1892 / 52 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

richtung der Untersuchungsämter für Nahrungs⸗ und Genußmittel 1882 S. 109) folgende Bestimmungen erlassen: Die Klärung mittels Gips (Platriren) darf dem Wein im Maximum nur einen Gehalt an schwefelsauren Salzen zuführen, der 2 g neutralem schwefelsauren Alkali entspricht, doch ist jedermann berechtigt, der Naturwein bestellt und gekauft hat, denselben zurückzuweisen, wenn er mehr als 0,6 g neutrales schwefelsaures Kali*) enthält. Endlich be⸗ stimmt auch die Verordnung vom 19. März 1890, daß mittels Gyps eklärte Weine im Liter höchstens 2 g schwefelsaures Kalium ent⸗ zalten dürfen (Veröffentl. des Kaiserl. Gesundheitsamts 1890 S. 512).

Nach der Verordnung des Regierungsraths des Kantons Zürich (Veröffentl. des Kaiserl. Gesundheitsamts 1886 S. 737), betreffend die Controlirung des Weinverkaufs, vom 2. Oktober 1880 dürfen ge⸗ ipste (platrirte) Weine, wenn sie nicht ausdrücklich als Cupir⸗ oder Verschnittweine bezeichnet sind, höchstens 2 g Kaliumsulfat (ent⸗ sprechend 1,124 g Schwefelsäurehydrat) für das Liter enthalten. Weine, welche als Krankenweine verkauft werden, und die mit gegipsten Weinen cupirten Weine dürfen höchstens 1 g Kaliumsulfat (entsprechend 0,562 g Schwefelsäurehydrat) für das Liter enthalten. Gleichartige Bestimmungen bestehen im Kanton Glarus (Veröffentl. des Kaiserl. Gesundheitsamts 1886 S. 737). Die Regierungsverordnung für den Kanton Luzern vom 17. März 1880 (Veröffentl, des Kaiserl. Gesund⸗ heitsamts 1886 S. 680, 737) sagt: Der Gehalt an gebundener Schwefelsäure soll für gewöhnliche Trinkweine und sogenannte Kranken⸗ weine nicht mehr als 0,092 % gebundene Schwefelsäure, entsprechend 0,2 % schwefelsaurem Kali, betragen. Diese Zahl entspricht nahezu 2g Kaliumsulfat für das Liter.

Nach den Beschlüssen des Vereins schweizerischer analptischer Chemiker soll ein Wein, dessen Schwefelsäuregehalt mehr als 1g neutralen schwefelsauren Kaliums im Liter entspricht, als ge⸗ gipst zu bezeichnen sein; als übermäßig gegipst ist der Wein zu beanstanden, wenn dieser Gehalt 2 g im Liter übersteigt („Schweiz. Wochenschrift für Pharm.“ 1887 Nr. 14).

er (1. und 2. Jahresbericht der Untersuchungsstation des

E G patens hen Instituts der Königlichen Ludwig⸗Maximilians⸗Universität

München 1882) schlägt vor, als erlaubten Maximalgehalt 0,05 % Schwefelsäure (S0 8) im Wein zu betrachten, das sind 1,089 g Kalium⸗ sulfat im Liter.

Neßler (Weinbau 1882, VIII S. 28) zieht aus einer Reihe von Untersuchungen den Schluß, daß der Gehalt an Schwefelsäure in nicht gegipsten Weinen meist 0,018 bis 0,055 % bezw. 0,04 bis 0,12 0,0 schwefelsaures Kali nicht übersteige. Ein normaler Wein, in welchen weder durch das Einbrennen noch durch Gipsen Schwefelsäure gelangt sei, enthalte nie mehr als 1,3 g schwefelsaures Kali im Liter.

Ricciardi (Rivista di viticoltura et enologia italiana 1882 S. 663 1883 S. 691) fand im Mittel in den Naturweinen der terre forti in Catania 0,724 g Schwefelsäure (S03) im Liter, ent⸗ sprechend 1,578 g Kaliumsulfat.

In Italien soll, nach einem Cirkular⸗Erlaß des Ministers des Innern, der Verkauf gegipster Weine geduldet werden, vorausgesetzt, daß sie nicht mehr als 2 g Kaliumsulfat im Liter enthalten, und als solche im Handel bezeichnet sind (Veröffentl. des Kaiserl. Gesundheits⸗ amts 1887 S. 569). Eine weitere Ministerialverordnung vom 3. Juli 1891 betont, daß der Verkauf von Weinen, welche infolge des Gipsens über 2 pro Mille Sulfate enthalten, unbedingt ver⸗ boten ist. Die für sehr alkoholreiche und Luxusweine bewilligte weitere Grenze bezieht sich allein auf die Marsala oder ähnliche Weine, welche in den vergangenen Jahren bereitet worden sind und nur nach 2— angemessenen Lagerung verkauft werden können (a. a O. 1891 Nach den Vereinbarungen der freien Vereinigung bayerischer Ver⸗ treter der angewandten Chemie dürfen Weine, auch wenn dieselben gegipst sind, in Summa im Liter nicht mehr Schwefelsäure enthalten, als 2 g Kaliumsulfat entspricht.

Die in den Tagen vom 16. bis 21. April 1884 in Berlin behufs

einheitlicher Methoden zur Untersuchung des Weines ver⸗ ammelten Fachmänner haben sich dahin geeinigt, daß Weine, welche mehr als 0,092 g Schwefelsäure (S02), entsprechend 0,2 g Kalium⸗ sulfat (K2 SO4), in 100 cem (d. h. 2g im Liter) enthalten, als solche zu bezeichnen sein sollen, welche durch Verwendung von Gips oder auf andere Weise zu reich an Schwefelsäure geworden sind. Ebenso

ist die Grenze von 2 g schwefelsaurem Kalium für das Liter seiner Zeit von der Königlich preußischen wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen in einem Gutachten vom 25. Januar 1892 befür⸗ wortet worden und dient zur Zeit der Mehrzahl der Weinchemiker als Maßstab für die Beurtheilung eines Weines nach dieser Richtung.

Alle diese Umstände lassen es als gerechtfertigt erscheinen, daß der Grenzwerth in der gedachten Weise gesetzlich firirt wird. Dabei darf man sic⸗ aber nicht verhehlen, daß die Bestimmung eine rein con⸗ ventionelle ist, um dem übermäßigen Gipsen und Schwefeln entgegen⸗ zutreten, ohne gewisse in der Kellerwirthschaft durchaus nothwendige Hantirungen zu sehr zu beschränken.

