Der radicale Club hat,
Großbritannien und Irland. 8 .
Gladstone ist am Montag nach London zurückgekehrt; vom Bahnhofe, wo ihm bkese Liberale einen begeisterten Empfang bereiteten, begab er sich, wie man der „Magdb. 38; berichtet, sofort nach dem Unterhause, wo er von seinen An⸗
hängern stürmisch begrüßt wurde. 4
Italien.
Heute ist der 82. Geburtstag des Papstes und morgen der 14. Jahrestag seiner Krönung. Da das Geburtsfest in diesem Jahre auf den Aschermittwoch fällt, so brachte das Cardinals⸗Collegium bereits gestern seine Glückwünsche dar. Der Papst erwiderte darauf, nach einem Telegramm des „Wolffschen Bureaus“ aus Rom: er habe, gleichwie Innocenz III., alle Bemühungen auf die Unabhängigkeit der Kirche gerichtet; er werde den betretenen Weg im Vertrauen auf die Kraft der Kirche weiter verfolgen und den Rest seines Lebens dieser schwierigen Mission widmen.
Schweiz.
Die neuen Vorschläge Italiens für die Handels⸗ vertrags⸗Unterhandlungen mit der Schweiz sind der „Köln. Ztg.“ zufolge am 1. d. M. im Bundes⸗Palais in Bern
eingetroffen.
74
Griechenland.
Die in der gestrigen Nummer d. Bl. in einer nach Schluß der Redaction eingegangenen Depesche aus Athen als bevor⸗ stehend angedeutete Krisis im griechischen Cabinet ist be⸗ reits zur Thatsache geworden: das Ministerium Delyannis hat seine Demission gegeben und, da Trikupis ablehnte, der Kammer⸗Präsident Konstantopulos die Neubildung des Cabinets übernommen. Das neue Ministerium welches sich dem „W. T. B.“ zufolge bereits gestern constituirt hat, ist folgendermaßen zusammengesetzt: Konstantopulos: Präsidium, Fi⸗ nanzen und Inneres, Philaretos: Justiz und Aeußeres, Suchtori: Marine, Mastragas: Krieg, Papamichalopulos: Unterricht. Ueber den Verlauf des Cabinetswechsels erfährt das genannte Bureau aus Athen noch Folgendes: Der König hätte, weil er eine Verschärfung der finanziellen Krisis befürchtete, das Ministerium Delyannis aufgefordert, seine Demission einzu⸗ reichen: die Minister hätten sich jedoch geweigert, mit dem Be⸗ merken, sie könnten nicht demissioniren, da sie in der Kammer die Mehrheit hätten, der König könne sie aber ihrer Stellungen entheben. Dies sei geschehen und Trikupis mit der Neubildung beauftragt worden, der jedoch abgelehnt habe. Der König habe hierauf den Präsi⸗ denten der Kammer Konstantopulos und Kunduriotis zu sich berufen, von denen ersterer trotz der Schwierigkeiten, welche ihm infolge der verweigerten Mitwirkung eines Theils der Mittelpartei bereitet wurden, das neue Ministerium in der oben angegebenen Zusammensetzung zu stande brachte. Dem zurückgetretenen Ministerium Delyannis hat übrigens, wie weiter gemeldet wird, die Kammer in ihrer gestrigen Sitzung mit 78 (von 150) Stimmen ein Vertrauensvotum ertheilt, nachdem der frühere Minister⸗Präsident eine ausführliche Dar⸗ legung der infolge der Königlichen Entschließung geschaffenen Situation gegeben. Nach der Sitzung, an welcher nur An⸗ hänger von Delyannis theilnahmen, gab ihm eine zahl⸗ reiche Menge von der Kammer bis zu seinem Hause das Geleit. Delyannis erschien hierauf auf dem Balcon und hielt an die Menge eine Ansprache, in welcher er sagte, das Volk habe ihn zweimal mit unbeschränktem Vertrauen geehrt; er würde seinen Posten nicht verlassen, und zähle immer auf das Vertrauen und die Bei⸗ hilfe des Volkes. Vor dem Hause von Trikupis fand später eine Gegendemonstration statt. Noch im Laufe des heutigen Tages soll die Veröffentlichung eines Decrets er⸗ folgen, durch welches die Kammer bis zum 6. April vertagt wird. In parlamentarischen Kreisen nimmt man andererseits an, daß die Kammer infolge ihres Vertrauensvotums für Delyannis werde aufgelöst werden.
Serbien. wie verlautet, außer der Cabinetsfrage auch die Declaration des Königs Milan und die Einbringung einer Resolution berathen nach welcher die Königin Natalie auf Verlangen des Königs Milan und auf Grund von dessen Verzichtleistung ebenfalls aller Rechte als Mitglied des Königs⸗ hauses für immer verlustig erklärt und ihr der Besuch Serbiens für immer verboten werden soll. Die Verzichtleistung des Königs Milan und die Resolution sollten in der gestrigen Sitzung der Skupschtina zur Vorlage kommen, doch wurde die Einbringung abermals vertagt. In der Sitzung der Skupschtina sprach gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, Katics wiederholt gegen die Regierungsvorlage über die Staatshauptcontrole: die von ihm hierzu beantragten Amendements wurden angenommen. Von dem Ministerium wohnte kein Mitglied der Sitzung bei. Bulgarien. In Philippopel fand gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Beerdigung des bisherigen bulgarischen Agenten in Kon⸗ stantinopel Dr. Wulkowitsch im Beisein des Prinzen Ferdinand, der Minister, der Mitglieder des Konsularcorps und zahlreicher Deputationen aus allen Theilen Bulgariens statt. Auf dem Friedhofe hielt der Gymnasial⸗Professor Schopoff die Trauerrede. 1““ Schweden und Norwegen.
