freundliche Ernst, die geradsinnige Offenheit kenn⸗ zeichneten den ganzen Mann als den stets hilfsbereiten Retter in der Noth, auf den nicht nur die Familie, sondern auch das Paterlapd in der Gefahr rechnen kann. Dagegen erschien Fräulein Malten als Tell's Gattin für die schlichte Gattin des freien Bergbewohners zu zierlich in den Bewegungen und auch in der Sprache. — Im übrigen war die Rollenbesetzung früheren Aufführungen auf dieser Bühne gegenüber unverändert. Durch reichen Beifall wurden alle Darsteller, besonders aber Herr Kraußneck ausgezeichnet. Thomas⸗Theater. Die erste Aufführung des neuen Volksstückes „Jägerblut“⸗ von Benno Rauchenegger, Musik von Josef Krägel, errang estern einen sehr bedeutenden unbestrittenen Heiterkeitserfolg. Fonrad Dreher vom Theater am Gärtnerplatz in München fand in diesem echt bayerischen harmlosen und humoristischen Volksstück Gelegenheit, sich mit mehreren anderen Schauspielern und Schau⸗ spielerinnen aus seiner Vaterstadt den Zuhörern, denen er von seinem Gastsviel vor zwei Jahren bekannt war, auf das vortheilhafteste in Erinnerung zu bringen. Der Inhalt der unbedeutenden Handlung ist kurz folgender: Der Sohn eines Forstwarts hat eine Neigung zur Tochter einer armen Bäuerin, deren Bruder ein Wilderer ist. Der Forst⸗ wart verfolgt in heftigstem Pflichteifer den Wilderer und ist zu stolz, um die Einwilligung zur Ehe mit dessen Schwester zu geben. Die Mutter des armen Mädchens findet jedoch Gelegenheit, dem Ge⸗ liebten ihrer Tochter, auf den der Wilderer geschossen hatte, das Leben zu retten, und erkennt in dem ihr dankbaren Forstwart ihren ehemaligen Bräutigam, den Vater ihres Sohnes, von dem sie durch traurige Schicksale getrennt war. Der dadurch gerührte Vater giebt nun die bisher versagte Einwilligung zur Ehe. Der Erfolg des Stückes liegt ganz in einer Nebenfigur, einem Dorfbarbier, der als wissenschaftlicher Arzt auftritt und mit lateinischen Brocken in erheiterndster Weise um sich wirft. Conrad Dreher verstand es, die Person des Dorfbaders in vollkommenster Weise zur Geltung zu bringen und dadurch dem Stück ein Leben einzuhauchen, das es ohne eine so hervorragende Darstellung nicht haben würde. Unter den Mitwirkenden sind noch Marie Neubauer und Valerie Schäfer als die arme Wittwe und ihre Tochter besonders zu nennen. Herrn Ober⸗Regisseur August Kurz gebührt das Verdienst, Nicht nur das Stück gut inscenirt, sondern auch in der Rolle des Forstwarts, in treuem bayerischen Dialect, sein schauspielerisches Talent zur Unter⸗ stützung der Münchener Gäste voll eingesetzt zu haben.
Vaterliebe. De
Bernhard Stavenhagen wird in seinem morgen in der Sing⸗Akademie stattfindenden Klavierabend außer den bereits be⸗ kannt gegebenen Werken von Beethoven, Chopin und Liszt noch zwei Brahms'sche Compositionen und zwar das As-dur Intermezzo und die Rhapsodie in E-moll zu Gehör bringen. — Am Freitag findet n der Sing⸗Akademie das Concert der jugendlichen Pianistin Margarethe Eussert mit dem Philharmonischen Orchester unter Leitung des Herrn Professors Karl Klindworth statt; der Kartenverkauf ist bei Bote, und Bock eröffnet. — In dem nächsten (vorletzten) Philharmonischen Concert unter Hans von Bülow's Leitung, am 14. März, wirken Herr Bernhard Stavenhagen und die Großherzoglich hessische Kammer⸗ ängerin Fräulein Jettka Finkenstein als Solisten mit. Den sym⸗ phonischen Theil des Programms bildet Berlioz’ „Harold⸗Symphonie“, an deren Aufführung sich Herr Prof. Emanuel Wirth (Viola) be⸗ theiligen wird. Der Kartenverkauf wird morgen bei Bote u. Bock eröffnet. “ 8 Im Concerthause veranstaltet Herr Kapellmeister Meyder norgen zur Feier des hundertjährigen Geburtstags Rossini's (29. Fe⸗
Mannigfaltiges.
Der Ober⸗Bürgermeister Dr. von F orckenbeck ist gestern zur Kur nach Wiesbaden abgereist.
Die Stadtverordneten Mielenz und Genossen haben, wie der „N. A. Z.“ berichtet wird, bei der Stadtverordneten⸗Ver⸗ sammlung beantragt, sie möge den Magistrat ersuchen, die im Etat in Einnahme gestellten Beträge für miethsweise Benutzung u. s. w. der Gasmesser und der Wassermesser im Etats⸗ jahr 1892/93 außer Hebung zu lassen und für die Folge die Gas⸗ und Wassermesser den Consumenten miethsfrei zu liefern und zu unterhalten. — Dr. Langerhans hat bei der Stadtverord⸗ neten⸗Versammlung den Beschluß beantragt: „Den Magistrat zu ersuchen, zur Festsetzung eines Statuts für die weitere Regelung der Sonntagsruhe an geeigneter Stelle dahin zu wirken, daß im Sinne der Gewerbe⸗Ordnungs⸗Novelleals Beginn des Hauptgottesdienstes in Berlin die Zeit um 11 Uhr Vormittags angesehen wird, um zu er⸗ möglichen, daß durch eine bis 11 Uhr ausgedehnte Arbeitszeit für einen großen Theil des Handelsgewerbes eine von diesem Zeitpunkte ab ununterbrochene Sonntagsruhe stattfinden kann“.