Wie herporzuheben ist, werden nur Rothweine von dem Verbot betroffen, und zwar nur solche Rothweine, welche nicht als Dessert⸗ weine (Süd⸗, Süßweine) ausländischen Ursprungs in den Verkehr kommen. Auf den ersten Blick, scheint hierin ein Widerspruch zu liegen, da anzunehmen ist, daß die Schwefelsäure bezw. die schwefel⸗ sauren Salze dieselbe Wirkung auf den menschlichen Organismus aus⸗ üben, mögen sie nun in Roth⸗ oder Weißweinen vorkommen. Dennoch

dürften die in Vorschlag gebrachten Ausnahmen durch die folgende

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Betrachtung gerechtfertigt erscheinen. 3

Es ist zunächst daran zu erinnern, daß für die gesundheitsschädliche Wirkung eines Stoffes die Menge und die Art und Weise, in welcher derselbe genossen wird, von wesentlicher Bedeutung sind. Dieselbe Menge Aikobol⸗ welche, in reinem Zustande auf einmal genossen, als heftiges Gift wirken und den Tod herbeiführen würde, schädigt, als Wein oder Bier allmählich aufgenommen, die Gesundheit wenig oder gar nicht. Morphium, in kleiner Gabe vorübergehend angewendet, bewirkt eine Störung der Gesundheit nicht, während dieselbe Menge dieses Mittels täglich genommen, nach und nach zu einer vollkommenen Zerrüttung des menschlichen Organismus führt.

ei den leichten, d. h. verhältnißmäßig alkoholarmen weißen Tischweinen deutschen Ursprungs, welche in Deutschland allein in größeren Mengen von breiteren Volkskreisen regelmäßig genossen werden, kommt jene Behandlung, welche als Gipsen bezeichnet wird, nicht vor. Der ursprünglich geringe Schwefelsäuregehalt solcher Weine kann daher, abgesehen von ganz alten Weinen, wesentlich erhöht werden nur durch eine fehlerhafte Kellerbehandlung, beziehungs⸗ weise durch zu häufiges und zu starkes Schwefeln der Fässer oder der im Anbruch liegenden Weine. Es läßt sich nicht leugnen, daß solche Fälle thatsächlich vorkommen, doch dürften sie g. Zweüfer im all⸗ emeinen zu den Ausnahmen zu rechnen sein. ie erwähnten alten eine verdanken ihren hohen Schwefelsäuregehalt dem Umstande, daß durch das im Laufe der Jahre ab und zu nothwendig werdende Schwe⸗ feln der ursprüngliche Gehalt an Schwefelsäure allmählich erhöht wird. Ein gesundheitlicher Nachtheil ist hierin nicht zu erblicken, da derartige Weine ihrer Seltenheit wegen und infolge ihres hierdurch, sowie durch den langjährigen Zinsverlust, das Schwinden durch Verdunstung ꝛc., bedingten höheren Preises nur in kleinen Mengen hin und wieder genossen zu werden pflegen. Aehnliches gilt auch von den weißen, hochfeinen, süßen Ausleseweinen deutschen Ur⸗ sprungs, welche in bevorzugten Weingegenden unseres Vaterlandes in uten Jahren gewonnen werden und zu ihrer Erhaltung unter Um⸗ ständen einer stärkeren Schwefelung bedürfen, als Weine, deren Zucker⸗ gehalt völlig vergohren ist. Es erscheint somit gerechtfertigt, wenn von einer gesetzlichen Begrenzung des zulässigen Schwefelsäuregehalts bei deutschen Weißweinen Abstand genommen wird.

Weiter läßt sich aber auch nicht verkennen, daß die Ausdehnung einer solchen Begrenzung auf Weißweine ausländischen Ursprungs den seit langer Zeit bestehenden blühenden Handel mit den weißen Dessert⸗ und Süßweinen um so mehr empfindlich schädigen würde, als es nicht in unserer Macht liegt, für die Herstellung dieser Weine

2) Die abgerundete Marty'sche Zahl.

Vorschriften zu Peben⸗ Zuͤdem trifft auch für diese Weine zu, daß sie ihres hohen Alkohol⸗ bezw. Zuckergehalts wegen nur in verhältniß⸗ mäßig kleinen Mengen auf einmal genossen zu werden pflegen, sodaß selbst ein verhältnißmäßig hoher Schwefelsäuregehalt zu Bedenken in Fbnae Beziehung einen Anlaß nicht bieten würde. Das oben

esagte gilt aber auch in vollem Umfange für die rothen Dessert⸗ und Süßweine ausländischen Ursprungs.

Zur Begriffsbestimmung der Dessert⸗ und Süßweine ist Folgendes zu bemerken: Unter Dessertweinen sind im allgemeinen solche Weine zu verstehen, welche an Alkohol bezw. an Alkohol und Zucker reich sind und sich dabei durch eine eigenartige Feinheit des Geschmacks auszeichnen. Danach würde z. B. ein Sherry oder Madeira als ein Dessertwein anzusehen sein, während der als Verschnittwein auch in Deutschland viel Verwendung findende Benicarlo als Dessertwein nicht gelten könnte, da derselbe zwar einen hohen Alkoholgehalt zeigt, allein durch Feinheit des Geschmacks sich nicht auszeichnet.

„Als Süßweine gelten insbesondere solche an Alkohol verhältniß⸗ mäßig reiche Weine, welche nach vollendeter Gährung, also als fertige Weine einen ausgeprägt süßen Geschmack zeigen. Eine scharfe, für alle Fühe gültige Begriffsbestimmung läßt sich kaum geben. In zweifel⸗

aften Fällen wird stets die Zunge des erfahrenen Weinkenners, nicht⸗ aber die Analyse des Chemikers den Ausschlag geben müssen.

„Anders als mit den Weißweinen im allgemeinen, sowie mit den weißen und rothen Dessertweinen ausländischen Ursprungs im be⸗ sonderen verhält es sich mit den rothen Tafelweinen. Ein großer Theil dieser, meist den südlichen Productionsländern entstammenden Weine pflegt seitens der daran gewöhnten Consumenten als Tafel⸗ getränk regelmäßig und auch in verhältnißmäßig größerer Menge ge⸗ nossen zu werden. Von denselben werden bestimmte, mit dem größeren Gerbsäuregehalt rother Weine zusammenhängende, diäthetische Ein⸗ wirkungen auf die Verdauung erwartet. Ein hoher Schweselsäure⸗ gehalt dieser Weine kann in gesundheitlicher Beziehung als unbedenk⸗ lich nicht erscheinen, weil der erhöhte Gehalt an schwefelsaurem Calium in entgegengesetzter Richtung wirkt, als man vom Rothwein erwartet. Es ist daher nothwendig, für diese Weine als zulässigen Höchstgehalt an Schwefelsäure, wie oben bereits des Näheren aus⸗ einandergesetzt worden, einen Gehalt an Schwefelsäure festzusehen. welcher 2 g neutralem schwefelsaurem Calium im Liter Wein

entspricht. Kellerbehandlung des Weines. (Zu § 3).

Nach § 3,1 soll als Verfälschung im Sinne des § 10 des Ge⸗ setzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 14. Mai 1879 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 145) nicht anzusehen sein die anerkannte Kellerbehandlung des Weines, auch wenn dabei Alkohol oder geringe Mengen von mechanisch wirkenden Klärungsmitteln (Eiweiß, Gelatine, Hausenblase und dergl.), von Kochsalz, Tannin, Kohlensäure, schwefliger Säure oder daraus ent⸗ standener Schwefelsäure in den Wein gelangen; jedoch darf die Menge des zugesetzten Alkohols bei Weinen, welche als deutsche in den Ver⸗ hehr kommen, nicht mehr als 1 Raumtheil auf 100 Raumtheile Wein

etragen.