Christiania, 1. März. Im Storthing stand gestern und heute die öfter erwähnte Frage der Errichtung eines eigenen norwegischen Konsulatswesens zur Berathung. Der Staats⸗Minister Steen erklärte dem „W. T. B.“ zu⸗ folge in der heutigen Vormittags⸗Sitzung, er be⸗ zweifle nicht, daß diese Angelegenheit geregelt werden könne; ihre Regelung wuͤrde aber zu theuer erkauft sein, wenn sich damit das Präjudiz verbinde, daß alles, was in irgend einer Weise Schweden betreffe, der Selbstbestimmung Norwegens entzogen und der Entscheidung einer gemeinsamen Institution unterworfen werden sollte. In einer heute Abend abgehaltenen weiteren Sitzung wurde mit 64 gegen 48 Stimmen folgende von der Linken beantragte Tagesordnung angenommen: „Indem das Storthing erklärt, daß die Frage der Errichtung eines eigenen norwegischen Konsulatswesens eine ausschließlich norwegische Angelegenheit ist, welche nur von den gesetzgebenden Körperschaften Norwegens zu erörtern und zu erledigen ist, daß aber die Regelung der gegenwärtig bestehenden Verhältnisse eventuell dem zusammengesetzten Staatsrath obliegt, geht das Storthing zur Tagesordnung über.“ 1
“ Amerika. 1
Ueber eine im Ministerium der Republik Chile ein⸗ getretene Krisis wird dem „New⸗York Herald“ aus Valparaiso berichtet. Danach hätten der Minister des Aus⸗ wärtigen Pereira und der Minister für Krieg und Marine Blanco Viel ihre Demission gegeben, und würden noch andere Mitglieder des Cabinets ebenfalls um ihre Entlassung einkommen. züglich der zur Regelung der Finanzlage vom Finanz⸗Minister vorgeschlagenen Maßregeln zurückzuführen.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (185.) Sitzung des Reichstags. welcher der Staatssecretär Dr. von Boetticher beiwohnte, stand der von den socialdemokratischen Abgg. Auer und Genossen ein⸗ gebrachte Antrag, betreffend die Uebernahme der Ver⸗ waltung und des Eigenthums des Apotheken⸗ wesens durch das Reich, zur Berathung.
Abg. Bebel gab die bis 1867 zurückreichende Geschichte der Bemühungen im Parlament des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs, eine allgemeine gesetzliche Regelung des Apothekenwesens herbeizuführen, bis zu dem heute vor⸗ liegenden Antrag, daß das Reich die Apotheken übernehmen und die Heilmittel zum Selbstkostenpreis verabreichen möge.
Ein solches Gesetz, wie es früher verlangt worden sei, hielt auch der Abg. Dr. Witte (dfr.) für unentbehrlich, ohne sich den Antrag und die Ansichten des Vorredners anzueignen.
Staatssecretär Dr. von Boetticher wies auf die Mei⸗ nungsverschiedenheiten hin, die wegen eines solchen Gesetzes sich bisher zwischen dem Bundesrath und der preußischen Regierung und auch im Schooße der letzteren selbst gezeigt hätten, glaubte sich aber zu der Hoffnung berechtigt, daß sie in nicht zu langer Zeit überwunden werden würden.
Abg. Menzer (cons.) ertheilte dem deutschen Apotheker⸗ stande das Lob, der erste der Welt zu sein, der die Beurthei⸗ lung des ersten Redners nicht verdiene. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (24.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Herr⸗ furth beiwohnte, fand zunächst die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betressend die Kosten König licher Polizei⸗ verwaltungen in Stadtgemeinden, statt.
Nach § 1 sollen zu den Ausgaben für die Polizeiverwal⸗ tungen beitragen: a. die Stadt Berlin 2,50 ℳ, b. die Stadt Kassel 0,44 ℳ für den Kopf der Bevölkerung; von den übrigen Stadtgemeinden: c. diejenigen mit mehr als 75 000 Einwohnern 1,50 ℳ, d. diejenigen mit 25 000 — 75 000 Ein⸗ wohnern 1,10 ℳ, e. diejenigen mit weniger als 25 000 Ein⸗ wohnern 0,70 ℳ für den Kopf der Bevölkerung.
Abg. Dr. Kelch (freicons.) beantragt, in a, c, d, e zu setzen 2,10, 1,10, 0,70 und 0,60 ℳ
Abg. von Itzenplitz (cons.) will unter c, d, e setzen
1,30, 1 und 0,60 ℳ 1
Abg. Dr. Krause (nl.) beantragt, 1) bei a zu setzen 2,20 ℳ; 2) an Stelle von c hjs e zu setzen: c. diejenigen mit mehr als 100 000. Einwohnern 1,20; d. diejenigen mit mehr als 40 000 bis 100 000 Einwohnern 0,90 ℳ: e) die⸗ jenigen mit mehr als 10 000 bis 40 000 Einwohnern 0,70 ℳ: f. diefenigen mit weniger als 10 000 Einwohnern 0,60 ℳ 3) Für den Fall der Ablehnung dieser beiden Anträge statt c bis e zu setzen:
c. diejenigen mit mehr als 100 000 Einwohnern 1,50 ℳ: d. diejenigen mit mehr als 40 000 bis 100 000 Einwohnern 1,10 ℳ: e. diejenigen mit 40 000 und weniger Einwohnern 0,70 ℳ 8
Abg. Greiß (Centr.) beantragte, den Beitrag der Städte über 75 000 Einwohner auf 1,20 ℳ, derjenigen mit 25 000 bis 75 000 auf 0,90 ℳ, derjenigen unter 25 000 ℳ auf 0,60 ℳ für jeden Kopf der Bevölkerung festzusetzen.
Außerdem beantragt Abg. Dr. Krause (inl.), in dem
zweiten Absatz des § 1, welcher lautet: „Ueber die Verwen⸗ dung dieser Beiträge, insbesondere auch zur Vermehrung der Land⸗Gendarmerie behufs Ausdehnung der Thätigkeit derselben auf die zu Landkreisen gehörigen Stadtgemeinden und behufs Verstärkung derselben in den Vororten der einen eigenen Kreis bildenden Städte mit communaler Polizeiverwaltung, wird durch den Staatshaushalts⸗Etat alljährlich Bestimmung ge⸗ troffen“, die Worte „insbesondere“ bis „Polizeiverwaltung“ zu streichen. EFndlich beantragt Abg. Dr. Kelch (freicons.), dem § 1 einen Zusatz zu geben, wonach aus den Beiträgen denjenigen Nachtwachtbeamten, welche aus Anlaß dieses Gesetzes nach mindestens dreijähriger Dienstzeit ohne Pension oder Wartegeld aus dem Gemeindedienst entlassen werden, auf die Dauer von drei Jahren eine Entschädigung gewährt werden soll.
