthei⸗ zungen noch immer stark herrschen und sich neuerdings auch auf dem achen Lande ausbreiten. —.⸗Das Inland anlangend, scheint die Seuche im Regierungsbezirk Lüsseldorf mit 10 Todesfällen und 1261 Erkrankungen: 30 und 3916 erheblich nachgelassen zu haben. Auch in den wrigen Landestheilen sind die Gesundheitsverhältnisse, so⸗ beit neben der Gesammtsterblichkeit die Zahl der acuten Er⸗ antungen der Athmungsorgane in Betracht kommt, im all⸗ Lemeinen besser geworden. Eine Ausnahme hiervon machten 5.n. Dortmund (St. 29,6:24,5, A. 15: 6, Todesfälle an Infl. 2: 1), Famstadt (St. 16,1:10,8 %0, A. 8: 1), Mannheim (St. 23,3: 17,20 %0, ⁵*:8), Mülhausen i. E. (St. 25,6: 19,7 % , A. 5:3), Straßburg fäͤlle an Infl. 4: 2, St. 31,5: 25,4 ⁄%°), Plauen (Todesfälle an

5 St. 33,4: 21,5 % , A. 7:22), Frankfurt a. O. (46 Erkrank.

ifl.:38, St. 23,1: 21,3 % ), Braunschweig (St. 19,6: 18,6 %0,

14: 12, Todesf. an Infl. je 5), Lübeck (St. 24,4: 18,9 %,

Danzig (St. 31,1: 23,9, A. 11: 9, Todesfälle an

In München gelangten in den drei Wochen vom 17. Januar hen. Februar nacheinander 2120, 1800, 1100 Influenzafälle zur An⸗ senmtig⸗ (Münch. med. Wochenschr.“ S. 118), auch hat die Ge⸗ mtsterbeziffer in dieser Zeit abgenommen, nur die Todesfälle an Erkrankungen der Athmungsorgane stiegen von 40 auf 48.

Unter dem Nigbf Italien. Kla dem Viehstande der Stadt Neapel sind Fälle von Maul⸗ klauenseuche beobachtet worden.

Die Reai Süd⸗Amerika. als vom gierung von Uruguay hat den Hafen von Rio de Janeiro dom 30 88 en Fieber „verseucht“ erklärt. (Vergl „R.⸗A.“ Nr. 306

Dezember 1891.) AX“

Handel und Gewerbe. f 8 5 E1““ 1. 88 2 ae die neue Reichsanleihe im aut albetrage von 160 illionen Mark sind

Milluübseriptions ⸗Bedingungen bis zum 27. d. M. Katonen, also ein Viertel abzunehmen. Es find jedoch

bereits rund 150 Millionen Mark vollgezahlte In⸗ terimsscheine, also fast der ganze Anleihebetrag ab⸗ enommen. Dem entspricht die außerordentlich gunstige Cursentwickelung. Die fragliche Anleihe, welche bekanntlich zum Curse von 83,60 aufgelegt war, notirte gestern an der Fiefig.n Börse 84,10 Geld; per Ultimo wurde dieselbe 83,90 bis 84,40, ebenso wie die neue preußische dreiprocentige con⸗ solidirte Anleihe, gehandelt. Diese Vorgänge sprechen dafür, daß die Anleihe sich weitaus zum größten Theil in festen Händen befindet. 1“

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 23. d. M. gestellt 9931, nicht rechtzeiti gestellt keine Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 22. d. M. gestellt 3473, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Der Aufsichtsrath der Berliner Spar⸗ und Depo siten⸗Bank hat beschlossen, der auf den 18. März einzuberufende Generalversammlung die Vertheilung von 6 % Dividende (Vorjah 6 ½ %) nach Reservestellung vorzuschlagen.