Die Bereitung und Pflege des Weines erfordert eine Reihe von Hantirungen, welche in ihrer Gesammtheit mit dem Namen der Kellerbehandlung bezeichnet werden. Soweit diese Hantirungen als das Ergebniß einer langjährigen Erfahrung oder einer allgemein als wirthschaftlich zulässig erachteten neuen wissenschaftlichen oder praktischen Errungenschaft in einer Weingegend oder anderwärts mehr oder weniger geüht werden und zu Bedenken in gesundheitlicher Beziehung einen Anlaß nicht geben, stellen sie sich als „anerkannte Kellerbehandlung“ dar. Dieser, durch das Wesen des Weines bedingten, daher noth⸗ wendigen und meist durch eine lange Erfahrung gerechtfertigten Be⸗ handlung des Weines ein Hinderniß in den Weg zu setzen, liegt irgend ein Grund nicht vor. Dagegen wird Mißbräuchen, welche etwa von Einzelnen unter dem Deckmantel der Kellerbehandlung geübt werden sollten, durch die erläuterte Einschränkung auf die „anerkannte“ Keller⸗ behandlung ein Riegel vorgeschoben. Außerdem giebt aber der § 11 dem Bundesrath die Ermächtigung, die Grenzen festzustellen, welche für die bei der Kellerbehandlung 3 Nr. 1) in den Wein gelangenden Mengen von Klärungsmitteln ꝛc. maßgebend sein sollen.

Inmn einzelnen ist noch Folgendes zu bemerken: Vor dem Abfüllen des Weines auf Flaschen werden die letzteren

mit reinem Sprit ausgeschwenkt, wenn man recht vorsichtig sein und

sicher gehen will, daß keine an den inneren Flaschenwänden etwa haftenden Fermentorganismen in den Wein gelangen und dessen Haltbarkeit beeinträchtigen. Ein derartiges Verfahren läßt sic bei rationeller Kellerwirthschaft oft nicht umgehen, obschon dadurch der Alkoholgehalt des Weines erhöht wird. Diese Erhöhung ist aber nur eine sehr geringfügige. Durch die Gestattung eines Alkoholzu⸗ satzes bis zu einem Raumtheil auf 100 Raumtheile Wein wird allen berechtigten Ansprüchen in der erwähnten Richtung Genüge geleistet, und gleichzeitig eine Verwendung des Alkohols zu betrügerischen Zwecken, um den Wein kräftiger und besser erscheinen zu lassen, als seiner eigentlichen Natur entspricht, ausgeschlossen.

Anders liegen die Vechältnisse in schücten Ländern, z. B. in Spanien, Portugal ꝛc., wo Nühcfechten auf klimatische Einflüsse zu conservirenden Zusätzen von Alkohol in größeren Mengen nöthigen.

Diese G Erhöhung des Alkoholgehalts bezweckt, den Weinen durch Verhinderung weitergehender Nachgährung einen ge⸗ wissen Zuckergehalt zu bewahren bezw. die Weine trotz ihres Zucker⸗ ehalts thunlichst unveränderlich zu machen. Ohne einen solchen Zu⸗ atz könnten manche, in der ganzen Welt bekannten und geschätzten Weinarten (z. B. Sherry, Malaga) nicht hergestellt werden und es käme einem Verbot des Handels mit solchen Weinen gleich, wenn man auch hier den Alkoholzufatz in der oben erwähnten Weise beschränken wollte. Durch das vor⸗ liegende Gesetz soll nur dem vorgebeugt werden, daß den Weinen ge⸗ ringerer Güte durch größeren Alkoholzusatz der Schein einer besseren Beschaffenheit verliehen wird; es kann aber nicht die Absicht sein, längst eingeführte und geschätzte Weingattungen ausländischen Ursprungs zu treffen. Es rechtfertigt sich daher die Einschränkung des Verbots eines Zusatzes von mehr als 1 Raumtheil Alkohol auf 100 Raum⸗ theile Wein auf solche Weine, welche als deutsche in den Handel kommen, indem in Deutschland Süd⸗ bezw. Süßweine der erwähnten Arten nicht erzeugt werden.

Der heutige Geschmack des Publikums zieht im allgemeinen jüngere frische Weine ganz alten Weinen vor. Dabei wird verlangt, daß die Weine, wie man sich auszudrücken pflegt, „glanzhell“ sind. Letztere Eigenschaft kann aber namentlich jüngeren Weinen in vielen Fällen nur durch eine künstliche Klärung die sogenannte „Schönung' ertheilt werden. Ein solches Verfahren erregt keine Bedenken, sofern zu diesem Zwecke mechanisch wirkende, d. h. solche Mittel verwendet werden, welche durch ihre eigene in unlöslicher Form erfolgende Ausscheidung aus dem Wein die trübenden Theilchen mit zu Boden reißen, ohne daß dadurch die Zusammensetzung des Weines selbst in beachtenswerther Weise geändert wird. Derartige Mittel sind Eiweiß, Gelatine, Hausenblase u. dergl., sowie die sogenannten Klärerden (Kaolin, spanische Erde, Yeso gris und ähnliche). Zur Unterstützung der Wirkung einzelner der genannten Klärmittel ist in manchen Fällen ein geringfügiger Zusatz von Kochsalz oder Tannin zweckmäßig. Ein solcher Zusatz soll zu einer Beanstandung eine Veranlassung nicht geben, vorausgesetzt, daß derselbe nur zu dem erwähnten Grere⸗ nicht aber etwa behufs einer betrügerischen Erhöhung des Extrakt⸗ oder Aschengehalts gemacht wurde⸗ 1

Dürichtlch der Haltbarmachung der Weine haben neuere Beob⸗ achtungen ergeben, daß schon eringe Mengen von Kohlensäure dem Absetzen der Weine entgegenwirken. D säure zu dem gedachten Zweck weder gesundheitliche, noch wirthschaft⸗ liche Bedenken entgegenstehen, so dürfte ihre Verwendung als erlaubt zu bezeichnen 8⸗ 1 3 8

In der Kellerwirthschaft hat die schweflige Säure eine so große Bedeutung, daß man dieselbe geradezu als unentbehrlich böserchnen darf. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, die zur Aufnahme von Wein bestimmten Fässer von etwa in denselben befindlichen, dem Weine schädlichen niederen Pilzen zu befreien, indem sie die Ent⸗ wickelung der letzteren hemmt. Ferner findet die schweflige Säure

a einer Verwendung von Kohlen⸗

Verwendung zur Haltbarriachung von Wein, der in ange Fässern liegt, e manchmal auch zur Unterdrückung 8 Fechenn von noch nicht vollkommen vergohrenen Weinen, denen man L-- Theil ihres Zuckergehalts erhalten will. Mit der Zeit geht 5. chweflige Säure im Wein durch Aufnahme von Sauerstoff se Schwefelsäure über. in Es ist andererseits bekannt, daß die schweflige Säure schonj verhältnißmäßig geringer Menge gesundheitliche Störungen im mense 8 lichen Organismus verursachen kann. Man hat daher von verschie⸗ denen Seiten den Vorschlag gemacht, den zulässigen Höchstgehalt 8 eneg; Säure im Wein festzustellen. Da jedoch die Ansichten über diesen Grenzwerth zur Zeit noch weit auseinandergehen, und die bisherigen Untersuchungen diese Frage keineswegs spruchreif erscheinen lassen, so rechtfertigt es sich, daß in dem vorliegenden Gese entwur selbst von der Aufstellung eines Grenzwerthes für den Gehalt der Weine an schwefliger Säure Abstand genommen worden ist. Vermischung (Verschnitt) von Wein mit Wein.