Abg. Tschocke (nl.) sprach sich für eine Ermäßigung der Beiträge der Städte aus. 8
Abg. von Kölichen (cons.) erklärte sich für die Vorlage und bezeichnete die Königliche Polizeiverwaltung als ein Privilegium der Städte. Namentlich der Beitrag Berlins dürfe nicht ermäßigt werden. Jede Herabsetzung der Beiträge würde die Vermehrung der Land⸗Gendarmerie im Interesse der Städte ohne Königliche Polizeiverwaltung beeinträchtigen.
Abg. Dr. Langerhans (dfr.) erkennt den Grund für die hohe Belastung Berlins dadurch, daß ihm das Nachtwachtwesen abgenommen werde, nicht an, denn die Polizei habe schon jetzt für die Sicherheit der Stadt zu sorgen. Die Berliner Polizei sei nicht allein für Berlin da, sondern sei gewissermaßen der Centralpunkt für die ganze preußische und deutsche Polizei; deshalb könne der Staat soviel für Berlin ausgeben. Nach Annahme des Gesetzes werde Berlin seine Aufgaben nicht mehr so wie bisher erfüllen können.
Abg. von Itzenplitz (cons.) begründete seinen Antrag
damit, daß man nicht den Städten allein die Kosten des Nachtwachtwesens und der Verstärkung der Land⸗Gendarmerie aufbürden könne. Abg. Eberty (dfr.) wandte sich gegen den zu hohen Beitrag Berlins, der seine ganze Finanzwirthschaft stören und Berlin zwingen würde, sparsamer zu wirthschaften auf Kosten mancher Anstands⸗ und Repräsentationspflichten. Für Berlin würde es besser sein, diese ganze Frage nicht zu regeln. Er stelle keine Anträge, weil sie aussichtslos seien, empfehle aber den Antrag Krause.
Abg. von Eynern (nl.) widersprach den Abgg. ] Langerhans und Eberty, daß Berlin zu hoch besteuert sei.
Die Krisis sei auf Meinungsverschiedenheiten be⸗⸗
Staat leiste nach diesem Gesetz noch viel mehr für die Berliner Polizei als die Stadt. In Berlin verwende der Staat sehr viel für Ausgaben, die in anderen Städten die Gemeinden allein trügen. Redner empfahl den Antrag Krause. (Schluß des Blattes.)
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Anschluß der Kirchen⸗ gemeinde Helgoland an die evangelisch⸗lutherische Kirche der Provinz Schleswig⸗Holstein, zugegangen.
— In der Budgetcommission des Hauses der Ab⸗ geordneten wurde nach der „Nat.⸗Ztg.“ am Sonnabend bei den höheren Lehranstalten Tit. 5 (1 400 000 ℳ zur Durchfüh⸗ rung des Normal⸗Etats vom Jahre 1892 für die Directoren und Lehrer bei den unter Tit. 2 bis 4 aufgeführten Anstalten, sowie zur Erhöhung der Remuneration für Hilfsunterricht) bewilligt. So⸗ dann wurde zur Berathung des Normal⸗Etats, betreffend die Leiter und Lehrer an höheren Schulanstalten, übergegangen und § 1 Abs. 1 bis 2 besprochen. Die Commission erklärte sich mit den Vorschlägen der Staatsregierung in diesen Punkten einverstanden. §. 1 wurde formell erledigt im Sinne der Regierungsvorlage. Die Commission setzte am Montag die Berathung des Normal⸗Etats fort, besprach die §§. 2 bis 10 (Schluß⸗ bestimmung) und erklärte diese Bestimmungen mit dem Ersuchen an die Staatsregierung für erledigt, daß auch die über vier Jahre hinaus⸗ gehende Thätigkeit als Hilfslehrer bei der Berechnung des Dienst⸗ alters berücksichtigt werden könne. Sodann wurde der Rest des Kapitels 120 (Höhere Lehranstalten) Tit. 5a bis 13 anstandslos ge⸗ nehmigt, ebenso Kapitel 117 (Provinzial⸗Schulcollegien), namentlich die Erhöhung der Gehälter der Provinzial⸗Schulräthe um 4500 ℳ Hierauf wurde die Denkschrift, betreffend die Erhöhung der Gehälter der Seminar⸗Directoren und Seminarlehrer, erörtert. Die Neubemessung der Gehälter der Seminar⸗Directoren und Ersten Lehrer wurde genehmigt.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die Fälschung eines Arbeitszeugnisses, um sich die durch das Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetz zugesicherte Altersrente zu verschaffen, ist, nach einem Ürtheil des Reichs⸗ gerichts, I. Strafsenats, vom 23. November 1891, als qualificirte Urkundenfälschung aus § 268 Strafgesetzbuchs zu bestrafen.
— Die Bürgschaft eines Nichtkaufmanns einem Kauf⸗ mann gegenüber ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts I. Civilsenats, vom 17. Dezember 1891, im Zweifel als Handels⸗ geschäft zu erachten; es ist in diesem Falle die mündliche Ver⸗ bürgung rechtswirksam.
Kunst und Wissfenschaft.