Die alten Herren der Bonner Borussen feierten nach einem Berichte der „N. A. Z.“ gestern im großen Festsaale des Kaiserhofs ihr Jahresdiner. Seine Majestät der Kaiser war durch die Trauerfeier für den Oberst⸗Lieutenant und Flügel⸗Adjutanten von Zitzewitz verhindert, dem Feste des Corps beizuwohnen, dagegen erschienen Ihre Hoheiten der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗ Holstein und der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin. Der Saal trug reichsten Festschmuck; an der Westwand prangte das Banner der Borussen, inmitten der Fensterwand hing das branden⸗ burgische Banner, zu Seiten der Kaiserbüste wallten riesige Kaiser⸗ standarten. Die hufeisenförmige Tafel war für 124 Personen gedeckt. Vor dem Ehrenplatz Seiner Majestät des Kaisers lag ein kostbares Blumenkissen. Die Tafelmusik wurde von den Garde⸗Cürassieren gestellt. Den Kaisertoast brachte als Senior der festlichen Versamm⸗ lung der Landes⸗Director von Meyer aus.
Die nächste Hauptversammlung des „Vereins ehemaliger Einjährig⸗Freiwilliger der Cavallerie“ findet Mittwoch, den 2. März, Abends 8 Uhr, bei F. Wendeborn, Französischestr. 52, statt. Gäste sind willkommen.
Köln. Als Platz für das in Köln zu errichtende Kaiser Wilhelm⸗Denkmal ist auf Vorschlag des Denkmal⸗Comités von der Stadtverordneten⸗Versammlung einstimmig die Stelle am Kaiser⸗ Wilhelmring ausersehen, wo sich gegenwärtig der Kaffee⸗Pavillon be⸗ findet. Das Denkmal ist von dem Künstler Anders vertragsmäßig bis zum 1. Juli 1897 zu vollenden. Die Bauten für den neuen Centralbahnhof sind bisher mit großem Eifer gefördert worden, so daß theilweise schon der Sockel zum Empfangsgebäude gesetzt und auch das fahrbare eiserne Gerüst zur Herstellung der Hauptperronhallen aufgestellt werden konnte. Die Eisenbahnüberfüh⸗ rungen sind fertig und dem Verkehr übergeben. Das neue Post⸗ gebäude ist bis auf den inneren Ausbau vollendet. Im neuen Justizgebäude wurden neuerdings die Innenarbeiten ausgeführt. Am 1. Oktober wurde der Betrieb des städtischen Elektricitäts⸗ werks zu Köln begonnen. Zur Zeit sind 8000 Lampen angeschlossen, 12 000 angemeldet (auf 16 kerzige Glühlampen bezogen).
Der Neubau des Provinzial⸗Museums geht seiner
Bonn. Das neue Universitäts⸗Bibliotheks⸗
Vollendung entgegen.
ebäude ist bis auf die inneren Einrichtungen vollendet, das erz⸗ ischöfliche Convictsgebäude nebst Kapelle im Rohbau fertig gestellt. — In Godes berg ist die Anlage eines neuen Kurparks in der Ausführung begriffen.
Hamburg, 29. Februar. Die am 29. Februar 1792 zu⸗ erst unter dem Namen „Hamburgische Adreß⸗Comtoir⸗Nachrichten erschienenen „Hamburger Nachrichten“ feiern, wie der „Hamb. Corr.“ berichtet, heute das Jubiläum ihres hundertjährigen Be⸗ stehens. Seit über vierzig Jahren ist der Besitzer und Leiter des
Blattes Herr Dr. Emil Hartmeyer.
8 Shanghai, 22. Januar. Mit dem am 8. d. M. in der Nähe von Swatau untergegangenen Dampfer „Namchow“ sind 500 Menschen ertrunken. Der Dampfer hatte dem „Ostasiat. Lloyd zufolge Hongkong am Nachmittag des 7. d. M. für Swatau verlassen; kurz nach Mitternacht bekam das Schiff in der Nähe des Maschinen⸗ raumes ein Leck, die Pumpen wurden sofort in Bewegung gesetzt, doch versagten sie gegen vier Uhr Morgens, worauf man Segel setzte und den Curs auf das Land nahm. Doch füllte sich das Schiff reißend schnell; fünf bis sechs Boote wurden heruntergelassen, in diese stürzten sich die chinesischen Fahrgäste, von denen 500. (sämmtlich von den Straits Settlements zurückkehrend) an Bord waren, mit einer derartigen Hast, daß sämmtliche Boote, mit Ausnahme eines einzigen, etwa dreißig Personen enthaltenden, kenterten. Den letzteren gelang es, an der nur wenige Scemeilen entfernten Küste zu landen; einige in der Nähe sich aufhaltende Fischerboote retteten ungefähr weitere zwanzig mit den Wellen kämpfende Chinesen, sodaß im ganzen gegen fünfzig Menschenleben gerettet wurden. Die Panik, die an Bord herrschte, muß entsetzlich gewesen sein; sämmtliche Europäer, — der Schiffs⸗ führer (Capitän Alex. Lee) und zwei Steuerleute, sowie die drei Maschinisten, ferner die Frau des ersten Maschinisten — sanken mit dem Dampfer in die Tiefe. Das Schiff, das während der letzten Jahre ausschließlich die Beförderung von Kulis zwischen Swatau und den Straits Settlements besorgte, war für 12 000 Pfd. Sterl. versichert.
8“ Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
St. Petersburg, 1. März. (W. T. B.) Ein heute veröffentlichtes Gesetz bestimmt, daß der Zoll für Materialien zu Baumwollfabrikaten bei der Pusfuhr der letzteren ins Ausland zurückerstattet wird. Ein weiteres Gesetz betrifft die Bildung der Gesellschaft für die Rjäsan⸗ Ural⸗Eisenbahn, welche die Koslow Ssaratom⸗Kroneisen⸗ bahn in Pacht erhält und mehrere Zweigbahnen errichten sowie deren Betrieb übernehmen soll.
Athen, 1. März. (W. T. B.) Im Königlichen Auf⸗ trage erschien gestern Abend ein Secretär des Königs bei dem Minister⸗Präsidenten Delyannis. Nach der Unter⸗ redung fand ein Ministerrath statt, worauf alle regierungs⸗ treuen Abgeordneten zu einer Berathung auf heute eingeladen wurden. Es wird vielfach angenommen, es handle sich um die Demission des Cabinets.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweite Beilage.)
bruar) eine besondere musikalische Gedächtnißfeier.