Nach § 3 Nr. 2 soll als Verfälschung im Sinne des Nahrungs⸗ mittelgesetzes nicht angesehen werden die Vermischung (Verschnitt) von Wein mit Wein. 1

Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Qualität der Trauben⸗ ernte auch an derselben Stelle in den einzelnen Jahren erheblich ver⸗ schieden ist. Andererseits verlangt das weintrinkende Publikum im und ganzen, wenn es einmal an einen Wein von bestimmten

igenschaften gewöhnt ist, daß ihm der Weinhändler stets den gleichen Wein liefere. Letzteres ist am besten dadurch zu erreichen, daß ver⸗ schiedene Weine, welche zusammen das gewollte Product geben, mit⸗ einander vermischt (verschnitten, verstochen) werden. Die große Aus⸗ bildung, welche die Kunst des Verschneidens der Weine in Frankreich erlangt hat, ist nicht zum wenigsten die Ursache des Weltrufs und der allgemeinen Beliebtheit, deren die französischen Rothweine sich erfreuen. Auch der deutsche Weinhandel ist, falls er concurrenzfähig bleiben soll, auf das Verschneiden der Weine angewiesen, und es empfiehlt sich daher, die Zulässigkeit dieses Verfahrens in dem vor⸗ liegenden Gesetz ausdrücklich auszusprechen, um so mehr als es einem Zweifel wohl nicht unterliegt, daß ein durch Vermischen von unver⸗ fälschten Weinen erzielter Wein an sich als ein verfälschter Wein nicht zu betrachten ist. Dies soll selbst für den Verschnitt von weißen mit rothen Weinen zum Zwecke der Herstellung billiger Rothweine gelten, obschon ein solches Verfahren auf den ersten Blick Bedenken zu erregen nicht ungeeignet ist. Ddiese Bedenken sind zweierlei Art, indem sie theils auf hygieni⸗ schem, theils auf wirthschaftlichem Gebiet liegen. Die ersteren gründen sich vorwiegend darauf, daß der Rothwein infolge seines größeren Gerbstoffgehalts und in der Regel wenigstens bei ausländischen Rothweinen geringeren Gesammtsäuregehalts gewisse Wirkungen auf den menschlichen Hegsnh auszuüben vermag, welche dem an Gerbstoff armen eißwein abgehen. Es kann somit vom Standpunkte der Gesundheitspflege als nicht gleichwerthig bezeichnet werden, ob jemand, und namentlich ob an Verdauungs⸗ störungen leidende Personen einen wahren, durch einen verhältnißmag hohen Gerbstoffgehalt ausgezeichneten Rothwein oder nur einen 1n gefärbten, gerbstoffarmen Weißwein erhalten. Ein Erzeugniß der letzteren Art würde vorliegen, wenn z. B. ein weißer Wein mit irgend einem, an sich vielleicht unschädlichen Färbemittel, wie Heidelbeeren oder Kirschsaft ꝛc., roth gefärbt worden wäre. Daß ein solcher Wein trotz seiner rothen Farbe auf den Namen eines Rothweins keinen Anspruch zu machen hat und als verfälscht gelten muß, dürfte auf der Hand liegen. Anders aber verhält es sich in der Regel, wenn ein weißer Wein mit einem rothen Wein in solcher Weise vermischt wird, daß das erzielte Gemenge die Farbe eines Rothweines erhält. In diesem Fall werden auch alle übrigen Bestandtheile eines Rothweines in dem betreffenden Gemenge enthalten sein, wenn auch in geringerem Maße, als in dem bei der Herstellung desselben zur Verwendung ge⸗ langten Rothwein. Letzteres bedingt aber keineswegs, daß der Gehalt des durch Verschneiden gewonnenen Weines an Rothweinbestandtheilen nm auch unter den Mindestgehalt unvermischter Rothweine an diesen Bestand⸗ theilen sinkt. Der Mindest⸗ und Höchstgehalt an Gerbstoff stellt sich für Roth⸗ und Weißweine nach den in dem Werke von J. König: Chemische EE der menschlichen Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mittel, 3. Aufl., S. 864 ff., kaie ee . 8 A. Rothwein. Minimum. 0,091 %o, 0,099 0,091 0,058 0,040 0,094 0,090 0,11 0,07 0,08 0,109 0,139 0,08 0,14 0,047 0,24 Mittel 0,22 % 0,090 %, 0,520 öö 0,23 0,26 0,26 0,06 0,28 0,143 0,503 0,153 0,232 0,311 0,636 0,0174 0,3398 0,061 0,332 PöTIö

B. Weißwein. Minimum. 0,016 %, 0,001 0,013 0,024 0,020 0,013 0,024 0,12 0,019 0,03

Maximum 0,261 %, 0,272 0,235 0,094 0,056 0,136 0,255 0,30

0,26

0,27 0,194 0,139

Rheingau. Ahr

Rheinhessen

falz (bayer.)

auber. Elsaß Lothringen Frankreich. Schweiz Tyrol 3 Oesterreich Böhmen ... Nieder⸗Oesterreich Istrien ꝛc. 3 Dalmatien Herzegowina. Bosnien Serbien Ungarn Krim Bessarabien Kaukasien. Italien Spanien Portugal.

8

Maximum. 0,052 %, 0,001 .„ 0,020 0,024 0,022 0,013 0,088

0,20

0,019

0,04

0,13

Markgräfler Breisgauer. Seeweine. Kaiserstühler .. Ortenau⸗Oberkirch Ortenau⸗Durbach

Virhl ..

Böhmen

Steiermark.

Herzegowina 0,05 De5“ Aus der Zusammenstellung ergiebt sich, daß der Gehalt der Rotl weine an Gerbstoff großen Schwankungen unterworfen ist. Dieh bezieht sich nicht nur auf Rothweine, welche verschiedenen Ländern entstammen, sondern auch auf solche Rothweine, welche in demselben Lande und sogar in derselben Weingegend pemachsen sind. Es kommen, wie ein Blick auf die Tabelle lehrt, selbst Rothweine vor, deren Get⸗ stoffgehalt unter dem Gerbstoffgehalt mancher Weißweine liegt. L ol Rolpweine sind indeß schon aus anderen Gründen zum Verschnitt mi Weißweinen nicht geeignet. Ein derartiger Verschnitt⸗Rothwein mif Farbstoff im Ueberschuß haben, um den zugesetzten Weißwein danhh decken zu können; der Farbstoff wird aber (abgesehen von dem hie⸗ und da auch in Deutschland vorkommenden Anbau von Färbertrauba durch längeres Vergähren des Mostes auf den Trestern gewonnen, dadurch aber gleichzeitig auch eine größere Menge von Gerbstoff . den Trestern gezogen, welche gerade die charakteristischste Eigenschaf des Rothweines bildet. tt

Durch das Vermischen von Rothweinen, welche 0,3 und men Procent Gerbstoff enthalten, mit der gleichen Menge oder auch 192 Weißwein, werden immer noch Weine erhalten, welche in Bezug auf, de Gerbstoffgehalt die Eigenart echter Rothweine besitzen und auch dur 8 chemische Analyse von den letzteren nicht unterschieden werden können Thatsächlich werden denn 8 meist solche südländische Rothweine zum e mn schnitt benutz, welche ihres hohen Gehalts an Farb⸗ und Gerbstoff weg

Baden

ungemischt zum Genuß kaum geeignet sind. Ihr Gehalt an Gesammt⸗ säure (abgesehen von Essigsäure bei verdorbenem Wein) ist in der Regel niedrig und wird durch ihren Zusatz der verhältnißmäßig hohe Gesammtsäuregehalt des Weißweines herabgesetzt. Vom Standpunkt der Gesundheitspflege liegt daher ein Grund, derartige Weine als Rothweine zu beanstanden, nicht vor. 8