—— Der Aufsichtsrath der Bank für Handel und Industrie beschloß in seiner gestrigen Sitzung, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 5 ¼ % für das abgelaufene Geschäfts⸗ jahr vorzuschlagen. Die Bank erzielte einen Reingewinn von 4 619 580 gegenüber 8 445 370 im Jahre 1890. Das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto pro 1891 ergiebt folgende Ziffern die correspondirenden Ziffern des Vorjahres sind in Klammern bei⸗ gefügt —: 1) Gewinn aus Effecten, industriellen Unternehmungen und Opcrationen 411 831 (3 068 568), 2) Vereinnahmte Zinsen 5 452 976 (6 427 555). 3) Provisionen 1 137 667 (1 392 379), 4) Erträgnisse der Commanditen über 4 % Zinsen 219 202 (319 368), 5) Gewinn an Valuten 63 633 (104 888), 6) Ge⸗ schäftsunkosten inel. Steuern und gezahlte Provisionen 1 123 089 (1 135, 082), 7) Verausgabte Zinsen 1 489 344 (1 631 680), 8) Abschreibung auf Bankgebäude 200 000 (200 000), 9) Gewinnvortrag auf 1892 146 157 (147 847). Die Bilanz wird folgende Ziffern ergeben: Passiva. Actiencapital 80 000 000 (80 000 000), Reserven incl. Specialreserve für Commanditen und für diverse Risicen 17 604 427 (17 579 115), Delcredere⸗Conto I. und II. 825 532 (826 015), Amortisations⸗Conto für die Bank⸗ gebäude 1 193 214 (993 214), Tratten 20 960 078 (22 684 469), Avale 3 979 277 (4 943 888), Creditoren 30 394 858 (35 251 064), Creditoren mit Kündigungsfrist 11 797 908 (10 871 006), noch nicht fällige Hypotheken auf das neue Bankgrundstück 435 500 (615 000).. Activa. Disponible Fonds 66 430 329 (66 108 975), nämlich: Wechsel 23 179 192 (17,904 498), Casse und Coupons 11 234 285 (9 349 549), Nostri⸗Guthaben 9 287 779 (11 270 489), Reports und Lombards 22 729 071 (27 584 439), Börsengängige Effecten 9 855 713 (6 674 493). Debitoren insgesammt 55 990 888 (69 236 113), hiervon Bedeckte Credite inecl. Guthaben aus Consortial⸗ geschäften 48 631 684 (60 749 951), theilweise bedeckte Credite 3 835 648 ℳ, hiervon nicht bedeckt: 1 352 654 (4 075 361, hiervon nicht bedeckt: 1 309 500), Unbedeckte Credite 3 523 555 (4 410 800). Actienbetheiligungen bei industriellen Unternehmungen 990 111 (1035 061), Laufende Operationen 22 724 929 (23433 887), Comman⸗ diten 8 732 082 (8 763 786), Mobilien und Immobilien 6 844 573 %ℳ (5 880 374 ℳ). Die aus früheren Jahren vorhandene Cursreserve ist zur Deckung der namentlich aus dem Rückgange der portugiesischen Werthe entstandenen Verluste mit herangezogen worden. In portu⸗ giesischen Werthen waren nach der Bilanz am 31. Dezember 1891 angelegt: 1) 3 634 000 in 4 ½ % portugiesischen Taback⸗Obligatio⸗ nen, 2) 1 442 000 in sonstigen portugiesischen Werthen (Staats⸗, Stadt⸗ und Eisenbahn⸗Obligationen), sowie Vorschüssen und Engage⸗ ments irgend welcher Art. Bei der Inventarisirung dieser Werthe ist dem im neuen Jahre eingetretenen Cursrückgange Rechnung ge⸗ tragen worden. Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Wenn man vor einigen Wochen die Hoffnung hegen konnte, daß in einigen Artikeln sich bald eine Besserung geltend machen würde, so ist diese jedenfalls nur von kurzer Dauer gewesen. Fast in allen Zweigen des Eisenmarktes, wenige ausgenommen, herrscht Flaue, und die Preise sind sehr gedrückt. Was unser Erzgeschäft anbelangt, so ist im Siegerlande der Absatz ein beschränkter; man arbeitet trotz verminderter Förderung auf Lager. Luxemburg⸗Lothringer Minette hat nur schwachen Absatz bei schwankenden Preisen. In spanischen Erzen hat die geringere Besserung der letzten Woche angehalten. In Roheisen hält die frühere Flaue an. Der ungünstige Stand des ausländischen, namentlich englischen Roheisens hat den Roheisenverband veranlaßt, mit Rücksicht auf den Wettbewerb die Preise für Gießereiroheisen um 3 pro Tonne zu ermäßigen. Der Absatz ist für alle Sorten durchweg ein beschränkter. Für das erste Vierteljahr sind zwar die Hochofenbesitzer, namentlich auch im Sieger⸗ lande, durch größere Aufträge in Spiegeleisen meist gedeckt, und es sind daselbst Lagervorräthe kaum vorhanden, dagegen sieht man mit um so größerer Besorgniß dem zweiten Vierteljahr entgegen, da es den bisherigen Abnehmern selbst an Aufträgen fehlt. Auf dem Walzeisenmarkte ist die Tendenz gleichfalls eine matte. Stab⸗ eisen wird trotz des officiellen Verbandpreises sehr billig angeboten. In Bauträgern ist das Geschäft sehr flau; sowohl die inländische wie die ausländische Nachfrage sind schwach, und trotz der niedrigen Notirungen muß die Tendenz der Preise noch als weichend bezeichnet werden. Gerade in diesem Artikel ist der Wett⸗ bewerb ein außerordentlich starker, und die Lagervorräthe sind vorläufig im Zunehmen begriffen. Man setzt seine ganze Hoffnung jetzt auf die nächste Bauperiode. In Band⸗ eisen ist die Nachfrage fortgesetzt ziemlich lebhaft: trotzdem sind die Preise infolge des zunehmenden Wettbewerbs der Nichtverbandswerke 5 und wenig fest. In Blechen ist das Geschäft unverändert.