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icht vom 1. März, )r Morgens.
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Wind. Wetter.
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Stationen.
Temperatur in ° Celsius 0C. = 40 R.
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Mullaghmore 766 3 heiter Aberdeen 768. 3 bedeckt CThristiansund 769 8 1 wolkenlos Kopenhuagen. 766 6 bedeckt Stockholm. 771 4 halb bed. Haparanda . 776 still wolkenlos —2 St.Petersbg. 770 2 1 Schnee Moskau 762 O 1 Schnee Cork, Queens⸗ V ö 1764 3Z wolkig Cherburg .. 759 5 bedeckt 759 NO 3 wolkig 763 O?2 4 wolkig 761 O? 6 bedeckt 763 NO 6 bedeckt Neufahrwasser 762 2 4 bedeckt Memel. 763 2 4 bedeckt 11I1¹“ 1 bedeckt Karlsruhe .. still wolkig 1 bedeckt 1 bedeckt 757 O 2 bedeckt 689 4 bedeckt v“ still bedeckt Breslau 2759 NO 2 bedeckt Fle d'Aix. 759 ONO 4 wolki Nizza 755 ONO 2 Nebe 1161616165 still wolkig Uebersicht der Witterung. Unter der Wechselwirkung eines barometrischen Marximums über dem Bottnischen Busen und einer Devpression über dem nordwestlichen Deutschland wehen an der deutschen Küste vielfach starke östliche und nordöstliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur allenthalben etwas herabgegangen ist. In Deutschland ist das Wetter andauernd trübe, im Süden ist allgemein, im Norden stellenweise Nieder⸗ schlag gefallen, jedoch fast überall nur in geringer Menge. Die Frostgrenze verläuft von Hamburg südostwärts nach Ungarn hin. In Finnland ist wieder strenge Kälte eingetreten, welche sich mit den Nordostwinden südwestwärts fortpflanzen und sich auch in unsern Gegenden fühlbar machen dürfte. Deutsche Seewarte.
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FThvheater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗
haus. 56. Vorstellung. Mignon. Oper in 3 Acten von Ambroise Thomas. Text mit Benutzung des Goethe'schen Romans: „Wilhelm Meister's Lehr⸗ jahre“ von Michel Carré und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Ballet von Paul Taglioni. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 62. Vorstellung. Das heilige Lachen. Märchen⸗Schwank in 6 Bildern von Ernst
Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Musikalische Direc⸗ tion: Herr Steinmann. Anfang 7 Uhr. Donnerstag: Opernhaus. 57. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Bauern⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Vorher: Die lustigen Weiber von Windsor. Komisch⸗ phantastische Oper in 3 Acten von O. Nicolai. Text von H. S. von Mosenthal, nach Shakespeare's gleichnamigem Lustspiel. Tanz von Hoguet. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 63. Vorstellung. Das heilige Lachen. Märchen⸗Schwank in 6 Bildern von Ernst von Wildenbruch. Musik von Ferdinand Hummel. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Musitkalische Direc⸗ tion: Herr Steinmann. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Mittwoch: Die Jour⸗ nalisten. (Adelheid: Therese Thönnissen, vom Hof⸗ Theater in Gotha, a. G.) Anfang 7 Uhr. Donnerstag: College Crampton.
Freitag: Der Pfarrer von Kirchfeld.
Die nächste Aufführung von „Romeo und Inlia“ findet am Sonnabend statt.
Berliner Theater. Mittwoch: Othello. (Agnes Sorma, Nuscha Butze, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Der Hüttenbesitzer.
Freitag: 25. Abonnements⸗Vorstellung. Schlimme Saat.
Mittwoch: Paragraph Funf Dichter. Der sechste
Lessing-Theater. 330 (Fiaker 117).
Donnerstag: Fräulein Frau. — Sinn.
Freitag: Die Großstadtluft.
Nächste Nachmittags⸗Vorstellung zu volksthümlichen Preisen (Parquet 2 ℳ): Die Ehre. Vorverkauf ohne Aufgeld täglich.
Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 10. Male: Bvette. Carnevalsposse in 3 Acten mit Gesang (nach einer französischen Idee) von Carl Laufs und Maximilian Kraemer. Musik von Victor Holländer. 151 Der berühmte Mitbürger. Anfang
Donnerstag: Mitbürger.
Sonntag: Mittel. Parquet 1 ℳ
Yvette. Vorher: Der berühmte Nachmittags⸗Vorstellung. Gewagte Anfang 4 Uhr.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Mittwoch: Mit neuer Ausstattung zum 42. Male: Das Sonntagskind. Operette in 3 Acten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius
Decorationen aus dem Atelier von Falk. Die neuen Costume vom Garderoben⸗Inspector Ventzky. An⸗ fang 7 Uhr.
Donnerstag: Das Sonntagskind.
Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Mittwoch: Zum 5. Male: Riquette. Lust⸗ spiel in 3 Acten von Henry Meilhac. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Riquette.
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch (letzte Woche des Ensemble⸗Gastspiels der Münchener unter Leitung des Königlich bayerischen Hofschau⸗ spielers Herrn Max Hofpauer). Der Protzen⸗ bauer von Tegernsee. Bauern⸗Posse mit Ge⸗ sang und Tanz in 4 Aufzügen von Hartl⸗Mitius. Musik von H. Müller. Im 3. Act: „Schuhplattl⸗ Tanz“. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag und folg. Tage: Der Protzenbauer von Tegernsee.