Es kämen demnach nur noch etwaige Bedenken wirthschaftlicher Natur in Betracht. Die Erlaubniß des Verschneidens von Weiß⸗ mit Rothweinen, unter Bezeichnung des Erzeugnisses als Rothwein, könnte die Befürchtung wachrufen, daß dadurch unserer einheimischen Roth⸗ weinproduction eine gefährliche Concurrenz erwüchse. Demgegenüber ist zu bemerken, daß der Verbrauch an Rothwein in Deutsch⸗ land die einheimische Production desselben um ein sehr Be⸗ deutendes übersteigt. Dieser Mehrbedarf wird zur Zeit durch die bedeutende Einfuhr von Rothweinen aus dem Auslande und be⸗ fonders durch meist verschnittene Weine aus Frankreich gedeckt. Man wird in der Annahme nicht fehl gehen, daß ein Theil dieses Mehr⸗ bedarfs durch Verschnitt kleiner deutscher Weißweine mit dunkelfarbigen und gerbstoffreichen Rothweinen des Auslandes beschafft werden kann und wird. Hierdurch muß aber nothwendig die Nachfrage nach kleinen deutschen Weißweinen und damit auch der Preis der letzteren steigen, ein Umstand, der gerade dem Besitzer geringerer Lagen, also dem kleinen Winzer zu gute kommen würde. Eine gleichzeitige Herab⸗ drückung des Werthes der deutschen Rothweine und eine dadurch be⸗ wirkte Schäd; ung des deutschen Rothweinbaues dürfte dadurch im All⸗ gemeinen nicht 8. eigeführt werden, denn die besseren deutschen Rothweine werden von den Consumenten wegen ihrer besonderen Eigenart geschätzt, welche durch das besprochene Verschnittverfahren nicht erreicht werden kann. Die geriigeren deutschen Rothweine aber werden ebenfalls ent⸗ weder als brauchbares Verschnittmaterial für ausländische Rothweine Verwendung finden oder durch die im Gesetz vorgesehene Gestattung der Verbesserung vermittelst Zucker mit oder ohne Wasserzusatz eine öhere Verwerthung als bisher ermöglichen. Diese Verhältnisse dürften aber in vielen Fällen nicht nur nicht eine Herabdrückung des Roth⸗ weinbaues bedingen, sondern vielmehr eine Anregung zur Ausdehnung desselben geben. 89 3

Die obigen Ausführungen lassen eine gesetzliche Gestattung des Verkaufs mit Rothwein verschnittener Weißweine als Rothwein ge⸗ rechtfertigt erscheinen, falls das erhaltene Erzeugniß dem allgemeinen Charakter eines Rothweines entspricht, und nicht als verdorbener Wein gemäß 8 10 Nr. 2 des Nahrungsmittelgesetzes zu beanstanden ist. iese Bestimmung bildet gleichzeitig eine Ergänzung der mit Italien und Oesterreich⸗Ungarn in den neuen Handelsverträgen

etroffenen Abreden über die Herabsetzung des Zolls auf rothe Verschnittweine (Nr. 5 zu den Tarifen K der betreffenden Verträge). Entsäuerung des Weines.

§ 3 Nr. 3 handelt von der Entsäuerung des Weines mittelst kohlensauren Kalkes. Das Verfahren perfolgt den Zweck, Weine, die von Natur einen zu hohen Säuregehalt Fesicgn. durch Entziehung eines Theiles derselben für den allgemeinen Consum mundgerechter zu machen. Es kann als Verfälschung füglich nicht angesehen werden, da es sich dabei um eine thatsächliche Verbesserung und nicht darum handelt, den Wein nur mit dem Schein einer beseren Beschaffenheit zu versehen. Denn es wird dadurch einmal der zu rauhe Geschmack gemildert und zweitens wird auch die Gefahr herabgemindert, welche mit Genuß sehr saurer Getränke namentlich für solche Personen verbunden ist, welche an einer Schwächung der Verdauungsorgane leiden. Allerdings bietet das Verschneiden solcher Weine mit säureärmeren Weinen die Möglich⸗ keit, diesen Zweck ebenfalls zu erreichen, indeß können Fälle eintreten, wo dies aus Mangel an geeignetem Verschnittwein oder aus anderen Gründen unthunlich beziehungsweise unzweckmäßig erscheint.

Die Herabminderung eines zu hohen Säuregehalts solcher Weine kann, abgesehen von der weiter unten zu besprechenden Verdünnung mit Wasser, durch verschiedene Zusätze geschehen, von welchen haupt⸗ sächlich das neutrale weinsaure Kalium, das kohlensaure Kalium und das kohlensaure Calcium zur Verwendung gelangen. Durch die beiden erstgenannten Mittel wird, zumal wenn, wie oft der Fall, nicht aus⸗ reichend freie Weinsäure vorhanden ist, der Kaligehalt des Weines erhöht, was nicht erwünscht sein kann, da die Kaliumsalze physiologisch keineswegs indifferent sind.

Anders verhält es geß mit dem kohlensauren Calcium. Bei Ver⸗ wendung dieses Salzes erleidet der Wein im ungünstigsten Falle eine geringere Anreicherung an Calciumsalzen, welche unschädlich sind. Das kohlensaure Calcium kommt in den verschiedensten Formen vor, z. B. als Kalkstein, Kalkspath, Marmor, Kreide, aus Lösungen gefällter kohlensaurer Kalk u. s. w. Meist stellen diese Erzeugnisse ein reines kohlensaures Calcium nicht dar, sondern sind mehr oder weniger mit anderen Stoffen, wie Eisenoxyd, Thon, bituminösen Stoffen u. s. w. verunreinigt. Derartige Verunreinigungen können sowohl auf den Geschmack, wie auf die Zusammensetzung des Weines einen erheblichen Einfluß ausüben, es erscheint mithin gerechtfertigt, die Erlaubniß der Verwendung als Entsäuerungsmittel auf reinen gefällten kohlensauren Kalk zu beschränken.

Es ist eine bekannte Thatsache, daß während der Gährung des Mostes, sowie bei der Lagerung des jungen Weines, der Säuregehalt theils durch Ausscheidung von Weinstein, theils in Folge anderer Ursachen vermindert wird. Da es sich von vornherein nicht voraus⸗ sehen läßt, bis zu welchem Grade die Verminderung des ursprüng⸗ lichen Mostsäuregehalts beim fertigen Wein gehen wird, so kann eine Entsäuerung des Mostes leicht zu unliebsamen Ergebnissen führen. Von einer Entsäuerung des Mostes selbst kann daher nur dringend abgerathen werden, und es sollte dies Verfahren, wenn überhaupt, o stets nur bei fertigen Weinen zur Anwendung kommen. Aber auch bei fertigen Weinen empfiehlt es sich, niemals eine gewisse Grenze zu überschreiten, Es erscheint zweckmäßig, im Einklang mit den Beschlüssen der im Jahre 1883 im Kaiserlichen Gesundheitsamt versammelt gewesenen Commission, eine Menge von 150 g kohlensauren Kalks für den Hektoliter Wein als Eigerst⸗ Grenze inne zu ües dergestalt, daß der Gesammtgehalt an Kalk (auf Calciumoxyd berechnet) in der Asche nicht mehr als 0,1 Theil auf 100 Gewichtstheile Wein beträgt. Auch muß hervorgehoben werden, daß die Anwendung des Kalks selbst mit großer Vorsicht erfolgen muß. Nicht bloß durch dusc von zu viel oder von unreinem kohlensauren Kalk, sondern auch urch nicht ausreichende Vertheilung desselben im Wein durch Einschütten zu großer oder nicht fein gepulverter Mengen des Minerals auf einmal kann der Erfolg vereitelt werden und der Wein verderben. 1 erden aber die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln angewendet, so ildet die Zusetzung kohlensauren Kalks das beste bekannte Entsäuerungs⸗ verfahren, bei welchem der Producent ohnedies auch den Schein ver⸗ meidet, habe die Menge der Flüssigkeit vermehren wollen.