2
M. In der letzten Sitzung der kunstgeschichtlichen Gesell⸗
schaft am 26. Februar hielt Herr Dr. Toeche⸗Mittler einen Vortrag über, Moltke als Zeichner“, in dem er eine Auswahl von Zeichnungen des verstorbenen Feldmarschalls theils im Original theils in lithographirten Copien vorlegte. In diesen, meist mit Blei⸗ stift auf Skizzenbuchblättern angefertigten Porträts, Landschaften und Genrefiguren erweist sich Moltke als ein zwar technisch wenig ge⸗ schulter, aber scharf auffassender, klar darstellender Künstler von großer natürlicher Beobachtungsgabe. Schon als Schüler zeichnete Moltke fleißig, als junger Offizier hat er dann mit seinen hübschen Bild⸗ nissen mancher befreundeten Familie ein liebenswürdiges Andenken hinterlassen. Zwei solcher Bildnisse, 1826 von ihm angefertigt wurden ihm 60 Jahre später wieder vorgelegt; er lobte sie, ohne den Urheber zu kennen, bis er mit Staunen erfuhr, daß er seine eigenen Jugendarbeiten gelobt. Am eifrigsten wurde das Skizzenbuch auf Reisen benutzt; besonders während seines langjährigen Aufenthaltes im Orient hat er an Land und Leute in seinem gezeichneten Reise⸗ tagebuche zahlreiche Erinnerungen bewahrt. Auch während des römischen Aufenthaltes hat der verstorbene Feldmarschall fleißig aquarellirt, bis allmählich die Last der Arbeit die Lust am Zeichnen minderte. Ganz eingebüßt hat er sie nie, und der Vortragende konnte noch eine kleine Skizze einer Küstenlandschaft vorlegen, welche der Feldmarschall 1883 in Monaco angefertigt hat. Die wahrhaft künstlerische Beobachtungsgabe, welche Moltke in seinen Schriften be⸗ währte, die klare, ruhige, einfache Betrachtung der Dinge lassen sich auch aus seinen Zeichnungen wieder erkennen. — Sodann sprach Herr Dr. Kämmerer über Houbraken und seine neueren Heraus⸗ geber, besonders über die im Jahre 1891 erschienene Ab⸗ handlung Hofstede de Grot’s, welche Houbraken ausführ⸗ lich behandelt. Houbraken, im Jahre 1660 zu Dortrecht geboren erlernte die Malerei bei dem Rembrandt⸗Schüler S. Hoogstraten, siedelte dann 1709 nach Amsterdam über, ging später nach London, wo er hauptsächlich für Buch⸗Illustration zeichnete, und starb 1719. Seine künstlerische Bedeutung ist verhältnißmäßig gering; von den etwa 100 Bildern, welche von ihm erwähnt werden, lassen sich nur 17 heute noch nachweisen Am erfreulichsten wirken seine Bildnisse. Wichtig wurde Houbraken für die Kunstgeschichte durch die Herausgabe seiner „groote Schouburgh der Nederlandsche Konstschilders etc.“, die 1718 bis 1721 in Amsterdam erschien und eine Fortsetzung der Künstlerbiographien von Karel van Mander (Schilderboek) bilden sollte. Der Vortragende gab einen Ueberblick über die ältere flan⸗ drische kunstgeschichtliche Quellenliteratur seit Jean Le Maire’'s „Couronne Margueritique“, sowie eine ausführliche Besprechung der neueren Houbraken⸗Forschung und schloß mit dem Hinweise darauf, daß bei sorgfältiger kritischer Verwerthung seiner Angaben Houbraken auch heute noch eine höchst werthvolle Quelle für die Kenntniß niederländischer Kunst bleibe. — Es folgte der Bericht des Präsidenten Grafen Dönhoff⸗ Friedrichstein über den erfreulichen Fortgang der Verhandlungen betreffs der Ausstellung, welche die Gesellschaft in diesem Frühjahre in den Räumen der Königlichen Kunst⸗Akademie zu veranstalten ge⸗
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denkt. Endlich legte Herr Dr. Jessen einige literarische Neuheiten vor: Eine „Geschichte der Teppichfabrikation des Hauses Wittelsbach, herausgegeben von Manfred Meyer“, welche die Entwickelung dieses Kunsthandwerks in Bavern seit 1604, ihr Auf⸗ blühen seit 1718 unter Kurfürst Max Emanuel, endlich ihr Erlöschen im Jahre 1810 darstellt; ferner einige neue archivalische Forschungen Jacquot's über die lothringer. Adelsfamilie Woeiriot, die mehrere Generationen hindurch das Goldschmiedehandwerk betrieben, wie das unter den damaligen lothringischen Adelsfamilien durchaus nicht ungewöhnlich gewesen zu sein scheint. Leider ist das Material gerade über den Hauptmeister Pierre nicht sehr reich.
4 Ueber Ausgrabungen im Regierungsbezirk Trier wird uns geschrieben: Von dem Provinzial⸗Museum in Trier wurde im Sep⸗ tember v. J. bei Gusenburg, Landkreis Trier, an einem Berghange eine römische Tempelanlage freigelegt; sie bestand aus einem von einer Umfassungsmauer umgebenen Platze von 57 m Breite. Die Länge, welche der Breite entsprochen haben soll, konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden. In der Mitte der Breitenausdehnung, 24,30 m von der oberen Umfassungsmauer entfernt, liegt das Tempelchen, welches, der typischen Form der römischen Tempelanlagen in hiesiger Gegend entsprechend, aus einem Raume von 8,20 auf 7,60 m lichter Weite und der umlaufenden Stützmauer einer Säulenhalle besteht. 4,25 m südlich von dem Tempel liegen die Grundmauern eines Hauses von 7,70 m lichter Länge zu 5,50 m lichter Breite. Bergabwärts wurde unmittelbar nordöstlich von der Umfassungsmauer, aber unmittelbar an diese anschließend, noch ein kleiner Raum von
445 m Länge und 3,30 m Breite gefunden. Der Tempelhof war
* Terrakotten geradezu übersäet. 18 Funden sehr ergiebige Ausgrabung wurde in dem Orte Welschbillig bei Trier begonnen, welche für die Wohlhahengeit der römischen Ansiedlungen in hiesiger Gegend deutlich spricht. Aufge⸗ deckt wurde ein Wasserbecken von 17,50 m Breite 8 bezüglich der Längenausdehnung wurde ermittelt, daß sie mindestens 43,50 m beträgt. Das Becken ist mit dicken Mauern umgeben und mit Sand⸗ steinplatten belegt; da, wo die Mauern mit dem Fußboden zusammen⸗ stoßen, befindet sich der den römischen Wasserbauten eigene Viertel⸗ rundstab aus dickem Ziegelmörtel. Ueberdies liegt in dem Teiche eine etwa 15 cm starke Lettenschicht; an einer der E reitseiten befindet sich großer Abflußkanal, an den beiden Langseiten je ein kleineres halbkreisförmiges Becken, das mit dem Hauptbecken in Verbindung steht, aber etwas tiefer liegt. Nach Ansicht der Sach⸗ kenner ist die Anlage als Fischweiher anzusehen, da die Römer unter freiem Himmel gelegene Wasserbehälter in hiesiger Gegend nicht zu Badezwecken, wogegen auch die Lettenschicht spricht, benutzt haben. Im Innern des Beckens lief eine Mauer, welche jedoch nicht an die Umfassungsmauern anschloß; an einem Ende derselben befand sich ein Springbrunnen. Rings um das Becken war ein Geländer geführt, welches aus Pfosten, die auf der Oberseite mit Porträtköpfen, sogenannten Hermen, geziert sind, und aus verbindenden Brüstungen
◻ 8 C
besteht. Diese Hermen bieten ein besonderes Interesse; es waren schon vor mehreren Jahrzehnten vierzehn Stück zufällig gefunden worden, und sie bildeten den nächsten Anlaß zu den jetzigen Ausgrabungen, welche weitere fünfzehn Stück ergeben haben. Nach Ansicht des Museums⸗Directors in Trier stellen sie die Porträtköpfe der Familie der Besitzer der Villa durch verschiedene Generationen sammt ihren Haussklaven dar. An den Köpfen der Mitglieder der Familie tritt die Familienähnlichkeit deutlich hervor. Unter den Sklaventypen sind es namentlich die charakteristischen Köpfe der Germanen und zweier weichgebildeter Asiaten, die besondere Beachtung verdienen. Diesen Porträt⸗Hermen waren auch einige Idealköpfe beigemischt, von denen ein trefflich gearbeiteter Satyrkopf noch sehr gut erhalten ist. Im Innern des Beckens wurde auch eine Weihe⸗ inschrift an den keltischen oder germanischen Lenus Mars gefunden.