Adolph Ernst-Theater. Mittwoch: Zum 69. Male: Der Tanzteufel. Gesangsposse in 4 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. 8 Donnerstag: Der Tanzteufel.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Mittwoch: 3. Gastspiel des Kgl. baverischen Hofschauspielers Conrad Dreher aus München, der Damen Schäfer, Neubauer und der Herren Jäger, Terufal, Stöhr, Brandtner (Schuhplattler), sämmtlich vom Gärtnerplatz⸗Theater in München. Novität! Zum 3. Male: Jägerblut. Volksstück in 4 Acten (6 Bildern) von Benno Rauchenegger. Musik von Josef Krägel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur A. Kurz. Ort der Hand⸗ lung: Ein Dorf im Chiengau an der Tyroler Grenze. (Zangerl, Dorfbader: Herr Dreher.) Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
[70379] Hohenzollern⸗Galerie aam Lehrter Bahnhof. — Gr. histor. Rundgemälde 1640 — 1890. — 9 Vorm. — 11 Ab. 1 ℳ Kinder 50 ₰.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 —11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel. Anfang 7 ½ Uhr.
Concerte.
Sing-Akademie. Mittwoch, Anfang 7 ½ Uhr. Klavierabend von Bernhard Stavenhagen.
Concert-jaus. Mittwoch: Karl Meyder⸗
Circus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7 ¼ Uhr: Mit Allerhöchster Genehmigung Ihrer Majestät der Kaiserin. Fest⸗ und Gala⸗Vorstellung zum Besten des Baufonds der Kaiser Wilhelm⸗ Gedächtnißkirche. 2☛☚☛ Auf Helgoland oder: Ebbe und Fluth. Große hyvdrol. Ausstattungs⸗ Pantomime in 2 Ahbtheilungen vom Director E. Renz. Nationaltänze von (65 Damen) ꝛc. Ein⸗ lagen: „Garde⸗Husaren“ und „Ulanen“. Dampf⸗ schiff- und Bootfahrten, neue überraschende Licht⸗ und Feuereffecte. 80 Fuß hohe Riesenfontäne. Zum Schluß: Großes Kunst⸗ und Pracht⸗Feuerwerk — Im Reiche der Blumen, fantasie equestre von Frl. Clotilde Hager. — „Elimar“ (Strickspringer), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. — „Cyd“, ge⸗ ritten von dem Schulreiter Herrn Gaberel. — Walküren⸗Manöver, geritten von 16 Damen. — 4 Gebrüder Briatore, Akrobaten. — Mlle. Theresina auf dem 20 Fuß hohen Drahtseil. — Auftreten der Reitkünstler Herren Alexander Briatore und Lion Dastie. — Komische Entrées und Intermezzos von sämmtl. Clowns zc.
Täglich: Auf Helgoland.
AmnmmmEmEREEECAEAAEAmEmmwmmEEgmmns Familien⸗Nachrichten
Verlobt: Frl. Margarete Schmidthals mit Hrn. Lieut. Ludwig von Grolman (Schweidnitz). — Frl. Tina von Lieres und Willkau mit Hrn. von Dazur (Tschachawe). — Frl. Else Schuüͤler mit Hrn. Rechtsanwalt Gustav Blümel (Ottmachau⸗ Frankenstein). — Frl. Marie von Rieff mit Hrn. Lieut. Hoffmeister (Berlin⸗Oranienstein).
Verehelicht: Hr. Rechtsanwalt und Notar Hans Ziemann mit Frl. Marie Joscht (Loslau). — Hr. Pastor Albert Krause mit Frl. Marie Knop (Treppeln, Kr. Krossen a. O.).
Geboren: Ein Hrn. von Bredow⸗Ihlow (Berlin). — Hrn. Hauptmann Curt von Gallwitz gen. Dreyling (Gumbinnen). — Eine Tochter: Hrn. Marine⸗Baumeister Plehn (Kiel). — Hrn. Prem.⸗Lieut. Erdmann (Münsterberg). — Hrn. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Fornet (Arnsberg).
Gestorben: geb. von Randow (Mühlwitz). — Hrn. Gymnasia Oberlehrer Dr. Kirsch Tochter Helene (Königs⸗ hütte). — Hr. Geh. Sanitäts⸗Rath Dr. Wilhelm Hintze (Kaiserswerth). — Hrn. Hauptmann Carl von Laffert Sohn Gebhard (Dresden). — Verw. Fr. Ober⸗Amtmann Ida Fischer, geb. Reisner (Schöneberg bei Berlin). — Verw. Fr. Oberst Elise Mebes, geb. von Froreich (Berlin).
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage),
sowie Inhaltsaugabe zu Nr. 6 des öffent⸗ lichen Anzeigers (Commanditgesellschaften auf Actien und Actiengesellschaften) für die Woche
von Wildenbruch. Musik von Ferdinand Hummel.
Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Federmann. Die
Feier. Anfang 7 Uhr.
vom 22. bis 27. Februar 1892.
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Fr. Superintendent Antonie Srhuß⸗ 2*
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Deut
zum § 53.
Erste Beilage
Verlin, Dienstag, den 1. März
s-Anzeiger und Königlich Preußischen
Deutscher Reichstag. 183. Sitzung vom Montag, 29. Februar. 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths der Reichskanzler Graf
von Caprivi und die Staatssecretäre Dr. von Stephan, Freiherr von Maltzahn und Hollmann sowie der König⸗ lich preußische Staats⸗Minister von Heyden. In der Hof⸗ loge Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich. Das Haus ist schwach besetzt. b .
Präsident von Levetzow: Es sei wiederum eine größere Zahl von Urlaubsgesuchen eingelaufen. Er möchte dem Hause vorschlagen, daß es nur solche Urlaube bewillige, welche durch Krankheitsfälle oder andere besonders dringende Verhältnisse begründet seien. 82
Abg. Dr. Bamberger (dfr.) zur Geschäftsordnung: Sei es nicht bei dieser Gelegenheit angezeigt, wieder einmal die Frage anzu⸗ regen, ob das unerträgliche Zusammentagen des Reichstags und Land⸗ tags nicht zu überwinden sei? Aus diesem Zustand erkläre sich die so häufig wiederkehrende Beschlußunfähigkeit des Hauses.
Präsident von Levetzow: Er würde in dieser Beziehung eine Anregung aus der Mitte des Hauses erwarten müssen, als Präsident würde er aus eigener Initiative die Sache nicht unternehmen können.