ie Klagen, die vielfach in der Presse laut wurden, gelten keineswegs für sämmtliche, nicht gerade sehr zahlreiche Grobblechwalzwerke. Im Gegensatz hierzu wird nämlich von mehreren Werken berichtet, daß der lebhafte Eingang von Aufträgen in dem Maße anhält, daß bereits ausgedehntere Lieferfristen verlangt werden müssen. Trotzdem sind die erzielten Preise höchst unbefriedigend. Feinbleche sind an⸗ dauernd vernachlässigt und sehr billig angeboten. Walzdraht und gezogene Drähte finden nur schwachen Absatz zu sehr niedrigen und gedrückten Preisen. In der Geschäftslage gießereien und Maschinenfabriken ist eine nennenswerthe Aenderung nicht zu verzeichnen. Anhaltend gut ist der Betrieb der Bahnwagen⸗ anstalten.

Die Meldungen über eine beabsichtigte Auflösung des Westfälischen Kokssyndikats sind der „Rhein. Westf. Ztg.“ zu⸗ folge unbegründet. Grund zu der falschen Nachricht gab nur der Um⸗ stand, daß in der am 29. Februar in Bochum stattfindenden Ver⸗

sammlung der Koksanstalten und Fettkohlenzechen des Oberbergamts⸗ bezirks tmund über die Liquidation und Verwendung des

Vereinsvermögens der alten, vor dem jetzigen Kokssyndikate be⸗ stehenden Verkaufsvereinigung Beschluß gefaßt werden soll.

Leipzig, 23. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin 8 ndel. La Plata. Grundmuster B. per März 3,45 ℳ, pe

il 3,55 ℳ, per Mai 3,50 ℳ, per Juni 3,50 ℳ, per Juli

½ ℳ, per August 3,52 ½ ℳ, per September 3,52 ½˖ ℳ, ver Okt

3,55 ℳ, per Novemher 3,55 ℳ, per Dezember 3,55 ℳ, per Januar 3,55 Umsatz 110 000 kg. Wien, 23. Februar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 12. bis 18. Februar 573 370 Fl., Mindereinnahme 146 240 Fl.

24. Februar. (W. T. B.) Ausweis der österreichisch ungarischen Staatsbahn (österreichisches Netz) vom 11. bis 20. Februar 527 984 Fl., Mindereinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 83 683 Fl.

Pest, 23. Februar. (W. T. B.) Bank⸗Vice⸗Gouverneur Kau t hat den Posten als Gouverneur der Oesterreich⸗ungarischen Bank angenommen.

London, 23. Februar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten.

Manchester, 23. Februar. (W. T. B.) 12r Water Taplor 5 ⅛, 30r Water Taylor 7 ⅜, 20r Water Leigh 6 ½, 30r Water Clayton 6 ¾, 32 Mock Brooke 6 ⅜, 40r Mayoll 7, 40r Medio Wilkinson 3, 32r Warpcops Lees 6 ⅞, 36r Warpcops Rowland 7 ½, 40r Double Weston 8, 60r Double courante Qualität 11 ⅜, ,32“ 116 vards 16 ℳ% 16 grey Printers aus 321/46r 148. Ruhig. Paris, 23. Februar. (W. T. B.) Der Verein der fran⸗

zösischen Inhaber auswärtiger Werthpapiere hielt heute eine Sitzung ab, um von den von auswärtigen ähnlichen Comités eingegangenen Depeschen Kenntniß zu nehmen. Von Berlin wird die Ankunft eines Delegirten angekündigt, der den Auftrag hat, sich mit den französischen Bondholders ins Einvernehmen zu setzen. Morgen soll eine Conferenz stattfinden, an der auch die Secretäre des Bond⸗ holder⸗Comités in London sowie des Niederländischen Comités theil⸗ nehmen werden. New⸗York, 23. Februar. (W. T. B.) Weizen⸗Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 95 000, do. nach Frankreich 40 000, do. nach anderen Häfen des Continents 95 000 do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 49 000, do. nach anderen Häfen des Continents Orts.