Nach § 3 Nr. 4 soll ein Zusatz von Zucker, auch in wässeriger Lösung, unter bestimmten Bedingungen gestattet sein. Es ist eine eem weintrinkenden, aber dem Weinbau selbst fernstehenden Publikum noch immer nicht genügend bekannte oder von ihm nicht ausreichend ewürdigte Thatsache, daß die Witterungsverhältnisse der einzelnen Nefee von sehr großem Einfluß auf die Zusammensetzung des Trauben⸗ 8 es und des daraus erzielten Weines sind. Das folgende Beispiel ag diesen Einfluß veranschaulichen. In einem und demselben Wein⸗ 8 am Rhein wurden von denselben Weinstöcken Riesling) in den 858 ren 1877 bis 1880 Moste geerntet, welche bezüglich des Säure⸗ Zuckergehalts die folgende Zusammensetzung zeigten:

18 Säure 1,4 % Zucker 14,5 %

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1879 v1705 (Ch 1I1“1“ v6 T111u“ vemikerzeitung 1884 S. 2). ebalt etzt man den Juckerge alt gleich 100, so verhält sich der Säure⸗ 9 ist zum Zuckergehalt in obigen Fällen wie 9,6:4,3:20:5,4. gleicht einleuchtend, daß Moste, welche, selbst bei angenommenem Zuckergehalt, fast um das Fünffache in ihrem Gehalt an Natur 8 erschieden sind, auch Weine von entsprechend verschiedener noch vi .S müssen. Diese Abweichungen müssen in Wirklichkeit Moste el größer sein, wenn man bedenkt, daß der Zuckergehalt der eoste nicht nur nicht gleich ist, sondern daß in der Regel einem

höheren Gehalt an Säure ein geringerer Gehalt an Zucker gegenüber⸗ steht. Während ein Wein, 2 eer aus Most von 1,02 % Säure und 18,7 % Zuckergehalt entstanden ist, noch ein zu unmittelbarem Genuß, wie zum Verschnitt geeignetes Getränk sein kann, ist ein Wein, der als Most 2,1 % Säure und 10,5 % Zucker enthält, für den Weinhandel in so fern durchaus unbrauchbar, als er weder unmittelbar verkäuflich, noch als Verschnittmaterial sonderlich zu verwerthen ist. Das große ublikum verlangt jedoch, daß ihm vom Weinhändler unter demselben Namen und zu demselben Preise stets, wenigstens annähernd, ein leicher Wein geliefert werde. Ist der Weinhändler hierzu nicht im stande, so läuft er Gefahr, seine Kundschaft zu verlieren, welche sich solchen Leuten zuwendet, die dem herrschenden Geschmack Rechnung zu tragen wissen. Der Weinhändler ist seinerseits wieder auf das Er⸗ zeugniß angewiesen, welches der Winzer ihm zu liefern in der Lage ist, und er kauft dem Letzteren selbstverständlich nur solche Erzeugnisse ab, auf deren spätere vortheilhafte Verwendung er rechnen kann.

Schlechte Weiniahre sind aber leider in Deutschland keine Selten⸗ heit. Der in solchen Jahren, namentlich in geringen Lagen erzielte Most zeichnet sich, wie aus den obigen Angaben hervorgeht, gerade dadurch aus, daß er einen zu hohen Gehalt an Säure und einen zu geringen Gehalt an Zucker bes⸗ und infolge dessen einen Wein von geringem Alkohol⸗ und hohem Säuregehalt liefert, welcher dem Geschmack des großen Publikums nicht entsprecht. Ersetzt man in einem solchen Most den fehlenden Zucker durch einen usatz von reinem S vermindert man den Säuregehalt durch einen Zusatz von Wasser und läßt dann den so behandelten Most vergähren, so erhält man bei zweckmäßiger Ausführung des Verfahrens ein welches dem Geschmack der meisten Consumenten entspricht und weder durch chemische, noch durch andere Mittel von einem normalen Weine unterschieden werden kann. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß es sich hierbei keineswegs nur um Erzielung des Scheins einer besseren Beschaffenheit, also um eine Verfälschung, sondern um eine wirkliche Verbesserung handelt, indem ein solcher Wein sowohl dem Geschmack, wie der chemischen Zusammensetzung nach sich den Weinen mittelguter Jahre und Lagen nähert. Die Vefürchtung, es könnten 8 die verbesserten Weine die Weine von mittleren Lagen ent⸗ werthet werden, erscheint nur zum geringen Theil zutreffend, wenn man erw Lg8 daß in guten Jahren 8 die Erzeugnisse mittlerer Lagen in ihrer Güte durch Zucker⸗ und Wasserzusaß zu Mosten geringer Lagen nicht zu erreichen sind und daher auch besser bezahlt werden. In schlechten Jahren werden aber die ebenfalls mit Zucker⸗ und Wa rzuss vergohrenen Weine aus mittleren Lagen in⸗ folge des verhältnißmäßig besseren Rohmaterials wiederum höher bezahlt werden, als die verbesserten Weine desselben Jahres aus ge⸗ ringen Lagen oder als die unverbesserten Weine aus mittleren Lagen, sodaß auch die Besitzer mittlerer Lagen meist ihre Rechnung finden können. Was aber die Weine aus guten und besten Lagen betrifft, so kann denselben durch die verbesserten Weine geringerer oder in schlechten Jahren du mittlerer Lagen in keiner Weise eine Concurrenz erwachsen, da ihr hoher Werth in gewissen Geschmacks⸗ und Geruchsstoffen liegt, deren Natur zum theil no ganz unbekannt ist, und die in keiner Weise durch einen Zucker⸗ und Wasserzusatz zu erzielen sind. Dazu kommt, daß das Publikum, welches die Mittel besitzt, um sich diese edlen Gewächse zu verschaffen, in der Regel auch weinverständig genug ist, um den ungeheuren Unterschied zwischen solchen Hochgewächsen und verbesserten Weinen sofort herauszufinden.

Selbstverständlich kann es sich bei der besprochenen Verbesserung der Weine nur um den Zusatz von reinem Zucker handeln. Von der heutigen Technik werden Rohr⸗ und Rübenzucker im großen in einem Zustande der Reinheit geliefert, welcher allen billigen meist zu stellenden Anforderungen entspricht. Ein solcher Zucker, welcher nur Bruchtheile eines Procents bis höchstens 1 % Nichtzucker (Aschenbestandtheile) enthält, kann zwar nicht als chemisch rein, wohl aber als technisch rein bezeichnet werden. Diesem Umstand ist in der Fassung des § 3 Nr. 4 im ersten Satztheile Rechnung getragen worden. Der eben da⸗ selbst erwähnte Invertzucker (in der Praxis auch ‚Fruchtzucker“ genannt) wird im großen aus Rübenzucker durch Inversion ver⸗ mittels Kohlensäure unter Druck dargestellt und enthält bereits fertig gebildet die beiden Zuckerarten (Dextrose und Lävpulose), nelh aus dem für sich nicht gährungsfähigen Rohrzucker (Rübenzucker) bei der Gährung durch Einwirkung der Hefe ent⸗ stehen. Der Invertzucker wird ebenfalls, wenn aus technisch reinem Zucker gewonnen, als technisch rein angesehen, sofern er nicht mehr als 20 % Wasser enthält.