Abg. Rickert (dfr.): Man habe ja bereits wiederholt solche Anregungen gegeben, sie seien aber wirkungslos abgeprallt an den Mitgliedern des Bundesraths. Der Reichstag werde alle Veranlassung haben, die früheren Verhandlungen wieder aufzunehmen und nochmals die verbündeten Regierungen zu bitten, die Sache zu erwägen, vielleicht finde man dann mehr Gehör wie früher. “
Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Er habe bereits seit einiger Zeit mit verschiedenen Mitgliedern, auch mit Herren von den verbündeten Regierungen darüber gesprochen, ob die Sache nicht von neuem zu prüfen sei. Es sei denkbar, daß der neue Reichskanzler eine andere Stellung zu der Frage einnehme als der frühere, und vielleicht eine der Sache günstigere. In einer ähnlichen Situation wie in Deutschland, wo zwei Häuser neben einander tagten und in dem einen so wichtige Commissionen, wäre es in keinem Lande der Welt möglich, zwei Häuser beschlußfähig zu erhalten.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Auch er sehe in dem Zu⸗ sammentagen beider Häuser einen großen Uebelstand. Es tage ja nicht nur der preußische, sondern auch der bayerische Landtag neben dem Reichstag. Jedenfalls sei aber die jetzige Sachlage den verbündeten Regierungen nicht zum Vorwurf zu machen. Da Deutschland kein Einheitsstaat sei, so müßten eben die einzelnen Landtage ihre Rechte neben einander geltend machen. Wollte man jedem der beiden Häuser eine besondere Zeit überlassen, so würde man der Beschlußunfähigkeit auch nicht abhelfen. Er wisse überhaupt nicht, wie man das Uebel beseitigen wolle, und er müsse abwarten, welche Anträge die Herren stellten.
Abg. Graf Ballestrem (Centr.): Seine Partei habe unter dem jetzigen Zustande am meisten zu leiden. Viel störender als der preußische Landtag seien die Landtage der süddeutschen Staaten, die auch gleichzeitig mit dem Reichstag tagten und räumlich entfernter seien als der preußische Landtag. Seine politischen Freunde würden es mit Freude begrüßen, wenn man mit den verbündeten Regierungen das chronische Uebel der Beschlußunfähigkeit beseitigen könnte.
Abg. Richter (dfr.): Er könne dem Abg. Freiherrn von Stumm nicht zugeben, daß die Regierungen selbst an diesem Mißstande schuldlos seien. Reichstag und Landtage träten doch nicht von selbst zusammen, sondern sie würden von den Regierungen zu einer bestimmten Zeit berufen. Wäre der Reichstag entsprechend einer früher vom Reichstag beschlossenen Resolution schon im Oktober ein⸗ berufen worden, so hätte er bis Weihnachten einen erheblichen Theil seiner Arbeiten abwickeln können. Das Uebel sitze aber haupt⸗ sächlich in der Diätenlosigkeit, die namentlich für die süddeutschen Ab⸗ geordneten doppelt ins Gewicht falle. Dazu komme, daß eine große Ungewißheit über das Ende der Session bestehe. Wenn man sicher wüßte, daß bis spätestens Palmsonntag der Reichstag geschlossen werden würde, so würden viele Abgeordnete demnach ihre Disposi⸗ tionen treffen und eine größere Zahl sich hier einfinden können. Er halte es nicht für möglich, einen diätenlosen Reichstag über vier Monate zusammenzuhalten.
Abg. Graf von Preysing (Centr.): Der weitaus größte Theil der Bayern, welche Mitglieder des Reichstags seien, seien zugleich Mitglieder der bayerischen Kammer und die Verhältnisse, die daraus resultirten, daß man bald hier, bald dort sein müsse, seien
eradezu unangenehm. Im Jahre 1873 habe eine ähnliche Besprechung . die aber erfolglos verlaufen sei.
Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Er habe der Regierung absolut keinen Vorwurf gemacht, sondern im Gegentheil darauf hingedeutet, daß, nachdem das Reich seit zwei Jahren einen anderen Reichskanzler habe, es vielleicht die Schwierigkeiten eher beseitigen könnte, als früher, wo der Fürst Bismarck vielleicht mit der Friction der Interessen der beiden Häuser nicht ganz unzufrieden gewesen sei. Er hoffe, daß die verbündeten Regierungen und der Reichskanzler mit dem Reichstag eine Lösung dieser allerdings nicht leichten Aufgabe finden würden. Der Präsident werde allerdings die Initiative nicht ergreifen können, seine (des Redners) Partei würde es aber dankbar anerkennen, wenn der Präsident im außergeschäftlichen Wege die Sache in die Wege leiten wolle; denn er sei überzeugt, niemand leide moralisch mehr unter dem gegenwärtigen Zustand, als der Präsident.
Abg. von Helldorff (cons.): Ein Tagen vom Oktober an würde für einen großen Theil der Mitglieder dieses Hauses geradezu unmöglich sein, nämlich für diejenigen, welche in der Landwirthschaft beschäftigt seien. Darin könnte allerdings die Regierung etwas thun, daß man rechtzeitig und regelmäßig ein Arbeitsprogramm für jede Session feststelle. Eine große Zahl von Gesetzesvorlagen gelange an den Reichstag, die vielleicht noch ein Jahr Zeit hätten. Die Be⸗ schlußunfähigkeit resultire viel weniger aus dem Zusammentagen beider Häuser, als daraus, daß ein großer Theil ihrer Mitglieder nicht das gehörige Pflichtbewußtsein habe. Das einzige Mittel der Abhilfe liege in der Umgestaltung der Behandlung der Geschäfte: der Reichs⸗ tag müsse selbst lernen, mit seiner Zeit ökonomischer umzugehen; wenn man drei bis vier Tage über Dinge rede, die vielleicht an einem Tage abgemacht werden könnten, dann komme man nicht weiter. Man könnte geschäftsordnungsmäßig die Berathungen in solche theilen, in denen Beschlüsse gefaßt, und in solche, in denen bloß Reden gehalten würden. Wenn man die englischen Verhältnisse genauer studirte, so könnte man wohl einen Weg finden, um die Sitzungen fruchtbarer und wirksamer zu machen.