Ferner wurde in dem Amphitheater in Trier mit besonderer Bewilligung des Ministers der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten von der Königlichen Regierung, unter Mitwirkung des Museums-Directors, Professors Dr. Hettner, eine Ausgrabung begonnen; diese hat zu dem überraschenden Ergebniß geführt, daß, entgegen der bisherigen Annahme, welche dahin ging, der östliche Halbkreis bestehe aus Fels, bis zu einer Tiefe von 3 bis 4 m Fels nicht gefunden worden ist, vielmehr obenauf eine Schicht künstlich aufgetragenen Lehmes und darunter eine natürliche Sand⸗ schicht liegt. Ferner ist man zu der Erkenntniß gelangt, daß das Amphitheater einen Theil der römischen Stadt⸗ befestigung bildet; ob von Anfang an, oder was als wahrschein⸗ licher gilt, erst seit den späteren Jahrhunderten römischer Herrschaft, erscheint noch nicht genügend aufgeklärt. Außerdem wurden einige bis jetzt nicht bekannte gemauerte Thierköpfe entdeckt und Auf⸗ schlüsse über den Grundbau der Hauptmauern des Amphitheaters ge⸗ wonnen.
Unter den Einzelerwerbungen des Museums verdienen genannt zu werden: eine kleine Marmorstatuette einer sitzenden Fortuna von Pölich an der Mosel und ein römischer Grabfund, bestehend aus einer schönen Glasschale, einer Glasflasche und einem Medaillon von Com⸗ modus, welcher in einem Sarkophag in Trier auf dem linken Mosel⸗ ufer gefunden wurde.
— Der durch zahlreiche historische Schriften bekannte frühere Königlich bayerische Reichs⸗Archiv⸗Director Geheime Rath Dr. Franz von Loeher ist in München im Alter von 73 Jahren gestorben. Geboren 1818 zu Paderborn, studirte er die Rechte in Halle, Frei⸗ burg, München und Wien, bereiste 1846 und 1847 Canada und die Vereinigten Staaten und gab im Jahre 1847 und 1848 in Cincinnatt die beiden Werke „Des deutschen Volkes Be⸗ deutung in der Weltgeschichte“ und „Geschichte und Zu⸗ stände der Deutschen in Amerika“ heraus. Nach Paderborn zurück⸗ gekehrt, begründete er dort 1848 die „Westfälische Zeitung“ und wurde 1849 für die Zweite Kammer in Berlin gewählt, wo er sich zur ge⸗ mäßigten Linken hielt. 1855 als Professor an die Universität München berufen, wurde er 1865 zum Director des bayerischen Reichs⸗Archivs ernannt, nachdem er vorher Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften geworden war. Im Auftrage der Könige Max und Ludwig II. von Bayern bereiste er Rom, Unter⸗Italien, die kanarischen und griechischen Inseln, Cypern und Kreta. Nachdem er sich zur Ruhe gesetzt, hatte er seinen Wohnsitz in München behalten.
8
ein
— Der zehnte internationale medizinische Congreß, der 1890 in Berlin abgehalten wurde, schloß seine Sitzungen mit der Proclamation Roms zum Sitze des Congresses von 1893. Die Vorstände der medizinischen Facultäten, der Akademien und der wissenschaftlichen Anstalten, wie der hervorragendsten Persönlichkeiten der italienischen medizinischen Körperschaft versammelten sich nun, wie der „N. A. Z.“ be⸗ richtet wird, kürzlich in Rom, um die Basis des Elften Internationalen Medizinischen Congresses festzu⸗ setzen, und erwählten einstimmig zum General⸗Präsidenten den Professor Guido Baccelli. Professor Edoardo. Maragliano wurde zum Generalsecretär, Comm. Professor Pagliani, General⸗ Director der öffentlichen Gesundheitspflege im Königreich, zum Schatz⸗ meister, und Comm. Ferrando, Abtheilungschef im Unterrichts⸗ Ministerium, zum Verwalter gewählt. Das Centralcomité hat bereits die Fremdenausschüsse gewählt, die dazu bestimmt sind, bei allen Völkern der Erde dahin zu wirken, daß der Congreß hinter den vorhergegangenen nicht zurückstehe. Die zur Eröffnung des Congresses festgesetzte Zeit ist der September.
Land⸗ und Forstwirthschast.
Aufforstungen.