Der Zusatz von Zucker, bezw. von Zucker und Wasser, soll a nur insoweit gestattet sein, als er dem Bedürfniß und dem 8 einer wirklichen Verbesserung zu saurer und zu zuckerarmer Moste dient. Eine solche kann aber nur dann als vorliegend angenommen werden, wenn der Zusat so in Grenzen gehalten wird, daß der Gehalt des Mostes an Zucker und Säure auf eine derartige Stufe gebracht wird, wie sie in mittleren Jahren von der Natur selbst den Mosten der betreffenden Wetngohegd verliehen wird.

Die mit der Herabsetzung des Säuregehalts durch Wasserzusatz nothwendig Hand in Hand gehende Vermehrung der e schließt unverkennbar eine große Versuchung in sich ein. Pefelbe liegt darin, daß eine möglichst weit getriebene Vermehrung der Flüssigkeitsmenge vermittels des im Verhältniß zum Most sehr wenig ostenden Zuckerwassers viel Gewinn verspricht. Die Versuchung, sich einen derartigen unlauteren Gewinn zu verschaffen, wird noch dadurch gesteigert, daß gerade die sehr sauren und daher wohlfeilen Moste chlechter Jahre den erheblichsten Wasserzusatz vertragen, ohne an Säure so viel zu verlieren, daß sie ungenießbar werden. Es hieße die schlechtesten und sauersten Weine geradezu prämiiren, wenn man den unbeschränkten Wasserzusatz gestatten wollte. Es könnte dies leicht zur Folge haben, daß Wein in Zukunft in Gegenden gezogen werden würde, welche sonst für den Weinbau nicht mehs geeignet er⸗ scheinen, und dies würde eine allmähliche Verschiebung der gegen⸗ wärtig bestehenden Weinbauverhältnisse, aber auch des Rufes unserer Weinproduction überhaupt zur Folge haben können. In gewinn⸗ süchtiger Absicht bei der Weinbereitung geübte Mißbräuche corrigiren ich nicht von selbst, wie die zahlreichen, dieses Gebiet betreffenden Pro⸗ zesse beweisen. j

Wiederholt in verschiedenen Jahren und an verschiedenen Orten sind Verlängerungen von Traubensaft durch Zusätze von 50 %, in einzelnen Fällen sogar solche von 66 und 75 % Zuckerwasser, sowie Ver⸗ käufe derartiger Erzeugnisse als Wein oder unter Bezeichnungen, welche für Wein üblich sind, gerichtlich festgestellt. Von anderen in der Weinbereitung erfahrenen Seiten ist sogar ein Zusatz von 100 % zum Most. mithin eine Verdoppelung der Menge als aus⸗ führbar bezeichnet worden.

Dazu kommt, daß das Publikum sehr oft den Werth der ihm gelieferten Waare zu beurtheilen nicht fähig ist. Dies gilt für den Wein mindestens in gleichem Maße wie für die übrigen Genußmittel und für die Nahrungsmittel, und diesem Umstand verdankt ja der § 10 des Nahrungsmittelgesetzes wesentlich mit seine Entstehung. Es muß daher auch künftig, wie bisher, das Publikum durch Aufrichtung geseplicher Schranken geschützt werden, damit die gestattete Ver⸗

esserung des Weines nicht in eine in gevemnaeha er Absicht unter⸗ nommene Vermehrung desselben ausarte. Soll dieser Schutz wirksam sein, so muß er in eine Form gebracht werden, welche eine Controle, ob der gewollte Zweck erreicht sei, ermöglicht. Dies ist durch eine Bestimmung, welche den höchstzulässigen Wasserzusatz für alle Fälle fest⸗ setzt, nicht zu erreichen, da es an der Möglichkeit fehlt die Einhaltung dieser Bestimmung zu ihermachen In einer derartigen Bestimmung würde zudem für viele die Versuchung liegen, auch in solchen Fällen, in welchen es durch die Natur des Mostes nicht geboten wäre, mit der Verdünnung bis an die Grenze des Erlaubten und, bei der Schwierigkeit des Nachweises, wohl auch darüber hinauszugehen. Da man demnach durch Festsetzung des Wasserzusatzes einer unzulässigen Vermehrung des Weines wirksam nicht begegnen kann, so bleibt nur 83 übrig, als Ausgangspunkt für die erwähnten Maßregeln den Gehalt des Weines an dem beim Verdampfen desselben zurückbleibenden Bestandtheilen zu wählen und Grenzwerthe aufzustellen, unter welche diese Bestandtheile nicht sinken dürfen, falls der Wein nicht bean⸗ standet beziehungsweise unter Declaration der Verändgrung vertrieben

werden soll. Die beim Verdampfen des Weines zurückbleibenden Be⸗ standtheile sind die sogenannten Extractivstoffe und die Mineralbestand⸗ theile. Ihre Wahl zu dem genannten Zwecke empfiehlt sich deshalb, weil sie die Gesammtsumme derjenigen Stoffe darstellen, welche in der Vereinigung mit Wasser und Alkohol den Wein bilden, mithin für das Wesen des Weines ein bezeichnendes Merkmal sind. Eine unmäßige Verdünnung des Weines mit Wasser wird sich daher objectiv am leichtesten dadurch nachweisen lassen, daß der Gehalt desselben an den enannten Stoffen unter ein durch die Erfahrung gegebenes Maß erabgeht.

Derartige Grenzwerthe sind bereits vor mehreren Jahren von den hervorragendsten Weinchemikern auf Grund ihrer umfassenden Erfahrungen aufgestellt und namentlich von einer Anzahl Fachmänner vereinbart worden, welche im Jahre 1884 im Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamt behufs Ausarbeitung einheitlicher Verfahren zur Untersuchung von Wein versammelt waren. In verdienstvoller Weise hat außerdem seit vier Jahren eine Anzahl anerkannter Fachmänner auf dem Gebiete der Weinchemie freiwillig die Arbeit ausgeführt, alljährlich unzweifel⸗ haft echte Most⸗ und Weinproben der letzten Jahrgänge, unter welchen sich bekanntlich auch recht schlechte befanden, zu prüfen. Ihre eingehen⸗ den analytischen Untersuchungen erstrecken sich bereits auf über tausend Weine aus den verschiedensten Weinbaubezirken Deutschlands, und die bei denselben erhaltenen Zahlen befinden sich mit den auf Grund der älteren Analysen 1884 aufgestellten Werthen in bester Ueberein⸗ stimmung.

Es besteht mithin die Möglichkeit, unbeschadet weiterer Erfahrungen, allgemein geltende Minimalzahlen für den Gehalt an Extractstoffen und Mineralbestandtheilen wenigstens für deutsche Weine festzusetzen. Durch Festsetzung der Zahlen für deutsche Weine wird dem Bedürfniß fürs Erste genügt. Das Gallisiren wird hauptsächlich in Deutschland geübtz für die im Auslande gehrkachlichen Weinvermehrungsverfahren (Petiotisiren, Zusatz von Rosinenaufgüssen) sind im § 4 des Gesetzes besondere strengere Vorschriften vorgesehen.