Abg. Dr. von Marquardsen (nl.): Der baverische Landtag trete nur alle zwei Jahre zusammen; die Collision sei also nicht so stark. Auch er glaube, daß eine große Anzahl Mitglieder hier nicht ihre Pflicht erfülle, welche durch Landtagsarbeiten gar nicht abgehalten seien. Vielleicht sammele man darüber einmal statistisches Material. Man habe alle Ursache, dem Präsidenten in dieser Sache zu Hilfe zu kommen; hoffentlich finde man einen Ausweg. Er sehe gar nicht ein, warum nicht die Landwirthe schon in der zweiten Hälfte des Oktober hier sein könnten.
Abg. Singer (Soc.): Der Abg. von Helldorff beklage sich über das viele Reden, aber gerade seine Freunde hätten durch lange Reden das Zustandekommen der Handelsverträge in unnöthiger Weise aufgehalten. Außerdem aber lebe man in Deutschland unter Ver⸗ hältnissen in Bezug auf die Preßfreiheit, die es geradezu nothwendig
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machten, die Reichstagsverhandlungen zu benutzen, um alles das, was in der Presse nicht gesagt werden könne, im Reichstag zur Sprache zu bringen. Es sei weit und breit anerkannt, daß nur noch im Reichs⸗ tag ein wahres, freies und kräftiges Wort gesprochen werden könne.
Abg. Freiherr von Manteuffel (cons.): Diese letzten Aeuße⸗ rungen seien äußerst lehrreich. Er denke, die Meinungsäußerungen der socialistischen Presse seien doch unverblümt und frei genug und er halte es nicht für eine des Reichstags würdige Stellung, wenn man dieses Haus bloß dazu benutze, um aus dem Fenster heraus zu sprechen. Daß seine Partei die Verhandlungen verschleppe, bestreite er auf das Allerentschiedenste. Die Handelsverträge seien schnell genug erledigt worden, das österreichische, das italienische Parlament habe sie viel länger berathen. Im übrigen müßten die Regierungen doch auch Zeit haben, ihre Vorlagen auszuarbeiten und könnten den Reichstag nicht früher einberufen, als bis sie damit fertig seien. Er erinnere nur an die Landgemeindeordnung und die Einkommensteuer im vorigen Jahre. Ein diätenloser Reichstag habe bereits bis Mitte Juli gesessen, er sehe nicht ein, warum er nicht auch jetzt über vier Monate tagen solle.
Abg. Rickert (dfr.): Seine Partei meine nicht, daß die Con⸗ ervativen Unrecht gethan hätten, Tage lang über die Handelsverträge u sprechen. Das sei ihre Pflicht gewesen, wie es Pflicht jedes Volksvertreters sei, gegen ihm nicht zusagende Vorlagen zu polemi⸗ siren. Er mache auch niemandem einen Vorwurf daraus, wenn er zum Fenster hinaus spreche. Das habe auch der frühere Reichskanzler gethan. Man werde in Preußen so in Anspruch genommen, daß man fast an der Grenze seiner Kräfte angelangt sei. Man werde seiner Partei vielleicht die Doppelmandate vorwerfen, es liege aber nicht in ihrem Willen, wenn das Volk die Mitglieder an einen bestimmten Posten hinstelle. Auch die Minister zersplitterten ihre Kräfte und ihnen müsse an der Aenderung des bisherigen Zustandes liegen. Am 13. Juni 1873 sei ein Antrag Lasker mit großer Majorität angenommen worden, worin der Reichskanzler aufgefordert worden sei, darauf hinzuwirken, daß der Reichstag künftig im Oktober ein⸗ berufen werde. Sämmtliche Bundesregierungen seien um eine Aeuße⸗ rung ihrer Ansicht in dieser Sache ersucht worden, der Reichstag habe aber niemals eine Mittheilung über die Ansichten der Bundesregierungen erhalten.
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Er möchte vorschlagen, daß derselbe Antrag wie damals wieder eingebracht werde.
Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): So groß sei die Zahl der Landwirthe hier im Hause nicht, daß die Rechte dauernd abgehalten sein würde, im Oktober den Sitzungen beizuwohnen. Er möchte aber dem Präsidenten und dem Hause einmal die Frage nahelegen, ob die jetzt zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl für alle Formen der Berathung erforderlich sei. Er verlange nicht, daß bei definitiven Entscheidungen über Gesetze oder über Geldbewilligungen die jetzige Nefeerit g ithifer heruntergesetzt werde, obgleich in anderen Staaten, namentlich in England, eine niedrigere Ziffer eristire. Aber was stehe denn im Wege, für die zweiten Be⸗ rathungen, die den größten Theil der Zeit beanspruchten, vielleicht die Ziffer Hundert festzustellen? In der dritten Lesung könnte der Beschluß zweiter Lesung politisch und „sachlich immer noch revidirt werden. Dabei sei vorauszusetzen, daß man bei Beginn des Reichs⸗ tags den Arbeitsstoff des Reichstags einigermaßen übersehen könne. Auf Grund eines Arbeitsprogramms würde es dem Präsidenten und der Mehrheit des Reichstags sehr leicht sein, die Geschäfte so einzu⸗ theilen, daß der Reichstag früher damit fertig werde, als es jetzt der Fall sei. b
Präsident von Lepetzow: Wenn die Beschlußfähigkeit des Reichstags von der Geschäftsordnung abhinge, dann würde er schon längst einen Vorschlag gebracht haben in der Richtung, wie es der Abg Dr. von Bennigsen angedeutet habe. Die Beschlußfähigkeitsziffer sei aber festgelegt durch Art. 28 der Verfassung. Es würde sich um eine Verfassungsänderung handeln, und in dieser Beziehung die Initiative zu ergreifen, sei nicht Sache des Präsidenten.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Es werde Zeit sein, die Sache zu verhandeln, wenn ein Antrag vorliege. Jedenfalls würde nach einem solchen Vorschlag die zweite Lesung nur eine vorberathende Handlung sein und das Schwergewicht in die dritte Lesung fallen.