Der Provinzial⸗Landwirthschafts⸗Verein Bremerpörde, welcher für die Aufforstung des öden Heidelandes in dem Regierungs⸗ bezirk Stade mitwirkt, und durch dessen Vermittlung die vom Staat für derartige Aufforstungen gewährten Prämien verliehen werden, hat in einer im Dezember v. J. abgehaltenen Ausschußsitzung die Frage über die bisherigen Erfolge der Aufforstungsbestrebungen erörtert. Es wurde auf die besondere Wichtigkeit und Rentabilität der Auf⸗ forstung von Heideland, welches im Regierungsbezirke Stade einen Flächeninhalt von etwa 900 000 Morgen einnimmt, hingewiesen und dabei insbesondere hervorgehoben, a. daß, während der Morgen Heide⸗ land bei der bisherigen Nutzung durch Heidehieb und Schafweide durchschnittlich pro Jahr nicht mehr wie 60. ₰ einbringe, er bei der Aufforstung mit Nadelholz und Bewirthschaftung im 50jährigen Umtriebe mindestens 6 ℳ durchschnittlich pro Jahr eintrage, b. daß der Heidebesitzer, welcher Wald anlege, dafür wenig baare Auslagen habe, da er seine kleine Forst selbst verwalten und die Cultur mit seinen Leuten und seinem Gespann besorgen könne und sich mit der Forst eine Sparkasse anlege, welche sich selbst verwalte und ihm und seinen Nachkommen viel Vortheil bringe. Der genannte Landwirthschaftsverein hat sein lebhaftes Interesse für diese Frage bekundet und beschlossen, durch Vermittelung der Localvereine wiederholt auf die Förderung der Aufforstung von Heideflächen hinzuwirken. Ferner wurde beschlossen, die prämiirten Culturen fortgesetzt revidiren zu lassen, damit etwa erforderliche Verbesserungen nicht versäumt würden.
Die Generalversammlung des Deutschen Fischereivereins wird, wie die „Mad. Ztg.“ mittheilt, nicht am 7., sondern erst am 14. März stattfinden. Sie wird mit einer Gedächtnißfeier für den verstorbenen, um den Verein hoch verdienten Kammerherrn von Behr⸗ Schmoldow beginnen. Die Gedächtnißrede wird der Geheime Medizinal⸗Rath, Professor Dr. Virchow halten. In der Sitzung wird die Wahl des Vorsitzenden vollzogen werden.
8
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗
Maßregeln.
Ueber die Influenza berichtet Nr. 9 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ in Folgendem:
Bezüglich der Berichtsstädte des Auslandes ist eine Zunahme der Verbreitung der Influenza nur noch in vereinzelten Fällen erkennbar. Dies trifft z. B. für Amsterdam zu, wo 13 Todesfällen an Influenza eine erheblich gesteigerte Zahl von Todesfällen an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane (66 gegen (:) 52 in der Vorwoche) gemeldet wurde. In London sank die Zahl der Todesfälle an Infl. von 183 in der Vorwoche auf 79, in Paris von 26. auf 15. In Rom kamen 14 Todesfälle an Infl.: 8 in der Vorwoche unter gleichzeitiger Steigerung der Sterblichkeit an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane (86 Todesfälle: 63) und der Gesammtsterblich⸗ keit (34,8: 30,2 %) vor. Allerdings liegen die Berichte aus Rom zeitlich etwas zurück, aber auch in Venedig betrug die Sterblichkeit in der Berichtswoche noch 38,1 (Vorwoche 39,7) % und die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungs⸗ organe 26 (33). Von den österreichischen Staaten wies Brünn eine auch gegenüber der Vorwoche verhältnißmäßig hohe Sterblichkeit (St. 35,9:31,00% 2, A. 11:9) auf; Angaben über Infl. liegen von dort nicht vor. In Wien wurden nur 118 Er⸗ krankungen an Infl.: 263 in der Vorwoche, in Prag 2 Todesfälle und 81 Erkrankungen: 5 und 181, desgleichen in Kopenhagen 4 und 163: 16 und 224 festgestellt. Aus Stockholm sind 11:9 Todesfälle, aber nur 50:70 Erkrankungen an Infl. gemeldet. In New⸗York belief sich die Zahl der Todesfälle an Infl. auf 38:45.
Innerhalb des Deutschen Reichs hat sich die Zahl der Todes⸗ fälle an Infl. im Reg.⸗Bez. Düsseldorf im Vergleich zur Vorwoche mehr als verdoppelt (22:10), während die Zahl der Erkrankungen von 1261 auf 857 herabgegangen ist. Im einzelnen wiesen daselbst Barmen (St. 24,6: 18,2 %, A. 15: 12) und M.⸗Gladbach (St. 34,4: 16,2 %/, A. 7:5) eine Zunahme der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane und der Gesammt⸗Todesfälle auf. Dasselbe war außerhalb des genannten Regierungsbezirks der Fall in Mainz (2 Todesfälle an Infl., St. 22,5;1 21,1 %0, A. 13:6), Stuttgart (St. 25,0: 15,3 %%, A. 7:3), Straßburg (6 Todesfälle an Infl.: 4, A. 23:22 St. mit 29,0: 31.5 % o, zwar etwas geringer), Augsburg (St. 35,0: 28,4 %%, A. 7:3), Nürnberg (St. 26,5: 23,0 %0, A. 23: 15), Erfurt (St. 19,6:16,3 %, A. 6:4), Gera (St. 27,7: 21,4 %, A. 6:4), Chemnitz (St. 29,9: 22,9 %0, A. 7:1). Ferner ist noch zu erwähnen, daß in Dresden die Zahl der Todesfälle an Infl. mit 5:9 ab⸗, in Danzig mit 4:2 zu⸗ genommen hat.
Handel und Gewerebe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 1. d. M. gestellt 8385, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 29. v. M. gestellt 2943, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Wie aus Stettin berichtet wird, hat der Handel mit Er⸗ zeugnissen der chemischen Großindustrie einen günstigen Auf⸗ schwung genommen. Von Nordamerika sind gegen früher zahlreiche Aufträge gegeben, wozu abgesehen von dem Umstand, daß man dort zur Herstellung feinerer Präparate auf den Bezug europäischer Pro⸗ ducte angewiesen ist, die Ermäßigung der Zollsätze wesentlich bei⸗ getragen hat.
— Die neue Handelskammer in Bonn, und zwar für den Umfang der Kreise Bonn (Stadt und Land), Rheinbach, Euskirchen, Bergheim, Sieg und Waldbröl, ist am 28. Dezember v. J. ins Leben getreten und hat den Commerzien⸗Rath Gauhe zu Eitorf zum Vor⸗ sitzenden gewählt. Infolge dieser Neubildung sind gegenwärtig die Handels⸗ und Gewerbtreibenden aller Kreise des Bezirks in Handels⸗ kammern vertreten.
— Die gestrige 20. ordentliche Generalversammlung der Ver⸗ einigten Bautzner Papierfabriken genehmigte die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto wie vorgeschlagen sowie die Vertheilung der Dividende von 9 % oder 27 ℳ pro Actie.