„Die Haltung der Fondsbörse war mit vorübergehenden Ab⸗ schwächungen sehr fest. Der Umsatz der Actien betrug 318 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 600 000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 15 000 Unzen. v

Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Spree“, welcher heute von hier abgegangen ist, hat eine Million Dollars Gold für Oesterreich an Bord.

Visible Supply an Weizen 41 474 000 Bushels, do. an Mais 10 033 000 Bushels.

Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Producte betrug 7 015 852 Doll. gegen 9 118 980 Doll. in der Vorwoche. 8

Verdingungen im Auslande.

8 3 Dänemark.

„5. März, 1 Uhr Nachmittags. Maskinchefen for Sjaelland, Bahnhof, Kopenhagen. Lieferung der für das Finanzjahr 1892/93 benöthigten Gußeisenwaaren. Bedingungen an Ort und Stelle. 7. März, 1 Uhr Nachmittags. Maskinchefen for Sjaelland, Bahnhof, Kopenhagen. Lieferung von Leinölfirniß, Terpentin, Soda, Blattgold, Farbstoffen u. a. m. Bedingungen an Ort und Stelle.

4. März, 1 Uhr Nachmittags. Maskinchefen for Sjaelland, Bahnhof, Kopenhagen. Lieferung einer Partie Bretter und Planken von Fichtenholz für das Finanzjahr 1892/93. Bedingungen an Ort und Stelle.

8. März, 1 Uhr Nachmittags. Maskinchefen for Sjaelland, Bahnhof, Kopenhagen. Lieferung einer Partie schmiedeeiserner Stangen und Platten für das Finanzjahr 1892/93. Bedingungen an Ort und Stelle. 9

Serbien.

Wiederholte Ausschreibung (vergl. Reichs⸗Anzeiger vom 19. De⸗ zember 1891 Nr. 299) auf den 15. März (neuen Stils) Ministerium für Volkswirthschaft, Belgrad. Lieferung von 8

1) 1 Dampfer von 50 55 m Länge und 300 indic. Pferdekräften;

.2) 2 Dampfern von 55 60 m Länge und 500 indic. Pferde⸗ kräften;

3) 1 Remorqueur, auch zur Aufnahme von Passagieren geeignet, von 50 60 m Länge und 500 indic. Pferdekräften;

4) 2 größeren Schleppschiffen von 3000 Doppelcentnern fähigkeit; 5, 4 größeren Schleppschiffen von 1500 Doppelcentnern fähigkeit; 6) 6 größeren Schleppschiffen von 3000 Doppelcentnern fähigkeit,

zum Verladen von Steinen, Holz und Kohle;

7) 4 Schleppschiffen mit seichtem Tiefgang von 1000 Doppel⸗ centnern Tragfähigkeit; -

8) 8 größeren Uferpontons von 30 m Länge,

für Rechnung der Serbischen Schiffahrtsgesellschaft.

Lieferungsfrist bis Ende März 1893. Näheres an Ort und

Stelle.

.“ Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 23. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd.

Der Schnelldampfer „Aller“ ist gestern in New⸗York angekommen. Der Schnelldampfer „Elbe“ ist am 23. Februar, Nachmittags, in Southampton angekommen und hat die Reise nach Bremen fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer, Salier“ ist heute Nachmittag wohlbehalten in Colombo, der Postdampfer „Berlin“ am 22. Fe⸗ bruar, Nachmittags, in Lissabon und der Postdampfer „Balti⸗ more“ in Bahia angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 22. Februar, Nachmittags, in Suez angekommen.

London, 23. Februar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist auf der Heimreise heute in Southampton an⸗ gekommen. Der Castle⸗Dampfer „Melrose“ ist gestern auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Drummond Castle“ist gestern auf der Ausreise von Southamp⸗ ton abgegangen. 8

2 e

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Theater und Musik.

Saal der Königlichen Hochschule. Das Ceoncert, welches gestern zum besten der Feriencolonien stattfand, war sehr zahlreich besucht. Nachdem ein junges Mädchen in poetischen und rührenden Worten den Anwesenden den Dank ihrer Reisegefährten ausgedrückt hatte, erfreute der Violinvirtuos Herr Markees, der für seine plötzlich erkrankte Collegin Fräulein Rosa Schindler eingetreten war, durch den sehr gediegenen und feinschattirten Vortrag einer Sonate von Tartini, der

er nachher noch eine Legende und zwei Mazurkas