Ag. Richter (dfr.): Einer Herabsetzung der Beschlußfähigkeits⸗ ziffer habe man aus guten Gründen niemals eine weitere Folge ge⸗ geben, und es würde schon an sich sicher nicht zur Hebung des Ansehens des Reichstags nach außen hin beitragen, wenn die Beschlußfähigkeitsziffer herabgesetzt würde. In diesem Falle würde die zweite Lesung, in die jetzt die Haupt⸗ entscheidung falle, nur die Bedeutung einer Commissionsberathung haben und das Schwergewicht in die dritte Lesung fallen, die jetzt in der That nur sehr kurz verlaufe. Man würde erweiterte dritte Berathungen bekommen und keine Zeit gewinnen. Die heutige Ver⸗ handlung habe ergeben, daß die Mehrzahl eine Einberufung des Reichstags im Oktober mit einem möglichst festgestellten Arbeitsplane wünsche. Vor allen Dingen müßten Diäten bewilligt werden.
Damit schließt diese Geschäftsordnungsdebatte ab.
Es folgt die weitere Berathung des Etats der Marine⸗ verwaltung, und zwar der einmaligen Ausgaben.
Referent Abg. Fritzen (Centr.) führt aus, daß die Budget⸗ commission überall da Abstriche gemacht habe, wo die Bestände aus den früheren Jahren noch nicht vollständig verwendet seien.
Zum Bau einer Kreuzer⸗Corvette „H“ werden 1 000000 ℳ als fünfte Rate bewilligt.
Bei der Forderung von 3300000 ℳ zum Panzerschiffs „Brandenburg“ erklärt
Abg. v. Henk (cons.): Es sei von manchen Seiten darauf hin⸗ gewiesen worden, seine am 6. März v. J. hier über die Geschwindig⸗ keit von Panzerschiffen abgegebene Erklärung contrastire mit dem, was er in der Commission über dieselbe Materie geäußert habe. Die Sache hänge so zusammen. Nach Schluß der betreffenden Com⸗ missionssitzung sei ihm privatim von einem Regierungs⸗Commissar — nicht, wie er irrthümlich am 6. März hier gesagt habe, vom Staats⸗ secretär des Marineamts — bemerkt, die Prüfung der Geschwindigkei der Panzerschiffe finde in fremden Marinen, namentlich in der fran⸗ zösischen, im Gegensatz zu den deutschen Probefahrten bei nicht voller Belastung statt, sodaß man die Ergebnisse nicht ohne weiteres den ungünstigeren Resultaten der mit voller Schiffsbelastung vorgenom⸗ menen Probefahrten an die Seite setzen dürfe; die Verschiedenheit in seinen beiden vorjährigen Auslassungen sei eben darauf zurückzu⸗ führen, daß er die erwähnten Thatsachen das eine Mal nicht gekannt habe, das andere Mal aber von ihnen Kenntniß genommen habe. Das Schiff sei die Waffe und trage die Waffe, mit der der Feind getroffen werden solle, darum sei ein Schiff um so vollwerthiger, je vorzüglicher es an Schnelligkeit, Panzerung, Manövrirfähigkeit sei.
Der Titel wird bewilligt.
Bei den Panzerschiffen B, C und D beantragt die Budget⸗ commission, statt 1 800 000 ℳ bezw. 1 500 000 ℳ und 2 000 000 ℳ nur je 1 000 000 ℳ zu bewilligen.
Abg. Rickert (dfr.): Bei der Bewilligung der Fahrzeuge, um die es sich hier handele, und die gegen die Stimmen seiner Fraction erfolgt sei, habe er darauf hingewiesen, daß diese Bewilligung wahr⸗ scheinlich große finanzielle Mehrforderungen für Trockendocks und Hafen⸗
Bau des
auf 2 ½ Millionen an einmaligen und 2 Millionen an dauernden Aus⸗ gaben beschränken. Im Januar 1890 sei ihm auf die wiederholte Frage vom damaligen Staatssecretär des Marineamts erwidert, er könne sich nicht für alle Zukunft dafür verbürgen, daß für Trocken⸗ docks keine größeren Ausgaben nöthig würden; den augenblick⸗ lichen Bedürfnissen sei Rechnung getragen, auch für die Fertigstellun der neuen großen Schlachtschiffe. Hier liege aber der wundeste Pun der Marineverwaltung. Seine Fraction sei für die Forderungen der Marine schon zu einer Zeit eingetreten, als die rechte Seite des Hauses sie deshalb verspottet habe, und der Graf Herbert Bismarck gemeint habe, -sie wolle kostspielige Schiffe bauen, die gegen das Interesse des Landes seien. Seine Partei schätze die Marine sehr hoch, könne aber nicht vertragen, daß sie jeden Tag eine andere Route geführt werde. Der in der Denkschrift von 1887 enthaltene Plan für die Entwickelung der Marine sei durch die Denkschrift vom Jahre 1889/90 völlig geändert worden, und jetzt wie⸗ der würden für die vor kurzer Zeit für nicht nöthig erklärten Trocken⸗ docks 15 Millionen verlangt. Man müsse einen bestimmten Plan, namentlich in finanzieller Hinsicht, haben, denn die finanziellen Inter⸗ essen des Reichs und seiner Bewohner solle man hier vertreten. Er mache aus der bestehenden Unstetigkeit dem Staatssecretär Holl⸗ mann keinen Vorwurf, denn bei den früheren Erklärungen sei er noch nicht im Amt gewesen; aber fragen möchte er, ob die Marine⸗ verwaltung erst ganz kürzlich sich von der Nothwendigkeit der neuen Docks überzeugt habe. Würden ferner diese Docks das Ende der Be⸗ willigungen bilden? Würden nicht für Einrichtungen von Häfen, namentlich in Wilhelmshaven, Dutzende von Millionen aus Anlaß der Schiffsbauten, die die große Mehrheit des Hauses in dem Ver⸗ trauen bewilligt habe, daß danach keine wesentlichen Mehrforderungen kommen würden, doch noch nachkommen? Hierüber brauche der Reichstag, brauche das Land Klarheit.