— Die Direction und der Aufsichtsrath der Actien⸗Gesell⸗ schaft für Wagenbau vorm. Jos. Neuß haben die Dividende pro 1891 auf 2 ½ % festgestellt.
St. Petersburg, 1. März. (W. T. B.) Die hiesige Discontobank, die Internationale Handelsbank, die Russische Bank für auswärtigen Handel und die Wolga⸗Kama⸗Commerzbank ver⸗ öffentlichen in Gemeinschaft mit der Moskauer Kaufmannsbank den Prospect über die Emission von 60 Millionen Credit⸗Rubel 4 ½ % Obligationen der Rjäsan⸗Uralsk, früher Rjäsan⸗Koslow⸗ Eisenbaß n, und 25 Millionen Credit⸗Rubel 4 ½ % Obligationen der Kursk⸗Kiew⸗Eisenbahn. Nach dem Prospect leistet der Staat für Verzinsung und Tilgung der Anleihen absolute Garantie; vor dem Jahre 1903 sollen die Anleihen nicht convertirbar sein, und die Obli⸗ gationen werden von den Staatskassen bei Cautionsleistungen an⸗ genommen. Die Subscription findet am Dienstag, den, 25. Februar a. St. statt; auch die Staatsbank nimmt Zeichnungen entgegen. Der Emissionspreis beträgt 99 %; Stückzinsen werden vom 1. März 1892 ab gezahlt: die Abnahme je eines Drittels des repartirten Betrages erfolgt am 14. März, 15. Juni und 15. September d. J.
Verdingungen im Auslande.
Dänemark. 14. März, 12 Uhr. Maskinchefen for Jylland⸗Fyen, Aarhus. Lieferung für den Staatsbahnbetrieb von: 1 000 Pfd. Kupfer in Stangen, 14 000 „ 8 „Blöcken, 7 000 Zinn 1 8 1 000 500 94 500 „ Phosphortin „ 8
Angebotsformulare und Bedingungen werden auf Verlangen brieflich mitgetheilt.
Britische Besitzungen.
15. März. Webster, Sheel u. Co., Agenten der Stadtverwaltung von Durban (Natal), 5 East India avenue, Leadenhall street, Lon⸗ don E. C. Lieferung von Thonröhren mit einem Durchmesser von 79 und 12 Zoll nebst Zubehör für eine Strecke von etwa 20 Meilen (englisch). Lastenheft, Submissionsformulare ꝛc. bei obiger Adresse für 2 Guineen, welche bei Empfang einer Submission wiedererstattet werden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Duisburg hat die Fe englische Post über Vlissingen vom 1. d. M. in Duisburg den An⸗ schluß an Zug 5 Köln —Hannover nicht erreicht.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite eng⸗ lische Post uͤber Ostende vom 1. d. M. ausgeblieben; Grund: Verspätete Landung des Dampfers wegen Sturm im Kanal.
Das Jahr 1891 ist für den Geestemünder Hafen das günstigste seit seinem Bestehen gewesen. Dies erklärt sich aus dem Ümstande, daß Ende 1890 bei der Unzugänglichkeit Hamburgs die Weserhäfen einem erheblichen Theil der dorthin bestimmten Schiffe Aufnahme zu gewähren hatten. Der Gesammtabschluß für 1891 bietet ein sehr erfreuliches Bild: An Seeschiffen sind in dem ver⸗ gangenen Jahre eingelaufen 817 (1890 638 mit einer Ladefähigkeit von
82
393 412 Reg.⸗Tons (1890 312 579). Die erreichte Tonnenzahl ist weitaus die höchste seit Begründung des Hafens. Die Verkehrszunahme gegen das Vorjahr (80 833 Reg.⸗Tons) übertrifft gleichfalls die Mehr⸗ Ergebnisse aller früheren Jahre. Die Zahl der 1891 eingelaufenen Fluß⸗, Watt⸗ und Leichterschiffe beziffert sich auf 3624 Fahrzeuge mit insgesammt 224 884 Reg.Tons. Die Zunahme der Tonnenzahl gegen das Vorjahr stellt sich auf etwa 54 000 Reg.⸗Tons. Abgesehen von Bremerhaven, das infolge der Verlegung des Schnelldampferverkehrs nach Nordenham eine Verkehrsabnahme von mehr als 200 000 Reg.⸗Tons zu verzeichnen hat, haben alle Weserhäfen im letzten Jahre an Verkehr erheblich gewonnen. Die Zahl der der Hochseefischerei obliegenden Dampfer hat sich im abgelaufenen Jahre nahezu verdoppelt. Sie betrug Ende 1890: 17 und beträgt jetzt 32. Von diesen ist allerdings eine Minderzahl in Bremerhaven eemeb. Nicht weniger als 17 weitere Fischdampfer sind im Bau oder doch in Auftrag gegeben.
Bremen, 2. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Oldenburg“, am 18. Februar von Bremen abgegangen, ist am 29. Februar Nachmittags in New⸗York, und der Postdampfer „Stuttgart“, von Ost⸗Asien kommend, am 1. März Abends auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Hohenzollern“, von Baltimore kommend, hat am 1. März Vor⸗ mittags Prawle Point passirt. 2
Hamburg, 1. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Hungaria“ ist gestern in Havana eingetroffen.
— 2. März. (W. T. B.) Der Post ampser „Russia“ hat, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag Seilly passirt. Der Postdampfer „Thuringia“ hat, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag Lizard passirt. Der Postdampfer „Alemannia“ ist gestern in St. Thomas eingetroffen. d.ꝙ Triest, 1. März. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath des österreichischen Lloyd beschloß in heutiger Sitzung die Be⸗ schaffung von zwei neuen großen Frachtdampfern; der eine soll auf den Werften des „Vulcan“ in Stettin erbaut werden. Der Verwaltungsrath nahm ferner von dem Flottenbericht des Directors des Norddeutschen Lloyd beifällig Kenntniß.
London, 1. März. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Nubian“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown. abge⸗ gangen. Der Castle⸗Dampfer „Dunottor Castle“ ist auf der Ausreise heute in Capetown angekommen.
— 2. März. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Pretoria“ ist gestern auf der Ausreise von Lissabon abgegangen.