Auch für die deutschen Weine sollen einstweilen nur allgemeine Grenzzahlen angenommen werden, obschon im Gesetzentwurf die Aufstellung solcher Zahlen für die einzelnen Weinbaugebiete vor⸗ behalten ist. Die Bestimmung würde voraussichtlich auf Grund der bisherigen Erfahrungen etwa dahin zu lauten haben, daß Weine, welche unter 1,5 g Extract in 100 cem enthalten, zu beanstanden sind, db nicht nachgewiesen werden kann, daß zusatzfreie Weine des Weinbaugebiets, aus welchem der betreffende Wein stammt, mit so niederen Extractmengen vorkommen. Unter denselben Bedingungen sind zu beanstanden Weine, deren Extractgehalt in 100 cem nach Abzug der nicht flüchtigen Säuren weniger als 1,1 g, nach Abzug der freien Säuren weniger als 1,0 g und deren Gehalt an Mineralstoffen weniger als 0,14 in 100 ccm 1 rägt. Aus den neueren Analysen*) geht Folgendes hervor. Von 1047 zusatzfrei hergestellten, in den letzten 4 Jahren untersuchten Weinen zeigten alle bis auf zwei (1,48 und 1,45 Extract) einen Extractgehalt von über 1,5 g in 100 cem Wein. Der durchschnittliche Extractgehalt betrug bei 1009 dieser Weine 2,28 %. 1024 von 1047 Weinen ergaben nach Abzug der freien Säure einen Extractrest von mindestens 1 g in 100 cem; nur 23, also 2,2 % dieser Weine wiesen nach Abzug der freien Säuren einen Extractrest von unter 1,0 g auf. Nach König (die menschlichen Nahrungs⸗ und Genußmittel, 2. Theil 2. Aufl. S. 567) beträgt der Gehalt der Weine an flüchtiger Säure, (Essigsäure) 0,02 bis 0,18 %. J. Neßler und M. Barth (Zeitschrift für analytische Chemie 1882, S. 43 und 198) fanden andererseits im Mittel zahl⸗ reicher Analysen, daß der Extractrest, d. h. der Extract weniger Ge⸗ sammtsäure als Weinsäure berechnet, bei Weißweinen 1,28 %, bei Rothweinen 1,55 % betrug. Diese Zahlen, zusammengehalten mit den oben für den Gehalt an flüchtiger Säure angegebenen, lassen die Annahme eines unteren Grenzwerthes von 1,1 g für den Rest von Er⸗ esafoffen nach Abzug der nicht flüchtigen Säuren als zulässig er⸗ scheinen. .

Ferner zeigten von 1047 Weinen nur 10, also etwa 1 %, einen

Gehalt von Mineralbestandtheilen unter 0,14 g in 100 ccm Wein. Der durchschnittliche Gehalt an Mineralstoffen belief sich bei 1009 von diesen Weinen auf 0,21 %. Ddiese Thatsachen dürften für jetzt genügen, um die vorgeschlagenen Bestimmungen zu rechtfertigen. Die geringe Zahl von Weinen, welche von Natur bereits ungünstigere Verhältnisse aufweisen, würde durch den § 3 des neuen Gesetzes nicht gefährdet werden; denn zum Thatbestande der Verfälschung würde gehöten, daß dem betreffenden Producenten oder Händler die Zusetzung von Zucker in wässeriger Lösung als Grund des zu niedrigen Gehalts an Extractstoffen und Mineral⸗ bestandtheilen nachgewiesen würde.

Daß die Schranken gegen eine übermäßige Vermehrung des Weines nicht im Gesetze selbst festgesetzt werden, empfiehlt sich deshalb, weil sonst Aenderungen erschwert würden, welche später aus technischen Gründen nöthig werden könnten.

Tresterwein. (Zu § 4.) § 4 Nr. 1 des Entwurfs behandelt dasjenige Verfahren, welches eine Herstellung von Wein durch Aufgießen von Zuckerwasser auf ganz oder theilweise ausgepreßte Trauben bezweckt. Dieses sogenannte Petioti⸗ siren wird in verschiedenen Ländern, besonders in Frankreich, in umfang⸗ reicher Weise geübt. Es beruht auf der Erwägung, daß nach dem ersten Abpressen der Trauben eine Menge werthvoller Mostbestandtheile in den Trestern zurückbleibt, die nach Nedergie ung mit Zuckerwasser und darauf folgender Gährung noch ein trinkbares und auch in gesundheitlicher Be⸗ ziehung nicht zu beanstandendes Getränk liefern können. Solange ein solches Getränk unter einer Bezeichnung in den Verkehr gebracht wird, welche seine Natur deutlich erkennen läßt, ist dagegen nichts einzu⸗ wenden. Anders aber gestaltet sich die Sache, wenn dasselbe unter dem Namen Wein schlechtweg in den Handel kommen soll. In der Versuchsstation zu Klosterneuburg ausgeführke Analvsen (Mittheilungen der K. K. chemisch⸗physiologischen Versuchsstation für Wein⸗ und Obst⸗ bau in Klosterneuburg bei Wien, Heft V 1888 Taf. XXXV) haben gezeigt, daß die petiotisirten Weine verhältnißmäßig arm an Extract⸗ stoffen (Gerbstoff ausgenommen) und Mineralstoffen sind. Unter den letzteren ist es namentlich die Phosphorsäure, deren Menge wesentlich geringer erscheint. Bei der Beurtheilung des Petiotisirens fällt weiter ins Gewicht, daß das Wieder⸗ vergährenlassen der vom Weine getrennten Trester mit Zuckerwasser bis zu vier und fünf Malen hintereinander vorgenommen werden kann und auch vorgenommen wird. Die jedesmal gewonnenen Erzeugnisse werden schließlich zusammengeschüttet und so eine Flüssigkeitsmenge erzielt, welche die aus dem ursprünglichen Moste unmittelbar zu ge⸗ winnende Weinmenge um mehrere hundert Procent übersteigen kann. So werthvoll ein solches Erzeugniß als Haustrunk sein kann, so dürfte doch ohne weiteres einleuchtend sein, daß dasselbe auf den Namen Wein schlechtweg einen Anspruch nicht mehr hat. Wird es in der Absicht hergestellt, ihm dennoch im Verkehr eine derartige Bezeichnung zu geben, so ist § 10 Absatz 1 des Gesetzes vom 14. Mai 1879 anwendbar. 1 Hefenwein. 1 Der § 4 Nr. 2 behandelt die Herstellung von Wein aus Wein hefe unter Verwendung von Zuckerwasser. Hefenwein pflegt in folgender Weise verfertigt zu werden. Au 1001 Zuckerwasser von entsprechender Stärke werden 10 bis 151 Hef genommen. Da die Hefe zu wenig Säure und zu wenig Gerbstoff enthält, so werden beide zugesetzt und zwar auf den Hektoliter veZ etwa 400 g Weinsäure und 10 bis 15 g Tannin. (H. W. Dahlen Die Weinbereitung 1882 S. 359.) Der Hefenwein stellt sich demnach als richtiger Kunstwein dar, und seine Herstellungsweise rechtfertigt in genügendem Maße die Bestimmung des § 4 Nr. 2. Rosinenwein. Die Verwendung von Rosinen oder Korinthen bei der Bereitung von Wein 4 Nr. 3) kann in dreierlei Art geschehen. Erstens, in⸗ dem man Rosinen oder Korinthen für sich allein mit der entsprechenden Menge Wasser vergähren läßt. Zweitens, indem man bei dem im § 3 Rr. 4 genannten Verfahren (Gallisiren) an Stelle der dort be⸗

*) Zeitschrift für analytische Chemie XXVII.

XXVIII. S. 525 ff.; XXIX. S. 509 ff. und XXX.