Staatssecretär Hollmann: 2
Soweit die Aeußerungen des Herrn Vorredners sich auf die Dockbauten beziehen, werde ich mir gestatten, darauf Antwort zu geben, wenn über diesen Titel berathen wird. Ich möchte nur vorausschicken, daß diese Bauten nicht ganz überraschend kommen; schon im vorigen Jahre ist ein Titel im Extraordinarium von 36 000 ℳ für Projectarbeiten dieser Docks eingestellt. Ich habe auch, wenn ich mich nicht irre, schon damals mich in der Commission über die Nothwendigkeit dieser Bauten geäußert.
Was im übrigen die von dem Herrn Vorredner hier zur Sprache gebrachte außerordentliche Entwickelung der Marine anbelangt, so möchte ich mich auf die Erklärungen berufen, welche im vorigen Jahre von den verbündeten Regierungen von diesem Tische aus ab⸗ gegeben worden sind. Es ist damals gesagt worden, die verbündeten Regierungen stehen auf dem Programm des Jahres 1889,90, und in diesem Programm ist dem hohen Reichstag dargelegt worden, welche Entwickelung die Marine in den nächsten Jahren nehmen solle. Alle diese Schiffe, die hier dem Etat einverleibt sind, gehören diesem Programm an. Ich möchte aber hier gleich bemerken, daß infolge der Abstriche des hohen Reichstags die Marineverwaltung sehr weit zurückgeblieben ist in ihrem Programm.
Abg. Rickert (dfr.): Er constatire, daß seine zweite Frage über die Hafenbauten gar keine Beantwortung gefunden habe. Lieber sei ihm das freilich schon, als wenn eine Antwort gegeben werde, die man dann nach zwei Jahren wieder umstoße. Er constatire ferner, daß . C 218271 — 9* 2* .
die Nothwendigkeit der Docks der Regierung nicht als etwas Ueber⸗ raschendes erschienen sei. Dann hätte man dem Reichstage im vorigen Jahre anderen Bescheid geben müssen. 1
Der Titel wird bewilligt. Titel 12 (3 280 000 ℳ zur Herstellung von Torpedobooten zweite, bezw. erste Rate, für e 8 Torpedoboote bestimmt) wird in zwei Titel zerlegt: Titel 12 zur Herstellung von 8 Torpedobooten, zweite und Schlußrate 1 080 000 ℳ, Titel 12a zur Herstellung von 8 Torpedobooten, erste Rate 2 200 000 ℳ Die Commission beantragt ferner folgende erste Raten (Titel 14— 19) zu streichen: 2 000 000 ℳ zum Bau der Kreuzer⸗Corvette „K“; 1 500 000 ℳ zum Bau des Panzer⸗ fahrzeuges „W“; 750 000 ℳ zum Bau des Kreuzers „F“ und 1 200 000 ℳ zum Bau des Avisos „H“: gestrichen werden sollen auch die Ausgaben für die artilleristische und Torpedo⸗ Armirung dieser Schifer1r. Rieferent Abg. Fritzen⸗Düsseldorf (Centr.): Nach einer in der Commission abgegebenen Erklärung des Staatssecretärs hätten sieben Panzer⸗Corvetten gefordert werden sollen von dem Typus, der auch für das Schlachtschiff „J“ intendirt gewesen sei, und welche den Zweck hätten, in einem Kriege der feindlichen Handelsmarine Schaden zuzufügen, die deutsche zu schützen. Das Fahrzeug „J“* sei aber im vorigen Jahre nicht in Angriff genommen worden, weil die neueste Entwickelung der Schiffsbautechnik neue Erwägungen nöthig gemacht habe. Man sei schließlich dahin gekommen, daß die beiden genannten Zwecke der Defensive und der Offensive nicht von denselben Schiffen erreicht werden könnten, und die Regierung habe für den einen Zweck drei größere Fahrzeuge, für den anderen Zweck vier kleinere gefordert. In der Commission hätten sich nun drei Gruppen gebildet: die erste habe gar keine neuenSchiffe bewilligen wollen, bis genauere Erfahrungen gemacht seien; auch habe diese Gruppe gemeint, Deutschland könne seinen ganzen Seehandel doch nicht schützen, dazu sei nicht einmal England im stande, dazu bedürfe
. 7 1 2 „ 4 22 „ „ s9 . es internationaler Vereinbarungen. Kaperbriefe auszugeben, sei auch bedenklich, weil beim Friedensschluß dem unterliegenden Theil der Ersatz des angerichteten Schadens würde auferlegt werden; auch eine weitere Verwendung von Kreuzern für den politischen Dienst habe man nicht für gut gehalten und schließlich habe man auch die mit der Vermehrung von Schiffen nothwendige Mannschaftsvermehrung vermeiden wollen. Die zweite Gruppe habe jene drei Fahrzeuge be⸗ willigen wollen, bezüglich deren keine Meinungsänderung bei der Marineverwaltung eingetreten sei, und welche zum Schutz der deutschen Küstenschiffahrt und der deutschen. Häfen bestimmt gewesen seien. Freilich seien auch damit große Mehrbelastungen verbunden gewesen, denn zu der Herstellung der dem jetzigen Stande der Dinge entsprechenden Panzerung seien für jedes Schiff 220 000 ℳ mehr nöthig, für Armirung jedes Schiffes 320 000 ℳ mehr, als man früher veranschlagt habe. Die dritte Gruppe habe außer den von der zweiten Gruppe bewilligten Fahrzeugen noch eimen Kreuzer für den politischen Dienst, oder einen Aviso für di.recte Kriegs⸗ zwecke bewilligen wollen. In der Abstimmung seien schließlich die ersten Raten für die Panzerfahrzeuge „T“ und „V“ gegen ⸗ oahe Stimmen bewilligt worden. 8 Reichskanzler Graf von Caprivi: 8 8 Ich bitte um 1n. Erlaubniß, für die Kreuzer⸗Corvette „K“ ein 9 3 9g 5 5 2 vgrpomn sphe 8 „ —
Wort einlegen zu dürfen und dem hohen Hause die Frage nochmals
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anlagen nach sich ziehen werde; im Jahre 1889 sei ihm auf eine hier⸗
auf bezügliche Anfrage bemerkt, die zukünftigen Mehrkosten würden sich
ans Herz zu legen, ob die Vortbeile, die dyecch eine Verschiebung dieses Baues guf das nächste Jahr eintreten — denn 8