Reval, 2. März. (W. T. B.) Infolge der Kälte ist der hiesige Hafen mit Eis bedeckt und die Schiffahrt behindert; Baltischport ist eisfrei.
Theater und Musik.
Lessing⸗Theater.
Den ursprünglichen künstlerischen Intentionen des Theaters, welches den Namen „Lessing“ trägt, entspricht zwar der gestern an dieser Bühne zum ersten Male gegebene Pariser Schwank „Para⸗ graph 330“, von Alb. Millaud und E. de Najac nicht; indeß braucht man nicht so prüde zu sein, um dies Stück Pariser Sitten⸗ gemälde, welches in seiner deutschen Bearbeitung eine erträgliche und annehmbare Abschwächung der darin ursprünglich enthaltenen Anstößigkeiten erhalten hat, zurückzuweisen. Der Schwank ist gut erfunden und geschickt durchgeführt: ein Ehepaar, das seit drei Jahren getrennt von einander lebt und in der Scheidung liegt, wird durch eine eigenthümliche und scherzhafte Verkettung von Umständen in den Verdacht gebracht, daß beide Theile nicht, wie es in Wahrheit der Fall, mit fremden Persönlichkeiten ein Rendezvous gehabt haben, fondern der Mann mit seiner eigenen Frau. Da hier⸗ durch ihr Scheidungsgrund hinfällig zu werden droht, versuchen sie allerhand Ausreden, bis sie gewahr werden, daß es sich doch lohnen könnte, noch einmal das Zusammenleben mit einander zu versuchen. Die höchst drolligen Situationen, welche die Verwickelung herbei⸗ führt, erregen viel Heiterkeit und behagliche Stimmung. Gespielt wurde flott, insbesondere von Herrn Horn, der einen Polizei⸗ Commissar gab, sowie von Herrn Schönfeld und Fräulein Reisen⸗ hofer, die das Ehepaar darstellten.
Das kleine einactige Lustspiel: „Fünf Dichter“ von G. von Moser, welches dem französischen Schwank vorausging, ist gemüthlich, wenn auch etwas einfach gehalten: weil eine Dame sich nicht als Schriftstellerin zu erkennen geben will, stellen sich vier Personen dem nach dem Verfasser zahlreicher Novellen suchenden Redacteur als Dichter vor, bis die Dame sich als fünfter und zwar wirklicher Dichter entpuppt. Für Privat⸗ und Liebhaber⸗Theater ist das kleine Stück sehr geeignet.
Sing⸗Akademie. 1
Der Klaviervirtuose Herr B. Albeniz, Hofpianist der Königin⸗ Regentin Christine von Spanien, trat gestern in einem eigenen Klavier⸗ Abend zum ersten Mal hervor. Er begann mit dem Präludium und Fuge (A-moll) von Bach⸗Liszt und einigen Klavierstücken von Scarlatti, die er sehr correct und verständnißvoll vortrug. In der darauf fol genden Cis-moll-Sonate von Beethoven spielte er den ersten Satz mit sehr gesangreichem und zartem Anschlag der Melodie; au das feurige Tempo des letzten Satzes war zu loben, nur störte ein zu häufiger Gebrauch des Pedals die Wirkung. Unter mehreren sehr ge⸗ lungen ausgeführten Stücken von Chopin heben wir den Vortrag der B-moll-Sonate ganz besonders hervor. Als Componist brachte der Concertgeber noch sechs kleinere anmuthige Salonstücke zu Gehör, die er mit vieler Grazie und mit lebendigem Ausdruck vortrug; be⸗ sonders gefielen „Barcarole“ und „Scherzinov“. Den Beschluß bildete Weber'’s „Aufforderung zum Tanz“ von Tausig bearbeitet.
Am Freitag gelangt im Königlichen Opernhause „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Sucher, Dietrich und Lammert, den Herren Sylva und Fränkel zur Darstellung. In der darauf folgenden Vorstellung der Oper „Fra Diavolo“ singt Fräulein Dietrich zum ersten Mal die Zerline, Herr Philipp zum ersten Mal den Lorenzo; die übrigen Rollen befinden sich in den Händen des Fräulein Rothauser, der Herren Rothmühl, Krolop, Schmidt, Lieban und Krasa. Am Sonnabend geht „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Rothauser und Lammert, den Herren Sylva und Fränkel in Scene. In der darauf folgenden Oper „Zar und Zimmermann“ sind die Damen Herzog und Lammert, die Herren Philipp, Betz, Lieban, Krolop, Mödlinger und Krasa be⸗ schäftigt.
Im Berliner Theater wird am Sonnabend, 5. März, Adaldert von Hanstein's fünfactiges Schauspiel „Die Königsbrüder“ zum ersten Male in Scene gehen und damit dem auf anderen literarischen Gebieten bereits bekannten jungen Verfasser Gelegenheit gegeben, auch von der Bühne herab sich hören zu lassen.
Das neue Schauspiel Conrad Alberti's: „Ein Vorurtheil“, das bereits am 20. Februar in einer Matinze im Residenz⸗Theater aufgeführt werden sollte, geht nunmehr am nächsten Sonntag, Mittags
12 Uhr, in Scene.
Die Repertoireposse des Adolph Ernst⸗Theaters „Der Tanzteufel“ wird demnächst auch am Thalia⸗Theater in Hamburg in Scene gehen.
Margarethe Eussert, die jugendliche Pianistin aus Klind⸗ worth'scher Schule, wird gelegentlich ihres ersten öffentlichen Auf⸗ tretens in der Sing⸗Akademie am Freitag mit Begleitung des Philharmonischen Orchesters Henselt's Concert, op. 16, das Rondo brillante von Mendelssohn und Liszt's Ungarische Phantasie vortragen. — Hugo Wolfs Liederabend in der Sing⸗A kadem ie ist nunmehr end⸗ gültig auf Sonnabend, 5. März, verlegt; bereits ausgegebene Karten behalten ihre Gültigkeit. — Infolge plötzlicher Erkrankung des Herrn Raimund von Zur⸗Mühlen kann sein auf Dienstag, 9. März, angesetzter Liederabend nicht stattfinden; bereits gelöste Karten werden in der Hof⸗Musikhandlung der Herren Ed. Bote u. G. Bock, Leipzigerstr. 37, zurückgenommen. — Die Altistin Fräulein Adelina